Neue OZ online - Bürgerinitiativen gegen Massentierhaltung

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Neue OZ online - Bürgerinitiativen gegen Massentierhaltung
Altmark-Zeitung
Hähnchenmast: Stadt stellt sich quer
mei Salzwedel. Mit großem Beifall nahm die BI „Keine Hähnchenmast Dambeck“ gestern
Abend den einstimmigen Beschluss des Stadtrates zur Kenntnis, das so genannte
„gemeindliche Einvernehmen“ für die Hähnchenmastanlage zwischen Dambeck und Brewitz
zu versagen. Die Stadtverwaltung hat Fachkräfte zu Rate gezogen und kam nach eingehender
Prüfung aller Unterlagen zu dem Schluss, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für diese
Anlage nicht gegeben sind.
© Foto: Meineke
Nicht nur die BI „Keine Hähnchenmast Dambeck“ stellte sich gestern quer – der Stadtrat tat
dies auch. Ein Video dazu sehen Sie heute auf unserer Homepage: www.az-online.de.
Rechtsamtsleiter Erich Kaiser erläuterte einige Gründe, die zu dieser Auffassung geführt
haben. So würden von den Antragstellern diverse Unterlagen fehlen, u. a. zur Berechnung der
Immissionen. Außerdem sei das vorgesehene Gelände planungstechnisch als Landwirtschaftsbzw. Erstaufforstungsfläche ausgewiesen, bei der Mastanlage handele es sich aber um
industrielle Produktion. Oberhalb von Dambeck sind zwei Wohngebiete geplant – bei einer
derartigen Anlage in der Nähe würde dort wohl niemand bauen. Zudem liegen die
prognostizierten Geruchswerte zwei Prozent unter der Obergrenze – zuzüglich der Gerüche
aus der Biogasanlage werde diese Grenze überschritten. „Dambeck ist kein rein
landwirtschaftlich geprägter Ort“, schloss Kaiser und wies darauf hin, dass 70 der 100
Arbeitsplätze im Ort anders geartet sind. Die dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Kaiser: „Massive öffentliche Belange sprechen gegen die Anlage mit 160 000 Mastplätzen in
vier Ställen“, und das sah der Stadtrat genauso.
Volksstimme
Stadtrat positionierte sich gestern Abend deutlich / Dambecker
protestierten vor dem Kulturhaus
Klares Nein zur Hähnchenmast
Von Holger Thiel
Der Salzwedeler Stadtrat hat sich gestern Abend einstimmig dafür ausgesprochen, das
gemeindliche Einvernehmen zum Bau von vier Hähnchenmastställen zwischen Dambeck und
Brewitz zu versagen. Jetzt ist das Landesverwaltungsamt Halle als Genehmigungsbehörde am
Zuge. Folgt es der Auffassung des Stadtrates, ist das Zwei-Millionen-Projekt des
niedersächsischen Hähnchenzüchters Horst Ostendorf erst einmal vom Tisch.
Salzwedel/Dambeck. Mit Beifall begrüßten die rund 30 Mitglieder der Bürgerinitiative
"Keine Hähnchenmast Dambeck" und Tierschützer die einstimmige Stadtratsentscheidung,
die um 18.22 Uhr fiel. Sie hatten zuvor mit Plakaten, Transparenten und weißen Holzkreuzen
vor dem Kulturhaus gegen die geplanten 160 000 Hähnchenmastplätze nur wenige hundert
Meter von Dambeck und Brewitz entfernt protestiert. Die Stadträte bekamen zudem ein
Flugblatt, das in Stichpunkten über die möglichen Folgen dieser industriellen
Massentierhaltung informierte, in die Hand gedrückt. Bärbel Domke vom Tierschutzverein
Salzwedel verteilte eine Resolution. "Es ist doch klar, dass wir die Dambecker unterstützen.
Massentierhaltung verstößt gegen den Tierschutz" sagte sie. "Wir sind glücklich über die
Entscheidung des Stadtrates", erklärte BI-Mitglied Judith Dutschke nach dem einstimmigen
Beschluss. Renate Wegener fügte hinzu: "Die Arbeit der Bürgerinitiative ist belohnt worden."
Sie hoffe nun, dass die Dambecker und Brewitzer weitere Unterstützung vom Stadtrat und
dem Rathaus beim Widerstand gegen die Hähnchenmast zu erhalten.
Sowohl Oberbürgermeisterin Sabine Danicke als auch Rechtsamtsleiter Erich Kaiser
begründeten im Foyer des Kulturhauses, warum sie dem Stadtrat empfehlen, einen vorzeitigen
Baubeginn der vier Ställe ebenso zu versagen wie ein gemeindliches Einvernehmen. "Die
Ställe stehen massiv den öffentlichen Belangen des Ortes Dambecks entgegen", fasste Kaiser
seine Ausführungen zusammen. Er sprach sogar von einer Salamitaktik, mit der der
niedersächsische Geflügelzüchter Horst Ostendorf sein Ziel erreichen will.
Ostendorf betreibt seit Ende vergangenen Jahres eine Biogasanlage in Dambeck. Im Februar
hatte die Biogas Dambeck GmbH und Co.KG mit Sitz im niedersächsischen Garrel im
Landesverwaltungsamt den Bauantrag für die vier Ställe gestellt. Acht Wochen hatte die Stadt
Zeit, den Antrag zu prüfen und das gemeindliche Einvernehmen herzustellen oder eben wie
getan zu versagen.
Landesbehörde ist am Zuge
Eine planungsrechtliche Stellungnahme, die nicht ganz unerheblich für das weitere Verfahren
entsprechend des Bundesimmissionsschutzgesetzes ist. Ohne das kommunale Einverständnis
ist das Verfahren ersteinmal gestoppt. Allerdings: Folgt das Landesverwaltungsamt nicht der
Argumentation von Salzwedel, wird es anstelle der Stadt das Einverständnis herstellen. Dann
beginnt ein öffentliches Verfahren, an dem sich auch die Bürger beteiligen und Einwände
erheben können. Die Bürgerinitiative rüstet sich bereits dafür. Mit den Rückenhalt von mehr
als 1000 Unterstützerunterschriften, die in den vergangenen Monaten gesammelt wurden.
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Dokument erstellt am 07.04.2011 um 05:32:07 Uhr
Erscheinungsdatum 07.04.2011 | Ausgabe: saw
DPA
Kükenzüchter: Behörden duldeten Amputationen
Donnerstag, 07. April 2011, 13:28 Uhr
Cuxhaven (dpa/lni) - Für die Verteidigung des Küken-Zuchtbetriebs Lohmann Tierzucht aus
Cuxhaven ist der Fall klar: Weil das Agrarministerium und der Landkreis die Amputationen
an Küken über Jahre nicht untersagt hätten, treffe die wegen Tierquälerei Angeklagten keine
Schuld. Die Geschäftsführer hätten gar nicht wissen können, dass sie etwas Verbotenes getan
haben sollen, sagte der Hamburger Anwalt des weltweit führenden Unternehmens am
Donnerstag. Zuvor hatten Medien über diese Verteidigungsstrategie berichtet. Ein für den 13.
April angesetzter Prozess war abgesagt worden. Den Berichten zufolge soll das Verfahren
gegen einen Angeklagten eingestellt werden. Den anderen Geschäftsführer erwarte ein
Strafbefehl, der so niedrig sei, dass er nicht als vorbestraft gelte.
TAZ
06.04.2011
Lohmann plant Deal mit Staatsanwaltschaft
Teilamputationen "im Prinzip illegal"
Mit viel Geld will der weltgrößte Hybrid-Hennen-Hersteller einen Tierquälerprozess
abwenden. Die Firma hat Küken Zehen und Kämme teilamputiert. VON BENNO
SCHIRRMEISTER
HAMBURG taz | Vorerst gestoppt ist der Strafprozess gegen zwei Geschäftsführer der
Cuxhavener Firma Lohmann Tierzucht (LTZ). Das Unternehmen ist Weltmarktführer für die
Züchtung sogenannter Legehennen-Hybride. Die beiden Chefs, Rudolf P. und Hans-Friedrich
F., hätten sich ab 13. April wegen millionenfacher Tierquälerei vorm Amtsgericht Cuxhaven
verantworten müssen. Bis Januar wurden männlichen LTZ-Küken Zehen und Kämme
teilamputiert.
Einziger Zweck der Quälerei: sie auszusortieren. Denn Hähne gelten der Legehennen-Branche
als "Sexfehler", die zu vergasen sind. Firmeninterne Protokolle, die der taz vorliegen,
beweisen, dass die Geschäftsführung spätestens seit März 2006 wusste, dass sie damit "im
Prinzip illegal" handelte. Dieser Bereich bleibe trotz Kontrollmangels "sehr gefährlich für
LTZ", heißt es in den Dokumenten.
"Der Termin für die Hauptverhandlung ist aufgehoben", bestätigte am Mittwoch
Gerichtsdirektorin Ingrid Stelling auf Nachfrage. Grund: Die zuständige Staatsanwaltschaft
Stade hat einen der beiden Strafbefehle zurückgenommen - vorläufig. "Da ist noch nichts
definitiv", so deren Sprecher Thomas Breas. Zu einem Millionendeal, von dem die NordseeZeitung am Mittwoch berichtete, sei es indes nicht gekommen. Zwar gebe es Verhandlungen.
Doch diese stünden "noch ganz am Anfang", so der Staatsanwalt.
Strategiewechsel bei der Staatsanwaltschaft
Schon das bedeutet einen Strategiewechsel. Anklage war schließlich nur erhoben worden,
weil die Geschäftsführer die im Dezember ausgestellten Strafbefehle nicht akzeptierten. Die
nämlich beliefen sich auf mehr als 90 Tagessätze. Damit hätten beide als vorbestraft gegolten.
Doch schon im Vorfeld drohte ihr Kampf um den Freispruch zu scheitern: Es zeigte sich, dass
die Verteidigung mit einer Geheimstudie der niederländischen Geflügellobby belegen wollte,
dass Teilamputationen das Wohlbefinden der Tiere mehrt.
Ein öffentlicher Schuldspruch ist allerdings noch schlechter als ein leiser Eintrag ins
Vorstrafenregister. Über einen Deal könnte LTZ gleich beide Übel abwenden. Gelegen käme
das vor allem P. Denn der lehrt an der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft und ist
ein gefragter Tierschutzgutachter.
"Er sitzt in allen relevanten Gremien", so Edmund Haferbeck von der Tierrechtsorganisation
Peta, die 2008 die LTZ-Chefs angezeigt hatte. Er gehe fest davon aus, dass nun durch
Zahlungen versucht wird, "mit aller Macht Prozess und Vorstrafe zu verhindern". Dass dabei
statt der ursprünglich geforderten je 13.000 Euro ein sechsstelliger Betrag fließe, sei
anzunehmen.
NDR
Stand: 06.04.2011 15:11 Uhr
Geldbuße statt Tierquälerei-Prozess?
Die Hühner bei Lohmann sollen unnötige Qualen
erlitten haben. (Archivbild) Ein weltweit tätiger Kükenzüchter aus Cuxhaven soll über Jahre
hinweg Hühner gequält haben. Eine gerichtliche Aufarbeitung des Falls wird es jedoch nicht
geben: Der Prozess gegen zwei Geschäftsführer entfalle, sagte Amtsgerichtsdirektorin Ingrid
Stelling am Mittwoch in Cuxhaven und bestätigte einen entsprechenden Bericht der
"Nordsee-Zeitung".
Ursprünglich sollte der Prozess in der kommenden Woche in Cuxhaven beginnen. Zur
Anklage war es gekommen, weil die Geschäftsführer einen Strafbefehl nicht akzeptiert hatten.
Nach Angaben der "Nordsee-Zeitung" hätten sie jeweils 13.000 Euro zahlen sollen und wären
vorbestraft gewesen. In einem Fall habe die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf einen
Strafbefehl zurückgenommen, sagte Stelling. Die Anklagebehörde werde wohl bald einen
neuen stellen. Im anderen Fall laufe das Verfahren noch.
Millionen-Geldbuße statt Strafprozess?
Laut der "Nordsee-Zeitung" haben sich das Unternehmen Lohmann Tierzucht LTZ und die
Staatsanwaltschaft jedoch geeinigt. Den Angaben zufolge könnte LTZ eine MillionenGeldbuße zahlen. Das sei Spekulation, betonte Stelling. Weder die Staatsanwaltschaft noch
der Kükenzüchter wollten sich zu den Gründen für die plötzliche Absage des Prozesses
äußern.
Weitere Informationen
Tierquälerei: LTZ und Behörden unter Beschuss
Zwei Geschäftsführer der Lohmann Tierzucht kommen wegen Tierquälerei vor Gericht.
Derweil wächst die Kritik am Veterinäramt Cuxhaven. Es soll Verstöße geduldet haben.mehr
Mitte Februar war der Vorwurf jahrelanger Hühner-Quälerei bei Lohmann laut geworden.
Mitarbeiter sollen zur Optimierung des Zuchtprozesses massenweise Kämme und Zehen von
Hühnerküken amputiert haben, hieß es. Das Unternehmen hatte sich dabei auf eine Studie
einer niederländischen Universität berufen, die dieses Vorgehen als tierschutzkonform
bezeichnet hatte.
Lohmann Tierzucht beschäftigt an ihren weltweiten Standorten rund 200 Mitarbeiter.
Niederlassungen und Tochterfirmen gibt es unter anderem in Kanada, Frankreich und Spanien.
NORDSEE-ZEITUNG
„Deal“ im Küken-Skandal
Cuxhaven. Für Dr. Edmund Haferbeck kommt die Nachricht unserer Zeitung, dass der
Prozess gegen Lohmann Tierzucht wegen Tierquälerei geplatzt ist, offensichtlich nicht
überraschend. Doch äußern darf er sich dazu nicht. Der Rechts- und Agrarexperte der
Tierschutzorganisation PETA, die 2008 Anzeige gegen LTZ erstattet hatte, bittet um
Verständnis und verweist auf seine Verschwiegenheitspflicht. Von Christian Döscher
Für Dr. Edmund Haferbeck ist Lohmann „ein absolut rotes Tuch“.
Nur zögernd haben gestern die Staatsanwaltschaft in Stade und das Amtsgericht in Cuxhaven
auf Nachfrage der NORDSEE-ZEITUNG bestätigt, dass der Prozess gegen Lohmann am 13.
April in Cuxhaven nicht stattfindet. „Die Verfügung ist gerade erst raus“, sagt Ingrid Stelling,
Direktorin des Amtgerichts in Cuxhaven.
Bei dem „Deal“ scheint einer der LTZ-Geschäftsführer „fein raus“, nach § 153 der
Strafprozessordnung wird das Verfahren gegen F. wahrscheinlich eingestellt. Die Begründung
könnte sein, dass F. als kaufmännischer Geschäftsführer von den „fachlichen“
Amputationspraktiken nichts habe wissen können. Anders sieht es bei P. aus, der auch in
einschlägigen Fachzeitschriften publiziert hat. Ein neuer Strafbefehls-Antrag gegen ihn dürfte
aber unter 90 Tagessätzen liegen, damit wäre auch er nicht vorbestraft. Lohmann aber könnte
als Gegenleistung bis zu eine Million Euro in die Staatskasse zahlen. So sieht es § 30 des
Ordnungswidrigkeitengesetzes vor. Die Bußgeldhöhe setzt die Staatsanwaltschaft fest.
Lohmann ist für PETA seit Jahren ein Thema, „doch bisher sind wir nie richtig an die
rangekommen“, sagt Haferbeck. „In Tierschützerkreisen ist LTZ ein absolut rotes Tuch.“ Die
Beweisführung für Tierquälereien war eigentlich unmöglich. Bis sich ein sogenannter
Whistleblower an die Tierschutzrechtsorganisation wandte. Ein Zuflüsterer, der jetzt nicht
mehr bei LTZ arbeite, aber wertvolle Informationen und Beweise geliefert habe. Selbst bei
PETA hätten nur zwei Leute darüber Bescheid gewusst. 2008 kam es dann zur Anzeige.
PETA prangerte dabei nicht nur die Amputationspraxis von Kämmen und Zehen der
Hühnerküken an, sondern auch die von Schnäbeln und die Vergasung männlicher Küken.
Ermittlungen bezüglich des Amputierens der Schnäbel und des Vergasens wurden aber wegen
eines „Verbotsirrtums“ eingestellt, da die Praktiken vom Kreisveterinäramt behördlich
abgesegnet worden seien. Beschwerden von PETA gegen die Einstellung laufen derzeit noch.
Der Landkreis Cuxhaven will LTZ künftig das Vergasen untersagen lassen.
Beim Thema Kreisveterinäramt redet sich der PETA-Experte in Rage. „Die
Veterinärbehörden sind eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung. Sie stehen nur auf
Täterseite und kommen ihren Aufgaben durchweg nicht nach.“ Auch bei Lohmann stünde die
wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens im Vordergrund. „Über die Stadt Cuxhaven
kreist der Pleitegeier. Wenn Lohmann von der Landkreisbehörde angegangen würde, hätte das
Auswirkungen auf die ganze Stadt“, so Haferbeck. Belastbare Unterlagen habe er nicht, aber
als ehemaliger Kommunalpolitiker wisse er, wie das auf „kumpelhafter Ebene“ laufe. „Da
werden natürlich keine Gelder hin- und hergeschoben. So plump ist man heute nicht mehr.“
Artikel vom 06.04.11 - 16:00 Uhr
Anwälte machen sich bezahlt
Cuxhaven. Manchmal lohnt es sich offenbar, die Pferde zu wechseln – und wenn es bei
Hühnern ist. Ursprünglich hat sich der Hühnerzüchter Lohmann Tierzucht im
Verfahren wegen mutmaßlicher Tierquälerei von einer Cuxhavener Anwaltskanzlei
vertreten lassen. Jetzt fungiert Graf von Westphalen aus Hamburg als Beistand – und
das offenbar mit durchschlagendem Erfolg. Von Christian Döscher
Die neuen Anwälte haben dafür gesorgt, dass die Staatsanwaltschaft in Stade zu neuen
Erkenntnissen gekommen ist, der Prozess am Mittwoch platzt, ihre Mandanten, zwei
Lohmann-Geschäftsführer, nicht als vorbestraft gelten und das Unternehmen selbst „nur“
einen sechsstelligen Betrag in die Staatskasse zahlen muss. Graf von Westphalen ist kein
Unbekannter, wenn es um Tierschutz-Prozesse geht. So haben sie Pelztierfarmen genauso
vertreten wie den Circus Krone.
Nach Informationen der NORDSEE-ZEITUNG konnten sie gegenüber dem Amtsgericht in
Cuxhaven glaubhaft widerlegen, dass Lohmann Tierzucht (LTZ) vor Abschluss des
Ermittlungsverfahrens auf die Unzulässigkeit von Kammkürzungen bei Hähnen hingewiesen
worden sei. Auch der Vorwurf, das Kammkürzen sorge für länger anhaltende, erhebliche
Schmerzen, sei nicht statthaft. Schließlich habe der Kreisveterinär darauf hingewiesen, dass
der Eingriff komplikationslos, kurz und mit geringem Schmerz verbunden sei.
Tierschutzgesetz angeführt
Für die Zehenamputationen bei Hühnern bemühen die Anwälte gar das Tierschutzgesetz. Dort
ist für das „Absetzen des krallentragenden letzten Zehengliedes bei Masthahnenküken, die als
Zuchthähne Verwendung finden sollen, während des ersten Lebenstages“ keine Betäubung
notwendig.
Ursprünglich hatte die Tierschutzorganisation PETA nicht nur die Amputationspraktiken von
Kämmen und Zehen bei Hühnerküken angezeigt. Aber Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
wegen des Schnabelkürzens und des Vergasens von männlichen Küken wurden wegen eines
„Verbotsirrtums“ eingestellt. Das heißt LTZ kann nicht für etwas belangt werden, was von
den Behörden abgesegnet worden war.
Diese Strategie ist jetzt offenbar auch bei den verbleibenden Anklagepunkten erfolgreich
gewesen – und rückt abermals das Kreisveterinäramt und das Landwirtschaftsministerium ins
Zwielicht. Obwohl die Praktiken dort bekanntgewesen sind, habe man sie Lohmann nicht
untersagt.
Selbst nach einem Besuch bei LTZ in Cuxhaven, bei dem Vertreter sowohl des Kreises als
auch des Ministeriums Stallungen und Tierbestände besichtigt hatten, seien die Praktiken
nicht verboten worden.
Für Ministeriumssprecher Dr. Gert Hahne ist klar, „dass das, was bei Lohmann stattfand,
nicht statthaft war“. Doch seien dem Landwirtschaftsministerium die Hände gebunden
gewesen, da allein der Landkreis weisungsbefugt gewesen sei.
Fragwürdig erscheint es da zumindest, wenn das Ministerium im November 2010 – nach
Abschluss der Ermittlungen – gegenüber dem Kreis und auch „nachrichtlich“ gegenüber LTZ
den Kammschnitt als verbotene Amputation einstuft.
Skurril soll es mitunter im Schriftverkehr zwischen Ministerium und LTZ zugegangen sein, so
gibt es mitunter keine klaren Fristen für die Abgabe von Dokumenten, sondern man zeige sich
erfreut, dass schon etwas zur Verbesserung des Tierschutzes getan worden sei oder beim
Aufräumen des Schreibtisches müsse doch aufgefallen sein, dass noch eine Publikation
ausstehe.
Höhe des Bußgeldes
Die persönliche Strafe kann dem Gesetz nach an ein Bußgeld für das Unternehmen gekoppelt
werden, damit kann der Unrechtsgehalt einer Tat beseitigt werden. Das
Ordnungswidrigkeitengesetz sieht bei Vorsatz Strafen von bis zu einer Million Euro, bei
Fahrlässigkeit bis zu 500 000 Euro Bußgeld vor. Im ursprünglichen Strafbefehl ist noch von
Vorsatz die Rede. Lohmann zahlt einen sechsstelligen Betrag in die Staatskasse.
Artikel vom 07.04.11
Lohmann Tierzucht: Der König der Küken
Cuxhaven/Dorum. Die Halle ist so groß wie unscheinbar. Wer vor der Brüterei der
Lohmann Tierzucht in Dorum steht, draußen im Niemandsland zwischen Bremerhaven
und Cuxhaven, würde nie vermuten, dass hier jedes dritte Hühnerei auf der Welt seinen
Ursprung hat. Von Inga Hansen
Rund 5000 Hochleistungshennen schlüpfen hier im Schnitt täglich, streng behütet in sterilen
Brutschränken. Kaum einen Tag alt, werden sie in alle Welt transportiert, wo sie sich
vermehren. Die Lohmann Tierzucht GmbH, die die Brüterei in Dorum betreibt, ist
Weltmarktführer in der Legehennen-Produktion. Ein Champion, dessen Chefs jetzt im
Mittelpunkt von Ermittlungen um mutmaßliche Tierquälerei stehen.
Eigentlich hätte am Mittwoch der Prozess gegen zwei Geschäftsführer von Lohmann
Tierzucht beginnen sollen. Ursprünglich angeklagt waren sie, weil in ihrem Betrieb frisch
geschlüpften Küken Schnäbel gekürzt, Kämme abgeschnitten und Zehen amputiert wurden.
Angeblich damit die Tiere besser sehen können und sie sich in den engen Ställen nicht
gegenseitig verletzen. Zudem wurden viele männliche Küken getötet und im Schredder
zermanscht. Denn die Hähne können keine Eier legen und sind zu mager für die Fleischmast.
Das sei weltweit „gängige Praxis“ in der Zucht, verteidigt sich der Hühnerkonzern. Das
stimmt. Nach Schätzungen von Tierschützern werden jährlich 40 Millionen Eintagsküken
getötet, weil die Industrie keine Verwendung für sie hat. Eine Praxis, die erlaubt ist. Sie wirft
ein Schlaglicht auf die Gebaren in der Branche, aber vor allem auch darauf, wie unsere
Gesellschaft damit umgeht. Weil sie nach günstigem Fleisch giert und nach dem täglichen
Frühstücksei, werden Hühner und Puten heute so industriell gezüchtet, gemästet und
verwertet wie kein anderes Lebewesen. Lohmanns Weg an die Weltspitze ist dafür nur ein
Beispiel.
Vor über 50 Jahren, als der Fischmehlfabrikant und Firmengründer Heinz Lohmann in
Cuxhaven mit seiner Zucht begann, produzierten Hennen nur alle zwei Tage ein Ei. Heute
legen die hochleistungsfähigen Hybriden, wie die Industriehühner heißen, nahezu täglich eins.
60 Millionen Euro Umsatz
Das Cuxland ist die Heimat des Hennenherstellers, der mittlerweile 60 Millionen Euro im
Jahr umsetzt und Niederlassungen in Dänemark, Kanada, den USA und Brasilien unterhält. In
den Forschungslaboren am Stadtrand von Cuxhaven brüten Wissenschaftler über dem
perfekten Huhn, tüfteln an Schalendicke und Festigkeit der Eier, an der Legefreudigkeit und
am Futterverbrauch. In riesigen Ställen im Nordkreis werden Hochleistungshennen
aufgezogen, in den Brütereien in Dorum und Altenwalde schlüpfen jedes Jahr vier Millionen
Küken. „Für jede Haltungsform das richtige Huhn – für jeden Markt das richtige Ei“, wirbt
der Konzern auf seiner Webseite. Lohmann Tierzucht produziert Hennen für jeden Markt –
Hühner, die große braune Frühstückseier legen, wie sie die Deutschen lieben, ebenso wie
kleine weiße für den indischen oder mexikanischen Markt.
Mit ihren Bestseller-Rassen hat die Cuxhavener Firma vom Nordseedeich aus die Welt
erobert. Mit nur 200 Mitarbeitern beliefert sie Kunden in 100 Ländern. In Deutschland
stammen gar zwei von drei Eiern aus einer Zuchtlinie von der Küste. Lohmann Tierzucht
gehört heute zur Agrarholding von Erich Wesjohann, dessen Bruder Paul-Heinz mit der
Marke „Wiesenhof“ einer der bedeutendsten Hühnerfleisch-Produzenten Europas ist.
Fakten, die man einer Münchener PR-Agentur entlocken muss. Zurzeit sei ein Blick hinter die
Kulissen von Lohmann Tierzucht leider nicht möglich, sagt Unternehmenssprecher Tobias
Russ. Zu stark fühlen sich die Hühnerzüchter offenbar unter Beschuss.
Dabei müht man sich bei Lohmann nach eigenen Angaben seit längerem, das Töten der MiniHähnchen zu vermeiden. „Ein schwarzer Fleck“ in der Branche sei es, räumt Russ ein. Zwei
Ideen gibt es: So überlegt man, die mageren Hähnchen als tierfreundlich gemästete
Stubenküken zu vermarkten. Zugleich forschen Lohmann-Wissenschaftler gemeinsam mit der
Uni Leipzig daran, das Geschlecht der Tiere bereits im Ei festzustellen.
Artikel vom 08.04.11 - 07:00 Uhr
Gert Lindemann äußert sich kritisch zu Vorhaben in Barver
Minister gegen 3200-Kühe-Anlage
005.04.11|DiepholzFacebook
Diepholz - BARVER (ej) · Der Landwirt Jörn Kriesmann (42), der in der Nähe seines Hofes
in Barver eine Stallanlage für 3200 Kühe errichten möchte, spürt mehr und mehr Gegenwind.
Jetzt kritisierte der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) seine
Pläne.
In einem Brief an einen Bürger aus Barver, der gegenüber dem Minister Sorgen und
Bedenken geäußert hatte, schreibt Lindemann:
„Ich habe durchaus Verständnis für Ihre Haltung. Betriebe dieser Größenordnung entsprechen
auch nicht meinem agrarpolitischen Leitbild. Sie haben für mich eher einen großgewerblichen
Charakter, den ich nicht für förderungswürdig halte.
Wenn jemand eine Tierhaltungsanlage dieser Größenordnung errichten will, ist es vielmehr
grundsätzlich sein unternehmerisches Risiko, das er eingehen darf, soweit es nicht
gesetzeswidrig ist. Stallbauprojekte dieser Größenordnung lehnt die niedersächsische
Landesregierung ab. Wir werden solchen Unternehmen keinerlei finanzielle Mittel zur
Verfügung stellen, zu denen wir nicht rechtsverpflichtet sind. Im Fokus der niedersächsischen
Agrarpolitik stehen die bäuerlichen Betriebe. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass bei
jedem Stallbau abhängig von der Größenordnung umfangreiche rechtliche Vorgaben zum
Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz eingehalten werden müssen“, so Gert Lindemann,
Niedersächsicher Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und
Landesentwicklung, in seinem Brief.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die den geplanten 3200-KüheStall massiv bekämpft, äußert in einer gestern vorgelegten Pressemitteilung Freude über die
Haltung Lindemanns.
Laut AbL-Sprecher Eckehard Niemann sollten sich Gemeinde Barver, Samtgemeinde Rehden
und die Genehmigungsbehörden durch diese eindeutige Positionierung der Landesregierung
„hinsichtlich einer möglichen Nichtgenehmigung gestärkt fühlen“. Landvolk,
Landwirtschaftskammer und Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) sollten ihre
Unterstützung des Landwirts Kriesmann jetzt noch einmal sehr gründlich überdenken.
Niemann zeigte sich zuversichtlich, auch diese agrarindustrielle Anlage mit Hilfe der Bürger
und des neuen „Netzwerks Bauernhöfe statt Agrarfabriken Kreis Diepholz und umzu“ zu
verhindern.
Die Entscheidung für oder gegen die Stallanlage müssen Gemeinderat beziehungsweise
Samtgemeinde treffen, die im Fall einer Befürwortung Bebauungsplan und
Flächennutzungplan ändern müssen.
Kriesmann betreibt bereits einen Hof mit 1100 Kühen und möchte den Bestand des
Familienbetriebes (wie mehrfach berichtet) nahezu verdreifachen.
Proplanta ® | 05.04.2011 |
Agrarpolitik
>>
Deutschland
Lindemann und Landesregierung gegen 3.200er-Milchviehanlage bei
Diepholz
Bienenbüttel - Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
bedankt sich bei Niedersachsens Agrarminister Gert Lindemann für seine
klare Ablehnung der geplanten 3.200er-Milchviehanlage in Barver bei
Diepholz.
Dieser Dank gelte ganz sicher für ganz viele Bauern und Bürger der
Region, die durch dieses „agrarstrukturelle Monsterprojekt“ ihre
Entwicklungsmöglichkeiten, Milchpreise und Lebensqualität bedroht
sehen.
In einem Brief vom 29.3.2011 an einen besorgten Anwohner hatte Lindemann betont,
Betriebe dieser Größenordnung mit großgewerblichem Charakter entsprächen nicht seinem
agrarpolitischen Leitbild und würden von der niedersächsischen Landesregierung abgelehnt.
Lindemann hält derartige Anlagen deshalb auch nicht für förderungswürdig. Man werde
solchen Unternehmen keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, zu denen man nicht
rechtsverpflichtet sei. Lindemann verweist in seinem Brief zudem auf „umfangreiche
rechtliche Vorgaben zum Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz“.
Laut AbL-Sprecher Eckehard Niemann sollten sich Gemeinde, Samtgemeinde und
Genehmigungsbehörden durch diese eindeutige Positionierung der Landesregierung
hinsichtlich der durchaus möglichen Nichtgenehmigung gestärkt fühlen. Landvolk,
Landwirtschaftskammer und Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) sollten ihre
Unterstützung des Investors jetzt noch einmal sehr gründlich überdenken. Niemann zeigte
sich zuversichtlich, auch diese agrarindustrielle Anlage mit Hilfe der Bürgerinnen und Bürger
und des neuen „Netzwerks Bauernhöfe statt Agrarfabriken Kreis Diepholz und umzu“
baldmöglichst zu verhindern. (AbL)
DPA
Lindemann lehnt Riesenkuhstall ab
Montag, 04. April 2011, 15:10 Uhr
Barver (dpa/lni) - Die Gegner eines Mega-Kuhstalls für 3200 Tiere in Barver bei Diepholz
bekommen Rückenwind aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium.
«Stallprojekte dieser Größenordnung lehnt die niedersächsische Landesregierung ab», heißt es
in einem am Montag von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
veröffentlichten Brief von Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) an einen
Anwohner des Stall-Projekts. Betriebe dieser Größenordnung entsprächen nicht seinem
agrarpolitischen Leitbild. Nach Angaben der Samtgemeinde Rehden gibt es noch keinen
Bauantrag des Investors.
NDR
Stand: 05.04.2011 10:52 Uhr
Unterstützung für Gegner von Mega-Kuhstall
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gerd
Lindemann (CDU) stellt sich hinter Gegner von Groß-Kuhställen. In einem Brief, den die
Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft veröffentlicht hat, versichert
Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) seine negative Haltung gegenüber der
geplanten Anlage für 3.200 Kühe. Stallbau-Projekte dieser Größenordung entsprächen nicht
seinem agrarpolitischen Leitbild. Deshalb wolle das Ministerium auch keine finanziellen
Mittel zur Verfügung stellen. Ob die Einwände des Ministers und die Proteste der Diepholzer
Landwirte den Groß-Kuhstall verhindern können, ist unklar.
Mehr Kühe als Einwohner?
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Benachbarte Landwirte protestieren gegen die Pläne, die Großfarm auf 3.200 Milchkühe
aufzustocken. Sie fürchten um ihre Existenz. Das Groß-Projekt könnte kleine und mittlere
Familienbetriebe verdrängen.
Schon jetzt hat der Landwirt in Barver (Landkreis Diepholz) 1.100 Kühe. Ein
durchschnittlicher Familienbetrieb hält 30 bis 100 Tiere.
Neben der wirtschaftlichen Konkurrenz sprechen sie sich vor allem gegen die
Massentierhaltung aus.
Bei 3.200 Tieren in einem Stall sei eine artgerechte Haltung nicht mehr gewährleistet. Auch
die 2.000 Hektar große Futterfläche in Barver würde für so viele Tiere nicht ausreichen.
Schon jetzt stehen die 1.100 Kühe des Landwirts dicht gedrängt im Gatter.
Im Familienbetrieb des Nachbarn in Barver haben die Kälbchen noch mehr Platz.
Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisiert den geplanten
Riesenstall. In solchen "Tierfabriken" kämen die Kühe nicht mehr zur Ruhe.
Es liegt nun am Gemeinderat in Barver. Er muss jetzt über den Riesen-Stall entscheiden.
Bürgermeister Detlev Osterbrink (WGB) will sich in Ruhe eine Meinung bilden.
Benachbarte Landwirte protestieren gegen die Pläne, die Großfarm auf 3.200 Milchkühe
aufzustocken. Sie fürchten um ihre Existenz. Das Groß-Projekt könnte kleine und mittlere
Familienbetriebe verdrängen.
Mit einem Schild "Warum braucht eine Familie 3200 Kühe?" wird auf dem Milchviehbetrieb
Friedhelm Feldhaus in Barver (Landkreis Diepholz) gegen den geplanten Bau eines Kuhstalls
für 3.200 Tiere in der Nachbarschaft protestiert. © dpa Bildfunk Fotograf: Carmen Jaspersen
Milchbauern bangen um ihre Existenz
Bei den Milchbauern in der Gemeinde Barver sorgen die Pläne weiter für Existenzängste.
Wenn das Vorhaben in die Tat umgesetzt würde, hätten die anderen Bauern in dem Ort kaum
noch Chancen, ihre Familienbetriebe mit 30 bis 100 Tieren weiterzubetreiben. Noch sind
allerdings bei der Gemeindeverwaltung keine Anträge eingereicht. Es gebe nur eine
Voranfrage des Landwirts, der die Anlage plant, sagte der Ortsbürgermeister Detlev
Osterbrink von der Wählergemeinschaft Barver. Der Gemeinderat habe sich noch keine
Meinung gebildet. "Wir wollen keinen Schnellschuss", betonte der Bürgermeister.
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Die Milchbauern in Barver haben Existenzangst
07.03.2011 | 20:30 Uhr
NDR Fernsehen: Niedersachsen 18.00
In Diepholz will eine Großfarm ihren Bestand von 1.100 Tieren auf 3.200 Tiere aufstocken.
Der Region stehen aber nur 2.000 Hektar Futterfläche zur Verfügung.
Video starten (01:38 min)
Proteste gegen Groß-Kuhstall
3.200 Kühe sollen in dem neuen Riesenstall in
Barver leben. Friedhelm Feldhaus, ein Kollege und Nachbar des Landwirts, der den RiesenStall bauen will, hat Angst um seine Existenz: "Wenn das so kommt, können wir hier
aufgeben". Die anderen Landwirte sorgen sich, dass sie dann künftig bei den Pachtflächen den
Kürzeren ziehen könnten, wenn sie ihre Betriebe vergrößern wollen. Deshalb protestieren
Feldhaus und etwa 50 seiner Kollegen gegen die Pläne für den Riesen-Stall. Mehr Geld lasse
sich seiner Meinung nach damit nicht verdienen. "Er will wohl nur der Größte sein", sagte
Feldhaus über seinen Nachbarn. Für Hartmut Bloch, Gemeindedirektor von Barver und
Samtgemeindebürgermeister von Rehden, ist neben der Frage der Pachtflächen auch die
Frage, ob die die angrenzenden Straßen für den An- und Abtransdport ausgelegt sind.
Kritik kommt auch von den Bauernverbänden
Kleinere Betriebe sorgen sich um ihre Existenz. Die
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) gehört zu den größten Kritikern des
Mega-Projekts. Auch Martin Morisse, Bundesvorstandsmitglied des Bundes deutscher
Milchviehhalter (BdM) befürchtet durch das Groß-Projekt einen Verdrängungswettbewerb,
bei dem die kleinen und mittleren Familienbetriebe weichen müssen. "Es wird dasselbe an
Milch produziert werden, nur von weniger Betrieben", sagte Morisse. Eckehard Niemann von
der AbL spricht von "Tierfabriken", in denen die Kühe nicht mehr zur Ruhe kämen. Jetzt
könne man das Projekt noch im Anfangsstadium verhindern, so Niemann.
Volksstimme
Bußgeldverfahren gegen Schweinezüchter läuft noch
Binde: Kontrolleure erneut fündig
Von Holger Thiel
Binde. Das Bußgeldverfahren gegen den holländischen Schweinezüchter Adrian Straathof,
der in Binde eine Schweinezuchtanlage mit mehr als 30 000 Tierplätzen betreibt, ist noch
immer nicht abgeschlossen. Straathof hatte gegen die Höhe des Bußgeldes, bis zu 500 000
Euro Widerspruch eingelegt. Das Landesverwaltungsamt als zuständige Behörde hatte das
Verfahren eröffnet, weil der Holländer im Zuge der ersten Erweiterung der Anlage in den
Jahren 2005 und 2006 Gebäude errichtet hatte, für die keine Genehmigungen vorlagen. Die
Palette reicht von einem Technikhaus über Stallplätze bis zu Siloanlagen. Schwarzbau sagt
der Volksmund dazu.
In der vergangenen Woche ließ Straathof dem Landesverwaltungsamt 17 Aktenordner zum
Erweiterungsbau übergeben. "Diese Akten müssen jetzt durchgearbeitet werden", erklärte
Gabriele Städter, von der Stabsstelle Kommunikation der Landesbehörde. Diese schaut sehr
kritisch auf die Binder Anlage. Erst vor wenigen Tagen gab es eine erneute Kontrolle durch
Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes. Denn im Bußgeldbescheid war auch verfügt
worden, dass diejenigen Betriebsteile, die ohne Genehmigung errichtet wurden, stillzulegen
sind. Dazu gehört unter anderem Fahrsilos für die Biogasanlage, die ohne Erlaubnis
verlängert wurden. Doch bei der Kontrolle sei nun festgestellt worden, dass der Betrieb von
Straathof genau gegen diese Auflagen verstößt, so Städter. Welche Konsequenzen das haben
wird, sei offen. Der Kon-trollbesuch werde derzeit im Landesverwaltungsamt ausgewertet,
erklärte die Pressesprecherin. Wann das Verfahren endgültig abgeschlossen sein wird, steht
noch nicht fest. Sicher ist nur, die seit Jahren geplante zweite Erweiterung auf nunmehr
55 000 Tierplätze kann Straathof nicht in Angriff nehmen.
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Dokument erstellt am 06.04.2011 um 05:32:37 Uhr
Erscheinungsdatum 06.04.2011 | Ausgabe: saw
Sonderstadtratssitzung zum umstrittenen Projekt beginnt um 18
Uhr / Transparente, Plakate und weiße Holzkreuze
Dambecker protestieren heute gegen Hähnchenmast
Ein Bettlaken, vier Leute, die die Ecken festhalten und schon kann das Transparent
geschrieben werden. Mitglieder der Dambecker BI bereiteten sich Montagabend auf die
heutige Sonderstadtratssitzung vor. Foto: Holger Thiel
Salzwedel/Dambeck (ht). Der Stadtrat entscheidet heute Abend, ob die Stadt das so genannte
gemeindliche Einvernehmen mit dem geplanten Bau von vier Hähnchenmastställen zwischen
Dambeck und Brewitz gibt. Dieses Einvernehmen ist Voraussetzung dafür, dass der vom
niedersächsischen Hähnchenmäster Horst Ostendorf gestellte Bauantrag in ein
Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionschutzgesetz mündet. Die
Sonderstadtratssitzung beginnt um 18 Uhr im Foyer des Salzwedeler Kulturhauses.
Die Mitglieder der Dambecker Bürgerinitiative "Keine Hähnchenmast Dambeck" haben sich
am Montagabend auf diese Sitzung vorbereitet. Transparente, Plakate und Flugblätter wurden
angefertigt. Mit diesen sowie mit weißen Holzkreuzen wollen die Dambecker und Brewitzer
ab 17.30 Uhr vor dem Kulturhaus gegen die geplanten 160 000 Hähnchenmastplätze, die nur
wenige hundert Meter von ihren Wohnhäusern entstehen sollen, protestieren. "Jeder
Salzwedeler, der sich der Demonstration anschließen will, ist willkommen", erklärte Judith
Dutschke von der Bürgerinitiative.
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Dokument erstellt am 06.04.2011 um 05:32:31 Uhr
Erscheinungsdatum 06.04.2011 | Ausgabe: saw
Freie Presse
Blick auf die Ferkelzuchtanlage in
Reichenbach, einem Ortsteil der Gemeinde Kriebstein. In unmittelbarer Nähe will der örtliche
Ferkelzüchter noch in diesem Jahr zwei neue Stallanlagen bauen. Das Landratsamt
Mittelsachsen muss noch grünes Licht geben.
Foto: Falk Bernhardt
Mehr Schwein aus Erlau und Kriebstein
High-Tech-Anlagen zur Tierproduktion in Planung - Modernste Technik soll
Geruchsbelästigung minimieren
Erlau/Kriebstein. Noch in diesem Jahr will die Agrargenossenschaft Agraset in der
Gemeinde Erlau einen neuen Maststall für Schweine bauen.
Mit dieser Anlage am Hauptstandort Naundorf, die zwei große Ställe von je 26 Metern Länge
und 90 Metern Breite umfasst, sollen drei zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Dabei will das
Unternehmen tief in die Tasche greifen.
Die Investition bewegt sich nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Jan Gumpert im
Millionenbereich. "Die Baugenehmigung vom Landratsamt Mittelsachen liegt bereits vor",
erklärte er den Planungsstand. Nun gehe es an die Konkretisierung des Finanzierungsplanes.
Dabei bemühe man sich, vor allem heimische Firmen zu beschäftigen.
Das Ziel ist klar: Mit der Fertigstellung der Anlage bis zum Jahresende sollen weitere 4160
Schweinemastplätze geschaffen und so die Ertragslage verbessert werden. Rund 16.000
Ferkel produziert Agraset pro Jahr in seiner Zuchtanlage in Wiederau.
"Diese haben wir bisher in den Westen teilweise zu Schleuderpreisen abgegeben, da wir keine
ausreichenden Kapazitäten zum Mästen hatten." Das soll nun mit Schaffung des Neubaus
vorbei sein. Gumpert macht die Rechnung auf:
"Jede Sau wirft im Schnitt 25 Ferkel pro Jahr. Das macht bei uns rund 16.000 Ferkel. Bei drei
Mastdurchgängen benötigen wir also 5300 Mastplätze. 1140 haben wir bereits, und so bauen
wir 4160 Plätze neu." Pro Tier verspreche man sich dann drei bis sieben Euro - ein
Durchschnittswert, der zwar 2010 in ganz Sachsen nicht erreicht wurde, aber in einem "guten
Jahr" durchaus möglich sei.
Große Proteste der Bürger gegen die neue Stallanlage befürchtet er nicht. Dank modernster
Technik, einer Zentralabsaugung und zehn Meter hohen Abluftröhren, rechnet er mit so wenig
wie möglich Geruchsbelästigungen für die Bevölkerung. Außerdem sei der Standort bereits in
der Vergangenheit landwirtschaftlich geprägt.
Nicht ganz so schnell geht es mit der geplanten Erweiterung der Ferkelzuchtbetrieb GmbH in
Reichenbach, einem Ortsteil von Kriebstein, voran. Geschäftsführer Mark Reinken, hat bis
jetzt noch kein grünes Licht vom Landratsamt Mittelsachsen bekommen. Er hofft trotzdem,
noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen zu können. Ende 2010 hatte der Gemeinderat
Kriebstein dem Vorhaben zugestimmt. Eines der wichtigsten Argumente war dabei die
Schaffung von sieben neuen Arbeitsplätzen. Derzeit gibt es in dem 2009 eingeweihten
Zuchtbetrieb in Reichenbach 14 Beschäftigte.
Geplant ist nach Darstellung von Reinken der Neubau von zwei Stallanlagen. Die Investition
in Millionenhöhe sei Voraussetzung, dass der Bestand um 1900 Sauen auf 3300 ansteigt. Zur
Erweiterung habe man sich aufgrund der guten Nachfrage entschlossen. Das Fleisch sei in der
Region beliebt. Ausschlaggebend seien auch die kurzen Transportwege gewesen, so Reinken.
erschienen am 14.02.2011 ( Von Eveline Roessler )
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Region/Niedersachsen/352264/Zu-wenig-Gefluegel-fuerSchlachthof%3F.html
In Wietze stehen bereits erste Hallen des umstrittenen Großprojektes / Gegner
geben sich jedoch nicht geschlagen
- 01.04.2011
Zu wenig Geflügel für Schlachthof?
Von MICHAEL EVERS
Wietze. Lange Zeit diskutierten Gegner und Befürworter nur über Pläne auf Papier,
inzwischen nimmt der umstrittene Geflügelschlachthof in Wietze Form und Gestalt an. Auf
einem 21 Hektar großen Areal am Rande der 8000-Einwohner-Gemeinde im Kreis Celle
stehen bereits erste Hallen des Großschlachthofes, in dem knapp 2,6 Millionen Hähnchen pro
Woche geschlachtet werden können.
Während Befürworter die wirtschaftlichen Impulse für die Region betonen, geben die Gegner
sich noch lange nicht geschlagen. Sie bezweifeln, dass der Schlachthof wie geplant im
Spätsommer in Betrieb gehen kann. Knackpunkt: Angeblich sollen sich kaum Bauern
bereitgefunden haben, als Hähnchenmäster den Schlachthof zu beliefern. "Das ist im Moment
das große Problem. Es haben sich nicht einmal zehn Landwirte gefunden, mindestens 420
werden für die Produktion benötigt", meint Norbert Juretzko, der Vorsitzende der
Bürgerinitiative Wietze. Ohne ausreichend Hähnchenmäster in der Region könne der
Schlachthof allenfalls auf kleiner Linie anfahren. "Wir gehen davon aus, dass in diesem Jahr
noch nichts produziert wird." Der Bau sei bereits mehrfach verschoben worden, unter
anderem unter Verweis auf zu frostiges Wetter. Tatsächlich hätte so mancher Landwirt aber
für sich ausgerechnet, dass ihm als Lohnmäster für die Emsland Frischgeflügel GmbH kaum
ein einträgliches Geschäft bevorstehe.
Niedersachsen ist Deutschlands Hähnchenland Nummer eins. Bisher war die Branche vor
allem im Nordwesten und im Emsland konzentriert. Dort aber wird der Raum für neue
Agrarunternehmen knapp, daher richtet die Branche den Blick neuerdings nach
Ostniedersachsen. "Es gibt hier andere landwirtschaftliche Voraussetzungen als im Emsland",
sagt Juretzko. Waldstücke etwa machten den Bau von Mastställen schwieriger als im Westen.
Die Kritik der Bürgerinitiative ist vielfältig: So wird der Schlachthof als Teil einer
tierfeindlichen Agrarindustrie abgelehnt. Sorge gibt es vor Hähnchenblut im Abwasser, vor
einer Lastwagenlawine bei der Belieferung des Schlachthofes und vor Emissionen bei den
zahlreich nötigen Mastställen im Umkreis.
Bürgermeister Wolfgang Klußmann hält die Einwände der Bürgerinitiative für unbegründet
und überzogen. Bewusst gestreut worden sei etwa die Behauptung, in dem Schlachthof
würden nur Billigkolonnen aus Osteuropa eingesetzt. "Ich habe nicht den Eindruck, dass es
einen massiven Widerstand gibt, das ist eine kleine Gruppe." Große Stimmung gegen das
Bauprojekt gebe es nicht. Vielmehr habe es für die 250 Arbeitsplätze in der Produktion bereits
900 Bewerbungen gegeben, darunter 361 Initiativbewerbungen aus der Region, noch bevor
überhaupt Stellen ausgeschrieben wurden. Für die Finanzen der klammen Kommune
verspricht Klußmann sich einen kräftigen Schub. Die Einwohnerzahl könne wieder steigen,
dies seien gute Nachrichten für den Weiterbetrieb von Grundschule und Kindergärten.
An der Inbetriebnahme im Spätsommer werde festgehalten, betont unterdessen ein
Unternehmenssprecher. Feststehe, dass der Betrieb mit einer Produktionslinie im
Einschichtbetrieb bei voller Auslastung starte. Zur Frage der Mastbetriebe wollte der Sprecher
keine Auskunft geben. 25 künftige Mitarbeiter würden bereits am Hauptsitz im emsländischen
Haren eingearbeitet, der Betriebsstart erfolge dann mit 250 Beschäftigten. 40 Millionen Euro
werden in den Schlachthof investiert.
"Die Region um Celle kann sich glücklich schätzen, dass die Entscheidung für diesen
Standort gefallen ist", sagt Wilhelm Hoffrogge, Vorsitzender des Landesverbandes der
Geflügelwirtschaft. Das Unternehmen hätte in die neuen Bundesländer gehen können, wo es
mehr Zuschüsse gegeben hätte. Den Protest der Bürgerinitiative hält er für maßlos überzogen.
Mancher Landwirt sei deshalb vor einem Einstieg in die Hähnchenmast zurückgeschreckt.
Dabei biete dies so manchem jungen Landwirt eine Perspektive für seinen Hof.
Sächsische Zeitung
Dienstag, 5. April 2011
(Chemnitzer Morgenpost)
Proteste gegen Hühnerfarm
Der Gegenwind gegen eine geplante Hühnerfarm bläst immer stärker. Die
Lunzenauer Bürgerinitiative (BI) hat die benötigten 650 Unterschriften für ein
Bürgerbegehren beisammen. Damit könnte die 2,2-Millionen-Investition der
Sächsischen Farmbetriebe wackeln, einen Stall mit 40000 Tieren zu errichten.
Der Geschäftsführer der Sächsischen Farmbetriebe, Georg von Bitter (32), will in Lunzenau
eine Hühnerfarm bauen. Foto: Dietmar Thomas
Lunzenau. Am 12. April sollen die Unterschriften Bürgermeister Ronny Hofmann (42, CDU)
übergeben werden. Der sieht die Sache gelassen. „Das gehört zur Demokratie.“ Danach
entscheidet der Stadtrat.
„Es kann doch nicht sein, dass wir kein Geld für ordentliche Straßen haben, aber die
Massentierhaltung mit Millionenbeträgen fördern“, sagt Wolfgang Hendler (60) von der BI.
Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums (SMUL) wurden seit 2007 knapp 42
Millionen Euro Fördermittel für die Geflügelhaltung bewilligt. In Sachsen gibt es derzeit rund
8,2 Millionen Hühner. Aktuell laufen laut SMUL acht Genehmigungsverfahren für
Neuanlagen. (tor)
Sächsische Zeitung
Donnerstag, 17. März 2011
(Döbelner Anzeiger)
BOCKELWITZ
Großes Eierlegen könnte noch 2011 starten
Von Heike Stumpf
In Doberschwitz soll ein Geflügelzuchtbetrieb entstehen. Die Anwohner
reagieren sehr unterschiedlich darauf.
Georg von Bitter, Geschäftsführer der Sächsischen Farmbetriebe aus Hilbersdorf, hat den
Gemeinderäten und einigen Anwohnern von Bockelwitz und ehemals Thümmlitzwalde
erklärt, wie der geplante Geflügelzuchtbetrieb in Doberschwitz aussehen und wie es dort
ablaufen soll. Das Unternehmen rechnet in den nächsten Tagen mit den letzten
Genehmigungen. Dann könnte der Bau der Betriebsstätte im Mai beginnen und die
Produktion von Brut-eiern noch Ende 2011 starten. Der Betrieb will in der Gemeinde
Bockelwitz 2,5 Millionen Euro investieren und drei Arbeitsplätze schaffen. Foto: D. Thomas
Knapp 40.000 Hühner in drei Ställen – das hört sich nach mächtig viel Gegacker an. Das
dürfte es auch werden, wenn die Sächsischen Farmbetriebe (SFG) GmbH die Genehmigung
für den Bau eines Geflügelzuchtbetriebes in Doberschwitz bekommt. Allerdings soll
derjenige, der an den Ställen vorbeifährt, die Tierhaltung weder sehen noch riechen.
Schon seit mehr als einem Jahr stehen die Bockelwitzer Gemeinderäte mit dem Zuchtbetrieb
aus der Nähe von Freiberg in Verbindung. Am Dienstag hat Geschäftsführer Georg von Bitter
das Projekt erstmals so vorgestellt, dass sich Räte und Bürger von dem geplanten Betriebsteil
ein Bild machen können: Entstehen sollen drei große Hallen, in denen nahezu 40000 Hennen
und Hähne leben. Zumindest für ein paar Monate. Nach Doberschwitz kommen sie in der 20.
Lebenswoche. Bis zur 60. Lebenswoche sollen sie möglichst viele befruchtete Eier
produzieren. Diese gehen dann an Brütereien, sofern sie die Qualitätsanforderungen erfüllen.
Wenn nicht, nimmt sie die Industrie ab.
Mit den Tieren, die aus den Doberschwitzer Eiern schlüpfen, wird später weitergezüchtet. Am
Ende der Produktionskette steht der Broiler, den Konsumenten nahezu weltweit kaufen. Aus
den Hühnern, die keine Bruteier mehr produzieren, werden Suppenhühner.
Wenn es soweit ist, wird der gesamte Stall geräumt, gereinigt und desinfiziert. Der über die
Wochen gesammelte Kot kommt in eine Biogasanlage nach Grimma. Weil es keine
Güllelagerung im Freien gibt, dürfte es auch zu keiner Geruchsbelästigung kommen. Die
Abluft soll der Wind weg von Wohnhäusern tragen.
Die Tiere leben in Bodenhaltung und komplett drinnen. Trotz vieler automatisierter Abläufe
wie dem Füttern und Tränken und einem Eiertransport per Band werden drei Mitarbeiter
benötigt. „Schön wäre es, wenn sie schon Erfahrungen aus der Geflügelzucht mitbringen“,
sagte Georg von Bitter. Aber auch ein anderer landwirtschaftlicher Abschluss sei denkbar und
eine Qualifizierung möglich.
Wenn die Baugenehmigung in nächster Zeit eintrifft, könnte noch im Mai Baubeginn sein.
Die meisten Arbeiten sind schon ausgeschrieben. Der Geschäftsführer rechnet mit einer
Bauzeit von einem halben Jahr, so dass der Erstbezug der Ställe Ende 2011 durchaus zu
schaffen wäre.
Einwohner aus Ostrau und Zschoppach äußerten sich verärgert darüber, dass ihnen die Ställe
sozusagen vor die Nase gesetzt werden. Die SFG hatte anfangs in Zschoppach bauen wollen.
Die Ortschaftsräte und die Thümmlitzwalder Gemeinderäte lehnten ab. „Wir haben schon
genug Belastungen im Ort“, so Ortschaftsrätin Ursula Rauwolf. Landwirtschaft und
Tierproduktion nicht als Belastung zu sehen, dafür sprach sich Manfred Golze vom
Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Geologie aus. Er bestätigte, dass die Behörden
alle Tierproduktionsanlagen überwachen und kontrollieren. „Darauf will ich mich verlassen“,
sagte Anwohner Günther Schmidt. Er bedauerte, dass es eine solche
Informationsveranstaltung nicht früher gegeben hat: „Einige meiner Bedenken sind
ausgeräumt worden.“
NDR
Stand: 04.04.2011 12:51 Uhr
Störtebekers Erbe: Brot und Hering für's Volk
Der Seeräuber Störtebeker hatte ein Herz für Arme.
(Archivbild) Mit der traditionellen Lätare-Spende hat Verden am Montagvormittag an das
Vermächtnis des Seeräubers Klaus Störtebeker erinnert. Der Legende nach soll der Pirat kurz
vor seiner Hinrichtung im Jahr 1401 der Stadt ein Erbe hinterlassen haben, damit sie jedes
Jahr 530 Schwarzbrote und 1.600 Salzheringe an Bedürftige, Beamte und Geistliche verteilt.
Als Andenken daran verschenkten Politiker gemeinsam mit einem Störtebeker-Darsteller auf
dem Rathausplatz Brot und Fische an alle Schaulustigen. Zu den diesjährigen Ehrengästen
gehörten Niedersachsens Agrarminister Gert Lindemann und der Staatsminister im
Bundeskanzleramt, Eckart von Klaeden (beide CDU).
Kutsche statt Pferd
Während Lindemanns Rede protestierten einige Bauern der Region gegen die
niedersächsische Agarpolitik. Sie hielten Transparente mit der Losung "Bauernhöfe
statt Tierfabriken" in die Luft. Die Mehrheit der Verdener aber war gekommen, um von
Störtebeker und seinen Gehilfen kostenlos Hering und Brot abzuholen. Störtebeker ritt in
diesem Jahr übrigens nicht auf einem Pferd vom Dom zum Rathaus, sondern fuhr vornehm in
einer historischen Kutsche vor. Im Anschluss an die traditionelle Heringsgabe gab es in der
Verdener Stadthalle ein Störtebeker-Heringsessen für die geladenen Gäste. Dabei werden
Spenden für karitative und soziale Einrichtungen gesammelt.
Brauch seit mehr als 400 Jahren
Jedes Jahr am Montag nach Lätare gibt es 1.600
Heringe für die Schaulustigen. (Archivbild) Noch heute wird der Pirat Störtebeker als "Robin
Hood" der Armen glorifiziert. Hartnäckig hält sich die Legende, der Seeräuber habe mit
einem Teil seiner Beute Arme und Bedürftige unterstützt. Jedes Jahr am Montag nach Lätare,
dem Sonntag drei Wochen vor Ostern, veranstaltet die Stadt Verden daher die Lätare-Spende.
An der Tradition wird schon seit 1602 festgehalten. Aus diesem Jahr stammen zumindest die
ältesten Spendenbelege, die sich im Besitz der Stadt befinden. Die Mahlzeit hat sich im Laufe
der Zeit nicht geändert: Vier Fässer mit insgesamt 1.600 Salzheringen und 530 Schwarzbrote
werden verteilt.
Verdener Lätare-Spende
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, der Staatsminister bei der
Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden, und Wolfgang Golasowski, Staatsrat beim
Bremer Umweltsenator, griffen Pirat Klaus Störtebeker bei der Verdener LätareSpende unter die Arme und verteilten großzügig Brot und Heringe an das
Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
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Verdener Lätare-Spende
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, der Staatsminister bei der
Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden, und Wolfgang Golasowski, Staatsrat beim
Bremer Umweltsenator, griffen Pirat Klaus Störtebeker bei der Verdener LätareSpende unter die Arme und verteilten großzügig Brot und Heringe an das
Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
Heringe an das Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
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Verdener Lätare-Spende
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, der Staatsminister bei der
Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden, und Wolfgang Golasowski, Staatsrat beim
Bremer Umweltsenator, griffen Pirat Klaus Störtebeker bei der Verdener LätareSpende unter die Arme und verteilten großzügig Brot und Heringe an das
Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
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Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, der Staatsminister bei der
Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden, und Wolfgang Golasowski, Staatsrat beim
Bremer Umweltsenator, griffen Pirat Klaus Störtebeker bei der Verdener LätareSpende unter die Arme und verteilten großzügig Brot und Heringe an das
Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
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Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, der Staatsminister bei der
Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden, und Wolfgang Golasowski, Staatsrat beim
Bremer Umweltsenator, griffen Pirat Klaus Störtebeker bei der Verdener LätareSpende unter die Arme und verteilten großzügig Brot und Heringe an das
Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
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Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, der Staatsminister bei der
Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden, und Wolfgang Golasowski, Staatsrat beim
Bremer Umweltsenator, griffen Pirat Klaus Störtebeker bei der Verdener LätareSpende unter die Arme und verteilten großzügig Brot und Heringe an das
Volk. © Mediengruppe Kreiszeitung/Katrin Preuß
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Märkische Zeitung
15.03.2011
LANDWIRTSCHAFT: Nicht mit uns!
Münchehofener Bürgerinitiative will Hühnerfarm mit 30 000 Tieren
verhindern
MÜNCHEHOFE - „Hier soll die Hühnerfarm entstehen“, sagt Manuela Rienas und zeigt auf
eine gerade ergrünende Wiese. Sie liegt zwischen den Orten Münchehofe und Hermsdorf und
soll bald Heimat von 30 000 Hühnern werden – wenn es nach dem Willen der
Agrargenossenschaft Münchehofe ginge. Das Feld, auf dem die Hühnerfarm stehen soll, wird
auf drei Seiten von Bäumen begrenzt, an einer von einem Graben und dem Europaradweg, der
nach Münchehofe führt. „Bei dem hohen Grundwasserspiegel hier und so vielen Tieren
werden Wasser und Boden zwangsläufig verseucht“, glaubt Manuela Rienas.
Am Ortseingang von Münchehofe haben die Dorfbewohner ein großes Plakat aufgestellt.
Darauf steht: „Münchehofe sagt: Ja zur Ökogemeinde, Nein zu Massentierhaltungsanlagen“.
Seit einem dreiviertel Jahr schon kämpfen Manuela Rienas und einige hundert Bewohner der
Münchehofer Ortsteile gegen den Bau der Hühnerfarm und haben dazu die Bürgerinitiative
„Landlust statt Hühnerfrust“ gegründet. Sven Teske, einer der Sprecher der Initiative, betont
aber, dass sich der Protest nicht gegen die Agrargenossenschaft richtet. Sie betreibt am Ort
auch eine Milchkuhwirtschaft mit 400 Tieren in ökologischer Haltung. „Wir wollen den
Eindruck vermeiden, dass wir gegen die Genossenschaft sind. Ich habe überhaupt kein
Problem damit, wenn jemand Geld verdienen will. Wir sind nur gegen den Standort der
Mastanlage“, sagt Teske.
Den Standort halten die Münchehofer aus verschiedenen Gründen für ungeeignet. „Wir sind
gerade auf dem Weg, Ökogemeinde zu werden“, erklärt Teske. Für Besucher der Gläsernen
Molkerei – ein Vorzeigebetrieb für Münchehofe – werde die gigantische Hühnerfarm „direkt
in der Sichtachse“ liegen. Zudem würde der Gestank von 30 000 Legehennen sich über das
Dorf legen. Und wer könnte garantieren, dass nach einer solchen Anlage Schluss sei? Es
wurden insgesamt fünf Standorte für geeignet befunden.
Zweifel haben die Farmgegner auch an dem Versprechen, die Eierproduktion werde „bio“
sein. „Das ist ein agrarindustrieller Betrieb unter dem Deckmantel ökologischer
Landwirtschaft“, findet Sven Teske. In seiner Präsentation werbe der Investor mit einer
„schönen, heilen Hühnerwelt – wie das mit 30 000 Tieren gehen soll, ist mir ein Rätsel.“ Seit
langem schon fordert die Bürgerinitiative, dass die Agrargenossenschaft ein Gutachten
einholt, dass die Umweltverträglichkeit der Hühnerfarm bestätigt. „Aber das wird einfach
ignoriert“, sagt Manuela Rienas.
Die 48-Jährige, die auch stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde Münchehofe ist, ist
frustriert. Sie fühlt sich als Vertreterin von 580 Einwohnern vom Kreistag im Stich gelassen.
„80 Prozent der Bewohner haben unsere Petition unterschrieben, die Gemeindevertreter sind
sich einig. Trotzdem vertreten die Abgeordneten nicht unsere Interessen“, sagt Rienas. Die
Gemeinde sei vergangenes Jahr von dem Vorhaben überrollt worden. „Warum hat man nicht
vorher mit uns gesprochen?“ Rienas fühlt sich als Politikerin auf kleinster Ebene dem Willen
ihrer Dorfbewohner verpflichtet. „Ich habe den Mehrheitswillen umzusetzen.“
Die Mitglieder der Bürgerinitiative hegen trotz allem leise Hoffnung auf eine Einigung mit
der Agrargenossenschaft und der Kreisverwaltung. Für den 22. März hat der Vorsitzende der
Bauernfraktion im Kreis, Heiko Terno, zu einem „Erörterungstermin“ in den Lübbener
Kreistag geladen. „Vielleicht gibt es da mal etwas inhaltlich neues“, sagt Sven Teske. (Von
Nora Schareika)
31.03.2011
POLITIK: Es bleibt beim Nein zur Hühnerfarm in Löpten
Erneute Abstimmung im Gemeinderat endet wie erwartet, ist aber
fraglich
GROß KÖRIS - Es war eine Posse, die sich am Dienstagabend im Mehrzweckraum der
Turnhalle von Groß Köris abspielte. Und, wie sich gestern herausstellte, auch noch eine, die
keine rechtliche Grundlage hatte. Denn geheim abstimmen können Gemeindevertreter laut
Kommunalverfassung gar nicht. Genau das wurde jedoch von fünf Vertretern durchgesetzt.
Die zwölf Gemeindevertreter von Groß Köris, Bürgermeister Marco Kehling und Amtsleiter
Ulrich Arnts waren Dienstag zusammengekommen, um ein letztes Mal über die
Legehennenanlage des Biohofes Löpten abzustimmen, die ein Investor in dem Ortsteil bauen
will. Eine Bürgerinitiative arbeitet seit langem gegen den Plan, hier einen Stall für 36 000
Legehennen zu errichten. Die Gemeinde ist bei dem Thema aber gespalten. Befürworter
führen den wirtschaftlichen Nutzen für den Ort an.
Für viele Anwesende überraschend stellte Gemeindevertreterin Margret Keller (CDU) den
Antrag, in geheimer Abstimmung zu entscheiden, ob der Bebauungsplan für die betreffende
Fläche geändert wird – das würde den Bau der Hühnerfarm möglich machen – oder nicht. Für
die geheime Abstimmung stimmten in offener Abstimmung fünf Gemeindevertreter, damit
wäre nach der alten Gemeindeordnung der nötige Stimmenanteil gegeben gewesen. Die gilt
aber nicht mehr, wie Gemeindevertreter Reinhard Geister noch vor der Abstimmung richtig
anmerkte. Er bemühte die Kommunalverfassung, laut der eine geheime Stimmabgabe nur bei
Wahlen, nicht aber bei Abstimmungen möglich ist.
Dies bestätigte gestern auch Dagmar Gröke, Leiterin der Kommunalaufsicht des Landkreises
Dahme-Spreewald. „Es gilt die Regel, dass Abstimmungen offen erfolgen müssen“, sagte
Gröke. Was das für die Abstimmung in Groß Köris bedeutet, ist aber noch nicht abzusehen.
„Welche rechtlichen Folgen das hat, muss man sehen. Sowohl der Amtsdirektor als auch die
Kommunalaufsicht haben das Recht, die Abstimmung zu beanstanden“, so Gröke.
Das Ergebnis der Abstimmung fiel indes nicht anders aus als erwartet: Acht
Gemeindevertreter stimmten gegen eine Änderung des Bebauungsplanes und damit gegen die
Hühnerfarm. Fünf stimmten für einen neuen Bebauungsplan und damit für eine Umwidmung
des jetzigen Mischgebietes in eine landwirtschaftliche Fläche. Dies würde dem Investor den
Bau der Hühneranlage ermöglichen. Im betroffenen Ortsteil Löpten haben laut Matthias
Rackwitz, einem Mitglied der Bürgerinitiative, 84 Prozent der Einwohner gegen die
Hühnerfarm unterschrieben.
Nach der Sitzung ist nun offen, ob noch einmal abgestimmt werden muss. Das wäre eine rein
formale Angelegenheit, denn die Sympathien innerhalb der Gemeinde für oder gegen die
Hühnerfarm sind klar und bekannt. Viele Einwohner, die zu der zweistündigen Veranstaltung
in die Turnhalle gekommen waren, gingen kopfschüttelnd nach Hause. „Nach dem Ergebnis
ist auch wieder klar, wer die Fünf waren, die für die Anlage gestimmt haben – es sind die
Fünf, die für die geheime Abstimmung waren“, sagte ein Bürger. „Es ist wirklich lächerlich,
dass die Gemeindevertreter nicht offen abstimmen wollen über ein Thema, das alle etwas
angeht“, fand auch Torsten Roeck, der selbst in dem Gremium sitzt. (Von Nora Schareika)
Neue OZ online
04.04.2011, 20:34 Fenster schliessen drucken
Ausgabe: Ems-Zeitung
Veröffentlicht am: 04.04.2011
Emsländisches Landvolk informiert Landwirte über offene Flanke
Dörpen
sr Dörpen. Bei Nachwahlen zum Vorstand des Emsländischen Landvolks haben die
Landwirte des Kreisvereins Aschendorf Hümmling Wilhelm Munk zum Nachfolger für
den verstorbenen Bernhard Hanekamp gewählt.
Hanekamp habe eine schmerzliche Lücke hinterlassen, ehrte ihn der Vorsitzende Bernd
Schulte-Lohmöller. Seine hervorragenden Kontakte habe Hanekamp als stellvertretender
Vorsitzender genutzt und damit „für uns alle viel bewegt“. Als sein Nachfolger wird Wilhelm
Munk bis zum Ende der Wahlperiode Schulte-Lohmöller zur Seite stehen. Zum Vertreter für
den Vorstand im Verein Emsländischer Landwirte (VEL) nominierten die Mitglieder
einstimmig Andreas Hunfeld.
Die Silberne Ehrennadel des Emsländischen Landvolkes erhielt Theo Radtke aus Neulehe für
sein 20-jähriges Engagement als Vorsitzender des Ortsvereins.
Im Anschluss an die Personalien widmeten sich die Landwirte aktuellen Herausforderungen.
Die moderne Tierhaltung werde allzu oft medial an den Pranger gestellt, rügte der
Vorsitzende Schulte-Lohmöller.
Die Politik sei kein verlässlicher Partner mehr, und selbst der als Fachmann geschätzte
Minister Lindemann habe beim Tierschutz die Sachlichkeit verlassen. „Wir sind für das
Tierwohl, aber es muss praktikabel sein“, betonte der Landvolk-Vorsitzende.
Auch beim aktuellen Thema Bioaerosole werde einseitig an die Landwirtschaft gedacht,
monierte Schulte-Lohmöller. Dabei kämen diese in vielen Bereichen vor. Das Interesse der
Tierhalter an der Problematik sei allerdings sehr groß, denn zurzeit fehlten verlässliche
Erkenntnisse über die Quantifizierung, Lebensdauer und Wirkung dieser Stäube in der
Stallluft.
Die Unsicherheit konnte der Referent der Universität Göttingen, Prof. Dr. Ir. Herman van den
Weghe, nicht ausräumen. Zwar stellte der Experte detailliert und ausführlich den
Forschungsstand und die Erkenntnisse über Zusammensetzung und Quellen der belebten und
unbelebten Partikel in der Stallluft dar. Doch betonte der Experte auch ausdrücklich die
Schwierigkeiten bei der Messung, die unbefriedigende Rechtslage und die vielen
unbeantworteten umweltmedizinischen Fragen, die es immer noch gebe.
Selbst das „Vehikel“ Abluftreinigung stellte der Göttinger Professor infrage. Die Bioaerosole
seien eine „offene Flanke“ und das Mittel der Wahl, wenn es darum gehe, neue Betriebe
gerichtlich zu verhindern. Die Wissenschaft sei bei diesem komplexen Thema nicht in der
Lage, einheitliche Grenzwerte vorzuschlagen. Deshalb sollte sich die Landwirtschaft um
Kommunikation mit der Gesellschaft bemühen.
Die bestehenden Verfahren zur Reduktion der Bioaerosole müssten mit neuen Technologien
verbessert werden. Und schließlich forderte van den Weghe für das „Agrarland Nummer 1“
eine Kartografierung der Hintergrundkonzentration.
Diese sei eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung der Tierproduktion
in Niedersachsen.
Neue OZ online
Veröffentlicht am: 10.03.2011
McAllister zu Gast in Osnabrück: „Kein Gorleben-Ersatz in
Niedersachsen“
hab,ham Osnabrück
Osnabrück. Im Interview äußerte sich Ministerpräsident David McAllister zu Themen
wie Biosprit und Wehrreform.
In der Bewertung des neuen Kraftstoffs E10 gibt es auch in der niedersächsischen
Koalition Differenzen. Die CDU ist für die weitere Einführung, die FDP dagegen. Wie ist
Ihre Position?
Die Automobil- und die Mineralölindustrie sowie die Bundesregierung haben die Vorbehalte
der Autofahrer bezüglich des Biosprits unterschätzt. Nicht erst jetzt, sondern bereits im
vergangenen Jahr hätte die Aufklärung beginnen müssen. Die Industrie ist aufgefordert, jetzt
klar und verbindlich die Modelle zu benennen, bei denen es Risiken gibt. Sie ist in einer
Bringschuld und in der Verantwortung gegenüber dem Verbraucher. Es muss
hundertprozentig verlässliche Informationen geben.
Streit gibt es um die Wehrreform. Sind Sie für eine zügige Umsetzung oder eher für ein
Verschieben? Und was erwarten Sie vom neuen Verteidigungsminister de Maizière
speziell mit Blick auf Niedersachsen?
Die Aussetzung der Wehrpflicht ist politisch beschlossen. Der letzte Jahrgang ist am 1. Januar
eingezogen worden. Eine Verschiebung des Auslaufens des Wehrdienstes zum 30. Juni kann
ich mir nicht vorstellen. Die betroffenen jungen Männer brauchen Planungssicherheit. Die
Bundespolitik muss jetzt zügig ein attraktives und umsetzbares Modell für die Rekrutierung
von Freiwilligen vorlegen. Da gibt es noch Handlungsbedarf. Wichtig ist es jetzt, Werbung
und Überzeugungsarbeit für den Freiwilligendienst der Bundeswehr und der anderen
Institutionen bei den jungen Menschen zu leisten. Die ganze Aussetzung der Wehrpflicht und
die Einführung der freiwilligen Dienste stehen unter einem erheblichen Zeitdruck.
Umstritten sind die Pläne, Kohlendioxid in unterirdischen Lagern zu entsorgen. Bleibt
Niedersachsen bei dieser CCS-Technik wirklich außen vor?
Ich stehe der CCS-Technologie sehr kritisch gegenüber. Es bleiben noch zu viele Fragen
unbeantwortet. Deshalb setzen wir uns für eine gesetzliche Regelung ein, die es den Ländern
ermöglicht, selbst zu entscheiden, ob sie eine dauerhafte geologische Speicherung von
Kohlendioxid wollen oder nicht. Das darf nicht gegen den Willen eines Landes stattfinden.
Beim Atommüll droht Niedersachsen die fast komplette Entsorgung aufgebürdet zu
werden. Oder sehen Sie ernsthaftes Bemühen des Bundes, Standorte außerhalb dieses
Landes in Betracht zu ziehen?
Die Entsorgung hoch radioaktiven Atommülls ist eine nationale Aufgabe. Gorleben wird nun
ergebnisoffen zu Ende erkundet. Sollten sich dabei gravierende Defizite herausstellen, die
gegen eine Eignung des Salzstocks sprechen, muss die Erkundung in Gorleben beendet
werden. Spätestens dann muss ein neuer Standort für ein sicheres Endlager für hoch
radioaktiven Atommüll in Deutschland gesucht werden. Hier sind dann insbesondere die
anderen Bundesländer in der Pflicht, da Niedersachsen bereits für etwa 90 Prozent des
Atommülls die Verantwortung tragen muss, die im Endlager Schacht Konrad eingelagert
werden sollen.
Ihr Amtsvorgänger Wulff hat immer betont, bei Nichteignung von Gorleben komme
kein anderer Standort in Niedersachsen infrage, erst recht nicht das schon einmal dafür
vorgesehene Emsland. Bleibt es dabei?
Niedersachsen trägt bei der Endlagerung von schwach, mittel- und hoch radioaktivem Müll
gegenwärtig die gesamte nationale Verantwortung. Dazu kommen noch die Altlast Asse und
die Castortransporte. Eine weitere Belastung halte ich für ausgeschlossen.
Dringend benötigt werden neue Stromtrassen. Bürgerinitiativen haben Verhältnisse wie
bei „Stuttgart 21“ angedroht, falls es nicht zu einer kompletten Verkabelung kommt...
Der Ausbau der Hochspannungsnetze ist zu einer Achillesferse unserer Industriegesellschaft
geworden. Ohne die neuen Netze werden wir den notwendigen Umbau in Richtung einer
nachhaltigen Energieversorgung nicht erreichen. Dazu sind aktuell etwa tausend Kilometer
neue Leitungen erforderlich, insbesondere bei uns im Norden. Bei den Verhandlungen über
das neue Energieleitungsausbaugesetz ist uns ein großer Erfolg gelungen mit den vier
Pilottrassen, wo in Teilabschnitten Erdverkabelung möglich sein wird. Nun sind die
Netzbetreiber aufgefordert, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben mit dem
Netzausbau zu beginnen. Forderungen nach einer generellen Erdverkabelung hören sich zwar
einfach an, sind aber aus rechtlichen und technischen Gründen nicht realisierbar, auch wenn
ich eine Vollverkabelung grundsätzlich für wünschenswert halte.
In Hamburg hat die CDU eine schwere Schlappe erlitten. Was muss passieren, um
ähnliche Desaster im Superwahljahr 2011 zu verhindern – auch bei der Kommunalwahl
in Niedersachsen?
Das Wahlergebnis an der Elbe war eine reine Hamburgensie. Die Ursachen liegen
ausschließlich in der Hamburger Landespolitik. Diese Wahl hat keine Auswirkungen auf
Niedersachsen oder andere Teile Deutschlands.
In der Landwirtschaft gibt es Auswüchse zum Beispiel bei Großmastställen,
Biogasanlagen und Monokultur. Wie wird die Landesregierung hier gegensteuern und
auch beim Tierschutz neue Akzente setzen?
Wir brauchen in der Agrarpolitik mehr gesellschaftlichen Konsens. Die Landwirte kommen
aus der Mitte unserer Gesellschaft. Deswegen wehre ich mich in aller Deutlichkeit gegen eine
pauschale Diffamierung der konventionellen Landwirtschaft. Im Bereich des Tierschutzes
gibt es Handlungsbedarf, hier hat Landwirtschaftsminister Lindemann auf meine Bitte hin
bereits Vorschläge gemacht. Dazu gehört beispielsweise der Verzicht auf Schnabelkürzen bei
Legehennen und Puten oder das Schwänzekupieren und Kastrieren ohne Betäubung bei
Ferkeln.
SÜDKURIER
Schwarzwald-Baar-Kreis
04.04.2011
Massen-Zucht und Hof-Idylle
Schwarzwald-Baar (ewk) „Unser täglich Fleisch – billig – giftfrei – artgerecht?“:
Lebensmittelskandale, Dioxin im Tierfutter, Massentierhaltung und der Hunger in der Welt
bringen dieses Thema immer wieder in die Schlagzeilen und jetzt auch auf das „Anstöße“Podium der kirchlichen Bildungswerke im evangelischen Gemeindehaus am Irmapark in
Donaueschingen. Der Oberbaldinger Schweinezüchter Urban Messner und der
Schwarzwaldbauer Theo Kern stellten sich hier der Diskussion.
Pfarrer Stefan Boldt erläuterte ethische Perspektiven und die 60 Besucher konnten sich einbringen.
Seit Monaten sind die Planungen von Urban Messner in der öffentlichen Diskussion. Der bäuerliche
Familienbetrieb möchte seine Schweinezucht auf der Ostbaar um das Vierfache vergrößern. Künftig
sollen 1200 Muttersauen jährlich 30 000 Ferkel für die Schweinemast liefern, selbstverständlich unter
den aktuellen Tierwohl-Auflagen. Die Futtermittel sollen zu 80 Prozent (Getreide) aus der Region
kommen plus 15 Prozent Soja und der Rest Mineralfutter. Nach 190 Tagen sind die Tiere auf dem
Verbraucherteller.
„Als Unternehmer muss man sich weiter entwickeln“, sagt Messner – und seine drei Kinder, wollen in
den Betrieb einsteigen. Während sich die Kommune Bad Dürrheim auf Konfrontation gestellt hat,
sieht Messner die moderne Massentierhaltung als nicht belastender an als Landwirtschaft vor 50
Jahren, als beinah zu jedem Haus im Dorf auch ein Stall gehörte.
Eine ganz andere Perspektive von Landwirtschaft beschreibt Theo Kern. Der Altbauer vom Bartleshof
hat den Betrieb längst an den Sohn übergeben. Seit 250 Jahren wird auf dem alten Schwarzwaldhof
bei Vöhrenbach gewirtschaftet. Milchwirtschaft ist seit eh und je hier das Konzept. Auf 40 Hektar
Grasland „leben 27 Milchkühe von dem, was bei uns wächst“: extensive Kreislaufwirtschaft und seit
sieben Jahren als Bioland-Betrieb zertifiziert. Der „Bauer mit Leib und Seele“ schätzt die
Tiergesundheit in seinem Stall als „sehr gut“ ein und „darstellbare Lebensqualität für die Tiere sollte
das Maß sein“.
Pfarrer Boldt aus Buchenberg, entwickelte Verständnis für beide Ansätze. Er kennt die schwierige
Situation der bäuerlichen Familienbetriebe und nimmt auch den Verbraucher in die Verantwortung.
Zudem möchte er mit bäuerlichen Genossenschaften Wachstumszwängen begegnen.
Engagierte Plenumsdiskutanten beklagten das Elend der Massentierhaltung, warnten, dass über
Wachstumszwängen und Konkurrenzdenken Lebensqualität auf der Strecke bleibe, forderten
politische Steuerung des landwirtschaftlich-chemischen Komplexes, statt Fleischdumping zu
produzieren, das Tier als Mitgeschöpf wahrzunehmen und schließlich als Verbraucher auch
Bereitschaft, regional und verantwortungsbewusst erzeugte Lebensmittel zu kaufen.
Schwarzwälder Bote
Bad-Dürrheim Schweinezüchter hält an Plänen fest
(rtr), aktualisiert am 29.03.2011 um 10:38 Uhr
Auf die Frage, ob die Grünen generell gegen Massentierhaltung sind, antwortet Ökobäuerin
Martina Braun, das hänge von unterschiedlichen Faktoren ab, zum Beispiel, um wie viel Tiere
es sich handle, wie das Platzangebot, die Haltung und das Futter sei. Foto: dpa
Bad Dürrheim-Oberbaldingen - Auch nach dem Regierungswechsel im Land möchte
Landwirt Urban Messner aus Oberbaldingen an seinen Plänen festhalten und auf dem Gewann
Rauäcker Ställe für 1260 Muttersauen bauen, die jährlich dann über 30 000 Ferkel
"produzieren".
Die Grünen sprechen sich gegen eine solche Massentierhaltung aus, was auch
Landtagskandidatin Martina Braun beim Bürgergespräch in Oberbaldingen noch vor der Wahl
betont hat. Aber auch jetzt, nachdem es in Baden-Württemberg eine grün-rote Regierung
geben wird, hält Braun die Möglichkeiten für begrenzt, das Bauvorhaben Messners zu
verhindern. So sei das privilegierte Bauen im Außenbereich, auf das sich Messner mit seinem
Vorhaben stütze, im Baugesetzbuch geregelt. Das sei Bundesgesetz, liege also nicht in
Händen der Landesregierung.
Auf die Frage, ob die Grünen generell gegen Massentierhaltung sind, antwortet Ökobäuerin
Martina Braun, das hänge von unterschiedlichen Faktoren ab, zum Beispiel, um wie viel Tiere
es sich handle, wie das Platzangebot, die Haltung und das Futter sei. Auch Gülle,
beziehungsweise die Mistentsorgung spiele eine Rolle. "Grundsätzlich soll die Tierhaltung
aber in kleineren Strukturen stattfinden", betont Braun und fügt hinzu: "Woraus sich dann die
Frage ergibt, wie hoch beispielsweise der Fleischkonsum sein kann, beziehungsweise wie wir
den Bedarf decken."
Braun empfiehlt, die agrarpolitischen Weichen neu zu stellen und beispielsweise für
"Tierfabriken" die Investitionsförderung zu kürzen. Doch solche Veränderungen bräuchten
Zeit. Von jetzt auf jetzt ließen sich die Pläne Messners "nicht blockieren".
Urban Messner geht davon aus, dass er seinen Antrag für das Bauvorhaben im Mai einreichen
wird. Ursprünglich war der Termin für März vorgesehen. Doch es habe Verzögerungen
gegeben.
Der Oberbaldinger Schweinezüchter wird heute an einer Podiumsdiskussion teilnehmen, zu
der die evangelische Erwachsenenbildung und das katholische Bildungswerk um 20 Uhr ins
evangelische Gemeindehaus in Donaueschingen, Max-Egon-Straße 21, einladen. Bei der
Veranstaltung zum Thema "Nahrungsmittelskandale ohne Ende?" stellen sich Landwirte aus
der Region dem Gespräch.
Aller-Zeitung
31.03.2011 23:45 Uhr
Dedelstorf
Schweinemast: Streit um weitere Tiere
Dedelstorf. Landwirt Werner Warnecke will seine Schweinemastanlage erweitern. Statt 1320
sollen dann 3224 Tiere gehalten werden (AZ berichtete). Dagegen wehren sich jetzt einige
Einwohner des Ortes.
Die Kritik der Bürger richtet sich nicht gegen die Erweiterung an sich. Vielmehr hätten sich
die Dedelstorfer einen anderen Standort gewünscht – und eine andere Informationspolitik des
Investors. „Wir haben von dem Projekt erst aus der Zeitung erfahren“, so die Kritik. Da lagen
die Pläne aber bereits im Genehmigungsverfahren. „Das ist der übliche Weg. Ich habe nach
geltendem Recht die Genehmigung beantragt, jetzt werden die Betroffenen gehört“, erklärt
Warnecke.
Um das Informationsdefizit auszugleichen, hatten sich rund 40 Bürger zu einem
Gesprächsabend getroffen und dazu auch Warnecke eingeladen. Der stand Rede und Antwort,
aber: „Wir hatten nicht wirklich das Gefühl, dass unsere Einwände gehört wurden“, so die
Dedelstorfer.
Das sieht Warnecke anders. „Ich habe auf die Fragen der Bürger geantwortet. Außerdem
wurde das Genehmigungsverfahren öffentlich ausgelegt, es konnte sich jeder informieren, und
ich habe mit Bürgern Einzelgespräche geführt und festgestellt, dass es nicht nur Kritiker gibt.“
Die Dedelstorfer, die zu den Kritikern gehören, befürchten ein Zunahme des Verkehrs im Ort,
mehr Geruch und den Wertverfall ihrer Immobilien. Daher hätten sie sich einen Standort
weiter weg vom Ort gewünscht. Um das zu erreichen, wollen sie jetzt Einwände gegen das
Projekt erheben.
Warnecke: „Das ist ein laufendes Verfahren. Die Bürger sind beteiligt. Jetzt müssen wir
sehen, wie entschieden wird.“
Ba
Münsterländische Volkszeitung
4.4.11
Genehmigungsverfahren
Bauantrag zum geplanten Schweinestall in Uffeln liegt jetzt
öffentlich aus
Die Straße Uffelner Esch: Familie Tegelmann und die Stadt halten den Wirtschaftsweg
auch für Tiertransporte für ausreichend, Anlieger bestreiten das.
(Foto: Dieter Bähre)
Uffeln. Die Kreisverwaltung Steinfurt hat im Genehmigungsverfahren für den Bau eines
Schweinemaststalls in Uffeln einen abgeänderten Bauantrag öffentlich ausgelegt. Seit dem
heutigen Montag können Betroffene die Unterlagen im Rathaus Ibbenbüren und in der
Kreisverwaltung in Steinfurt einsehen.
Eingeflossen sind in erster Linie bauliche Verbesserungen gegen Geruchsbelästigungen.
Vorangegangen waren umfangreiche Prüfungen der Prognosen im Bauantrag durch die
Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. Sie halten das
Geruchsgutachten und die angewandten Verfahren für sachgerecht. Inzwischen seien auch die
besseren Werte der neuen Immissionsrichtlinie berücksichtigt worden. Das sagte
Sachbearbeiter Dr. Rolf Winters unserer Zeitung.
Wie es weitergeht
Der neue Bauantrag liegt insgesamt 14 Tage aus. In dieser Zeit können Bedenken erneut
vorgetragen werden. Falls darunter keine „relevanten Einwendungen“ sind, wird über die
Genehmigung mit einem „rechtsmittelfähigen Bescheid“ entschieden. Beobachter gehen
davon aus, dass die Kreisverwaltung den Schweinemaststall nunmehr genehmigen und die
Anlieger dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen werden. Eine Klage hat
aufschiebende Wirkung, wogegen die Familie Tegelmann wiederum einen Antrag auf
„sofortige Vollziehung“ stellen kann. Dagegen können sich die Gegner des Stalles mit
einem „Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ wehren. Der wiederum
wird von den Verwaltungsgerichten üblicherweise im „Eilverfahren“ schneller entschieden
als im Rechtsstreit.
Die Landwirtin Monika Tegelmann will einen 150 Meter langen und 35 Meter breiten Stall
bauen. Er bietet Platz für 4200 Mastschweine. Direkte Nachbarn und weitere Uffelner hatten
bereits in einem Erörterungstermin im Oktober ihre ablehnende Haltung begründet. Vor allem
die Aussagen über die voraussichtlichen Geruchsbelästigungen für die Anwohner waren
heftig umstritten.
Gleichzeitig hat die Kreisverwaltung weitere Streitthemen überprüfen lassen. Dazu zählt der
nach Ansicht der Anlieger unzureichende Brandschutz für die Tiere. Die Kreisverwaltung
halte das Brandschutzkonzept auch nach neuerlicher Abwägung für ausreichend, sagte
Winters. Im Gutachten zu niedrig angesetzt waren laut Landwirtschaftskammer offenbar die
Schweine-Umschlagszahlen. Die Kreisverwaltung geht jetzt von häufigeren Tiertransporten
aus. Das bleibe aber ohne Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren. Die Stadt
Ibbenbüren hält die Zufahrt für ausreichend. Die Landwirtschaftskammer habe auch bestätigt,
dass die von den Antragstellern zu erbringenden Futtermittel zu 51 Prozent auf eigener
landwirtschaftlicher Fläche erzeugt werden können. Damit handele es sich um ein
landwirtschaftlich betriebenes Projekt und nicht um ein gewerbliches, das nach anderen
Vorschriften zu beurteilen wäre. Keine neuen Erkenntnisse gebe es beim ebenfalls strittigen
Thema Bioaerosole. Die Kreisverwaltung sehe keinen Handlungsbedarf, sagte uns Winters.
VON DIETER BÄHRE
DER WESTEN
Landwirtschaft : Das schweinische Dilemma am Hillering
Unna, 07.04.2011, Jens Schopp
Billmerich. Ein Landwirt bringt seine Nachbarschaft gegen sich auf. Der Billmericher
Landwirt Heiner Hilleringmann plant, seine Schweinemast um 1 480 Plätze zu
erweitern. Bereits jetzt grunzen mehr als 2 500 Schweine auf dem Hof an der
Hertingerstraße. Gestern lud der Kreis als Genehmigungsbehörde zur gesetzlich
geforderten öffentlichen Anhörung. Und da taten sich Gräben zwischen Hilleringmann
und seinen Nachbarn auf.
Auf der einen Seite verfolgt der Landwirt wirtschaftliche Interessen. Auf der anderen Seite
fühlen sich die Nachbarn schon jetzt durch die vorhandene Anlage zum Teil massiv gestört.
Stichwort: Gestank. Ein Gutachter eines Ingenieurbüros rechnete den Anwohnern vor, was sie
an Ausdünstigen aus dem Stall zu erwarten haben. Die Ställe würden mit Abluftkaminen
ausgestattet, die drei Meter über Firsthöhe ihren Auslass hätten. Seinen Altstall will
Hilleringmann mit modernen Abluftkaminen nachrüsten. Beispielsweise habe ein NachbarGrundstück mit Geruchsbelästigungen von 10 Prozent der Jahresstunden zu rechnen. Das war
alles sehr abstrakt. Damit konnten die zum Teil aufgebrachten Anlieger wenig anfangen.
Schon gar nichts mit der Tatsache, dass das Ausfahren der Gülle aus formalen Gründen (das
fällt unter Ackerbau) nicht im Gutachten berücksichtigt wird, so der Gutachter. Allerdings:
„Wir können Gutachten nur erstellen und Genehmigungen nur auf der aktuell gültigen
Rechtslage erteilen“, so Joanna Seyda-Herforth, Leiterin der Stabsstelle Recht beim Kreis.
Das helfe ihnen alles nichts, so die Nachbarn. „Wir haben den Wandel von einem Hof zu
einem landwirtschaftlichen Industriebetrieb erlebt“, schimpfte eine Nachbarin. Man könne
nicht mehr lüften, wann man wolle, nicht mehr mit Besuch auf der Terrasse sitzen. Andere
klagten über Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Hilleringmann wurde Sturheit und
Arroganz vorgeworfen. Er könne ja mal anrufen und mitteilen, wann er Gülle fahre. „Du
rührst dich ja nicht, Heiner“, so eine erboste Nachbarin. Jetzt werde der Kreis den Bauantrag
Hilleringmanns emissionsrechtlich prüfen. Möglich, dass er als Auflage Filter einbauen muss.
Das würde das Projekt erheblich verteuern.
EMDER ZEITUNG
Verfahren für Wybelsumer Farmpläne beginnt
Emden. Der Startschuss ist gefallen: Der Antrag liegt bei der Stadt und das Verfahren zum
”Neubau einer Junghennen-Aufzuchtfarm” in Wybelsum hat offiziell begonnen. Vertreter der
Stadt Emden stellten gestern der Presse den Ablauf des Verfahrens vor.
Theoretisch ist denkbar, dass das gesamte Verfahren wie gesetzlich vorgeschrieben innerhalb
von sieben Monaten abgeschlossen ist - allerdings nur dann, wenn alle erforderlichen
Unterlagen vollständig vorliegen und es im weiteren Verlauf zu keinen Verzögerungen
kommt. Das machten Stadtbaurat Andreas Docter, Fachbereichsleiter Rainer Kinzel und der
Leiter der Bauaufsichtsbehörde, Klaus-Jürgen Wahala, deutlich.
Landwirt Gerhard Odinga hatte den einen Aktenordner umfassenden Antrag am 22. März
abgegeben (wir berichteten). Schon jetzt gehen bei der Stadt Widersprüche gegen Odingas
Vorhaben ein. Diese sind für das Verfahren jedoch nicht relevant. Klaus-Jürgen Wahala
kündigte an, man werde einen Antwortbrief an die Betreffenden entwerfen und
möglicherweise ein Blatt mit dem Verfahrensablauf beilegen. Die Einwendungen von
Betroffenen innerhalb des Genehmigungsverfahrens müssten ”sachbezogen” sein und sich
direkt auf den Inhalt des Antrags beziehen, unterstrich Docter.
Die öffentliche Auslegung werde eine äußerst umfangreiche Präsentation werden, da sehr
viele Bereiche betroffen sind, führte Wahala aus. ”Wir müssen den Bürgern umfassende
Möglichkeiten geben, sich über das Vorhaben zu informieren.”
Rainer Kinzel betonte, der Schutz des Menschen stehe bei solchen Prüfungen ”ganz obenan”.
Mindestens ebenso gehe es bei der Prüfung um den ”Stand der Technik”, fügte Wahala hinzu.
Eine Hühnerfarm auf Emder Gebiet ist ein Novum, auch für die Stadt Emden. Gleichwohl ist
das Thema für die Verwaltung nicht neu, wie Docter sagte. Erste Erfahrungen hat die Stadt im
vergangenen Jahr gesammelt, als ein Landwirt in Marienwehr eine Brutei-Anlage für 20 000
Tiere bauen wollte. Der Antrag wurde abgelehnt.
Die jetzt anstehende Überprüfung von Odingas Antrag muss auch klären, ob eine
Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich wird. Diese ist gesetzlich vorgeschrieben ab 85
000 Tieren. Odinga beantragt eine Farm für 84 997 Junghennen.
Die Verfahrensschritte im einzelnen:
P Das Vorhaben wird nach der Bundes-Immissionsschutzverordnung ablaufen. Daraus ergibt
sich ein Genehmigungsverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit. Laut Gesetz muss das
Verfahren innerhalb von sieben Monaten abgeschlossen sein (wenn die Unterlagen
vollständig sind).
P Zunächst werden die Behörden beteiligt. Sie haben, sobald die Unterlagen vollständig sind,
einen Monat Zeit. Gefragt sind in diesem Fall Veterinär, Bauaufsicht, Gemeinde, Straßenbau
(BEE), Landwirtschaftskammer, Naturschutzbehörde, Wasserbehörde, Bodenschutzbehörde,
Straßenverkehrsabteilung, Gesundheitsamt und Gewerbeaufsicht. Eine Voruntersuchung wird
ergeben, ob auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erfolgen muss. Die UVP
umfasst die Auswirkungen auf Menschen, Tiere , Pflanzen, biologische Vielfalt, Boden ,
Wasser, Luft, Klima und Landschaft.
P Ist all das abgehandelt, werden der Antrag und die behördlichen Prüfungsergebnisse
öffentlich bekannt gemacht und einen Monat lang ausgelegt. Bis zwei Wochen nach Ende der
Auslegung kann jedermann schriftlich Einwendungen erheben.
P Anschließend folgt eine öffentliche Erörterung der Einwendungen. Diese soll möglichst
schnell nach Ablauf der Einwendungsfrist stattfinden. Danach wägt die
Genehmigungsbehörde (Bauaufsicht der Stadt Emden) ab und fertigt entweder den
Genhmigungs- oder den Ablehnungsbescheid.
P Nach Bekanntgabe der Entscheidung können alle, die schriftliche Einwendungen
eingereicht haben (und nur diese!), Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.
Der Antragsteller kann nach dem Erörterungstermin den vorzeitigen Baubeginn beantragen,
erläuterte Stadtbaurat Docter. Damit verbunden wäre aber auch das Risiko, dass er seinen Bau
bei einem für ihn negativen Bescheid wieder entfernen müsste.
Docter verwies darauf, dass dies ein reines Fachbehörden- verfahren ist und der Rat keine
Entscheidungsbefugnis habe. Er kann aber schriftliche Einwendungen erheben.
H Unterdessen fand in Wybelsum ein Treffen der Arbeitsgruppen der ”BI Emden gegen
Massentierhaltung, Umweltbelastung und für eine gesunde Landwirtschaft” statt. Das Treffen
am Donnerstag im Friesenkrug geriet zu einer zweiten Gründungsversammlung. Statt der
erwarteten 15 Teilnehmer kamen laut BI 85. Zudem gewann die Initiative 50 neue Mitglieder.
Es sind weitere Aktionen geplant. Die sollen unter www.bi-emden.de bekannt gegeben
werden, kündigte BI-Sprecher Michael Bergmann an.
NDR
Stand: 07.04.2011 15:00 Uhr
Billiglöhner quetschen sich auf engstem Raum
Millionen Hühner werden jede Woche in Lohne von
Billiglöhnern aus Osteuropa geschlachtet. Zwölf Männer in einem Wohnhaus, das eigentlich
nur für den Platzbedarf einer Kleinfamilie gedacht war. 19 solcher überbelegten Häuser gibt
es in Lohne (Landkreis Vechta). Die Männer aus Osteuropa arbeiten für die ansässige
Schlachterei von Deutschlands größtem Markengeflügel-Hersteller Wiesenhof. Für viele
Lohner und ihre Stadt-Spitze sind diese Arbeiterquartiere eine Zumutung. Sie wollen dem ein
Ende setzen.
"Die Häuser leiden"
Der Unmut in der Nachbarschaft der Häuser ist groß: "Die Parkplatzsituation ist
katastrophal", stöhnen die Anlieger. "Die Häuser leiden. Samt Kanalisation sind sie einfach
nicht auf so viele Menschen ausgelegt", sagen die Menschen auf der Straße.
Stadt prüft Klage
Wiesenhof will demnächst noch mehr Geflügel in
Lohne schlachten. Auch Lohnes Verwaltungsspitze ist alarmiert. Aufgerüttelt von der
Opposition, meinen die Verantwortlichen, Verstöße gegen das Baurecht festgestellt zu haben.
"Eine solche starke Nutzung der Häuser halten wir für nicht genehmigungsfähig", sagte
Tobias Gerdesmeyer (CDU), stellvertretender Bürgermeister, im Interview mit NDR 1
Niedersachsen. Beim Landkreis sieht man das offenbar anders. Dort werden die zu
Arbeiterquartieren umfunktionierten Wohnhäuser zurzeit überprüft. Eine nachträgliche
Genehmigung der Unterkünfte würde sich aber bereits abzeichnen, meint Gerdesmeyer. Für
diesen Fall erwäge die Stadt eine Klage.
Wiesenhof will nicht verantwortlich sein
Das Unternehmen Wiesenhof schiebt derweil die Verantwortung für die Unterbringung der
Arbeiter von sich. Die liege bei dem Subunternehmen, für das die Männer arbeiten.
Wiesenhof dürfe "keinen direkten Einfluss auf die Unterbringungssituation nehmen", heißt es
in einer schriftlichen Stellungnahme.
Angst um Grundwasserpegel
Lohne hat mit Wiesenhof noch ein weiteres Problem: Der Hähnchen-Produzent will seine
Schlachtzahl deutlich erhöhen. Von 1,6 Millionen auf 2,4 Millionen Hähnchen in der Woche.
Zum Säubern und für die Produktionsprozesse braucht der Schlachthof viel Wasser. Die
Lohner befürchten, dass das Grundwasser dadurch dramatisch absinkt und die Feuchtbiotope
im Süden der Kleinstadt trockengelegt werden. Ein von Wiesenhof in Auftrag gegebenes
Gutachten soll nun die Folgen einer Grundwasserentnahme klären.
AGRARHEUTE
Veröffentlicht am 02.04.2011.
[ » ah nachrichten für die Landwirschaft » Geflügel » Prozess-Lohmann ]
Mittwoch, 06.04.2011
Geflügel | 06.04.2011
Prozess um Küken-Zuchtbetrieb fällt aus
Bremerhaven - Der Prozess gegen den Küken-Zuchtbetrieb Lohmann Tierzucht (LTZ) soll
einem Zeitungsbericht zufolge entfallen. LTZ war Tierquälerei vorgeworfen worden.
Einem Bericht der "Nordsee-Zeitung" zufolge soll der für 13. April angesetzte Prozess
ausfallen. Das habe die Direktorin des Amtsgerichts Cuxhaven, Ingrid Stelling, dem Blatt
mitgeteilt, schreibt die Zeitung. Hintergrund soll den Angaben zufolge ein "Deal" zwischen
den Prozessbeteiligten sein. Danach könnte LTZ eine Millionen-Geldbuße zahlen.
Kämme und Zehen amputiert
Mitte Februar war bekanntgeworden, dass bei Lohmann jahrelang Hühner gequält worden
sein sollen. Mitarbeiter sollen zur Optimierung des Zuchtprozesses massenweise
Hühnerküken die Kämme und Zehen amputiert haben. Das Unternehmen hatte sich dabei auf
eine Studie einer niederländischen Universität berufen, die dieses Vorgehen als vermeintlich
tierschutzkonform bezeichnet hatte.
Kommende Woche sollte der Prozess gegen zwei Geschäftsführer in Cuxhaven beginnen. Zur
Anklage war es laut Zeitung gekommen, weil die Geschäftsführer einen Strafbefehl in Höhe
von jeweils rund 13.000 Euro nicht akzeptiert hatten, infolgedessen sie vorbestraft gewesen
wären. Nach dem "Deal" würden beide Geschäftsführer als nicht vorbestraft gelten, schreibt
die Zeitung weiter. Von LTZ könnte bis zu einer Million Euro in die Staatskasse fließen.
dpa
MZ Web
Kreis Wittenberg
Zögern wegen Grundwassers
erstellt 06.04.11, 19:34h, aktualisiert 06.04.11, 19:53h
GERBISBACH/MZ/GRO. An der Biogasanlage neben dem künftigen Schweinemast-Komplex
Gerbisbach wird weitergebaut. Wie Projektmanager Helmut Rehhahn am Mittwoch auf
Nachfrage mitteilte, rechnet er mit einer Fertigstellung im Mai. Bis dahin sind neben den
bereits bestehenden Behältern zwei weitere zu installieren.
Ein Baustart für die Schweinemastanlage, die einmal über 28 000 Tierplätze verfügen soll,
zeichnet sich derzeit noch nicht ab. Frühestens im Juni werde der wohl vollzogen werden
können, sagte Rehhahn. Aufgrund der hohen Grundwasserstände müsse hier noch gewartet
werden. Ein Baustart zum jetzigen Zeitpunkt wäre zwar möglich, würde aber zusätzliche
Kosten verursachen.
Zur Diskussion, wie sie auch am Montag im Stadtrat Jessen geführt wurde, dass die Zufahrt
zum Gelände, der Fischweg, nicht für schwere Baufahrzeuge ausgelegt sei, erklärte der
Projektmanager, dass eine Belastungsprobe erfolgt sei. Der Test habe ergeben, dass der
Fischweg belastbarer sei als allgemein angenommen werde.
Artikel publiziert am: 25.03.11
Kontroverse um Biogasanlage in Bartelsdorf hält nach Informationsveranstaltung an
Dorffrieden ist stark gefährdet
Scheessel - BARTELSDOORF (hu) · Der geplante Standort für eine neue Biogasanlage in
Bartelsdorf erhitzt nach wie vor die Gemüter. Sechs Landwirte wollen eine Biogasanlage
hinter der Gaststätte Ehlermann bauen, die nur 100 Meter von der nächsten Wohnbebauung
entfernt ist.
Zahlreiche Bartelsdorfer machten ihrem Unmut während der Infoveranstaltung Luft.
Drei Wochen nach einer Anliegerversammlung hatten nun die SPD-, Grünen- und UFSFraktionen des Gemeinderats Scheeßel zu einer Infoveranstaltung zum Thema „Biogasanlage
in Bartelsdorf“ in die Gaststätte Ehlermann eingeladen. Die geplante Biogasanlage mit einer
Leistung von bis zu 500 KW zählt zu den privilegierten Anlagen, die sowohl im Dorfgebiet
als auch im nicht beplanten Außenbereich zulässig sind, wenn das Vorhaben in einem
räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb steht.
Die geplante Anlage auf dem Grundstück von Landwirt Kord-Heinrich Mahnken hat auch den
Verwaltungsausschuss der Gemeinde Scheeßel passiert, der keine Einwände erhoben hat.
Sämtliche erforderliche Unterlagen liegen jetzt beim Gewerbeaufsichtsamt Cuxhaven,
welches über die Baugenehmigung entscheidet.
Ob sich die Erwartungen der anwesenden Ratsmitglieder aus den Oppositionsfraktionen
hinsichtlich eines „interessanten Diskussionsabends“ erfüllten und die daraus resultierenden
„erhofften wichtigen Hinweise für die Ratsarbeit“ an diesem Abend erfüllten, muss bezweifelt
werden.
Anlieger Werner Tiedemann stellte die Frage: „Handelt es sich hier um eine ShowVeranstaltung oder haben wir schon Wahlkampf?“ Die Kommunalpolitiker verneinten dies,
betonten aber, dass sie dem Bau der Biogasanlage positiv gegenüber stünden. Bezüglich des
eigentlichen Problems, nämlich der brisanten Standortfrage ließen sie sich kein Ja oder Nein
entlocken. Moderator Detlef Steppat (UFS) und Angelika Dorsch (SPD), die auch Anliegerin
ist, versuchten, die aufgeheizte Stimmung im Saal zu versachlichen, indem sie für ein von
Bürgern und Betreibern gemeinsam getragenes, bisher fehlendes Wärmekonzept für die
Biogasanlage warben, fanden dafür aber kein Gehör.
Bernhard Detjen machte deutlich, dass die Bürger vorher nicht informiert worden seien. Er
fuhr Dorsch in die Parade, dass an dem von ihr als Panikmache verurteilten Gerücht über den
Neubau einer „Hähnchenmastanlage“ zur Wärmeabnahme bei Nichtakzeptanz durch die
Bürger durchaus „etwas dran“ sei. Landwirt Christian Indorf betonte, dass alles dafür getan
worden sei, Lärm- und Geruchsbelästigungen in Grenzen zu halten.
Das Gesundheitsrisiko der Anlage, so Anlieger Matthias Berulla, sei zu bedenken. Unterstützt
wurde er von Werner Kröger, der von Emissionen mit Bakterienbelastung sprach, die noch
nicht erforscht seien. Er brachte die Diskussion aber auch auf den Punkt: „Die Anlage soll
gebaut werden, aber nicht so nah am Dorf.“
Das Thema Wertverlust der Häuser und sinkende Lebensqualität wurde von Anliegerin Birgit
Schöner-Funck eingebracht, die aus der Doppelbelastung durch den Windpark und die
geplante Biogasanlage hervorgehen würde. Der Dorffrieden in Bartelsdorf scheint dahin.
Aller Voraussicht nach werde sich in Kürze eine Bürgerinitiative gründen, war zu hören.
Hellweger Anzeiger
31.03.2011
Legehennenstall: Pläne liegen aus
Die Pläne der Familie Ostermann, an der Palzstraße einen zusätzlichen Legehennenstall für
19800 Legehennen sowie eine Eiersortier- und Versandhalle zu errichten, werden jetzt noch
einmal öffentlich ausgelegt.
Wie berichtet hatte die Firma Ruhrtaler Frisch-Ei die Baumaßnahme beantragt. Trotz
Anwohnerbeschwerden hatte der Fröndenberger Umweltausschuss dem Vorhaben bereits
seinen Segen gegeben, auch war keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig. Nun jedoch
werden die Pläne noch einmal öffentlich ausgelegt, da das Vorhaben einer Genehmigung nach
dem Bundesimmissionsschutzgesetz bedarf. Dieses Gesetz soll vor schädlichen
Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigung, Geräusche und Erschütterungen schützen.
Die Unterlagen für das Vorhaben liegen ab sofort bis zum 20. April bei der Stadt Fröndenberg
im Rathaus an der Ruhrstraße 9, Raum 21, während der allgemeinen Öffnungszeiten aus.
Einzusehen sind die Unterlagen außerdem beim Fachbereich Natur und Umwelt des Kreises
Unna, Platanenallee 16, Raum 203, während der Öffnungszeiten oder per Terminvereinbarung
unter Tel. 02303/27-3472. Einwendungen sind bis einschließlich 6. Mai schriftlich beim Kreis
Unna, Fachbereich Natur und Umwelt, Platanenallee 16, 59425 Unna oder bei der Stadt
Fröndenberg einzureichen. Die Einwendungen müssen die Anschrift des Einwenders tragen.
Hamburger Abendblatt
Hähnchenmastgegner fordern neue Gesetze
Christiane Tauer
Hedendorfer Bürgerinitiative will, dass der Landkreis Stade Filteranlagen in Ställen zur
Pflicht macht, wie es andere Landkreise längst tun
Hähnchenmast im Buxtehuder Ortsteil Hedendorf: Die zwei bestehenden Ställe sollen um
knapp 80 000 auf 160 000 Tiere erweitert werden. Hähnchenmäster Diedrich Dammann.
Foto: Christiane Tauer
Buxtehude-Hedendorf. Die Bagger rollen bereits, doch die Hedendorfer Bürgerinitiative (BI)
gegen Hähnchenmast gibt nicht auf. Etwa 60 Bewohner der Buxtehuder Ortschaft wollen sich
nicht kommentarlos damit abfinden, dass Landwirt Diedrich Dammann wenige hundert Meter
südöstlich des Ortes zwei neue Mastställe für fast 80 000 Hähnchen errichtet. Zwei Ställe mit
ebenso vielen Tieren stehen bereits nebenan, so dass insgesamt fast 160 000 Masthähnchen in
der Hedendorfer Feldmark gehalten werden.
Auch wenn der Landkreis die Baugenehmigungen bereits erteilt hat und die Arbeiter seit
einigen Wochen Fakten schaffen, sind Bernd Prang und seine BI-Mitstreiter davon überzeugt,
dass ihre Mühe nicht umsonst sein wird. Sie wissen zwar, dass sie die Anlage nicht mehr
verhindern können. Trotzdem wollen sie dafür kämpfen, dass die Ställe zumindest
Filteranlagen bekommen.
Die wiederum sind im Landkreis Stade nicht vorgeschrieben, und darin liegt laut BI das
Problem. "Solange sie nicht verpflichtend sind, wird kein Landwirt sie freiwillig einbauen",
sagt Prang, der als Dozent für Arbeits- und Gesundheitsschutz arbeitet. Nach seinen
Schätzungen können sich die Kosten für Filtersysteme auf bis zu 40 000 Euro belaufen - viel
Geld für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Hinzu kommt, dass auch die regelmäßige
Wartung sehr aufwendig ist.
Die BI hofft trotzdem, Diedrich Dammann dazu zu bewegen, die Filter einzubauen, damit die
Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung möglichst gering gehalten wird. Dass diese Gefahr
häufig ausgeblendet wird, ist für BI-Mitstreiterin Elly Kühl unbegreiflich. "Wie es uns geht,
interessiert gar nicht", sagt sie. Sie könne selbst bei größter Hitze oftmals nicht ihre Fenster
öffnen, so durchdringend und unerträglich sei der ammoniakhaltige Geruch, der von den
Ställen herüberweht.
Vor allem ein Punkt ist für die BI schwer zu begreifen: Wie kann es sein, dass es innerhalb
des Landes Niedersachsen unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Filteranlagen gibt?
Laut Prang gebe es in anderen Landkreisen sehr wohl eine Filterpflicht, und deshalb wolle die
BI dafür kämpfen, dass die unterschiedliche Auslegung des Bundesimmissionsschutzgesetztes
endlich beendet werde.
Der Weg dorthin könne nur über die Politik führen, erklärt Prang. "Gesetze fallen schließlich
nicht vom Himmel, dafür haben wir unsere gewählten Volksvertreter." Die BI hat deshalb
bereits Kontakt mit der SPD-Landtagsabgeordneten Petra Tiemann aufgenommen, die ihnen
beim Weg durch den Gesetzesdschungel helfen wolle. Auch direkt vor ihrer Haustür wollen
die Hähnchenmastgegner aktiv werden. "Wir rufen dazu auf, dass sich Leute von uns in den
Ortsrat wählen lassen", sagt Prang. Das "Informationsdefizit", an dem Hedendorf leide, sei in
seinen Augen mit Schuld daran, dass die Ställe jetzt gebaut werden. Hätte die Stadt die
Zuwegung zu der Mastanlage nicht ohne Wissen der Politik in einem Vertrag mit dem
Betreiber geregelt, hätte man die neuen Ställe verhindern können.
Eine weitere Frage will die BI ebenfalls geklärt wissen: Wohin genau wird der Hühnermist
gebracht? "Wir haben von der zuständigen Landwirtschaftskammer Bremervörde immer noch
keine Antwort erhalten", sagt Marlene Prang, die so wie ihr Mann Bernd gegen die
Hähnchenmast kämpft. Auf Nachfrage des Abendblatts erklärt Bezirksstellenleiter Joachim
Ramme, dass es in Niedersachsen kein offizielles "Mistkataster" gebe. Es bestünde aber
theoretisch durchaus die Möglichkeit, das politisch durchzusetzen, denn beispielsweise beim
Klärschlamm sei es so geregelt, dass offiziell angezeigt werden muss, wo genau die Stoffe
hinkommen.
Im Genehmigungsverfahren für eine Hähnchenmastanlage überprüft die
Landwirtschaftskammer lediglich die Tierzahlen und vergleicht sie mit der Fläche, auf die der
Mist gebracht werden soll. Die Kammer rechnet nach, ob die Fläche in der Lage ist, die
anfallenden Nährstoffe aufzunehmen und gibt ihre entsprechende Stellungnahme an die
Genehmigungsbehörde ab - im Hedendorfer Fall an den Landkreis Stade.
"In Stichproben überprüfen wir dann, ob der Landwirt eine Düngebilanz führt", sagt Ramme.
Das heißt, der Landwirt muss bei einer solchen Kontrolle alle Unterlagen auf den Tisch legen
und nachweisen, wie viel er welche Fläche gedüngt hat. Hat er selbst nicht genügend Flächen
zur Verfügung, schließt er Verträge mit anderen Landwirten ab. "Wir versuchen generell, in
die Hühnermist-Transporte noch mehr Transparenz zu bringen", sagt Ramme mit Blick auf
das Verschicken von Mist aus dem westlichen Niedersachsen nach Ostdeutschland.
Etwas ist in dieser Hinsicht zumindest in letzter Zeit in Bewegung geraten. Die
Landwirtschaftskammer verzeichne vermehrte Anzeigen aus der Bevölkerung, sagt Ramme.
Liegt eine Anzeige vor, müssen die Prüfer aktiv und vom Mastbetrieb einen Einblick in die
Düngebilanz fordern. Bisher ist das die einzige Chance der Bürger, dem Landwirt auf die
Finger zu schauen.
Diese Möglichkeit dürfte auch für die Hedendorfer interessant sein. "Wir wollen saubere Luft
zum Atmen und sauberes Wasser zum Trinken", sagt Elly Kühl. Die BI plane, gegen die
neuen Ställe zu demonstrieren, wenn sie errichtet sind. "Wenn wir nicht Druck aufbauen, geht
es doch immer so weiter", sagt Bernd Prang. Denn auch wenn Diedrich Dammann versichere,
dass er in Zukunft nicht noch mehr Mastställe bauen wolle - wer könne da schon sicher sein?
NWZ
CLOPPENBURG, 30. März 2011
Landwirte kritisieren Stall-Novelle
Agrar Schweinehalter „von zwei Seiten in der Zange“ – Landvolk fordert Flexibilität
Der Vorsitzende des Kreislandvolkverbandes, Hubertus Berges, kritisierte im Kreishaus vor
rund 150 Anwesenden wesentliche Züge der Neuregelung. BILD: Reiner Kramer
Vor allem kleinere und mittlere Betriebe seien betroffen, so die Landwirte. 213 neue
Ställe wurden 2010 beantragt.
von Reiner Kramer
Cloppenburg - Die künftige Genehmigungspraxis des Landkreises sorgt für reichlich Kritik
von Seiten der Landwirte. Vor allem gegen die Auflage, dass Ställe nunmehr einen Abstand
von 100 Metern zum nächsten Nachbargebäude einhalten müssen, stößt den Bauern sauer auf.
Das wurde auf der Informationsveranstaltung des Kreislandvolkverbandes im Kreishaus in
Cloppenburg am Dienstag offenbar, zu der rund 150 Besuchern gekommen waren.
„Große Sorge bereitet uns die starke Entwicklung der Landwirtschaft in bereits verdichteten
Gebieten mit immer größeren Anlagen“, begründete Leitender Baudezernent des Landkreises
Cloppenburg, Georg Raue, die Neuregelung der Genehmigungspraxis, die bei allen
Modernisierungen von Stallbauten greift. Hartmut Günster vom Bauamt des Landkreises
lieferte dazu die 2010 sind 213 Stallneubauten beantragt worden, insbesondere Zahlen:
Schweinemastställe mit mehr als 1000 Plätzen. Von 1,2 Millionen Schweinen in 2005 habe
die Tierdichte auf 1,7 Millionen in 2010 im Kreis zugenommen.
„Wie soll ich bei Rindviehhaltung 30 Prozent an Emissionen einsparen“, fragte ein Landwirt
aufgeregt. Eine Antwort konnte auch Baudirektor Georg Raue nicht liefern, brächten doch
Abluftreinigungsanlagen in diesem Falle wenig. Ein Punkt, an dem der Vorsitzende des
Kreislandvolkverbandes, Hubertus Berges, dazu aufrief, die Novelle zu überdenken.
Sauenhalter würden derzeit sogar „von zwei Seiten in die Zange genommen“, sagte Berges
weiter. Neben den neuen Auflagen des Landkreises müssten Ställe laut Landesvorgaben
umgebaut werden. Wer den vorhandenen Stall nach der Verordnung umstrukturieren will,
wird laut Günster nicht die geforderten Immissionsverbesserungen von 30 Prozent einhalten
müssen. Allerdings bieten die Ställe künftig weniger Platz für Sauen. Wer also die Zahlen
etwa durch einen Anbau ausgleichen will, erhält hierfür in besonders belasteten Gebieten nur
die Genehmigung, wenn Immissionswerte um 30 Prozent reduziert werden.
Der Geschäftsführer des Kreislandvolkverbandes, Bernhard Suilmann, forderte Flexibilität
vom Landkreis: Die Abstandsbestimmung dürfe „kein Dogma“ sein. Auch bei der 30Prozent-Regelung bei Immissionen müssten Spielräume her. Vor allem größere Betriebe
würden in Außenbereiche abwandern, glaubt Suilmann. Hier seien die Städte und Gemeinden
am Zuge, ihre Möglichkeiten der Bauleitplanung zu nutzen, entgegnete Raue.
WESTFALEN HEUTE
Nachricht 06.04.11, 16:00
Landwirte: Bessere Abstimmung soll Bürgerproteste gegen Mastställe verhindern
Achtung Redaktionen: Bei der Abstimmung zwischen Landwirten und Anwohnern über die
Baupläne von Mastställen handelt es sich bislang um eine Absichtserklärung und nicht - wie
berichtet - um eine bindende Vereinbarung. Bitte nutzen Sie für Ihre Berichterstattung die
folgende korrigierte Meldung:
Kreis Borken (wh). Um gerichtliche Klagen und Proteste gegen neue Mastställe zu
verhindern, wollen Landwirte ihre Baupläne künftig mit Anwohnern und Städten abstimmen.
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) hat im Kreis Borken die
Absichtserklärung "Branchenvereinbarung Landwirtschaft" mit Behörden vor Ort, der
Landwirtschaftskammer NRW sowie Bürgermeistern der beteiligten Städte unterzeichnet.
Borken ist damit "Pilot-Kreis" für die anderen westfälische Regionen.
Hintergrund der Erklärung: Viele Landwirte in Westfalen wollen nach Angaben der
Landwirtschaftkammer sowie des WLV expandieren und größere Ställe für die Viehhaltung
bauen, um wirtschaftlicher zu arbeiten. Die Geruchsbelästigung durch die
Gülleausdünstungen stinkt jedoch zahlreichen Anwohnern - sie ziehen gegen bereits erteilte
Baugenehmigungen vor Gericht.
Im Kreis Borken wollen sich die Landwirte künftig vor dem Bauantrag mit den Betroffenen
zusammenzusetzen und bei Problemen nach alternativen Standorten für ihre Mastställe zu
suchen. Gerade in dieser Region ist das Thema akut, weil die Viehdichte doppelt so hoch ist
wie im NRW-Schnitt: Auf je 100 Hektar landwirtschaftlich verfügbare Fläche kommen dort
212 Rinder und 924 Schweine. Zudem ist die Wohnbebauung durch den Zuzug aus dem
Ruhrgebiet in den vergangenen Jahren immer näher an die Höfe gerückt.
Pressekontakt:
Hans-Heinrich Berghorn, Pressesprecher WLV, Telefon: 0251/4175107, E-Mail: hansheinrich.berghorn[at]wlv.de; Stephan Wolfert, Pressesprecher westliches Münsterland WLV,
Telefon: 02861/930658, E-Mail: stephan.wolfert[at]wlv.de; Uwe Spangenberg,
Landwirtschaftskammer NRW, Telefon: 0251/2376234, E-Mail: presse[at]lwk.nrw.de
SCHARF LINKS
Solidaritätskundgebung für
beschuldigte UmweltaktivistInnen
06.04.11
Bewegungen, Soziales, Umwelt,
Niedersachsen
von Kampagne "KaKaKa.Du"
Letztes Jahr im Juni brannte in Sprötze (südlich
von Hamburg) eine Hähnchenmastanlage kurz
vor der Inbetriebnahme vollständig ab.
Einige Wochen später veröffentlichten die
Tierbefreier e.V. ein Schreiben, in welchem sich
die "Animal Liberation Front" zu der Tat
bekannte.
Kampagne "KaKaKa.Du"
Inzwischen wurde die Mastanlage wieder
aufgebaut und gegen drei Aktivist_innen, die sich
letztes Jahr bei Besetzungen und anderen Aktionen gegen Massentierhaltung
engagierten, wurden Ermittlungsverfahren wegen Brandstiftung eingeleitet.
Am 8.4. ab 13.00 Uhr wird es in Lüneburg vor dem Landgericht eine
Solidaritätskundgebung für die Beschuldigten geben.
"Mit dieser Aktion will ich auf die Ziele staatlicher Repression aufmerksam machen.
Ich werde beschuldigt, weil ich politisch aktiv bin und nicht, weil die Beweiskraft das
rechtfertigt. Durch die Ermittlungen soll ich eingeschüchtert und in meinem politischen
Engagement behindert werden. Zusammen mit anderen habe ich deshalb die Kampagne
"KaKaKa.Du" ins Leben gerufen, um dieser von den Strafverfolgungsorganen gewollten
Vereinzelung entgegenzuwirken. Und um durch einen offensiven Umgang mit dieser
Repression das Thema Massentierhaltung weiter in die Öffentlichkeit zu tragen." meint
Karl-C, ein Beschuldigter.
Die Beweise, die den Aktivist_innen derzeit bekannt sind, beziehen sich größtenteils auf
eine Aussage der Besitzerin der abgebrannten Anlage in Sprötze. Diese sagte aus, sie
habe am Abend vor dem Brand drei Tramper in der Nähe gesehen, unter anderem soll
einer von ihnen Augen wie Terence Hill gehabt haben.
Letztes Jahr wurde in Bonn eine Hausdurchsuchung bei einem der verdächtigten
Aktivisten durchgeführt, eine Weile später wurde die gleiche Person durch die Polizei von
einer Autobahnraststätte zur Erkennungsdienstlichen Behandlung mitgenommen.
Mindestens ein weiterer Beschuldigter muss damit rechnen, bald zu einer solchen
Erkennungsdienstlichen Behandlung zwangsvorgeführt zu werden, obwohl vor dem
Verwaltungsgericht Lüneburg Klage dagegen eingereicht wurde.
"Bisher befindet sich das Ermittlungsverfahren noch in der Anfangsphase, dennoch ist es
möglich, dass in absehbarer Zeit Strafverfahren gegen die drei Verdächtigten eröffnet
werden. Der Staat schützt die Interessen der Wirtschaft und nicht die der Menschen und
Tiere, welche die Folgen der Massentierhaltung tragen müssen. Wenn der Widerstand
dagegen wie in diesem Falle Erfolg hat, wird schnell ein Schuldiger oder eine Schuldige
gebraucht, einerseits zur Abschreckung und andererseits, um Aktivist_innen als
Verbrecher_innen darzustellen." erzählt Fiona, eine Unterstützerin der Kampagne
"KaKaKa.Du".
Bei der Aktion am Freitag wird es ein Straßentheater geben, während dem Strafanzeigen
an Passant_innen verteilt werden, welche aufgrund haarsträubender Indizien der
Brandstiftung verdächtigt werden. Verblüffend ähnlich wie bei den drei Beschuldigten des
Mastanlagen Brandes in Sprötze.
kakakadu.blogsport.de
VON: KAMPAGNE "KAKAKA.DU"
Neue OZ online
Veröffentlicht am: 22.03.2011
Landwirte wollen Betriebe erweitern
hpet Hagen
Hagen. Dürfen ein Sauen- und ein Bullenhalter ihre Betriebe spürbar erweitern? Diese
Frage stellt sich derzeit an der Iburger Straße in Hagen. Allerdings vorrangig nicht der
Gemeinde, denn zuständig für die Genehmigung ist der Landkreis Osnabrück. Die
Kommunalpolitik diskutiert trotzdem.
In Sichtweite vom Landhotel Buller will ein Landwirt einen Stall für 1000 Ferkel bauen. Foto:
Jörn Martens
Die Projekte: Zwei der letzten Hagener Vollerwerbs-Landwirte wollen expandieren. Sie
verfügen über zwei Hofstellen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander an der Iburger
Straße. Der eine züchtet Bullen und will einen neuen Stall für weitere 92 Tiere nebst einer
Silageplatte errichten.
Der andere will seine Schweinezucht ausbauen. Kern dieses Plans ist der Neubau eines
sogenannten Flatdecks für die Aufzucht von 1024 Ferkeln. Dazu soll noch Platz für 54
weitere Sauen entstehen. Im Gegenzug werden aber auch Stallungen abgerissen.
Das Privileg: Landwirte genießen, sofern sie wie in diesem Fall im nicht durch
Bebauungsplan geregelten Außenbereich ansässig sind, ein vom Gesetzgeber vorgesehenes
Vorrecht für Bauvorhaben. Ihre Zulässigkeit steht lediglich unter dem Vorbehalt des
Entgegenstehens öffentlicher Belange und einer ausreichenden Erschließung.
Das Prozedere: Die Gemeinde Hagen kann lediglich eine Empfehlung aussprechen,
entscheiden muss über die Anträge der Landkreis. Dabei fungiert er bei dem Neubau für die
Bullen als Untere Baurechtsbehörde, bei der Behausung für die Ferkel als Untere
Immissionsschutzbehörde. Das heißt, im zweiten Fall wird verschärft geprüft, ob von dem
Vorhaben eventuell schädliche Emissionen ausgehen. Zunächst aber muss neben der
Gemeinde vor allem auch die Landwirtschaftskammer ihre Stellungnahme abgeben.
Das Problem: der Geruch. Tierzucht ist ohne Geruchsemissionen nicht zu machen. Das ist in
aller Regel hinnehmbar, allerdings liegt das Landhotel Buller Luftlinie nur 200 Meter von
dem Hof des Sauenhalters entfernt. Und dreht der Wind ungünstig, merken die Gäste dort
schon jetzt, dass nebenan ein gerüttelt Maß an Schweinen seinen Dienst tut. Bis zum anderen
Landwirt sind es immerhin 500 Meter.
Das Pro und Kontra: Auch wenn ihnen die Entscheidung abgenommen wird, die Hagener
Kommunalpolitik diskutiert die Vorhaben der Landwirte kontrovers. Im Umweltausschuss
deutete sich an, dass in der Mehrheitsgruppe aus CDU, FDP und Grünen einige Vertreter dem
Schutz des Landhotels den Vorzug geben. „Eins ist sicher“, meinte Bernhard Bußmann
(CDU), „wenn einer Bestandsschutz hat, dann das Landhotel Buller.“ Er selbst habe vor Ort
die bereits jetzt „erstaunlichen“ Geruchsemissionen erlebt.
Georg Hehemann von den Grünen wies auf die doch beträchtlichen Zuwächse bei der Zahl
der Tiere auf beiden Höfen hin und deutete ebenfalls an, dem Anliegen der Landwirte nicht
positiv gegenüberzustehen.
Einen vermittelnden Ansatz nahm die SPD ein. „Wir sind froh, dass wir überhaupt noch einen
Vollerwerbslandwirt haben“, sagte Reinhard Wittke. Zudem seien Landwirte und Landhotel
bisher immer gut miteinander ausgekommen. Die SPD würde zustimmen, wenn gesichert sei,
dass keine zusätzlichen Emissionen entstehen.
ELITE ONLINE
Deutsche Investoren bauen Megastall in Rumänien
Eine Gruppe deutsch-niederländischer Investoren plant in der Region Alba die größte
Milchviehanlage Rumäniens. Es geht um einen Stall mit rund 2000 Kühen, die
Investitionssumme beläuft sich auf rund 8 Mio. €. Die deutsch-niederländische Kooperation
„DN Agrar Garbova CV“ ist aktuell Eigentümer von zehn landwirtschaftlichen Betrieben in
Rumänien. Erst im letzten Jahr übernahm die Gesellschaft für 4,7 Mio. Euro einen
Milchviehbetrieb des rumänischen Milchverarbeites „Albalact“.
Artikel geschrieben: Dienstag, 05. April 2011 um 08:41 Uhr
AGRARZEITUNG
6. April 2011
Nutztierhaltung braucht gesellschaftliche Akzeptanz
Die intensive Tierhaltung in Deutschland steht auf dem Prüfstand. Einen Forderungskatalog
zur Nutztierhaltung will die Bundestagsfraktion der SPD in den Bundestag einbringen. Der
Agrarausschuss des Bundestages diskutierte heute in Berlin über die Zukunft der
Nutztierproduktion. Die SPD-Bundestagsfraktion will die Intensivtierhaltung auf den
Prüfstand stellen. Damit landwirtschaftliche Betriebe auch in Zukunft
Entwicklungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet haben, hält der Tierschutzbeauftragte Heinz
Paula (SPD) eine gesellschaftliche Akzeptanz der Tierhaltung in Deutschland für erforderlich.
Vor dem Agrarausschuss des Bundestages setzte sich Paula dafür ein, die Nutzungskonflikte
zu entschärfen. In Kürze will die SPD-Bundestagsfraktion einen Forderungskatalog zur
Nutztierhaltung in den Bundestag einbringen. Verschiedene Gesetze und Verordnungen wie
das Baugesetz, das Bundesimmissionsschutzgesetz, das Tierschutzgesetz sowie
die Tierschutz-Nutztierverordnung und die Düngeverordnung sollen demnach überprüft
werden.
Abgelehnt wurde heute im Agrarausschuss ein Antrag von Bündnis90/Die Grünen zur
Überprüfung der Nutztierhaltung. "Wir lassen es nicht zu, dass die Tierhalter in der
Landwirtschaft pauschal unter Generalverdacht gestellt werden", begründete der Vorsitzende
der Arbeitsgruppe Landwirtschaft, Franz-Josef Holzenkamp (CDU), die Ablehnung. Die
Unionsfraktion tritt für einen ergebnisoffenen Dialog der Betroffenen vor Ort ein. (da)
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Region/Landkreis-Oldenburg/354701/Futterproduzentensehen-sich-am-Pranger.html
Niedersachsen Landwirtschaftsminister zieht Konsequenzen aus
Dioxinskandal
- 05.04.2011
Futterproduzenten sehen sich am Pranger
Von Martin Siemer
Dötlingen. Um die Zukunft der niedersächsischen Futtermittelindustrie nach dem DioxinSkandal ging es gestern in Dötlingen beim Deutschen Verband Tiernahrung (DTV). Zu Gast
bei den Futtermittelproduzenten waren Niedersachsen Landwirtschaftsminister Gert
Lindemann (CDU) und Professor Eberhard Haunhorst, Präsident des Niedersächsischen
Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Oldenburg.
Als Konsequenz aus dem Dioxin-Skandal zu Beginn des Jahres sprach sich Haunhorst für den
Ausbau einer systemübergreifenden Qualitätssicherung in der Agrarindustrie aus. Dafür
müsse sichergestellt werden, dass keine unerlaubten Abfälle in den Handel und damit in die
Futtermittelproduktion gelangten, so Haunhorst. Zudem sei eine einheitliche Identifizierung
aller Betriebe und damit eine verbesserte Rückverfolgung der Produktionskette zwingend
notwendig.
Künftig sollten auch private Kontrollinstitute, wie bereits jetzt die staatlichen Labore, einer
Anzeigepflicht bei kritischen Befunden unterliegen, erklärte Haunhorst. "Wenn das in das
Gesetz geschrieben wird, müssen wir als Produzenten abwägen, ob wir unsere Proben nicht
außerhalb Deutschlands prüfen lassen", erklärte einer der Tagungsteilnehmer.
Kritik aus den Reihen der Tierfutterhersteller gab es am Verbraucherinformationsgesetz.
Dieses sieht bei nachgewiesenem Fehlverhalten vor, die betreffenden Hersteller öffentlich zu
machen. "Wo ist dabei die Abgrenzung zwischen Verbraucherschutz und Schutz der
Unternehmen?", fragte Stefan Niemeyer, Geschäftsführer des Produzenten Miavit aus Essen
in Oldenburg. "Das Kind ist doch schon in den Brunnen gefallen, wenn der Unternehmer
nicht innerhalb von zwei Wochen seine Unschuld beweisen kann", befürchtet Niemeyer.
Auch Claus-Peter Wölpers, Geschäftsführer des Futtermittelherstellers Strahmann aus
Drentwede, steht einer solchen Veröffentlichung skeptisch gegenüber. "Wir Hersteller sind
der Flaschenhals. Wir kaufen die Produkte ein und fertigen daraus qualitativ hochwertige
Futtermittel. Wenn einer der Vorproduzenten dabei kriminelle Energie aufwendet, so wie
beim Doxinvorfall, haben wir als Hersteller das nicht verursacht, stehen aber am Pranger",
sagte er.
Agrarminister Gert Lindemann bemängelte die Weigerung der Verbände, bei einer
Veröffentlichung der Verursacher mitzuwirken. "Ich verstehe nicht, dass die Verbände sich in
einer Krisensituation gewehrt haben, Ross und Reiter zu nennen." Lindemann zeigte sich
überzeugt, dass ein solches Vorgehen nicht die ganze Branche diskreditieren würde. "Man
kann die schwarzen Schafe nennen und gleichzeitig deutlich machen, dass alle anderen weiß
sind", sagte Lindemann.
Allerdings hatte auch der Landesminister noch keine Antwort auf die Frage, wie man
einerseits eine transparente Verbraucherinformation sicherstellt und andererseits den
Unternehmen einen gewissen Schutz bietet. Er glaubt nicht, dass die Tierfutterhersteller zum
Spielball der Politik werden.
Landesweit zwei Kontrolleure mehr
Der Geschäftsführer des Tiernahrungsverbandes Bernhard Krüsken sieht seinen Verband
indes schon weiter als die derzeitigen Planungen der Gesetzgebung. Die geplante Trennung
der Produktionslinien für technische und tierische Fette sei seit dem 1. April umgesetzt.
Ebenso könne innerhalb von vier Stunden die Produktionskette zurückverfolgt werden.
"Weitere Punkte sind derzeit in der Bearbeitung", kündigte Krüsken an. Aber auch er hält
einige Punkte der künftigen Gesetzgebung für kritisch. "Die Hersteller sollen verpflichtet
werden, vor Produktionsbeginn die Inhaltsstoffe zu prüfen. Der Inverkehrbringer der
Rohstoffe bleibt dabei vollkommen außen vor." Nicht erfasst würden auch
Einzelfutterhersteller, wie zum Beispiel Landwirte, die sich das Tierfutter selbst mischen.
Lindemann kündigte an, in seinem Ministerium eine eigene Stelle als Ansprechpartner für alle
Beteiligten der Futtermittelproduktion einzurichten. Außerdem sollen die
Futtermittelkontrolleure entlastet werden. Landesweit seien bereits zwei zusätzliche Stellen
eingeplant.
Zu Beginn der Tagung hatte Heinz Neesen, Präsident der Regionalgruppe Nord der
Futtermittelproduzenten, auf die derzeit hohen Futtermittelpreise hingewiesen. Sie liegen nach
seinen Angaben rund ein Drittel über dem Niveau des vergangenen Jahres. Bei den
Futtermittelmengen verzeichnet der Verband in Niedersachsen trotz Dioxinskandal einen
Zuwachs um 7,2 Prozent auf rund 9,2 Millionen Tonnen.
Badische Zeitung
4.4.2011
Tierschutz per Gütesiegel: Was ist drin in der Wurst?
Vorbild Blauer Engel: Mit einem Gütesiegel sollen Verbraucher beim
Einkauf bald über die Qualität der Haltung von Schweinen, Rindern,
Hühnern oder Puten informiert werden.
BERLIN. Das fordert der Wissenschaftliche Beirat des
Bundeslandwirtschaftsministeriums in einer noch unveröffentlichten Stellungnahme für
die schwarz-gelbe Regierung.
"Der Beirat sieht im Tierschutzlabel ein geeignetes Instrument, um die
Tierschutzsituation in der Nutztierhaltung zu verbessern", heißt es im Gutachten, das
der Badischen Zeitung vorliegt. So würde den Verbraucherwünschen Rechnung
getragen. Die Experten erwarten zudem, dass Landwirte, die sich um eine möglichst
gute Tierhaltung bemühen, im Wettbewerb gestärkt werden, wenn diese Bemühungen
für den Verbraucher kenntlich würden. Da eine europaweite Einführung eines
Gütesiegels derzeit nicht absehbar ist, plädieren die Forscher für einen deutschen
Alleingang beim Tierschutz. Vorbild soll der Blaue Engel sein, der seit Ende der 1970erJahre besonders umweltschonende Produkte und Dienstleistungen auszeichnet.
Das Tierschutzsiegel soll freiwillig verliehen werden und mehrstufig sein, ähnlich wie die
Sterne-Regelung in der Hotellerie. Je besser es den Tieren während der Aufzucht geht,
desto höher darf sich der Produzent einstufen. Die Kriterien für eine artgerechte
Haltung sollen wissenschaftlich festgelegt werden. "Eine Kennzeichnung soll die
Verbraucher in die Lage versetzen, besonders tiergerecht erzeugte Produkte zu
erkennen", erläutert der Beirat den Vorschlag. Denn zwischen den Erwartungen der
Verbraucher an eine tiergerechte Haltung und der Praxis in manchen Ställen klafft
nach Einschätzung der Fachleute eine große Lücke. Von einem Kontrollsystem vom
Stall über den Transport bis hin zum Schlachthof verspricht sich der Rat mehr
Transparenz bezüglich des Tierschutzes.
TAZ
04.04.2011
Experten fordern Tierschutz-Siegel
Blauer Engel für Puten
Das Leben von Nutztieren soll verbessert werden – zur Not auch im nationalen Alleingang.
Das fordert der Wissenschaftliche Beirat des Verbraucherschutzministeriums. VON
WOLFGANG MULKE
BERLIN taz | Mit einem Gütesiegel nach dem Vorbild des "Blauen Engels" könnten
Verbraucher beim Einkauf bald über die Qualität der Haltung von Schweinen, Rindern,
Hühnern oder Puten informiert werden. Das fordert zumindest der Wissenschaftliche Beirat
des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMELV) in einer noch unveröffentlichten
Stellungnahme für die Bundesregierung.
"Der Beirat sieht im Tierschutzlabel ein geeignetes Instrument, um die Tierschutzsituation in
der Nutztierhaltung zu verbessern", heißt es im Gutachten. So werde den
Verbraucherwünschen Rechnung getragen. Die Experten erwarten auch, dass Landwirte, die
sich um eine möglichst gute Tierhaltung bemühen, im Wettbewerb gestärkt werden. Da eine
europaweite Einführung eines Gütesiegels derzeit nicht absehbar ist, plädieren die Forscher
für einen deutschen Alleingang beim Tierschutz.
Das Label soll freiwillig verliehen werden und mehrstufig sein – ähnlich wie die SterneRegelung in der Hotellerie: Je besser es dem Tier während der Aufzucht geht, desto höher
darf sich der Produzent einstufen. Die Kriterien für eine artgerechte Haltung sollen streng
wissenschaftlich festgelegt werden. "Eine Kennzeichnung soll die Verbraucher in die Lage
versetzen, besonders tiergerecht erzeugte Produkte zu erkennen", erläutert der Beirat den
Vorschlag.
Zwischen den Erwartungen der Verbraucher an eine tiergerechte Haltung und der Praxis in
manchen Ställen klafft nach Einschätzung der Fachleute eine große Lücke. Von einem
Kontrollsystem vom Stall über den Transport bis hin zum Schlachthof verspricht sich der Rat
mehr Transparenz bezüglich des Tierschutzes.
Widerstand aus der Industrie erwartet
Die Widerstände gegen strengere Regulierungen sind groß, obwohl viele Verbraucher dies
wünschen. "Gleichwohl stehen viele Vertreter aus Landwirtschaft, Lebensmittelhandel und industrie dem Thema weiterhin reserviert bis ablehnend gegenüber", stellen die Experten fest.
Gerade in der Union wehren sich Agrarpolitiker gegen höhere Ansprüche an die Tierhaltung.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will dagegen Standards durchsetzen, die
Nutztieren unnötiges Leid erspart. Spätestens im Herbst sollen die Gesetze verschärft werden.
Damit werden zum Beispiel Kastrationen von Ferkeln ohne Betäubung verboten. Die
Ministerin setzt sich auch für ein EU-weites Gütesiegel für den Tierschutz ein. Ob sie die
Forderungen nach einem deutschen Alleingang aufnimmt, ist dagegen noch offen.
Tagesspiegel
04.04.2011 21:57 UhrVon Heike JahbergKommentare: 2
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Orientierungshilfe
Ein Siegel für den Tierschutz
Wissenschaftler machen sich für die Einführung eines Tierschutzlabels stark - auch um
Verbrauchern die Orientierung zu erleichtern, welche Tiere tatsächlich artgerecht
gehalten werden.
Berlin - Kastrierte Ferkel, Hennen in Legebatterien – seit dem Dioxin-Skandal wächst die
Empörung über den Umgang mit Nutztieren. Immer mehr Deutsche legen Wert darauf, dass
die Tiere bis zu ihrem Tod artgerecht gehalten werden. Um Verbrauchern die Orientierung zu
erleichtern, machen sich Wissenschaftler für die Einführung eines Tierschutzlabels stark.
In einem Statement, das dem Tagesspiegel vorliegt, spricht sich der Wissenschaftliche Beirat
für Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium für ein solches Label aus. Mit dem
Siegel sollen Produkte gekennzeichnet werden, bei denen der „Tiergerechtheit“ über das
gesetzlich Vorgeschriebene hinaus besonders Rechnung getragen wird.
Zur Tiergerechtheit zählen sie die artgerechte Haltung und die Gesundheit der Tiere.
Von dem neuen Label verspricht sich der Beirat nicht nur eine bessere Tierhaltung, sondern
auch mehr Transparenz für die Verbraucher. Zudem soll es den Betrieben erlauben, „höhere
Tierschutzleistungen glaubwürdig zu kommunizieren und über Mehrpreise erhöhte Kosten der
Erzeugung auszugleichen“. Dem neuen Siegel soll eine umfassende Tierschutzkennzeichnung
zugrunde gelegt werden, bei der die gesamte Prozesskette von der Genetik über die Aufzucht
bis hin zur Schlachtung berücksichtigt werden soll. Um die Betriebe zu motivieren, besser zu
werden, sprechen sich die Wissenschaftler zudem für ein mehrstufiges Label – ähnlich dem
Sternesystem in der Hotelkennzeichnung – aus.
An diesem Donnerstag werden sich Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums, der
Ernährungsindustrie und der Bauern mit Verbraucherschützern treffen, um über eine neue
Charta für die Landwirtschaft zu beraten. Dabei wird es neben dem Tierschutzlabel auch um
konkrete Verbesserungen bei der Tierhaltung gehen. Bundesagrarministerin Ilse Aigner
(CSU) will per Verordnung festlegen, dass es künftig keine neuen Käfige für Legehennen in
Deutschland geben wird. Zudem sollen die Kastration von Ferkeln und das Markieren von
Pferden mit Brandzeichen verboten werden.
Die Bauern sehen der Diskussion über eine bessere Tierhaltung mit Skepsis entgegen.
Forderungen nach mehr Umwelt- und Tierschutz müssten mit den Realitäten in offenen
Märkten abgeglichen werden, heißt es in einem offenen Brief von Bauernverbandspräsident
Gerd Sonnleitner an Ministerin Aigner. „Wer dies nicht akzeptiert, verdrängt die deutschen
Bauern vom Markt.“ Zudem warnt der Verbandschef vor Preiserhöhungen. „Sollen die
deutschen Landwirte Nahrungsmittel vorrangig für eine kaufkräftige Elite produzieren oder
für alle Bürgerinnen und Bürger?“, fragt Sonnleitner.
Auch ein separates Tierschutzlabel lehnt der Bauernverband ab. Schon jetzt sei der Tierschutz
gesetzlich verankert, gibt Verbandssprecher Michael Lohse zu bedenken. „Alle Bauern, die
sich an das Gesetz halten, müssten das Tierschutzlabel bekommen“, meint Lohse. Ein
zusätzliches Siegel ist nach Meinung des Bauernverbandes daher unnötig.
Das sehen die Wissenschaftler anders. Auch die Bundesagrarministerin ist für eine solche
Kennzeichnung, allerdings auf europäischer Ebene. Der Beirat plädiert dagegen für eine
nationale Lösung auf freiwilliger Ebene. „Da eine europäische Lösung in naher Zukunft nicht
in Sicht ist, sollte eine nationale Pionierleistung angestrebt werden“, heißt es in der
Stellungnahme. Heike Jahberg
News
vom: 15.03.2011
Experten fordern: Tierschutzgesetz verschärfen
Verschärfte Regeln für die Haltung von Nutz- und Haustieren forderten Experten zum
Abschluss der Tierschutztagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll am 13. März.
Rund 100 Tiermediziner, Tierschützer und andere Interessierte diskutierten drei Tage, wie in
Zeiten von Massentierhaltung und Haustier-Boom ein artgerechter Umgang sichergestellt
werden kann.
„Wir müssen die Mindeststandards erhöhen hin zu einer tiergerechten Haltung. Bisher
herrscht im Gesetz das Prinzip der reinen Schadensvermeidung vor“, sagte Dr. Reinhart
Kluge vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. Den zuständigen Amtstierärzten
seien oft die Hände gebunden, weil bestehende Regeln nicht ausreichten, um Tiere
ausreichend zu schützen. Als Anreiz für Landwirte, sich an diese Standards zu halten, sei ein
Förderprogramm der Bundesregierung wünschenswert, das gute Tierhaltung belohne.
Männliche Küken in Legebatterien werden geschlachtet, weil sie keinen Nutzen bringen.
Hochgezüchtete Puten setzen so viel Fleisch an, dass sie nicht mehr laufen können – solche
und zahlreiche weitere Beispiele zeigen: Nutztierhaltung nimmt auf das einzelne Tier oft
keine Rücksicht, es wird nicht als Lebewesen, sondern als Betriebsmittel betrachtet. „Wir
wissen, dass die Milch aus der Tüte kommt, aber wie sie da rein kommt, wollen viele nicht so
genau wissen“, so Kluge.
Neben verschärften Vorschriften empfehlen die Experten außerdem, Sachkundenachweise für
alle Tierhalter einzuführen, auch um Auswüchse bei der Haustier-Haltung zu unterbinden. „Es
scheint dem Pudel egal zu sein, ob sein Fell weiß oder pink gefärbt ist, aber tiergerecht ist so
etwas natürlich nicht“, sagte Dr. Silvia Blahak von der Tierärztlichen Vereinigung für
Tierschutz e.V.
Wo Haustiere zum Statussymbol verkommen, aus optischen Gründen unnatürliche Merkmale
angezüchtet werden oder Menschen Tiere eigens zur Jagd aussetzen, würden eindeutig
Grenzen überschritten.
Ob die Würde des Tieres explizit in das Tierschutzgesetz oder sogar in das Grundgesetz
aufgenommen werden sollte, blieb unter den Experten umstritten. Einige Fachleute plädierten
dafür, stattdessen nur konkrete Vorschriften zu verschärfen. Andere versprechen sich vom
expliziten Schutz der Tierwürde mindestens eine Signalwirkung, die den Blick auf das Tier in
der Gesellschaft verändern würde. Einig waren sich die Tagungsgäste darin, dass das Verbot
sexueller Handlungen an und mit Tieren in das Tierschutzgesetz ausdrücklich aufgenommen
werden müsse.
Kooperationspartner der Veranstaltung waren die Bundestierärztekammer (BTK), der
Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT), der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V.,
der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BPT), der Deutscher Tierschutzbund e. V.
(DTSchB) und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT). Pfarrerin und
Studienleiterin Kathinka Kaden leitete die Tagung.
Details zum Programm Tagung finden Sie unter
http://www.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/520411.pdf
Quelle: "Evangelische Akademie Bad Boll"
NWZ
VECHTA, 4. April 2011
Grüne fordern Wende in der Agrarpolitik
Bezirks-Konferenz Die Bauern sollen nach einer Umsteuerung die Gewinner
werden – Für Stilllegung des KKW Unterweser
Christian Meyer, landwirtschaftlicher Sprecher BILD: dpa
Die Förderung von Großbetrieben dürfe nicht mehr im Vordergrund stehen. Nötig seien
faire Preise und eine höhere Qualität.
von Jürgen Westerhoff
Vechta - „Wir brauchen eine neue Agrarpolitik – und die Bauern müssen die Gewinner sein.“
Ausgerechnet im Oldenburger Münsterland – dort, wo aus Sicht der Grünen die Probleme in
der Landwirtschaft am größten sind – plädiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian
Meyer (Holzminden) für eine drastische Wende in der Agrarpolitik.
Meyer ist Sprecher für Landwirtschaftspolitik, Verbraucherschutz, Natur- und Tierschutz der
Grünen-Fraktion in Hannover und erläutert am Sonnabend auf der Bezirkskonferenz der
Weser-Ems-Grünen in Vechta die Ziele für eine neue Ausrichtung einer Agrarpolitik, bei der
nicht mehr die Förderung von Großbetrieben im Mittelpunkt stehen solle.
Bislang sei in der Politik die Grundlage für immer größere Produktionseinheiten gelegt
worden. Als Folge habe sich beispielsweise die Zahl der Großmastställe für Geflügel in den
vergangenen Jahren verdreifacht. Meyer: „Wir müssen dringend umsteuern. Die Zahlung von
EU-Geldern darf nicht mehr überwiegend an Großbetriebe gehen, sondern muss an das
Einhalten von Qualitätsregeln gekoppelt werden.“
Die Teilnehmer der Konferenz aus den Kreisverbänden im Nordwesten stimmen Meyers
Forderung nach einem neuen Leitbild für die Landwirtschaftspolitik zu. Danach sollen faire
Preise und eine höhere Qualität der Produkte angestrebt werden. Das führe bei der
Landwirtschaft zu einem besseren Gewissen und zu höherer gesellschaftlicher Anerkennung.
Beim Kampf gegen die zunehmende Zahl von Tierfabriken empfahl Meyer, die
Möglichkeiten des Baurechts jeweils genau zu prüfen.
Die Konferenz beschäftigte sich auch mit den Problemen durch Biogasanlagen und der
Sicherheit des Kernkraftwerks Unterweser in Kleinensiel (Landkreis Wesermarsch). Einmütig
sprach sie sich für eine sofortige und endgültige Stilllegung der sieben ältesten Atommeiler
aus. In Sachen Biogas sei inzwischen in Niedersachsen die Schwelle der Verträglichkeit für
den Anbau nachwachsender Rohstoffe erreicht.
Proplanta ® | 28.03.2011 |
Tier
>>
Tierschutz
Niedersächsische Landkreise gegen Agrarfabriken
Bienenbüttel - Die AbL sieht die niedersächsische Landesregierung angesichts
des massiven Drucks von vielen Bürgerinitiativen, Landkreisen und Medien
unter wachsendem Zugzwang, gegen die agrarindustrielle Qualhaltung in
Agrarfabriken vorzugehen.
Agrarminister Lindemann habe jüngst in seinem Tierschutzplan
immerhin das Ende des Schnäbelkürzens bei Geflügel und des
Abschneidens der Schweine-Ringelschwänze ab dem Jahr 2015
angekündigt und hierzu eine Kommission eingesetzt. Nun würden auch
die Landkreise und der Niedersächsische Landkreistag weitere
Regelungen zur Verhinderung von Großmastanlagen einfordern.
AbL-Sprecher Eckehard Niemann wies darauf hin, dass die Landkreise Emsland, Oldenburg
und Vechta angesichts der Massierung von Großmastanlagen bereits einen
Genehmigungsstopp für Neuanlagen ausgesprochen hätten, bis die Antragsteller ausreichende
Keim- und Brandschutzgutachten vorlegen könnten. Auch die Region Hannover verlange
Brandschutzkonzepte, der Landkreis Aurich erlaube generell keine gewerblichen Anlagen
ohne ausreichende Futtergrundlage mehr. Landkreise wie Lüneburg oder Lüchow-
Dannenberg hätten sich gegen Agrarfabriken und für Bauernhöfe positioniert. Nun
genehmige auch der Landkreis Cloppenburg neue Stallbauten mit mehr als 2.000
Schweinemast- und mehr als 750 Sauenplätzen nur noch mit Abluft-Reinigungsanlagen. Auf
der Grundlage des geltenden Bau- und Immissionsschutz-Rechts, so Landrat Eveslage, sei der
Landkreis als Genehmigungsbehörde verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen schädliche
Umwelteinwirkungen sowie erhebliche Belästigungen für Allgemeinheit und Nachbarschaft
zu verhindern. Er empfahl Städten und Gemeinden, ihre Steuerungsmöglichkeiten über die
Bauleitplanung zu nutzen, um Stallbauten in freier Landschaft zu verhindern.
Auch der Niedersächsische Landkreistag hat vom Land eine Neuregelung beim Bau von
neuen Tierställen eingefordert. In Regionen wie dem Nordwesten sei die objektive Grenze
des Möglichen erreicht. Außerdem nehme die Akzeptanz für bestimmte Arten von
Tierhaltungsanlagen in weiten Teilen der Bevölkerung ab. Das geltende Recht biete keine
hinreichenden Möglichkeiten zur Grenzziehung. Die Landkreisversammlung forderte vom
Land Niedersachsen konkrete Vorgaben für die Genehmigung und den Bau von
Großmastanlagen. Auch der Bund müsse das Baurecht ändern.
Ministerpräsident McAllister bezeichnete es in einer Rede vor Junglandwirten im
emsländischen Lingen als fraglich, ob die gegebenen Steuerungsmöglichkeiten in Sachen
Mastställen noch ausreichten. Das Vorgehen des Landkreises Emsland sei „in der gegebenen
Situation nicht zu beanstanden“. Er warf die Frage auf, ob die Privilegierung für
großgewerbliche Tierhaltungsanlagen eingeschränkt werden müsse. Landwirtschaftliche
Anlagen mit ausreichender Futtergrundlage oder in Größenordnungen, die „als Betriebszweig
problemlos betrieben“ werden könnten, stünden nicht zur Diskussion.
Nach Einschätzung der AbL sind Agrarindustrie und Bauernverband zunehmend isoliert,
würden aber hinter den Kulissen ihren Druck auf die ihnen immer noch eng verbundene
CDU-FDP-Koalition erhöhen. Landvolk-Präsident Hilse, der im Aufsichtsrat von Europas
größtem Schlachtkonzern sitze, wolle offenbar vor allem das Kupier-Verbot bei Schweinen
verhindern, um damit die Haltung der Schweine auf Spaltenböden zu sichern. „Bei der
Haltung der Mastschweine auf Spaltenböden in engen Boxen beißen sich die gestressten
Tiere gegenseitig die Schwänze ab, deshalb ist diese Art der Haltung nur mit dem
Abschneiden der Schwänze möglich“ – so der AbL-Agrarindustrie-Experte Eckehard
Niemann: „Ohne Schwanzkupieren kann man Schweine nur noch auf Stroh, mit genügend
Platz und mit Auslauf halten, eine solche Haltung können nur bäuerliche Strukturen
gewährleisten, nicht aber Agrarfabriken.“
Die AbL forderte die Landesregierung auf, landesweit gegen den Neubau von Agrarfabriken
oberhalb der vorhandenen Grenzen des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes vorzugehen
(1.500 Schweinemast-, 560 Sauen-, 15.000 Geflügelplätze). Gleichzeitig müssten über neue
Nutztierhaltungs-Verordnungen die Forderungen der EU-Richtlinien nach einer artgerechten
Haltung mit genügend Platz auf Stroh und ohne Tierverstümmelung rasch durchgesetzt
werden.
Ein Programm für den Umbau auf solche Haltungsformen und auf Freilandhaltung stehe auf
der Tagesordnung. Niedersachsen solle seinen Einfluss nutzen, um solche Regelungen auch
bundes- und EU-weit auf den Weg zu bringen, zum Beispiel im Rahmen der EUAgrarreform. Eine solche Beschränkung der Tierhaltung auf mittelständische bäuerliche
Strukturen liege im Interesse der allermeisten Landwirte, weil dadurch die überschussproduzierende Konkurrenz der Agrarindustrie ausgeschaltet werde, weil durch die
Mengenreduzierung viel Spielraum für faire Erzeugerpreise geschaffen würde und weil
dadurch eine gesellschaftlich akzeptierte Tierhaltung gesichert sei. (AbL)
Schaumburger Nachrichten
06.04.2011 15:16 Uhr
Landkreis / Grüne
Ostendorff: Kein Steuergeld für Massentierhaltung
Bauernhöfe statt Agrarfabriken, regionale Märkte statt Fleischexporte: Was wie ein Relikt aus
vergangenen Zeiten anmutet, ist für Friedrich Ostendorff die Zukunft der Landwirtschaft in
Deutschland. Im Gespräch mit den SN plädierte der agrarpolitische Sprecher der
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Grünen für die Abkehr von einer auf Maximierung
angelegten, industriellen Agrarwirtschaft und kündigte einen Richtungswechsel in der
Agrarpolitik an.
Landkreis (kcg). „Wir wollen diesen Weg so nicht weitergehen“, erklärte Ostendorff mit
Blick auf die agrarpolitische Linie der schwarz-gelben Regierungskoalition. Indem CDU und
FDP weiterhin einseitig diejenigen Betriebe fördern, die „auf Masse und Export setzen“, trage
sie zur Expansion der Massentierhaltung bei und damit zum Ende der bäuerlichen
Landwirtschaft in Deutschland.
Mit den Grünen sei diese Art der Subventionierung nicht zu machen. „Jeder Bauer entscheidet
selbst, ob er am Weltmarkt mithalten will. Wer diesen Weg geht, darf aber nicht erwarten,
dass er weiterhin mit Steuergeld unterstützt wird“, sagte Ostendorff. Statt auf internationale
Absatzmärkte zu setzen, sehe er die regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte als
große Zukunftschance der Landwirtschaft.
Zudem sprach sich der Grünen-Politiker und Bio-Landwirt für eine
Erzeugungskennzeichnung der Lebensmittel aus: „Die Verbraucher von Eiern und Fleisch aus
Massentierhaltung sollten wissen, dass ihr Hühnchen aus einem Stall mit 40.000 Tieren
kommt und nicht, wie auf der Packung suggeriert, von einem Fachwerkhof“, betonte
Ostendorff. Schließlich habe schon die Kennzeichnung von Eiern aus Käfighaltung dazu
geführt, das diese quasi vom Markt verschwunden seien.
Ausgehend von einer breiten gesellschaftlichen Debatte über nachhaltige Landwirtschaft ist
sich Ostendorff sicher, dass die Agrarpolitik der Grünen den Nerv der Verbraucher trifft. Das
zeige im Übrigen die Wahl in Baden-Württemberg, bei der seine Partei auch im ländlichen
Bereich an Stimmen zulegen konnte. Auf europäischer Ebene lege er große Hoffnungen in die
Agrarreform. „Wir stehen mit EU-Agrarkommissar Ciolos in einem fruchtbaren Austausch.
Auch was die Debatte in Europa angelangt, bin ich sehr optimistisch, dass wir mehr Ökologie
in der Agrarpolitik durchsetzen können.“
Thüringer Allgemeine
Schlotheim: Moderne Entlüftung für neue Ställe
Den Vorwurf, sich nicht intensiv genug mit der Hähnchenmast im Ortsteil Hohenbergen
beschäftigt zu haben, müssen sich die Stadträte nicht gefallen lassen. Dem sehr detaillierten
Vortrag der Planer wurde am Montagabend interessiert zugehört, und es wurden viele Fragen
zum Projekt gestellt.
Schlotheim. Letztlich wurde das "gemeindliche Einvernehmen" zum Projekt erteilt. Der
Ortsteilrat Hohenbergen hat sich allerdings dagegen ausgesprochen, sagte
Ortsteilbürgermeisterin Petra Dlouhy. 80 000 neue Mastplätze entstehen und verdoppeln die
bisherige Zahl. Die Pläne für die Feuerlöschversorgung müssen noch überarbeitet werden. Für
die dann vier Ställe werden die Tiere auf einen Ritt an- und abgeliefert, hieß es.
Danach hatte sich Karsten Blaß erkundigt. Dass die Ausgleichspflanzungen in der Gemarkung
Körner erfolgen, sei eine Auflage der unteren Naturschutzbehörde, bekam Peter Schöler zur
Antwort. Ihm wurde auch erläutert, dass die Geruchsbelästigung trotz der zwei neuen Ställe
geringer als bisher sei. Ausgerüstet wird der Neubau nämlich mit einer modernen vertikalen
Entlüftung, die nachträglich auch in den beiden vorhandenen Ställen eingebaut wird,
berichteten die Planer.
ske / 30.03.11 / TA
NEUE WESTFÄLISCHE
GODELHEIM
Godelheimer gehen jetzt vor Gericht
Schweinemastanlage: Bürger wollen sich von der Stadt zugesagte Prozesskosten zurückholen
VON BURCKHARD HOEPTNER
Fühlen sich im Stich gelassen | FOTO: BURCKHARD HOEPTNER
Godelheim. Die vier Kläger gegen die genehmigte Schweinemastanlage am Radweg zwischen
Godelheim und Amelunxen wollen nicht mehr länger auf ihr Geld warten und in die
Offensive gehen. Wie die NW mehrfach berichtete, hatten sie sich auf Drängen von
Altbürgermeister Hermann Hecker bereiterklärt, gegen den Betrieb zu klagen, weil es die
Stadt selbst versäumt hatte.
1.100 Euro hatte die Stadt Höxter bereits gezahlt. Zwei Tage später wurde Hecker mit großem
Bahnhof in den Ruhestand verabschiedet. Seitdem sind die Zahlungen, Gesamtsumme 16.000
Euro, ausgeblieben. Denn niemand will etwas von der Zusage, die auch in einem
Aktenvermerk bei der Stadtverwaltung festgehalten ist, gewusst haben.
Jetzt richtet sich der Zorn der Godelheimer gegen den Ersten Beigeordneten Klaus
Schumacher, der die Amtsgeschäfte des Bürgermeister bis zur Neuwahl kommissarisch
weitergeführt hat und Stefan Fellmann, Rechtsamt, die nach Aussage der Kläger vom Hecker
angewiesen worden seien, den ersten fälligen Betrag auszuzahlen. Das sei auch geschehen.
Wenn die Stadt nicht die Restsummen zahlt, wollen die Godelheimer den Klageweg
beschreiten.
Gegen Fellmann und Schumacher, so gestern Dietmar Kanand, Wilhelm Benedix, die zu den
Klägern zählen, und Ortsausschussvorsitzender Hans-Josef Held, seien mittlerweile
Dienstaufsichtsbeschwerden eingereicht worden. Zur Dienstaufsichtsbewerde gegen Fellmann
hat Bürgermeister Alexander Fischer bereits Wilhelm Benedix geantwortet. Das Schreiben ist
für die Godelheimer Kläger ernüchternd. Darin heißt es unter anderem, dass Stefan Fellmann
schon seinerzeit dem damaligen Bürgermeister Hermann Hecker gegenüber seine rechtlichen
Bedenken vorgetragen habe. Es hätten weder eine Entscheidung des Rates noch eine
verpflichtende Erklärung zur Prozesskostenübernahme vorgelegen.
Zwar habe Fellmann die Anordnung Heckers befolgt, die erste Zahlung zu überweisen, da
Hecker die Angelegenheit zur Chefsache erhoben hatte. Fellmann habe jedoch nach Heckers
Entlassung in den Ruhestand keine Notwendigkeit mehr gesehen, weitere Zahlungen zu
leisten. Die Kläger sind schockiert.
Sie haben nicht nur über ihren Rechtsanwalt Akteneinsicht bei der Stadt beantragt, die sie
bislang nicht erhalten haben, sondern auch Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Ersten
Beigeordneten Klaus Schumacher "wegen Unwahrheit und Vertuschung im Amt" gestellt.
"Wir haben Grund zur Annahme, dass Herr Schumacher spätestens bei der Übernahme der
Amtsgeschäfte sowohl vom Rechtsamt als auch vom ausscheidenden Bürgermeister
unterrichtet wurde. Herr Schumacher hätte daher in seiner Amtszeit als
Übergangsbürgermeister die Kläger über die rechtlich problematische Verfahrensweise Herrn
Heckers unterrichten müssen. Durch sein Fehlverhalten hat er der Stadt, seinem Amt und den
Bürgern, die im guten Glauben für die Stadt als Dritte geklagt haben, schweren Schaden
zugefügt!", heißt es in der Begründung. Die Kläger Wilhelm Bendix, Dietmar Kanand, Dieter
Mauer und Angelika Wiesemeier fordern zudem, Klaus Schumacher wegen des
Versäumnisses der Klagefrist gegen den Schweinemastbetrieb zur Verantwortung zu ziehen.
Dadurch seien den Godelheimer Privatleuten erhebliche finanzielle Kosten entstanden.
CDU/CSU - Bundestagsfraktion
06.04.2011 | 13:56 Uhr
Holzenkamp: Für einen offenen Dialog zur Nutztierhaltung
Berlin (ots) - Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat am
Mittwoch einen Antrag der Grünen, der eine Überprüfung der intensiven Nutztierhaltung
verlangt, abgelehnt. Dazu erklärt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Franz-Josef Holzenkamp:
"Die Unionsfraktion im Bundestag hat den Antrag der Grünen abgelehnt, weil er außer
pauschalen Vorwürfen und Unterstellungen nichts zu bieten hat. Wir lassen es nicht zu, dass
die Tierhalter in der Landwirtschaft pauschal unter Generalverdacht gestellt werden. Wir sind
uns durchaus bewusst, dass die Entwicklung der Tierhaltung in einigen Regionen
Deutschlands die Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz erreicht hat. Deshalb treten wir
für einen ergebnisoffenen Dialog der Betroffenen vor Ort ein.
Hierzu gibt es bereits verschiedene Initiativen, z.B. den von Bundeslandwirtschaftsministerin
Ilse Aigner angestoßenen Diskussionsprozess um eine Charta für Landwirtschaft und
Verbraucher. Wir weisen aber auch auf die bereits bestehenden Gesprächskreise hin, etwa die
Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Landwirtschaftliche Erzeugung und Markt" oder die Initiative
von Landesagrarminister Gert Lindemann in Niedersachsen. Wir brauchen keine
Aufforderungen der Grünen. Wir haben längst begonnen.
Im Kern geht es den Grünen offensichtlich um die Frage, ob die Nutztierhaltung in
Deutschland noch eine Zukunft hat. Sie vergessen dabei, welchen erheblichen Beitrag die
Tierhaltung für die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe und damit auch für die
Arbeitsplätze und die Wertschöpfung in ländlichen Regionen erbringt. Bereits heute sind hohe
Standards bei Umweltschutz, Haltung, Fütterung, Transport oder Schlachtung einzuhalten. Sie
werden permanent weiterentwickelt. Darüber hinaus stellt sich angesichts der Forderungen
der Grünen die Frage, ob wir den Kommunen ihre Planungsrechte rauben wollen. Die
Unionsfraktion wird sich dieser Forderung aus guten Gründen nicht anschließen."
Pressekontakt:
CDU/CSU - Bundestagsfraktion
Pressestelle
Telefon: (030) 227-52360
Fax:
(030) 227-56660
Internet: http://www.cducsu.de
Email: [email protected]
Vier Pfoten: weniger Fleisch ist gesund für Mensch, Tier und
Umwelt
Published on April 6, 2011 by lifepr · No Comments
(lifepr) Hamburg, 06.04.2011 – Zum Weltgesundheitstag am 7. April erinnert die
internationale Tierschutzorganisation VIER PFOTEN die Konsumenten daran, dass Fleisch
zu den gesundheitsschädlichsten Lebensmitteln gehört. Es ist nachweislich für die am
weitesten verbreiteten Zivilisationskrankheiten und Haupttodesursachen verantwortlich. Doch
Tierprodukte sind auch ungesund für unser Klima: Bereits mehrere internationale Studien
belegen, dass Massentierhaltung – aus der über 90 Prozent des Fleisches stammen – der
größte Verursacher des Klimawandels ist. Dass Massentierhaltung auch ungesund für die
Tiere ist, versteht sich von selbst. “Die Menschen haben die geistige Verbindung zwischen
dem Tier auf der Wiese und dem Stück Fleisch auf dem Teller verloren”, betont Johanna
Stadler, Geschäftsführerin von VIER PFOTEN. “Viele verdrängen die Tatsache, dass das,
was sie gerade zu sich nehmen, einmal gelebt und gefühlt hat.”
Heute weiß man, dass der Konsum von Fleischprodukten zu Bluthochdruck, HerzKreislauferkrankungen, Schlaganfällen und bestimmten Krebsarten führen kann. VIER
PFOTEN fordert daher ein Umdenken nicht nur seitens der Konsumenten: “Bei der
Forschung zu Tierversuchsalternativen ist die so genannte 3R-Methode verbreitet:
Reduce, Refine, Replace. Dies lässt sich auch auf den Fleischkonsum und die
Fleischproduktion umlegen”, betont Stadler abschließend:
1. Reduce: Viele Ernährungsexperten empfehlen eine Reduktion des Fleisch- und
Wurstkonsums auf maximal drei Portionen pro Woche
2. Refine: Massentierhaltung muss Schritt für Schritt durch Freilandhaltung ersetzt werden
3. Replace: Schmackhafte pflanzliche Fleisch- und Wurstprodukte gibt es in immer größerer
Auswahl in immer mehr Supermärkten.
Mehr Informationen unter http://www.vier-pfoten.de/klimakiller
TOP AGRAR
Deutsche Hähnchenmäster weiter auf Wachstumskurs
[04.04.2011]
Die deutschen Geflügelmäster geben weiter mächtig Gas. Nach Angaben der „Marktinfo
Eier & Geflügel“ (MEG) lag die Bruttoeigenerzeugung 2010 bei rund 1,59 Mio. t, womit im
vierten Jahr in Folge eine Rekordmenge produziert wurde. Seit 2006 wuchs die
Geflügelfleischerzeugung in Deutschland um 34,0 %. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die
Nachfrage der Bundesbürger nach Geflügelfleisch um 14,4 %. Der durchschnittliche ProKopf-Verbrauch belief sich 2010 auf 19,3 kg; das waren 500 g mehr als im Vorjahr. Mehr
gefragt war vor allem Hähnchenfleisch.
Sehr dynamisch entwickelte sich im vergangenen Jahr der Export von deutschem
Geflügelfleisch: Ausgeführt wurden 683.100 t, was gegenüber 2009 einer Steigerung um rund
12 % entspricht. (AgE)
NRW scheitert mit Verkürzung der Transportzeiten
[04.04.2011]
Nordrhein-Westfalens Agrarminister Johannes Remmel bedauert, dass sich die Bundesländer
auf der Agrarministerkonferenz am Freitag in Jena nicht auf eine einheitliche Linie zum
Tierschutz in Europa einigen konnten. Sein Vorschlag, die maximale Transportzeit für
Schlachttiere strikt auf acht Stunden zu begrenzen, wurde nicht in die Beschlüsse
übernommen. „Tierschutz hat Verfassungsrang, das müssen wir uns immer wieder vor Augen
führen. Es ist sehr bedauerlich, das einige Bundesländer nicht den Mut haben, sich aktiv für
den Tierschutz einzusetzen“, erklärte Remmel anschließend. „Ich erwarte hier auch mehr
Unterstützung von Ministerin Aigner, die in ihrer Funktion als Ankündigungsministerin ihren
Plänen zu mehr Tierschutz keine Taten folgen lässt. Dabei bedeuten mehr Rechte für Tiere
auch mehr Schutz für den Verbraucher.“
Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Agrarministerkonferenz war die Ausgestaltung der
gemeinsamen EU-Agrarpolitik nach dem Jahr 2013. Der Forderung Nordrhein-Westfalens die
EU-Direktzahlungen an Landwirte stärker an Klima-, Umwelt-, Natur- und
Tierschutzbelangen auszurichten, wurde in Teilen in einen gemeinsamen Beschluss
aufgenommen. Der Minister zeigte sich erfreut, dass seine Forderung nach dem Grundprinzip
„öffentliches Geld für öffentliche Güter“ verabschiedet werden konnte und sich Deutschland
aktiv an der Diskussion um die Einführung einer „Ökologisierungskomponente“ beteiligen
soll. Weitere konkrete Vorschläge Nordrhein-Westfalens wurden in folgenden
Protokollerklärungen formuliert:
Protokollerklärung des Landes Nordrhein-Westfalen:
1. Um die europäischen Biodiversitätsziele zu erreichen, sollen die Rahmenbedingungen
für die 1. Säule um einen betriebsbezogenen Anteil von ökologischen Vorrangflächen
ergänzt werden. Der vom Sachverständigenrat für Umweltfragen vorgeschlagene Wert
von 10 % kann hierfür als Orientierungswert dienen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen spricht sich zur Verstärkung des Klimaschutzes für
einen Klima-Check für landwirtschaftliche Betriebe aus. Mittlere und größere Betriebe
sollten die Durchführung einer Beratung über Klimaschutzmaßnahmen (Klima-Check)
nachweisen.
3. Das Land Nordrhein-Westfalen setzt sich für eine Umstrukturierung der Förderung
auch mit dem Ziel der Stärkung der 2. Säule und eine höhere EU-Kofinanzierung für
die 2. Säule ein.
4. Das Land Nordrhein-Westfalen spricht sich nachdrücklich dafür aus, dass im Rahmen
der 2. Säule auch die Trittstein- und Vernetzungsbiotope, die als Kohärenzgebiete der
Sicherung des Natura 2000 - Netzwerkes dienen, vollständig in die Förderung
einbezogen werden.
5. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstreicht die Notwendigkeit verlässlicher
Direktzahlungen und ermutigt den Agrarkommissar, sich vor diesem Hintergrund für
die Ziele der Nachhaltigkeit, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Förderung
des ländlichen Raums als wichtige Elemente des Europäischen Agrarmodells
einzusetzen.
Die Länder Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland sind der
Auffassung, dass bei der Weiterentwicklung der Direktzahlungen zur Honorierung der durch
die Landwirtschaft erbrachten Öffentlichen Güter ein Leistungsbezug hergestellt wird und den
unterschiedlichen Betriebsstrukturen und Betriebsformen in geeigneter Weise Rechnung
getragen werden sollte.
Weitere Beurteilungen der Agrarministerkonferenz:
Bayern zufrieden mit Ergebnissen der Agrarministerkonferenz (1.4.2011)
Lindemann drängt auf Vereinfachung der GAP (1.4.2011)
Aigner: Minister setzen sich für zuverlässige Agrarpolitik in Europa ein (1.4.2011)
Rumpf: Beschlüsse zu Agrarpolitik und erneuerbaren Energien (1.4.2011)
Backhaus fordert progressive Diskussion der europäischen Agrarpolitik (1.4.2011)
Kupfer: Übergangsregelungen für Agrarumweltmaßnahmen (1.4.2011)
Thüringen fordert von der EU eine verlässliche Agrarpolitik (1.4.2011)
Klimaexperten erwarten vermehrt Bodenerosionen und Ernteausfälle
[04.04.2011]
In Zukunft können häufigere Starkniederschläge zu verstärkten Bodenerosionen führen und
punktuell sogar ganze Ernten vernichten. Zu diesem Ergebnis sind mehrere Studien
gekommen, die das Landwirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben
hatte und die nun auf dem Symposium „Es wird wärmer! Auswirkungen des Klimawandels
auf Böden und Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ in Bonn vorgestellt worden sind.
Dort stellten die Wissenschaftler zudem fest, dass auch in der entfernter liegenden Zukunft
durch weiter steigende Temperaturen längere Dürreperioden im Sommer zu erwarten sind.
„Mit einer ambitionierten Klimaschutzpolitik wollen wir helfen, den Klimawandel zu
stoppen“, betonte Landwirtschaftsminister Johannes Remmel. Gleichzeitig müsse man sich
aber auf die nicht mehr abwendbaren Klimafolgen einstellen, auch in der Landwirtschaft, so
der Ressortchef.
Auf dem Symposium stellten die Experten darüber hinaus mögliche Anpassungsmaßnahmen
für die Landwirtschaft vor. Beispielsweise helfe gegen die zunehmenden Bodenerosionen
durch Starkregen, die Ackerflächen ganzjährig durch Pflanzen oder Mulch zu bedecken und
auf den Einsatz schwerer Maschinen auf feuchten Böden zu verzichten. Außerdem könnten
die langfristig trockener werdenden Sommer in Zukunft den Einsatz von
Bewässerungsanlagen nötig machen. Das komme gerade für alle Regionen mit sandigen
Böden in Frage, die nicht ausreichend Wasser für regenarme Phasen speichern könnten. Das
Düsseldorfer Ministerium hat zu den Auswirkungen des Klimawandels und zu den möglichen
Anpassungsmaßnahmen die beiden Broschüren „Klimawandel und Boden“ und
„Klimawandel und Landwirtschaft“ erstellt.
Download der Broschüren
Atomausstieg nicht ohne Folgen für die Landwirtschaft
[04.04.2011]
Der von der Bundesregierung gewollte schnellere Umstieg auf erneuerbare Energien dürfte
nicht ohne Folgen für die Landwirtschaft bleiben. So erwartet beispielsweise der Präsident des
Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT), Helmut Wulf, dass die nachwachsenden Rohstoffe
durch den Ausstieg aus der Kernenergie stärker in den Fokus rücken.
„Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass die Biomasse noch mehr als bisher zur
Kraftstoff- und Energieproduktion herangezogen wird“, erklärte Wulf am vergangenen
Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Der Kampf um die Fläche werde weiter an Dynamik
gewinnen. Laut einer Branchenprognose der Agentur für erneuerbare Energie steigt die
Stromerzeugung aus Biomasse bis 2020 gegenüber dem vergangenen Jahr um 61 % auf
54 Terreawattstunden (TWh). Zugleich würden laut den Erwartungen knapp 20 % der aus
regenerativen Quellen erzeugten Elektrizität von 278 TWh aus nachwachsenden Rohstoffen
stammen. Die Branche erwartet, dass 2020 etwa 47 % des deutschen Stroms aus erneuerbaren
Energien kommt, nach 17 % im vergangenen Jahr.
Als Votum für den Ausstieg aus der Kernenergie wertete der Fachverband Biogas (FvB) das
Ergebnis der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. „Die Menschen
haben verstanden, dass die Atomkraft nicht beherrschbar und ein vollständiges Ersetzen durch
erneuerbare Energien in Deutschland spätestens bis 2020 möglich ist“, erklärte FvBPräsident Josef Pellmeyer in Reaktion auf die Abwahl der schwarz-gelben Landesregierung
in Stuttgart und die massiven Stimmgewinne der Grünen im Ländle wie auch im benachbarten
Rheinland-Pfalz.
Mit Blick auf die 2011 anstehende Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) warnte
der FvB-Präsident vor einem „völligen Systemwechsel“. Anhand der mit dem EEG 2009
gesammelten Erfahrungen sei die gezielte Veränderung einiger Stellschrauben, beispielsweise
des Güllebonus, notwendig. Eine rohstoffbezogene Vergütung, die weiterhin den
wirtschaftlichen Einsatz von Energiepflanzen und Gülle beziehungsweise Mist in
standortangepassten Biogasanlagen ermögliche, sei Voraussetzung für den weiteren Ausbau
der Biogasnutzung. Aber nicht nur beim Strom, sondern auch in der Wärmeversorgung und
bei den Kraftstoffen gelte es, den Anteil erneuerbarer Energie deutlich zu erhöhen. Biogas
spiele dabei eine wichtige Rolle. Der Fachverband forderte, auch der wichtige Bereich der
Biogaseinspeisung müsse durch einen verlässlichen Rechtsrahmen verstärkt vorangetrieben
werden. (AgE)
Gülle soll auch künftig nicht als Abfall gelten
[04.04.2011]
Die Bundesregierung will Wirtschaftsdünger auch künftig generell nicht dem Abfallrecht
unterstellen, wenn sie den Anforderungen des Düngemittelrechts entsprechen. Nach dem
Entwurf zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, den das Bundeskabinett am
vergangenen Mittwoch beschlossen hat, soll dies auch dann gelten, wenn beispielsweise Gülle
in Biogasanlagen eingesetzt und vergoren wird und die Gärreste anschließend ausgebracht
werden.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Fachverband Biogas (FvB) hatten im Vorfeld
vor den gravierenden Folgen einer Einstufung von Gülle als Abfall beim Einsatz in
Biogasanlagen gewarnt. Nach Fachverbandsschätzungen hätte fast die Hälfte der rund 6 000
Biogasanlagen ihre Genehmigungen anpassen oder aber mindestens zusätzliche abfall-,
wasser- und düngerechtliche Anforderungen beim Betrieb und Einsatz des aufgewerteten
Gärproduktes einhalten müssen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium war dieser
Argumentation gefolgt und hatte sich gegen Widerstände aus dem Umweltressort
durchgesetzt.
Nach der Neuregelung soll ferner sichergestellt werden, dass Landschaftspflegeholz nicht als
Abfall eingestuft, sondern dem Holz aus der Forstwirtschaft gleichgestellt wird. Damit bliebe
Landschaftspflegeholz wie Materialien aus der Land- und Forstwirtschaft aus dem
Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ausgeschlossen. Dies gilt als
entscheidende Voraussetzung für eine verstärkte energetische Verwertung von
Landschaftspflegeholz, an der insbesondere Kommunen und Landkreise großes Interesse
haben.
Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat und danach dem Deutschen Bundestag
zugeleitet. Das Gesetz bedarf der Zustimmung der Länderkammer.
CRV wächst in Brasilien
[04.04.2011]
Die niederländische Zuchtorganisation CRV hat Ende März den brasilianischen
Spermaanbieter Central Bela Vista übernommen.
Das teilte das Unternehmen in einer Pressemitteilung mit. Central Bela Vista ist eine der
bedeutendsten Spermaanbieter in Brasilien. Gehandelt wird sowohl Sperma der Rasse
Holstein als auch Sperma brasilianischer Kuhrassen. Mit der Übernahme kann CRV nun auf
dem brasilianischen Markt insgesamt 3,6 Mio. Spermadosen anbieten. Der Marktanteil steigt
damit auf ca. 35 %. CRV sieht in der Übernahme einen wichtigen Beitrag, um noch stärker
vom wachsenden Markt bei der künstlichen Besamung in Brasilien zu profitieren.
Das neue Unternehmen heißt CRV Bela Vista. Das bisherige Spermageschäft solle künftig
ausgebaut werden. Außerdem ist geplant, gesextes Sperma zu produzieren und anzubieten.
CRV ist schon seit 1998 in Brasilien aktiv. Damals wurde die Zuchtorganisation Lagoa da
Serra übernommen, heute unter CRV Lagoa bekannt. 2009 übernahm CRV 50 % der Anteile
an Sexing Technologies Brazil.
Agrarminister finden 500 kW-Gülleanlagen klein
[05.04.2011]
Die Agrarministerkonferenz hat sich für Veränderungen am Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) ausgesprochen, das dieses Jahr zur Novellierung ansteht. In einem am
vergangenen Freitag in Jena gefassten Beschluss befürworteten die Minister, den Bau
„kleiner güllebasierter Anlagen bis 500 kW stärker zu unterstützen“.
Gülleanlagen könnten bei Ausnutzung des vorhandenen Güllepotentials durch die
Verminderung der Methanemissionen deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten. Eine
500-kW-Anlage wird heutzutage vor allem mit nachwachsenden Rohstoffen und
gegebenenfalls zusätzlich mit Gülle betrieben, schon weil der Energiegehalt der
Exkremente eigentlich zu gering ist, um damit eine 500-kW-Anlage komplett oder
weitgehend zu betreiben. Hinzu kommt die Frage der Transportwege. Gerade die
Kopplung des bisherigen Güllebonus mit dem Bonus für nachwachsende Rohstoffe
(Nawaro-Bonus) in kleineren bis mittelgroßen Anlagen war in den vergangenen
Monaten in Politik und Wirtschaft als Fehlanreiz kritisiert worden.
In dem Beschluss setzt sich die Agrarministerkonferenz außerdem dafür ein, die
Einspeisevergütung so zu gestalten, dass vorrangig Biogasanlagen mit einer
Gasaufbereitung und -einspeisung oder mit einer marktfähigen Kraft-Wärme-Nutzung
zu betreiben sind. Zudem sollen Impulse gesetzt werden, um die bei der
Stromerzeugung anfallende Wärme besser auszunutzen. Auch die Anreize zur
Direkteinspeisung von Biogas aus landwirtschaftlichen Anlagen ins Erdgasnetz seien zu
stärken.
Mit der Forderung nach einer deutlichen Vereinfachung der Vergütungsregeln nahmen
die Minister die Kritik am Boni-Wildwuchs im EEG auf. Sie befürworten außerdem
eine verstärkte Forschung zu alternativen Energiepflanzen. Geprüft werden soll nach
ihrem Willen, wie beispielsweise durch Anreize innerhalb des Nawaro-Bonus diese
alternativen Kulturen vermehrt bei der Biogaserzeugung Einzug finden könnten. Mit
dieser Anregung gehen die Länderchefs auf Bedenken am vermehrten Maisanbau in
bestimmten Regionen ein. Die EEG-Novelle ist im Bundesrat nicht
zustimmungspflichtig. Die Länderkammer könnte bei Konflikten mit dem Bundestag
über eine Verzögerungstaktik aber trotzdem Druck ausüben, denn der Zeitplan für die
EEG-Novelle ist sehr eng gesteckt.
Salmonellen: Abzüge für Kategorie III-Betriebe
[05.04.2011]
Einige nordwestdeutsche Schlachtunternehmen gehen inzwischen dazu über,
Schlachtschweine aus Betrieben mit dem Salmonellenstatus der Kategorie III mit
Preisabzügen zu bestrafen, meldet die ISN. Die Westfleisch zum Beispiel soll Kat. IIIBetriebe mit einem Preisabzug von bis zu 3 Cent je kg Schlachtgewicht belegen. Und Danish
Crown im ehemaligen D&S-Schlachthof in Essen/Oldenburg geht nach ISN-Informationen
sogar noch einen Schritt weiter gehen. Hier soll man seit einigen Wochen überhaupt keine
Schweine mehr annehmen, die aus Kategorie III-Betrieben stammen. Die ISN kritisiert dieses
Vorgehen aufs Schärfste, zumal die Einschleppungsursachen, die Verbreitung im Betrieb und
die genaue Bekämpfung der Salmonellen noch nicht hinreichend geklärt seien.
Französische Bauern blockieren Einfuhren aus Spanien
[05.04.2011]
Um die heimische Produktion zu stützen, haben sich die französischen Schweinehalter und
Verarbeiter nach langwierigen Verhandlungen jetzt auf die Nutzung des Herkunftslogos
„Viande Porcine de France“ (VPF) verständigt. Vorab seien allerdings noch einige technische
Einzelheiten zu regeln. Und auch die Höhe der Wertschöpfung für die Produzenten müsse
noch ausgehandelt werden. Zurzeit orientiere sich das Logo an einem Lastenheft der Branche,
das für die Schweineproduzenten einen Mehrwert von 2 Cent je kg Schlachtgewicht vorsehe.
Der Verband der Schweineproduzenten knüpft hohe Erwartungen an das VPF-Logo, stellte
jedoch klar, dass eine flächendeckende Herkunftsgarantie noch eine Weile in Anspruch
nehmen werde.
Die französische Schweineproduzenten ihrerseits überprüfen bereits seit Mitte Februar die
bisherige Umsetzung des Logos VPF in den Fleisch- und Wurstwarenabteilungen des
Großflächenhandels. Aufgrund ihrer katastrophalen wirtschaftlichen Situation fordern sie
einen Stopp von Schweinefleischeinfuhren. Wiederholt haben sie in letzter Zeit Transporter
mit spanischer Ware blockiert. Dies sorgt wiederum für Ärger bei den Schweinehaltern in
Spanien. Das Madrider Landwirtschaftsministerium machte deutlich, Verstöße gegen den
freien Warenverkehr innerhalb der EU nicht zu dulden. Sie hat bereits einen entsprechenden
Vorstoß in Brüssel gemacht. (AgE)
AbL und Umweltverbände präsentieren radikales Prämienmodell
[06.04.2011]
Anlässlich des Besuchs von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos heute in MecklenburgVorpommern hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zusammen mit
einigen Umweltverbänden das Bündnis "Meine Landwirtschaft" vorgestellt.
Nach Angaben der Norddeutschen Neuesten Nachrichten fordern die Verbände darin einen
radikalen Wechsel in der Agrarförderung. Der AbL-Vorsitzende Friedrich Wilhelm Graefe zu
Baringdorf sagte dazu gestern in Schwerin, mit der Agrarreform müssten die Direktzahlungen
gerechter und ökologischer ausgestaltet werden. Künftig dürften nicht mehr die Betriebe
"belohnt werden, die den ländlichen Raum entvölkern und von der Wertschöpfung
abkoppeln", sondern jene Agrarbetriebe, die Arbeit anbieten. Das System, von dem die am
meisten profitieren, die so viel wie möglich rationalisieren und Arbeitskräfte entlassen, müsse
beendet werden.
Graefe zu Baringdorf fordert eine Obergrenze von 150 000 Euro je Betrieb. Wer 100 % der
Subventionen erhalten wolle, müsse sich an Standards halten. So solle die volle Beihilfe nur
gezahlt werden, wenn eine vernünftige Fruchtfolge eingehalten werde und eine Kultur nicht
mehr als höchstens 50 % der Ackerfläche einnehme. Darüber hinaus müssten Leguminosen
wie Ackerbohnen, Erbsen oder Kleegras als Gesundungsfrüchte mindestens 20 % ausmachen,
schlägt das Bündnis vor. Wer das nicht einhalten will, der solle 30 % seiner gesamten
Betriebsprämie verlieren. 10 % der Agrarfläche eine Betriebes sollten zudem für den
Artenschutz reserviert werden.
Sonnleitner beklagt fehlende Sachkenntnis bei Politikern
[06.04.2011]
Mangelnde Sachkenntnis der politischen Entscheidungsträger hat DBV-Präsident Gerd
Sonnleitner beklagt. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Details der EU-Agrarpolitik
den meisten Mitgliedern des Bundestages überhaupt nicht mehr geläufig sind“, sagte
Sonnleitner bei einer Veranstaltung zum 20-jährigen Bestehen des Bauernverbandes
Mecklenburg-Vorpommern in Neubrandenburg.
So reklamierten Umwelt- und Naturschützer ungeniert Milliarden zugunsten von
Extensivierung und Artenschutz. Sie attackierten Agrarindustrie und Massentierhaltung „und
wissen gar nicht, wovon sie reden“. „Wir halten jetzt schon schärfste Umweltauflagen für
Wasser, Boden und Luft ein“, erklärte der DBV-Präsident.
Er bekräftigte zugleich seine Vorbehalte gegen die von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse
Aigner angestrebte „Charta für Landwirtschaft und Verbraucher“, die diese ausgerechnet mit
massiven Verschärfungen im Tierschutz beginnen wolle. Sonnleitner: „Man muss kein Freund
moderner Tierhaltungen sein. Man sollte sich die Entwicklung aber genau anschauen.“ So sei
ein Boxenlaufstall für die Rinder garantiert besser als die früher übliche Anbindehaltung.
Moderne tiergerechte Ställe setzten Schweine, Legehennen und Puten weniger Stress aus als
die älteren Anlagen.
Der Präsident betonte erneut die Bereitschaft des Verbandes zu weitergehenden
Tierschutzanforderungen. Beispielsweise habe der Berufsstand auf europäischer Ebene
angeboten, bis 2018 ganz auf Ferkelkastration zu verzichten. In anderen Bereichen sei die
Richtung klar: „Wir wollen weg vom Töten der männlichen Legehennenküken, vom
Schwänzekürzen bei den Ferkeln bis hin zum Enthornen der Kälber.“ Voraussetzung dafür
seien Forschung und Entwicklung, Züchtung sowie angepasste Fütterung. „Das alles erfordert
Zeit - und die muss man uns jetzt auch geben“, mahnte Sonnleitner. (AgE)
Bauernverbände: Lage für EU-Tierhalter spitzt sich dramatisch zu
[22.03.2011]
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften
(COGECA) warnen vor dem Hintergrund hoher Betriebsmittelkosten und geringer
Erzeugerpreisen vor einer weiteren Zuspitzung der Lage der EU-Tierhalter.
COPA und COGECA forderten die Europäische Kommission auf, für eine bessere
Funktionsweise der europäischen Wertschöpfungskette zu sorgen.
Die Branchenvertreter argumentieren, dass der Markt zunehmend volatil werde und die von
den Produzenten zu tragenden Betriebsmittelkosten für Düngemittel, Kraftstoff und
Futtermittel auf nicht tragbare Preisniveaus angestiegen seien. Das gefährde die
Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Betriebe.
Darüber hinaus nähmen Importe aus Nicht-EU-Ländern zu, obwohl diese nicht dieselben
Produktionskosten hätten und nicht die strengen EU-Normen im Bereich der
Lebensmittelsicherheit, des Tierschutzes und des Umweltschutzes einhielten.
Die Produktionskosten im südamerikanischen Rindfleischsektor werden von COPA und
COGECA auf 73 Euro bis 81 Euro pro Dezitonne Lebendgewicht beziffert, also auf rund ein
Drittel der Produktionskosten in Italien oder Frankreich.
COPA-/COGECA-Generalsekretär Pekka Pesonen warnte vor schwerwiegenden
Konsequenzen nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die europäische
Ernährungssicherheit. Die Kommission müsse deshalb sicherstellen, dass die Landwirte
bessere Erlöse über den Markt erwirtschafteten.
Pesonen forderte mehr Transparenz und eine genauere Untersuchung, wie sich Preise und
Gewinnspannen entlang der Lebensmittelkette verteilen. Ferner müsse das europäische
Wettbewerbsrecht angepasst werden, um es Erzeugerorganisationen wie Genossenschaften zu
ermöglichen, an Größe und Einfluss zuzunehmen und zu einer ausgewogeneren
Lebensmittelkette beizutragen. AgE
KTBL-Tagung in Münster
[08.04.2011]
Unter das Motto „Zukunftsorientiertes Bauen für die Tierhaltung“ hat das Kuratorium für
Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) seine Jahrestagung 2011 gestellt.
KTBL-Präsident Prof. Dr. Thomas Jungbluth prognostizierte zur Eröffnung des zweitägigen
Fachkongresses in Münster, NRW, weiteres Wachstum bei den landwirtschaftlichen
Betrieben in Deutschland. Zugleich wird seiner Ansicht nach die Technisierung und
Automatisierung in der Nutztierhaltung weiter deutlich zunehmen. „Wir brauchen also auch
in Zukunft neue technische Innovationen“, forderte Jungbluth in seiner Rede. „Der effiziente
Einsatz von Arbeitszeit ist für den betriebswirtschaftlichen Erfolg Grundvoraussetzung.“ Ein
zentrales Thema des Fachprogramms war die Frage der richtigen Standortwahl für
Tierhaltungsanlagen. Prof. Dr. Wilhelm Söfker aus Bonn machte in seinem Vortrag klar, dass
die Gemeinden Steuerungsmöglichkeiten bei Stallbauplänen haben. Und von diesen
Möglichkeiten machen sie mehr und mehr Gebrauch. Das gilt vor allem bei gewerblichen
Stallbauten, die in einigen deutschen Landkreisen bereits über 90 % der Stallbauvorhaben
ausmachen.
Gruppenhaltung von Sauen: Die Zeit wird knapp
[08.04.2011]
Ab 2013 müssen Sauen in der EU in der Gruppe gehalten werden. Als die
Nutztierhaltungsverordnung 2006 in Deutschland in Kraft getreten ist, betraf diese Regelung
zunächst nur Ställe, die von dem Zeitpunkt an neu gebaut bzw. umgebaut wurden.
Zum Ende nächsten Jahres laufen nun alle entscheidenden Übergangsfristen ab – auch für die
älteren Sauenställe, schreibt Dr. Karl-Heinz Tölle, Chefredakteur vom WochenblattWestfalen-Lippe in seinem aktuellen Kommentar. In der Hoffnung, dass diese
Gesetzesvorgabe noch kippen könnte, haben anfangs noch viele Bauern auf Zeit gesetzt. Nun
ist aber klar, in weniger als zwei Jahren ist Gruppenhaltung für Sauen Pflicht.
Bundesagrarministerin Ilse Aigner habe erst letzte Woche klargemacht, dass es keinen Weg
zurück gebe.
Angaben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zufolge haben in den
Veredlungsregionen Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein etwa 60 %
der Landwirte die Vorgaben heute schon umgesetzt. Niederländische und dänische Bauern
bewegen sich auf vergleichbarem Niveau. Nachholbedarf besteht in Süddeutschland, wo nur
40 % der Sauenbetriebe nach heutigem Stand den Vorgaben ab 2013 genügen.
Geradezu erschreckend ist der Blick nach Frankreich und Spanien, so Dr. Tölle weiter. Zwei
Drittel der französischen und 90 % der spanischen Betriebe haben ihre Hausaufgaben noch
nicht gemacht. Er warnt davor, dass es hier wieder so laufen könnte, wie bei der Käfighaltung
von Legehennen. Deutschland ist Musterknabe und die anderen profitieren am Ende von
Sonderwegen und Ausnahmen.
„Der Strukturwandel in der Ferkelerzeugung wird vorangetrieben, denn auch wenn bisher
kein Handlungsbedarf zur Veränderung des Betriebes bestand, die Verordnung zwingt die
Bauern dazu“, stellt der Agrarfachmann zudem fest. Für viele Betriebe heißt es nun schon
wieder: wachsen oder weichen. Diese Verordnung ist seiner Meinung nach ein weiteres
Beispiel dafür, wie der Strukturwandel durch politisch motivierte Auflagen vorangetrieben
wird. (ad)
Weniger Gülle aus den Niederlanden
[07.04.2011]
Die Niederlande haben im vergangenen Jahr deutlich weniger Gülle exportiert. Insgesamt
waren es 2010 rund 388.267 Tonnen und damit 45 % weniger als im Vorjahr. Bezogen auf
den Phosphorgehalt betrug der Rückgang hingegen nur 19 %, denn die Exportgülle wies im
vergangenen Jahr einen deutlich höheren TS-Gehalt auf als 2009. Hauptabnehmer ist
inzwischen Belgien und nicht mehr Deutschland, meldet das niederländische Fachblatt
Agrarisch Dagblad. Marktexperten führen den Rückgang auf die gesunkenen
Kunstdüngerpreise zurück, die die niederländische Gülle für deutsche Ackerbauern weniger
attraktiv machten. Die neuen Auflagen zur Drucksterilisation importierter Gülle sollen auf die
Exportzahlen hingegen noch keinen Einfluss gehabt haben. Denn die Auflagen traten erst
gegen Ende des hier erfassten Zeitraums in Kraft.
AGRARZEITUNG
8. April 2011
Campofrio steht vor Übernahme
Der weltgrößte Fleischverarbeiter Smithfield Foods will weitere Anteile des spanischen
Wettbewerbers Campofrio Food übernehmen. Den Angaben des Unternehmens zufolge bietet
der Schweinezucht- und Schweinefleischverarbeitungskonzern mit Firmensitz in Virginia,
USA, 9,50 € je Campofrio-Aktie. Bislang hält Smithfield Foods 37 Prozent an dem
spanischen Fleischproduzenten. Weitere 50 Prozent sollen nun hinzukommen.
Im 3. Quartal hatte Smithfield Foods einen Gewinnsprung erzielt und dabei unter anderem
von einer gestiegenen Nachfrage nach Schweinefleisch profitiert. (kbo)
[ » ah nachrichten für die Landwirschaft » Schwein » Aus der Wirtschaft » SmithfieldWeltmarktfuehrer ]
Freitag, 08.04.2011
Aus der Wirtschaft | 08.04.2011
Smithfield strebt Weltmarktführerschaft an
Washington - Smithfield Foods will weitere Anteile an Campofrio Foods erwerben. Ziel ist
es, die Weltmarkführerschaft für abgepackte Fleischwaren zu erreichen.
Smithfield strebt Weltmarktführerschaft an
Smithfeld Foods, der größte Schweinefleischerzeuger in den USA, führt derzeit Gespräche
mit der Campofrio Food, dem größten europäischen Hersteller von verarbeiteten
Fleischprodukten, um weitere 50 Prozent an dem spanischen Unternehmen zu erwerben, bzw.
seinen derzeitigen Anteil von 37 auf rund 87 Prozent aufzustocken. Der Wert des 50 ProzentAnteils an Campofrio wird laut Dow Jones auf 700 Millionen US-Dollar (rund 491 Millionen
Euro) geschätzt. Smithfeld will diese Summe mit Hilfe vorhandener Liquidität und
Kapitalmarktfinanzierungen stemmen, wie das Unternehmen weiter mitteilte.
Synergieeffekte erhofft
"Die Akquisition von Campofrio würde sich in die langfristige Strategie von Smithfeld
einfügen, ein Weltmarktführer bei abgepackten Fleischwaren für Endkunden zu werden",
sagte Larry Pope, Vorstandsvorsitzender von Smithfeld Foods. Man erwarte von der
Übernahme Synergieeffekte sowohl im internationalen als auch im US-Geschäft,
beispielsweise im Verkauf, in der Verarbeitung und bei der Rohstoffbeschaffung. Sollte das
Geschäft zum Abschluss kommen, könnte Smithfelds die Verarbeitungsbetriebe von
Campofrio mit Rohstoffen aus seinen osteuropäischen oder US-Schweinefleischfabriken
beliefern, wie Vertreter des US-Konzerns erklärten. Da die Schinkenpreise in Europa
wesentlich höher sind, könnte Smithfeld somit weitere Wertschöpfung schaffen.
Fokus auf verarbeitete und verpackte Fleischprodukte
Der US-Konzern hatte jüngst seinen Fokus stärker auf verarbeitete und verpackte
Fleischprodukte gerichtet, während er gleichzeitig seine Geschäftstätigkeit in der
Schweinefleischproduktion etwas zurückfährt. Die Ausweitung des Engagements bei
Campofrio stellt einen einmaligen und strategischen Schritt dar, um auf dem europäischen
Markt zu expandieren, sagte Stephen Share, Analyst bei Morgan Joseph TriArtisan. Das
Hauptaugenmerk von Smithfeld Foods werde aber weiterhin dem Schuldenabbau gelten und
nicht dem großangelegten Einstieg in mögliche Akquisitionen, so Dow Jones.
isn
[ » ah nachrichten für die Landwirschaft » Rind » Zucht » Enthornung-RLV ]
Donnerstag, 07.04.2011
Zucht | 06.04.2011
Enthornung: RLV fordert mehr Sachlichkeit
Bonn - Der Milchausschuss des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV) rängt auf
eine sachlichere Diskussion bei der Enthornung von Rindern.
Gelegentliche Forderungen nach einem künftigen Verzicht auf das Enthornen stießen
anlässlich der Sitzung des Fachausschusses vergangene Woche in Bonn auf Vorbehalte. Dem
Thema Arbeitssicherheit gelte es unverändert Rechnung zu tragen.
Immer wieder gebe es schwere Unfälle, etwa beim Nachkennzeichnen mit Ohrmarken oder
im Umgang mit frisch abgekalbten Kühen. Zudem ließen sich Auseinandersetzungen durch
Rangordnungskämpfe und sogar gegenseitige Verletzungen behornter Tiere auch in
großräumigen Laufställen nicht völlig ausschließen, kritisierten die Fachausschussmitglieder.
Auf der anderen Seite sei die Zahl genetisch hornloser Spitzenbullen, die gleichzeitig auch
andere wichtige Merkmale wie Fitness oder Milchleistung vererbten, bislang eher gering.
Eine breit angelegte Zucht auf Hornlosigkeit werde daher noch Jahre in Anspruch nehmen.
pd
Die Kuh
Vom Weidetier zur Milchmaschine
von Jutta Berger | 11. März 2011, 18:34

Sie gehört auf die Weide, braucht Hörner, um ihren Platz zu behaupten, ist aber
meist enthornt und eingesperrt
Die Kuh des 21. Jahrhunderts lebt kurz und intensiv. Kein Wunder, dass betagte
Milchproduzentinnen zu Medienstars werden, sich TV-Teams in den Kuhstall drängen, wie
kürzlich an der Elbe, als es galt, Theas 17. Geburtstag zu feiern. Die älteste deutsche Kuh ist
im Vergleich zu den Seniorinnen in den Nachbarländern aber ein Teenager: Renate,
Simmentalerin aus der Schweiz, ist Jahrgang 1982. Bliaml, die braune Tirolerin, ist zwei
Jahre jünger und gilt laut Zuchtverband als die Älteste in Österreichs Kuhställen. Notiz von
der Existenz der betagten Milchproduzentinnen nimmt die Öffentlichkeit wohl, weil ein
langes Kuhleben ungewöhnlich ist, seit die Tiere auf Hochleistung gezüchtet werden. Je mehr
Leistung, umso kürzer das Leben.
Die durchschnittliche Lebenserwartung einer österreichischen Kuh beträgt 6,3 Jahre.
Wichtiger als das Lebensalter ist für die Bauern jedoch die "Nutzungsdauer" des Tiers. Die
beträgt in Österreich im Schnitt 4,6 Jahre. Pro Jahr liefert das konventionelle Nutztier 6800
Kilogramm Milch, eine Biokuh rund 600 Kilogramm weniger. Erreicht wird die Leistung
durch Züchtung und Kraftfutter. Von diesem verfrisst eine Kuh jährlich 1700 Kilogramm:
Getreide, Mais, Soja.
Nicht nur die Milchleistung, auch das Aussehen der Kuh hat sich verändert. Kühe wurden
größer und schwerer. Waren Ende des 19. Jahrhunderts noch 16 verschiedene Rassen auf den
österreichischen Weiden zu sehen, dominiert heute das Fleckvieh. Zusammen mit Braunvieh
und den schwarz-weißen Holstein-Friesian macht das Fleckvieh laut Wissenschaftsplattform
ÖNGENE 95 Prozent der österreichischen Rinder aus, drei Prozent sind importierte
Fleischrassen. Die neun autochthonen Rinderrassen sind eine Minderheit von zwei Prozent
und gelten als gefährdet.
Hornlos im Stall
Von der Optik her würde man das Hausrind nicht mehr in die Familie der Bovidae, der
Hornträger, einreihen. Denn in den letzten 20 Jahren hat sich die Enthornung des Hornviehs
durchgesetzt. Kühe mit Hörnern sind eher auf Werbeplakaten als in Ställen daheim.
Stattliches Kuhhorn, früher der Kuh und des Bauern Stolz, gilt heute als Gefahrenquelle und
wird bereits beim Kalb weggebrannt. Tierschützer und kritische Konsumenten lehnen die
Enthornung als Tortur ab, der Eingriff ist aber auch in Biobetrieben (unter Narkose) üblich.
Andreas Steinwidder, Leiter des Instituts für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der
Nutztiere am Forschungszentrum Raumberg-Gumpenstein (Steiermark), begründet die
Enthornung mit Verletzungsgefahr für Mensch und Tier. Vor allem in zu kleinen Laufställen
käme es zu Rangkämpfen und Verletzungen. "Betriebe, die nicht enthornen, brauchen größere
Laufställe, die gut geplant sind. Die Tiere sollen einander ausweichen können." Größere
Ställe kosten aber, wendet Steinwidder ein. Ist das Enthornen also Symbol für die Anpassung
eines Nutztieres an die Ökonomie? "Man kann das so sehen ..."
Eine "Trendwende" pro Nutztierschutz zeichne sich aber bei der Weidehaltung ab, sagt
Steinwidder. Weideprämien und die EU-Bioverordnung motivieren Bauern, ihr Vieh wieder
auf die Weide zu lassen. Weidewirtschaft bringe Bauern nicht nur ökonomische Vorteile, sie
schaffe auch Kundenbindung. Steinwidder: "Kühe auf der Weide sind nicht nur ein schönes
Landschaftselement, sie helfen auch die Beziehung zwischen Konsumenten und
Landwirtschaft, die immer schwächer wird, aufzubauen." Die Zukunft der österreichischen
Landwirtschaft liege in der Produktion höchster Qualität, ist Steinwidder überzeugt. Aber:
"Das schaffen wir nur, wenn wir die Konsumenten mit im Boot haben." (Jutta Berger, DER
STANDARD, Printausgabe, 12./13.3.2011)
Proplanta ® | 31.03.2011 |
Agrarpolitik
>>
Deutschland
AbL: EU-Agrarpolitik gerechter und ökologischer gestalten
Hamm - Wenn heute Mittag die Agrarministerinnen und Minister von Bund
und Ländern in Jena zu ihrer Frühjahrskonferenz zusammenkommen, steht
die Reform der EU-Agrarpolitik oben auf der Tagesordnung.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat den
Ministerinnen und Ministern einen Vorschlag vorgelegt, wie die
Direktzahlungen der EU an die landwirtschaftlichen Betriebe gerechter
und ökologischer ausgestaltet werden können.
„Alle sind gefordert, Vorschläge zu entwickeln, wie die von EUAgrarkommissar Dacian Ciolos vor vier Monaten skizzierten Überlegungen für die
Agrarpolitik nach dem Jahr 2013 konkret ausgestaltet werden sollen. Denn allen muss klar
sein, dass die heutige Ausgestaltung der Brüsseler Agrarpolitik nicht die notwendige
Akzeptanz in der Gesellschaft hat, weder bei der Mehrheit der Bauern noch bei anderen
gesellschaftlichen Gruppen. Wer dennoch an dem alten System festhält und sich gegen die
notwendigen Neuerungen stellt, der gefährdet deshalb nicht zuletzt die finanziellen
Grundlagen der Agrarpolitik“, so der Vorsitzende der AbL, Friedrich Wilhelm Graefe zu
Baringdorf.
„Wir haben den Ministern vor ihrer Konferenz einen einfachen, aber sehr wirksamen
Vorschlag übermittelt, um die Direktzahlungen an einige wenige konkrete Bedingungen zu
binden. Um zu den erforderlichen Verbesserungen im Umwelt- und Klimabereich zu
kommen, schlagen wir vor, dass den Betrieben ein erheblicher Teil der Direktzahlungen nur
dann ausgezahlt wird, wenn sie Vorgaben für eine vernünftige Fruchtfolge einhalten: Eine
Kultur bzw. Frucht darf nicht mehr als höchstens 50 Prozent der betrieblichen Ackerfläche
einnehmen und Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen oder Kleegras müssen als
Gesundungsfrüchte mindestens 20 Prozent ausmachen. Dieses fördert die Bodenfruchtbarkeit
und trägt über die Humusbildung und natürliche Luft-Stickstoff-Bindung zum Klimaschutz
bei. Wer das nicht einhalten will, der verliert 30 Prozent seiner gesamten Betriebsprämie“,
erläutert Graefe zu Baringdorf.
Auch den Vorschlag von EU-Kommissar Ciolos, eine Obergrenze für die EU-Zahlungen pro
Betrieb und Jahr einzuführen, greift die AbL auf: „Wir schlagen als Kompromiss eine
Obergrenze von 150.000 Euro vor, verbunden mit der Möglichkeit für die davon betroffenen
Großbetriebe, die Kürzung durch Anrechnung der Hälfte ihrer tatsächlichen Lohnkosten
abzumildern oder gar aufzuheben. Damit wird die Wettbewerbsverzerrung zulasten großer
Betriebe mit vielen Arbeitskräften abgebaut“, so der AbL-Vorsitzende.
Die AbL sieht ihren Vorschlag auch in Übereinstimmung mit einem Expertenpapier von
Bund und Ländern. „Das Papier zeigt, dass unsere Vorschläge ohne großen
Verwaltungsaufwand umzusetzen sind. Es kommt also allein auf den politischen Willen und
Mut an. Und den fordern wir von den Ministerinnen und Ministern“, so Graefe zu Baringdorf
abschließend. (AbL)
[ » ah nachrichten für die Landwirschaft » Politik » Politik national » Ökologisierung-GAP ]
Montag, 04.04.2011
Politik national | 04.04.2011
Länder sagen Ja zu weiterer Ökologisierung der GAP
Jena - Die Landwirtschaftsminister der Bundesländer bestehen bei der anstehenden Reform
der EU-Landwirtschaftspolitik auf eine substanzielle Vereinfachung.
Gleichzeitig akzeptieren sie unter bestimmten Bedingungen eine stärkere ökologische
Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Insbesondere müsse dabei jedoch eine
einfache administrative Umsetzung gewährleistet sein. Das geht aus einem Beschluss zur
Zukunft der GAP hervor, den die Agrarminister auf ihrer Frühjahrskonferenz am vergangenen
Freitag in Jena gefasst haben. "Im Lichte der aktuellen Diskussion zeichnet sich die
Einführung einer Ökologisierungskomponente ab", stellen die Ressortchefs darin fest. Ihrer
Auffassung nach sollte Deutschland diese Diskussion "aktiv mitgestalten".
Bislang hatten sich die Lander überwiegend skeptisch zu den Greening-Vorschlagen der
Kommission geäußert. Kein Einvernehmen konnten die Agrarminister allerdings darüber
erzielen, wie eine Ökologisierungskomponente in der künftigen Agrarpolitik realisiert werden
sollte. Während Niedersachsen, Baden-Württemberg und die vier Ostländer Sachsen,
Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen ausdrücklich für eine Einordnung in der
Zweiten Säule plädieren, präferiert Nordrhein-Westfalen ein Greening in der Ersten Säule und
schlägt einen betriebsbezogenen Anteil von ökologischen Vorrangflächen in einem Umfang
von 10 Prozent vor.
Beschluss war keine Selbstverständlichkeit
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zeigte sich trotz dieser Auffassungsunterschiede
zufrieden mit dem Ergebnis der Agrarministerkonferenz. "Ich begrüße, dass sich die
Länderminister erneut auf eine gemeinsame Position verständigt haben",
erklärte Aigner gegenüber Journalisten in Jena. Dies stärke ihre Verhandlungsposition in
Brüssel und bestätige ihre Position, dass eine weitere Ökologisierung der GAP notwendig sei.
Dabei müsse allerdings auch der Vorreiterrolle Deutschlands bei der Umsetzung der
bisherigen Reformbeschlüsse Rechnung getragen werden, betonte die CSU-Politikerin.
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann hob die Einkommenswirksamkeit
der Direktzahlungen hervor, die bei einer GAP-Reform nicht in Frage gestellt werden dürfe.
Die Erste Säule nannte er "unverzichtbar". Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Dr. Till
Backhaus betonte, dass das Prinzip "öffentliches Geld für öffentliche Leistung" als
Richtschnur für die künftige Gestaltung der EU-Agrarpolitik nunmehr von allen
Länderministern "ohne wenn und aber" anerkannt werde. Im Detail werde es allerdings immer
schwieriger, eine einheitliche Linie der Länder aufrechtzuerhalten, so Backhaus. Thüringens
Agrarminister Jürgen Reinholz nannte das Zustandekommen eines gemeinsamen Beschlusses
zur GAP nach demVerlauf der Diskussionen "keineswegs selbstverständlich".
AgE
[ » ah nachrichten für die Landwirschaft » Pflanze » Allgemeines » Gülle-Ammoniak ]
Montag, 04.04.2011
Allgemeines | 04.04.2011
Gülleeinarbeitung künftig innerhalb von vier Stunden?
Jena - Die Landwirte müssen sich auf eine strengere Reglementierung bei der Ausbringung
von Wirtschaftsdünger einstellen.
Die Agrarministerkonferenz beauftragte am vergangenen Freitag in Jena die zuständigen
Fachbeamten, kurzfristig für eine konkreteAuslegung der Vorschrift in der Düngeverordnung
zur unverzüglichen Einarbeitung von Gülle zu sorgen. Die Vollzugshinweise sollen bereits
mit Beginn des neuen Wirtschaftsjahres Anwendung fnden. Das
Bundeslandwirtschaftsministerium drängt auf eine Verpflichtung zur Einarbeitung innerhalb
von deutlich weniger als vier Stunden.
Hintergrund ist ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen
Überschreitung der nationalen Emissionshöchstwerte für Ammoniak. Den Angaben zufolge
hat Deutschland die zulässige Höchstmenge im vergangenen Jahr erneut um sechs Prozent
überschritten. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hält eine kurzfristige Minderung der
Ammoniakemissionen um rund 30 Kilotonnen (kt) für erforderlich, um ein
Vertragsverletzungsverfahren mit erheblichen fnanziellen Folgen noch abzuwenden. Dieses
Ziel sei nur mit einer sehr kurzen Einarbeitungszeit zu erreichen, heißt es im Ministerium.
Insgesamt lagen die Ammoniakemissionen in Deutschland im Jahr 2010 bei 581 kt, davon
553 kt aus der Landwirtschaft. Die Höchstgrenze beträgt 550 kt pro Jahr.
Heute im Bundestag 142/2011
3. Experten: Hunger in der Welt
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Anhörung)
Berlin: (hib/ROV/MIK) Wie die Welternährung in den nächsten Jahrzehnten
sichergestellt werden kann und welche Ursachen die Unternährung in
Entwicklungsländern hat, war Thema einer öffentlichen Anhörung des
Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am
Montagnachmittag. Die Experten waren sich einig, dass ihre Zahl der Hungernden
noch steigen wird, sollte nicht bald geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
Ein rasanter Anstieg der Bevölkerung finde hauptsächlich in den Regionen der Welt statt,
die besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen seien, erläuterte
Alexander Müller von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten
Nationen (FAO). Auch komme in diesen Regionen der erschwerte Zugang zu Trinkwasser
hinzu. ”Wasserknappheit ist das große Problem der Zukunft“, sagte er.
Das Hunger eine ursächliche Folge von Armut sei, betonte Marita Wiggerthale von Oxfam
Deutschland. Wolle man den Hunger bekämpfen, müsse man die finanzielle Not lindern.
Schulungsprojekte für Kleinbauern sind dabei ihrer Ansicht nach das beste Mittel. Auch
müssten die Industriestaaten das ”land grabbing“ reglementieren, da es den Einheimischen
oft den Zugang zu Ressourcen erschwere und die Not dadurch verstärke. ”Hunger ist ein
Armutsproblem“, betonte Wiggerthale.
Paul Armbruster vom Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband erklärte, dass es
in den von Hunger betroffenen Staaten oft keine Landwirtschaftspolitik gebe und die
Kleinbauern nicht über das notwendige Know-how verfügten, die von ihnen
bewirtschafteten Flächen ertragreich zu nutzen. Auch das Stadt-Land-Gefälle mache ihm
Sorgen, da die Kleinbauern nicht in die Wertschöpfung eingebunden würden.
Der Schlüssel zur Problemlösung liege in einer Einkommenssteigerung der Kleinbauern
und Landarbeiter, stellte Michael Brüntrup vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik
fest. Er setzt auf die Öffnung der Märkte um Ertragsschwankungen in unterschiedlichen
Regionen abzufangen.
Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe, nimmt die Regierungen der
betroffenen Länder in die Pflicht. Die Kleinbauern sollten motiviert werden, auf dem Land
zu bleiben und nicht in die Städte zu gehen. Deshalb müsse die Produktivität der Bauern
gesteigert werden, die meist nicht mehr als zwei Hektar mit rückständiger Technik
bewirtschafteten. Sie lobte die parlamentarische Initiative, die sich für das Erreichen des
0,7-Prozent-Ziels einsetze und betonte: ”Das ist nicht nur im Interesse der
Entwicklungsländer.“
Für ein ökologische Entwicklung der Landwirtschaft in Entwicklungsländern plädierte
Ulrich Hoffmann von der Konferenz für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen
(UNCTAD). Die Landwirtschaft sei der größte Emittent von Treibhausgasen, größer noch
als die verarbeitende Industrie.
Die Problematik der Welternährung bis 2050 zu betrachten, greift Manfred Kern von der
Bayer CropScience AG zu kurz. Bereits ab 2025 stünde die Welt vor einen
ernstzunehmenden Ernährungsproblem. Um alle Menschen ernähren zu können, bedürfe es
mindestens einer Verdopplung der landwirtschaftlichen Produktion.
Das nicht nur Anbauflächen für Bioethanol mit den Flächen für Lebensmittel konkurriert,
sondern auch der Anbau von Baumwolle, machte Professor Harald von Witzke von der HU
Berlin aufmerksam. Die Produktivität von Anbauflächen müsse dringend gesteigert
werden, wolle man die Menschheit in Zukunft ernähren.
Süddeutsche
Hunger und Kommerz
02.04.2011 05:20 02.04.2011 05:20
Salzburgs Festspiele laden den Globalisierungskritiker Ziegler aus
Die Rede zur Eröffnung der diesjährigen Salzburger Festspiele ist zum Politikum geworden:
Der Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler, der dafür ausersehen war, ist ausgeladen
worden. Ziegler zählt zu den schärfsten Kritikern der Hungerproduktion durch Agrarindustrie
und Spekulation mit Nahrungsmitteln. Er sieht Großsponsoren der Festspiele als Drahtzieher
der Affäre.
Die Landeshauptfrau, die Sozialdemokratin Gabi Burgstaller, hatte Ziegler wegen seines
weltweiten Einsatzes für die Hungernden auserwählt. Auf Betreiben der Festspielpräsidentin,
der christsozialen Helga Rabl-Stadler, wurde er nun von der Ministerpräsidentin wieder
ausgeladen. Er pflege zu große Nähe zum libyschen Despoten Muammar al-Gaddafi, ist eine
der Begründungen: Sein Vortrag könnte diesen Aspekt allzu sehr in den Mittelpunkt des
Interesses rücken, statt der künstlerischen Aspekte der Festspiele. Rabl-Stadler legt Wert auf
die Feststellung, dass sie Ziegler weder ein- noch ausgeladen habe. Auch hätten sie und
Ministerpräsidentin Burgstaller niemals mit Sponsoren über Ziegler oder den Inhalt seiner
Rede gesprochen. Die hätten also mangels Kenntnis gar nicht intervenieren können. Es ist
aber auch nicht auszuschließen, dass Ziegler Opfer politischer Antagonismen geworden sein
könnte.
Tatsächlich hat er das Gaddafi-Regime weit differenzierter als andere beurteilt, sich aber auch
immer distanziert. Den Vorwurf, er sei Träger des obskuren libyschen Menschenrechtspreises,
weist er als 'Lüge' zurück. Ihm sei der tatsächlich angetragen, aber von ihm postwendend
zurückgewiesen worden. Hinter der Falschbehauptung sieht Ziegler eine Kampagne: Seit er
die Hungerlage im Gaza-Streifen vor den Vereinten Nationen anzuprangern verstanden habe,
begegne ihm so mancher mit Hass.
Ausschlaggebend für die Salzburger Absage erscheint Ziegler der Einfluss der Geld- und
Agrarindustrie aus seiner Heimat: Nestlé, Credit Suisse und UBS seien die Druckmacher.
Ihnen solle erspart werden, dabei zuzuhören, wie er die Zusammenhänge bei der
'Hungerproduktion' durch die Manipulierung und Monopolisierung der Märkte und
Warenströme anprangere. Dabei hätte er gerne 'die bewusstseinsbildende Rolle der Kunst'
herausgearbeitet: 'Es braucht ein kollektives Gewissen, um das Massaker des Hungers zu
stoppen.' Zieglers Bücher sind fast schon heilige Schriften des Widerstands der
Bürgergesellschaft gegen die weltumspannende Verflechtung von Agro- und Geldwirtschaft.
'Aufstand des Gewissens' hätte Zieglers Vortrag überschrieben sein sollen.
Nestlé, Gigant unter den weltweit agierenden Agrarkonzernen, war immer ein besonderer
Adressat der Kritik: Der Konzern möchte die Wasservorräte des Globus privatisieren, dem
Lebenselixier Wasser einen Preis anheften und es damit zum Gewinnspiel machen - nach
Meinung von Entwicklungsanalytikern wie Ziegler auf Kosten vom Abermillionen, die heute
schon kaum Zugang zu reinem Wasser haben. MICHAEL FRANK
SÜDDEUTSCHE
Zum Siegeszug der Grünen Das falsche Leben im wahren
04.04.2011, 10:23
Ein Debattenbeitrag von Tanja Busse
Wer der Erprobung grüner Lebensstile Heuchelei vorwirft, verkennt die Spielräume grüner
Politik. Es gibt konkrete Handlungsmöglichkeiten - auch ohne die Totalrevolution mit
radikalem Konsumverbot.
"Ach, du bist mit dem Auto?", fragt mich der Kollege, den ich in der S-Bahn getroffen habe,
und lächelt spöttisch. Und es gibt Grund für Spott, denn er kennt mich als grüne Missionarin
und Auto-Verächterin und weiß, dass unser Haus keine zwei Kilometer vom S-Bahnhof
entfernt ist. "Ja, äh, ich muss noch ...", stottere ich, als ich ins Auto steige. Aber ich muss
wirklich: Schnell hin, schnell zurück und noch mit den Kindern und abends - und alles in Eile.
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Deutschland exportiert gefrorene Geflügelreste in afrikanische Länder ohne geschlossene
Kühlkette. Diese Exporte rechnen sich nur, weil das Hochlohnland Deutschland billig mästet
und schlachtet - unter gesetzlichen Standards, die nicht nur Tierschützer als Hohn empfinden.
(© dpa)
Als "Stunde der Heuchler" hat Johan Schloemann den Triumph der Grünen bei der
Landtagswahl in Baden-Württemberg bezeichnet und kritisiert, dass "die wohlhabenderen,
gebildeteren, liberaleren Kreise sich im Kleinen bemühen, alles ein ganz bisschen sauberer
und richtiger zu machen und zugleich die großen Strukturfragen zur Gewissensentlastung an
die Partei der Grünen delegieren". Als Inbegriff der Heuchelei nennt er die Leute, die mit dem
Porsche Cayenne zum Altglascontainer fahren. Vermutlich gehören auch solche wie ich dazu,
die das Auto nehmen, um zur S-Bahn zu kommen.
Natürlich hat Schloemann recht: Der grüne Lifestyle eignet sich hervorragend zur sozialen
Distinktion und wird vor allem dann zelebriert, wenn er nicht mit Einschränkungen verbunden
ist. Wer Bio-Wein aus Apulien kauft, zeigt, dass er Aldi nicht nötig hat, rettet aber damit nicht
die Welt vor dem ressourcenfressenden und umweltvernichtenden Kapitalismus.
Doch den Grünwählern pauschal die Widersprüche eines versuchten nachhaltigen Lebensstils
zum Vorwurf zu machen, und all denen, die es ein bisschen besser machen wollen,
vorzuhalten, dass sie nicht die fertigen Pläne für die Weltrevolution in der Tasche haben, ist
unfair.
Denn es sind vor allem die Grünwähler, die die Notwendigkeit eines Politikwechsels
erkennen, während in anderen Milieus immer noch die naive Vorstellung vorherrscht,
Wirtschaftswachstum werde weiter Wohlstand bringen und neue technologische Lösungen
würden die drohenden Knappheiten schon rechtzeitig beseitigen.
Das aber ist nicht heuchlerisch, sondern ignorant. Und alle, die so denken, freuen sich, wenn
die grünen Fortschrittsmiesmacher argumentativ eins übergebraten bekommen. Das macht es
für sie nämlich umso leichter, zur Gewissensentlastung Adorno aus der Tasche zu ziehen: Es
gibt kein wahres Leben im falschen - also lassen wir's gleich. Dieser Fatalismus spielt
denjenigen in die Hände, die aus ökonomischen Gründen kein Interesse an einer
Ökologisierung haben. Statt die Grünwähler für mangelnde Konsequenz zu schelten, sollte
man sie im Gegenteil ermuntern.
Das große grüne Projekt
Denn erstens scheitert ihr Versuch, grün zu leben, nicht nur an mangelnder persönlicher
Konsequenz, sondern auch an den politischen Grundsatzentscheidungen für die
bedingungslose Automobilität der Gesellschaft und für das quantitative Wirtschaftswachstum
als Allheilmittel. Wer sich jemals mit Kleinkindern auf dem Fahrradsitz in den
Straßenverkehr gewagt hat, weiß, dass es auch jenseits von Faulheit Gründe zum Autofahren
gibt. Und wer Bekannte auf dem Land zwischen Pömpsen und Sommersell besucht, versteht,
warum dort alle Achtzehnjährigen ein Auto bekommen: weil es dort keinen öffentlichen
Personennahverkehr gibt. Wer Kinder, Beruf und Haushalt unter einen Hut zu bringen
versucht, kennt die Dauerhetze und den Druck, schnell und mobil zu sein.
Zweitens lenkt der Vorwurf der Heuchelei davon ab, dass es sehr wohl Spielraum für eine
grünere Politik gibt, auch ohne die Totalrevolution mit radikalem Konsumverbot. Es gibt
Alternativen zur sofortigen Schließung der Auto- und Chemiefabriken, wie sie Johan
Schloemann als einzig konsequente Folge der Wahlergebnisse in Baden-Württemberg
vorschlägt.
Zum Beispiel in der Chemieindustrie: Das Cradle-to-cradle-Prinzip, das der
Verfahrenstechniker Michael Braungart entwickelt hat, verlangt einen konsequenten
Stoffkreislauf sämtlicher Materialien: Jeder Stoff, der verbaut wird, muss entweder
kompostierbar oder komplett wiederverwendbar sein.
Wohin mit dem Müll?
Würde dieses Prinzip ("von der Wiege zur Wiege") gesetzlich vorgeschrieben, müssten alle
Produkte so konstruiert werden, dass ihre Bauteile nicht auf der Müllkippe landen, sondern als
Einzelkomponenten neu wiederverbaut werden. Bis heute ist es zulässig, gefährliche
Chemikalien einzusetzen - sogar dann, wenn es unbedenkliche Alternativen gibt. Diese Praxis
ermöglicht es Unternehmen, Gewinne zu machen und einen Teil der Kosten, nämlich für die
Beseitigung der Umwelt- und Gesundheitsschäden, den Steuerzahlern aufzubürden.
Es gibt zwei Möglichkeiten, das zu verhindern: Entweder kann der Gesetzgeber die
sogenannten externen Kosten internalisieren, also die Verursacher für Umwelt- und
Gesundheitsschäden zahlen lassen, oder er kann gefährliche Stoffe schlicht verbieten. Seit
Jahren sammelt das Umweltbundesamt sogenannte Best-Practice-Verfahren, Beispiele für die
umweltverträglichste Art, etwas zu produzieren oder mit Abfällen umzugehen.
Ein anderes Beispiel: Eine simple Verpflichtung zu höheren Tierschutzstandards in der
Landwirtschaft könnte weitreichende positive Wirkungen haben. Deutschland
exportiert gefrorene Geflügelreste in afrikanische Länder ohne geschlossene Kühlkette,
mit erheblichen gesundheitlichen Risiken für die Konsumenten.
Entwicklungsorganisationen wie der Evangelische Entwicklungsdienst weisen seit
Jahren darauf hin, dass diese Billigexporte die afrikanischen Geflügelhalter in den Ruin
getrieben haben. Diese Exporte rechnen sich nur, weil das Hochlohnland Deutschland
billig mästet und schlachtet - unter gesetzlichen Standards, die nicht nur Tierschützer
als Hohn empfinden.
Die Tierschutzverbände aber haben keine Möglichkeit, dagegen zu klagen, wohl aber
die Länder. Das grün regierte Baden-Württemberg könnte also eine
Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht gegen Missstände in der
Massentierhaltung einreichen. Fleisch würde damit teurer, keine Frage. Aber höhere
Standards in der Tierhaltung böten Marktchancen für alle Bauern, die unter Tiermast
etwas anderes verstehen als Agrarindustrie.
Mit Rückendeckung der grünen Bürger ließe sich Landwirtschaft mit Tierschutz, Klimazielen,
gesunder Ernährung, Bildung und Erholung zu einem großen grünen Projekt machen. Als
Modellversuche haben einzelne Bürger das längst ausprobiert: interkulturelle Allmendegärten,
gemeinschaftliche finanzierte Bauernhöfe. Mit politischer Unterstützung könnte man damit
Strukturen verändern, von innen dauerhaft begrünen sozusagen. Das wäre ein aufrichtiger
Erfolg für das neue grüne Bürgertum.
Tanja Busse, geboren 1970, arbeitet als Journalistin für den WDR und die ZEIT. Ihr Buch
"Die Ernährungsdiktatur. Warum wir nicht länger essen dürfen, was uns die Industrie
auftischt" erschien 2010.
OV
Südlohner Initiative verbucht erste Erfolge
Lohne (hib) - 600 Unterschriften in weniger als drei Wochen: Die Initiative gegen eine
Grundwasserentnahme durch Wiesenhof in Südlohne war fleißig. Und sie war
erfolgreich. Wobei die Zahl 600 lediglich als Zwischenwert zu verstehen sei. Es werde
weiter gesammelt, betont das Sprecherquintett Lutz Neubauer, Klaus Kurwinkel, Julia
Sandmann-Surmann, Frank Scheper-Stuke und Alwin Strothmeyer.
Mehr steht am Dienstag, 5. April, in der gedruckten Ausgabe der OV und im OV-EPaper.
VIEH
Liebe Freunde alter Nutztierrassen und alter Obst- und Gemüsesorten, liebe Selbstversorger
und Kleinlandwirte,
obwohl es fast nicht vorstellbar ist, dass neben atomaren Super-GAU, Tsunamie, Erbeben und
Krieg noch Interesse an Agrobiodiversität besteht, anbei auf die Schnelle und kürzer als
gewohnt unsere VIEH-Nachrichten,
in diesem Sinne
VIEHlen Dank für's Lesen
und nicht vergessen, erhalten Sie bitte weiterhin die Vielfalt in der Landwirtschaft.
Herwig zum Berge
Schwarmstedt
www.vieh-ev.de
==================================================
1. In eigener Sache
2. Von den Nutztier-Archen
3. Stadtimkerei - alternative Bienenhaltung für die Zukunft?
4. Eier auspusten...
5. Kennen Sie noch Schrankpapier
6. Futter für alte Nutztierrassen
7. Turopolje Schweine
8. Unsere Wahl
9. Die Dunkle Biene
10. TV TIPP
==================================================
1. In eigener Sache
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Aufkleber sind eine gute Sache, um am Auto, Traktor oder auch Schulranzen seine Meinung
kundzutun.
Mit PROVIEH und einigen anderen Initiativen zusammen wurde ein Aufkleber
herausgegeben.
Gegen einen addressierten Freiumschlag kann dieser Aufkleber bei uns kostenlos abgerufen
werden.
Aufkleber anschauen hier:
http://nl.xeu.de/j.cfm?i=415241&k=86196
2. Von den Nutztier-Archen
==================================================
Wir freuen uns, wieder einige neue Nutztier-Archen in unseren Reihen begrüßen zu können.
Auch in diesem Momat sind wieder alle Tierrassen auf den Höfen vertreten.
Falk Zinke aus Braunfells-Neukirchen betreibt unsere Nutztier-Arche Bioland Sonnenhof in
Hessen. Mit der Hofnummer 16 züchtet er Rotes Höhenvieh, Coburger Fuchsschafe,
Vorwerkhühner und Westfälische Totleger, geplant ist noch für dieses Jaht die Züchtung von
Leinegänsen.
Raimund Josef und Heidrun Agnes Palmer aus Anrode in Thüringen züchten in Ihrer
Nutztier-Arche Palmerhof, mit der Hofnummer 41, Meißner Widder, Thüringer Waldziegen
und Leinegänse.
Wir freuen uns über unsere erste "ENTENARCHE". Mit Mariano Zamorano aus HeinsbergSchleiden in NRW geht die Nutztier-Arche Zoonimal Wild Encounters mit der Hofnummer
146 an den Start. In der Nutztier-Arche werden Alt Holländische Haubenenten, Holländische
Krummschnabelenten und die Noord Hollandse Witborsteend gezüchtet.
Eine weitere Nutztier-Arche in NRW gründete Alexander Nordloh aus Lemgo, Kreis Lippe.
Die Nutztier-Arche Hof Meyer-Nordloh mit der Hofnummer 22 betreibt slow farming mit
Meißner Widdern. Weitere Tiere sind in Planung.
Die neue Hof Nr. 6 hat die Nutztier-Arche Solschen "La Capretta". Carola Heider-Leporale
züchtet im Landkreis Peine/Niedersachsen in Solschen die stark gefährdete Girgentana Ziege
aber auch mit einer Herde WDE.
Die Imkerei am Hakel, mit Imker Wolfgang Strube gründet unsere erste Nutztier-Arche als
reine Imkerei. Die Hof-Nr. 57 in Kroppenstedt in Sachsen-Anhalt hält Dunkle Bienen der
Rassen Nigra und Kampinoska. Wir wünschen der Nutztier-Arche Imkerei am Hakel gute
Tracht.
Gründen Sie doch die nächste Nutztier-Arche! Wir freuen uns auf weitere Mitstreiter für die
Vielfalt. Weitere Informationen hier:
http://nl.xeu.de/j.cfm?i=415242&k=86196
MDR
600 tote Kühe im Vogtland
Botulismus soll schnell erforscht werden
Das sächsische Sozialministerium und der Landesbauernverband haben gefordert, die
Nervenkrankheit Botulismus bundesweit schnell zu erforschen. Hintergrund ist der Tod von
600 Milchkühen auf einem Bauernhof im Vogtland. Sie litten an Muskellähmung, geringerer
Milchleistung und Verdauungsproblemen.
Nach Ansicht von Ministerin Clauß soll Botulismus eine meldepflichtige Tierkrankheit
werden.
Clauß fordert klare Definition
Ministerin Christine Clauß erklärte am Dienstag in Dresden, benötigt werde eine klare
Krankheitsdefinition. Nur mit dieser sei es möglich, eine Diagnose zu erstellen. "Als
folgerichtiger Schritt wäre eine Aufnahme zumindest in die Liste der meldepflichtigen
Tierkrankheiten zu begrüßen, um betroffenen Landwirten auch finanzielle Hilfen über die
Tierseuchenkasse zukommen zu lassen", sagte die Ministerin. Derzeit fehle dafür die
rechtliche Grundlage.
Auch Andreas Jahnel vom Landesbauernverband mahnte eine intensive Forschung an. "Wenn
die Ursache nicht bekannt ist, wissen wir auch nicht, wie wir reagieren können."
Untersuchungen am Fritz-Loeffler-Institut laufen
Die Krankheit war 2006 auf einem Hof im vogtländischen Thoßfell zum ersten Mal
aufgetreten. Inzwischen ist auch der Landwirt erkrankt. Unklar ist noch, warum die Häufung
der Todesfälle nicht schon früher von den Behörden untersucht worden ist. Derzeit prüft das
Fritz-Loeffler-Institut für Tiergesundheit den Fall. Die Nervenerkrankung ist bisher weder
melde- noch anzeigepflichtig. Ursache dafür ist nach Angaben des Sozialministeriums der
schlechte Forschungsstand des chronischen Botulismus.
Zuletzt aktualisiert: 05. April 2011, 16:10 Uhr
Hamburger Abendblatt
6. April 2011, 06:00 Uhr
Energiewende
Bei Biogasanlagen ist nicht immer alles "Bio"
Elke Schneefuß
Serie zur Energiewende, Teil 3: Kritiker fordern Bau-Stopp für Biogasanlagen in
Niedersachsen: Bodenfruchtbarkeit gefährdet.
Lüneburg. Für die einen ist sie eine kostengünstige und effektive Methode der
Energiegewinnung - für die anderen gefährdet sie die Artenvielfalt: Immer mehr
Biogasanlagen stellen in Niedersachsen aus landwirtschaftlichen Nutzpflanzen Strom her.
Bis zu 7,5 Prozent des Strombedarfs werden diese Anlagen, die landwirtschaftliche Produkte
in Energie verwandeln, Ende des Jahres in ganz Niedersachsen decken können, so die
Prognose der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer. Doch auch Biogas gibt es nicht
zum Nulltarif: Für den Anbau von Nutzpflanzen wie Mais, Raps oder Hirse werden immer
mehr Anbauflächen gebraucht, die dann nicht mehr für die Produktion von Lebens- oder
Futtermitteln zur Verfügung stehen.
Auch die Landwirte bekommen wegen der Verknappung der Flächen steigende Pachtpreise zu
spüren. Zudem schaden Monokulturen der Artenvielfalt auf dem Acker. Zu den Kritikern des
ungehemmten Ausbaus der Biogasanlagen zählt deshalb auch der Nabu Niedersachsen. Er
fordert einen Baustopp, nicht zuletzt aufgrund der notwendigen Entsorgung der Gärsubstrate
auf die Äcker, weshalb der Nabu sogar für eine Notbremsung eintritt.
"Wir müssen die Reißleine ziehen", sagt Bioenergieexperte Uwe Baumert vom Nabu
Niedersachsen mit Sitz in Hannover. In einzelnen niedersächsischen Regionen beanspruche
Mais schon jetzt mehr als 50 Prozent der Ackerfläche, das bringe Probleme für die
Artenvielfalt. "Regenwürmer meiden Mais, weil Futter aus organischem Zersetzungsmaterial
fehlt. Damit ist die Bodenfruchtbarkeit in vielen Regionen gefährdet. Aber auch die
Wiesenweihe, das Rebhuhn, der Storch und die Schleiereule können mit der ,vermaisten'
Landschaft nichts anfangen", sagt Baumert. Er plädiert für einen möglichst breiten Mix
regenerativer Energien, auch unter verstärkter Einbeziehung der Erdwärme.
Nicht nur die Artenvielfalt leidet unter der Expansion der Biogas-Anlagen. "Die Überdüngung
der Landschaft, wenn zusätzlich zur Gülle noch Gärreste aus den Anlagen auf die Äcker
gebracht werden - auch das macht uns Sorgen", sagt Uwe Baumert.
Mit seiner Kritik steht er nicht allein. Immer größere Anlagen, an denen sich zunehmend auch
Agrarunternehmer und Stromkonzerne beteiligen, sind der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft e.V. (AbL) ein Dorn im Auge. "Wir bevorzugen kleinere Anlagen. Große
Kapazitäten bedeuten auch ein erhöhtes Aufkommen beim An - und Abtransport der
benötigten Rohstoffe. Dass Nachbarn sich dagegen wehren, ist verständlich", sagt Georg
Janssen, AbL Lüneburg. Und auch bei der Fruchtfolge sollte sich etwas ändern. Auf EUEbene gebe es Überlegungen, nur noch 50 Prozent der Energiegewinnung aus einer Frucht
zuzulassen. Damit könne man auch die "Vermaisung" der Landschaft eindämmen.
"Auch Energie aus grünen Energiequellen ist nicht zum Nulltarif zu haben", sagt Thorsten
Riggert, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes Nordostniedersachsen für den Raum
Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg. "Wenn grüne Energie will, muss auch Nachteile
in Kauf nehmen. Und eine Quelle nutzen, die wir alle nicht wirklich in Anspruch nehmen:
Wir müssen lernen, mehr Strom zu sparen."
Vom Grundsatz befürwortet er einen weiteren Ausbau der Biogasanlagen. "Eine ,Vermaisung'
kann ich in unserer Region bislang nicht feststellen, hier liegt die Quote für den Maisanbau
noch deutlich unter 50 Prozent", so Riggert. Die Landwirte selbst würden auch an neuen
Konzepten arbeiten, was die Verwertung von Nutzpflanzen angeht. Im Blickfeld sei zum
Beispiel die Zuckerrübe, die den Mais teilweise ersetzen könne.
"Wenn die EU für die Fruchtfolge eine Neuregelung plant, dann werden wir uns damit
auseinandersetzen. Die Frage ist nur, wer diese ganzen Verordnungen und Gesetze eigentlich
noch kontrollieren soll", sagt Riggert. Bei allen Diskussionen über das brisante Thema
Energiegewinnung in der Zukunft sollte ein Grundsatz aber immer gelten: "Nämlich
miteinander und nicht übereinander zu reden."
Teil 4 unserer Serie beschäftigt sich morgen mit einer neuen Ökostrom-Initiative
Landvolk Nds.
Aktuelles aus Land und Forst
Etwas Seelenbalsam erwünscht
16. März 2011
EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
Viele Landwirte fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Die Kritik an der Tierhaltung
im Allgemeinen und an einzelnen ihrer Formen im Besonderen hat an Schärfe zugenommen.
Viele Emotionen sind im Spiel, pauschale Urteile werden verbreitet, selten macht sich jemand
die Mühe, genauer hinzuschauen. Tierhalter nehmen beim Blick in die Zeitung oder ins
Fernsehen, im Gespräch mit Nachbarn und in politischen Debatten mehr als eine gefühlte
fundamentale Ablehnung wahr. Sie fühlen sich in ihrer Berufsehre getroffen.
Zu Recht verweisen Bauern auf Vorzüge, die moderne, tiergerechte Ställe ihrem Vieh bieten.
Dabei haben Tierhalter auch in der Vergangenheit zwischen den nicht immer
deckungsgleichen Interessen von Verbraucher- und Tierschutz, Vermarktungsnormen und
natürlichen wie auch ökonomischen Zwängen abwägen müssen. Die Hühner etwa wurden
nicht aus reiner Schikane in Käfige gesetzt, sondern wegen der besseren Hygiene. Diesen
Standard setzen Verbraucher heute voraus und träumen von glücklich scharrenden Hühnern
auf grüner Wiese. Mit der Kleingruppenhaltung dagegen mag sich der Verbraucher nicht
anfreunden und ignoriert das Votum der Wissenschaft. Auf EU-Ebene hingegen fordern
mehrere Länder ein Verschieben des Käfigverbots. Paradoxe Verhältnisse!
Dieses Beispiel zeigt, wie schwierig der Spagat für Tierhalter wird, wenn sie lautstark
formulierte Forderungen einzelner gesellschaftlicher Gruppierungen erfüllen sollen:
Wissenschaftlich belastbare Parameter werden vom „Bauchgefühl" verdrängt. Landwirte, die
mit dem Bau eines neuen Stalles über hohe Investitionssummen entscheiden und auf längere
Sicht planen, begeben sich damit in schwankende Gefilde.
Es verunsichert die Menschen auf den Höfen zusätzlich, wenn Fachminister den Verbraucher
als Wähler fest ins Blickfeld rücken, ihnen aber der Mut fehlt, mit in die Rolle des Aufklärers
und Vermittlers zu schlüpfen. Und gelegentlich, so hat es jüngst Landvolkvizepräsident Heinz
Korte formuliert, wünschen sich Tierhalter auch mal „Seelenbalsam" aus Berlin –
landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist nicht mit „kollektiver Tierquälerei" gleichzusetzen.
Tier- und Verbraucherschützer erweisen sich einen Bärendienst, wenn sie mit überzogener
Kritik Fortschritte verhindern. Dann wandern innovative Bauern in andere Branchen ab, und
die deutsche Verbraucherschutzministerin kann versuchen, im Ausland Einfluss auf
Tierhaltungsbedingungen zu nehmen. Das dürfte ein hoffnungsloses Unterfangen sein.
Gabi von der Brelie
NORDKURIER
Artikel vom 06.04.2011
EU-Kommissar: Großbetriebe nicht benachteiligen
Landwirtschaft. Brüssel will die Bedenken der
ostdeutschen Landwirte zerstreuen. Gerade in MV
dominieren große Betriebe.
Rogeez(dpa). EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos
will eine finanzielle Benachteiligung großer
Agrarbetriebe in der neuen EU-Förderperiode nach
2013 verhindern. Auf einer Podiumsdiskussion
gestern in Rogeez (Müritzkreis) versuchte er,
Foto: Johannes Nuss
Bedenken ostdeutscher Landwirte zu zerstreuen.
Gerade in Mecklenburg-Vorpommern dominieren große Betriebe.
"Ich habe verstanden, dass es in Ostdeutschland eine spezielle Situation gibt, die
berücksichtigt werden muss", sagte Ciolos. Sie sollten nicht benachteiligt werden. Nach den
Worten von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) liegt die
durchschnittliche Betriebsgröße im Land bei 250 Hektar. Der EU-Kommissar plädiert
dennoch für eine Kappung der Beihilfen bei einer bestimmten Betriebsgröße.
Er differenzierte zwischen großen Kooperativen, die ähnlich wie Familienbetriebe
wirtschaften, und großen Kapitalunternehmen "auf Prämienjagd". Zwischen ihnen zu
unterscheiden, sei oft schwierig.
Man müsse der Bevölkerung transparent machen, wofür öffentliche Gelder ausgegeben
werden, sagte Ciolos. Nach seinen Worten sollen 30 Prozent der Beihilfen für
Umweltleistungen der Landwirte, das sogenannte Greening, gezahlt werden. Dafür solle es
keine Kappungsgrenze geben. 70 Prozent seien Einkommensunterstützungen. Die Zahlungen
dafür sollten eine Obergrenze haben. Betriebe mit vielen Beschäftigten sollten mehr Beihilfen
erhalten als solche mit wenigen.
Ciolos widerspach Mecklenburg-Vorpommerns Bauernpräsidenten Rainer Tietböhl, der sich
durch die Kappung in der unternehmerischen Entwicklung seines Betriebes eingeschränkt
sieht. "Damit bestimmen Sie, wohin ich meinen Betrieb entwickeln kann", kritisierte Tietböhl.
Agrarminister Backhaus lehnte in der Diskussion eine Kappungsgrenze erneut ab. "Jeder
Hektar ist uns gleich viel wert", sagte er. 50 bis 60 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe im
Land hingen von den EU-Ausgleichszahlungen ab. "Wenn es die nicht gäbe, wären die
Betriebe weg", sagte er. Backhaus plädiert für eine Grundvergütung für die Produktion
hochwertiger Lebensmittel sowie für eine Honorierung der ökologischen Leistungen. Zudem
müssten regionale Besonderheiten wie das Wirtschaften im Bergland oder im Niedermoor
berücksichtigt werden.
Neue OZ online
07.04.2011, 20:13 Fenster schliessen drucken
Diesen Artikel finden Sie unter: http://www.noz.de/lokales/53284806/dlg-praesidentbartmer-referierte-in-lingen-sozialromantik-hat-keinen-platz
Ausgabe: Lingener Tagespost
Veröffentlicht am: 07.04.2011
DLG-Präsident Bartmer referierte in Lingen: „Sozialromantik hat
keinen Platz“
Lingen
Lingen. „Wohlstand beginnt mit ausreichender und qualitativ wertvoller Ernährung.
Dieses Ziel erreichen wir heute für sechs Milliarden Menschen und damit für vier
Milliarden Menschen mehr als noch vor wenigen Jahrzehnten“, erläuterte CarlAlbrecht Bartmer, Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), in
seinem Vortrag anlässlich des OLB-Forums 2011 – Wissen und Zukunft in der Halle IV
in Lingen.
Hochkarätige Gäste hießen die Verantwortlichen der Oldenburgischen Landesbank zum
„OLB-Forum 2011“ in der Halle IV in Lingen willkommen. Onno Kappei, Jürgen
Hindersmann, Dieter Krone, Hermann Bröring,
In seinem Vortrag „Landwirtschaft der Zukunft – innovativ oder idyllisch?“, machte der
DLG-Präsident und praktizierende Landwirt vor 250 Gästen deutlich, dass die
Weltgemeinschaft vor einer großen Herausforderung stehe. Berechnungen gingen davon aus,
dass bis zum Jahr 2050 die Lebensmittelproduktion verdoppelt werden muss, um die
wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und deren gestiegene Ansprüche an veredelten
Lebensmitteln zu befriedigen.
„Fruchtbare Ackerflächen können nur begrenzt neu in Kultur genommen werden“, betonte
Bartmer. Für ihn sei deshalb technischer Fortschritt eine notwendige Alternative, um die
großen Herausforderungen einer dynamisch wachsenden Welt nachhaltig zu meistern.
Die vergangenen Jahrzehnte hätten gezeigt, dass die Leistungen der Landwirtschaft nur mit
dem Streben nach deutlichen Verbesserungen der Produktionsverfahren und somit der
Modernisierung des Agrarsektors möglich gewesen seien. Innovative Entwicklungen der
Landtechnik seien maßgeblich daran beteiligt, wies Bartmer in dem Zusammenhang
beispielhaft auf emsländischen Unternehmen wie Krone in Spelle hin.
„Den Fortschritt nicht zu nutzen kann schuldig machen“, warb der Referent für einen
verstärkten Dialog zwischen Bürgern, Verbrauchern und Landwirten. Es gelte, eine
artgerechte und ökologisch verantwortliche Produktionssteigerung über eine moderne und
standortangepasste Technologie zu erreichen. In der Landwirtschaft hat Sozialromantik heute
nach Auffassung des DLG-Präsidenten keinen Platz. Die aktuelle Agrarsituation könne nicht
mit der Landwirtschaft von früher verglichen werden.
Nach seiner Überzeugung müsse die Landwirtschaft der Zukunft innovativ und idyllisch
zugleich sein. Schützenswerte Kulturlandschaften seien dort entstanden, wo eine moderne und
wirtschaftlich erfolgreiche Landwirtschaft zusätzliche Ressourcen zur Verschönerung ihres
Lebensumfeldes erwirtschaften konnte. Innovationen, die eine höhere Produktivität
ermöglichen, schaffen erst die Ressourcen für eine lebendige, auch idyllische
Kulturlandschaft.
TAZ
06.04.2011
Die rätselhafte Welt des Sports
Die Wurst und der Trainer
KOLUMNE VON ACHIM BOGDAHN
Verspeist gern Nürnberger zum Frühstück: Uli Hoeneß. Foto: dpa
Fußball ist nichts für Vegetarier, denn im Fußball geht es um die Wurst. Zu Zweitligazeiten
hat beispielsweise die SpVgg Bayreuth auf ihren Trikots für die "Großschlächterei Wölfel"
geworben (und auch entsprechend gespielt, weswegen es bald bergab ging mit dem Verein).
Auch Karl-Heinz Wildmoser, der barocke, inzwischen verstorbene Fleischberg und 1860Präsident war Metzger. Aber nach wie vor sind Fußball und Fleisch unzertrennlich.
Beispiel FC Bayern: dessen Präsident Uli Hoeneß hat bekanntlich eine riesige Wurstfabrik in
Nürnberg, er ist Gesellschafter der HoWe Wurstwaren, die unter anderem das Oktoberfest,
Aldi und McDonald's mit Nürnberger Bratwürsten beliefern.
Dann ist da der Aufsichtsratsvorsitzende von den Champions-League-Helden aus Schalke,
Clemens Tönnies: Der ist einer der Wurstkönige Deutschlands, in seinen Fabriken werden pro
Jahr circa 11 Millionen Schweine geschlachtet, jeden Tag also etwa 30.000 Quieck! Und ein
Teil der Tiere sicher zugunsten von Schalke. Da könnte man entweder Dortmund-Fan oder
Veganer werden.
ACHIM BOGDAHN
Ist 45 Jahre alt, arbeitet seit 20 Jahren für den Bayerischen Rundfunk als Radiojournalist, ist
Schallplattenfreund und glühender Fan von 1860 München.
Aber Hoeneß und Tönnies verbindet noch etwas außer der Liebe zur Wurst und zum Fußball:
Sie sind beide Mitbegründer eines gemeinsamen Vereins! "Fleisch zur Freude der Kinder e.
V.", mittlerweile umbenannt in "Aktion Kinderträume. Verein der deutschen
Fleischwirtschaft e. V." (Schirmherrin Margit Tönnies). Dieser Verein unterstützt zum
Beispiel behinderte Kinder, die einmal eine Delfin-Therapie machen wollen (Delfine sind ja
auch irgendwie süßer als Schweinchen!).
Spaß-Event "Deutsche Zerlegemeisterschaften"
Um Gelder für diese Hilfsprojekte zusammenzutrommeln, veranstaltet der Kinderhilfsverein –
kein Witz! – alle zwei Jahre die "Deutsche/Europäische Zerlegemeisterschaft", in
Zusammenarbeit mit dem "Bundesverband Fleisch e. V." und dem "Deutschen Vieh- und
Fleischhandelsbund e. V.".
Bei der "European Deboning Championship" treffen sich Fleischer und Zerleger aus ganz
Europa auf dem Firmengelände der Tönnies-Fleischwerke und machen in einem spannenden
Wettkampf den besten Schweinezerleger unter sich aus. Im Vorlauf müssen pro Teilnehmer
"drei Schweineschultern ausgebeint werden". Zeitstrafen gibt es für "Stiche im Fleisch" oder
wenn noch "Fleischreste am Knochen hängen".
Das ganze wird auf große Videoleinwände übertragen, und man kann nur hoffen, dass keine
Kinder zuschauen. Eine Mischung aus "Texas Chainsaw Massacre" und "Schweinchen Dick"
jedenfalls, ganz großer Sport und den Schweinen machts bestimmt auch Spaß, wenn sie
posthum noch mal groß rauskommen, anstatt namenlos zu Sülze verarbeitet zu werden.
Wenn Hoeneß jetzt noch die 3 Millionen (!) fränkischen Rostbratwürste, die in seiner
Nürnberger Wurstfabrik täglich (!!) entstehen, also circa eine Milliarde (!!!) Rostbratwürste
pro Jahr der Aktion "Brot für die Welt" spenden würde, dann würde er endgültig unsterblich.
Tatsächlich musste sich aber der gute Mensch von der Säbener Straße letztes Wochenende
von den eigenen Fans anpöbeln lassen.
"Blaue Schweine schlachtet man und rettet sie nicht. Und Du willst Metzger sein, Uli?"
titelten die Bayern-Ultras auf einem Transparent gegen Hoeneß und seine Rettungsversuche
gegenüber dem pleitegegangenen Lokalrivalen (und Stadionmieter) 1860. Hoeneß ist seitdem
verschwunden.
Und Schweinemann Tönnies von Schalke? Hatte irgendwie die Schnauze voll von seinem
Trainer Felix Magath (wie vor ihm schon so mancher Verein) und feuerte ihn. Somit kommt
es nach Magaths Demission und seiner Wiederanstellung in Wolfsburg zu folgenden
Paarungen am kommenden Wochenende: Schalke (Ex-Magath-Verein) gegen Wolfsburg
(Magath-Verein). Frankfurt (Ex-Magath) gegen Bremen (Ex-Magath). Nürnberg (Ex-Magath)
gegen Bayern (Ex-Magath). Hamburger SV (Ex-Magath) gegen Dortmund (ähem, da war er
noch nicht).
Vielleicht sollte man jetzt schon mal eine Reihenfolge festlegen, in der in Zukunft
Bundesligavereine in Not ihren Quälix bekommen. Bei ihm gehts übrigens human zu: mit
Medizinball statt Motorsäge.
Ldw. Wochenblatt Westfalen-Lippe
Landwirtschaft "umbauen"?
Wilhelm Brüggemeier hatte keinen leichten Stand. Der WLV-Vizepräsident vertrat am
Freitag der vergangenen Woche Positionen zur Agrarpolitik, die die meisten der zwei
Dutzend Zuhörer im Düsseldorfer Landtag nicht teilten.
Das Gros der Gäste bei der Veranstaltung der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“
repräsentierte Institutionen aus den Bereichen des Natur- und Umweltschutzes sowie die ÖkoAnbauverbände, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sowie den
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Generalthema aller Referate waren die
Perspektiven der Landwirtschaft nach 2013.
Wer wird gefördert?
Norwich Rüße, agrarpolitischer Sprecher der „Grünen“-Landtagsfraktion, regte in der
Diskussion an, die Landwirtschaft solle so „umgebaut“ werden, dass sie landschaftsangepasst
sei. Vor allem der Maisanbau sei zu dominant. Grundsätzliche Kritik an der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) der EU übte der Europa-Abgeordnete Martin Häusling. Der Biobauer aus
Hessen beklagte die seiner Meinung nach ungerechte Verteilung der Direktzahlungen
zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb Deutschlands.
Geld für die Landwirtschaftspolitik werde es künftig nur noch geben, wenn die Bauern dafür
eine neue Begründung liefern könnten, so seine Prognose. Die Reformvorschläge von
Agrarkommissar Dr. Dacian Ciolos unterstützen die „Grünen“ im Europaparlament
weitgehend. Dass ihre GAP der Welternährung diene, sei dagegen die Lebenslüge der
Europäischen Union.
Greening oder Begrünung der Agrarpolitik werde vor allem auf den Gunststandorten benötigt.
Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, dass die Mittel aus der Zweiten Säule nicht zu
sehr für die Investitionsförderung „missbraucht“, sondern mehr auf die ländliche Entwicklung
zugeschnitten würden. Insbesondere die benachteiligten Regionen seien auf zusätzliche
Gelder angewiesen.
Greening kann schiefgehen
Wilhelm Brüggemeier dagegen warnte davor, dass Greening auch falsch gemacht werden
könne. Dann werde vor allem die Bürokratie gefördert, die Kosten für die Landwirte stiegen
und der Wettbewerb werde verzerrt. Für die Begrünung eigne sich eher die Zweite Säule der
GAP.
Der Landwirt aus Enger im Kreis Herford erinnerte auch daran, dass die Aufgabe der
Ernährungssicherung nicht außer Acht gelassen werden dürfe, und stellte schließlich die
Frage, ob im Interesse der verstärkten Energieerzeugung aus Erneuerbaren Quellen nicht
sogar die Intensivierung der Agrarproduktion angebracht sei.
Die Bedeutung der Direktzahlungen und den Mitteln aus der Zweiten Säule für die Landwirte
in NRW unterstrich Brüggemeier mit dem Hinweis, dass es insgesamt um ein Volumen von
rund 570 Mio. € pro Jahr gehe. Dagegen seien die von vielen kritisierten Exporterstattungen
in den vergangenen Jahren fast vollständig abgebaut worden.
Verlierer des laufenden Abschmelzungsprozesses bei den Prämien seien die leistungsstarken
und intensiv wirtschaftenden Betriebe, während Extensiv- und Grünlandbetriebe profitierten.
Außerdem betonte Brüggemeier, dass die vorgeschlagene Bindung der Direktzahlungen an
den Arbeitskräftebesatz nicht sinnvoll sei. Und schließlich wies er darauf hin, dass auch die
Nebenerwerbslandwirte „aktive Landwirte“ sind und deshalb Anspruch auf
Prämienzahlungen haben. Daran dürfe man nicht drehen. Ri
AGE
14- 2011
DEUTSCHLAND
FUTTERMITTELRECHT
Positivliste Einzelfuttermittel kein Garant für Lebensmittelsicherheit
Aber Transparenz und Orientierung gegeben - Entscheidend bleibt die praktische Anwendung
durch die einzelnen Unternehmen - Warnung aus der Wirtschaft vor einer
Risikoklassifizierung der einzelnen Futtermittel - Workshop von ZDL und
Bundeslandwirtschaftsministerium anlässlich zehn Jahre Positivliste für Einzelfuttermittel
BONN. Die Positivliste für Einzelfuttermittel der Normenkommission im Zentralausschuss
der Deutschen Landwirtschaft (ZDL) hat sich in den fast zehn Jahren ihrer praktischen
Anwendung als Instrument der Futtermittelsicherheit bewährt. Die Liste schafft Transparenz
und Orientierung, ist für sich genommen aber kein Garant für die Lebensmittelsicherheit,
denn entscheidend bleibt die Anwendung durch die einzelnen Unternehmen, wie dies auch der
Fall um dioxinverseuchtes Futter gezeigt hat. In dieser Einschätzung waren sich die
60 Fachleute einig, die am Workshop des ZDL und Bundeslandwirtschaftsministeriums mit
dem Titel „Zehn Jahre Positivliste für Einzelfuttermittel“ teilnahmen, der am vorigen
Mittwoch und Donnerstag in der Andreas-Hermes-Akademie (AHA) in Bonn stattfand. Der
Präsident des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt (LBV), Frank Z e d l e r , betonte, es
müssten Lösungen gefunden werden, wie das Vertrauen und die Verlässlichkeit in sichere
Futtermittel mit einer rechtsverbindlichen Positivliste für Einzelfuttermittel gestärkt werden
könne. Gebraucht werde jetzt eine gute Strategie, die Kommunikation und bessere
Vernetzung in der Lebens- und Futtermittelkette umzusetzen. Mit der Positivliste bestehe eine
gute Basis, hieran weiter zu arbeiten, sagte Zedler. Dr. Walter T ö p n e r vom
Bundeslandwirtschaftsministerium verteidigte die Pläne zur Verschärfung des nationalen
Futtermittelrechts. Bekanntlich sieht ein aktueller Verordnungsentwurf des Ressorts eine
Risikoklassifizierung für die einzelnen Futtermittel vor: Für Stoffe, die nicht in der
Positivliste aufgeführt sind, soll künftig wie für Fettsäuren ausnahmslos eine vollständige
Untersuchungspflicht gelten (vgl. LÄNDERBERICHTE 23 i.d.Ausg.). Töpner rechtfertigte
diese Maßnahme gegen Kritik aus der Wirtschaft. Man sei sich zwar den damit verbundenen
Wettbewerbsverzerrungen bewusst; der Verbraucherschutz habe aber für das Ressort höchste
Priorität, betonte der Unterabteilungsleiter.
Zweischneidiges Schwert
Dagegen warnte Dr. Michael B a u m von der Agravis Raiffeisen AG davor, die Positivliste
als Lenkungsmittel zu gebrauchen. Eine Risikoklassifizierung der Einzelfuttermittel sei ein
sehr zweischneidiges Schwert. Es könne dann nämlich sehr schnell dazu kommen, dass
Futtermittel, die mit einem höheren Risiko eingestuft würden, gar nicht mehr eingesetzt
werden könnten. Aber schon heute leide die Mischfutterindustrie tendenziell unter einer
Rohstoffknappheit. Für die Herstellung sicherer und qualitativ hochwertiger Futtermittel sind
nach Angaben von Baum drei Voraussetzungen entscheidend: Qualitativ hochwertige
Produkte von verlässlichen Lieferanten, stabile Geschäftsprozesse entlang der gesamten
Wertschöpfungskette sowie qualifizierte Mitarbeiter. Der Futtermittelexperte betonte, sehr
wichtig seien ein systematisches Lieferantenmanagement und eine eindeutige Spezifikation
der Produkte. Die Agravis beziehe Ware nur von zuvor nach Audits freigegebenen
Lieferanten und der Freigabe ihrer Produkte. Die Harles & Jentzsch GmbH, die den
Dionxinskandal verursacht habe, sei zu keinem Zeitpunkt Lieferant der Agravis gewesen, hob
Baum hervor. Er unterstrich außerdem die Wichtigkeit eines für das System kritischer
Kontrollpunkte (HACCP) zuständigen Teams. Jedes Futtermittelunternehmen müsse für sich
ein HACCP-Konzept erstellen. Die Kette sei nur so stark wie jedes Kettenglied.
Eine Erfolgsgeschichte
Zedler wies darauf hin, dass der Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft vor zehn
Jahren im April 2001 die Normenkommission mit der Erstellung und Pflege der Positivliste
für Einzelfuttermittel beauftragt habe. Dieses neutrale Expertengremium habe bis heute
350 Einzelfuttermittel bewertet und gelistet. Die deutsche Positivliste sei nunmehr bereits in
der neunten Auflage veröffentlicht worden. Neben der deutschen Ausgabe sei auch eine
englische Fassung für den deutschen Markt zur Verfügung gestellt worden. Die Liste sei
kostenfrei über das Internet ohne Einschränkung jedermann zugänglich. Zedler hob hervor,
dass die gesamte Kette vom Lebensmitteleinzelhandel über die Schlacht- und
Verarbeitungsbetriebe, die Landwirtschaft und die Futtermittelwirtschaft auf die Positivliste
als Sicherungsinstrument im stufenübergreifenden System der Qualität und Sicherheit GmbH
(QS) setze. Ebenso erlaube das Qualitätssicherungssystem Milch ausschließlich den Einsatz
der in der Positivliste aufgeführten Einzelfuttermittel. „Wir können mit Fug und Recht von
einer Erfolgsgeschichte der deutschen Positivliste sprechen“, so Zedler.
Positivliste in Partnerländern etablieren
Dr. Sabine K r u s e vom Bundeslandwirtschaftsministerium erläuterte, Ziel
futtermittelrechtlicher Regelungen sei es von jeher gewesen, Gefahren für Tier und Mensch
abzuwehren, die wirtschaftliche Entwicklung der Tierproduktion zu fördern und den lauteren
Handel mit Futtermitteln zu sichern. Ein wichtiger futtermittelrechtlicher Ansatz sei dabei von
Beginn an die Registrierung oder Zulassung von Futtermitteln gewesen. Damit sollten
Transparenz und Sicherheit im Futtermittelmarkt gefördert sowie unlautere Machenschaften
und Betrug verhindert werden. Die Positivliste Einzelfuttermittel des ZDL habe darüber
hinaus auch das Verantwortungsbewusstsein der Branchen beziehungsweise der Unternehmen
in der Kette gestärkt, stellte Kruse fest. Die entsprechende Rechtsgrundlage auf europäischer
Ebene stufte die Beamtin als unzureichend ein. Sie erwartet aktuell aber keine Änderungen
seitens der Europäischen Union. Kruse erklärte, es müsse nach Lösungen gesucht werden, wie
die deutsche Positivliste weiterentwickelt und auch in wichtigen Handelspartnerländern
Deutschlands etabliert werden könne.
Kein Freibrief
Katrin S p e m a n n von der Bonner QS-Gesellschaft stellte klar, dass die Positivliste kein
„Freibrief“ sei, wonach ein Produkt, das auf dieser Liste stehe, automatisch sicher sei. Die
Positivliste sei nur ein Hilfsmittel. Entscheidend seien die Umsetzungen der HACCPKonzepte in den Unternehmen. Spemann sprach sich für eine etwas stärkere
Risikoorientierung in der Normenkommission des ZDL aus. „Wir müssen uns überlegen, ob
ein bestimmtes Produkt wirklich zum Futtermittel wird, oder nicht besser als Substrat in die
Biogasanlage gehen sollte“, sagte Spemann. Allgemeine Defizite in der Kontrollpraxis sieht
Dr. Ingrid H ö h n vom brandenburgischen Verbraucherschutzministerium. Sie beklagte, es
gebe in Deutschland zwar viele Futtermittelrechtsexperten, aber kaum noch
Futtermittelexperten. Auf dem Gebiet der Futtermittelkunde sei mehr Forschungsarbeit
erforderlich. Auch müssten die Futtermittelkontrolleure stetig fortgebildet werden. Genauere
Kenntnisse der Positivliste seien da ein Anfang. Wünschenswert wären nach Ansicht von
Höhn auch ein regelmäßiger fachlicher Austausch und die gemeinsame Weiterbildung der
Futtermittelkontrolleure aller Kontrollsysteme auf regionaler und zentraler Ebene. AgE
DEUTSCHLAND/WELT
GEFLÜGELMARKT
Fast 1,59 Millionen Tonnen Geflügelfleisch brutto erzeugt
BONN. Die deutschen Geflügelmäster haben auch im vergangenen Jahr mächtig Gas
gegeben. Nach Angaben der „Marktinfo Eier & Geflügel“ (MEG) weist die gemeinsam mit
der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) abgestimmte GeflügelfleischVersorgungsbilanz für 2010 eine Bruttoeigenerzeugung von rund 1,588 Mio t aus, womit im
vierten Jahr in Folge eine Rekordmenge produziert wurde. Gegenüber dem Aufkommen von
2009 bedeutete dies eine Zunahme um 8,8 %; seit 2006 wuchs die Geflügelfleischerzeugung
in Deutschland um 34,0 %. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Nachfrage der
Bundesbürger nach Geflügelfleisch um 14,4 %. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch
belief sich 2010 auf 19,3 kg; das waren 500 g mehr als im Vorjahr. Mehr gefragt war vor
allem Hähnchenfleisch: Die MEG errechnete hierfür einen gegenüber 2009 um 6,3 %
größeren Inlandsverbrauch. Der mittlere Pro-Kopf-Verbrauch an Hähnchenfleisch wird auf
11,4 kg geschätzt. Obwohl die Verbraucher in Deutschland den Hähnchenfleischkonsum in
den vergangenen Jahren kräftig gesteigert haben, hinken sie dem EU-Durchschnitt von etwa
17 kg noch weit hinterher. Dies spricht der MEG zufolge für weiteres Wachstumspotential.
Der heimische Verbrauch von Putenfleisch ging 2010 um 200 g auf durchschnittlich 6,0 kg
pro Kopf zurück. Sehr dynamisch entwickelte sich im vergangenen Jahr der Export von
deutschem Geflügelfleisch: Ausgeführt wurden 683 100 t, was gegenüber 2009 einer
Steigerung um 11,9 % und gemessen am Niveau von 2006 einer Zunahme um 56,1 %
entsprach. Trotz dieses kräftigen Zuwachses ist Deutschland nach wie vor Nettoimporteur von
Geflügelfleisch. Die Importe nahmen 2010 um 3,3 % auf 863 200 t zu. Obwohl die Einfuhren
an Fleisch die Exporte übertreffen, berechnet die MEG für den deutschen Geflügelmarkt
einen Selbstversorgungsgrad von zuletzt 100,7 %. Dies erklärt sich dadurch, dass der
Selbstversorgungsgrad die Relation zwischen Verbrauch und Bruttoeigenerzeugung, also der
hierzulande gemästeten Tiere, wiedergibt. Derzeit werden demnach in Deutschland zwar
genügend Tiere gemästet, um den Inlandsbedarf an Geflügelfleisch zu decken; die hiesigen
Schlachtungen reichen aber noch nicht aus. AgE
DEUTSCHLAND
FIRMENNACHRICHTEN
Fleischmulti Marfrig steigert Umsatz und Gewinn deutlich
SAO PAULO. Der brasilianische Fleischverarbeiter Marfrig hat im vergangenen Jahr Umsatz
und Gewinn deutlich steigern können. Wie der global tätige Konzern mit Hauptsitz in Sao
Paulo in der vergangene Woche bekanntgab, kletterten die Nettoumsätze 2010 gegenüber dem
Vorjahr um 65 % auf 15,9 Mrd Real (6,9 Mrd Euro). Der Gewinn vor Steuern betrug 1,5 Mrd
Real (649,5 Mio Euro) und lag damit doppelt so hoch wie 2009. Hauptmotor der Entwicklung
waren die im vergangenen Jahr getätigten Zukäufe von Seara und Keystone Foods (AGRAEUROPE 14/10, LÄNDERBERICHTE 39 und 25/10, KURZMELDUNGEN 1). „Die
Akquirierung der Unternehmen hat Marfrig zu einem der weltgrößten Lebensmittelverarbeiter
gemacht“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Marfrig-Gruppe, Marcos Antonio
M o l i n a d o s S a n t o s . Derzeit agiere das Unternehmen in 22 Ländern auf fünf
Kontinenten. Unter Berücksichtigung des Beitrags von Seara und Keystone stiegen die
Bruttoumsätze 2010 um 14,2 % auf 20,6 Mrd Real (8,9 Mrd Euro). Mit dem Kauf des
nordamerikanischen Unternehmens Keystone wurde das Unternehmen zum Lieferanten von
Ketten wie McDonald’s, Campbell’s und Subway. Dagegen festigte Seara Marfrigs Position
auf dem brasilianischen Schweine- und Geflügelfleischmarkt. Auch in Europa ist der
Fleischriese aktiv. So übernahm er im Mai 2010 den nordirischen Geflügelfleischspezialisten
O’Kane Poultry. Bereits zwei Jahre zuvor stieg er bei Moy Park ein, einer Firma, die in
Nordirland, England, Frankreich und den Niederlanden präsent ist. Inzwischen erwirtschaftet
Marfrig mit Geflügel- und Schweinefleisch höhere Umsätze als mit Rindfleisch. Im
vergangenen Jahr waren es 9,0 Mrd Real (3,9 Mrd Euro) gegenüber 6,9 Mrd Real
(3,0 Mrd Euro). AgE
Umrechnung: 1 Real = 0,4330 Euro
DEUTSCHLAND
Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern als starke Stimme
Ministerpräsident Sellering würdigt Verband - Garant für den Zusammenhalt der
Landwirtschaft - Wettbewerbsfähige Strukturen erhalten - Regierungschef bekräftigt
Bereitschaft zur Übernahme der BVVG-Flächen - Sonnleitner erinnerte an Umbruchjahre Tietböhl verlangt Verständnis für ostdeutsche Landwirtschaft - Festakt zum 20-jährigen
Bestehen des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern
NEUBRANDENBURG. Als „starke Stimme in Politik und Gesellschaft“ hat MecklenburgVorpommerns Ministerpräsident Erwin S e l l e r i n g den Bauernverband des Landes
gewürdigt. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern sei ein Partner, „der Gewicht hat
und geachtet wird“, lobte Sellering bei einer Veranstaltung zum 20-jährigen
Verbandsjubiläum in Neubrandenburg. Der Verband sei Garant für den Zusammenhalt unter
den landwirtschaftlichen Betrieben und eine hartnäckiger Verfechter landwirtschaftlicher
Interessen. Der Regierungschef verwies auf die gewaltigen Umbrüche, die die Landwirte in
Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung zu bewältigen hatten. Inzwischen zeige sich, dass
die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern diese Umwälzungen insgesamt erfolgreich
gemeistert habe. Sellering: „Unsere Betriebe gehören heute zu den modernsten und
leistungsfähigsten in Europa.“ Politisches Ziel sei es, diese wettbewerbsfähigen Strukturen zu
erhalten. Daher trete die Landesregierung beispielsweise dafür ein, „dass der Boden zu fairen
Preisen an denjenigen verkauft wird, der ihn auch bewirtschaftet“, so der SPD-Politiker zur
Diskussion um die weitere Privatisierung der Flächen der Bodenverwertungs- und verwaltungsgesellschaft (BVVG). Sellering betonte zugleich das Interesse des Landes an
einer Übernahme der BVVG-Flächen. Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes
(DBV), Gerd S o n n l e i t n e r , erinnerte an den schwierigen Umbruch der ostdeutschen
Landwirtschaft, der auch zu Konflikten in den Dörfern geführt habe. Die
Entstehungsgeschichte des Bauernverbandes sei jedoch der Beweis, „wie zielstrebig, aber
auch flexibel der Einigungsprozess der Bauern in Mecklenburg-Vorpommern vorangetrieben
wurde.“ Verständnis für die Besonderheiten der ostdeutschen Landwirtschaft in Politik und
Gesellschaft forderte Landesbauernverbandspräsident Rainer T i e t b ö h l ein.
Keine Agrarfabriken
„Wir haben keine Agrarfabriken, sondern Ställe und Stallanlagen, die genehmigungspflichtig
sind und in denen nur gesunde Tiere entsprechende Leistungen erzielen“, betonte Tietböhl. Er
sprach von „purer Ideologie, manchmal sogar gepaart mit Borniertheit“, denen insbesondere
tierhaltende Betriebe im Zuge des jüngsten Dioxinskandals ausgesetzt gewesen seien. „Wer
tagtäglich, auch an Sonn- und Feiertagen, in den Stall geht und ordentliche Arbeit verrichtet,
hat Anerkennung verdient und nicht Angriffe“, so der Bauernverbandspräsident. Mit
Nachdruck wies er Forderungen nach einer Kappung der EU-Direktzahlungen zurück: „Es
gibt keine Begründung, warum der erste Hektar einen anderen Betrag bekommen soll als der
letzte, wenn damit erbrachte Leistungen und die Einhaltung von hohen Standards in der
Landwirtschaft honoriert werden.“ Eine Kappung wäre zudem laut Tietböhl „höchst einseitig
gegen die neuen Länder gerichtet“. Für den Verband sei die Position zur Kappung ein
VERBÄNDE
wichtiger Prüfstein der Politik, so der Präsident im Hinblick auf die bevorstehende
Landtagswahl im September. Einen Kurswechsel mahnte Tietböhl in der Bodenpolitik der
BVVG an. Nur eine erneute langfristige Verpachtung für zwölf oder 15 Jahre könnte seiner
Einschätzung nach den unter Druck geratenen Bodenmarkt entlasten. Kurzfristig müsse
sichergestellt werden, dass Direktverkäufe an Pächter nicht zum Verkehrswert erfolgten,
sondern auf der Basis von gutachterlich ermittelten Preisen.
Betriebe wetterfest machen
DBV-Präsident Sonnleitner sieht eine wichtige Aufgabe für den Berufsstand derzeit darin, die
Betriebe „wetterfester“ zu machen für stark schwankende Agrarmärkte. Dazu gehöre sowohl
die Schaffung eines untersten Sicherheitsnetzes durch staatliche Intervention bei der
anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) als auch die Einführung einer
stabilisierenden Risikoausgleichsrücklage auf nationaler Ebene. Bei der EU-Agrarreform
komme es darauf an, die „äußerst moderne und zukunftsweisende“ Umsetzung der GAPBeschlüsse von 2003/04 in Deutschland zu erhalten. Sonnleitner: „Wer den Direktausgleich
für Grünland und Acker gleich ausgestaltet, wer 25 % der landwirtschaftlichen Fläche unter
Schutz stellt, der braucht ein neuerliches Greening nicht.“ Deutschland habe mit der
Entkopplung der Direktzahlungen und der Loslösung von historischen Bezügen eine
Vorreiterrolle in der Europäischen Union eingenommen. Ziel müsse es sein, „dass die anderen
Mitgliedstaaten aufschließen und bis 2020 wieder mehr Einheitlichkeit in der EU erreicht
wird.“ AgE
DEUTSCHLAND
Die Agrarpolitik in Deutschland wird wieder grüner
Bündnis 90/Die Grünen stellen möglicherweise künftig die Landwirtschaftsminister in BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz - Koalitionen mit der SPD in beiden Ländern absehbar Spekulation über Namen - Kontinuität in Sachsen-Anhalt
STUTTGART/MAINZ. Die agrarpolitische Landschaft in Deutschland wird sich nach den
Landtagswahlen vom vorletzten Sonntag deutlich verändern. Dazu dürfte insbesondere das
gute Abschneiden von Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
beitragen. In beiden Ländern werden die Grünen mit großer Wahrscheinlichkeit in der
künftigen Landesregierung vertreten sein. Zwar ist dem Vernehmen nach bislang weder über
Inhalte noch Zuschnitte von Ressorts gesprochen werden. Sowohl in Baden-Württemberg als
auch in Rheinland-Pfalz gilt die Landwirtschaftspolitik jedoch als ein Schwerpunkt der Partei,
so dass es keine Überraschung wäre, sollten in beiden Ländern künftig grüne
Landwirtschaftsminister die Richtung vorgeben. Dies gilt umso mehr, als die Grünen gerade
in diesem Bereich über „ministrable“ Fachpolitiker verfügen und sich das Interesse der SPD
an diesem Politikfeld traditionell in Grenzen hält. Während damit im Südwesten der Republik
in den Landesagrarpolitiken die Zeichen auf Neuausrichtung stehen, ist in Sachsen-Anhalt
Kontinuität angesagt. Dort haben CDU und SPD inzwischen ihren Willen zur Fortführung
ihrer Zusammenarbeit bekundet und sind in Koalitionsverhandlungen eingetreten. CDUVerhandlungsführer für den Agrar- und Umweltbereich ist der bisherige und wohl auch
künftige Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko A e i k e n s . Der äußerte sich Ende
letzter Woche zuversichtlich über einen baldigen Abschluss der Verhandlungen.
Bonde als Kandidat
In Baden-Württemberg haben Grüne und SPD am letzten Donnerstag ihre
Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Der achtköpfigen Verhandlungsgruppe der Grünen
AGRARPOLITIK
unter Leitung des bisherigen Fraktionschefs im Stuttgarter Landtag und designierten
künftigen Ministerpräsidenten Winfried K r e t s c h m a n n gehört mit dem
Bundestagsabgeordneten Alexander B o n d e ein denkbarer Kandidat für ein mögliches
Ressort für Landwirtschaft und ländlichen Raum an. Der 36-jährige Jurist und
Verwaltungswirt ist haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion und stellvertretendes
Mitglied im Ernährungsausschuss. Als Berichterstatter für den Einzelplan 10 hat sich Bonde
im Bundestag wiederholt kompetent zu agrarpolitischen Fragen geäußert. Der bisherige
Landwirtschaftsminister Rudolf K ö b e r l e hat sein Direktmandat im Wahlkreis
Ravensburg verteidigt und gehört dem neuen Landtag an.
Neuzuschnitt wahrscheinlich
Einen Wechsel in der Zuständigkeit für die Landwirtschaft wird es mit Sicherheit auch in
Rheinland-Pfalz geben. Dort ist der bisherige Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister
Hendrik H e r i n g inzwischen zum neuen Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion gewählt
worden. In Rheinland-Pfalz ist die SPD nach herben Verlusten künftig auf einen
Koalitionspartner angewiesen. Dies werden aller Voraussicht nach die Grünen sein. Zwar
haben die Grünen, die zuletzt nicht dem Landtag angehörten und mit knapp 15 % den
Wiedereinzug geschafft haben, auch Sondierungsgespräche mit der nur knapp hinter der SPD
liegenden CDU geführt; eine rot-grüne Koalition gilt in Mainz dennoch als die sehr
wahrscheinliche Variante. Die Grünen dürften in den anstehenden Verhandlungen bestrebt
sein, die Landwirtschaft vom Wirtschaftsministerium wieder abzutrennen und ein neues
Ressort mit der Zuständigkeit für Landwirtschaft, Weinbau, ländlichen Raum,
Verbraucherschutz sowie möglicherweise auch Umwelt zu schaffen. In ihrem Wahlprogramm
spricht sich die Partei für eine Stärkung von regionaler und qualitätsorientierter
Nahrungsmittelerzeugung aus, plädiert für einen Ausbau der Ökoförderung und will den
Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft verbessern. Als mögliche Kandidatin für ein
Ministeramt in Mainz wird die langjährige Bundestagsabgeordnete und ausgewiesene
Agrarexpertin Ulrike H ö f k e n gehandelt. Die Diplomagraringenieurin hat sich in der
Vergangenheit und zuletzt im Landtagswahlkampf stark in der Landespolitik engagiert.
CDU bei Bauern deutlich vorn
Unterdessen zeigen Wahlanalysen, dass bei den Landwirten die CDU sowohl in BadenWürttemberg als auch in Rheinland-Pfalz mit Abstand am besten abgeschnitten hat. Wie aus
einer Befragung der Forschungsgruppe Wahlen am Wahlsonntag hervorgeht, erreichten die
Christdemokraten in Baden-Württemberg bei den Landwirten einen Stimmenanteil von 80 %.
Damit konnte die CDU ihr Ergebnis bei der letzten Landtagswahl noch einmal um 4
Prozentpunkte steigern und ihre dominierende Position bei den Landwirten weiter ausbauen.
An zweiter Stelle bei den Landwirten rangieren die Grünen mit 9 % der Stimmen. Die
künftige Regierungspartei konnte ihren Anteil bei den Landwirten gegenüber 2006 mehr als
vervierfachen. Alle anderen Parteien haben Stimmen eingebüßt. Die FDP kommt bei den
Landwirten im Südwesten auf 6 %, die SPD auf 3 %. Für Rheinland-Pfalz weisen die
Wahlforscher bei den Landwirten ebenfalls die CDU als deutlichen Gewinner der
Landtagswahl aus. Danach legte die CDU bei den Landwirten um 4 Prozentpunkte zu und
kam auf 57 %. Einen Zuwachs um 2 Prozentpunkte verzeichnet aber auch die SPD, bei der
immerhin 22 % der rheinland-pfälzischen Landwirte ihr Kreuzchen machten. Eindeutiger
Verlierer der Landtagswahl bei den Landwirten ist die FDP. Die Liberalen büßten 10
Prozentpunkte ein, landeten nach dem sehr guten Ergebnis von 2006 mit 9 % aber noch auf
Rang drei. Die Grünen legten in Rheinland-Pfalz um 6 Prozentpunkte zu und erzielten nach
dem desaströsen Ergebnis von 2006 nunmehr einen Stimmenanteil bei den Landwirten von
immerhin 7 %.
Absage an schwarz-gelbe Agrarpolitik
Der agrarpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Friedrich O s t e n d o r f f ,
wies darauf hin, dass seine Partei in Baden-Württemberg auch im ländlichen Raum sehr gute
Ergebnisse erzielt habe. In keinem Wahlkreis hätten die Grünen weniger als 10 % erreicht,
teilweise liege das Ergebnis auf dem Land noch über dem sehr guten Landesdurchschnitt.
Ostendorff sieht darin auch eine „deutliche Absage an die überholte Agrarpolitik von
Schwarz-Gelb und ein klares Votum für eine ökologische und soziale Agrarwende“. Die
Menschen auf dem Land hätten eine ökologische, bäuerliche Landwirtschaft und besseren
Artenschutz, Tierschutz und Umweltschutz gewählt. „Abgewählt haben sie
Massentierhaltung, Gentechnik und die Industrialisierung der Landwirtschaft“, so der GrünenPolitiker. Stellvertretend für die Ergebnisse der Grünen im ländlichen Raum nannte
Ostendorff den Wahlkreis Emmendingen, wo der Stimmanteil der Grünen von 13,2% im Jahr
2006 auf nunmehr 30,4 % angestiegen ist. Nicht weniger bemerkenswert sei jedoch der
Stimmzuwachs in Wahlkreisen, in denen die Grünen früher kaum die 5 %-Hürde geschafft
hätten. In Regionen wie Geislingen, Balingen, Neckar-Odenwald oder Main-Tauber habe sich
der Stimmanteil der Grünen verdreifacht und liege nunmehr bei jeweils 15 bis 20 %. AgE
DEUTSCHLAND/EU
Geflügelfleisch erfreut sich wachsender Beliebtheit
Branche begrüßt die Expansion des deutschen Marktes - Im vergangenen Jahr ist der ProKopf-Verbrauch an Geflügel bei einem insgesamt eher stagnierenden Fleischkonsum auf
19,3 Kilogramm gestiegen - Der ZDG verweist auf die positiven ernährungsphysiologischen
Eigenschaften - Zudem passt Geflügel mit seiner Angebotsform der frischen Teilstücke gut zu
einer modernen und gesunden Ernährungsweise - Die heimischen Produzenten haben den
Selbstversorgungsgrad auf mehr als 100 Prozent gesteigert
BERLIN. Geflügelfleisch erfreut sich in Deutschland weiter einer wachsenden Beliebtheit.
Das belegen nach Angaben des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG)
aktuelle Verbrauchszahlen, die vergangene Woche von der „Marktinfo Eier & Geflügel“
(MEG) vorgelegt wurden (vgl. MARKT + MEINUNG 7 i.d. Ausg.). Demnach ist der ProKopf-Verbrauch von Geflügelfleisch von 18,7 kg im Jahr 2009 auf 19,3 kg in 2010
angestiegen. Dabei verzeichnete der Hähnchensektor im vergangenen Jahr mit einem Anstieg
des Durchschnittsverbrauchs auf 11,4 kg eine Steigerung von 600 g gegenüber 2009. Auf
einem konstant hohen Niveau blieb der Putensektor mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 6 kg.
ZDG-Geschäftsführer Dr. Thomas J a n n i n g sieht vielfältige Gründe für die steigende
Nachfrage von Geflügelfleisch bei einem insgesamt eher stagnierenden Fleischkonsum.
Neben den positiven ernährungsphysiologischen Eigenschaften passe Geflügel mit seiner
Angebotsform der frischen Teilstücke gut zu einer modernen und gesunden Ernährungsweise,
beschreibt er einen der Gründe für den Erfolg der Branche. So liege der Anteil der Frischware
im Geflügelbereich bei mehr als 70 %.
Chancen im Export steigen
Neben dem Verbrauch von Geflügelfleisch ist 2010 nach Angaben der MZG auch die
heimische Erzeugung gestiegen. Insgesamt lag die Nettoproduktion an Hähnchenfleisch im
vergangenen Jahr bei 807 000 t. Und auch der Putenmarkt weist mit einer um 40 000 t auf
481 000 t gestiegenen Nettoerzeugung einen deutlich ausgebauten Selbstversorgungsgrad von
89,7 % aus; ein Jahr zuvor hatte dieser erst bei 75,6 % gelegen. Janning zeigte sich erfreut
über diesen Wachstumskurs. Damit komme die heimische Geflügelwirtschaft der weiterhin
steigenden Nachfrage der Verbraucher nach frischem deutschem Geflügelfleisch nach. Zum
anderen schaffe sich die deutsche Geflügelwirtschaft aufgrund des wachsenden
internationalen Appetits auf Geflügel mit den derzeit weiter steigenden
GEFLÜGEL
Erzeugungskapazitäten gute Chancen, auch am internationalen Wettbewerb teilzunehmen.
Derzeit liege der Selbstversorgungsgrad von Geflügelfleisch in Deutschland bei 100,7 %, und
von einer Sättigung des Absatzmarktes könne keine Rede sein.
Hohe Erzeugungsstandards gefragt
Die Vorzüge von in Deutschland erzeugtem Geflügelfleisch liegen Janning zufolge auf der
Hand: In Deutschland gebe es hohe Erzeugungsstandards, die ganz im Sinne einer
nachhaltigen Erzeugung in ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Gleichgewichtung
stünden. Neben hohen Tierschutzanforderungen werde in Deutschland jeder Stallneubau
einem strengen standortbezogenen Genehmigungsverfahren unter Berücksichtigung des
umfassenden Rechtsrahmens unterzogen. Dabei kämen neueste wissenschaftliche
Erkenntnisse sowie modernste Technik zum Einsatz. Natürlich unterstützten diese
Technologien den Halter, ersetzten aber nicht dessen Sachkunde und Qualifizierung, betonte
der ZDG-Geschäftsführer. Jeder Landwirt müsse in Deutschland über einen
geflügelspezifischen Sachkundenachweis verfügen, bevor er überhaupt die Genehmigung
erhalte, Puten oder Hähnchen aufzuziehen.
Vergleichsweise ressourcenschonende Erzeugung
Janning verwies in diesem Zusammenhang auf eine Ende 2010 abgeschlossene Studie der
Europäischen Union zur Bewertung des Tierhaltungsbereichs in den 27 EU-Mitgliedstaaten,
in der die hohen deutschen Standards bei der Geflügelfleischerzeugung bestätigt würden. Und
auch für die Verbraucher, die Wert auf eine ressourcenschonende Erzeugung ihrer
Lebensmittel Wert lägen, böte Geflügelfleisch gegenüber anderen Fleischarten Vorteile. Die
Studie komme beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Anteil der gesamten Emissionen der
europäischen Tierhaltung lediglich einen Anteil von 9,1 % an den gesamten
Treibhausgasemissionen ausmachte. Darüber hinaus belege sie, dass die
Treibhausgasemissionen aus der Geflügelfleischerzeugung - angegeben in der Einheit
Kilogramm eines Produkts - mit 5 kg CO2-Äquivalent vergleichsweise ressourcenschonend
seien. AgE
EU/WELT
ORGANISATIONEN
Neuer Weltbauernverband gegründet
Nachfolgeorganisation für IFAP geschaffen - Gründungstreffen in Brüssel Generalversammlung soll im Herbst in Südafrika tagen - Noch keine Personalentscheidungen
- Verbesserung der Lebensbedingungen und Stärkung der ländlichen Entwicklung als zentrale
Ziele - Rolle der Bauern in der Wertschöpfungskette verbessern
BRÜSSEL. Nach dem Ende des Weltbauernverbandes (IFAP) haben führende
berufsständische Organisationen von verschiedenen Kontinenten vergangene Woche ein
neues Dachgremium, die „World Farmers Organisation“ geschaffen. Sitz der neuen
Organisation soll Rom sein. Eine Generalversammlung, auf der die wichtigsten Personalien
festgezurrt werden sollen, ist für den Herbst in Südafrika angesetzt. Die Mitglieder des für
eine Übergangszeit nun amtierenden Vorstandes kommen aus Südafrika, Großbritannien,
Kanada und Japan. Der neue Präsident der World Farmers Organisation muss noch bestimmt
werden. Für die berufsständische Vertretung ist das Aus der IFAP nach finanziellen
Schwierigkeiten des einst in Paris ansässigen Dachverbandes ein Rückschlag. Immerhin war
der letzte IFAP-Präsident, der indischstämmige Ajay V a s h e e aus Sambia, der erste IFAPChef aus einem Entwicklungsland. Vashee bezeichnete es gegenüber dem Presse- und
Informationsdienst AGRA-EUROPE am vergangenen Donnerstag als „unglückliche
Entwicklung“, dass sich die IFAP nicht habe weiter entfalten können. Einen Grund dafür sieht
er in Missverständnissen auf Seiten bestimmter Länder, nachdem es einen Lösungsansatz für
die finanziellen Probleme gegeben hatte. Vashee begrüßte die Schaffung der World Farmers
Organisation, machte aber gleichzeitig auf Strömungen zur Schaffung eines weiteren
Dachverbandes aufmerksam, die sich aus Asien, Afrika, Lateinamerika und
Mittelmeerländern speisen sollen. Ein Treffen sei im Juni geplant. Vashee zeigte sich
zuversichtlich, dass die beiden Strömungen zueinanderfinden und es eine vereinte
Weltbauernorganisation gibt.
Erklärung verabschiedet
Mit einer in Brüssel verabschiedeten Erklärung wollen die mehr als 50 GründungsOrganisationen der World Farmers Organisation aus 42 Ländern nun nach vorne schauen. Als
Hauptziel der neuen Organisation werden die Verbesserung des Lebensstandards auf den
Bauernhöfen, die Stärkung der ländlichen Räume sowie die Sicherung der Welternährung
genannt. Die Investitionen in die Landwirtschaft müssten forciert werden, heißt es in der
Erklärung vor dem Hintergrund einer bis 2050 erwarteten Steigerung der Nachfrage nach
Lebensmitteln um wenigstens 70 %. Zu den Zielen der World Farmers Organisation gehört
darüber hinaus eine Stärkung der Landwirte in der Wertschöpfungskette für Lebensmittel.
Dies soll den Farmern und Genossenschaften helfen, mit extremen Preisschwankungen
umzugehen und ihre Erlössituation zu verbessern. Als weiteres Ziel wird mehr Teilhabe der
Bauern an einer nachhaltigen ländlichen Entwicklung genannt. Zu den Herausforderungen der
Zukunft zählt die World Farmers Organisation in diesem Zusammenhang unter anderem den
Klimawandel und den Generationswechsel. Aus Deutschland gehört der Deutsche
Bauernverband (DBV) zu den Gründungsmitgliedern der World Farmers Organisation. Auf
europäischer Ebene sind die EU-Ausschüsse der Bauernverbände und ländlichen
Genossenschaften (COPA/COGECA) mit von der Partie. Aus den USA sind das Farm Bureau
und die National Farmers Union (NFU) mit dabei, aus Afrika waren laut COPA-Angaben
sechs Länder vertreten. Bei dem Auftakttreffen in Brüssel waren unter anderem auch der
Dachverband der Pflanzenschutzindustrie CropLife International und die BASF präsent. AgE
DEUTSCHLAND
Strenge Auflagen für Futtermittelhersteller vorgelegt
Zulassungspflicht vorgesehen - Trennung der Produktionsströme soll bei Futterfettherstellern
durchgesetzt werden - Nationale Positivliste soll Funktion bei Risikobewertung erhalten Kontrollpflicht für bestimmte Produkte - Scharfe Kritik vom DVT - Die Last der
Untersuchungen liegt bei den Mischfutterherstellern
BERLIN. In Reaktion auf den Dioxinskandal im Januar strebt
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r eine Zulassungspflicht für
Futtermittelhersteller in Deutschland sowie verschärfte Vorgaben für Eigenkontrollen der
Unternehmen an. Zehn Wochen nach Vorlage des 14-Punkte-Plans von Bund und Ländern
liegt jetzt im Entwurf die 41. Änderungsverordnung zur Futtermittelverordnung vor, mit der
weitere im Winter angekündigte Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Betriebe, die
Futterfette oder Futterfettsäuren herstellen, werden demnach ebenso einer Zulassungspflicht
unterworfen wie Transporteure und Inverkehrbringer solcher Produkte. Darüber hinaus
müssen Unternehmen, die Futterfette produzieren, ihre Produktionsströme klar voneinander
trennen. Fette und Öle, die für die Herstellung von Futtermitteln, Lebensmitteln oder
Arzneimitteln bestimmt sind, dürfen nicht in derselben Anlage hergestellt werden wie Fette,
die in der industriellen Produktion, zum Beispiel bei der Papierherstellung, eingesetzt werden.
„Die Trennung der Produktionsströme ist ein weiterer wichtiger Baustein des Aktionsplans.
Wir setzen alle geplanten Maßnahmen mit Hochdruck um und erhöhen so die Sicherheit der
Futtermittelkette“, erklärte Aigner vergangene Woche in einer Presseinformation. Scharfe
Kritik erntete sie in der Futtermittelwirtschaft. Der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes
FUTTERMITTEL
Tiernahrung (DVT), Bernhard K r ü s k e n , sprach von Aktionismus. Weil die
Untersuchungspflicht nur bei den Mischfutterherstellern ansetze, müsste sich laut seiner
Einschätzung auf der Rohstoffseite für eine Firma wie Harles & Jentzsch, bei der das
kontaminierte Futteröl als Auslöser des jüngsten Skandals gefunden worden war, laut den nun
vorgelegten Plänen gar nichts ändern.
Risikokategorien geschaffen
Bei den Eigenkontrollen werden künftig nach den Planungen Aigners Tests auf Dioxin,
Furane oder dioxinähnliche Stoffe vorgeschrieben. Dabei ist laut dem Verordnungsentwurf
eine relativ kleine Chargengröße der Einzelfuttermittel von 200 t vorgesehen. Erst wenn die
Untersuchungsergebnisse vorliegen, soll mit der Herstellung des Mischfuttermittels begonnen
werden dürfen. Die Untersuchungen erfolgen in Risikokategorien, die besonders kritische
Stoffe stärker unter die Lupe nehmen. Fettsäuren müssen beispielsweise vor der Verwendung
ausnahmslos, das heißt zu 100 %, überprüft werden. Gleiches gilt laut
Bundeslandwirtschaftsministerium für Einzelfuttermittel, die nicht in der nationalen
Positivliste stehen. Sie unterliegen ebenfalls einer vollständigen Untersuchungspflicht. Stoffe,
bei denen das Risiko einer Kontamination laut den Annahmen der Politik geringer ausfällt,
beispielsweise reine Pflanzenöle aus Ölmühlen oder Fischerzeugnisse, müssen je nach
Risikoklasse zu 50 % beziehungsweise zu 20 % untersucht werden. Kurz nach
Veröffentlichung von Aigners Plänen wurde vergangene Woche in Fischöl aus Niedersachsen
ein deutlich zu hoher Dioxinwert gemessen.
Kostenfaktor
DVT-Geschäftsführer Krüsken sieht in dem Entwurf aufgrund der einseitigen Belastung der
Mischfutterunternehmen bei den Kontrollpflichten eine „Unvereinbarkeit mit dem Prinzip der
Futtermittelkette“. Probleme hat er auch mit der im Verordnungsentwurf auf eine Taktung
von 200 t angesetzten Häufigkeit von Dioxinkontrollen. Die Untersuchungen sind angesichts
von Preisen von 500 Euro bis 600 Euro je Probe für den Dioxintest nicht zuletzt ein
Kostenfaktor. Die geplanten Gesetzesänderungen sind nach Krüskens Meinung „in vielen
Punkten eher Ausdruck des Aktionismus als eine tatsächliche Verbesserung der
Futtermittelsicherheit“. Solle die nationale Positivliste für Futtermittel als Instrument der
Risikobewertung herangezogen werden, müsste diese nach seinem Dafürhalten zudem anders
organisiert werden. Auf dieser Liste stehen derzeit etwa 340 Produkte, auf einem
entsprechenden EU-Katalog sind es hingegen 600 Produkte. Mit der Forderung nach einer
EU-weit verpflichtenden Positivliste steht Aigner in Brüssel auf verlorenem Posten.
Risikokommunikation des Staates kritisiert
Mit den neuen Vorschriften würde das Aufkommen an gezogenen Proben in Deutschland im
Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten stark steigen. Krüsken warnt vor diesem
Hintergrund vor nationalen Alleingängen und Datenfriedhöfen und sprach von „Gesetzgebung
im Affekt“. Die erste Gesetzesinitiative nach dem Dioxinskandal hatte das Bundeskabinett
bereits im Februar beschlossen, darunter die Meldepflicht für private Labore. Diese sollen
künftig bedenkliche Messergebnisse zu gesundheitlich nicht erwünschten Stoffen bei
Futtermitteln und Lebensmitteln automatisch den zuständigen Überwachungsbehörden
melden. Außerdem wird mit der Novelle des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches
(LFGB) ein Dioxin-Frühwarnsystem mit vierteljährlichen Lageberichten eingeführt. Krüsken
gab mit Blick auf die angestrebte Meldepflicht zu bedenken, nicht immer sei ein Labor in der
Lage zu beurteilen, ob ein Produkt sicher sei, schon weil diesem nicht alle Informationen
vorlägen. Datenfriedhöfe befürchtet er, weil laut dem LFGB-Entwurf sämtliche Ergebnisse
von Eigenkontrollen an die Behörden gemeldet werden sollen. Mit Blick auf den
Dioxinskandal im Januar bemängelte der DVT-Geschäftsführer eine fehlende Abstimmung
und Einheitlichkeit bei der Risikokommunikation der staatlichen Stellen in Richtung
Verbraucher und der sich daraus ergebenden Verunsicherung. Das habe letztlich auch die
Exportmärkte in schwere Turbulenzen gebracht.
vzbv: Gemischte Bilanz
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zog vergangene Woche eine gemischte
Bilanz zum Stand der Umsetzung des 14-Punkte-Plans. "Während die Bundesregierung
Maßnahmen zügig in Angriff genommen und zum Teil schon umgesetzt hat, bin ich mit Blick
auf die Länder und die Wirtschaft nach wie vor skeptisch, dass es zu einem echten
Paradigmenwechsel in der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung und
Informationskultur kommen wird", sagte vzbv-Vorstand Gerd B i l l e n . Er forderte die
Bundesländer zu konsequenterem Handeln auf. Diese sollten mehr Geld und Personal für
zusätzliche Aufgaben bereitstellen. Die Erfahrungen aus dem Gammelfleisch-Skandal hätten
gezeigt, wie rasch der Ruf nach einer den gleichen Qualitätszielen verpflichteten
Lebensmittelüberwachung und einem Benchmark verhallen könne. Viele offene Fragen gibt
es für den vzbv im Bereich der Verbraucherinformation. Billen rief die Wirtschaft auf, ihre
Eigenkontrollsysteme zu optimieren.
Schon wieder Dioxinbefund
Unterdessen wurde in Niedersachsen schon wieder Dioxin in einem Futtermittelbestandteil
festgestellt. Wie das Landwirtschaftsministerium in Hannover am vergangenen Donnerstag
mitteilte, wurde in einem Fischmehlbetrieb die Abgabe eines Ergänzungsfuttermittels,
nämlich Futteröl, mit einem hohen Anteil an Lachsöl gesperrt und der Rückruf bereits
ausgelieferter Ware veranlasst. Die von dem niedersächsischen Betrieb belieferten sieben
Mischfutterhersteller in Österreich, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg
seien informiert worden. Die Dioxinkonzentration lag den Angaben zufolge bei 6,33 ng
Dioxin und dl PCB pro Kilogramm Öl, bei einem erlaubten Höchstwert von 1,5 ng/kg. Eine
erste Risikobewertung habe zu dem Ergebnis geführt, dass in dem so hergestellten
Mischfutter die Belastung an Dioxin und dl PCB weit unter der festgelegten Höchstmenge
von 1,5 ng/kg liege. Deshalb seien in Bezug auf die Futtermittel oder damit gefütterte Tiere
zurzeit keine Maßnahmen zu veranlassen. „Im Gegensatz zum gerade überstandenen
Dioxingeschehen in Futtermitteln ist hier die Ursache für die Belastung bekannt und es liegt
ausreichendes Datenmaterial für die Risikobewertung vor“, meinte Landwirtschaftsminister
Gert L i n d e m a n n . Man könne deshalb „mit hoher Sicherheit eine Gefährdung der Tiere
oder für die Verbraucher“ ausschließen. Festgestellt worden war die zu hohe
Dioxinkonzentration in dem verwendeten Lachsöl von einem bayerischen Untersuchungsamt.
Die Belastung des Lachses in der natürlichen Umwelt mit Dioxinen und dl PCB sei bekannt,
so das Agrarressort in Hannover. Bei der Herstellung von Lachsöl würden die Rückstände
aufkonzentriert. AgE
DEUTSCHLAND
Mischfutterproduktion nahe der 22-Millionen-Tonnen-Marke
Neues Rekordaufkommen in diesem Jahr erwartet - Weiteres Wachstum in der Schweinemast
trägt die Entwicklung - Mastgeflügelbereich weit über dem Durchschnitt - Trendumkehr beim
Rinderfutter - Regional gegenläufige Entwicklungen - Krüsken kritisiert politische Reaktion
auf Dioxinkrise
BERLIN. Die deutschen Mischfutterhersteller rechnen 2011 trotz der Dioxinkrise zum
Jahresauftakt insgesamt mit einer weiteren Markterholung. Wie der Präsident des Deutschen
Verbandes Tiernahrung (DVT), Helmut W u l f , am vergangenen Mittwoch vor Journalisten
in Berlin deutlich machte, wird die 2010 erreichte Expansion in diesem Jahr wohl
weitergehen. „Wenn nicht unvorhersehbare dramatische Ereignisse eintreten, dürfte die
AGRARMÄRKTE
Mischfutterproduktion bis zum Jahresende die 22-Millionen-Tonnen-Marke deutlich
überschreiten“, sagte Wulf. Die Entwicklung erklärt er mit dem Trend bei den
Getreidepreisen. „Wir haben in den zurückliegenden Jahren gesehen, dass die direkte
Getreideverfütterung auf den landwirtschaftlichen Betrieben in relativ großem Umfang vom
Getreidepreisniveau beeinflusst wurde. Das hat sich so auch für 2010 bestätigt“, betonte Wulf.
Die Mischfuttererzeugung stieg laut DVT im vergangenen Jahr gegenüber 2009 um 4,2 % auf
21,75 Mio t. Aufgrund der gestiegenen Preise erhöhte sich der Branchenumsatz um rund 8 %
auf 6,7 Mrd Euro. Dieser deutliche Zuwachs war somit ebenso mengen- wie auch
preisgetrieben.
Regionale Konzentration
Weiter zugenommen hat die regionale Konzentration des Mischfuttereinsatzes auf die
Veredlungshochburgen im Norden und Westen Deutschlands. So wurden 2010 in
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg 15,71 Mio t
Mischfutter hergestellt, das waren 5,3 % mehr als im Vorjahr. Fast die Hälfte dieser Menge
war Schweinemischfutter. Andererseits ging in Ostdeutschland die Produktion in allen
größeren Segmenten mit Ausnahme des Mastgeflügelbereichs zurück. Nicht zu
vernachlässigen ist im übrigen die Bedeutung von Importen einerseits und Hofmischungen
der Landwirte andererseits. Wie DVT-Geschäftsführer Bernhard K r ü s k e n deutlich
machte, wandern in Deutschland insgesamt schätzungsweise 70 Mio t Getreide und
Eiweißfutter sowie Grün- und Rauhfutter in die Tiermägen. Dies betonte er angesichts der
vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplanten Verschärfungen für die deutschen
Mischfutterwerke in Reaktion auf die Dioxinkrise Anfang des Jahres.
Veredlungshochburgen ausschlaggebend
Mit Abstand wichtigste Abnehmer der deutschen Mischfutterwerke waren 2010 abermals die
Schweinemäster. Mit einem Plus von 4,1 % auf 9,3 Mio t wuchs die Herstellung von
Schweinemischfutter etwa in der Größenordnung des Branchenmittels. Seit 2006 hat sich die
Produktion von Schweinemischfutter in Deutschland damit um 14 % erhöht. Das jüngste
Wachstum erklärt sich zu einem Großteil aus dem Zuwachs bei der Zahl der Mastplätze. Hier
kann Deutschland weiterhin auf Kostenführerschaft in Europa in der Mast und der
Schlachtbranche setzen. Wieder verbessert hatten sich 2010 auch die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen für die Milcherzeugung. Damit einhergehend erhöhte sich die
Erzeugung von Rindermischfutter um 3,3 % auf 6,03 Mio t. Erstmals seit 2008 wurde damit
wieder die 6-Millionen-Tonnen-Marke genommen. Rund zwei Drittel des Absatzes entfielen
mit 4,00 Mio t auf die Region Nord mit den Bundesländern Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg, wo die Produktion ebenso um 3,8 % zulegte
wie in den südlichen Bundesländern. In Ostdeutschland war der Absatz von
Rindermischfutter hingegen rückläufig.
Tiefpunkt bei Legehennenfutter durchschritten
Im Aufwind war im vergangenen Jahr auch der Markt für Geflügelfutter. Der Tiefpunkt auf
dem Legehennenfuttermarkt sei durchschritten, betonte Wulf. Nach der Zäsur aufgrund des
Käfighaltungsverbots im Jahr 2009 sowie nach den langjährigen Rückgängen habe dieser
Bereich wieder einen Wachstumssprung verzeichnen können. Konkret wurde die Produktion
der deutschen Werke im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 % auf 2,02 Mio t Legehennenfutter
ausgeweitet. Der expansivste Bereich blieb laut den DVT-Zahlen die Sparte
Mastgeflügelfutter. Hier schlägt sich der anhaltende Boom bei der Erzeugung von
Hähnchenfleisch nieder. Der DVT veranschlagt für 2010 ein Produktionsplus von 7,4 % auf
3,52 Mio t. Erfreulich entwickelt hat sich laut Darstellung von Verbandspräsident Wulf auch
die Sparte Mineralfutter mit einem Aufkommen von insgesamt 540 000 t. Davon entfielen
260 000 t auf Schweine-, sowie 250 000 t auf Rinderrationen. Nach den Zahlen der amtlichen
Produktionsstatistik ergibt sich im Vergleich zum Vorjahr ein zweistelliger Zuwachs von
mehr als 10 %. „Wir gehen auch davon aus, dass sich dieses Segment positiv entwickelt hat,
glauben aber, dass ein Teil der ausgewiesenen Steigerungen auf eine verbesserte Meldequote
zurückgeht“, stellt der DVT-Präsident klar.
Auf Rekordkurs
Mit den 2010 erreichten Steigerungen nähert sich die Futtermittelbranche langsam wieder
dem Rekordniveau des Jahres 2008, als bei einem Mischfutterabsatz von 21,82 Mio t ein
Umsatz von 7,4 Mrd Euro erreicht worden war. Zeitlich und räumlich begrenzt sind laut
Wulfs Einschätzung die Auswirkungen der Dioxinkrise auf die Futtermittelnachfrage
geblieben. „Wir gehen heute davon aus, dass sie in der Jahresbilanz 2011 nur geringe Spuren
hinterlassen werden, so der DVT-Präsident mit Blick auf die Folgen. Kritisch zur Reaktion
der Politik auf den Skandal äußerte sich DVT-Geschäftsführer Krüsken (vgl.
LÄNDERBERICHTE 22 i.d.Ausg.). Nicht zuletzt wegen der für die Probenahme im Entwurf
des Bundeslandwirtschaftsministeriums vorgesehenen relativ kleinen Chargen von 200 t für
die Dioxintests sieht er eine „Unvereinbarkeit mit dem Prinzip der Futtermittelkette“. Die
geplanten Gesetzesänderungen sind nach seiner Meinung „in vielen Punkten eher Ausdruck
des Aktionismus als eine tatsächliche Verbesserung der Futtermittelsicherheit“. Konkret
warnte er vor nationalen Alleingängen und Datenfriedhöfen und sprach von „Gesetzgebung
im Affekt“. AgE
Mischfutterherstellung in Deutschland nach Sorten und Regionen
(2009 und 20101); in 1 000 t)
Zeitraum
Rinder
Schweine
Legehennen
Mastgeflügel
Kälber
Pferde
Sonstige
Insgesam
t
4 000,8
3 855,7
+  145,1
+      3,8
7 766,0
7 417,0
+  349,0
+      4,7
972,1
886,9
+    85,2
+      9,6
2 470,8
2 248,9
+  222,0
+      9,9
148,1
150,2
-      2,1
-      1,4
153,6
162,2
-      8,6
-      5,3
198,4
202,1
-      3,7
-      1,8
15 709,9
14 922,8
+  787,0
+      5,3
2010
2009
2010:09 absolut
1 457,4
1 404,2
+    53,3
488,8
471,5
+    17,3
425,0
429,6
-      4,6
447,9
427,2
+    20,7
103,9
102,7
+      1,
2
+      1,
1
100,4
98,3
+      2,
1
+      2,
1
75,7
71,1
+      4,
6
+      6,
5
3 099,1
3 004,6
+    94,5
2010:09 in v.H.
+      3,8
+      3,7
-      1,1
+      4,8
2010
2009
2010:09 absolut
576,5
581,7
-      5,2
1 020,8
1 024,2
-      3,4
620,6
637,1
-    16,5
597,6
597,0
+      0,6
30,7
32,5
-      1,8
89,2
71,3
+    17,9
2 939,8
2 948,2
-      8,4
-      2,7
+      0,1
-      6,0
4,4
4,4
±      0,
0
+      0,
6
2010:09 in v.H.
-      0,9
-      0,3
+    20,1
-      0,3
Gesamtes
Bundesgebiet
2010
6 034,8
2009
5 841,5
2010:09 absolut +  193,3
2010:09 in v.H.
+      3,3
9 275,6
8 912,7
+  362,9
+      4,1
2 017,7
1 953,6
+    64,1
+      3,3
3 516,3
3 273,0
+  243,3
+      7,4
282,6
285,4
-      2,7
-      1,0
258,5
264,9
-      6,4
-      2,4
363,2
344,4
+    18,8
+      5,
5
21 748,7
20 875,6
+  873,1
+      4,2
Region Nord2)
2010
2009
2010:09 absolut
2010:09 in v.H.
Region Süd3)
+      3,1
Region Ost4)
1) vorläufige Zahlen für 2010; 2) Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, NordrheinWestfalen; 3) Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg; 4) Mecklenburg-Vorpommern,
Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen
AgE
13-2011
EU/DEUTSCHLAND
GEFÜGELMARKT
Geflügelfleischerzeugung in der EU 2010 um gut 2 Prozent gestiegen
BONN. In der Europäischen Union ist die Geflügelfleischproduktion im vergangenen Jahr
deutlich gesteigert worden. Wie die „Marktinfo Eier & Geflügel“ (MEG) am vergangenen
Mittwoch unter Bezug auf die aktualisierte Versorgungsbilanz der EU-Kommission
berichtete, erhöhte sich das Bruttoaufkommen an Geflügelfleisch in der Gemeinschaft 2010
gegenüber dem Vorjahr um 2,4 % auf 11,995 Mio t. Dabei wuchs die
Hähnchenfleischerzeugung um 2,6 % auf 9,18 Mio t und die Putenfleischproduktion um
1,6 % auf 1,83 Mio t. Erstmals seit 2003 wies der Putenbereich der MEG zufolge wieder
einen Anstieg des Aufkommens auf; im Jahr 2003 waren EU-weit noch insgesamt 2,14 Mio t
Putenfleisch erzeugt worden. Die Stabilisierung auf dem europäischen Putenmarkt ist im
Wesentlichen auf die Entwicklung in Deutschland zurückzuführen, wo die
Bruttoeigenerzeugung an Putenfleisch 2010 auf das Rekordniveau von schätzungsweise
438 000 t ausgedehnt wurde. Während sich die EU-Geflügelfleischproduktion erhöhte, nahm
der Verbrauch ab. Der Gesamtkonsum in der Gemeinschaft verringerte sich im
Jahresvergleich um 0,1 % auf 11,663 Mio t; pro Kopf wurden 2010 durchschnittlich 23,2 kg
Geflügelfleisch verzehrt. Entsprechend erhöhte sich der Selbstversorgungsgrad mit
Geflügelfleisch in der EU um 2,5 Prozentpunkte auf 103,3 %. Für 2011 rechnet die EUKommission nach Angaben der MEG mit einer Stagnation der Produktion, auch wenn für
Deutschland noch von einem Wachstum ausgegangen werden kann. Im Außenhandel erwartet
die Brüsseler Behörde eine leichte Intensivierung. Der Selbstversorgungsgrad soll wie 2010
gut 103 % betragen. AgE
DEUTSCHLAND/EU
Aigner will keine Agrarwende
Ministerin setzt auf bäuerliche und unternehmerische Landwirtschaft - Absage an den „rein
auf Rendite blickenden Finanzinvestor“ - Landwirtschaft muss verbraucherorientiert und
wettbewerbsfähig sein - Für Vielfalt statt Schwarz-Weiß-Lösungen
BERLIN. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r hat ihre Vorstellungen von einer
zukunftsfähigen Landwirtschaft skizziert. Sie setze auf eine „bäuerliche Landwirtschaft,
geführt von Landwirten, die sich als Unternehmer verstehen und dem Wettbewerb stellen“,
heißt es in einem Beitrag der Ministerin mit dem Titel „Moderne Landwirtschaft - nachhaltig
und verbraucherorientiert“, mit dem sie ihre Initiative für eine „Charta für Landwirtschaft und
Verbraucher“ untermauert. Der Ministerin zufolge soll nicht der „rein auf Rendite blickende
Finanzinvestor“ das Bild auf den Äckern bestimmen. Gefragt sei vielmehr der Landwirt, „der
sich seiner Heimat und dem Eigentum verpflichtet fühlt“. Aigner: „Wir brauchen keine
Agrarwende zurück ins vorige Jahrhundert, sondern eine vorausschauende,
AGRARPOLITIK
verantwortungsvolle, verbraucherbezogene, aber auch wettbewerbsfähige Landwirtschaft.“
Deren größte Herausforderung sieht die Ministerin in der Produktion von Lebensmitteln für
eine stetig wachsende Bevölkerung. Diese Lebensmittel müssten sicher und qualitativ
hochwertig, nachhaltig und ethisch vertretbar erzeugt werden und zugleich bezahlbar sein. Sie
setze dabei nicht auf „Schwarz-Weiß-Lösungen“, sondern auf eine „Vielfalt an Formen
nachhaltiger Landwirtschaft“, so die CSU-Politikerin.
GAP stärker auf Umweltziele ausrichten
Ausdrücklich bekennt sich die Ministerin zu dem Vorhaben der EU-Kommission, die
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bei der anstehenden Reform stärker auf Umweltziele
auszurichten. Auf nationaler Ebene gehe es darum, die Agrarwirtschaft zukunftsfest zu
machen. Die Voraussetzung dafür sieht Aigner in einer effizienten und nachhaltigen
Produktion, die die Wünsche und Bedürfnisse der Verbraucher aufgreift. Dabei verweist die
Ministerin darauf, dass die hohen Erwartungen der Verbraucher an die Landwirtschaft „nicht
selten im Widerspruch stehen zu kostengünstigen und effizienten Produktionsmaßnahmen.“
Mit dem Chartaprozess will Aigner solche Widersprüche und Interessenkonflikte benennen
und Lösungen aufzeigen. Landwirtschaft und Verbraucher im Dialog - das sei „der
Königsweg zu einer modernen Landwirtschaftspolitik“. Gegenstand der Charta sei eine breite
gesellschaftliche Diskussion über die Handlungsoptionen einer zukunftsorientierten
Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik. Am Ende dieses Prozesses stünden politische
Schlussfolgerungen. AgE
___________________________________________________________________________
__________________
Moderne Landwirtschaft - nachhaltig und verbraucherorientiert
Unsere Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Welternährung und
Lebensmittelsicherheit, Klimawandel und Umweltschutz, Energiesicherung und mehr
Unabhängigkeit vom Erdöl. Diese elementaren Zukunftsfragen hängen unmittelbar mit
Landwirtschaft zusammen.
Im Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung auf neun Milliarden Menschen gewachsen sein. Mit
ihr wächst die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und sicheren Lebensmitteln.
Gleichzeitig bringt der Klimawandel Naturkatastrophen mit sich. Überschwemmungen in
Pakistan und Australien, Flächenbrände in Russland, Dürreperioden in Afrika sorgen schon
jetzt für enorme Ernteeinbußen und haben massiven Einfluss auf die aktuellen
Weltmarktpreise für Agrarprodukte. Hinzu kommen die knapper werdenden fossilen
Energiereserven. Darüber hinaus belegen die dramatischen Erfahrungen mit der Nutzung der
Kernkraft in Japan die Notwendigkeit, möglichst schnell einen nachhaltigen Wechsel zu den
erneuerbaren Energien zu vollziehen.
Die Landwirtschaft ist mit diesen Schicksalsfragen der Menschheit verknüpft wie kein
anderer Wirtschaftszweig. Ihr kommt bei der Bewältigung all dieser Herausforderungen eine
Schlüsselrolle zu. Aber sie kann dies nicht alleine tun. Das Welthungerproblem ist allein mit
Produktionssteigerungen nicht zu lösen, Good Governance, funktionierende
Ernteverarbeitungs- und Vermarktungssysteme und die gerechte Verteilung von
Nahrungsmitteln sind ebenso wichtig. Auch beim Klimawandel ist die Landwirtschaft ebenso
Leid tragend wie verursachend. Und bei der Suche nach Alternativen zum Erdöl können
nachwachsende Rohstoffe auch nur einen Teil beitragen. Dennoch, die Ausrichtung der
Landwirtschaft von morgen ist von existenzieller Bedeutung für uns alle.
Deswegen muss eine breite gesellschaftliche Debatte geführt, müssen Ziel- und
Interessenkonflikte, wie die so genannte „Tank-oder-Teller-Diskussion“ national wie
international diskutiert und gelöst werden.
Fest steht: Die wichtigste Aufgabe der Landwirtschaft war und ist es, die Menschen zu
ernähren. Die Produktion von Nahrungsmitteln muss daher auch in Zukunft immer Vorrang
haben vor der Produktion von Energiepflanzen. Das ist nicht verhandelbar.
Und noch eines ist unstrittig: Ohne Nachhaltigkeit, ohne Umweltschutz und ohne regionalen
Bezug wird es auch zukünftig nicht gehen. Der Plan der EU-Kommission, gezielt über die
Agrarpolitik in der gesamten Gemeinschaft darauf hinzuwirken, ist daher richtig und
unverzichtbar. Deutschland und die deutsche Landwirtschaft sind hier Schrittmacher und
begrüßen die Absicht, das Prinzip der Nachhaltigkeit und dabei besonders des
Umweltschutzes noch stärker in der europäischen Agrarpolitik zu verankern. 2014 beginnt die
neue Finanzierungsperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik, schon jetzt müssen hierfür die
richtigen Weichen gestellt werden.
Es gilt aber auch national die Agrarwirtschaft zukunftsfest zu machen. Dazu bedarf es, neben
tragfähigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auch einer effizienten und nachhaltigen
Produktion. Diese muss die Wünsche und Bedürfnisse der Verbraucher aufgreifen. Das
geschieht zum beiderseitigen Vorteil: Denn Landwirtschaft braucht Anerkennung für ihre
vielfältigen gesellschaftlichen Leistungen, wenn sie weiterhin in der Mitte der Gesellschaft
verankert bleiben will. Verbraucher brauchen Vertrauen in Sicherheit, Transparenz und
Qualität unserer Lebensmittel.
Es ist an der Zeit, sich dem Bild des Verbrauchers von Landwirtschaft anzunehmen. In
manchen Köpfen hat sich ein - hauptsächlich durch die Werbung erzeugtes verklärtes Bild
von „der guten alten Landwirtschaft“ festgesetzt. Demgegenüber tauchen immer wieder
Schreckensbilder aus der Tierhaltung auf, die den Eindruck tierquälerischer Praktiken
vermitteln wollen. Die Wahrheit ist eine andere: Es gibt nicht DIE gute oder DIE böse
Landwirtschaft. Moderne Landwirtschaft heute ist weder so romantisch wie in der JoghurtWerbung, noch so unbarmherzig wie von Kritikern gerne dargestellt. Moderne Landwirtschaft
heute ist sicherer, umwelt- und ressourcenschonender und tierfreundlicher als noch vor 20
Jahren, Prognose positiv.
Und genau das wünschen sich Verbraucherinnen und Verbraucher: 56 % - so eine aktuelle
Allensbach-Studie - erklären, gute Ernährung spiele in ihrem Leben eine „sehr große“ Rolle,
86% achten beim Kauf auf möglichst frische Waren und für 52 % ist die regionale Herkunft
ein wichtiges Kriterium. Auch beim Thema Tierschutz sind sich die Verbraucherinnen und
Verbraucher einig: 79 % möchten, dass Nutztiere artgerecht gehalten werden. Die Ergebnisse
zeigen deutlich: Das gesellschaftliche Bild der Landwirtschaft ist positiv: 82 % sind der
Meinung, Landwirtschaft sorgt für frische Lebensmittel aus der Umgebung, 66 % halten
Landwirtschaft wichtig für die Erhaltung des ländlichen Raums und der Dorfgemeinschaft.
Das heißt, die Menschen sehen die Landwirtschaft dort wo sie hingehört: in der Mitte der
Gesellschaft.
Aber auch das gehört zur Wahrheit: die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher
an die Landwirtschaft sind hoch und stehen nicht selten in einem gebrochenen Verhältnis zu
kostengünstigen und effizienten Produktionsmaßnahmen.
Hier liegt die größte Herausforderung einer verbraucherorientierten Landwirtschaft: Es gilt
Lebensmittel für eine stetig wachsende Bevölkerung zu produzieren, die sicher und qualitativ
hochwertig, nachhaltig und ethisch vertretbar erzeugt wurden und zugleich bezahlbar sind.
Das ist ein ambitioniertes Unterfangen. Aber es ist machbar. Wenn man nicht auf „SchwarzWeiß-Lösungen“ pocht, sondern Platz schafft für eine Vielfalt an Formen nachhaltiger
Landwirtschaft. Ich möchte aus dieser Vielfalt und mit dieser Vielfalt ein Zukunftskonzept für
eine moderne in der Gesellschaft verwurzelte Landwirtschaft erarbeiten.
Im Mittelpunkt muss eine bäuerliche Landwirtschaft stehen, geführt von Landwirten, die sich
als Unternehmer verstehen und dem Wettbewerb stellen. Diese landwirtschaftlichen Betriebe
wirtschaften nachhaltig, ressourcenschonend und in der Fläche. Nicht der rein auf seine
Rendite blickende Finanzinvestor soll das Bild auf den Äckern bestimmen, sondern der
Landwirt, der sich seiner Heimat und seinem Eigentum verpflichtet fühlt. Und zwar im
Schulterschluss mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das war und ist unser
Erfolgsrezept.
Wir brauchen keine Agrarwende zurück ins vorherige Jahrhundert, sondern eine
vorausschauende, verantwortungsvolle, verbraucherbezogene, aber auch wettbewerbsfähige
Landwirtschaft. Nichts betrifft den Menschen so unmittelbar wie sein täglich Brot. Deswegen
muss es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, die Zukunft der Landwirtschaft zu
gestalten.
Am 15. März hat mein Ministerium den Prozess für eine Charta für Landwirtschaft und
Verbraucher gestartet. Dieser Prozess erhebt den Anspruch, auf eine breite gesellschaftliche
Diskussion über die Handlungsoptionen einer zukunftsorientierten Landwirtschafts- und
Verbraucherpolitik. Deshalb bringen in den Workshops Wissenschaftler und Betroffene aus
Wirtschaft und Verwaltung und Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen ihre Sicht vor. Ein
Meinungsforum auf unserer Internetseite ermöglicht es jedem Besucher, sich aktiv an der
Diskussion zu beteiligen. Am Ende stehen politische Schlussfolgerungen. Nicht übereinander
reden, sondern miteinander, Landwirtschaft und Verbraucher im Dialog, das ist der
Königsweg zu einer modernen Landwirtschaftspolitik. Nur so wird es uns möglich sein, die
großen Herausforderungen zum Wohle aller Menschen zu bewältigen.
DEUTSCHLAND/EU/WELT
EKD-Agrarbeauftragter: Plädoyer gegen Klonfleisch
HOHEBUCH. Fleisch und Milch von Nachkommen geklonter Tiere dürfen nach
Überzeugung des Agrarbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr.
Clemens D i r s c h e r l , nicht in Europa vermarktet werden. Er appellierte vergangene
Woche an die Europa-Parlamentarier, sich in den derzeit in Brüssel laufenden Verhandlungen
über die Einführung von EU-Vorschriften für Klonfleisch gegen die Kommission sowie den
Rat durchzusetzen. Dieser wolle im Interesse eines freien Welthandels insbesondere
gegenüber den USA das Inverkehrbringen von Produkten der Nachkommen geklonter Tieren
auf dem Binnenmarkt ermöglichen, und zwar selbst dann, wenn diese nicht gekennzeichnet
seien. Auch wenn von wissenschaftlicher Seite die gesundheitliche Unbedenklichkeit von
Klon-Erzeugnissen attestiert werde, müssten aus tierethischer Sicht deutliche Grenzen gegen
die „ungezügelte Kommerzialisierung der Tierproduktion“ gezogen werden, betonte der
EKD-Agrarbeauftragte. Die Praxis zeige, dass eine erhebliche Zahl geklonter Tiere
gesundheitlich schwer geschädigt und in ihrer Lebenserwartung begrenzt sei. Daneben
komme es bei der Geburt von Klontieren häufig zu Komplikationen. Zwar zeigten sich bei
den Nachkommen diese Probleme nicht mehr; gleichwohl stelle sich die Frage, warum
Fleisch und Milch geklonter Tiere beziehungsweise derer Nachkommen vermarktet werden
VIEH/FLEISCH
sollten, unterstrich Dirscherl. Die Erzeugnisse seien auch mit konventionellen Zuchtmethoden
zu produzieren. Die christliche Einsicht, dass Nutztieren eine eigene Würde zukomme, gerate
vor einer „rein profitorientierten Kalkulation“ ins Abseits. Dirscherl forderte Wahlfreiheit für
die Verbraucher und sprach sich dafür aus, dass Klon-Erzeugnisse bei einer möglichen
europäischen Zulassung eindeutig gekennzeichnet werden müssten. AgE
DEUTSCHLAND
PUBLIKATIONEN
KTBL-Schrift zur ökologischen Schweinehaltung
DARMSTADT. „Ökologische Schweinehaltung - Zukunftsweisende Haltungsverfahren“ ist
der Titel einer neuen Publikation des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der
Landwirtschaft (KTBL), die einen schnellen Überblick gibt über die Gestaltung von
Schweineställen, -buchten und -ausläufen entsprechend den EG-Öko-Verordnungen. Wie das
KTBL vergangene Woche in einem Hinweis auf die insgesamt 196-seitige Schrift weiter
mitteilte, werden Beispiele für die Gestaltung von Abferkelbuchten mit Fotos, Grundriss- und
Querschnittszeichnungen ausführlich beschrieben. Daneben bietet die Publikation einen
Überblick über Haltungsverfahren für die Mastschweinehaltung, die Ferkelaufzucht sowie
den Deck- und Wartebereich. Haltungsgrundsätze und wichtige Baudetails werden laut KTBL
ausführlich detailliert erläutert. Dabei geht es unter anderem um die Klimasteuerung und die
Buchtenabtrennung, Türen, Tröge und Tränken, Möglichkeiten der Einstreu und der
Entmistung sowie um den Komfort und die Beschäftigung der Tiere. Die Schrift kann direkt
beim Kuratorium bestellt werden. (www.ktbl.de) AgE
DEUTSCHLAND/EU
Schweinehalter leiden unter niedrigen Preisen und der Tierschutzdebatte
Praktikable Alternative zur Ferkelkastration gefordert - Lösung darf keinen Konsumverzicht
zur Folge haben - Die steigende Zahl an Schweineschlachtungen erhöht die
Exportabhängigkeit Deutschlands - Weiterhin zu niedrige Preise für Schlachttiere - Zwang zur
Gruppenhaltung tragender Sauen gefährdet die Existenz vieler Betriebe Mitgliederversammlung der Erzeugergemeinschaften im VdAW
EHINGEN. Ferkelerzeuger und Schweinemäster in Deutschland leiden derzeit unter niedrigen
Preisen und der Tierschutz-Debatte und stehen darüber hinaus der für viele Betriebe
schwierigen Aufgabe gegenüber, bis 2013 die Gruppenhaltung tragender Sauen einrichten zu
müssen. Das ist das Fazit der Mitgliederversammlung der Erzeugergemeinschaften im
Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW), die Mitte des Monats in Ehingen
stattfand. Der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaften für Ferkel und Schlachtvieh
Oberschwaben, Peter H u b e r , beurteilte die Diskussion über die Ferkelkastration und die
angestrebte Lösung der Ebermast als kritisch. Der Verzicht auf die Kastration berge für das
Fleisch ein erhöhtes Geruchsrisiko, das zunächst sicher ausgeschaltet werden müsse. Die
Einführung von Kastrations-Alternativen dürfe keinen Konsumverzicht zur Folge habe oder
den Markt spalten, erklärte Huber und forderte die Entwicklung praktikabler Lösungen. Laut
Daniel W e e b e r , VdAW-Fachreferent für Vieh und Fleisch, befindet sich Deutschland auf
dem Weg hin zu einem Billigland für Schlachtungen. Während im Jahr 2009 noch 56
Millionen Schweine geschlachtet worden seien, habe man ein Jahr später bereits 59 Millionen
gezählt. Mit diesem Plus und einem gleichzeitig rückläufigen Konsum verstärke sich die
Exportabhängigkeit Deutschlands, erläuterte Weeber. Ferner steige dadurch auch die
VIEH/FLEISCH
Mastkapazität in Süddeutschland, während die dortige Sauenhaltung seit 2003 um insgesamt
20 % gesunken sei. Der Vermarkter Helmut G a i ß m a i e r beklagte die geringen Erlöse für
Schlachtschweine.
Einblicke ins Gutfleisch-Programm
Zwar hat sich der Preis Gaißmaier zufolge nach dem Dioxinskandal rasch wieder erholt; das
gegenwärtige Preisniveau von 1,44 Euro pro kg sei aber weiterhin zu niedrig. Wegen der
hohen Futterkosten wäre ein Preis von mindestens 1,70 Euro je kg notwendig, um
kostendeckend produzieren zu können. Wie der Vermarkter berichtete, verringert sich die
Zahl der Schlachtunternehmen stetig. Allein die größten Schlachtbetriebe Deutschlands
deckten mehr als die Hälfte der gesamten Produktion ab. Das führe zu einer immer stärkeren
Abhängigkeit von einzelnen Unternehmen. Nach Einschätzung Weebers wird sich für
Schweinehalter insbesondere das Jahr 2013 schwierig gestalten, weil die geforderten
Umbauten hin zur Gruppenhaltung tragender Sauen vor allem für kleinere Betriebe oftmals
unrentabel seien. Daher sei von einer „gravierend“ hohen Zahl an Betriebsaufgaben
auszugehen. Als positiv beurteilte Weeber, dass immer mehr Schlachthöfe das sogenannte 4D-Prinzip - geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt in Deutschland - forderten, um damit
dem Wunsch der Verbraucher nach regionalen Produkten nachzukommen. DiplomAgraringenieurin Inken B u b e c k gewährte Einblicke in das Gutfleisch-Programm der
Edeka Südwest. Das im Jahr 2003 auch für Schweinefleisch eingeführte Programm umfasst
Kriterien wie eine begrenzte Transportzeit der Schlachttiere, Tierschutzaudits und eine
gezielte Auswahl der Eber. AgE
ÖSTERREICH
Schweinebauern befürchten totales Kastenstandverbot in der Sauenhaltung
Das Wiener Gesundheitsministeriums hat einen Änderungsentwurf zur
Tierhaltungsverordnung vorgelegt - Gefordert werden darin Abferkelbuchten von mindestens
5,5 qm Fläche und eine Verpflichtung zur Gruppenhaltung nach dem Decken - Die
Schweinehalter geben hohe Umbaukosten und Erdrückungsverluste bei Ferkeln zu bedenken Grillitsch plädiert für eine praxistaugliche Weiterentwicklung des Tierschutzes
WIEN. Ein Entwurf des Wiener Gesundheitsministeriums zur Tierhaltungsverordnung, der
ein Verbot der Kastenstandhaltung von Zuchtsauen während der Geburt und in der Säugezeit
vorsieht und die Haltung von Muttersauen über die EU-Standards hinaus verschärfen will,
bringt Österreichs Schweinebauern derzeit massiv auf die Barrikaden. Bei einer eigens zu
diesem Thema einberufenen Versammlung des Verbandes Österreichischer Schweinezüchter
(VÖS) am vergangenen Mittwoch in Wieselburg wurde der Vorstand von rund 1 200
Schweinehaltern bevollmächtigt, wenn nötig auch „härtere Protestmaßnahmen“ gegen die
geplante Gesetzesverordnung zu ergreifen. Begonnen hatte die Diskussion bereits vor zwei
Jahren, als eine Wienerin eine Beschwerde an den SPÖ-Volksanwalt Dr. Peter K o s t e l k a
richtete, in der sie kritisierte, dass der Kastenstand von Sauen systematisch Tierleid
verursache. Anfang Januar 2011 thematisierte Kostelka in einer Fernsehsendung die
Problematik und berichtete öffentlichkeitswirksam, dass Zuchtsauen in Österreich „in
Käfigen“ - den sogenannten Kastenständen - gehalten werden dürften, und das über mehrere
Monate pro Jahr. Da jedoch die gängige Praxis, Muttersauen in Abferkelbuchten zu fixieren,
dem Bundestierschutzgesetz widerspreche, müsse die Tierhaltungsverordnung zugunsten der
eingesperrten Schweine geändert werden. Daraufhin wurde im Gesundheitsministerium, das
für Fragen des Tierschutzes zuständig ist, eine Missstandsanzeige eingebracht.
Gesundheitsminister Alois S t ö g e r reagierte prompt mit einem Entwurf zur Abänderung
der Tierhaltungsverordnung. Zwar verweigert das Landwirtschaftsministerium diesem
SCHWEINE
Vorschlag bisher die nötige Zustimmung, doch die Volksanwaltschaft könnte in dieser
Angelegenheit nun den Verfassungsgerichtshof anrufen und - laut Juristenmeinung - damit
auch Recht bekommen.
Verheerende Auswirkungen zu befürchten
Den Schweinebauern stößt sauer auf, dass Stöger bislang noch kein einziges Gespräch mit
Vertretern der Schweinebranche gesucht hat. Auf der Versammlung in Wieselburg machten
Redner deutlich, dass die Auswirkungen für die gesamte Schweinebranche verheerend sein
könnten. Dem geplanten Verbot der Kastenstandhaltung wurde auch mit Zahlen aus der
Praxis begegnet. So hätten etwa Versuche des Schweinezentrums Gießhübl bei Amstetten
eine Steigerung der Todesfälle durch Erdrücken bei Ferkeln von 1,2 bis 1,4 Tieren pro Wurf
aufgezeigt; im Kastenstand seien es hingegen 0,6 bis ein Ferkel je Wurf. In einem
Änderungsentwurf fordert das Gesundheitsministerium Abferkelbuchten von mindestens
5,5 qm Fläche sowie die Verpflichtung zur Gruppenhaltung nach dem Decken. Das würde den
Totalumbau vieler Ställe nach sich ziehen. Zudem befürchten die Schweinebauern durch den
Stress der Gruppenhaltung im Deckzentrum eine geringere Erfolgsquote und mehr
Umrauscher. Allein durch die höheren Erdrückungsverluste oder den vermehrten Platzbedarf
bei der freien Abferkelung würde ein 100-Sauen-Betrieb bis zu 17 000 Euro jährlich an
Gewinn verlieren. Berechnungen der steirischen Erzeugergemeinschaft Styriabrid, in die auch
notwendige Umbauarbeiten einbezogen wurden, kommen auf 20 Euro bis 25 Euro
Mehrkosten pro Ferkel beziehungsweise rund 45 000 Euro pro Betrieb. „Bei den derzeit
aktuellen Preisen darf kein Schweinehalter in das vom Gesundheitsressort vorgeschlagene
System investieren“, empfahl Konrad B l a a s vom Landwirtschaftsministerium.
Kein praxistaugliches Alternativsystem
Ähnlich schätzt VÖS-Obmann Walter L e d e r h i l g e r die Situation ein. Nach seiner
Ansicht sind die zu erwartenden hohe Kosten für eine Abkehr vom Kastensystem am Markt
von den Mästern kaum zu erwirtschaften. Aufgrund der überzogenen Tierschutzmaßnahmen
würde die Eigenproduktion von Ferkeln um rund die Hälfte absinken. Besonders aufgebracht
sind die VÖS-Mitglieder über die Tatsache, dass das aktuell gültige Gesetz erst 2005 von
allen vier damaligen Parlamentsparteien unter Kostelka - damals noch SPÖ-Klubobmann im
Parlament - abgesegnet wurde. Seither habe die Hälfte aller Schweinezüchter ihre Stallungen
nach den bisherigen Erfordernissen der Gruppenhaltung umgebaut und dafür etwa 200
Millionen Euro investiert, monierte Lederhilger. Wenn nun diese Ställe noch vor Ende der
kalkulierten Abschreibungszeit nicht mehr rechtens seien, könne das von den Betrieben
finanziell nicht verkraftet werden. Zudem gebe es für die VÖS vorerst auch kein
praxistaugliches Alternativsystem zur Kastenstandhaltung von Muttersauen, stellte der
Verbandschef klar. Selbst das gerne als Vorbild herangezogene „Schweizer Modell“ - in der
Eidgenossenschaft sind Kastenstände seit 1997 verboten - funktioniere nur, weil die Schweiz
ihren Markt für Schweinefleisch abschotte und den Landwirten Ausgleichszahlungen für
tierschutzbedingte Einbußen zahle.
Wo bleibt die Risikofolgenabschätzung?
Betont kämpferisch zeigte sich der Präsident des Österreichischen Bauernbundes (ÖBB), Fritz
G r i l l i t s c h , vor den Schweinehaltern. Er forderte Gesundheitsminister Stöger auf, beim
Tierschutzgesetz wieder zurück an den Start zu gehen. Die heimischen Schweinebauern
brauchten eine praxistaugliche Weiterentwicklung des Tierschutzes und keine ruinösen
Auflagen, die Österreich im Alleingang umsetze. Nach Ansicht von Grillitsch sind die
Übergangsfristen im Änderungsentwurf viel zu kurz gewählt. Moderne Ställe hätten eine
Abschreibungsdauer von rund 15 Jahren. Wer jetzt Investitionen verlange, erhöhe nicht den
Tierschutz, sondern bedrohe 31 000 österreichische Schweinebauern und die Arbeitsplätze der
Branche. Einmal mehr wies der ÖBB-Präsident auf die hohen Tierschutzstandards hin, die in
Österreich bereits gelten. Schon heute seien 70 % aller Sauenplätze nach den modernsten
Standards und absolut EU-gesetzeskonform eingerichtet. Zudem sei hinlänglich bekannt und
bewiesen, dass pro Jahr 500 000 Ferkel vor dem Erdrücken durch die Muttersau bewahrt
würden, wenn das Tier nach dem Wurf vorübergehend in einem Ferkelschutzkorb gehalten
werde. Offenbar sei Stöger einseitig von Tierschützern aufgestachelt worden, ohne eine
Risikofolgenabschätzung für die heimische Landwirtschaft angestellt zu haben.
Richtige Diskussion zum falschen Zeitpunkt
Der Diskussion mit den aufgebrachten Schweinebauern in Wieselburg stellte sich auch Josef
T r o x l e r vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz der Veterinärmedizinischen
Universität Wien. Mit einer kritischen Expertise und seinem Auftritt in der von Kostelka
genutzten Fernsehsendung hatte er aus Sicht vieler Landwirte besonders viel Öl ins Feuer
gegossen; vereinzelt wurden auf der Versammlung Vorwürfe laut, der Tierschutz-Professor
sei der wahre Treiber hinter den strengeren Haltungsbedingungen im Schweinestall. Troxler
ließ sich allerdings davon nicht beirren: „Es ist eine Tatsache, dass die Haltung in
Kastenständen als nicht tiergerecht bezeichnet werden muss“, so sein Standpunkt. Allerdings
räumte Troxler ein, dass der Zeitpunkt der Diskussion schlecht gewählt sei, weil die Branche
generell unter Druck stehe und viele Betriebe gerade erst in neue Stallneu- und -umbauten
investiert hätten. VÖS-Obmann Lederhilger drängt indes auf eine rasches Ende der
Diskussion: „Wir wollen bald Klarheit darüber, ob es eine Perspektive in der
Ferkelproduktion gibt.“ AgE
FRANKREICH
AGRARPOLITIK
Geflügelwirtschaft sieht Vertragspolitik gefährdet
PARIS. Angesichts der enormen Probleme, die deutlich gestiegenen Rohstoffkosten auf die
Abnahmepreise des Handels abzuwälzen, sei die gesamte Vertragspolitik der Geflügelbranche
in Kürze gefährdet. Davor hat Michel P r u g u e gewarnt, der seit der ersten Februarwoche
den Dachverband der französischen Geflügelwirtschaft (CFA) leitet. Er bedauerte, dass es den
Geflügelverarbeitern lediglich gelungen sei, zwischen 8 % und 10 % der höheren
Rohstoffpreise bei Futtermitteln durchzureichen. Weitere 7 % seien jedoch unerlässlich, da
die Verarbeiter andernfalls ihre Verträge mit den Geflügelhaltern nicht erfüllen könnten,
warnte Prugue. Der CFA habe sich das Ziel gesetzt, bei einer Preisindexierung eine
Vorreiterrolle zu spielen und appelliere deshalb an die Branche, entsprechende Fortschritte zu
erzielen. AgE
EU/DEUTSCHLAND
VERBRAUCHERSCHUTZ
Salmonellenbefall von Geflügel weiter rückläufig
Anzahl der infizierten Bestände von 2008 auf 2009 gesunken - Mehrzahl der Mitgliedstaaten
erreicht Reduktionsziele - Deutschland kann Vorgaben für Masthähnchen, aber nicht für
Legehennen einhalten - Rückgang der Salmonelleninfektionen beim Menschen wird mit den
verstärkten Anstrengungen in der Tierhaltung begründet - Dalli: Großer Erfolg - Weitere
Erreger unter anderem Campylobacter und Listerien - Bericht von EFSA und ECDC
PARMA. Die Bekämpfung von Salmonellen in Legehennenbeständen schreitet voran: Von
2008 auf 2009 nahm die Anzahl der mit dem Krankheitserreger infizierten Bestände über die
EU hinweg weiter ab. Das geht aus dem jüngsten Jahresbericht der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Europäischen Zentrum für die Prävention und die
Kontrolle von Krankheiten (ECDC) über Zoonosen und lebensmittelbedingte
Krankheitsausbrüche hervor. Der EFSA und dem ECDC zufolge konnten 17 beziehungsweise
18 EU-Mitgliedstaaten ihre Ziele zur Verringerung der Salmonellenverbreitung in Geflügel,
Eiern und Hühnerfleisch erreichen. Deutschland schaffte die Einhaltung der Vorgabe für
Hähnchenfleisch, aber nicht für Legehennen. Im Bundesmittel wurde eine Durchseuchung der
Legehennen mit S. Enteriditis oder S. Typhimurium von 4,8 % registriert; die Vorgabe lautete
2,4 %. Für Masthähnchen wurde der Zielwert von 1,9 % für fünf Salmonellentypen um einen
vollen Prozentpunkt unterschritten.
Weniger Fälle beim Menschen
Im EU-Durchschnitt sank der Anteil der Legehennenbestände, die mit den zu reduzierenden
Salmonella-Arten infiziert sind, von 2008 auf 2009 um 0,3 Prozentpunkte auf 3,2 %, der
entsprechende Anteil der Masthähnchenbestände um 0,1 Prozentpunkte auf 1,2 %. Ein
gleichzeitig beobachteter Rückgang der Salmonellenerkrankungen bei Menschen um
europaweit 17 % auf knapp 109 000 Fälle wird von EFSA hauptsächlich auf diese
Entwicklung zurückgeführt. Die Behörde bezeichnete die Abnahme der Infektionen als
großen Erfolg und als Beweis für die Wirksamkeit der Bekämpfungsmaßnahmen. Auch EUGesundheitskommissar John D a l l i begrüßte die neuen Zahlen. „Die EU hat große
Fortschritte bei der Bekämpfung von Salmonellen erzielt“, so Dalli vergangene Woche in
Brüssel. Die europäischen Verbraucher müssten darauf vertrauen können, dass die
Bekämpfung der Erreger unvermindert fortgesetzt werde. Trotzdem bleiben SalmonellaBakterien eine der häufigsten Ursachen von lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen. Sie
wurden besonders oft in Hühner-, Puten- und Schweinefleisch nachgewiesen.
Anstieg der Listerieninfektionen
Noch mehr lebensmittelbedingte Erkrankungen ließen sich laut EFSA nur auf den Erreger
Campylobacter zurückführen. Im vorvergangenen Jahr wurde gegenüber 2008 ein Anstieg der
Fälle um 4 % auf gut 198 000 Fälle verzeichnet. Bei Nahrungsmitteln wurden
Campylobacter-Bakterien, die Durchfall und Fieber verursachen können, hauptsächlich in
rohem Geflügelfleisch nachgewiesen. Bei lebenden Tieren fand man die Bakterien in
Geflügel, Schweinen und Rindern. Die ungleich gefährlicheren Listerieninfektionen nahmen
um 19 % auf rund 1 650 bestätigte Fälle zu. Diese Erkrankung führt in gefährdeten
Bevölkerungsgruppen wie älteren Menschen relativ häufig zum Tode: Nach EFSASchätzungen starben 2009 in der EU etwa 270 Menschen an Listeriose. Das Bakterium wurde
in verschiedenen verzehrfertigen Lebensmitteln nachgewiesen, beispielsweise in
Räucherfisch, hitzebehandelten Fleischerzeugnissen und Käse. Der Bericht berücksichtigt
insgesamt 14 Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind, darunter auch QFieber, Brucellose, Rindertuberkulose, Tollwut und die beiden parasitären Zoonosen
Trichinellose und Echinokokkose. (www.efsa.europa.eu/) AgE
EU/DEUTSCHLAND
Mehr Förderung für Eiweißpflanzen verlangt
Produktion von Körnerleguminosen in der EU-15 auf 3,3 Millionen Tonnen gesunken UFOP für mehr Anstrengungen in der Züchtung - Politische Maßnahmen haben sich als
unzureichend erwiesen - Für marktorientierte Anreizwirkung - Europaparlament hat
Unterstützung für Proteinpflanzen im Rahmen der EU-Agrarreform angemahnt
BERLIN. Angesichts des rückläufigen Anbaus von Körnerleguminosen auf nur noch rund
100 000 ha in Deutschland sieht die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen
(UFOP) dringenden Handlungsbedarf in der Züchtungsforschung. In einem am Montag
FUTTERMITTEL
vergangener Woche vorgelegten Forderungskatalog verlangt die UFOP neben der Förderung
der Pflanzenzüchtung auch Unterstützung für den Praxisanbau von Eiweißpflanzen sowie für
die Vermarktung, Verarbeitung und die Verwendung in der Fütterung. Die landwirtschaftliche
Praxis werde den besonderen Stellenwert von Körnerleguminosen im Anbau und in der
Verwertung stärker beachten, wenn eine marktorientierte, ökonomische Anreizwirkung
eingeführt werde. Als Voraussetzung für eine erhöhte Attraktivität des Anbaus von
Körnerleguminosen werden finanzielle Anreize gesehen. Die Anregungen der UFOP reihen
sich ein in politische Forderungen des Europaparlaments von Anfang dieses Monats. Die
Abgeordneten hatten die EU-Kommission dazu ermuntert, Festlegungen für Eiweißpflanzen
im Rahmen von Fruchtfolgevorschriften zu treffen und dies mit Krankheitsschutz auf dem
Acker, einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Praxis und neuen Herausforderungen wie
Ernährungssicherung und Klimawandel begründet. Die UFOP betont ihrerseits, die EUEiweißpflanzenprämie der Ersten Säule in Höhe von 55,57 Euro/ha habe in der Vergangenheit
bei weitem nicht ausgereicht, um den negativen Trend beim Anbau von Körnerleguminosen
aufzuhalten.
Frankreich und Spanien vorn
Die Agrarumweltprogramme der Zweiten Säule stellten zwar für Eiweißpflanzen in
Deutschland einen Anreiz dar, würden jedoch nur von wenigen Bundesländern angeboten, so
dass dieses Instrument bislang nicht ausreichend wirke, kritisierte die UFOP mit Blick auf die
Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK). Die
Vorteile der stickstoffbindenden, eiweißreichen Blattfrüchte sollten für eine Optimierung der
Pflanzenproduktion stärker genutzt werden. Laut Schätzungen der EU-Ausschüsse der
Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) wurden
Körnerleguminosen im vergangenen Jahr nur noch auf 1,14 Mio ha in den „alten“ EUMitgliedstaaten (EU-15) angebaut. Dabei leisteten Frankreich und Spanien, wo allein
Futtererbsen auf 238 000 ha beziehungsweise 200 000 ha angebaut wurden, den mit Abstand
größten Beitrag. Die Gesamtproduktion der EU-15 an Eiweißpflanzen belief sich auf etwa
3,3 Mio t an Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen, davon 1,9 Mio t Futtererbsen und 1,37 Mio t
Ackerbohnen. Damit konnte nur ein Bruchteil des EU-Bedarfs an Futtereiweiß gedeckt
werden. Zum Vergleich: Das US-Landwirtschaftsministerium rechnet für die Europäische
Union insgesamt im aktuellen Wirtschaftsjahr 2010/11 mit Sojabohnenimporten im Umfang
von 14,0 Mio t (AGRA-EUROPE 11/11, MARKT + MEINUNG 1). Hinzu kommen
prognostizierte Einfuhren von Sojaschrot von mehr als 20 Mio t. Der hohe Importbedarf für
die Fütterung der Schweine und Hühner in der Europäischen Union entspricht nach
Einschätzung von Agrarexperten einer Flächeninanspruchnahme von rund 20 Mio ha in
Übersee.
Vorteile längerer Fruchtfolgen
Verfechter einer stärkeren Förderung des Eiweißpflanzenanbaus wie die UFOP und das
Europäische Parlament erhoffen sich eine Minderung der Importabhängigkeit in der
Proteinversorgung. Auch wird eine Auffächerung des Spektrums an Feldfrüchten als
Argument vorgebracht. Resistenzen gegenüber Pflanzenschutzmittelwirkstoffen soll durch
eine erweiterte Fruchtfolge vorgebeugt werden. Man erwartet zudem einen geringeren Bedarf
an mineralischem Stickstoffdünger im Ackerbau. Es dürfe auch nicht übersehen werden, so
die Position der UFOP, dass ein weiterer Rückgang der Anbauflächen von
Körnerleguminosen mit einem zunehmenden Einsatz von Nachbausaatgut einhergehen werde.
Dies werde zwangsläufig zur Abnahme der Intensität in der züchterischen Bearbeitung dieser
Kulturpflanzen führen.
Hohe Bedeutung im Ökolandbau
Die UFOP warnt vor Konsequenzen für den ökologischen Landbau, der auf die biologische
Stickstofffixierung der Leguminosen dringend angewiesen sei. Ausschließlich für den
ökologischen Landbau werde die Züchtung von Körnerleguminosen in Deutschland nicht
kostendeckend möglich sein. Zurzeit existierten hierzulande nur noch je ein einziges
Züchtungsprogramm für Erbse, Ackerbohne und Süßlupine - alle anderen Programme seien
bereits aufgegeben worden. Den noch bestehenden Züchtungsprogrammen drohe das gleiche
Schicksal, da sich die dauerhafte Unterschreitung einer „kritischen Masse“ im Anbau andeute.
Da Züchtungsprogramme sehr langfristig angelegt seien und ein Ausstieg nicht kurzfristig
revidiert werden könne, gehe entsprechendes Know-how und Innovationspotential
unwiederbringlich verloren, warnte die UFOP. AgE
Anbau von Körnerleguminosen in der EU-15
(2010/11)
Fläche in 1000 ha
Ertrag in t/ha
Produktion in 1000 t
Erbsen
Bohnen
Lupinen
Erbsen
Bohnen
Lupinen
Erbsen
Bohnen
Lupinen
2,0
2,0
59,0
4,2
200,5
238,3
1,0
10,0
1,4
13,0
2,4
6,2
1,0
17,0
7,7
27,7
147,8
2,4
50,0
1,3
2,2
0,0
9,5
0,3
24,1
0,3
6,2
6,4
2,0
-
6,0
6,0
3,0
1,4
1,3
4,5
3,0
3,0
4,2
2,3
1,2
-
5,0
3,3
1,8
1,5
3,4
6,0
1,5
3,5
2,4
0,0
2,1
3,0
1,1
2,0
0,7
2,5
0,5
-
12,0
12,0
177,0
5,8
252,5
1 064,0
3,0
30,0
5,9
29,8
1,0
5,0
56,0
13,5
40,8
503,8
14,3
75,0
4,6
5,3
0,0
20,0
0,9
27,1
0,6
4,2
16,1
1,0
-
Schweden
46,8
-
-
2,6
-
-
120,0
Großbritannie
n
EU-15
50,0
192,0
5,0
4,0
3,3
-
198,0
634,0
-
635,7
459,1
45,1
3,0
3,0
1,1
1 904,0
1 368,8
49,3
Belgien
Dänemark
Deutschland
Griechenland
Spanien
Frankreich
Irland
Italien
Niederlande
Österreich
Portugal
Finnland
-
AgE
12-2011
DEUTSCHLAND
Bundeslandwirtschaftsministerium nimmt Charta auf die eigene Kappe
Am Ende soll kein Kompromisspapier der beteiligten Verbände und Institutionen stehen Ministerium will eigene Schlussfolgerungen ziehen - Charta für Landwirtschaft und
Verbraucher soll Leitliniencharakter haben - Bauernverband sieht Befürchtungen beim
Auftaktworkshop nicht bestätigt
BERLIN. Das Bundeslandwirtschaftsministerium wird die Beiträge in dem von ihm initiierten
Diskussionsprozess über die künftige Ausrichtung der Agrar- und Verbraucherpolitik nicht
unmittelbar in die vorgesehene „Charta für Landwirtschaft und Verbraucher“ einfließen
lassen. „Wir streben kein Kompromisspapier der beteiligten Verbände und Institutionen an“,
AGRARPOLITIK
hieß es nach der Auftaktveranstaltung zum Thema „Umwelt“ am Dienstag vergangener
Woche im Agrarressort. Stattdessen behält sich das Ministerium vor, die Ergebnisse nach
seinen Maßstäben zu bewerten und eigene Schlussfolgerungen aus den Debatten zu ziehen.
Die daraus resultierende Charta werde den Charakter von Leitlinien haben, die Hinweise auf
die Anforderungen an eine moderne Landwirtschaft geben werde. Gleichzeitig gehe es darum,
daraus resultierende Konfliktfelder zu identifizieren und Lösungswege aufzuzeigen. Ob im
Ergebnis gesetzgeberische Konsequenzen gezogen würden, beispielsweise im Hinblick auf
eine Novelle des Landwirtschaftsgesetzes, bleibe abzuwarten. Ausdrücklich betont das
Ministerium die rechtliche Unverbindlichkeit der Charta. In deren Erarbeitung würden auch
die Koalitionsfraktionen sowie die Länder einbezogen. Unterdessen zog der Deutsche
Bauernverband (DBV) ein positives Fazit des ersten Workshops. DBV-Generalsekretär
Dr. Helmut B o r n sprach von einem „sehr offenen und transparenten Diskurs“, dem sich die
Landwirtschaft auch in Zukunft nicht verweigern werde. Befürchtungen, dass die Belange der
Landwirtschaft nicht hinreichend Gehör fänden, hätten sich zumindest beim Auftakt nicht
bestätigt, so Born. Kritik kommt inzwischen vor allem aus den Reihen der
Koalitionsfraktionen.
Grummeln in der Koalition
Der Vorsitzende des Bundestagsernährungsausschusses, Hans-Michael G o l d m a n n ,
äußerte grundsätzliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Charta-Prozesses. „Mir erschließt
sich nicht, wie eine breite Diskussion ohne inhaltliche Vorgaben der Bundesregierung und der
sie tragenden Parteien politisch brauchbare Resultate bringen soll“, gab der FDP-Politiker zu
bedenken. Seiner Einschätzung nach wird die Initiative im Ergebnis zu „einigem Verdruss“
führen, „wenn Beteiligte erkennen, dass ihre Positionen zwar gehört, aber nicht berücksichtigt
wurden“. Deutliche Kritik übte Goldmann an Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse
A i g n e r , der er eine unzureichende Einbindung der zuständigen Arbeitsgruppen in der
FDP, aber auch der Union vorwarf. Dabei sei die Charta „nur ein Beispiel“. Ähnliche Töne
gibt es zumindest hinter vorgehaltener Hand auch in den Reihen der Unionsfraktion.
Goldmann hat dennoch am ersten Workshop teilgenommen und will dies auch bei den
folgenden Veranstaltungen tun. Dabei gehe es ihm auch darum, „dass kein allzu schiefes Bild
von moderner Landwirtschaft gezeichnet wird“. Insgesamt lag die Teilnehmerzahl am
Umwelt-Workshop bei rund 60 Vertretern von Verbänden und Organisationen innerhalb und
außerhalb der Landwirtschaft. Zudem ist bislang eine Vielzahl von Internetbeiträgen im
Bundeslandwirtschaftsministerium eingegangen, von denen allerdings nur eine kleine
Auswahl veröffentlicht wird. AgE
DEUTSCHLAND
Holzenkamp: Landwirtschaft nicht unter Generalverdacht stellen
CDU/CSU-Agrarsprecher mahnt ausgewogene und unvoreingenommene Charta-Diskussion
an - Große und gewerbliche Tierhaltung nicht in Frage stellen - Verbote gehen zu Lasten der
Beschäftigung in ländlichen Räumen - Klausurtagung der Unions-Arbeitgruppe
TREIS-KARDEN
. Die Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellt sich hinter den von
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r eingeleiteten Prozess zur Erarbeitung einer
Charta für Landwirtschaft und Verbraucher, will aber einseitige Kritik vor allem an der
landwirtschaftlichen Tierhaltung nicht zulassen. „Wir mahnen eine offene, ausgewogene und
unvoreingenommene Diskussionsführung an“, erklärte Arbeitsgruppenvorsitzender FranzJosef H o l z e n k a m p anlässlich einer Klausurtagung Anfang letzter Woche im rheinlandpfälzischen Treis-Karden. Die Union lehne es ab, die Landwirtschaft unter Generalverdacht
AGRARPOLITIK
zu stellen. Der CDU-Politiker erinnerte daran, dass die Diskussion einzelner Vorgänge „allzu
oft dazu genutzt wird, die gewerbliche Tierhaltung und die Tierhaltung in bestimmten
Größenordnungen generell in Frage zu stellen“. Dagegen wehre man sich. Holzenkamp: „Wir
brauchen den Vergleich nicht zu scheuen.“ Deutschland habe eines der strengsten
Tierschutzgesetze der Welt. Der Agrarsprecher der Union räumte zugleich ein, dass die
Konzentration der Tierhaltung in bestimmten Regionen Deutschlands eine gesellschaftliche
Debatte ausgelöst habe, „der wir uns stellen müssen“. Für die CDU/CSU stehe allerdings fest,
„die Landwirtschaft - und dazu gehören auch gewerbliche Tierhaltungsbetriebe - ist nicht der
Gegner des ländlichen Raumes“. Sie sei vielmehr eine tragende Säule der Beschäftigung in
den Mittelzentren und Dörfern. „Wer Entwicklungsmöglichkeiten durch Verbote einschränkt,
gefährdet Arbeitsplätze, nicht nur auf den Betrieben, sondern auch im vor- und
nachgelagerten Bereich“, warnte Holzenkamp.
Bekenntnis zum Export
„Ziel der Unionsfraktion bleibt es, dass sich unsere Betriebe erfolgreich am Markt behaupten
können, und zwar unabhängig von Unternehmensform oder Bewirtschaftungsverfahren“,
betonte der Arbeitsgruppenvorsitzende. Im Gegensatz zur Opposition sei die CDU/CSU „stolz
auf die Leistung unserer Land- und Ernährungswirtschaft, besonders im Export“. Die Betriebe
benötigten verlässliche Rahmenbedingungen und keine populistischen Parolen wie seinerzeit
im Milchbereich. Holzenkamp: „Wir müssen unsere Betriebe fit machen für die neuen
Herausforderungen wie die Sicherung der Welternährung.“ Dies gelte auch für die laufenden
Gespräche zur Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013. Erforderlich
sei eine weitere Entbürokratisierung der Cross-Compliance-Auflagen, anstatt die
Direktzahlungen an weitere Anforderungen zu knüpfen. Gleichzeitig müsse der Bevölkerung
erklärt werden, wozu die Mittel der GAP auch zukünftig benötigt würden. „Die sichere
Versorgung mit hochwertigen und gesunden Lebensmitteln und die Sicherung eines
angemessenen Einkommens für die Landwirte sind keine Aufgaben aus vergangenen Zeiten,
sondern zentraler Auftrag für eine zukünftige Agrarpolitik“, so der Abgeordnete. Die Union
wolle den Weg der früheren Reformen fortsetzen und das Modell der multifunktionalen
Landwirtschaft weiter im EU-Haushalt absichern.
Mündiger Verbraucher als Leitbild
Im Verbraucherschutz setzt die Union nach den Worten Holzenkamps auf den mündigen
Verbraucher. Dieses Leitbild stehe im Vordergrund, während die Opposition den Menschen
Entscheidungen abnehmen und sie bevormunden wolle. Im Hinblick auf die
Lebensmittelsicherheit sprach sich Holzenkamp für eine Verbesserung der Kennzeichnung
aus. Gleichzeitig gehe es darum, Täuschungen zu verhindern und die Aufklärung
voranzutreiben. „Nur mit Transparenz und einem intensiven öffentlichen Dialog auf der Basis
wissenschaftlicher Bewertung können wir eine Qualitätssteigerung bei der
Lebensmittelkennzeichnung erreichen“, erklärte der CDU-Politiker. AgE
DEUTSCHLAND
Vorhaben zur Geschlechtsdiagnose am unbebrüteten Ei
Forschungsteam an der Universität Leipzig untersucht Einsatzmöglichkeiten optischer und
schwingungsspektroskopischer Analysemethoden - Ziel ist die Vermarktung aller
produzierten Eier - Bislang können die Wissenschaftler das Geschlecht ab dem achten
Bebrütungstag bestimmen - Praxistaugliche Verfahren gibt es bisher keine - Daher werden in
Deutschland pro Jahr 40 Millionen männliche Küken getötet
FORSCHUNG
LEIPZIG. Die Geschlechtsdiagnose am unbebrüteten, dann noch verwertbaren Ei ist das
Forschungsziel eines Teams aus Wissenschaftlern der Universität Leipzig und
interdisziplinärer Verbundpartner. Wie die Hochschule in der vergangenen Woche weiter
mitteilte, sollen die Einsatzmöglichkeiten optischer und schwingungsspektroskopischer
Analysemethoden zur frühzeitigen Geschlechtsbestimmung untersucht werden. Für die derzeit
von den Forschern präferierten spektroskopischen Verfahren diene ein mittels Laser in der
Eischale erzeugtes Loch als Zugang für die weitere, lichtgestützte Analyse. Allerdings seien
die Schlüpfraten aus beprobten Eiern bislang nur im kleinen Rahmen getestet worden.
"Wichtig ist nun, auch die Auswirkungen der einzelnen Untersuchungsschritte auf den
Brutverlauf und -erfolg, auf die postnatale Entwicklung der Küken sowie die Tiergesundheit
und Legeleistung der Hennen genau zu analysieren“, erklärte Maria-Elisabeth
K r a u t w a l d - J u n g h a n n s , Professorin an der Universität Leipzig und Koordinatorin
des Forschungsprojekts. In dessen Rahmen sei es bisher gelungen, das Geschlecht ab dem
achten Bebrütungstag mittels endokrinologischer Methoden sicher zu bestimmen.
Praxistaugliche Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei, die dieses möglichst
unbeschädigt ließen, gebe es bis heute aber keine.
Weniger Legehennen benötigt
Nach Angaben der Wissenschaftlerin werden deshalb bei der Zucht von Legehennen allein in
Deutschland pro Jahr mehr als 40 Millionen gerade geschlüpfte, männliche Küken getötet.
"Das ist sowohl aus Sicht des Tierschutzes als auch für die Industrie ein Problem mit
gesellschaftspolitischer Tragweite", betonte Krautwald-Junghanns. Für sie selbst stehe die
ethnische Komponente im Vordergrund; schließlich gehe es um lebende Tiere. Die
Unterstützung von wirtschaftlicher Seite sei dennoch entscheidend, denn viele Projekte seien
immer dann gestorben, wenn ökonomische Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt worden
seien. Mit den angestrebten Methoden könnten im Idealfall auch unbebrütete Eier, aus denen
einmal Hähnchen schlüpfen würden, dem Markt noch zugeführt werden. Das würde nicht
zuletzt auch dazu beitragen, die Zahl der für die Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und
Eiprodukten benötigten Legehennen wieder zu verringern. Das Projekt "Möglichkeiten der In
Ovo-Geschlechtsbestimmung beim Haushuhn als Alternative zur routinemäßigen Tötung
männlicher Eintagsküken aus Legehennenlinien", das von der Bundesanstalt für
Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für drei Jahre mit einer Fördersumme von rund
1 Mio Euro finanziert wird, endet im kommenden Juni. In einem neuen Antrag soll danach die
Verlässlichkeit der neu entwickelten Methoden abgesichert werden. AgE
DEUTSCHLAND
Nach Dioxinkrise das Vertrauen der Verbraucher wieder herstellen
Deutscher Raiffeisenverband will in seinen Futtermittelgenossenschaften Allianzen
schmieden und Synergien nutzen - Die Branche muss sich grundsätzlich auf noch stringentere
Rahmenbedingungen einstellen - Das Vertrauen in die bestehenden
Qualitätsmanagementsysteme nachhaltig stärken - Kontroll- und Prüfsysteme zwischen
Vorlieferanten und der nachgelagerten Stufe synchronisieren - DRV-Fachtagung
Futterwirtschaft
MÜNSTER. Nach der Dioxinkrise zu Anfang dieses Jahres ist es für die genossenschaftliche
Futterwirtschaft in Deutschland das oberste Ziel, rasch das Vertrauen der Verbraucher wieder
herzustellen. Der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), Manfred N ü s s e l ,
sieht alle Beteiligten der Wirtschaftskette gefordert, dazu einen Beitrag zu leisten. Ein
realistischer Lösungsansatz sei der von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r
vorgelegte Aktionsplan „Verbraucherschutz in der Futtermittelkette“, sagte Nüssel auf der
FUTTERMITTEL
DRV-Tagung Futterwirtschaft, die am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche in
Münster stattfand. Insbesondere die strengeren Anforderungen für Futterfett verarbeitende
Betriebe müssten schnellstmöglich umgesetzt werden. Wenn Bund und Länder nun
gemeinsam und koordiniert die Überwachungssysteme verbesserten, werde das vom DRV
unterstützt. Nach Ansicht von Nüssel müssen sich die Unternehmen der Futterwirtschaft
grundsätzlich auf noch stringentere Rahmenbedingungen einstellen. Von Verbandsseite werde
man aber darauf achten, dass dies mit Augenmaß erfolge. Parallel dazu müsse man jetzt daran
arbeiten, das Vertrauen in die bestehenden Qualitätsmanagementsysteme nachhaltig zu
stärken. Bislang sei in der Öffentlichkeit viel zu wenig wahrgenommen worden, dass gerade
durch diese Systeme die Verbreitung von belastetem Fleisch in der Nahrungskette weitgehend
verhindert worden sei, stellte der DRV-Präsident fest. Er hob hervor, dass zeitliche Lücken
zwischen dem Inverkehrbringen der Futtermittel und dem Vorliegen sicherheitsrelevanter
Analyseergebnisse geschlossen werden müssten. Dazu müsse die Branche die Kontroll- und
Prüfsysteme zwischen Vorlieferanten und der nachgelagerten Stufe synchronisieren. Bei der
dazu notwendigen Vernetzung von Dokumentations-, Informations- und
Risikomanagementsystemen für die Futtermittelhersteller wolle der genossenschaftliche
Verbund auch Synergieeffekte erzielen. Die Referenten der DRV-Fachtagung waren einhellig
der Meinung, dass die Branche vor großen Herausforderungen stehe. So wüchsen die
gesellschaftlichen Anforderungen hinsichtlich Klimaschutz und Nachhaltigkeit,
Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit kontinuierlich, während gleichzeitig weltweit der
Bedarf an Futtermitteln auf immer neue Rekordhöhen steige.
„Kontrolle der Kontrolle“ verbessern
Nach den Worten von Bernhard K ü h n l e , Abteilungsleiter im
Bundeslandwirtschaftsministerium, war es schon in der Vergangenheit richtig, im
Lebensmittel- und Futtermittelbereich einen großen Wert auf Eigenkontrollsysteme zu legen.
Auch in Zukunft gebe es zur Haupt- und Erstverantwortlichkeit der Unternehmen in der
Wertschöpfungskette keine Alternative, denn die Eigenkontrollen seien „das Fundament der
Lebensmittelsicherheit“. Allerdings sei „die Kontrolle der Kontrolle“ noch quantitativ und
qualitativ verbesserungsbedürftig, räumte Kühnle ein. Dazu gehöre ein konsequentes
Qualitätsmanagement unter staatlicher Überwachung mit einer unabhängigen Auditierung.
Parallel dazu sei eine Nachjustierung an den Vorgaben für Eigenkontrollen und staatliche
Kontrollen notwendig, so etwa der Ausbau des Dioxin-Monitorings und eine Verschärfung
der Vorgaben für den Probenumfang und die Untersuchungspunkte. Der Ministerialbeamte
erwartet, dass bis Ende 2011 acht der zehn Punkte des Aktionsplans von Ressortchefin Aigner
umgesetzt werden können. Länger könnte es bei der Positivliste und einer Verbesserung der
Qualität der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung der Länderbehörden dauern.
Eigenkontrollen haben funktioniert
Thomas M a y von der Qualität und Sicherheit GmbH (QS) betonte, dass die
Eigenkontrollen der Branche während der Dioxinkrise funktioniert hätten. Da ein QSSystempartner die Dioxin-Verunreinigung im Tierfutter aufgedeckt habe, sei es möglich
gewesen, das Problem schnell einzugrenzen. Dabei habe QS richtige und sachliche
Informationen bereitgestellt und zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Vor allem die
Rückverfolgbarkeit im QS-System habe den Kreis betroffener Landwirte stark eingegrenzt
und zu einer zügigen Entsperrung vieler Betriebe geführt. Allerdings könne das QS-System
als „Wertegemeinschaft“ nicht ausschließen, dass gemeinsame Werte durch technisches
beziehungsweise menschliches Versagen oder kriminelle Machenschaften verletzt würden,
stellte May klar. QS könne aber einen Beitrag dazu leisten, dass dies immer schwieriger
werde. Aus dem Dioxin-Vorfall habe QS direkt Rückschlüsse gezogen und zügig Maßnahmen
in der Futtermittelwirtschaft umgesetzt, beispielsweise eine Trennung der Warenströme
zwischen Futtermitteln und anderem Material bei allen Produktionsprozessen und eine Be-
und Verarbeitung von Mischfetten und -ölen sowie Mischfettsäuren ausschließlich in
separaten Anlagen.
Gegen eine Pflichtversicherung
Über die Konsequenzen der Dioxinkrise für den Versicherungsschutz in der Futter- und
Lebensmittelkette referierte Alois L a t t w e i n von der R+V-Versicherung. Nach seiner
Einschätzung befinden sich die Futtermittelhersteller immer auf einer Gratwanderung: „Man
kann viele Dinge nicht bemerken“, so der Experte. Auch sei grundsätzlich zu fragen, ob
Dioxin heute überhaupt noch versicherbar sei. Ein umfassender Versicherungsschutz für die
Beteiligten der Futtermittelkette bedürfe einer Betriebshaftpflichtversicherung mit integrierter
erweiterter Produkthaftpflichtversicherung, der Deckung für Leistung- und Ertragsminderung
und einer Ertragsschadenversicherung ohne Ausschluss von Dioxinschäden. In diesem
Zusammenhang machte Lattwein deutlich, dass sich die Versicherungswirtschaft darum
bemühe, eine Einführung der Pflichtversicherung zu verhindern, da die Futtermittelhersteller
in der Regel über einen ausreichenden Versicherungsschutz verfügten. Hinzu komme, dass
Reglementierungen im Rahmen der Pflichtversicherung die Produkte zu Lasten aller
Versicherungsnehmer verteuerten. Ferner würde eine Pflichtversicherung nicht nur
industrielle Futtermittelhersteller betreffen, sondern auch die landwirtschaftlichen Betriebe
selbst, weil diese unter Umständen ebenfalls Futtermittel herstellten. Der
Versicherungsfachmann wies darauf hin, dass dieses Thema bereits in den letzten Jahren von
der EU-Kommission eingehend geprüft worden sei. Dabei sei die Behörde zu dem Ergebnis
gekommen, dass eine Deckungsvorsorgepflicht nicht erforderlich sei.
„Falsche Kommunikation“ betrieben
Nachhilfe in Sachen Krisenkommunikation gab der Journalist Jörg-Michael J u n g i n g e r .
Dazu präsentierte er konkrete Beispiele „falscher Kommunikation“ von Branchenvertretern
während der Krise und arbeitete detailliert die Schwachpunkte heraus. Von Anfang an hätte
die Futterwirtschaft klar kommunizieren müssen, dass die Eigenkontrolle in der Dioxinkrise
eigentlich funktioniert habe, so Jungingers Hauptkritikpunkt. Auch hätte es der Branche gut
angestanden, sich bei den Verbrauchern zu entschuldigen. Für eine Kommunikation im
Krisenmanagement muss laut Darstellung des Medienprofis zunächst geklärt werden, wie
man auf „das kranke System Medien“ am besten reagiert. Hier zeige die Erfahrung, dass es
wenig Sinn mache, der Öffentlichkeit Sachinformationen zu erläutern. „In Interviews kann
man nichts mehr erklären“, so Jungingers Empfehlung. Was zähle, sei die Meinung zu einem
Thema; und dabei müsse darauf geachtet werden, dies in maximal 20 Sekunden zu tun, und
zwar mit klaren Statements, die beim Hörer auch im Gedächtnis blieben.
Produktionsintensität mit Schlüsselrolle
Laut Darstellung von Dr. Henning S t e i n f e l d von der Ernährungs- und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird die Nachfrage nach Fleisch
weiter steigen: Bis 2050 gebe es rund 30 % mehr Menschen auf der Welt, die dann im
Vergleich zu heute etwa 70 % mehr Fleisch verzehrten. Dies betreffe aber in erster Linie
Entwicklungsländer, denn die Nachfrage in Industrieländern sei bereits gesättigt und gehe
möglicherweise sogar zurück, vor allem wegen Gesundheitsaspekten. Eine Schlüsselrolle
werde der Produktionsintensität zukommen, denn die Intensität erhöhe die biologische
Effizienz, erklärte Steinfeld. Allerdings sei zu beachten, dass die Produktionsintensität und
die Emissionsintensität negativ korreliert seien. Deshalb würden eine mögliche Besteuerung
oder das Kappen von Klimaemissionen vor allem Wiederkäuer und extensive
Produktionsformen treffen. Hinzu komme, dass die extensive Form der Tierhaltung nicht in
der Lage sein werde, wesentliche Teile der steigenden Fleischnachfrage zu decken; sie könne
aber - vor allem regional - eine wichtige Nischenproduktion einnehmen. Eine weitere und
schnelle Intensivierung - vor allem in Entwicklungsländern - sei „alternativlos“, so der FAOExperte. Diese Entwicklung werde durch die Rohstoffverteuerung noch beschleunigt.
Megatrends nicht verschlafen
Prof. Wolfgang B r a n s c h e i d vom Max-Rubner-Institut (MRI) warf der
Fleischwirtschaft vor, die Megatrends der Landwirtschaft verspätet, defensiv und halbherzig
aufzugreifen, und auch nur dann, wenn es sich aktuell rechne. So helfe es beispielsweise beim
Tierschutz überhaupt nicht, etwas zu verschweigen. Die Tierschutzbewegung habe eigentlich
gerade erst angefangen, gab Branscheid zu bedenken. Deshalb müsse die Branche Probleme
frühzeitig erkennen und auch ernst nehmen. Verpasste Gelegenheiten waren laut Branscheid
das Ende der Käfighaltung von Geflügel und die Kastration sowie das Kupieren der Schwänze
beim Schwein. Doch schon stünden die nächsten Bedrohungen an, nämlich Fragen zu Zucht,
Haltung, Transport und Schlachtung von Hähnchen, Puten und Kaninchen. Auch beim Thema
CO2 müsse die Fleischwirtschaft mitlaufen, ohne zu stolpern, empfahl der Wissenschaftler. Es
gelte eine Rationalität in der Diskussion anzustreben, angepasste Systeme zu suchen und
politisch mitzugestalten.
Risikomanagement verstärken
Prof. Holger T h i e l e vom Forschungszentrum für Ernährungswirtschaft (ife) in Kiel lenkte
den Blick auf die Milchbranche. Thiele sieht langfristig einen steigenden Milchpreistrend auf
den Weltmärkten. Kurzfristig sei dagegen mit höheren Preisschwankungen und damit auch
Schwankungen des Milcheinkommens zu rechnen. Die Milcherzeuger und ihre Partner in der
Wertschöpfungskette müssten sich deshalb mehr als bisher mit Risikomanagement
beschäftigen, wozu ihnen zahlreiche Optionen zur Verfügung stünden. Allerdings müssten die
Teilnehmer auf dem Milchmarkt im Risikomanagement und im Umgang mit hoher
Preisvolatilität noch sehr viel aufholen. Nach Thieles Worten ist es die Aufgabe der Politik,
das Spektrum der möglichen Instrumente des Risikomanagements möglichst breit zu halten.
Der Wissenschaftler attestierte der Milchbranche mit einer sehr guten Ausstattung an
natürlichen Ressourcen, Know-how und Sachkapital auch in volatilen Märkten grundsätzlich
sehr gute Erfolgsaussichten.
Preisvorhersagen immer schwieriger
Einen aktiveren Umgang der Landwirte mit dem Thema Risikomanagement forderte auch
Andreas R i c k m e r s vom Agrarkonzern Cargill. Rickmers prognostizierte weltweit
„gigantische Aussichten“ für die Agrarbranche. Heute sei die Landwirtschaft allerdings noch
weitgehend auf sich allein gestellt. Daher müsse sich auch die Futterbranche fragen, wie man
dem einzelnen Landwirt besser helfen könne. Preisvorhersagen sind nach Ansicht von
Rickmers in Zukunft fast unmöglich, sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig. Die liege
in erster Linie an einer zunehmenden Komplexität der Märkte. Zudem gebe es eine steigende
Verzahnung von Agrar- und Industrierohstoffen. Erschwert würden Prognosen auch durch die
Tatsche, dass es sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite ein Übergewicht
instabiler Staaten gebe, ganz zu schweigen von unvorhersehbaren Ereignissen wie der
Erdbebenkatastrophe in Japan. AgE
EU/WELT
VIEH UND FLEISCH
COPA und COGECA sehen dramatische Lage für EU-Tierhalter
BRÜSSEL. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen
Genossenschaften (COGECA) warnen vor dem Hintergrund hoher Betriebsmittelkosten und
geringer Erzeugerpreisen vor einer weiteren Zuspitzung der Lage der EU-Tierhalter. Wie der
Deutsche Bauernverband (DBV) vergangene Woche mitteilte, drängen COPA und COGECA
die Europäische Kommission, eine bessere Funktionsweise der europäischen
Wertschöpfungskette zu gewährleisten. Die Branchenvertreter argumentieren, dass der Markt
zunehmend volatil werde und die von den Produzenten zu tragenden Betriebsmittelkosten für
Düngemittel, Kraftstoff und Futtermittel auf nicht tragbare Preisniveaus angestiegen seien.
Das gefährde die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Betriebe.
Darüber hinaus nähmen Importe aus Nicht-EU-Ländern zu, obwohl diese nicht dieselben
Produktionskosten hätten und nicht die strengen EU-Normen im Bereich der
Lebensmittelsicherheit, des Tierschutzes und des Umweltschutzes einhielten. Die
Produktionskosten im südamerikanischen Rindfleischsektor werden von COPA und
COGECA auf 73 Euro bis 81 Euro pro Dezitonne Lebendgewicht beziffert, also auf rund ein
Drittel der Produktionskosten in Italien oder Frankreich. COPA-/COGECA-Generalsekretär
Pekka P e s o n e n warnte vor schwerwiegenden Konsequenzen nicht nur für die
Landwirtschaft, sondern auch für die europäische Ernährungssicherheit. Die Kommission
müsse deshalb sicherstellen, dass die Landwirte bessere Erlöse über den Markt
erwirtschafteten. Pesonen forderte mehr Transparenz und eine genauere Untersuchung, wie
sich Preise und Gewinnspannen entlang der Lebensmittelkette verteilen. Ferner müsse das
europäische Wettbewerbsrecht angepasst werden, um es Erzeugerorganisationen wie
Genossenschaften zu ermöglichen, an Größe und Einfluss zuzunehmen und zu einer
ausgewogeneren Lebensmittelkette beizutragen. AgE
DEUTSCHLAND
Die großen Schlachthöfe wachsen am stärksten
Top 4 schlachten bereits mehr als 60 Prozent der deutschen Schweine - Tönnies bringt es auf
einen Marktanteil von knapp 25 Prozent - Dahinter folgt Vion mit mehr als 18 Prozent - Die
Top 3 der Branche wuchsen stärker als der Gesamtmarkt - Übernahmen unter den
Mittelständlern
BERLIN. Die Großen der deutschen Schlachtschweinebranche haben ihre Marktanteile im
vergangenen Jahr weiter ausgebaut. Das geht aus dem aktuellen Schlachthofranking der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) hervor. Demnach gingen
beim Tönnies-Konzern 2010 insgesamt 14,20 Millionen Schweine an die Haken, das waren
1 Million beziehungsweise 7,6 % mehr als ein Jahr zuvor. Fast jedes vierte in Deutschland
zerlegte Schwein stammt somit von Tönnies. Vion steigerte die Schlachtleistung um 7,0 %
auf 10,7 Millionen Tiere, was einem Marktanteil von 18,4 % entsprach. Bei Westfleisch als
größtem genossenschaftlich organisierten Schlachter in Deutschland erhöhten sich die
Tierzahlen um 5,8 % auf 6,58 Millionen Schlachtungen. Im Bundesmittel legte die Zahl der
Schweineschlachtungen im vergangenen Jahr hingegen nur um 3,7 % auf 58,3 Millionen zu.
Die drei Großen der Branche brachten es somit auf einen addierten Marktanteil von 54,1 %,
nach 52,4 % im Jahr zuvor.
Wie geht es weiter bei D&S?
Im Bundesdurchschnitt bewegte sich die Steigerung der Schlachtzahlen 2010 bei D&S aus
dem oldenburgischen Essen als Nummer 4 auf dem deutschen Schweinemarkt. Das
Unternehmen registrierte ein Plus von 3,8 % auf 3,58 Millionen Schlachtungen. Das
entspricht einem Marktanteil von 6,1 %. D&S ist vom dänischen Marktführer Danish Crown
gekauft worden. Mit Spannung wird erwartet, wie sich D&S Fleisch nach der Übernahme
durch Danish Crown entwickelt. Die offizielle Übernahme durch die Dänen erfolgte am 16.
Januar. Die ISN erwartet langfristig eine spürbare Ausweitung der Schlachtzahlen, auch wenn
nach Unternehmensangaben kurzfristig eine solche Ausweitung nicht geplant ist. Zahlen von
FLEISCH
63 000 bis 80 000 Wochenschlachtungen sind nach ISN-Informationen aber bereits genannt
worden.
Noch weit entfernt von dänischen Verhältnissen
Da neben dem Wachstum der großen Konzerne gleichzeitig die mittelständischen
Schlachtunternehmen in den vergangenen Jahren kräftig zulegten, ist Deutschland laut ISN
„von dänischen und niederländischen Verhältnissen“ noch weit entfernt. In Dänemark
dominiert Danish Crown den Markt, in Holland ist es Vion. Dass die Großen stark auftreten
können, zeigt sich an jüngsten Entwicklungen. Tönnies gab kürzlich den Einstieg bei der
Nummer 8 auf dem deutschen Schlachtschweinemarkt, dem Unternehmen Tummel aus
Schöppingen bekannt (AGRA-EUROPE 11/11, LÄNDERBERICHTE 6). Die ISN sieht diese
Beteilung von Tönnies kritisch. Gerade im Kampf um Marktanteile auf dem
Schlachtsauenmarkt könnte sich die Beteilung gravierend auswirken, meint der Verband, der
den Anteil von Tönnies an den Sauenschlachtungen auf rund 70 % beziffert.
Müller Gruppe rückt in die Top 10 vor
Ein starker Verdrängungswettbewerb findet bei mittelständischen Betrieben statt. Ein
überdurchschnittlich starkes Wachstum erzielte im vergangenen Jahr Vogler durch die
Übernahme des Bremer Schlachthofes Vosding. Viele Schlachtbetriebe planen laut ISNEinschätzung offenbar weiterhin eine deutliche Ausweitung der Schlachthaken. Das stärkste
prozentuale Wachstum verbuchte im vergangenen Jahr die Müller-Gruppe aus Birkenfeld bei
den Schlachtzahlen mit einem Plus von 18,1 % auf 1,28 Millionen Schweineschlachtungen.
Dabei trug der Ausbau des Ulmer Standortes wesentlich zu der Steigerung bei. Hingegen hat
Düringer durch den Wegfall des Bremer Standortes verloren und rutschte auf Rang 11 der
Rangskala ab. AgE
Top 10 der deutschen Schweineschlachtbetriebe
(2009 und 2010; in Millionen Schlachtungen)
2009
2010
2010:09
in v.H.
Marktanteil 2010
in v.H.
Tönnies, Rheda-Wiedenbrück
Vion (NFZ, Moksel & Südfleisch),
Düsseldorf
Westfleisch (inkl. Barfuss), Münster
D&S, Essen/Oldenburg
Vogler, Luckau
Böseler Goldschmaus, Garrel
BMR Schlachthof, Garrel
Tummel, Schöppingen
Gausepohl, Dissen
Müller Gruppe, Birkenfeld
13,20
10,00
14,20
10,70
+    7,6
+    7,0
24,4
18,4
6,22
3,45
1,70
1,39
1,26
1,31
1,25
1,08
6,58
3,58
1,95
1,49
1,37
1,35
1,34
1,28
+    5,8
+    3,8
+  14,7
+    6,8
+    8,3
+    2,7
+    6,8
+  18,1
11,3
6,1
3,3
2,5
2,3
2,3
2,3
2,2
Top 10 insgesamt
39,80
43,82
Deutschland insgesamt
56,20
58,30
75,2
+    3,7
100,0
AGE
11-2011
USA/WELT
USA erwarten relativ niedrige Fleischerzeugung in den nächsten Jahren
FLEISCHMARKT
Die derzeit hohen Futtermittel- und Energiepreise bremsen die Produktion von Rind- und
Schweinefleisch in den Vereinigten Staaten - Deutlichere Steigerungsraten werden für rotes
Fleisch erst ab 2014 erwartet - Aufkommen an Geflügelfleisch dürfte dagegen stetig
zunehmen - Vorausschau des Washingtoner Agrarministeriums bis 2020
WASHINGTON. Wegen der sehr hohen Futtermittel- und Energiepreise rechnet das
amerikanische Landwirtschaftsministerium für das eigene Land mit einer relativ niedrigen
Produktion von rotem Fleisch in den Jahren 2012 und 2013. In seinen aktuellen, auf das
Schlachtgewicht (SG) bezogenen Langzeitprognosen bis 2020 sagt das Agrarressort für das
nächste Kalenderjahr ein Aufkommen an Rindfleisch von 11,3 Mio t voraus, verglichen mit
jeweils rund 11,8 Mio t in den beiden vergangenen Jahren. Dabei wird von einem Abbau der
Rinderbestände von 94,5 Millionen Tieren Anfang 2009 auf weniger als 92 Millionen Stück
zum Jahresanfang 2012 gerechnet. Die US-Schweinefleischproduktion soll sich 2012 und
2013 um die 10,2 Mio t bewegen; das wären gut 200 000 t weniger als 2009, allerdings rund
100 000 t mehr als die für 2010 geschätzte Menge. Für die zweite Hälfte des Jahrzehnts
erwarten die Washingtoner Fachleute dann wieder eine positive Entwicklung der Rinder- und
Schweinemast: Die Rindfleischerzeugung soll bis 2020 auf 12,8 Mio t, die
Schweinefleischerzeugung auf 11,3 Mio t zunehmen. Ohne Wachstumsdelle dürfte sich nach
Einschätzung des Ministeriums hingegen die Geflügelhaltung entwickeln. Zu gute kommt der
Branche, dass Geflügel der effizienteste Futtermittelverwerter ist. Für 2012 wird eine
Hähnchenfleischproduktion in Höhe von 16,8 Mio t prognostiziert; das wären fast 900 000 t
mehr als 2009. Bis 2020 soll das Aufkommen an Geflügelfleisch auf 19,4 Mio t steigen.
Stagnation des Geflügelfleischexports erwartet
Weiter zulegen wird laut den Prognosen des US-Landwirtschaftsministeriums der
Rindfleischexport. Dieser hat sich bereits in den vergangenen Jahren deutlich erholen können.
So setzten die Vereinigten Staaten 2010 erstmals seit dem Exporteinbruch nach dem
Auftreten des ersten Fall von Boviner Spongiformer Enzephalopathie (BSE) Ende 2003
wieder mehr als 1,0 Mio t Rindfleisch im Ausland ab. Für 2011 wird zwar ein leichter
Rückgang vorausgesagt; bis 2020 soll die Ausfuhrmenge aber stetig auf fast 1,4 Mio t steigen.
Auch für den Schweinefleischexport zeigt sich das Agrarressort zuversichtlich: Vorausgesagt
wird eine Zunahme von knapp 2,0 Mio t im vorigen Jahr auf mehr als 2,5 Mio t im Jahr 2020.
Die US-Fachleute verweisen dabei mit Blick auf den globalen Handel auf die „hohe
Produktionseffizienz im amerikanischen Schweinesektor“. Zwar seien die Mastkosten in
Brasilien niedriger; jedoch seien die Vermarktungsmöglichkeiten begrenzt, da einige wichtige
Importländer Brasilien nicht als frei von der Maul- und Klauenseuche (MKS) anerkennen
würden. Das Ministerium sieht Mexiko und die Pazifik-Staaten als wachsende
Auslandsmärkte für US-Schweinefleisch. Die Lieferungen nach Russland dürften dagegen
abnehmen, da Moskau die landeseigene Schweinehaltung weiter forcieren wird. Gerechnet
wird aus dem gleichen Grund auch mit einem Rückgang der russischen
Geflügelfleischimporte. Insgesamt geht das US-Agrarressort zwar von einer deutlichen
Zunahme der weltweiten Importnachfrage nach Geflügel aus, da es preiswerter als Schweineund Rindfleisch ist. Ein sehr intensiver Wettbewerb und der voraussichtlich starke Anstieg der
Inlandsnachfrage dürften den Geflügelfleischexport aber bremsen. Laut der Prognose aus
Washington wird sich der US-Hähnchenfleischexport in den nächsten Jahren eher rückläufig
entwickeln beziehungsweise stagnieren. Für 2012 wird eine Ausfuhrmenge von 3,13 Mio t
vorausgesagt, verglichen mit 3,09 Mio t im Jahr 2009.
Rotes Fleisch weniger gefragt
Die Inlandsnachfrage nach Fleisch pro Einwohner wird in den Vereinigten Staaten nach den
Prognosen des Landwirtschaftsministeriums in den nächsten Jahren abnehmen. Belief sich der
Pro-Kopf-Verbrauch von rotem Fleisch und Geflügel in den USA während der Jahre 2004 bis
2007 noch auf durchschnittlich 100,2 kg SG, dürften es 2012 und 2013 nur mehr 92,1 kg SG
sein. Die Washingtoner Fachleute sehen als Grund für die Einschränkung die niedrigeren
Produktionsmengen beziehungsweise höheren Preise an. Ab 2014 wird wieder mit einem
stetigen Anstieg des Pro-Kopf-Fleischverbrauchs gerechnet, und zwar auf knapp 98 kg SG im
Jahr 2020. Während die Nachfrage nach Geflügelfleisch pro Einwohner zu Beginn des neuen
Jahrzehnts mit durchschnittlich 48,3 kg SG um mehr als 6 kg über dem Niveau von 2009
liegen soll, werden der Rind- und Schweinefleischverbrauch pro Kopf unter dem Strich nicht
mehr steigen. Vielmehr gehen die Washingtoner Fachleute davon aus, dass die Nachfrage
nach rotem Fleisch je Einwohner bis 2012 und 2013 deutlich sinken wird. Anschließend wird
zwar wieder mit einer Erholung gerechnet; die Mengen des Jahres 2009 dürften aber nicht
mehr erreicht werden. Im Einzelnen wird prognostiziert, dass sich der Pro-Kopf-Konsum von
Rindfleisch im Jahr 2020 im Mittel auf 38,1 kg SG beläuft; das wären 1,5 kg weniger als
2009. Die Nachfrage nach Schweinefleisch soll im Jahr 2020 durchschnittlich 27,4 kg SG
betragen, womit das Niveau von 2009 um 1,9 kg unterschritten würde. Das Verbrauchstief
pro Einwohner soll 2013 mit 36,1 kg SG Rind- und 26,4 kg SG Schweinefleisch markiert
werden. AgE
Prognose zur Entwicklung wichtiger Fleischmärkte in den USA 1)
(2009 bis 2020)
Einheit
2009
2010
2011
2012
2013
2015
2017
2020
Tierbestand
Mill. Stück
davon
Mill. Stück
Mutterkühe
Produktion
Mio t
Inlandsverbrauch
94,52
31,71
93,70
31,38
92,55
31,10
91,95
31,19
92,27
31,64
94,85
32,32
95,80
33,27
96,70
34,13
11,82
11,78
11,59
11,28
11,40
11,98
12,43
12,78
insgesamt
Mio t
pro Kopf2)
kg
Export
Mio t
Erzeugerpreis3)
$/kg
Schweinefleisc
h
Tierbestand4)
Mill. Stück
Produktion
Mio t
Inlandsverbrauch
12,17
39,6
0,88
1,77
11,87
38,2
1,05
2,02
11,72
37,5
1,03
2,12
11,44
36,2
1,09
2,27
11,49
36,1
1,18
2,35
12,05
37,2
1,26
2,33
12,51
38,0
1,31
2,34
12,87
38,1
1,39
2,48
67,15
10,44
64,89
10,10
64,45
10,24
64,14
10,19
64,22
10,20
66,12
10,52
67,79
10,80
70,57
11,27
Rindfleisch
insgesamt
pro Kopf2)
Export
Erzeugerpreis3)
Hähnchenfleisc
h
Produktion
Inlandsverbrauch
Mio t
kg
Mio t
$/t
9,01
29,3
1,86
0,93
8,53
27,5
1,98
1,21
8,53
27,3
2,12
1,22
8,43
26,7
2,17
1,29
8,41
26,4
2,22
1,33
8,64
26,7
2,32
1,31
8,86
26,9
2,41
1,34
9,24
27,4
2,53
1,42
Mio t
15,94
16,43
16,67
16,82
17,08
17,73
18,35
19,39
insgesamt
pro Kopf5)
Export
Erzeugerpreis3)
Mio t
kg
Mio t
$/kg
12,94
42,1
3,09
1,00
13,55
43,7
2,88
1,07
13,71
43,8
3,02
1,10
13,92
44,1
2,95
1,14
14,15
44,5
2,97
1,16
14,75
45,5
3,02
1,19
15,33
46,6
3,06
1,22
16,30
48,3
3,13
1,29
1) Umgerechnet auf metrische Gewichtseinheiten aus den Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums,
gerundet; 2) bezogen auf das Schlachtgewicht der zerlegten Tiere 3) bezogen auf Lebendgewicht; 4)
Dezember des Vorjahres; 5) kochfertige Ware
DEUTSCHLAND
SITUATIONSBERICHTE
Schwarz über das Image der Landwirtschaft besorgt
Wunschbild über die Landwirtschaft ist allzu häufig von „agrarromantischen Vorstellungen“
geprägt. Verbandspräsident sieht die agrarpolitische Debatte in eine unglückliche Richtung
laufen - Landwirtschaftliche Produktion nicht in gut und schlecht unterteilen
RENDSBURG. Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Werner
S c h w a r z , zeigt sich besorgt über das Bild der heutigen Landwirtschaft in der
Öffentlichkeit. Die gesellschaftliche Debatte über die Landwirtschaft sei eröffnet. Nicht nur
die Berichterstattung um den Dioxin-Fall, sondern auch die von
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r initiierte Diskussion über eine Charta
„Landwirtschaft und Verbraucher“ verdeutlichten die Bedeutung der Landwirtschaft in der
Wahrnehmung der Menschen. „Landwirtschaft interessiert die Menschen und das nicht ohne
Grund. Lebensmittel werden mehr denn je als Mittel zum Leben wahrgenommen“, erklärte
Schwarz anlässlich des traditionellen Kaminabends mit der Landespresse am Montag
vergangener Woche in Achterwehr. Dabei seien Lebensmittel so günstig wie nie zuvor. Noch
vor 100 Jahren habe der Verbraucher die Hälfte seines Einkommens dafür ausgegeben; heute
seien es nur noch 12 %. Dabei hätten sich Qualität und Verarbeitung enorm verbessert,
betonte Schwarz. Diese Leistung der heimischen Bauern sei aber nur mit einer modernen und
intensiven Landwirtschaft möglich. Das Wunschbild über die Landwirtschaft sei allerdings
allzu häufig von „agrarromantischen Vorstellungen“ geprägt. Als „unglücklich“ bezeichnete
der Verbandspräsident die Richtung der agrarpolitischen Debatte: „Wir machen einen Fehler,
wenn wir unsere landwirtschaftliche Produktion in gut und schlecht unterteilen. Natürlich
erzeugen wir auch regional, saisonal, ökologisch - und das machen wir gerne. Aber es muss
auch gekauft werden“, stellte Schwarz klar.
Nicht den Bogen überspannen
Nach Ansicht des Verbandspräsidenten geht an einer modernen Landwirtschaft und
Tierhaltung kein Weg vorbei. Diese erfülle die Verbraucherwünsche noch am besten.
Schwarz warnte die Politik, den Bogen zu überspannen: „Unsere Landwirte stehen unter
einem enormen Wettbewerbsdruck. Im Gegensatz zu den Klein- und Mittelständlern im
Handwerk sind wir von Weltmarktpreisen abhängig.“ Landwirte müssten ihre Betriebe
ständig weiterentwickeln und vergrößern, um sie am Leben zu halten und die von der
Gesellschaft geforderten Leistungen zu erbringen. Trotzdem stünden Teile der Gesellschaft
und der Politik den notwendigen Betriebsgrößen skeptisch gegenüber. „Das funktioniert so
nicht“, warnte Schwarz. Eine artgerechte und ökologisch verantwortliche
Produktivitätssteigerung sei nur über moderne und standortangepasste Technologien zu
erreichen. Moderne Landtechnik, Pflanzenschutz, Düngung, Züchtung, Tiermedizin seien
verlässliche Partner des Menschen und nicht ihre Feinde, betonte der Verbandspräsident.
Agrarwende-Befürworter ohne realistische Konzepte
Schwarz warf den Befürworter einer Agrarwende vor, keine realistischen
Umsetzungskonzepte zu haben. Zur Marktorientierung der Landwirtschaft gebe es keine
Alternative. Der Verbandspräsident forderte, niemand, der Verantwortung trage, dürfe der
Bevölkerung vorgaukeln, dass eine generell andere Landwirtschaft möglich sei. „Wir müssen
vielmehr zeigen, was moderne Landwirtschaft kann“, unterstrich Schwarz. Der Deutsche
Bauernverband (DBV) tue dies mit einem großen Selbstbewusstsein, denn die Landwirte
wüssten, ob es ihren Tieren, den Pflanzen und dem Boden gut gehe. „Das werden wir in
Zukunft noch weit offensiver darstellen müssen. Und ich bin mir sicher, dass die Bevölkerung
diesen Weg dann auch mitgeht“, sagte Schwarz. AgE
Lindemann: Die Haltungssysteme an die Tiere anpassen
Ziele für Tierschutzplan konkretisiert - Ende der Enthornung als eine Vorgabe - Indikatoren
sollen Fortschritt sichern - Noch kein konkreter Zeitplan - Kritik an Haltung des Bundes in
Sachen GAK - Wegen EU-Vorschriften nur geringer Spielraum in der
Agrarinvestitionsförderung - Strenge Kontrolle der Nährstoffströme aus den Niederlanden
angekündigt - Fortbestand von Gülleförderung im EEG nicht ausgeschlossen - Plädoyer für
bessere Kooperation zwischen Agrar- und Umweltpolitik in Sachen deutscher Wald
BERLIN. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert L i n d e m a n n zielt mit seiner
Tierschutzinitiative auf Reformen im Stallbau ab. „Wir halten es von der Ausrichtung her für
wichtig, sich vom Grundsatz darauf zu verständigen, dass wir für die Zukunft der
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung generell nicht die Tiere an Haltungssysteme angepasst
wissen wollen, sondern Haltungssysteme so gestalten, dass diese den Tieren angepasst sind“,
erklärte Lindemann vergangene Woche gegenüber dem Presse- und Informationsdienst
AGRA-EUROPE. Diesen Grundsatz will er auch in der Rinderhaltung durchgesetzt sehen, wo
er einen Verzicht auf die Enthornung anstrebt. Langfristig setzt er für dieses Projekt auch auf
züchterische Fortschritte. Die Initiative reiht sich ein in das Ziel, Verstümmelungen bei
Nutztieren abzuschaffen, so das Kürzen von Schnäbeln bei Geflügel sowie die Kastration und
das Kupieren von Schwänzen bei Schweinen. Zu Lindemanns im vergangenen Monat
vorgestellter Tierschutzinitiative tagte vergangene Woche erstmals der Lenkungsausschuss
mit Vertretern aus Wirtschaft, Landwirtschaft, Wissenschaft, Tierschutz und Gesellschaft, um
sich zu den Zielmarken abzustimmen. Zu den alle Tierhalter betreffenden Planungen gehört
dem Minister zufolge auch eine stärkere Erfassung des Arzneimitteleinsatzes. „Wir wollen ein
Indikatorensystem aufbauen und bei der Lebendbeschau am Schlachthof oder im Betrieb und
bei der Schlachtung den Zustand der Tiere begutachten lassen durch die dort ohnehin
vorhandenen Veterinäre und in stärkerem Maße checken, was die Tiere im Laufe ihres Lebens
an Arzneimitteln verschrieben bekommen haben“, sagte der Minister.
Kontinuität und Konfliktlinien
Im Einbeziehen der Wirtschaft in den Mitte vergangenen Monats skizzierten Tierschutzplan
sieht Lindemann eine typisch niedersächsische Stärke in der Agrarpolitik verwirklicht.
Gleichzeitig glaubt er an Kontinuität in der Agrarpolitik auf Bundesebene seit seinem
Weggang als Staatssekretär aus dem Hause von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n
e r Anfang 2010. „Es scheint mir nicht so, dass eine grundsätzlich andere Richtung
gegenüber dem gefahren wird, was ich selbst noch als agrarpolitische Ziele mit definiert habe
in meiner Zeit in Berlin“, sagte der Minister. Er zeigte sich mit Blick auf die von Aigner
angestrebte Charta für Landwirtschaft und Verbraucher zuversichtlich, auch weiterhin auf
einen Nenner zu kommen. Konfliktpotential besteht allerdings in Sachen
Gemeinschaftsaufgabe (GAK). Nicht bereit ist Lindemann, „mit dem Bund darüber zu
verhandeln, andere Akzentsetzungen vorzunehmen, während der Bund das Geld
zusammenstreicht“.
Mehr Spielraum erwünscht
Nur begrenzten Spielraum hat Niedersachsen bei seinem Agrarinvestitionsförderprogramm
(AFP), was Lindemann auf Vorgaben aus Brüssel zurückführt. „Wir haben für das Jahr 2011
versucht, ein bisschen stärker in Richtung Ackerbaubetriebe umzusteuern und das
Förderniveau für den Milchviehbereich nicht wie in den zurückliegenden Jahren auf 60 % zu
halten“, erläuterte Lindemann die ursprünglichen Planungen, denen sich die EU-Kommission
jedoch entgegenstellte, weil der Milchbereich im Förderkanon mit zu den „neuen
Herausforderungen“ zählt. Man sei daher bei den 60-Prozent-Anteilen für den Stallbau
geblieben. „Das ist Geld, das in Niedersachsen durchaus sinnvoll abfließt. Ich halte das also
nicht für fehlgeleitete Förderung, aber ich hätte mir im Interesse der Gerechtigkeit schon
gewünscht, dass wir ein bisschen unabhängiger bei der Festsetzung wären, welche
Prozentsätze denn für einzelne Segmente, übrigens auch für den Gartenbau, zur Verfügung
gestellt werden dürfen“, sagte der Minister.
AGRA-EUROPE: Herr Minister, Sie haben im vergangenen Monat eine Tierschutzinitiative
angekündigt. An Indikatoren soll sich das Tierwohl künftig messen lassen. Wie sehen
Umsetzung und der Zeitplan konkret aus?
Lindemann: Wir halten es von der Ausrichtung her für wichtig, sich vom Grundsatz darauf zu
verständigen, dass wir für die Zukunft der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung generell nicht
die Tiere an Haltungssysteme angepasst wissen wollen, sondern Haltungssysteme so
gestalten, dass diese den Tieren angepasst sind. Für die Tierschutzindikatoren wird die exakte
Zeitschiene noch formuliert, es steht also derzeit noch kein Datum fest, zu dem die
Indikatoren abschließend definiert sein sollen. Die Lenkungsgruppe mit Vertretern von 14
Institutionen als beratendes Gremium für die Tierschutzinitiative ist am Montag zu ihrer
ersten Sitzung zusammengekommen. Im Mittelpunkt standen erste Absprachen über die
Arbeitsstruktur zur Umsetzung des Tierschutzplanes. Mitglied im Lenkungsausschuss sind
unter anderem Vertreter aus dem Bereich des Tierschutzes, des Verbraucherschutzes, des
Handels, der Fleischwirtschaft, der Geflügelwirtschaft, der Tierärztlichen Hochschule
Hannover, des Landvolks, der Landwirtschaftskammer sowie der Kirche.
AGRA-EUROPE: Bisher hat ja ein Schwerpunkt der Diskussion auf dem Geflügel und den
Schweinen gelegen. Stichworte sind hier die von Ihnen beabsichtigte Abschaffung des
Schnäbelkürzens sowie der Ausstieg aus der Ferkelkastration und dem Schwanzkupieren. Wie
sieht es eigentlich bei den Rindern aus, was ist da geplant?
Lindemann: Da ist unter anderem geplant, auf Enthornungen generell zu verzichten. Das ist
das eine. Zum Anderen wollen wir uns etwas genauer damit befassen, wie hoch der
Arzneimitteleinsatz bei den gängigen Nutztierarten ist und aus diesem Indikator ableiten, ob
an Haltungssystemen, Zucht oder Fütterung etwas verändert werden muss.
AGRA-EUROPE: Sehen Sie denn im Arzneimitteleinsatz in der Rinderhaltung derzeit einen
Problembereich?
Lindemann: Nein, ich sehe eigentlich bei der Milchproduktion die geringsten Probleme
momentan. Die Bauern haben stark in Stallbauten investiert. Beim Milchvieh haben wir im
Vergleich der Nutztierarten mit Blick auf den Tierschutz derzeit die geringsten Probleme.
AGRA-EUROPE: Das stärkere Monitoring beim Arzneimitteleinsatz bezieht sich dann also
nicht nur auf die Rinder?
Lindemann: Das bezieht sich auf alle Nutztierarten. Wir wollen ja ein Indikatorensystem
aufbauen und bei der Lebendbeschau am Schlachthof oder im Betrieb den Zustand der Tiere
begutachten lassen durch die dort ohnehin vorhandenen Veterinäre und in stärkerem Maße
checken, was die Tiere im Laufe ihres Lebens an Arzneimitteln verschrieben bekommen
haben. Daraus können wir Schlussfolgerungen für die Beratung der Betriebe ziehen oder,
wenn wir regelmäßig die gleichen Probleme haben, das als Indikator dafür nehmen, dass
offenbar an dem Haltungssystem oder an der Rasse der Tiere irgendetwas nicht so ist, wie es
sein sollte und daraus entsprechende Schlussfolgerungen ableiten, beispielsweise für die
Zucht der Tiere oder für die Haltungssysteme.
AGRA-EUROPE: Sie wollen also mit Hilfe der Indikatoren auf der individuellen
Betriebsebene ebenso ansetzen können wie auf der Ebene der Produktionssysteme insgesamt?
Lindemann: Wenn sich zeigt, dass es um die Produktion unter bestimmten
Haltungsbedingungen insgesamt geht, dann muss man natürlich auch am System ansetzen.
Wir stellen uns schon vor, dass am Ende der Schaffung dieses Indikatorensystems nicht nur
eine Beratung oder eine Reaktion hinsichtlich der Haltungssysteme stehen sollte, sondern
wenn sich zeigt, dass das Betriebsmanagement einen ganz massiven Einfluss auf den Zustand
der Tiere haben sollte, dann kann man darauf natürlich auch reagieren, indem man, wie
beispielsweise bei der Milch, wo Rohmilch mit deutlich erhöhter Keimzahl einen geringeren
Preis bekommt, beim Schlachtvieh auch in diese Richtung denkt. Das ist in der Tat eine
Überlegung, die wir am Ende dieser Entwicklung durchaus für vernünftig halten.
AGRA-EUROPE: Sie haben den Begriff des "Systems" gerade selbst verwendet, in
Abgrenzung zum individuellen Betrieb. In der aktuellen Tierschutzdebatte wird von
Befürwortern einer Agrarwende diese Systemfrage gern gestellt. Können Sie dagegen mit
fachlichen Argumenten überhaupt gewinnen?
Lindemann: Ich bin eigentlich immer noch guten Mutes, dass man am Ende mit fachlich
vernünftig begründbaren Lösungen weiter kommt als mit politischen Schlagworten, die man
in den Raum wirft. Das, was als Agrarwende verstanden wird, ist ja ausgesprochen
schwammig. Von Vertretern einer solchen Agrarwende wird gern polarisiert zwischen
Ökobetrieben einerseits und agrarindustriellen Betrieben andererseits. Dieses Weltbild ist mir
zu schlicht, als dass es in der Realität Bestand haben könnte und es gibt ja aus guten Gründen
auch keine Definition dessen, was Agrarindustrie eigentlich sein soll oder nicht sein soll.
Insoweit kann ich mit den Begriffen nichts anfangen. Aber eins ist für mich klar: Wenn wir
sehen, dass bis 2050 auch aus Sicht der UN-Ernährungsorganisation FAO die
Nahrungsmittelproduktion mindestens um 70 % steigen muss, um die Weltbevölkerung zu
ernähren, dann wird das nicht in einem System möglich sein, in dem wir die Landwirtschaft in
den fruchtbarsten Gegenden dieser Erde extensivieren. Vielmehr müssen die fruchtbaren
Gegenden dieser Erde ihre Verantwortung für die Ernährung der Menschen auf dieser Welt
tragen.
AGRA-EUROPE: Das heißt, eine weitere Intensivierung der Agrarproduktion auch in
Niedersachsen?
Lindemann: Nicht überall und flächendeckend, schließlich produzieren wir in einzelnen
Regionen schon intensiv genug. Die Devise darf aber nicht lauten 'Reduziert doch die
Agrarproduktion, zieht euch aus den internationalen Märkten zurück und dann kommt diese
Welt schon in Ordnung'. Das halte ich für einen völlig falschen Weg.
AGRA-EUROPE: Sie sehen also durchaus noch Möglichkeiten, den Viehbesatz zu erhöhen
im Landesmittel, wenn ich Sie jetzt recht verstanden habe?
Lindemann: Wünschenswert wäre es beispielsweise, wenn in meiner Heimat, der
Hildesheimer Börde, nicht nur Weizen und Zuckerrüben wachsen, sondern auch andere
Produkte erzeugt werden. Dazu gehören auch tierische Produkte. Insoweit verstehe ich die
Aufregung überhaupt nicht, die gerade in diesen Gebieten entsteht, wenn jemand einen
Hähnchenstall bauen möchte oder sich eine Rindermastanlage zulegt. Zur bäuerlichen
Landwirtschaft hat die Tierhaltung immer dazugehört, seit Tausenden von Jahren. Und warum
das auf einmal nicht mehr möglich sein soll, nur wenn das eine Dimension erreicht, die
modernen Bewirtschaftungsansprüchen genügt, kann ich nicht nachvollziehen.
AGRA-EUROPE: Wie sehen sie das beim geplanten Schlachthof in Wietze bei Celle?
Lindemann: Der Schlachthof ist natürlich ein Gewerbebetrieb, aber wenn da Hähnchenmast
im Umfeld stattfindet, dann halte ich Haltungseinheiten, in denen 30 000 oder 40 000
Hähnchen gemästet werden - dazu braucht man heute eine halbe Arbeitskraft - für durchaus
im Bereich des bäuerlichen Familienbetriebes liegend. Das betrachte ich nicht als
Agrarindustrie. Wenn ich sehe, dass in anderen Teilen unseres Landes Ställe für Einheiten
von 150 000 bis 200 000 Hähnchen gebaut werden, dann hat das für mich schon einen
großgewerblichen Charakter, den ich nicht für förderungswürdig halte. Das ist dann das
unternehmerische Risiko, das jemand eingehen darf, weil es nicht gesetzeswidrig ist, aber
auch nicht das, was wir uns als Landesregierung wünschen oder was wir fördern.
AGRA-EUROPE: Bisher können Nährstoffüberschüsse aus dem Westen Niedersachsens in
östlichen ackerbaulich geprägten Landesteilen genutzt werden. Könnte es da nicht zu
Problemen kommen, wenn in den klassischen Ackerbauregionen mehr intensive Tierhaltung
stattfindet?
Lindemann: Davon sind wir meilenweit entfernt, wenn ich das in meinem eigenen Dorf, in
Hohenhameln, das liegt mitten in der Hildesheimer Börde, sehe. Diejenigen, die einen Stall
bauen, müssen einen qualifizierten Flächennachweis hinsichtlich des Verbleibs ihrer Gülle
oder der Exkremente erbringen und müssen genau belegen, auf welche Flächen das
aufgebracht werden soll. Da sind wir gerade in Mittel- und Südniedersachsen weit entfernt
von problematischen Verhältnissen. Wir haben eher in den Intensivgebieten punktuell ein
Problem und da müssen wir rangehen durch eine bessere Überwachung der Nährstoffströme.
AGRA-EUROPE: Sie planen also eine verschärfte Überwachung, was den
Wirtschaftsdüngertransport angeht. Das hat dann letztendlich auch mit mehr Auflagen für die
Landwirte zu tun, was die Dokumentation angeht, nicht wahr?
Lindemann: Das wird dazu führen, dass man genaueren Aufschluss über die Nährstoffströme
auch schriftlich festhalten muss. Das bezieht sich allerdings insbesondere auf von außen
zugeführten Wirtschaftsdünger. Wir haben den Eindruck, dass gerade in jetzt schon belastete
Gebiete auch eine Menge tierischer Exkremente zum Beispiel aus den Niederlanden, geht.
Das bezieht sich auch auf die Substrate aus Biogasanlagen, die bisher offenbar einer
vergleichsweise geringen Verbleibskontrolle unterliegen. Wo das Risiko einer überlappenden
Aufbringung besteht, müssen wir uns vergewissern, dass das nicht stattfindet. Da müssen wir
genauer hinschauen.
AGRA-EUROPE: Also sprich, sie verdächtigen die Landwirte, dass da an der
Düngemittelverordnung vorbei Dinge ausgebracht werden.
Lindemann: Ich verdächtige nicht die Landwirte, aber einige scheinen das nicht so
wahnsinnig strikt anzuwenden.
AGRA-EUROPE: Können sie das näher eingrenzen?
Lindemann: Das ist natürlich ein Problem, was eher in den Intensivgebieten vorkommt als in
den Gebieten, in denen es kaum Tierhaltung gibt.
AGRA-EUROPE: Zu den Nährstoffüberschüssen in den Intensivgebieten trägt auch Biogas
bei. Niedersachsens Landesregierung hat einen Reformvorschlag zur EEG-Novelle mit der
Abschaffung der Boni vorgelegt. Sehen Sie Unterstützung für diesen Vorschlag, der ja auf
eine Vereinheitlichung der Förderung abzielt?
Lindemann: Es gibt schon Unterstützung dafür, das Förderniveau für neue Biogasanlagen
nicht auf dem gegenwärtigen Niveau beizubehalten. Das ist inzwischen eine eingeführte
Technik und insoweit sind die Anreizkomponenten, diese Technik zu verwenden, eigentlich
nicht mehr in dem Maße gegeben, wie es zu Beginn des Biogasanlagenbaus einmal der Fall
gewesen ist. Der Güllebonus hat sein Ziel nicht erreicht. Wir hatten uns, ich hab da in Berlin
noch selbst dran mitgebastelt, seinerzeit vorgestellt, den Flächendruck zu reduzieren, indem
mehr Gülle in Biogasanlagen fließt. Tatsächlich ist aber Biogas durch die Addition von
Nawaro- und Güllebonus selbst in den Intensivgebieten so attraktiv geworden, dass dort viele
neue Anlagen entstanden sind und sich die Flächenkonkurrenz sehr deutlich erhöht hat. Da
müssen wir gegensteuern.
AGRA-EUROPE: Aber eine eigene Gülleförderung, wie sieht’s damit aus?
Lindemann: Ich könnte mir einen völligen Wegfall der Bonussysteme vorstellen und nur noch
zwei Stufen etabliert wissen, das eine ist die reine Nawaro-Stufe, wo eben Mais und andere
Ackerfrüchte reingegeben werden, und das andere wäre die Biogasanlage, die weitgehend bis
ausschließlich aus Abfallstoffen gefüttert wird, aus Gülle, Grünabfällen und so weiter. Für
eine eigene Gülleförderung müsste man jedenfalls auf Anteile der tierischen Exkremente im
Vergärer von mindestens 80 % kommen und nicht nur auf 30 %, wie es derzeit für den
Güllebonus vorgeschrieben ist. Zum anderen stellen wir uns in Niedersachsen eben auch
dezidiert vor, dass eine Biogasanlage in Zukunft nur dann rentabel sein darf, wenn hinter ihr
ein gut funktionierendes Kraft-Wärme-Kopplungssystem steckt.
AGRA-EUROPE: Worüber wir jetzt gerade gesprochen haben, betrifft Investitionen von
Landwirten. Nun haben sie gerade ihr neues Agrarinvestitionsförderprogramm vorgestellt. Da
besteht eine Kontinuität in Niedersachsen mit dem Schwerpunkt auf den einzelbetrieblichen
Zuschüssen. Wenn sie sich die Zukunft der Zweiten Säule anschauen, soll das dann so bleiben
oder haben sie darüber hinausgehende Pläne, auch vor dem Hintergrund der EU-Prioritäten?
Lindemann: Dem stellvertretenden Generaldirektor für Landwirtschaft in der EUKommission, Dr. Rudolf M ö g e l e , habe ich kürzlich noch einmal deutlich machen
können, dass wir in Niedersachsen nach wie vor für eine auf den Markt ausgerichtete
Landwirtschaft stehen. Die EU-Kommission hat sich als eines ihrer drei im November
ausgegebenen Ziele eine rentable Nahrungsmittelerzeugung auf die Fahnen geschrieben. Das
sehen wir auch so. Die Ausrichtung der niedersächsischen Agrarpolitik wird auch weiterhin
so bleiben, dass wir als Ziel eine volle Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirte mindestens
im europäischen Konzert haben wollen und nicht eine Situation anstreben, in der ein
erheblicher Teil der Landwirte nur noch aus europäischen Finanztöpfen am Leben zu erhalten
ist. Mit jeder neuen EU-Finanzierungsperiode sind die Zuwendungen an die Landwirte in den
vergangenen Jahrzehnten gesunken. Und das wird, so befürchte ich, auch beim nächsten Mal
möglicherweise so sein und dann müssen wir den Landwirten sagen, welche Zukunft sie
haben. Der Schwerpunkt dessen, was Landwirte machen müssen und sollen ist eine rentable
Produktion und Veräußerung ihrer Produkte zu einem möglichst gewinnbringenden Preis.
AGRA-EUROPE: Kommen wir noch mal auf die Zweite Säule und das
Agrarinvestitionsförderprogramm. Momentan haben wir wieder ein gutes Investitionsklima in
der Landwirtschaft. Erfreulicherweise. Fürchten sie da nicht Mitnahmeeffekte durch ihre
Förderpolitik bei den klassischen Investitionszuschüssen?
Lindemann: Da sind Mitnahmeeffekte sicherlich auch gegeben. Es wird Landwirte geben, die
das auch ohne staatliche Förderung machen könnten. Aber es kommt uns eigentlich darauf an,
deutlich zu machen, welche Entwicklung wir haben wollen und dafür Sorge zu tragen, dass
die Zielgruppe, die in den Genuss der Förderleistung kommt, auch die ist, die im Fokus
unserer Agrarpolitik steht. Und das sind die bäuerlichen Betriebe. Und wenn jemand weniger
Kapitaldienst leisten muss durch staatliche Förderung, ist das am Ende auch ein Beitrag zur
Stabilisierung der Betriebe.
AGRA-EUROPE: In der Vergangenheit ist in Niedersachsen doch das allermeiste Geld den
Rinderhaltern zugute gekommen. Sehen sie da nicht ein gewisses Gerechtigkeitsdefizit
gegenüber den anderen Landwirten?
Lindemann: Die EU zwingt uns dazu, das so zu machen.
AGRA-EUROPE: Inwiefern?
Lindemann: Wir haben für das Jahr 2011 versucht, ein bisschen stärker in Richtung
Ackerbaubetriebe umzusteuern und das Förderniveau für den Milchviehbereich nicht auf 60
% zu halten, wie in den vergangenen Jahren. Ich war seinerzeit in der sehr schwierigen
Situation für die Milch selbst daran beteiligt, Milch in den Katalog der „Neuen
Herausforderungen“ zu schieben. Das nun vorliegende Ergebnis behagt mir nicht so
wahnsinnig gut, aber dass moderne Milchviehbetriebe gefördert werden sollen, da habe ich
überhaupt kein Problem mit. Ich sage das insbesondere im Hinblick darauf, dass die Bindung
der Förderung an die Milchquote entfallen ist und sich unsere Milchviehbetriebe eben darauf
einrichten können, auch dann wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, wenn die Milchquote
2015 ausläuft. Letztendlich sind wir bei den 60-Prozent-Anteilen für den Stallbau geblieben.
Das ist Geld, das in Niedersachsen durchaus sinnvoll abfließt. Ich halte das also nicht für
fehlgeleitete Förderung, aber ich hätte mir im Interesse der Gerechtigkeit schon gewünscht,
dass wir ein bisschen unabhängiger bei der Festsetzung wären, welche Prozentsätze denn für
einzelne Segmente, übrigens auch für den Gartenbau, zur Verfügung gestellt werden dürfen.
AGRA-EUROPE: Ja, die Milchquoten laufen aus. Da bleibt dann nach 2015 eigentlich nur
noch der Zucker als EU-Agrarerzeugnis mit vorgegebenen Produktionsrechten, vom Wein mit
den Pflanzrechten einmal abgesehen. Sind die Zuckerquoten nach 2015 noch zeitgemäß?
Lindemann: Ich glaube ja, wir kommen momentan glaube ich, nicht ohne aus, weil Zucker
eben so noch nicht den Schwankungen des Weltmarktes standhalten kann.
AGRA-EUROPE: Der EU-Preis ist doch mittlerweile niedriger als der Weltmarktpreis.
Lindemann: Ja, aber ich bin mir nicht sicher, dass das so bleibt. Insoweit möchte ich auf den
Mechanismus zurzeit jedenfalls nicht verzichten. Sie müssen bedenken, dass man in
Südamerika sehr flexibel in der Verwendung des Zuckers ist, sei es für die Verwendung als
Treibstoff oder in der Vermarktung als Zucker. Ich würde, was die EU-Marktentwicklung
angeht, gerne noch ein bisschen mehr Stabilität in die ganze Entwicklung reinbekommen.
Bevor man die Zuckerquoten abschafft, würde ich gern wissen, was bei den WTOVerhandlungen rauskommt, wenn man überhaupt eine Abschaffung anstrebt. Zunächst
benötigt man eine zuverlässigere Beurteilung der Marktsituation. Unsere stärksten
Verbündeten für die Beibehaltung der Zuckerquoten sind die AKP-Staaten und die am
wenigsten entwickelten Länder (LDCs), die ja selbst die Präferenzerosion befürchten, wenn
wir uns darauf einlassen, hier das System zu verändern. Diese Staaten sehen damit ihre
Landwirtschaft in existenziellen Gefahren. Solange wir ausdrücklich auch aus vielen Staaten
der Dritten Welt ermuntert werden, an diesem System nichts zu verändern, ist glaube ich der
Druck, auch von außen her, nicht so groß.
AGRA-EUROPE: Kommen wir noch mal auf die Innenpolitik. Im Bundeshaushalt wird ja
gespart, auch an der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes (GAK). Wie beurteilen Sie da die Gemengelage angesichts der Bestrebungen
des Bundes, Prioritäten festzulegen?
Lindemann: Prioritäten für die Förderung werden ja im zuständigen Planungsausschuss
(Planak) festgesetzt und das ist auch der richtige Weg, dies gemeinschaftlich zu entscheiden.
Wir sind jederzeit dazu bereit, über die gemeinsamen GAK-Ziele mit dem Bund zu reden.
Nicht bereit bin ich, mit dem Bund darüber zu verhandeln, andere Akzentsetzungen
vorzunehmen, während der Bund das Geld dafür zusammenstreicht.
AGRA-EUROPE: Und darauf läuft es für sie momentan hinaus?
Lindemann: Ja, ich hatte schon ein wenig Schwierigkeiten mit der Ansage des Bundes, wir
sollten doch den Ökobereich besser fördern. Das hielt die Bundesministerin für nötig. Für
Niedersachsen kann ich sagen, im Gegensatz zu anderen Bundesländern haben wir den
Ökobereich eigentlich immer aus der GAK gefördert. Aber Appelle, wie wir die GAK-Mittel
verwenden sollen, während der Bund gleichzeitig die Mittel zusammenstreicht, die halte ich
nicht für sonderlich konstruktiv. Dann wäre der umgekehrte Weg für die Länder sicherlich
eher anzustreben.
AGRA-EUROPE: Aber mit den Kürzungen auf Bundesebene muss man ja umgehen, die sind
unausweichlich?
Lindemann: Das weiß ich nicht, ob die wirklich unausweichlich sind. Es gibt ja auch andere
Spielfelder der Bundespolitik, für die man sich überlegen kann, ob man das vorhandene
Instrumentarium in vollem Umfang beibehalten muss.
AGRA-EUROPE: Als da wären?
Lindemann: Beispielsweise steht aus einer ganzen Reihe von Abgaben, die aus
unterschiedlichen Wirtschaftszweigen für Emissionen und andere Dinge zu leisten sind, im
Umweltministerium in hohem Maße Geld zur Verfügung, um Biodiversität und ähnliches zu
fördern. Wir haben immer schon gesagt, es ist doch ein Witz, dass ständig betont wird, gerade
unsere Wälder in Deutschland trügen in hohem Maße dazu bei Biodiversität, Wasser- und
Klimaschutz zu fördern, es gleichzeitig aber auf Bundesebene nicht gelingt, den Wald in
Deutschland zu fördern. Stattdessen tummeln wir uns in irgendwelchen tropischen Wäldern
und geben uns auch noch Mühe, die so unter Schutz zu stellen, dass man allen Ernstes
versucht, die eigene Bevölkerung in tropischen Staaten aus ihren Wäldern auszusperren, weil
das Schutzgebiete werden sollen. Dafür zahlen wir viel Geld. Ein solcher Vollschutz geht in
meinen Augen in die falsche Richtung. Lieber sollte man eine nachhaltige Bewirtschaftung
durch die einheimische Bevölkerung sicherstellen. Und beim deutschen Wald sollte man sich
von der Haltung verabschieden, ’Der ist doch sowieso da, helft euch selbst und seht zu, wie
ihr über die Runden kommt’. Hier möchte ich den Bund ermuntern, zwischen Umwelt und
Landwirtschaft besser zusammenzuarbeiten, um gemeinsam zu erreichende Schutzzwecke
auch aus gemeinsamen Töpfen zu fördern und nicht zu sagen, das ist deine Spielwiese, da
bekommst du kein Geld, ich geb’ das lieber in die Tropen.
AGRA-EUROPE: Wie sehen Sie die „Charta für Landwirtschaft und Verbraucher“, die Frau
Aigner in den nächsten Wochen und Monaten auf den Weg bringen will?
Lindemann: Ich hoffe, dass in die Charta reinkommt, was wir Niedersachsen für wichtig
halten und wir werden relativ deutlich sagen, wenn uns etwas nicht behagt. In den
vergangenen Monaten und in der Zeit, seit ich in Hannover Minister bin, habe ich aber den
Eindruck gewonnen, dass wir in der Ausrichtung der Politik durchaus die gleiche Wellenlänge
haben. Es scheint mir nicht so, dass eine grundsätzlich andere Richtung gegenüber dem
gefahren wird, was ich selbst noch als agrarpolitische Ziele mit definiert habe in meiner Zeit
in Berlin. Insofern bin ich zuversichtlich, dass man auch weiterhin auf einen Nenner kommt.
AGRA-EUROPE: Herr Minister, wir danken Ihnen für das Gespräch.
AGE
10-2011
DEUTSCHLAND
Raffinerien bleiben auf vollen E10-Tanks sitzen
Neuer Kraftstoff mit höherem Bioethanolanteil wird zu wenig getankt - Unsichere
Verbraucher greifen auf teureres Super Plus zurück - Dabei vertragen weit mehr als
90 Prozent der Fahrzeuge Super E10 - Mineralölwirtschaftsverband kritisiert
Informationspolitik von Umweltministerium und ADAC - Beratungsoffensive an Tankstellen
angekündigt - DBV und BDBe verteidigen Biokraftstoffe
BERLIN. Beim neuen Superkraftstoff mit einem Ethanolanteil von 10 % (E10) haben die
Ölkonzerne derartige Absatzschwierigkeiten, dass die Markteinführung ins Stocken
gekommen ist. Wie der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV),
Dr. Klaus P i c a r d , vergangene Woche erklärte, meiden bis zu 70 % der Kunden
unnötigerweise die neue Sorte Super E10. Stattdessen tankten sie das teurere Super Plus mit
einem Ethanolgehalt von 5 %. Dabei seien 90 % der Fahrzeuge für E10 ausgelegt. Laut dem
Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) können bei den deutschen Herstellern
99 % der Pkws mit E10 betankt werden. Während es zunehmend zu Lieferschwierigkeiten bei
Super Plus komme, unterstrich Picard, liefen die E10-Tanks der Tankstellen und damit auch
die der Raffinerien voll. Die Produktion einer einzelnen Sorte könne jedoch nicht kurzfristig
hochgefahren werden. Der MWV kritisierte die Informationspolitik des
Bundesumweltministeriums und des ADAC zu E10 und kündigte eine Informationsoffensive
an. Unter anderem soll die Liste der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) mit allen für E10
geeigneten Fahrzeugen in jeder Tankstelle ausliegen.
Benzin-Gipfel diese Woche
Dass der bisherige Hinweis der Industrie auf die DAT-Liste im Internet nicht ausreichend sei,
hatten der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Bundesverband der deutschen
Bioethanolwirtschaft (BDBe) kritisiert und ein „aktives Vorgehen“ der Mineralölwirtschaft
gefordert. Bundesumweltminister Norbert R ö t t g e n begrüßte das Vorhaben des MWV.
Die Tankstelle sei der zentrale Ort für verlässliche Informationen. In Reaktion auf die
Turbulenzen hat Bundeswirtschaftsminister Rainer B r ü d e r l e alle Beteiligten aus Politik
und Industrie zu einem Benzin-Gipfel am Dienstag geladen. Dort sollen Experten aus dem
Wirtschafts-, Umwelt-, Verkehrs- und Landwirtschaftsressort zusammen mit
BIOENERGIE
Mineralölwirtschaft, Automobilindustrie, Biokraftstoffverbänden und dem
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) über das weitere Vorgehen beraten. Brüderle
sieht vor allem die Auto- und Mineralölhersteller in der Pflicht, bei den Verbrauchern für
„absolute Klarheit“ zu sorgen.
Produktion wird gedrosselt
Picard warnte vor der ersten Produktionsdrosselung einer Raffinerie, die in den nächsten
Tagen erwartet wird. Sollten weitere Standorte folgen, sei nicht nur das Benzinangebot
eingeschränkt, sondern auch die Gesamtversorgung mit Mineralölprodukten gefährdet.
Mittelfristig könne das Verhalten der Konsumenten dazu führen, dass die Raffinerien wieder
auf E5-Benzin zurückstellten, betonte Picard. Dann fielen hohe Strafzahlungen an, weil gegen
das Biokraftstoffquotengesetz verstoßen werde. Das führe wiederum zu Preisaufschlägen. Der
Grund für die Einführung von E10 wird nach Meinung des MWV der Öffentlichkeit nicht
ausreichend erklärt. Wie der MWV-Geschäftsführer hervorhob, haben schließlich
umweltpolitische Entscheidungen in Brüssel und Berlin dazu geführt. Die Mineralölwirtschaft
sei „lediglich Erfüllungsgehilfe“ der Politik. Von daher erhofft sich der Verband mehr
Unterstützung vom Bundesumweltministerium. Dessen bisherige Informationen zu E10 hätten
zu wenige Verbraucher erreicht und die Konsumenten verunsichert.
Biokraftstoffquote ohne E10
Für jeden nicht beigemischten Liter Ethanol muss die Industrie etwa 40 Cent Strafe zahlen. Je
Liter Benzin müssten dann fast 2 Cent auf den Benzinpreis aufgeschlagen werden, erläuterte
Picard. Bei weiter steigenden Preisen für Bioethanol kann jedoch der Punkt erreicht werden,
bei dem die Strafzahlungen für die Wirtschaft günstiger sind, als die Mehrkosten beim
Ethanolpreis. Am vergangenen Donnerstag ging der April-Kontrakt für Ethanol an der Börse
in Chicago mit 2,62 $ je Gallone (50 Cent/l) aus dem Handel, das waren rund 12 % mehr als
Anfang des Jahres. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) wies darauf hin,
dass die obligatorische Erfüllung der Biokraftstoffquote in Höhe von 6,25 % auch ohne E10
möglich sei. Wie VDB-Geschäftsführer Elmar B a u m a n n erläuterte, erlauben die
gesetzlichen Regelungen, neben der Beimischung auch den Verkauf von reinem Biokraftstoff
zu nutzen, um die Quote zu erfüllen. Seit Jahren sei es gängige Praxis, dass die
Mineralölwirtschaft den Verkauf von reinem Biodiesel in großen Mengen auf die Quote
anrechnen lasse. Der gesamte Absatz von reinem Biodiesel 2010 sei so verwendet worden.
Auch in den Jahren davor hätten die Mineralölunternehmen regen Gebrauch von dieser
Möglichkeit gemacht.
Unabhängigkeit vom Erdöl
DBV-Präsident Gerd S o n n l e i t n e r und der BDBe-Vorsitzende Norbert S c h i n d l e r
nannten E10 eine sinnvolle politische Entscheidung: „Die Klimaschutzziele der EU können
ohne Biokraftstoffe nicht erreicht werden und die aktuellen weltpolitischen Ereignisse zeigen
einmal mehr, wie wichtig eine größere Unabhängigkeit von Erdölimporten für unsere
Wirtschaft ist.“ Als durchschaubar bezeichneten beide, dass die Verunsicherung der
Verbraucher von Autogegnern wie dem Vorsitzenden des Bundes für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND), Prof. Hubert W e i g e r , missbraucht werde, um
Stimmung gegen Biokraftstoffe und die Landwirtschaft zu machen. „Jetzt soll den deutschen
Bauern wegen Biokraftstoffen auch noch die Rodung von Regenwald angelastet werden“,
kritisierte Sonnleitner. Über die Nachhaltigkeit von Bioethanol werde viel Falsches verbreitet,
unterstrich Schindler. Für Bioethanol zur E10-Beimischung würden keine Wälder abgeholzt
oder Torfmoore trockengelegt. In der EU gälten seit diesem Jahr strenge und weltweit
wegweisende Nachhaltigkeitsvorschriften, für europäisches Bioethanol ebenso wie für
Importware.
Tank gefährdet nicht den Teller
Gegen Vorwürfe, dass für E10 die Anbauflächen für Nahrungsmittel knapp werden, nahm der
VDB Stellung. Geschäftsführer Baumann erklärte, lediglich auf etwa 1,3 % der
Weltagrarfläche erfolge der Anbau von Biokraftstoffen. Da die Produktionsfläche für
Biodiesel und Bioethanol so gering sei, könnten sie nicht für den Hunger auf der Welt
verantwortlich gemacht werden. Lebensmittelfirmen wie Unilever oder Nestlé böten den
Bauern bisher lediglich Minimalpreise an und sähen in der Biokraftstoffproduktion eine neue
Konkurrenz. Höhere Preise seien aber ein Anreiz, effiziente Landwirtschaft zu betreiben.
Baumann forderte, dass die bisher nur für Biokraftstoffe geltenden Nachhaltigkeitsregeln auch
auf andere Bereiche ausgeweitet werden. „Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die
Nachhaltigkeit der Herstellung von Biokraftstoffen strengen Kontrollen unterliegt, während es
für Lebensmittel keine entsprechenden gesetzlichen Regelungen gibt“, betonte Baumann.
Röttgen will günstigen Bestandsschutz
Ende Februar hatte Bundesumweltminister Röttgen die Mineralwirtschaft dafür kritisiert, dass
sie sich „bei denjenigen Autofahrern bediene“, deren Fahrzeuge kein Super E10 vertrügen.
Diese könnten nun ausschließlich Super Plus tanken. Der Grundgedanke der
Bestandsschutzregelung, der die Anbieter verpflichtet, die nächsten Jahre ein preisgünstiges
Benzin mit 5 % Ethanol anzubieten, werde damit missachtet. Die Mineralölwirtschaft
begründet ihr Vorgehen mit organisatorischen und wirtschaftlichen Zwängen. Um neben
Super E10 und Super Plus noch das alte Super E5 anbieten zu können, müssten die
Tankstellen ihre unterirdisch gelegenen Tanks teilen oder neue Behälter einbauen. Das seien
teure und langfristige Investitionen, die letztendlich wieder der Verbraucher tragen müsse,
betonte Picard. Vorwürfe richtete die Mineralölwirtschaft außerdem an den ADAC, der zur
Information und Aufklärung seiner Mitglieder hätte beitragen müssen. Stattdessen
verunsichere der Automobilclub die Verbraucher und nehme in Kauf, dass 70 % der
Autofahrer durch falsches Tankverhalten Geld zum Fenster rauswürfen, erklärte Picard.
Mineralölwirtschaft soll zahlen
Der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael K a u c h , wies wie
der VDB auf die mögliche Nutzung von reinem Biokraftstoffen hin. Durch die Kombination
des bestehenden Kraftstoffes mit reinem Biokraftstoff sei die Quote ohne Strafzahlungen zu
erfüllen. Diese Variante soll seiner Meinung nach neben anderen Punkten beim Benzin-Gipfel
besprochen werden. Beim Thema E10-Einführung sieht Kauch Mineralölwirtschaft und
Automobilhersteller in der Informationspflicht. Prof. Erik S c h w e i c k e r t als
verbraucherpolitischer Sprecher der FDP warnte die Mineralölwirtschaft davor, drohende
Strafzahlungen auf die Verbraucher abzuwälzen. Wenn es der Ölbranche nicht gelinge, die
Autofahrer von E10 zu überzeugen, müssten sie selbst dafür die Zeche übernehmen. Auch
dürfe es nicht zu einem Sprit-Engpass an den Tankstellen kommen. Die FDP-Agrarpolitiker
Christel H a p p a c h - K a s a n und Rainer E d e l betonten, der Anbau von
Energiepflanzen zur Biokraftstoffproduktion sei notwendig, damit die Treibhausgase im
Verkehrsbereich verringert würden. Beide Politiker befürworten eine langfristige Strategie,
um die ehrgeizigen Ziele im Energiekonzept der Bundesregierung zu erreichen.
Grüne lehnen Beimischzwang ab
Für ausreichende Steuererleichterungen bei reinen Biokraftstoffen sprach sich der
energiepolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Hans-Josef F e l l , aus und lehnte einen
Beimischzwang ab. Bei jeder weiteren Erhöhung der Beimischungsstufe drohe ein ähnliches
Chaos wie derzeit. Dagegen könne mit einer wachsenden Anzahl von Autos, die reinen
Biosprit vertrügen, ein solches Durcheinander vermieden werden. Umweltpolitikerin Eva
B u l l i n g - S c h r ö t e r von der Bundestagsfraktion Die Linke forderte eine Pause bei der
Einführung von E10. Außerdem soll die Bundesregierung für ein Moratorium in der EU
werben, wo die Erfahrungen der Einführungsphase ausgewertet und die Öko-Bilanz für
Biokraftstoffe neu berechnet werden.
Zusammenarbeit wichtig
Der Hauptgrund für den Fehlstart bei der Markteinführung von E10 sieht Deutschlands
größter Bioethanolherstellers CropEnergies in der Verunsicherung der Konsumenten. Es sei
offensichtlich nicht gelungen, die Kunden im Vorfeld umfassend über den neuen Kraftstoff
und seine Vorteile für den Verbraucher zu informieren. „Alle Beteiligten müssen jetzt
gemeinsam daran arbeiten, die Verbraucher so schnell wie möglich umfassend über den neuen
Kraftstoff zu informieren“, erklärte Lutz G u d e r j a h n , Vorstandsmitglied der
börsennotierten Südzucker-Tochter. CropEnergies verfügt im Zeitzer Stammwerk in SachsenAnhalt über eine Produktionskapazität von 280 000 t. Hinzu kommen rund 240 000 t
Bioethanol in Belgien. Zweitgrößter Hersteller ist Verbio mit seinen Werken in Schwedt und
Zörbig. Beide Standorte können ebenfalls zusammen 280 000 t erzeugen. Bei voller
Ausnutzung aller Produktionsanlagen in Deutschland können etwa 1 Mio t Bioethanol im Jahr
produziert werden. Um E10 flächendeckend anbieten zu können, benötigt die
Mineralölwirtschaft allerdings rund 2 Mio t Bioethanol. AgE
Umrechnungskurs 1 $ = 0,7251 Euro
Deutschlands größte Bioethanolhersteller
(nach Produktionsstandort und
Jahresproduktionskapazität in t)
Produktionsstandort
Rohstoffb
asis
Jahreskapazit
ät
Zeitz
„Getreide
und
Zuckerrübe
n“
280 000
Schwedt
„Getreide
und
Zuckerrübe
n“
180 000
Zörbig
„Getreide
und
Zuckerrübe
n“
100 000
fuel21
Klein
Wanzleben
Zuckerrübe
n
100 000
Anklam
Bioethanol
Anklam
Zuckerrübe
n
45 000
Eco Strom
Plus
Premnitz
v.a.
Getreide
90 000
N.prior
energy2)
Stade
v.a.
Getreide
100 000
CropEnergies1
)
Verbio
1) CropEnergies hat außerdem ein Werk im belgischen
Wanze mit 240000 t Kapazität; 2) Werk steht zurzeit still
und soll im April wieder produzieren
FRANKREICH/EU
Paris will der notleidenden Schweinebranche helfen
Landwirtschaftsministerium bereitet nationales Ausstiegsprogramm für besonders
angeschlagene Betriebe vor - Verbandspräsident Serres rechnet mit annähernd 400
Betriebsaufgaben - Aktionsplan an Brüsseler Vorgaben gebunden, darunter eine
Produktionsdrosselung um mindestens 3 Prozent
PARIS. In Frankreich steht Landwirtschaftsminister Bruno L e M a i r e zu seinen
wiederholten Zusicherungen, den seit geraumer Zeit stark gebeutelten Schweineproduzenten
unter die Arme zu greifen. Wie der Präsident des zuständigen Fachverbandes (FNP), JeanMichel S e r r e s , in Paris mitteilte, wird bereits ein nationales Ausstiegsprogramm für
besonders angeschlagene Produzenten vorbereitet. Für die Zustimmung der Europäischen
Kommission ist Serres zufolge allerdings eine Produktionsrückführung um mindestens 3 %
Voraussetzung; davon wären nach seiner Einschätzung vermutlich annähernd 400 Erzeuger
betroffen. Eine weitere Auflage für die Zustimmung Brüssels ist laut FNP-Präsident eine
Finanzierung zu jeweils 50 % aus privaten Mitteln und öffentlichen Geldern. Mit Blick auf
die anhaltend negative Konjunktur und die bereits seit mehreren Jahren andauernden
Probleme der französischen Schweineproduzenten unterstützt der FNP grundsätzlich die Idee
von Le Maire für ein Ausstiegsprogramm, um damit besonders angeschlagene Schweinehalter
zu unterstützen und die Restrukturierung der Branche zu beschleunigen.
Keine leichte Aufgabe
Für die Umsetzung eines nationalen Aktionsprogramms zur Reduzierung der
Schweineproduktion in Frankreich müssen im Rahmen der Brüsseler Agrarleitlinie mehrere
Auflagen berücksichtigt werden. Unter anderem darf kein Produktionsausstieg für einen
Betrieb finanziert werden, der bereits Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens
ist. Als zweiten Knackpunkt nannte der FNP-Präsident die Kostenfrage. Da der Plan laut
Brüsseler Vorgaben höchstens zu 50 % aus öffentlichen Mitteln finanziert werden kann und
eine Produktionsrückführung von 3 % in Form von Ausstiegshilfen annähernd 15 Mio Euro
kosten würde, stellt sich laut Verbandsführung die entscheidende Frage, wie im Staatshaushalt
zwischen 7 und 8 Mio Euro dafür locker gemacht werden könnten. Von privater Seite würden
die Mittel aus dem Verkauf der Betriebsgebäude stammen, wobei jedoch in jedem Fall eine
Ablösung der Wohngebäude verhindert werden sollte. „Der Schweinehalter muss seine
Wohnung behalten können, da der soziale Aspekt beim Ausstiegsprogramm Vorrang haben
soll“, stellte Serres klar.
Tatsächliche finanzielle Situation entscheidend
Ein weiteres Problem sieht der FNP-Präsident in der korrekten Offenlegung der tatsächlichen
finanziellen Situation von ausstiegswilligen Betriebsleitern. Entsprechende Angaben von den
Erzeugerorganisationen seien nicht zu bekommen und Gläubiger, Banken oder
Futtermittelhersteller seien in der Regel nur partiell über den Verschuldungsgrad des
Betriebsleiters informiert. Serres begrüßte in dem Zusammenhang ausdrücklich die Idee der
regionalen Außenstelle des Landwirtschaftsministeriums (DRAAF) in der Bretagne. Deren
Leiter Louis B i a n n i c regte bereits an, die Datei des Agridiff-Fonds zu konsultieren, aus
dem Zuschüsse für finanziell besonders angeschlagene Betriebe bezahlt werden. Außerdem
wolle man in der Bretagne die Landwirtschaftskammern auf Departementebene einbeziehen,
empfahl Biannic.
TIERHALTUNG
Auch kritische Stimmen
Verbandspräsident Serres geht davon aus, dass das Ausstiegsprogramm insbesondere nicht
ausreichend spezialisierte oder kleine Schweinebetriebe ansprechen werde sowie
Betriebsleiter, die nicht in der Lage sind, weitere Umweltauflagen zu erfüllen. Gleichwohl
werde es genügend Schweinehalter geben, für die das Ausstiegsprogramm eine Alternative
sei. Allerdings räumte Serres ein, dass der Plan nicht ideal sei und innerhalb der Branche nicht
generell auf Begeisterung stoße. Eine Umstrukturierung werde zwangsläufig zu einem
Produktionsrückgang und höheren Kosten für die Branche führen. Dies sei in Krisenzeiten
nicht willkommen. Kritiker gaben zu bedenken, dass die Europäische Kommission ohne
weiteres auf einer Produktionsrückführung von mehr als 3 % bestehen könne, um den Plan zu
genehmigen. Auch deshalb habe Paris bislang noch keinen offiziellen Antrag bei der
Brüsseler Kommission gestellt. AgE
WELT/DEUTSCHLAND
Politische Maßnahmen gegen „land grabbing“ notwendig
EKD-Agrarbeauftragter Dirscherl fordert Stopp des Ausverkaufs von Ackerland zugunsten
einzelner Länder und des globalen Finanzkapitals - FAO muss Initiative ergreifen - Nicht nur
China aktiv
WALDENBURG. Politische Maßnahmen gegen das sogenannte „land grabbing“ hat der
Agrarbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Clemens
D i r s c h e r l , angemahnt. Nur durch ein international abgestimmtes Verhandlungsmandat
der Staatengemeinschaft könne eine Übereinkunft getroffen werden, den Ausverkauf von
Ackerland zugunsten einzelner Länder und des globalen Finanzkapitals zu stoppen, so
Dirscherl vergangene Woche in einer Presseverlautbarung. Er sieht in erster Linie die
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gefordert, die
Initiative zu ergreifen. „Noch stehen wir am Anfang des neuen Phänomens“, erklärt der
Geschäftsführer des Evangelischen Bauernwerks in Württemberg. Noch sei Zeit zu
politischem Handeln, „bevor aus der globalen Shopping-Tour für Ackerflächen aus
egoistischen nationalen Motiven oder dem Interesse an Spekulationsgewinnen langfristig ein
Flächenbrand entsteht.“ Land grabbing gefährde die nationale Ernährungssouveränität von
Völkern und bedrohe damit den Frieden, warnt der EKD-Beauftragte. Seinen Angaben
zufolge hat allein China in den letzten vier Jahren 2 Mio ha Land aufgekauft. Im Nachbarland
Laos belaufe sich der Erwerb auf 600 000 ha, um mit bewässerten Reisflächen langfristig eine
Jahresernte von 2 Mio t einzufahren. Flächeneinkäufe in Afrika kämen hinzu. Auch Malaysia
und Thailand seien in Laos aktiv, einem der ärmsten Länder der Erde.
Kleinbauern als Verlierer
Beide Länder hätten sich dort mittlerweile 15 % des Staatsgebietes angeeignet für
Gummirohr-, Zuckerrohr- und Maniok-Plantagen zur Bioethanol-Herstellung sowie
Eukalyptus- und Akazienwälder zur Papierproduktion, teilte Dirscherl mit. Südkorea, die
Arabischen Emirate und Saudi-Arabien tätigten Landkäufe in Pakistan, auf den Philippinen,
in Kambodscha, Indonesien, der Mongolei, Argentinien und Madagaskar. Das Vorgehen
diene in allen Fällen dazu, die Nahrungsversorgung der eigenen Bevölkerung mit Mais,
Weizen und Reis zu sichern und Energiereserven vom Acker aufzubauen. Im Sudan hätten
sich Südkorea fast 700 000 ha und die Arabischen Emirate 380 000 ha für den Weizenanbau
gesichert. Gleichzeitig belaufe sich der Importbedarf für die sudanesische Bevölkerung auf
3,2 Mio t Nahrungsmittel. Für Dirscherl zeigt die Globalisierung der Agrarmärkte damit ihre
„unbarmherzige und zynische Seite“. Die Zielländer erhoffen sich von den Landverkäufen die
Nutzbarmachung brach liegender Ackerflächen, die Ansiedlung be- und verarbeitender
AGRARPOLITIK
Industrien und damit neue Arbeitsplätze. Erwartet werde ferner ein Ausbau von
Infrastrukturen und die Einnahme von Devisen, um die Bevölkerung mit günstigen
Nahrungsmitteln auf den Weltmärkten zu versorgen. Dirscherl bezweifelt, dass solche
Hoffnungen berechtigt sind. Aufgrund fehlender Bodenrechtstitel, unklarer
Grundstücksgrenzen und begünstigt von Korruption der heimischen Eliten, die selbst
Profiteure des Landkaufs sind, würden jedoch sehr oft Kleinbauern von ihrem Grund gejagt
und in Hunger und Verarmung getrieben. Die Landflucht in die ohnehin hoffnungslos
überfüllten Slums der Großstädte werde forciert. AgE
DEUTSCHLAND
Fleischwirtschaft ohne Strategie in der Tierschutzdebatte
Professor Spiller von der Universität Göttingen hält der Branche schwerwiegende
Versäumnisse in der Öffentlichkeitsarbeit vor - „Wer nicht antritt, hat schon verloren“ Unternehmen müssen Farbe bekennen - Innovative Marketingkonzepte notwendig
GÖTTINGEN . Gravierende Versäumnisse in der Öffentlichkeitsarbeit hat der Göttinger
Agrarökonom Prof. Achim S p i l l e r der deutschen Fleischwirtschaft vorgeworfen. Die
Branche habe sich seit der BSE-Krise aus der öffentlichen Diskussion zurückgezogen, sagte
der Marketingexperte dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE. Ähnlich wie in
der jüngsten Dioxinkrise hätten viele Verantwortliche schon damals erlebt, wie ein
Futtermittelproblem von Politik und Medien zu einer Frage der industriellen Agrarproduktion
und der Massentierhaltung stilisiert worden sei. Landwirte und Verarbeiter hätten aus diesen
negativen Erfahrungen „die nachvollziehbare, aber verhängnisvolle Konsequenz gezogen,
dann doch lieber nichts mehr zu sagen.“ Spiller: „Wer nicht antritt, hat schon verloren.“ Der
Wissenschaftler sieht insbesondere die Unternehmen der Fleischwirtschaft und dabei vor
allem die Unternehmer gefordert. „Entscheidend ist, dass einige große Unternehmen
erkennen, dass sie Farbe bekennen müssen“, so der Hochschullehrer. Auf die Dauer schadeten
sich die Unternehmen selbst, „wenn sie sich in den für Außenstehende kaum transparenten
Branchenstrukturen verstecken.“ Die Top-3 der deutschen Fleischwirtschaft seien so groß,
dass sie laut Spiller auch ohne bekannte Marken gegenüber der Öffentlichkeit
rechenschaftspflichtig seien. Erst allmählich entwickle sich ein Bewusstsein für die
Bedeutung der gesellschaftlichen Akzeptanz der modernen Tierhaltung. Mit Nachdruck hob
Spiller die Notwendigkeit innovativer Marketingkonzepte hervor, um kritische Verbraucher
zu erreichen. Deren Anteil veranschlagt er auf rund 40 %.
Branche muss Strategie entwickeln
Für den Inhaber des Lehrstuhls für Marketing für Agrarprodukte und Lebensmittel am
Göttinger Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung ist eine Branchenstrategie
im Bereich der Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit wichtiger als die Bereitstellung
erheblicher finanzieller Mittel. Die mangelnde Akzeptanz gegenüber der Kleingruppenhaltung
bei Legehennen wertet er als ein Indiz für die bestehenden Strategiedefizite. So hätten viele
Branchenvertreter über eine lange Zeit hinweg die klassische Käfighaltung verteidigt und die
Kleingruppenhaltung als Fehlweg dargestellt. Als Lösung sei sie erst dann vorgestellt worden,
als die Diskussion um die Käfighaltung verloren war. Für die Zukunft müsse es darum gehen,
frühzeitig und im aktiven Dialog mit den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen
zukunftsfähige Strategien zu definieren. Die betäubungslose Ferkelkastration oder das
Kupieren von Schwänzen sollte die Branche dem Wissenschaftler zufolge nur dann
verteidigen, „wenn sie wirklich glaubt, diese Produktionsformen langfristig öffentlich
akzeptiert zu bekommen.“ Die Verantwortlichen müssten sich fragen, ob sie in einer
Fernsehdiskussion argumentativ bestehen könnten, in der Bilder dazu gezeigt werden. „Wenn
VIEH/FLEISCH
nein, dann sollten selbst strategische Ausstiegsszenarien entwickelt werden, um das Image
nicht weiter zu gefährden. Wenn ja, dann muss dies auch aktiv und öffentlich vor den
Kritikern verteidigt werden.“ Wie auch immer die Branche sich entscheide, „stillzuhalten und
zu hoffen, dass ‚dieser Kelch’ an ihr einfach vorüber geht, hilft nicht“, betonte Spiller, der
dem Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium
angehört.
Von Feindbildern Abstand nehmen
Der Wissenschaftler rief Wirtschaft und Tierschutzverbände dazu auf, von ihren Feindbildern
Abstand zu nehmen. Es nütze nichts, „wenn Landwirte und Fleischunternehmen als
‚Fleischmafia’ bezeichnet werden.“ Umgekehrt sei es aber auch nicht besser, wenn Tier- und
Umweltschutzgruppen als „Spendenfischer“ gesehen würden, denen es nicht um die Sache,
sondern lediglich um neue Spendeneinnahmen gehe. „Genauso wenig wie Unternehmer nur
ihren Gewinn im Kopf haben und ihr Gewissen ausgeschaltet haben, ist es ein Zerrbild, wenn
man die Branchenkritiker pauschal diskreditiert“, erläuterte Spiller. Aus vielen Gesprächen
mit beiden Seiten habe er die Erkenntnis gewonnen, dass die vorhandenen Feindbilder nur im
persönlichen Dialog auf vielen Ebenen einer realistischen Sichtweise weichen würden.
Kaum Angebote für kritische Verbraucher
Der Hochschullehrer räumt ein, dass sich der Anteil von 40 % der Verbraucher, die
Befragungen zufolge einer produktivitätsorientierten Agrar- und Ernährungswirtschaft
skeptisch gegenüberstehen, im Einkaufsverhalten bislang nicht niederschlage. Eine Ursache
sieht er darin, dass die Branche ihr Angebot für diese Zielgruppe noch nicht gut entwickelt
habe. Spiller verwies auf die hohe Preisbereitschaft dieser Zielgruppe. „Aber wenn
beispielsweise Bio-Geflügel heute im Laden rund das Dreifache kostet, ist es dann so
erstaunlich, wenn der Marktanteil unter 1 % liegt?“ Hier bedürfe es innovativer
Marketingkonzepte, um diese Lücke zu füllen. Dazu kann laut Spiller auch ein glaubwürdiges
Label für Animal Welfare gehören, an dem gegenwärtig an seinem Lehrstuhl gearbeitet
werde. In erster Linie müsse jedes Produkt, das für besonderes Tierwohl stehe, glaubwürdig
sein. In Anbetracht des schlechten Branchenimages werde es einzelnen Unternehmen schwer
fallen, diese Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit und bei kritischen Stakeholdern zu finden.
Vor diesem Hintergrund gehe es bei dem in Göttingen verfolgten Ansatz darum, innovative
Unternehmen, den Deutschen Tierschutzbund und kompetente Tierethologen
zusammenzubringen.
Privatwirtschaftliches Konzept mit Vorteilen
„Wir setzen als Konzept auf ein freiwilliges, mehrstufiges Label“, erklärte der
Wissenschaftler. Derzeit würden dafür die Kriterien für Schweine und Masthähnchen
entwickelt. Ein freiwilliges und privatwirtschaftliches Konzept könne an dieser Stelle
schneller sein als der Staat. Dennoch sei es positiv, dass viele Politiker gerade in den
vergangenen Monaten ihre Unterstützung signalisiert hätten. Auch dies könne zur
Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit beitragen. Möglicherweise bedürfe es künftig sogar
einer staatlichen Regelung, um Unternehmen zu sanktionieren, die mit missbräuchlichen
Animal-Welfare-Siegeln oder Werbeaussagen auf dem Markt aufträten. Vorbehalte gegenüber
dem geplanten Label aus den Reihen landwirtschaftlicher Verbände wies Spiller als
unbegründet zurück: „Es geht uns nicht um die Diskriminierung des Marktes, sondern um
Marktdifferenzierung.“ Ziel sei es, mit glaubwürdigen und pfiffigen Marketingkonzepten
einen Teil der kritischen 40 % zu erreichen und damit natürlich auch Wertschöpfung zu
erzielen.
Landwirtschaft muss sich der Größendiskussion stellen
Für berechtigt hält Spiller die gegenwärtige Diskussion um große Stallanlagen. Auch
innerhalb der Landwirtschaft gebe es viele, „die bei Größenordnungen von
100 000 Schweinen Bauchschmerzen haben.“ Zwar sei Größe per se kein Tier- oder
Umweltschutzproblem; in einer Europäischen Union, die mit beachtlichen Mitteln die
Landwirtschaft nicht zuletzt auch deshalb stütze, weil sie regionalpolitische Ziele verfolge, sei
die Diskussion um Größenbegrenzungen jedoch genauso legitim wie die Frage der Schaffung
von „Agroparks“. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass sich die Landwirtschaft diesen
Fragen stellen muss. Ein Anliegen müsse es sein, die Debatte auf eine realistische Grundlage
zu stellen. Dass dies nötig sei, zeigten Studien, denen zufolge für Verbraucher bei
300 Mastplätzen „Massentierhaltung“ beginne. Um vorschnelle politische Entscheidungen zu
vermeiden, müsse in der Landwirtschaft selbst eine offene Diskussion um die Zukunft der
Tierhaltung geführt werden. Darin müssten wichtige gesellschaftliche Gruppen wie die
Kirchen oder Journalisten integriert werden. Beispiele aus den Niederlanden zeigten, „dass
eine schnelle gesetzliche Regulierung auch viele negative Folgen haben kann.“ AgE
DEUTSCHLAND/DÄNEMARK
MILCH
Hansa-Milchbauern stimmen für Zusammenschluss mit Arla
UPAHL/VIBY. Die norddeutsche Molkerei Hansa-Milch geht im skandinavischen
Milchverarbeiter Arla auf. Die Mitglieder der Hansa-Milch stimmten am vergangenen
Mittwoch mit einer überwältigenden Mehrheit von 96 % für den Fusionsvorschlag der
Vorstände. Bei Arla betrug die Zustimmung laut Unternehmensangaben sogar 100 %. Der
Beschluss wird rückwirkend zum 1. Januar 2011 umgesetzt. Die Hansa-Milch MecklenburgHolstein eG wird künftig Hansa Arla Milch eG heißen. Sie bleibt als Genossenschaft mit
ihren Mitgliedern bestehen und tritt als solche der Arla Foods amba bei. Somit blieben die
demokratischen Strukturen erhalten, erklärte die Hansa-Milch, die künftig mit eigenen
Repräsentanten in den Arla-Gremien vertreten sein wird. Der Hansa-Vorstandsvorsitzende
Uwe K r a u s e sprach vom Grundstein für ein erfolgreiches Wachstum und der Stärkung
der Marktposition. Beide Unternehmen kooperieren bereits seit Jahren. Hansa-Milch mit
seinen rund 1 200 Milchbauern in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gehört
in Norddeutschland zu den wichtigsten Anbietern von frischen Molkereiprodukten wie Milch,
Sahne und Quark aus der Region. Arla ist hierzulande hingegen für Käse und Butter bekannt.
Hinter Arla stehen rund 7 200 Landwirte aus Dänemark und Schweden. Die MegaGenossenschaft ist erfolgreich mit Marken wie Buko, Castello und Lurpak. Durch den
Zusammenschluss wollen sich die beiden Molkereien ergänzen. „Gemeinsam können wir ein
komplettes Sortiment von Molkereiprodukten aus einer Hand anbieten und somit ein noch
interessanterer Partner für den deutschen Einzelhandel werden“, erklärt Ove M ø b e r g ,
Aufsichtsratsvorsitzender von Arla. Das dänisch-schwedische Unternehmen verarbeitet pro
Jahr rund 8,6 Mrd l Milch, bei Hansa waren es zuletzt etwa 700 Mio l. AgE
Ausgewählte Milchkonzerne in Deutschland und der Welt
nach Umsatz
(2009, in Mrd Euro)
Nestlé
Schweiz
18,55
Danone
Frankreich
10,60
Lactalis
Frankreich
9,09
FrieslandCampina
Holland
8,01
Fonterra
Neuseeland
7,28
Dean Foods
USA
7,00
Arla Foods
Dänemark/S
chweden
6,19
Dairy Farmers of
America
USA
5,82
Kraft Foods
USA
4,88
Deutsches
Milchkontor1)
Deutschland
4,00
Meiji Dairies
Japan
3,69
Saputo
Kanada
3,56
Parmalat
Italien
3,53
Morinaga Milk Industry
Japan
3,46
Bongrain
Frankreich
3,28
Mengniu
China
2,69
Yili
China
2,53
Land O´Lakes
USA
2,31
Bel
Frankreich
2,22
Müller2)
Deutschland
2,10
Hochwald
Deutschland
1,10
1) 2011 durch Fusion hervorgegangen aus Nordmilch und
Humana; 2) Umsatz der Gruppe einschließlich der
britischen Aktivitäten
Quelle: Rabobank und eigene Recherchen
USA
FIRMENNACHRICHTEN
Smithfield will Schulden abbauen
Neben der Schweinefleischvermarktung soll auch die Mast wieder profitabel sein - Der
vertikal integrierte Konzern verweist auf erfolgreiche Trendumkehr durch Restrukturierung Auslastung von mehr als 90 Prozent erreicht - Aber noch hohe Belastung durch Zinsdienst
SMITHFIELD. Der amerikanische Fleischkonzern Smithfield hat seine Profitabilität in den
vergangenen Monaten erhöht und will nun die Belastungen durch Zins- und Schuldendienst
abbauen. Wie Vorstandschef C. Larry P o p e vergangenen Monat bei einer Konferenz der
Bank Goldman Sachs in New York deutlich machte, soll der Schuldenstand des vertikal
integrierten Schlachtkonzerns bis zum Abschluss des nächsten Finanzjahres, das am 30. April
2012 endet, unter die Marke von 2 Mrd $ (1,45 Mrd Euro) sinken, nach prognostizierten
2,5 Mrd $ (1,81 Mrd Euro) Ende Oktober 2010 und 3,0 Mrd $ (2,17 Mrd Euro) zum
Abschluss des Finanzjahres 2010. Tragende Säule für diese Entwicklung soll neben den
fertigen Produkten nun auch die Schweinemast werden, die dem Konzern in den vergangenen
Jahren Probleme bereitet hat. Die eingeleitete Kostensenkungsinitiative soll den Aufwand im
Segment Schweinemast pro Jahr um 90 Mio $ (65 Mio Euro) senken. Aus den roten Zahlen
war Smithfield durch die Entwicklung bei der Schweinefleischvermarktung bereits Mitte
vergangenen Jahres gekommen (AGRA-EUROPE 37/11, LÄNDERBERICHTE 9).
Smithfield ist der größte Schweinefleischverarbeiter in den USA und auch in Europa aktiv, so
in Frankreich, Spanien und Rumänien. Beispielsweise gehört den Amerikanern das
Unternehmen Campofrio.
Führende Marktposition bei abgepackter Ware
Auch für das im Mai beginnende Wirtschaftsjahr 2012 rechnet Smithfield mit einer wieder
profitablen Schlachtschweineproduktion. Ein wichtiger Faktor soll eine starke
Exportnachfrage sein. Gleichzeitig erwartet der Konzern aber einen Zuchtsauenbestand auf
historisch niedrigem Niveau. In der Schweinefleischverarbeitung verweist Smithfield auf eine
stark verbesserte Auslastung seiner Betriebe von mehr als 90 %, gegenüber weniger als 80 %
vor der Restrukturierung. Smithfield betont seine Stärken in verschiedenen Produktkategorien
für abgepackte Fleischwaren. So hat das Unternehmen laut eigenen Angaben bei abgepacktem
Kochschinken in den USA einen Marktanteil von 31 %; bei Schinken sollen es 21 % und bei
Würstchen 19 % sein. Trotz hoher Materialkosten zeigte sich Pope auch mit den Margen im
Geschäft mit abgepacktem Fleisch zufrieden. Gewinn und Stabilität würden durch die
abgepackten Fleischprodukte für Endverbraucher getrieben. AgE
Umrechnungskurs: 1 $ = 0,7231 Euro
AGE
9-2011
EU/WELT
GEFLÜGELMARKT
Fast 1,3 Millionen Tonnen Geflügelfleisch aus der EU exportiert
BRÜSSEL. Der Geflügelfleischexport aus der Europäischen Union hat im vergangenen Jahr
kräftig zugenommen. Wie die EU-Kommission in Brüssel berichtete, führte die Gemeinschaft
2010 insgesamt 1,27 Mio t Geflügelfleisch in Schlachtgewichtäquivalenten nach Drittländern
aus, was im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 257 000 t oder gut ein Viertel
bedeutete. Im Jahr 2009 war trotz globaler Finanz- und Wirtschaftskrise erstmals die Marke
von 1 Mio t genommen worden. Im Einzelnen steigerten Frankreich und die Niederlande den
Export von Geflügelfleisch nach Drittstaaten im Jahr 2010 um 7 % auf 333 000 t
beziehungsweise 16 % auf 245 600 t, Deutschland um 8 % auf 161 300 t. Mit Abstand größter
Abnehmer von Geflügelfleisch aus der EU-27 ist Russland, das seine Bezüge im Berichtsjahr
um 8 % auf 245 000 t ausdehnte. Relativ kräftig nach oben geschnellt sind zuletzt die
Ausfuhren nach Hongkong; sie erhöhten sich gegenüber 2009 um 72 % auf 151 500 t. Bereits
2009 hatten die EU-Geflügelfleischexporte in die frühere britische Kronkolonie kräftig
zugenommen, nämlich um die Hälfte auf 88 400 t. Zu einem wichtigen Bezieher von
Geflügelfleisch aus der Gemeinschaft hat sich auch Benin entwickelt; das westafrikanische
Land weitete die Importe um mehr als ein Drittel auf 115 000 t aus. Damit lag es nur leicht
hinter Saudi-Arabien, dessen Bezüge um gut ein Fünftel auf 118 000 t zulegten. Die Ukraine
verringerte dagegen die Einkaufsmenge um 3,5 % auf 84 000 t. Im Unterschied zu den
Ausfuhren sind die Geflügelfleischimporte der EU-27 im vergangenen Jahr deutlich
gesunken, und zwar um 75 000 t oder fast 9 % auf knapp 800 000 t. Maßgeblich dafür war die
Entwicklung der Einfuhren aus Brasilien; das südamerikanische Land lieferte 579 800 t
Geflügelfleisch in die Gemeinschaft, was einer Abnahme um 80 000 t oder gut 12 %
entsprach. Im Jahr 2009 waren die Geflügelfleischbezüge der EU aus Brasilien bereits um
3 % gesunken. Dagegen konnte Thailand die Lieferungen zuletzt wieder steigern, und zwar
um mehr als 5 % auf 148 000 t. An Bedeutung verloren haben Chile und Argentinien, die
2010 rund 34 300 t beziehungsweise 15 800 t Geflügelfleisch in die EU-27 lieferten. AgE
Außenhandel der Europäischen Union1) mit Geflügelfleisch
(2006 bis 2010; in 1 000 t Schlachtgewichtäquivalenten)
2006
2007
2008
997,2
258,6
62,6
76,9
47,4
81,0
615,8
451,7
110,8
866,3
244,4
64,7
79,4
64,4
28,2
857,7
671,8
129,1
981,8
230,1
58,7
95,1
83,4
112,4
890,6
679,4
146,5
2009
2010
2010:09
in v.H.2)
1 014,3
227,1
88,4
97,4
84,9
87,0
874,6
659,3
140,4
1 271,7
245,0
151,5
118,0
115,0
84,0
799,8
579,8
148,0
+  25,4
+    7,9
+  71,5
+  21,1
+  35,5
-    3,5
-    8,6
-  12,1
+    5,4
Geflügelfleisch
Exporte
darunter nach Russland
Hongkong
Saudi Arabien
Benin
Ukraine
Importe
darunter aus Brasilien
Thailand
1) Bis 2006 EU-25, ab 2007 EU-27; 2) Änderungsraten basieren auf den ungerundeten Kommissionsangaben
EU/WELT
VIEH-/FLEISCHMARKT
EU-Nettoexport von mehr als 100 000 Tonnen Rindfleisch
Erstmals seit 2002 führte die Gemeinschaft im vorigen Jahr wieder mehr Rindfleisch
einschließlich Lebendrinder aus als ein - Lieferungen nach Drittstaaten nahmen gegenüber der
Vorjahresmenge fast auf das Doppelte zu - Russland steigerte die Bezüge
überdurchschnittlich - Türkei als neuer Absatzmarkt
BONN. Erstmals seit 2002 hat die Europäische Union im vergangenen Jahr wieder mehr
Rindfleisch und Rinder exportiert als sie gleichzeitig aus Drittstaaten bezogen hat, wobei
umgerechnet in Schlachtgewicht (SG) eine Nettoausfuhrmenge von rund 106 000 t
verzeichnet worden ist. Nach Angaben der Europäischen Kommission wurden von der
Gemeinschaft im Jahr 2010 insgesamt etwa 485 200 t SG Rindfleisch einschließlich lebender
Tiere ausgeführt; das waren fast 191 100 t SG oder 94,5 % mehr als im Krisenjahr 2009.
Maßgeblich für die annähernde Verdopplung der Exportmenge waren im Wesentlichen die
wieder kräftig erholte Nachfrage Russlands sowie die Öffnung des türkischen Marktes für
Schlachtrinder aus der EU. Auf Russland und die Türkei entfielen im vergangenen Jahr
zusammen mehr als 40 % des gesamten Rindfleischexports der Gemeinschaft. Insgesamt
erreichten deren Rinder- und Rindfleischausfuhren 2010 einen Wert von 1,25 Mrd Euro,
verglichen mit 615,4 Mio Euro im Jahr zuvor. Bezogen auf das Kilogramm Schlachtgewicht
erhöhten sich die Erlöse in der Drittlandsvermarktung im Schnitt um 0,10 Euro auf 2,57 Euro.
Die Rindfleischeinfuhren der EU-27 verringerten sich im Berichtsjahr um gut 12 % auf rund
379 000 t SG; das bedeutete ein neues Tief. Selbst in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre,
als die Mitgliedstaaten im Schnitt zusammen noch mehr als 1 Mio t SG Rindfleisch
einschließlich Lebendrinder in Drittländer exportierten, waren gleichzeitig mindestens gut
400 000 t SG Rindfleisch von dort bezogen worden. Die damalige Fünfzehnergemeinschaft
brachte es in dieser Zeit im Mittel auf eine Nettoausfuhrmenge von rund 650 000 t SG an
Rindfleisch und Rindern.
Gut 70 000 Tonnen in die Türkei
Mit Abstand wichtigster Partner der EU-27 aus Sicht der Rindfleischexporteure ist Russland,
das seine Bezüge 2010 um 167 % auf 135 800 t SG steigerte. Damit übertraf die Liefermenge
in die Russische Föderation auch die Volumina von 2008 und 2007 deutlich. Im Krisenjahr
2009 hatte Russland die Rindfleischeinfuhren aus der Gemeinschaft um mehr als die Hälfte
auf weniger als 51 000 t SG gedrosselt. Neuen Schwung ins Exportgeschäft der europäischen
Vieh- und Fleischwirtschaft brachte im vergangenen Jahr die Entscheidung Ankaras, den
jahrelang unter Verweis auf die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) für die EU
gesperrten Schlachtrindermarkt wieder zu öffnen, nachdem die Fleischpreise in der Türkei
zuvor stark gestiegen waren. Bis dato waren lediglich Zuchtrinder eingeführt worden. So
wurden 2010 aus der Gemeinschaft nach Kleinasien fast 70 400 t SG Rindfleisch geliefert,
verglichen mit weniger als 600 t im Jahr zuvor. Auch die Ausfuhren in den Libanon legten
deutlich zu, nämlich von 7 800 t auf rund 33 800 t SG. Kroatien drosselte hingegen die
Rindfleischbezüge aus der EU im Jahresvergleich um 8 % auf 23 200 t SG.
Importe aus den USA auf Erholungskurs
Kräftig gesunken sind in den vergangenen Jahren auf der Importseite der Europäischen Union
die Rindfleischlieferungen aus Brasilien. Der südamerikanische „Agrarriese“ exportierte 2010
noch 144 800 t SG Rindfleisch in die Gemeinschaft, was gegenüber 2009 ein Minus von 3 %
bedeutete. Damit hat sich der Rückgang jedoch deutlich abgeschwächt, denn zuvor hatten die
Rindfleischbezüge der EU aus Brasilien von 364 000 t SG im Jahr 2007 auf 149 000 t im Jahr
2009 abgenommen. Die Vieh- und Fleischwirtschaft in dem südamerikanischen Land macht
hierfür neben der Aufwertung der landeseigenen Währung Real auch die Auflagen der EU zur
Rückverfolgbarkeit des Rindfleischs verantwortlich. Die Rindfleischexporte Argentiniens in
die Gemeinschaft gingen 2010 um 43 000 t oder mehr als ein Drittel auf 79 500 t SG zurück.
Im Jahr zuvor war die betreffende Liefermenge um 31 % auf 122 500 t SG gestiegen, da in
Argentinien 2009 viele Rinder wegen der Trockenheit geschlachtet wurden. Auch aus
Uruguay kam zuletzt weniger Ware; die Rindfleischimporte der EU aus diesem Land
verringerten sich 2010 um gut 16 % auf 66 200 t SG. Erneut deutlich zugenommen haben
dagegen im vergangenen Jahr die Bezüge aus den USA, und zwar um 59 % auf 15 300 t SG.
Im Jahr 2006 hatten die Vereinigten Staaten weniger als 1 000 t Rindfleisch in die EU
geliefert. AgE
Außenhandel der EU1) mit Rindfleisch2)
(2006 bis 2010; in t Schlachtgewicht)
2006
2007
2008
2009
2010
2010:09
in v.H.
Exporte insgesamt
darunter nach Russland
Türkei
Libanon
Kroatien
Schweiz
Algerien
Elfenbeinküste
318 927
145 383
974
4 823
18 907
10 162
9 467
4 938
247 722
87 277
214
3 647
16 460
14 457
1 674
6 941
291 601
102 347
204
5 619
19 917
25 968
1 689
8 969
249 165
50 881
571
7 838
25 126
19 072
6 681
13 404
485 166
135 762
70 370
33 774
23 159
22 340
16 151
14 853
+    94,5
+  166,8
+  330,9
-      7,8
+    17,1
+  141,7
+    10,8
Importe insgesamt
darunter aus Brasilien
Argentinien
Uruguay
Botswana
USA
Neuseeland
Namibia
Australien
513 160
331 762
82 865
45 350
7 118
956
7 195
8 063
12 366
556 024
363 839
97 656
39 544
13 929
2 746
5 756
10 467
10 019
395 063
171 454
92 924
66 402
10 395
6 547
12 455
10 348
12 957
431 182
149 007
122 494
79 144
11 452
9 609
15 783
12 457
16 937
378 954
144 791
79 487
66 156
15 763
15 290
13 669
13 571
13 628
-    12,1
-      2,8
-    35,1
-    16,4
+    37,6
+    59,1
-    13,4
+      8,9
-    19,5
1) Bis 2006 EU-25, ab 2007 EU-27; 2) einschließlich Lebendtiere
EU/WELT
AGRARHANDEL
EU-Schweinefleischexport erreicht neuen Rekord
BRÜSSEL. Der Schweinefleischexport aus der Europäischen Union hat sich im vergangenen
Jahr nach dem Rückgang im Krisenjahr 2009 kräftig erholt. Wie aus einer aktuellen Übersicht
der Europäischen Kommission hervorgeht, wurde 2010 bezogen auf das Produktgewicht
insgesamt die Rekordmenge von fast 2,69 Mio t Schweinefleisch einschließlich lebender
Tiere und Wurstwaren von der Gemeinschaft in Drittstaaten exportiert; das waren 300 800 t
oder fast 13 % mehr als 2009. Im Vorjahr hatte der EU-Schweinefleischexport vor allem
aufgrund einer schwächeren Nachfrage der asiatischen Einfuhrländer um fast 184 600 t
abgenommen. Die Russische Föderation als wichtigster Kunde steigerte ihre Bezüge im Jahr
2010 um gut 6 % auf 809 100 t. Dagegen nahmen die EU-Schweinefleischlieferungen nach
Hongkong im Anschluss an den deutlichen Einbruch im Vorjahr nur leicht zu, und zwar um
2 % auf etwa 421 900 t. Gleichzeitig dehnte allerdings China die Importe wie schon 2009
deutlich aus: Geliefert wurden voriges Jahr in das „Reich der Mitte“ 212 000 t EUSchweinefleisch; das bedeutete ein Plus von fast 19 %. Um mehr als ein Fünftel auf 223 900 t
dehnte Japan den Einkauf von Schweinefleisch aus der Gemeinschaft aus. Die Lieferungen in
die Ukraine gingen dagegen weiter zurück, nämlich um 6 % auf 137 900 t. Wieder über die
Marke von 100 000 t stieg 2010 der EU-Export von Schweinefleisch in Richtung Südkorea.
Auffallend war die annähernde Verdreifachung der Liefermengen nach Weißrussland, das im
vergangenen Jahr rund 80 300 t bezog. Sehr moderat fielen im Vergleich dazu die Zuwächse
im Ausfuhrgeschäft mit den USA und Australien aus, die 58 600 t beziehungsweise 50 300 t
Schweinefleisch aus der Gemeinschaft einführten. Die EU selbst drosselte ihre Importe an
diesem Produkt um 16 % auf 43 400 t, wobei die Schweiz entgegen diesem Negativtrend ihre
Lieferungen um gut 1 % auf 17 500 t steigern konnte. AgE
Außenhandel der EU1) mit Schweinefleisch2)
(2006 bis 2010; in t Produktgewicht)
2006
2007
2008
2009
2010
2010:09
in v.H.
Exporte insgesamt
darunter Russland
Hongkong
Japan
China
Ukraine
Südkorea
Philippinen
Weißrussland
Kroatien
USA
Australien
Angola
2 089 363
687 402
138 554
249 380
53 785
9 789
142 599
23 321
59 586
56 785
67 048
29 579
40 757
1 910 908
647 052
243 171
232 951
86 345
2 757
137 421
34 243
10 509
56 151
66 472
34 583
48 637
2 569 087
769 044
462 299
236 609
147 951
189 001
115 757
40 912
55 273
63 426
61 471
45 621
49 003
2 384 536
760 880
413 548
186 134
178 725
147 030
95 163
26 572
28 369
70 697
55 495
46 703
45 424
2 685 319
809 149
421 948
223 903
212 020
137 882
100 796
89 388
80 284
67 581
58 627
50 310
44 501
+    12,6
+      6,3
+      2,0
+    20,3
+    18,6
-      6,2
+      5,9
+  236,4
+  183,0
-      4,4
+      5,6
+      7,7
-      2,0
Importe insgesamt
darunter Schweiz
32 368
8 934
43 179
10 476
59 838
12 377
51 662
17 240
43 401
17 481
-    16,0
+      1,4
1) Bis 2006 EU-25, ab 2007 EU-27; 2) einschließlich Lebendtiere
DEUTSCHLAND/WELT
Deutsche Molkereien erzielen Exportrekord
Erstmals wurden 2010 mehr als 1 Million Tonnen Käse ins Ausland geliefert - Butter- und
Milchpulverausfuhren kräftig gestiegen - Grenzüberschreitender Absatz von Milchdesserts
MILCHMARKT
und Joghurts nahm um fast die Hälfte zu - Export-Union für Milchprodukte sieht in der
Entwicklung den Beleg für die Leistungsfähigkeit der Branche - Meier: Andere Länder
beneiden uns darum
BERLIN. Überraschend schnell hat die heimische Milchwirtschaft nach dem Krisenjahr 2009
im Exportgeschäft wieder Tritt gefasst und dabei ordentlich Gas gegeben. So erzielten die
Molkereiunternehmen in Deutschland 2010 ein neues Rekordergebnis bei den Ausfuhren. Wie
die Export-Union für Milchprodukte am Dienstag vergangener Woche unter Berufung auf
vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamtes mitteilte, legten bei den Standardprodukten
die Ausfuhren von Butter und Milchpulver relativ besonders stark zu. So erhöhte sich die
Auslandsvermarktung von Butter im Jahresvergleich um 23,5 % auf 100 000 t. Der Export
von Magermilchpulver wuchs um 15,4 % auf 222 000 t, der von Vollmilchpulver sogar um
47,2 % auf 79 000 t. Vergleichsweise moderat fiel dagegen die Steigerung der Ausfuhr von
Milch mit 1,3 % auf 2,568 Mio t aus. Die dem Wert nach stärker zu Buche schlagenden
Käseexporte konnten 2010 im Vergleich zur Vorjahresmenge um 6,7 % auf 1,009 Mio t
ausgebaut werden. „Zum ersten Mal wurden mehr als eine Milliarde Kilogramm Käse aus
Deutschland exportiert“, freute sich der Vorsitzende der Export-Union für Milchprodukte,
Gerhard M e i e r . Das gute Ergebnis stelle die Leistungsfähigkeit deutscher Molkereien dar.
Deutschland sei der größte Käseexporteur weltweit und nutze jedes Jahr mehr die
Wertschöpfungsmöglichkeiten beim Export. „Andere Länder beneiden uns darum“, so Meier.
Die Innovationskraft der Unternehmen drücke sich auch besonders beim Export von
Milchdesserts und Joghurts aus, führte der Verbandschef aus. Mit einer Steigerung um 47 %
seien hiervon mehr als 230 000 t exportiert worden. Die Ausfuhr sei der dynamische Motor
der Marktentwicklung gewesen und habe dem deutschen Milchmarkt und damit auch dem
Erzeugerpreis erneuten Schwung verliehen, betonte Meier.
Deutlich mehr Käse nach Russland geliefert
Zum Käseexport stellte der Verbandschef im Einzelnen fest, dass zwar die Liefermengen nach
Italien, Deutschlands wichtigstem Handelspartner, leicht zurückgegangen seien, dafür sich
jedoch Russland als drittwichtigster Partner etabliert habe. Im Jahr 2010 exportierten die
deutschen Molkereien der amtlichen Statistik zufolge insgesamt rund 228 700 t Käse nach
Italien; das waren etwa 7 % weniger als 2009. Die Lieferungen in die Russische Föderation
beliefen sich auf 86 100 t, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 69 % bedeutete.
Im Krisenjahr 2009 waren die Bezüge Russlands an deutschem Käse um knapp ein Fünftel
auf 51 000 t gesunken. Deutlich erhöht hat sich 2010 auch der Käseexport in die Niederlande,
dem zweitwichtigsten Auslandsmarkt in diesem Segment, und zwar um 15 % auf 120 800 t.
Prozentual zweistellige Zuwächse verbuchte die deutsche Milchwirtschaft auch bei den
Käseausfuhren nach Belgien, Polen und Tschechien. Rückläufig entwickelten sich unter
anderem die Lieferungen nach Frankreich; diese verringerten sich um etwa 7 % auf 71 300 t.
Zu Absatzeinbußen kam es außerdem in Spanien und Griechenland. Parallel zum
Gesamtexport legten auch die Käseimporte Deutschlands im vorigen Jahr kräftig zu, nämlich
um 7,3 % auf 608 200 t. Da die Bezüge aber von einem deutlich niedrigeren Niveau
zunahmen, wuchs der Ausfuhrüberschuss trotz des relativ geringeren Anstiegs der Exporte
um 22 300 t auf annähernd 400 800 t. Ihrerseits auf erhebliche Überschüsse im Käsehandel
mit Deutschland kommen die Niederlande und Frankreich, die zugleich die wichtigsten
Lieferanten sind. Während die Niederlande den Käseexport ins Bundesgebiet 2010 um 5,3 %
auf 228 700 t steigerten, entsprach die Liefermenge Frankreichs mit 113 700 t dem Niveau
von 2009. AgE
Exporte der deutschen Milchwirtschaft1)
(2009 und 2010, in 1 000 t)
2009
2010
2010:09
in v.H. 2)
Milch
2 535
2 568
+    1,3
Vollmilchpulver
54
79
+  47,2
Magermilchpulve
192
222
+  15,4
r
Käse
945
1 009
+    6,7
Butter
81
100
+  23,5
1) Gerundete Angaben; 2) Änderungsraten
basieren auf den ungerundeten Zahlen
Deutscher Außenhandel mit Käse
(2009 und 2010, in t)
2009
2010
2010:09
in v.H.
Exporte insgesamt
davon Italien
Niederlande
Russland
Frankreich
Österreich
Großbritannie
n
Spanien
Belgien
Tschechien
Griechenland
Dänemark
Polen
945 358 1 008 993 +      6,7
245 370
228 735 -      6,8
105 080
120 778 +    14,9
51 005
86 105 +    68,8
76 560
71 335 -      6,8
57 664
61 831 +      7,2
54 525
59 056 +      8,3
Importe insgesamt
davon Niederlande
Frankreich
Dänemark
Österreich
Luxemburg
Italien
Schweiz
Griechenland
Großbritannie
n
Irland
Polen
Belgien
566 930
217 200
113 213
71 790
33 188
33 230
26 614
19 653
5 744
6 852
608 225
228 748
113 678
78 895
37 020
32 602
31 055
22 110
13 651
13 271
+      7,3
+      5,3
+      0,4
+      9,9
+    11,5
-      1,9
+    16,7
+    12,5
+  137,7
+    93,7
6 386
15 015
5 696
9 397
8 582
5 301
+    47,2
-    42,8
-      6,9
64 869
41 115
29 681
33 702
23 958
18 384
58 850 -      9,3
46 728 +    13,7
32 740 +    10,3
30 810 -      8,6
24 416 +      1,9
23 066 +    25,5
DEUTSCHLAND
Privilegierung im Außenbereich auf dem Prüfstand
AGRARPOLITIK
Koalition will anstehende Novelle des Baugesetzbuchs zur Überprüfung nutzen - Räumliche
Fehlentwicklungen in der Tierhaltung korrigieren - Unterschiedliche Auffassung zur
Effektivität der Steuerungsmöglichkeiten der Kommunen - Keine Mehrheit für GrünenAntrag zur Beendigung der Privilegierung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen
BERLIN. Die Konzentration der Tierhaltung in einigen Regionen ruft die Bundespolitik auf
den Plan. Zwar wurde ein Antrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zur
Einschränkung der Privilegierung im Außenbereich für große Tierhaltungsanlagen
vergangene Woche im Bundestag mit großer Mehrheit abgelehnt; Abgeordnete aller
Fraktionen sprachen jedoch von Fehlentwicklungen im Bereich der tierischen Veredlung, die
korrigiert werden müssten. Vertreter von Union und FDP verwiesen auf vorhandene
bauplanungsrechtliche Instrumente, die den Kommunen weitreichende
Steuerungsmöglichkeiten einräumten. Gleichzeitig ließ aber der agrarpolitische Sprecher der
CSU-Landesgruppe, Dr. Max L e h m e r , erkennen, dass bei der anstehenden Novelle des
Baugesetzbuchs auch die Vorschriften für das Bauen im Außenbereich sorgfältig geprüft
würden. Ähnlich äußerte sich der SPD-Abgeordnete Hans-Joachim H a c k e r . Der FDPAgrarier Hans-Michael G o l d m a n n mahnte zur Zurückhaltung. Aus seiner Sicht hat sich
das Baugesetzbuch im Hinblick auf den Außenbereich bewährt. Alexander S ü ß m a i r von
der Linken bezeichnete das Baurecht als ungeeignet, das Problem der „Massentierhaltung“ zu
lösen. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Friedrich O s t e n d o r f f , sprach
angesichts der Ablehnung des von ihm initiierten Gesetzesantrags von einem „schlechten Tag
für alle, die sich gegen die Expansion von Agrarfabriken in ihrer Region einsetzen“.
Gewerbliche Tierhaltung von Privilegierung ausschließen
Der Antrag zielte darauf ab, gewerbliche Tierhaltungsanlagen ohne Flächenbindung von der
baurechtlichen Privilegierung im Außenbereich auszunehmen. Ostendorff nannte dafür im
wesentlichen drei Gründe. Tierhaltungsanlagen ohne eigene Futterfläche und ohne eigene
Fläche für Gülle- und Mistverbringung dürften im Außenbereich nicht genehmigungsfähig
sein, weil „Massentierhaltungen nichts mit Bauernhöfen zu tun haben“. Diese „Riesenställe“
stellten zum andern eine erhebliche Belastung für Tier, Umwelt sowie Natur dar und
zerstörten ganze Landschaften. Schließlich produzierten große Anlagen massive
Ammoniakemissionen, Ausscheidungen wie Bioaerosole und Gerüche und beeinträchtigten
die Lebensqualität der Anwohner. Für nicht ausreichend hält der Grünen-Politiker die
Steuerungsmöglichkeiten der Kommunen. Deren Instrumente seien stumpf, ihre Anwendung
sei aufwendig und kostenintensiv.
Entwicklungsmöglichkeiten erhalten
„Wir wollen die Entwicklungsmöglichkeiten unserer landwirtschaftlichen Betriebe erhalten“,
betonte hingegen CSU-Agrarsprecher Lehmer. Voraussetzung dafür seien „die
entsprechenden Entscheidungsspielräume für wirtschaftliche Betriebsformen“. Lehmer warf
den Bündnisgrünen vor, ihnen gehe es nicht um die Korrektur oder Beseitigung von
Fehlentwicklungen, sondern „um die Verhinderung der weiteren positiven Entwicklung eines
ganzen Wirtschaftsbereichs“. Der CSU-Politiker verwies auf große lokale und regionale
Unterschiede in der Tierhaltung. In weiten Bereichen Deutschlands seien die Strukturen in
Ordnung. Gleichzeitig gebe es jedoch in einigen Regionen Entwicklungen, „bei denen
Stallbauvorhaben an Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz stoßen“. Lehmer: „Darauf
wollen und werden wir reagieren, aber nicht mit pauschalen Verboten.“ Die Koalition werde
im Rahmen der Novelle des Baugesetzbuchs eine sach- und fachgerechte Diskussion über die
zukünftige Steuerung der Betriebsentwicklung im Außenbereich führen. Es mache daher
keinen Sinn, jetzt den Teilbereich der Tierhaltung in größeren Beständen vorab ohne
ausreichende Prüfung zu reglementieren. Behörden und Gemeinden hätten bereits nach
geltendem Recht vielfältige planerische Möglichkeiten, die Genehmigung gewerblicher
Tierhaltungsanlagen sozial- und umweltverträglich zu steuern. Darüber hinaus sei es für die
Akzeptanz aller Tierhaltungsbetriebe wesentlich, so Lehmer, dass über sie ein intensiver
Dialog mit allen Beteiligten und Betroffenen vor Ort stattfinde.
Instrumentarium nutzen
Aus Sicht von Goldmann wäre eine Streichung der Privilegierung im Außenbereich für
gewerbliche Tierhaltungsanlagen kontraproduktiv. Dies hätte seiner Einschätzung nach zur
Folge, „dass diese Betriebe in die Vorranggebiete gehen, die die Kommunen ausweisen
müssen“. Der FDP-Politiker warf den Grünen Populismus vor, weil sie die Haltung in großen
Anlagen mit Tierquälerei gleichsetzten. Regionale Fehlentwicklungen in der Tierhaltung, die
auch Goldmann einräumt, beruhen seiner Einschätzung nach nicht auf unzureichenden
Vorschriften, sondern darauf, dass die Kommunen ihre rechtlichen Möglichkeiten nicht
nutzten. „Wir müssen das endlich anpacken und umsetzen“, betonte der Vorsitzende des
Bundestagsernährungsausschusses und führte das Planungsrecht ebenso an wie das
Immissionsschutzrecht.
Anlagen nicht generell verhindern
Auch nach den Worten des SPD-Abgeordneten Hacker gibt es bereits heute baurechtliche
Möglichkeiten, um die Ansiedlung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen zu steuern. Hierzu
zählten die Ansiedlung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen oder die Ausweisung von
geeigneten Standorten für solche Anlagen im Flächennutzungsplan. Im Kern gehe es nicht
darum, große Stallanlagen generell zu verhindern. Vielmehr seien Standorte „dort zu planen,
wo sie verträglich sind“. Diesem baurechtlichen Ansatz verschließe sich seine Fraktion nicht,
erklärte der SPD-Politiker. Benötigt würden aber „justiziable Regelungen, die nicht zu mehr
Unklarheit führen und es den Kommunen ermöglichen, effektiver zu arbeiten“. Darüber
hinaus bedürften jedoch auch tierschutzrechtliche Regelungen wie das Tierschutzgesetz und
die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung einer Klarstellung. Hacker appellierte an seine
Kollegen, die Diskussionen vor Ort fair zu führen „und den Bürgern nicht mehr zu
versprechen als das, was wir als Lösungsmöglichkeit ansehen“.
Massentierhaltung definieren
Süßmair hielt den Grünen Etikettenschwindel vor, weil ihr Entwurf „nicht das hält, was er
verspricht“. Beispielsweise lasse der Vorschlag eine Definition von „Massentierhaltung“
vermissen. Ohne eine solche Definition könne „Massentierhaltung“ jedoch nicht vor Ort
geregelt oder verboten werden. Dafür geeignet ist dem Augsburger Abgeordneten zufolge
nicht das Baurecht. Heranzuziehen seien vielmehr Vorschriften zu Emissionen und zu
Haltungsformen, außerdem die ökologischen und kulturellen Auswirkungen sowie die
jeweiligen Arbeitsbedingungen. Statt des Baurechts setze die Linke auf Regelungen im
Bereich der Bürgerbeteiligung, des Naturschutzes und vor allem des Immissionsschutzes.
„Industrielle Tierhaltung ist keine Frage des Baugesetzbuchs, sondern Ergebnis eines
marktradikalen Denkens und eines Willens zur Profitmaximierung des Kapitals“, sagte
Süßmair. AgE
DEUTSCHLAND
Etwa jede sechste Legehenne in der Kleingruppenhaltung
Die mittlerweile dominierende Bodenhaltung zählte Anfang Dezember 2010 fast 19 Millionen
Tiere - Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Legehennen in Deutschland im vergangenen Jahr
um 11 Prozent - Haltungsplätze besser belegt - Statistisches Bundesamt rechnet vorerst nicht
mit einem weiteren Aufbau des Bestandes
EIERMARKT
WIESBADEN. Die politisch umstrittene Kleingruppenhaltung für Legehennen spielt in der
deutschen Eierwirtschaft bislang eine nur untergeordnete Rolle. Wie das Statistische
Bundesamt am Dienstag vergangener Woche berichtete, wurden bei der Erhebung am
1. Dezember 2010, bei der sämtliche Betriebe von Unternehmen mit mindestens 3 000
Hennenhaltungsplätze erfasst werden, rund 4,69 Millionen Legehennen in ausgestalteten
Käfigen gezählt. Bezogen auf den Gesamtbestand entfiel danach etwa jede sechste Legehenne
auf diese Haltungsform; der Anteil an den Haltungsplätzen betrug 18,2 %. Die klassische
Käfighaltung ist in Deutschland bekanntlich bereits seit zwei Jahren verboten. Den
Legehennenhaltern war allerdings unter bestimmten Bedingungen für die Umstellung ihrer
Betriebe noch eine Übergangsfrist bis Ende 2009 gewährt worden. Die Wiesbadener
Statistiker zählten Anfang Dezember vergangenen Jahres in Deutschland 155
Legehennenbetriebe mit Kleingruppenkäfighaltung, die es zusammen auf 6,68 Millionen
Hennenplätze brachten. Ihre Kapazitätsauslastung lag bei durchschnittlich 70 %. Die Branche
insgesamt steht da deutlich besser da, denn sie nutzte ihre Kapazitäten zum Erhebungstermin
zu gut 81 %. Bundesweit wurden zuletzt 36,70 Millionen Hennenplätze erfasst, was zwar
640 000 oder 1,7 % weniger als Anfang Dezember 2009 waren gleichzeitig wurde der
Bestand an Legehennen aber um 3,01 Millionen Tiere beziehungsweise 11,2 % auf
29,86 Millionen Stück aufgestockt. Das Bestandsniveau liegt damit allerdings noch um
2,6 Millionen Tiere unter dem Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2007. Die als Frühindikator
geltende monatliche Brütereistatistik deutet laut Bundesamt darauf hin, dass das zurzeit
erreichte Niveau gehalten werden dürfte. Kurzfristig seien keine weiteren Steigerungen zu
erwarten.
Seit 2007 Umkehrung der Verhältnisse
Die inzwischen klar dominierende Haltungsform für Legehennen in Deutschland ist die
Bodenhaltung. Sie zählte Anfang Dezember 2010 insgesamt 23,03 Millionen Hennenplätze,
was im Vergleich zum Vorjahr einer Zunahme um 6,4 Millionen oder 38,5 % entsprach. Ihr
Anteil an allen Haltungsplätzen belief sich auf fast 63 %. Damit hat sich das Verhältnis zur
Käfighaltung binnen drei Jahren aufgrund der politischen Vorgaben umgedreht, denn im Jahr
2007, als die klassische Käfighaltung noch gut zwei Drittel aller Haltungsplätze stellte, hatte
es die Bodenhaltung lediglich auf einen Anteil von 17 % gebracht. Die Zahl der Legehennen
in der Bodenhaltung erhöhte sich während der zwölf Monate bis zum 1. Dezember 2010 um
5,64 Millionen Stück beziehungsweise 42,3 % auf 18,96 Millionen Tiere. Demnach entfielen
zuletzt knapp zwei von drei Legehennen auf diese Haltungsform. Zugelegt hat im
vergangenen Jahr auch die Freilandhaltung: Die Zahl der Hennenplätze erhöhte sich hier von
Dezember 2009 bis Dezember 2010 um 10,0 % auf 4,73 Millionen, der in diesem Segment
gehaltene Legehennenbestand um 10,5 % auf 4,27 Millionen Stück. Mit 90 % wies diese
Haltungsform am Berichtstag die höchste Kapazitätsauslastung auf. An Boden verloren hat
zuletzt in Deutschland die ökologische Eierproduktion. Die Zahl der ökologisch gehaltenen
Legehennen verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr um 7,4 % auf weniger als
1,94 Millionen Stück. Die betreffenden Hennenplätze nahmen allerdings nur um 3,7 % auf
2,26 Millionen ab, so dass sich die Kapazitätsauslastung in den Öko-Legehennenbetrieben auf
86 % verschlechterte.
Weniger als acht Milliarden Eier
Obwohl sich die Zahl der in Deutschland gehaltenen Legehennen deutlich erhöht hat, ist die
Konsumeiererzeugung im vergangenen Jahr klar unter dem Niveau von 2009 geblieben. Laut
Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden von Januar bis November 2010 insgesamt
8,6 % weniger Konsumeier in Deutschland erzeugt als in der entsprechenden
Vorjahresperiode. Die gegenläufige Entwicklung zum Bestand erklärt sich aus dem starken
Rückgang der deutschen Eierproduktion in den ersten Monaten von 2010, der nicht mehr
ausgeglichen werden konnte. Im ersten Halbjahr hatte das Produktionsminus zur
vergleichbaren Vorjahreszeit 17 % betragen. Ausgehend von den bisherigen Produktionsdaten
dürfte die heimische Konsumeiererzeugung 2010 unter der Marke von 8 Milliarden Stück
bleiben. Im Jahr davor war das Aufkommen der amtlichen Statistik zufolge bereits um 11,1 %
auf 8,55 Milliarden Konsumeier und der Selbstversorgungsgrad auf den Tiefstand von 58,8 %
gesunken. Im Jahr 2008 hatte sich die Konsumeiererzeugung in Deutschland noch auf
9,62 Milliarden Stück belaufen.
Ein Drittel der Legehennen in Niedersachsen
Das Gros der Eierproduktion in Deutschland stammt von Betrieben mit
30 000 Haltungsplätzen und mehr. Auf die hier Anfang Dezember 2010 erfassten
277 Betriebe entfielen zusammen rund 27,26 Millionen Haltungsplätze und fast
21,74 Millionen Legehennen, womit sich die Anteile an der jeweiligen Gesamtzahl auf 74 %
beziehungsweise 73 % beliefen. Die 862 Halter mit 3 000 bis weniger als
30 000 Haltungsplätze brachten es insgesamt auf etwa 9,45 Millionen Plätze und
8,12 Millionen Legehennen. Ungeachtet der Umstellungen bei den Haltungsformen liegt der
Schwerpunkt der deutschen Eierproduktion nach wie vor in Niedersachsen. Den Wiesbadener
Statistikern zufolge wurden dort Anfang Dezember vorigen Jahres 357 Betriebe mit insgesamt
12,69 Millionen Haltungsplätzen und 9,78 Millionen Legehennen erfasst; dies entsprach
einem Anteil von jeweils rund einem Drittel. Mehr als drei Viertel der im Rahmen der
Erhebung in Niedersachsen gezählten Haltungsplätze und 73 % der Legehennen entfielen
dabei auf Betriebe mit 30 000 Haltungsplätzen und mehr. Die Käfighaltung hatte dort zum
Zeitpunkt der Erhebung einen überdurchschnittlichen Anteil an den Haltungsplätzen von
29 %; ihr Anteil am Legehennenbestand betrug aber nur 21 %. Die Bodenhaltung kam in
Niedersachsen auf Anteile von 51 % sowie 57 %. Außerhalb Niedersachsens befinden sich
die meisten Legehennen in Nordrhein-Westfalen und Bayern. In Nordrhein-Westfalen wurden
zuletzt 204 Betriebe mit 3,90 Millionen Haltungsplätzen und 3,50 Millionen Legehennen
erfasst, in Bayern 128 Betriebe mit 3,59 Millionen Haltungsplätzen und 3,19 Millionen
Legehennen. In Bayern hielten die 17 Eierproduzenten mit mindestens 30 000 Tieren rund
zwei Drittel aller Legehennen dort; in Nordrhein-Westfalen brachten es die 29 größeren
Betriebe auf fast drei Viertel des gesamten Legehennenbestandes in diesem Bundesland. AgE
Betriebe mit Hennenhaltungsplätzen1) nach Haltungsformen
(1. Dezember 2005 bis 2010)
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2010:09
in v.H.
1 246
850
509
306
-
1 253
770
553
349
-
1 233
712
569
255
110
1 189
587
604
248
119
1 111
275
705
258
148
1 139
155
782
277
148
+    2,5
-  43,6
+  10,9
+    7,4
±    0,0
Betriebe
Insgesamt
davon Käfighaltung2)
Bodenhaltung
Freilandhaltung3)
Ökologische
Erzeugung4)
Haltungsplätze
Insgesamt
davon Käfighaltung
Bodenhaltung
Freilandhaltung
Ökologische
Erzeugung2)
39 408 217 39 619 902 39 994 455 39 929 992 37 344 316 36 704 085 -    1,7
28 827 594 27 914 014 27 036 944 24 777 300 14 069 387 6 681 875 -  52,5
5 564 540 6 008 077 6 800 636 8 659 350 16 629 469 23 032 507 +  38,5
5 016 083 5 697 811 4 375 596 4 451 573 4 297 494 4 729 275 +  10,0
1 781 279 2 041 769 2 347 966 2 260 428 -    3,7
Legehennenbestand
Insgesamt
davon Käfighaltung
32 256 838 32 527 963 32 697 002 31 705 900 26 846 197 29 860 837 +  11,2
21 275 081 22 048 615 21 924 619 18 868 534 7 572 165 4 694 983 -  38,0
Bodenhaltung5)
Freilandhaltung5)
Ökologische
Erzeugung4)
-
-
5 710 783
3 478 221
1 583 379
7 186 699 13 323 768 18 964 189 +  42,3
3 916 835 3 858 729 4 265 621 +  10,5
1 733 832 2 091 535 1 936 044 -    7,4
1) In Betrieben von Unternehmen mit 3 000 und mehr Haltungsplätzen; 2) ab 2010 nur noch Betriebe mit
Kleingruppenhaltung und Haltung in ausgestalteten Käfigen; 3) ab 2007 ohne Betriebe mit ökologischer
Erzeugung; 4) erstmalig im Jahr 2007 erfasst, die Betriebe ordneten sich bis 2006 in der Regel der
Haltungsform der Freilandhaltung zu; 5) Bestand erstmals im Jahr 2007 erfasst
Zahlen zur deutschen Eierwirtschaft1)
(2000 bis 2010)
Einheit
Betriebe2)
Anzahl
Hennenhaltungsplätze in 1 000
2000
2002
2005
2007
2008
2009
2010
1 334
41 148
1 268
40 250
1 246
39 408
1 233
39 994
1 189
39 930
1 111
37 344
1 139
36 704
35 312
10 191
33 756
9 937
32 265
9 262
32 697
9 578
31 706
9 617
26 846
8 554
29 861
289,4
288,0
289,1
296,0
298,7
293,1
0,79
0,79
0,79
0,81
0,82
0,80
3)
Legehennenbestand3) in 1 000 Stück
Erzeugte Eier4)
Millionen
Stück
Eier je Henne und Jahr Stück
-
Eier je Henne und Tag Stück
1) Die Daten beziehen sich auf die Betriebe von Unternehmen mit 3 000 und mehr Haltungsplätzen; 2)
Aufgrund einer Revision des Berichtskreises ist ein Vergleich mit den Vorjahresergebnissen ab 2007 nur
eingeschränkt möglich; 3) jeweils zum 1. Dezember; 4) einschließlich Bruch-, Knick- und Junghenneneier
DEUTSCHLAND
Aeikens will Anwohner besser vor Geruchsbelästigungen schützen
Bei Genehmigungsverfahren von Tierhaltungsanlagen soll neben dem Schutz- auch der
Vorsorgeaspekt einbezogen werden - Außerdem fehlen bei größeren Anlagen
Abstandsregelungen zur Wohnungsbebauung - Eventuell Abgasreinigung zur Pflicht machen
- Sachsen-Anhalt mit den Plänen bundesweit Vorreiter - „Forum Nutztierhaltung“ ins Leben
gerufen
MAGDEBURG. Um Anwohner in der Nähe von Tierhaltungsanlagen in Sachsen-Anhalt
besser vor Geruchsbelästigungen zu schützen, soll künftig bei Genehmigungsverfahren für die
Prognose der Geruchsbelästigung nicht nur der Schutzaspekt, sondern auch der
Vorsorgeaspekt in den Fokus gerückt werden. Das hat Landwirtschaftsminister Dr. Hermann
Onko A e i k e n s bei der Auftaktveranstaltung des „Forums Nutztierhaltung“ angekündigt.
Daraus ergebe sich eine deutlich schärfere Anforderung an die Geruchsminderung größerer
Anlagen. Ein Mangel der Rechtsvorgaben sei außerdem, dass bei größeren Ställen mit mehr
als 700 Großvieheinheiten keine Abstandsregelungen zur Wohnbebauung vorgesehen seien.
„Gelingt es nicht anders, Geruchsbelästigungen zu minimieren, soll in diesen Fällen die
Abgasreinigung Pflicht sein“, betonte der Minister. Mit diesem konsequenten Vorgehen sei
Sachsen-Anhalt bundesweiter Vorreiter. Auch Altanlagen sollten unter Berücksichtigung von
Übergangsfristen an die heutigen Normen herangeführt werden, kündigte Aeikens an. Er
räumte zugleich ein, dass sich der Geruch in der Nähe von Tierställen nie völlig ausschalten
lasse. Es müsse aber gelingen, ihn durch konsequentes Einhalten der gesetzlichen Vorgaben
minimal zu halten.
Vorbehalte nicht ignorieren
UMWELTSCHUTZ
Tierhaltungsanlagen stießen nämlich gerade wegen des Geruchs auf den Widerstand der
Bevölkerung, führte Aeikens weiter aus. Solche Vorbehalte dürfe man nicht einfach
ignorieren. Es gehe einerseits um die Menschen, die dort wohnten, andererseits jedoch ebenso
um Akzeptanz für die Tierhaltung. Die Diskussion um die konventionelle Nutztierhaltung
habe in Deutschland vor allem in der Schweine- und Geflügelhaltung eine neue Qualität
erreicht. Dabei entstehe der Eindruck, hier stünden zwei Fronten „argumentativ eingemauert
gegenüber“. Diese Grenze wolle man mit dem Forum aufbrechen. Es werde darüber
gesprochen, wo die Konfliktlinien verliefen und ob und wie diese Gegensätze aufgelöst
werden könnten. Das gehe nur mit einer breiten Beteiligung. Daher habe er
Wirtschaftsakteure, Verbände, Wissenschaftler, Tierschutz- und Naturschutzverbände sowie
Kirchenvertreter eingeladen, erläuterte der Minister. Bei diesem Dialog dürfe man nicht das
agrarpolitische Ziel einer dem ländlichen Raum entsprechenden Entwicklung der
Nutztierhaltung aus den Augen verlieren. Die Landesregierung sehe sich weiterhin
verpflichtet, Arbeitsplätze in der Agrarwirtschaft zu erhalten und zu schaffen. Bei dieser
Entwicklung nähmen Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz einen hohen Stellenwert ein, so
Aeikens. AgE
EU/DEUTSCHLAND
Situation der Käfighaltung von Legehennen unübersichtlich
Wahrscheinlich auch nach dem Jahreswechsel 2011/12 noch Eier aus Batterien auf dem EUMarkt - Stand der Umsetzung des Verbots unklar - Dalli fordert Mitgliedstaaten zur
Einreichung von Daten bis spätestens April auf - Fazekas: Frage nach
Handlungsmöglichkeiten verfrüht - Schätzungen: Mindestens sechs Mitgliedstaaten bauen
noch überwiegend auf herkömmliche Käfige - Forderung nach Übergangsfristen abgelehnt Aigner und Spelman pochen auf fristgerechte Umsetzung - COPA/COGECA verlangen
gleiche Standards für Eier aus Drittländern
BRÜSSEL. Die Hinweise verdichten sich, dass auch nach dem 1. Januar 2012 noch Eier aus
Batteriehaltung auf den EU-Binnenmarkt gelangen dürften. Bekanntlich gilt ab diesem Datum
ein EU-weites Verbot für Legebatterien. Unbekannt ist allerdings nach wie vor die
Größenordnung dieser nach derzeitiger Rechtslage nicht vermarktungsfähigen Eiermengen.
Wie EU-Gesundheitskommissar John D a l l i am Montag vergangener Woche gegenüber
den Landwirtschaftsministern unterstrich, lässt die Datenlage zur Käfighaltung von
Legehennen in Europa mehr als zu wünschen übrig. Dalli rief die Mitgliedstaaten auf,
umgehend Abhilfe zu schaffen und seinen Dienststellen bis spätestens 1. April umfassende
Statistiken und Aktionspläne zu übermitteln. Er bezeichnete es als inakzeptabel, dass auch
zwölf Jahre nach dem Beschluss, die herkömmlichen Legebatterien zugunsten von
ausgestalteten Käfigen abzuschaffen, noch immer Unklarheit über den Stand der Umsetzung
bestehe. Der ungarische Landwirtschaftsminister Dr. Sándor F a z e k a s bezeichnete es
gegenüber Journalisten als verfrüht, bereits jetzt zu fragen, was mit Eiern aus Batteriehaltung
nach dem Jahreswechsel geschehen solle. Bevor eine Entscheidung getroffen werde, müsse
man sich einen Überblick über die tatsächliche Lage verschaffen. Die Beschränkung der
Vermarktung sei eine Option - dann würden aber auch die Importe aus Drittländern steigen.
Bild noch wenig realistisch
Während herkömmliche Käfige in Deutschland, Luxemburg, Österreich und Schweden bereits
verboten sind, hinken mehrere Mitgliedstaaten hinterher. In der Kommission geht man nach
eigenen Schätzungen bislang davon aus, dass 2010 in mindestens sechs Mitgliedstaaten nämlich in Bulgarien, Griechenland, Irland, Polen, der Slowakei und Tschechien - noch mehr
als die Hälfte der Hennen in Legebatterien gehalten wurden. Zypern und Ungarn bewegten
EIER
sich knapp unter diesem Wert. Diese Länder vereinen rund 18 % der EU-Eierproduktion auf
sich, die für das vergangene Jahr auf 7,28 Mio t veranschlagt wird. Allerdings wurde
unterstrichen, dass die Zahlen nicht dem aktuellen Stand entsprechen müssen. „Wir haben
kein realistisches Bild vom Stand der Umsetzung“, betonte Dalli gegenüber den Ministern.
Deutschland gehört zu einer Reihe von Staaten, die für 2010 bis Mitte Februar noch überhaupt
keine Daten nach Brüssel geschickt hatten. Allerdings wurden die Zahlen mittlerweile vom
Statistischen Bundesamt veröffentlicht (vgl. MARKT+MEINUNG 1 i.d.Ausg.). Dalli drohte
nicht unmittelbar mit Sanktionen, sollte die Frist zur Umsetzung der Richtlinie verpasst
werden. Allerdings erinnerte er daran, dass die Mitgliedstaaten für die ordnungsgemäße
Umsetzung verantwortlich seien. Indirekt winkte er so mit der Möglichkeit von
Vertragsverletzungsverfahren.
Übergangsmaßnahmen gefordert
Polen drängte gemeinsam mit Rumänien und Bulgarien auf die Möglichkeit einer
verlängerten Nutzung von Batteriekäfigen und Übergangsmaßnahmen für solche Betriebe, die
eine Umstellung voraussichtlich nicht schafften, jedoch bereits Investitionen in die neuen
Käfige getätigt hätten. Der Warschauer Landwirtschaftsminister Marek S a w i c k i führte
dabei unter anderem ins Feld, dass die neuen Mitgliedstaaten weniger Zeit als die EU-15
gehabt hätten, um sich auf die Umstellung vorzubereiten. Aus polnischen Delegationskreisen
wurde gegenüber Journalisten angemerkt, dass viele Hennenhalter nach dem EU-Beitritt alte
Käfige aus Westeuropa übernommen hätten und diese teilweise immer noch abzahlten. Die
Argumente verfingen jedoch bei der Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht. Sogar Länder wie
Tschechien und Frankreich, die laut Berichten des Europäischen Lebensmittel- und
Veterinäramtes (FVO) selbst Probleme bei der Umsetzung haben, stellten sich gegen
Übergangszeiträume. Paris pochte darüber hinaus auf schärfere Kontrollen von Eiern aus
Drittländern.
Keine Rolle rückwärts
Bundeslandwirtschaftministerin Ilse A i g n e r verlangte von allen Mitgliedstaaten einen
fristgerechten Ausstieg aus der konventionellen Legehennenhaltung bis Ende 2011.
Deutschland habe die herkömmliche Batterie-Käfighaltung bereits zwei Jahre früher
abgeschafft, als es nach EU-Recht erforderlich gewesen sei. Die anderen Mitgliedstaaten
müssten jetzt folgen, und zwar ausnahmslos. Alles andere sei eine Rolle rückwärts im
europäischen Tierschutz. Außerdem würden jene Betriebe wirtschaftlich benachteiligt, die
wie vereinbart die herkömmliche Käfighaltung abgeschafft hätten. „Das Verbot, Legehennen
in konventionellen Käfigen zu halten, ist ein großer Fortschritt für den Tierschutz“, betonte
die Ministerin. Daneben pocht Aigner auf klare Kriterien für ein europäisches Tierschutzlabel.
Wer als Verbraucher auf besonders tiergerechte Haltungsformen Wert lege und zudem bereit
sei, dafür mehr Geld zu zahlen, müsse auch erkennen können, welche Hersteller diese
deutlich höheren Standards erfüllten. Die Kriterien für eine europaweite Kennzeichnung
müssten nicht nur deutlich strenger ausfallen als bereits geltende gesetzliche Vorgaben,
sondern für die Kunden auch nachvollziehbar sein. Als Vorbild sieht Aigner „das bewährte
Bio-Siegel“.
Unterstützung aus London
Auch die britische Landwirtschaftsministerin Catherine S p e l m a n forderte die strikte
Einhaltung der Frist und ein Vermarktungsverbot für nicht-konforme Eier ab 2012. Eine
Verzögerung wäre zahlreichen Betrieben in Großbritannien und anderswo in Europa
gegenüber äußerst ungerecht, so Spelman. Der britische Eiersektor habe bedeutende
Investitionen unternommen, um die Umstellung weg von Batteriekäfigen vor dem
Jahreswechsel vorzunehmen. Sie sollten deshalb nicht mit Eiern aus anderen EU-Ländern, die
noch nicht soweit seien, konkurrieren müssen.
Einfuhren kontrollieren
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften
(COGECA) warnten anlässlich eines Treffens mit der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft
vor einem erhöhten Risiko verstärkter Importe von nicht regelkonform produzierten Eiern aus
Drittländern. „Die Handelspolitik der EU muss sicherstellen, dass dieselben
Haltungsvorschriften auch für Einfuhren gelten“, betonte COPA-/COGECA-Generalsekretär
Pekka P e s o n e n . Ein Teil der europäischen Erzeuger habe grundsätzliche Schwierigkeiten
mit der Einhaltung der Normen. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten mehr Geld für
Investitionen in den Tierschutz zur Verfügung stellen. Viele kleine Betriebe müssten aufgrund
der EU-Richtlinie aufgeben. Ferner rief Pesonen zur Verlängerung der EU-Absatzförderung
von Eiern auf. AgE
Schätzungen zur Haltung von Legehennen in
der EU1)
(31. Dezember 2010; in Millionen Tieren)
Gesamtzahl Anteil in
Anteil in
der Lege- ausgestalte herkömmlic
hennen ten Käfigen hen Käfigen
in v.H.
in v.H.
Belgien
Bulgarien
Dänemark
Deutschland2)
Estland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Großbritannie
n
Irland
3,2
3,3
0,6
4,1
5,3
38,8
18
34
61
61
2
21
56
24
35
15
87
28
2,2
4
52
Italien
-
-
-
Lettland
2,2
79
12
Litauen
2,6
62
34
Luxemburg3)
0,1
-
-
Malta
-
-
-
Niederlande
33,1
-
-
Österreich2)
5,5
4
-
32,0
24
69
Portugal
-
25
-
Rumänien
7,0
50
32
Schweden2)
5,9
39
-
Slowakei
3,3
26
64
Slowenien
1,3
14
35
Polen
Spanien
44,0
-
-
Tschechien
4,7
18
79
Ungarn
2,8
35
47
Zypern
0,4
35
43
1) Meldungen bis zum 16. Februar 2011
berücksichtigt
- Hinweis der Kommission: "Daten spiegeln
eventuell nicht den tatsächlichen Stand wider"; 2)
Verbot nicht ausgestalter Käfige umgesetzt:
Schweden 1999, Österreich 2009, Deutschland
2010; 3) Komplettes Käfigverbot seit 2007
DEUTSCHLAND
GEFLÜGEL
Putenwirtschaft beklagt anhaltend hohe Futtermittelpreise
BERLIN. Angesichts der stark gestiegenen Futtermittelpreise bangt die deutsche
Putenwirtschaft trotz eines gutes Absatzes und leicht gestiegener Auszahlungspreise derzeit
um ein ausreichendes Betriebseinkommen und fordert höhere Auszahlungspreise. „Die
Landwirte müssen über 30 % mehr für Futtermittel zahlen als im Januar 2010. Diese
unvorhersehbar hohe Preissteigerung stellt eine große Belastung für die landwirtschaftlichen
Familienbetriebe dar“, betonte Thomas S t o r c k , Vizepräsident des Zentralverbandes der
Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) und Vorsitzender des dem ZDG angeschlossenen
Verbandes Deutscher Putenerzeuger. Die weltweite Verteuerung des Getreides lasse die
Futtermittelpreise in die Höhe schnellen. Die Erlöse für die Betriebe seien dadurch insgesamt
auf ein historisches Tief gesunken. Die Futtermittelkosten machten allein 60 % der
Betriebskosten in der Putenerzeugung aus. Beim derzeitigen Preisgefüge sei eine
kostendeckende Erzeugung daher nicht mehr möglich, erklärte Storck. Die Putenhalter
könnten diese „dramatische wirtschaftliche Belastung“ nicht lange aushalten und bräuchten
schnell deutlich höhere Auszahlungspreise. Man sei sich bei dieser Forderung bewusst, dass
sich deren Umsetzung auf die gesamte Preiskalkulation auswirken werde. Seit der
Neuorganisation im Juni 2010 repräsentiert der Verband Deutscher Putenerzeuger als
berufsständische Vertretung laut ZDG alleinig die Interessen der Putenhalter und verfolgt das
Ziel unter Berücksichtigung von hohen Tier-, Verbraucher und Umweltstandards die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Putenwirtschaft zu erhalten und zu stabilisieren. Oberste
Prämisse dabei ist die Gewährleistung optimaler Produktsicherheit und Qualität von
Putenfleischprodukten. AgE
DEUTSCHLAND
VERSICHERUNGEN
Versicherung gegen Dioxin und Co. für 35 Cent pro Schweinemastplatz
WIESBADEN. In Reaktion auf den Dioxinskandal bietet die Vereinigte Tierversicherung
(VTV) der R+V landwirtschaftlichen Zucht- und Mastbetrieben ab 1. März 2011 eine
Ergänzung für die Ertragsschadenversicherung an: Damit sind laut Angaben der R+V, die von
der ersten Versicherung dieser Art spricht, auch Schäden gedeckt, die aufgrund von
Verunreinigung durch Dioxin entstanden sind, ebenso durch weitere Schadstoffe wie
krebsauslösende, chemische Chlorverbindungen (PCB), die als Mykotoxine bekannten
Schimmelpilzgifte sowie Metalle wie Blei oder Cadmium. Der neue Baustein „Beanstandung
bei amtlicher Untersuchung auf Kontamination durch Schadstoffe“ kostet pro Jahr
beispielsweise 5 Cent je Legehenne und 35 Cent pro Schweinemastplatz. Er muss bei Neuund Bestandskunden ausdrücklich in die Police eingeschlossen werden. Wie die R+V weiter
erläuterte, tritt die Ertragsschadenversicherung schon dann ein, wenn die Veterinärbehörde
den Zucht- oder Mastbetrieb vorsorglich gesperrt hat. Der aktuelle Dioxinskandal bei
Futtermitteln habe gezeigt, dass die Haftpflichtversicherungen der Futtermittelhersteller nur
bei einem reellen Sachschaden haften müssten, also erst dann, wenn die Tiere durch die
Futteraufnahme so stark belastet seien, dass Grenzwerte überschritten würden und sie zur
Nahrungsmittelherstellung nicht mehr geeignet seien. Bei der so genannten Verdachtssperre,
die Anfang 2011 vorsorglich gegen fast 5 000 Betriebe verhängt wurde, greife die Haftpflicht
nicht. Ebenso wenig zahle die Tierseuchenkasse, wenn aufgrund einer Dioxinverseuchung der
Tierbestand getötet werden müsse. Die R+V/VTV-Ertragsschadenversicherung kommt laut
Unternehmensangaben für den betriebswirtschaftlichen Verlust auf, wenn der Landwirt seinen
Betrieb aufgrund von anzeigepflichtigen Tierseuchen, Unfällen oder übertragbaren
Tierkrankheiten schließen muss. Dies gilt auch für eine vorübergehende Sperrung sowie für
Transport- oder Lieferverbote. AgE
DEUTSCHLAND
ORGANISATIONEN
ISN-Führung entgeht Debakel bei Vorstandswahlen
Birgit Scharlau setzt sich gegen August Rietfort durch - Die Schweinemästerin aus dem
Münsterland hat langjährige Erfahrung in der ISN - Aber Christian Haskamp von der
Initiative Pro ISN behält gegen Gerhard Harms die Oberhand - Dierkes verteidigt geplante
Branchenkommunikation - Käfigeier als warnendes Beispiel
OSNABRÜCK. Die erste Frau im Vorstand der Interessengemeinschaft der Schweinehalter
Deutschlands (ISN) hat im innerverbandlichen Richtungsstreit ein Debakel für die Führung
um den Vorsitzenden Heinrich D i e r k e s und Geschäftsführer Dr. Torsten S t a a c k
verhindert: Bei der Vorstandswahl im Rahmen der ISN-Mitgliederversammlung am Dienstag
vergangener Woche in Osnabrück setzte sich Birgit S c h a r l a u aus dem nordrheinwestfälischen Havixbeck als Kandidatin der ISN-Führung knapp gegen August R i e t f o r t
durch. Sie behielt mit 210 zu 200 Stimmen für einen der beiden im sechsköpfigen Vorstand
zur Wahl stehenden Posten knapp die Oberhand. Rietfort saß seit 2003 im ISN-Vorstand und
hatte sich auf die Seite der „Initiative Pro ISN“ geschlagen, die sich für einen
Richtungswechsel der ISN und gegen die von Dierkes angestrebte „Branchenkommunikation
Fleisch“ stark gemacht hatte, für die ein Betrag von 20 Cent pro Schlachtschwein im
Gespräch ist. Für den zweiten Vorstandsposten wurde indes der Kandidat der Initiative Pro
ISN, Christian H a s k a m p aus Steinfeld im Landkreis Vechta, mit 213 Stimmen gewählt,
gegenüber 187 Stimmen für Gerhard H a r m s . Aus Altersgründen hatte Franz S c h u l z e
T e n k h o f f seinen Vorstandsposten zur Verfügung gestellt. Klarer war der Ausgang der
Beiratswahlen, bei denen sich neun der zwölf von der ISN-Führung unterstützten Kandidaten
durchsetzten. Die Initiative Pro ISN hatte angekündigt, sich nach der Osnabrücker
Mitgliederversammlung wieder auflösen zu wollen. Vor der Wahl hatte Dierkes vor einem
Zerfall der ISN gewarnt, sollten die falschen Entscheidungen getroffen werden.
Integrationsfigur
Angesichts der Unruhe an der ISN-Basis vor der Mitgliederversammlung sieht die neu in den
Vorstand gewählte Birgit Scharlau ihre Aufgabe nicht zuletzt auch darin, Ruhe und Ausgleich
in den Verband zu bringen. Wie sie am vergangenen Donnerstag gegenüber dem Presse- und
Informationsdienst AGRA-EUROPE erklärte, soll der Aufruhr nun intern verarbeitet werden.
„Ich traue mir zu, dass ich eine Integrationsfunktion haben kann“, sagte die Schweinemästerin
aus dem Münsterland, die auf einem 80-Hektar-Betrieb rund 1 000 Mastplätze hat. Scharlau
ist bei der ISN kein unbeschriebenes Blatt. Schließlich kennt sie die Organisation schon aus
deren Anfangsjahren und war nach ihrem agrarwissenschaftlichen Studium von 1999 bis 2002
dreieinhalb Jahre in der ISN-Geschäftsstelle tätig, wo sie unter anderem für
Öffentlichkeitsarbeit zuständig war. Dann kehrte sie auf den elterlichen Betrieb in Havixbeck
zurück, den sie 2001 voll übernommen hatte.
Kritiker einbinden
Dass nun erstmals eine Frau im ISN-Vorstand sitzt, ist für die Schweinemästerin nichts
Ungewöhnliches. Schließlich seien Frauen in der Branche keine Besonderheit mehr. Zur
inhaltlichen ISN-Ausrichtung betonte sie, Marktfragen seien der zentrale Aufgabenbereich.
Man bewege sich in oligopolisierenden Abnehmermärkten. Gleichzeitig sei die
Schlachtindustrie weiter auf Wachstumskurs. „Über Deutschlands Grenzen hinweg ist der
Bedarf vorhanden, und den wollen wir bedienen. Wir haben eine tolle Infrastruktur und eine
gute Logistik“, unterstrich Scharlau, die angesichts der Exportausrichtung der deutschen
Fleischbranche das ISN-Netzwerk ausgebaut sehen möchte. Mit eingebunden wissen will sie
bei diesen und anderen Initiativen auch Haskamp, der auf der Liste der Initiative Pro ISN in
den Vorstand kam. „Differenzen sind dazu da, Chancen für neue Wege zu öffnen“, sagte
Scharlau.
Kurs für mehr Öffentlichkeitsarbeit
Mit dem insgesamt unterstützenden Votum der Mitgliederversammlung haben Dierkes und
Staack freie Bahn für ihren Kurs der stärkeren Öffnung gegenüber anderen Verbänden und
gesellschaftlichen Strömungen. Der ISN-Vorsitzende hatte in Osnabrück noch einmal die
„Branchenkommunikation Fleisch“ verteidigt und dabei Leitplanken wie „sehr schlanke
Strukturen“ und befristete Laufzeiten von Projekten gesetzt. Die Gelder sollen der
Imagewerbung für Schweinefleisch vorbehalten sein. Laut Dierkes sollen Agenturen viel
Arbeit verrichten, die Geschäftsstelle soll hingegen klein sein. Beteiligt werden soll der
Verein „Wir erzeugen Fleisch“, wo die ISN ebenso wie der Deutsche Bauernverband (DBV)
und der Verband der Fleischwirtschaft (VdF) im vergangenen Jahr zu den
Gründungsmitgliedern gehörten. Dierkes gab das Ziel aus, auch EU-Mittel einzuwerben.
Zudem sollen alle beteiligten Verbände gleichberechtigt Mitspracherecht haben. Andererseits
warnte er: „Wenn wir nicht bereit sind, dem Verbraucher das zu zeigen, was wir tun und ihm
zu sagen, warum wir das tun, werden wir den Weg der Käfigeier gehen, nämlich weg vom
Fenster. Deshalb sagt die ISN ganz deutlich ‚Ja’ zur Branchenkommunikation.“
Forderungen an neue Masken
Der Markt soll auch weiterhin inhaltlicher Schwerpunkt der ISN-Arbeit sein. Kritik übte
Dierkes an Maskenänderungen durch die Schlachthöfe Ende vergangenen Jahres. Vor allem
die kurzfristige Umstellung habe eher nach einem Ausnützen einer günstigen Marktposition
als nach neuen Anforderungen durch den Markt ausgesehen, so Dierkes mit Blick auf die
Umstellung der Klassifizierung einiger Schlachthöfe auf AutoFOM und die anschließende
Änderung fast aller Masken für FOM und AutoFOM. Deutlich habe man dies gerügt. „Ob
dies gefruchtet hat, werden wir in den nächsten Wochen sehen“, sagte der ISN-Vorsitzende.
Mit der Änderung der Formeln für die Klassifizierungsgeräte in diesem Sommer werde man
neue Masken bekommen. „Wir haben unsere Forderungen genannt“, unterstrich Dierkes. Zum
Thema „Kopfabzug“ wurde auf der Versammlung das Stimmungsbild der Mitglieder
eingefangen. Die eindeutige Ablehnung der „Kopfabzüge“ von Seiten der Schweinehalter
unterstreicht laut Verbandsangaben die Stoßrichtung, die die ISN seit Beginn der Diskussion
vertritt.
Erste-Hilfe-Koffer angekündigt
Einige Kritikpunkte der Initiative Pro ISN nahm Dierkes auf. Im letzten Jahr sei aufgrund der
Personalwechsel und der Kursabstimmung sicherlich die Mitgliederinformation etwas zu kurz
gekommen. Geschäftsführer Staack kündigte in seiner Rede an, hier in naher Zukunft
verstärkt Flagge zu zeigen und beispielsweise Klönabende zu veranstalten. Zudem kündigte er
Unterstützung bei Bauvorhaben an. Das soll über einen „Erste-Hilfe-Koffer“ im Sinne einer
Erstberatung für den Umgang mit öffentlicher Kritik geschehen. Umgekehrt sehe man sich
aber auch verstärkt in der Rolle, Informationen über die Landwirtschaft, speziell die
Schweinehaltung, aktiv an die Öffentlichkeit bringen zu müssen. Dies sei beim Dioxinskandal
sehr deutlich geworden. Schnell stehe man sonst mit dem Rücken zur Wand und werde
medial vom Opfer zum Täter gemacht, so Staack. Massentierhaltung contra Bio: Die
Systemfrage werde gestellt und das wiederum schlage im Handumdrehen nicht nur auf das
Marktgeschehen, sondern auch auf politischer Ebene aus. Die Glaubwürdigkeit, die der
Landwirt bei den Verbrauchern genieße, müsse dazu genutzt werden, um letztendlich ein
weiteres Ziel der ISN-Arbeit zu erreichen, nämlich mehr Wertschätzung und damit auch
Wertschöpfung für die Schweinehalter zu erzielen. AgE
DEUTSCHLAND
FLEISCH
Westfleisch erwartet „Aktion Tierwohl“ ab Frühsommer im Handel
MÜNSTER. Mit Produkten der Westfleisch, die das Label „Aktion Tierwohl“ tragen, ist ab
Ende des ersten Halbjahres 2011 im Einzelhandel zu rechnen. Wie Deutschlands größter
genossenschaftlicher Fleischkonzern vergangene Woche in einer Presseinformation erklärte,
laufen erste Listungsgespräche erfolgreich und zielen auf den Frühsommer 2011. Kooperative
Werbemaßnahmen begleiteten die Markteinführung. Vertriebsleiter Hubert K e l l i g e r
zeigte sich überzeugt, dass das Angebot zur rechten Zeit kommt und den Nerv von
Verbrauchern und Handel trifft. „Geht nicht - gibt’s nicht mehr“, erklärte die Westfleisch zu
der Initiative. An der Aktion Tierwohl nehmen laut Unternehmensangaben zurzeit rund
60 Landwirte teil. Als Bestandteile der Initiative nennt der Konzern den Stopp der
Ferkelkastration, den Westfleisch-Gesundheitsindex, abgeleitet aus Parametern des
landwirtschaftlichen Betriebes und verdichtet auf drei Kriterien sowie als weiteren Bestandteil
das Haltungsprofil. Dieses ist abgeleitet aus 16 Befunden der amtlichen Fleischuntersuchung
und auf sechs Merkmale verdichtet. Zudem gehört eine laut Unternehmensangaben „technisch
optimierte und überwachte Betäubung“ zu der Tierschutzinitiative. Ziel der Westfleisch sind
zunächst 650 000 Schweine nach Tierwohlstandard; Ende vergangenen Jahres erfüllten
bereits 350 000 Schweine den „Animal Welfare“-Standard, das heißt unter anderem Verzicht
auf die Kastration (AGRA-EUROPE 52/12, LÄNDERBERICHTE 12). Geschlachtet werden
die Tiere am Standort Coesfeld. AgE
DEUTSCHLAND
WWF kritisiert EEG-Biogasförderung
Einspeisevergütungen „über das gesunde Maß hinaus“ kritisiert - Volkswirtschaftlicher
Schaden und Probleme in der klassischen Landwirtschaft beklagt - Steigende Pachtpreise und
Privilegierung im Außenbereich ein Dorn im Auge - Nachhaltigkeitskriterien à la Biosprit für
den Maisanbau verlangt
BERLIN. Gegen die aktuellen Einspeisevergütungen für Strom aus Biogas im ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) macht die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF)
Front. In einer am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Studie beziffert der WWF die
von den Verbrauchern über den Strompreis zu zahlende EEG-Förderung je Hektar
Biomasseanbau auf 3 000 Euro und mehr. Dem wird ein durchschnittliches
Direktzahlungsniveau von 339 Euro/ha gegenübergestellt. Bei einer EEG-Vergütung von
21 Cent pro Kilowattstunde für eine 500 kW-Anlage mit einem Maisbedarf von 277 ha
Anbaufläche und einer Betriebszeit von 8 000 Jahresstunden ergibt sich eine Vergütung von
3 032 Euro/ha. De facto werden nach dem 2009 novellierten EEG bei Ausnutzung mehrerer
Boni noch deutlich höhere Vergütungen von bis zu 30 Cent/kWh gezahlt. Außer Acht lässt
der WWF in seinen Berechnungen freilich die Erlöse, die Landwirte mit klassischen
Agrarprodukten auf der Fläche erzielen könnten. Dem WWF ist neben der Vergütungshöhe
im EEG auch das Baurecht ein Dorn im Auge, so die Privilegierung im Außenbereich für
Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung bis 500 kW.
BIOENERGIE
Einsparquoten für Klimagasausstoß gefordert
Sorgen machen den Umweltschützern vor dem Hintergrund steigender Pachtpreise
Verdrängungseffekte zu Lasten der klassischen Landwirtschaft und insgesamt ein Schaden für
die Volkswirtschaft dadurch, dass die Förderung „über das gesunde Maß“ hinausgehe. Auch
mit Blick auf den Klimaschutz ist der WWF skeptisch. Mais als Gärsubstrat in Biogasanlagen
könne eine negative Treibhausgasbilanz haben. Strom aus solchen Anlagen sei nicht besser
als aus Anlagen, die mit fossilen Energien betrieben würden. In Anlehnung an die Regelungen
für Biokraftstoffe fordert der WWF deshalb Nachhaltigkeitskriterien auch für Biogas. Die
Treibhausgasminderung soll mindestens 35 % betragen müssen, ab 2017 wird eine Anhebung
auf 50 % gefordert, die ein Jahr später auf 60 % steigt. In einem weiteren Schritt sollen
Nachhaltigkeitskriterien laut WWF für alle Nutzungsarten der Biomasse gelten.
Schultz: Hoher Beitrag zur CO2-Reduzierung
Scharfe Kritik an der WWF-Studie kam vom Biogasrat. Die unterstellten EEG-Vergütungen
seien nicht mit den Zuschüssen zur landwirtschaftlichen Produktion vergleichbar. Das EEG
vergüte ausschließlich durchschnittliche Mehrkosten der Strom- und Wärmeerzeugung aus
Biogas gegenüber den Marktpreisen für Strom. Der Gewinn sei oft bescheiden und hänge von
der Gesamteffizienz der Anlagen ab, gab der Biogasrat zu bedenken. Auf Unverständnis
stoßen bei dem Verband, in dem unter anderem führende Energieversorger vertreten sind,
Beschwerden über den Biogasboom aus der Veredlungswirtschaft. Für den Biogasrat ist die
Veredlungsbranche der einzige Verursacher des Drucks auf Flächen- und Pachtpreise. Im
Übrigen, so Biogas-Geschäftsführer Reinhard S c h u l t z , seien die WWF-Angaben zum
Anstieg der Maisanbauflächen irreführend. Dass Umweltorganisationen wie der WWF jetzt
Massentierhalter vor Biogas in Schutz nähmen, sei schon merkwürdig. Biogas leiste einen
hohen Beitrag zur CO2-Reduzierung und Versorgungssicherheit. Schulz erwartet außerdem,
dass Ölsaaten wie Raps für die Biodieselproduktion „wegen ihrer schlechten CO2-Bilanz
Mitte des Jahrzehnts der Biogasproduktion weichen“. Auf mittlere Sicht werde Biogas auch
nicht mehr überwiegend aus Mais erzeugt werden. Eine große Rolle werde die Zuckerrübe
spielen. AgE
DEUTSCHLAND
BBK: Biogaspotential der Reststoffe völlig überschätzt
Nur begrenzte Mengen verfügbar - Braune Tonne fehlt aber noch in vielen Kreisen und
Städten - In Berlin soll das Aufkommen aus der braunen Tonne mit einer Kampagne erhöht
werden - Neuer Technologie- und Speicherbonus gefordert
BERLIN. Vor zu großen Erwartungen an die Nutzung von Reststoffen aus der Landwirtschaft
und Abfällen in Biogasanlagen hat der Bundesverband Biogene und Regenerative Kraft- und
Treibstoffe (BBK) gewarnt. Wie der Verband in einem Schreiben an Bundesumweltminister
Norbert R ö t t g e n äußert, wird das Biogaspotential der Reststoffe derzeit völlig
überschätzt. Als gering erachtet der BBK auch das Potential für die Nutzung
landwirtschaftlicher Exkremente wie Gülle und Mist. An Bioabfall sind nach seinem
Dafürhalten in Deutschland nennenswerte Ressourcen nicht vorhanden. In Deutschland fielen
heute rund 3 Mio t biogene Abfälle an, die gemäß Bioabfallverordnung definiert seien.
Nahezu die gesamte Bioabfallmenge werde heute in rund 200 Bioabfallvergärungsanlagen
verarbeitet. Ein großes Restpotential, wie es politisch diskutiert werde, sei nicht vorhanden.
Außer acht lässt der BBK dabei allerdings, dass derzeit noch viel Biomüll in den Restmüll
wandert. Laut Schätzungen des Witzenhausen-Insituts haben derzeit die Haushalte in 31 %
der Landkreise und 19 % der Städte keine Biotonne. In Städten, in denen die Biotonnen
stehen, halten sich zudem nicht alle Verbraucher an die Mülltrennung. So hat in Berlin die
BIOENGERGIE
Stadtreinigung, die eine große Biogasanlage zur Vergärung von Biomüll plant, eine
Kampagne gestartet, um die Verbraucher zur stärkeren Mülltrennung zu ermuntern und damit
das Aufkommen aus der „braunen Tonne“ zu erhöhen. Leitsprüche der Kampagne sind unter
anderem „Lola trennt“ und „Watt satt“.
Ministerium zu Kurzgutachten aufgefordert
Von einer Verwendung der Bioabfallstoffe in Anlagen für nachwachsende Rohstoffe
(Nawaro-Anlagen) sei dringend abzuraten, da die Gesetzeslage wegen Seuchen- und
Krankheitsgefahr dies verbiete, so der BBK zum Unterschied zwischen Abfall- und
landwirtschaftlichen Anlagen. Potential bestehe aber in der Aufbereitung von Biogas aus
Abfällen zu Biomethan unter Einspeisung in das Gasnetz, da heute zahlreiche Anlagen kein
vollständiges Wärmekonzept hätten und sich die Investition in die Biogasaufbereitung nicht
lohne. Hier müsse die Gasaufbereitung mit Technologie- und Speicherbonus wie bei den
Nawaro-Anlagen einen EEG-Bonus erhalten, der auskömmlich sei, meint der BBK. Er
forderte das Bundesumweltministerium zu einem Kurzgutachten zur Vollkostenermittlung für
Biogasanlagen verschiedener Größenklassen auf. Man werde die Biomethananlagenbetreiber
bitten, hierfür die Bücher und Bilanzen einem neutralen Gutachter vorzulegen, der vom
Bundesumweltministerium beauftragt werde. AgE
DEUTSCHLAND
Niedersachsens Biogasanlagenzubau am stärksten in der Lüneburger Heide
Soltau-Fallingbostel und Celle führen laut Daten des Agrarministeriums bei der
Anlagendichte - Dicht dahinter folgen die Veredlungsgebiete als Problemzonen für die
Bioenergie - In den Milchviehregionen installierte Kilowattstunden pro Hektar noch relativ
gering - Aber der Güllebonus sorgt für starken Ausbau
BERLIN. Die größte Dichte an Biogasanlagen besteht in Niedersachsen nicht in den
Veredlungsregionen im Westen des Bundeslandes, sondern in der Lüneburger Heide. Das hat
Dr. Gerd H ö h e r vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium Mitte Februar bei
einer Konferenz der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Berlin deutlich
gemacht. Als Maßstab zog er die installierte Leistung pro Hektar Ackerfläche heran.
Demnach führen die Landkreise Celle und Soltau-Fallingbostel als ackerbaulich geprägte
Regionen die Rangliste mit einer Biogas-Anlagendichte von jeweils 0,53 kW/ha an; erfasst
wurden nur Biogasanlagen, die den Bonus für nachwachsende Rohstoffe (Nawaro-Bonus)
erhalten, was für knapp 90 % der Anlagen gelten dürfte. Dicht dahinter folgen allerdings
Oldenburg und Cloppenburg als Landkreise mit hoher Viehdichte und einer
Biogasanlagenkonzentration von 0,48 kW/ha beziehungsweise 0,43 kW/ha. Welche Rolle die
Haltung vor Ort für den Zubau der Bioenergie offenbar spielt, zeigt die Situation im
Oldenburger Münsterland. Denn während in Cloppenburg das Biogasanlagenwachstum sehr
stark ist, liegt die Anlagendichte im Landkreis Vechta mit 0,20 kW/ha nur halb so hoch.
Biogaswachstum in Ackerbauregionen begrüßt
Relativ niedrig ist die Anlagendichte laut Höher auch in typischen Milchviehregionen an der
Nordseeküste. So wurde beispielsweise in den Landkreisen Cuxhaven und Wittmund eine
Anlagenkonzentration von 0,12 kW/ha beziehungsweise 0,13 kW/ha für die Nawaro-Anlagen
ermittelt. Für Höher zeigen diese Daten, dass es hier keine Flächenkonkurrenz gibt. Wohl
aber habe der Güllebonus zu einem massiven Biogasausbau geführt. Das Wachstum der
Biogasbranche in den Ackerbauregionen begrüßt er. Der Mais erweitere die Fruchtfolgen in
den Ackerbauregionen Niedersachsens. Anders sieht es in den Veredlungszentren aus. Dort
bringt es der Mais laut seinen Zahlen mittlerweile auf einen Anteil von 40 % an der
Ackerfläche, wovon allerdings nur 8 % in die energetische Nutzung gehen. Noch höher,
BIOENERGIE
nämlich bei 50 % liegt laut Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums der
Maisanteil in den Milchviehregionen. Davon entfallen 40 % auf Futtermais und 10 % auf
Energiemais. Anders als in den Veredlungsregionen stellt sich laut Höher in den
Milchviehgebieten aber nicht das Problem der Nährstoffüberschüsse.
Gras für den Vergärer
Im Hinblick auf das Grünland sieht der Experte aus dem Agrarressort die Entwicklung der
Bioenergie in Niedersachsen recht gelassen und weist eine direkte Verbindung zwischen der
Expansion des Biogassektors und dem Grünlandrückgang zurück. Vielmehr betonte er in
Berlin die langfristigen Trends. Im Jahr 1960 habe man in Niedersachsen 1,2 Mio ha
Grünland gehabt, mittlerweile seien es nur noch 700 000 ha. Der Grünlandverlust könne nicht
ursächlich auf Biogas zurückgeführt werden. Auch regional lasse sich ein allgemeiner
Zusammenhang zwischen der Grünlandumwandlung und der Biogasnutzung nicht
nachweisen. Laut Höher wandert Gras - technische Entwicklungen rund um Rührwerk und
Vergärer machen es möglich - zunehmend in die Fermenter, und zwar im vergangenen Jahr
der Aufwuchs von rund 20 000 ha. Weil Kühe und Biogasanlagen letztendlich mit denselben
Rohstoffen gefüttert werden, sieht der Experte aus dem niedersächsischen Agrarressort starke
Synergien für den Bau von Biogasanlagen in Milchviehregionen, gerade bei Betrieben mit
150 und mehr Kühen.
Ausbau auf effiziente Standorte lenken
Wegen der positiven Bewertung von Biogas in Ackerbauregionen einerseits und den
Problemen in den Veredlungszentren andererseits befürwortet Niedersachsen für die Novelle
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) einen einheitlichen Vergütungssatz für alle
landwirtschaftlichen Biogasanlagen. Dieser soll sich an den Grenzkosten in
Ackerbauregionen orientieren. Mit der Vielzahl an Zuschlägen im aktuellen EEG soll es ein
Ende haben, auf Boni optimierte Anlagenkonzepte (BoA) soll es nicht mehr geben (AGRAEUROPE 08/11, LÄNDERBERICHTE 26). Davon verspricht sich die Landesregierung, dass
Biogas in den Regionen mit hoher Dichte wegen des Mangels an Wärmesenken und durch die
Rohstoffpreise sich selbst durch den Markt ausbremst. Der Ausbau soll so auf effiziente
Standorte gelenkt werden, lange Gülletransporte sollen der Vergangenheit angehören.
Überhitzter Zubau auch in Milchviehregionen
Dass der gekoppelte Güllebonus für Probleme in Veredlungsregionen gesorgt hat, bestreitet
auch der Fachverband Biogas (FvB) nicht. Wie der FVB-Referatsleiter Politik, Bastian
O l z e m , erklärt, wird in Gülleregionen der Energiepflanzenanbau durch den Güllebonus
querfinanziert. Einen überhitzten Zubau durch das aktuelle EEG konstatiert er allerdings nicht
nur in Veredlungs-, sondern auch in Milchviehregionen. Auf Basis von Zahlen der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen prognostiziert der FvB bis Ende dieses Jahres
beispielsweise im Landkreis Cuxhaven insgesamt 43 Biogasanlagen, nach 13 im Jahr 2008.
Im Landkreis Stade erwartet der Verband bis dahin 34 Biogasanlagen, das entspricht fast
einer Verfünffachung. Ähnlich dynamisch ist die Entwicklung in der Grafschaft Bentheim als
Veredlungsregion, wo bis Ende 2011 mit mehr als 40 Anlagen gerechnet wird, nachdem es
vor drei Jahren erst neun waren. Von einem sehr moderaten Zubau spricht Olzem hingegen
mit Blick auf typische Ackerbauregionen wie den Landkreis Hildesheim. Nicht erfasst sind in
diesen Zahlen allerdings die Anlagengröße und damit der Rohstoffbedarf. Anders als
Niedersachsen plädiert der Fachverband Biogas für eine Fortsetzung der Gülleförderung im
EEG, wenn auch in veränderter Form, nämlich nicht mehr an den Nawaro-Bonus gekoppelt.
Zusammenhang mit steigenden Ackerpachtpreisen
In die Kritik geraten ist die Biogasproduktion seit der Novelle des Jahres 2009 auch im
Zusammenhang mit dem vielerorts beobachteten Pachtpreisanstieg. Eine bei der FNR-Tagung
vorgestellte Studie der Universität Göttingen ist denn auch zu dem Ergebnis gekommen, dass
die starke Flächenknappheit in den Veredlungsregionen durch Biogas noch verstärkt wurde.
Aber auch in Regionen mit hoher Biogasdichte und stagnierenden beziehungsweise
rückläufigen Viehdichten tangierten die Biogasanlagen die Pachtmärkte gegenwärtig stark
und führten zu steigenden Ackerpachtpreisen, so Carsten Hermann E m m a n n von der
Agrarfakultät der Hochschule mit Blick auf Rotenburg und Soltau-Fallingbostel. Die
Biogaslandwirte sähen sich im Vergleich zu ihren Berufskollegen im Durchschnitt als
wettbewerbsfähiger am Bodenmarkt, zukunftsfähiger und erfolgreicher an, bilanzierte der
Wissenschaftler die Studie, für die die Entwicklung in fünf Landkreisen analysiert wurde.
Olzem betont, die Studie komme zu dem Ergebnis, dass Biogasanlagenbetreiber nur in
Gülleregionen bereit seien, mehr Pacht zu zahlen.
Biogas dominiert Energiepflanzenanbau - anders als im Bund
Eine Sonderstellung nimmt Niedersachsen laut den Zahlen aus dem
Landwirtschaftsministerium in Hannover im Bundesvergleich bei der Verteilung des
Energiepflanzenanbaus auf die verschiedenen Nutzungspfade ein. Während bundesweit der
Rapsanbau für die Biodieselerzeugung beim Anbau nachwachsender Rohstoffe mit einem
Flächenanteil von gut 50 % führend ist und es der Anbau für Biogas nur auf einen Anteil von
gut einem Drittel bringt, dominiert in Niedersachsen der Anbau für die Vergärer mit einem
Flächenanteil von 77 %, gefolgt von den Pflanzen für die Biodieselerzeugung mit 18 %.
Dritte Komponente ist der Bioethanolanteil mit einem Flächenanteil von 13 % im
Bundesmittel sowie 5 % zwischen Ems und Elbe. AgE
Anteile des Maisanbaus an Niedersachsens Ackerfläche
(2010; in v.H.)
Futtermaisanteil
Energiemaisanteil
Mais insgesamt
Veredlungsregionen
32
8
40
Milchviehregionen
40
10
50
Ackerbaugregionen in
Südniedersachsen
Ackerbauregionen Heide
2
4
6
6
9
15
Niedersachsen insgesamt
20
9
29
Biogasanlagenzubau in Niedersachsen nach Regionen und Landkreisen
(2008 und 2011, in Stück)
Landkreise in
Ackerbauregionen
Goslar
Helmstedt
Wolfenbüttel
Region Hannover
Hameln-Pyrmont
Hildesheim
Landkreise in
2008
20111)
8
4
7
14
17
14
10
5
9
23
18
22
2011:08
in v.H.
+    25,0
+    25,0
+    28,6
+    64,3
+      5,9
+    57,1
Schweineregionen
Diepholz
südl. Rottenburg (Wümme)
Cloppenburg
Emsland
Grafschaft Bentheim
Oldenburg
Osnabrück
Vechta
Landkreise in
Milchviehregionen
Cuxhaven
Aurich
Friesland
Leer
Wesermarsch
Wittmund
Stade
46
63
81
54
9
32
24
10
82
129
111
122
41
69
68
26
+    78,3
+  104,8
+    37,0
+  125,9
+  355,6
+  115,6
+  183,3
+  160,0
13
25
14
7
3
6
7
43
38
19
14
11
14
34
+  230,8
+    52,0
+    35,7
+  100,0
+  266,7
+  133,3
+  385,7
1) Prognose
DEUTSCHLAND
Welche Mikroorganismen schützen Bauernkinder vor Asthma und Allergien?
ULM. Da Bauernkinder offensichtlich einer größeren Vielfalt an Mikroorganismen ausgesetzt
sind als ihre Klassenkameraden und dadurch weniger Allergien und Asthma entwickeln, stellt
sich für die Wissenschaftler der Universität Ulm nun die Frage, welche dieser
Mikroorganismen einen besonders positiven Einfluss auf die Entwicklung des Immunsystems
haben. Diesem Aspekt gehen Forscher der „Multidisziplinären Studie zur Identifizierung der
genetischen und umweltbedingten Ursachen von Asthma und Allergien in der Europäischen
Gemeinschaft“ (GABRIEL-Projekt) nach, die die bei Hausbesuchen genommenen
Staubproben aus den Kinderzimmern ausgewertet haben. „Bisher haben wir dafür
Anhaltspunkte, bewegen uns aber noch auf der Ebene von Gruppen“, erklärte Dr. Jon
G e n u n e i t vom Institut für Epidemiologie der Universität Ulm, der gemeinsam mit
Dr. Gisela B ü c h e l e und Nikolaos S i t a r i d s kürzlich die neuen Resultate im New
England Journal of Medicine publiziert hatte. Um die eigenen Aufschlüsse zu erhärten,
beziehen sich die Wissenschaftler auch auf eine Untersuchung zur „Prävention von
Allergierisikofaktoren für die Sensibilisierung bezogen auf den landwirtschaftlichen und
anthroposophischen Lebensstil“, die sogenannte PARSIFAL-Studie, in der die Forscher mit
ähnlichem Erkenntnisinteresse Staubproben aus Matratzen untersucht hatten. In einem
nächsten Schritt wollen die Ulmer Epidemiologen nun die GABRIEL-Teilnehmer jährlich
befragen - unter anderem dazu, wie sich Asthma und Allergien in der Pubertät entwickeln, ob
der Schutz des bäuerlichen Umfeldes anhält und welchen Einfluss das Rauchen auf die
Entwicklung von Asthma bei Bauernkindern und der übrigen Landbevölkerung hat. Auftakt
dazu sei im vergangenen Sommer gewesen; bei mehr als 2 000 kontaktierten Familien sei die
Bereitschaft, weiterhin an der Erhebung teilzunehmen, erfreulich hoch gewesen, berichtete
FORSCHUNG
Genuneit. Nur so könnten belastbare Forschungsergebnisse entstehen, die die Wissenschaft
im Kampf gegen Asthma und Allergien weiterbrächten. AgE
DEUTSCHLAND
WWF kritisiert EEG-Biogasförderung
Einspeisevergütungen „über das gesunde Maß hinaus“ kritisiert - Volkswirtschaftlicher
Schaden und Probleme in der klassischen Landwirtschaft beklagt - Steigende Pachtpreise und
Privilegierung im Außenbereich ein Dorn im Auge - Nachhaltigkeitskriterien à la Biosprit für
den Maisanbau verlangt
BERLIN. Gegen die aktuellen Einspeisevergütungen für Strom aus Biogas im ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) macht die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF)
Front. In einer am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Studie beziffert der WWF die
von den Verbrauchern über den Strompreis zu zahlende EEG-Förderung je Hektar
Biomasseanbau auf 3 000 Euro und mehr. Dem wird ein durchschnittliches
Direktzahlungsniveau von 339 Euro/ha gegenübergestellt. Bei einer EEG-Vergütung von
21 Cent pro Kilowattstunde für eine 500 kW-Anlage mit einem Maisbedarf von 277 ha
Anbaufläche und einer Betriebszeit von 8 000 Jahresstunden ergibt sich eine Vergütung von
3 032 Euro/ha. De facto werden nach dem 2009 novellierten EEG bei Ausnutzung mehrerer
Boni noch deutlich höhere Vergütungen von bis zu 30 Cent/kWh gezahlt. Außer Acht lässt
der WWF in seinen Berechnungen freilich die Erlöse, die Landwirte mit klassischen
Agrarprodukten auf der Fläche erzielen könnten. Dem WWF ist neben der Vergütungshöhe
im EEG auch das Baurecht ein Dorn im Auge, so die Privilegierung im Außenbereich für
Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung bis 500 kW.
Einsparquoten für Klimagasausstoß gefordert
Sorgen machen den Umweltschützern vor dem Hintergrund steigender Pachtpreise
Verdrängungseffekte zu Lasten der klassischen Landwirtschaft und insgesamt ein Schaden für
die Volkswirtschaft dadurch, dass die Förderung „über das gesunde Maß“ hinausgehe. Auch
mit Blick auf den Klimaschutz ist der WWF skeptisch. Mais als Gärsubstrat in Biogasanlagen
könne eine negative Treibhausgasbilanz haben. Strom aus solchen Anlagen sei nicht besser
als aus Anlagen, die mit fossilen Energien betrieben würden. In Anlehnung an die Regelungen
für Biokraftstoffe fordert der WWF deshalb Nachhaltigkeitskriterien auch für Biogas. Die
Treibhausgasminderung soll mindestens 35 % betragen müssen, ab 2017 wird eine Anhebung
auf 50 % gefordert, die ein Jahr später auf 60 % steigt. In einem weiteren Schritt sollen
Nachhaltigkeitskriterien laut WWF für alle Nutzungsarten der Biomasse gelten.
Schultz: Hoher Beitrag zur CO2-Reduzierung
Scharfe Kritik an der WWF-Studie kam vom Biogasrat. Die unterstellten EEG-Vergütungen
seien nicht mit den Zuschüssen zur landwirtschaftlichen Produktion vergleichbar. Das EEG
vergüte ausschließlich durchschnittliche Mehrkosten der Strom- und Wärmeerzeugung aus
Biogas gegenüber den Marktpreisen für Strom. Der Gewinn sei oft bescheiden und hänge von
der Gesamteffizienz der Anlagen ab, gab der Biogasrat zu bedenken. Auf Unverständnis
stoßen bei dem Verband, in dem unter anderem führende Energieversorger vertreten sind,
Beschwerden über den Biogasboom aus der Veredlungswirtschaft. Für den Biogasrat ist die
Veredlungsbranche der einzige Verursacher des Drucks auf Flächen- und Pachtpreise. Im
Übrigen, so Biogas-Geschäftsführer Reinhard S c h u l t z , seien die WWF-Angaben zum
Anstieg der Maisanbauflächen irreführend. Dass Umweltorganisationen wie der WWF jetzt
Massentierhalter vor Biogas in Schutz nähmen, sei schon merkwürdig. Biogas leiste einen
BIOENERGIE
hohen Beitrag zur CO2-Reduzierung und Versorgungssicherheit. Schulz erwartet außerdem,
dass Ölsaaten wie Raps für die Biodieselproduktion „wegen ihrer schlechten CO2-Bilanz
Mitte des Jahrzehnts der Biogasproduktion weichen“. Auf mittlere Sicht werde Biogas auch
nicht mehr überwiegend aus Mais erzeugt werden. Eine große Rolle werde die Zuckerrübe
spielen. AgE
AGE
8-2011
DEUTSCHLAND
FLEISCHMARKT
Fleischproduktion Deutschlands übertrifft bisherigen Rekord
Seit mehr als fünf Jahren verzeichnet die Branche Zuwächse bei den Schlachtmengen Ingesamt wurden mehr als 8 Millionen Tonnen Fleisch im vergangenen Jahr erzeugt Geflügel und Schweine trugen maßgeblich zum höheren Aufkommen bei - Weniger, dafür
aber schwerere Rinder geschlachtet
WIESBADEN. Bereits seit mehr als fünf Jahren befindet sich die deutsche Fleischwirtschaft
hinsichtlich ihrer Produktionsmengen auf ununterbrochener Rekordjagd. Auch 2010 wurden
die Schlachtzahlen des Vorjahres wieder deutlich überboten. Wie das Statistische Bundesamt
vergangene Woche mitteilte, stieg die gewerbliche Fleischproduktion einschließlich Geflügel
auf insgesamt 8,03 Mio t, womit die Vorjahresmenge um 302 000 t oder 3,9 % übertroffen
wurde. Für das Wachstum waren die Entwicklung der Schweinefleischerzeugung, die mit gut
zwei Drittel den größten Anteil am gesamten Aufkommen hat, und der
Geflügelfleischproduktion mit einem Anteil von gut 17 % maßgeblich. Rindfleisch trug zu
knapp 15 % zur gewerblichen Fleischerzeugung bei, und der gemeinsame Anteil von Schaf-,
Ziegen- und Pferdefleisch betrug 0,2 %. Die Schweinefleischproduktion übertraf mit
5,44 Mio t das Vorjahresergebnis um 200 300 t beziehungsweise 3,8 %. Dem lag ein Anstieg
der Schlachtzahlen um fast 2,1 Millionen Tiere oder 3,7 % auf den Rekordumfang von
annähernd 58,14 Millionen Schweinen zugrunde. Im vergangenen Jahrzehnt wurde die Zahl
der Schweineschlachtungen in Deutschland damit um insgesamt fast 15 Millionen Stück
gesteigert. Die Zunahme im vergangenen Kalenderjahr ist den Wiesbadener Statistikern
zufolge vor allem auf die um 3,9 % höheren Schlachtzahlen inländischer Tiere
zurückzuführen; an ausländischen Schweinen wurden 1,6 % mehr als im Jahr 2009 zerlegt.
Auch wenn sich das Wachstum der Schweineschlachtungen im vierten Quartal 2010 auf
2,8 % abschwächte, wurde mit 14,98 Millionen Tieren ein neuer Vierteljahresrekord
aufgestellt.
Die meisten Schweine in Nordrhein-Westfalen verarbeitet
Wie aus einer weiteren Übersicht der Wiesbadener Statistiker hervorgeht, konzentriert sich
ein Großteil der gewerblichen Schweineschlachtungen in Deutschland auf die Bundesländer
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, wo sich bekanntlich auch die Zentren der
heimischen Veredlungswirtschaft befinden. Führender Verarbeitungsstandort ist dabei
Nordrhein-Westfalen, wo 2010 insgesamt fast 19,45 Millionen Schweine zerlegt wurden,
davon etwa 2,85 Millionen ausländische Tiere. In Niedersachsen belief sich das gewerbliche
Schlachtaufkommen an Schweinen im vergangenen Jahr auf 17,51 Millionen Tiere, von
denen 1,53 Millionen Stück aus dem Ausland stammten. Zusammen vereinigten NordrheinWestfalen und Niedersachsen im Berichtsjahr fast 64 % der gesamten Schweineschlachtungen
in Deutschland auf sich. In Bayern wurden 2010 rund 5,8 Millionen Schweine zerlegt, in
Baden-Württemberg 4,1 Millionen Stück.
Gut 9 Prozent mehr Putenfleisch
Erneut sehr dynamisch entwickelte sich die Geflügelfleischerzeugung. Das Jahresaufkommen
2010 lag laut Angaben des Statistischen Bundesamtes mit knapp 1,38 Mio t um 90 800 t
beziehungsweise 7,0 % über der Menge von 2009. Seit dem „Vogelgrippenjahr 2006“, als
sich die deutsche Geflügelfleischerzeugung leicht rückläufig entwickelte, wurde die
Produktion insgesamt um fast 40 % gesteigert. Besonders kräftig Gas gaben 2010 die
Putenmäster, die sich im Jahr zuvor nach einer äußerst dynamischen Entwicklung 2008 eine
Verschnaufpause gegönnt hatten. Während die Putenfleischproduktion 2009 nur um 0,4 %
gesteigert worden war, betrug das Plus im vergangenen Jahr mehr als 9 %; das Aufkommen
erhöhte sich um 40 500 t auf 478 500 t. Wichtigstes Segment in der heimischen
Mastgeflügelhaltung ist jedoch die Erzeugung von Jungmasthühnerfleisch: Hier legte das
gewerbliche Aufkommen gemäß den Zahlen der Wiesbadener Statistiker um 53 300 t
beziehungsweise 7,1 % auf 802 800 t zu. Im Gegensatz zum sehr positiven Trend der
Gesamtbranche entwickelte sich die Entenfleischproduktion im vergangenen Jahr rückläufig;
es wurden davon insgesamt 61 300 t produziert, das waren 1 100 t oder 1,8 % weniger als
2009. Die Erzeugung von Suppenhühnerfleisch verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um
6 % auf 34 200 t. Eine nur sehr kleine Nische bildet in Deutschland die Gänseproduktion,
wobei die meisten Tiere direkt vermarktet werden. Die gewerbliche Erzeugung fällt daher
praktisch nicht ins Gewicht; sie belief sich 2010 auf lediglich 272 t, was jedoch verglichen
mit 2009 einer Zunahme um 11,4 % entsprach.
Deutlich weniger Kühe geschlachtet
Die Rindfleischerzeugung entwickelte sich im vergangenen Jahr der amtlichen Statistik
zufolge in den einzelnen Segmenten unterschiedlich. Insgesamt stieg die Produktion im
Vergleich zum Ergebnis von 2009 um 11 000 t oder 0,9 % auf 1,19 Mio t. Ursache für das
höhere Aufkommen war das im Durchschnitt höhere Schlachtgewicht der Tiere, denn die Zahl
der geschlachteten Rinder verringerte sich geringfügig, und zwar um 1 100 Stück
beziehungsweise 0,03 % auf rund 3,74 Millionen Tiere. So ging die Zahl der Ochsen- und
Bullenschlachtungen 2010 verglichen mit dem Vorjahr um 0,2 % auf knapp 1,56 Millionen
Tiere zurück; dennoch erhöhte sich die dabei gewonnene Fleischmenge um 0,9 % auf
582 900 t. Auch die zur Schlachtung angedienten Kühe waren 2010 spürbar schwerer als im
Jahr zuvor. Hier konnten die im Mittel höheren Schlachtgewichte das kleinere Tierangebot
allerdings nicht ausgleichen: Während sich die Kuhschlachtungen um 3,0 % auf rund
1,33 Millionen Stück verringerten, nahm die Kuhfleischproduktion um 1,7 % auf 405 900 t
ab. Eine positive Tendenz gegenüber 2009 wiesen die Segmente Kälber und Färsen auf. Im
Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich die Zahl der in Deutschland zerlegten Färsen um 6,6 %
auf 508 100 Stück, was in Verbindung mit den höheren Schlachtgewichten zu einem Anstieg
der Fleischmenge um 8,0 % auf 148 600 t führte. An Kälbern wurden im Jahresvergleich
4,4 % mehr geschlachtet; die gewerbliche Kalbfleischerzeugung nahm bei 315 200 zerlegten
Tieren um 5,0 % auf 43 000 t zu.
Mehr Lämmer zerlegt
Bei der gewerblichen Erzeugung von Schaf- und Lammfleisch stellten die Wiesbadener
Statistiker zum Berichtsjahr gegenüber 2009 eine gegenläufige Entwicklung fest. Während
die Zahl der in Deutschland geschlachteten Lämmer im Jahresvergleich um 3,6 % auf
816 500 Tiere zulegte, verringerte sich das Schlachtaufkommen an älteren Schafen in der
gleichen Zeit um 14,4 % auf 157 600 Stück. Insgesamt produzierte die deutsche
Fleischindustrie im vergangenen Jahr 19 800 t Schaffleisch, darunter 15 000 t Lammfleisch.
Ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau verzeichnete die Ziegenfleischproduktion ein
deutliches Wachstum: Der Statistik zufolge wurde eine Schlachtmenge von 417 t
Ziegenfleisch realisiert, wobei sich die Ziegenschlachtungen um 5,6 % auf 23 200 Tiere
erhöhte. An Pferdefleisch wurden zuletzt 2,4 t erzeugt; das waren 1,4 % mehr als 2009. AgE
Gewerbliche Schlachtungen in Deutschland
(4. Quartal und Gesamtjahr 2010)
Einheit
Ochsen und Bullen
Kühe
Färsen
Kälber
Jungrinder
Schweine
Lämmer
Schafe
Ziegen
Pferde
Ziegen und Pferde
Insgesamt
Geflügel
darunter Jungmasthühner
Enten
Truthühner1)
Insgesamt
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 Tiere
1 000 Tiere
1 000 t
1 000 t
1 000 t
1 000 t
1 000 t
1 000 t
4. Quartal
Kalenderjahr
Veränderung gegenüber dem
Vorjahr in v.H.
2010
2010
4. Quartal
2010
Kalenderjahr
2010
437,3
164,3
363,2
110,2
145,3
42,2
87,6
11,9
7,6
1,3
14 979,5
1 405,1
248,2
4,6
53,3
1,6
6,5
3,0
0,9
1 742,0
357,8
206,1
17,0
124,3
2 099,8
1 555,0
582,9
1 331,4
405,9
508,1
148,6
315,2
43,0
28,2
4,8
58 138,9
5 441,6
816,5
15,0
157,6
4,8
23,2
9,2
2,8
6 649,4
1 379,6
802,8
61,3
478,5
8 029,0
+    0,2
+    0,6
-    0,3
+    1,3
+    3,7
+    4,6
+    1,2
+    0,8
-    2,4
-  18,3
+    2,8
+    3,2
+    5,9
+    6,0
-    6,7
-    6,2
+  19,5
+    8,7
+  10,0
+    2,8
+    5,8
+    6,3
-    4,4
+    7,9
+    3,3
-    0,2
+    0,9
-    3,0
-    1,7
+    6,6
+    8,0
+    4,4
+    5,0
-    2,4
-    3,4
+    3,7
+    3,8
+    3,6
+    3,8
-  14,4
-  14,1
+    5,6
+    1,4
+    2,0
+    3,3
+    7,0
+    7,1
-    1,8
+    9,2
+    3,9
1) einschließlich Perlhühner
Tierproduktion in Deutschland
(2000 bis 2010)
Jahr
Rinder1)
insgesamt Ochsen
und
Bullen
Schlachttier 2000
e
in 1 000
2001
Stück
2002
2003
2004
2005
Kühe
Kälber
Schweine Schafe
Färsen
3 866,7
1 724,9
1 504,1
637,7
419,1
43 244,1
1 045,8
3 974,3
1 922,4
1 461,3
590,5
382,7
44 032,0
1 130,6
3 922,6
3 631,1
3 765,9
3 413,9
1 792,4
1 653,6
1 716,5
1 519,6
1 526,5
1 446,5
1 514,4
1 420,3
603,6
530,9
535,0
474,0
349,5
338,0
378,3
358,9
44 173,3
45 372,9
46 320,6
48 251,6
996,4
981,2
1 017,8
1 106,7
2006
2007
2008
2009
2010
3 465,4
3 404,5
3 501,7
3 453,5
3 389,5
1 580,8
1 611,5
1 660,1
1 579,0
1 550,0
1 399,1
1 321,8
1 366,3
1 379,0
1 331,4
485,5
471,1
475,3
495,6
508,1
340,8
310,6
316,0
307,3
315,2
50 115,9
53 308,3
54 955,6
56 315,2
58 138,9
1 199,1
1 197,0
1 150,8
1 049,0
974,1
Fleischmen 2000
ge
in 1 000 t
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
1 251,1
621,1
447,1
182,9
52,4
3 981,9
21,4
1 315,3
1 275,1
1 186,0
1 217,5
1 122,0
1 149,7
1 145,9
1 159,4
1 142,7
1 137,4
696,8
640,4
598,5
613,9
557,0
585,9
604,6
610,5
584,9
582,9
445,3
461,2
436,0
453,4
428,4
422,9
403,3
412,1
414,9
405,9
173,2
173,5
151,5
150,2
136,6
140,9
138,0
136,8
142,9
148,6
46,1
41,1
40,3
25,6
44,8
43,2
39,8
40,1
41,6
43,0
4 074,3
4 110,2
4 239,3
4 308,0
4 500,0
4 662,5
4 985,2
5 121,6
5 264,5
5 441,6
23,8
21,2
21,1
22,2
24,2
23,8
25,6
24,4
21,8
19,8
1) ohne Kälber
DEUTSCHLAND
Bauernverband fordert ehrliche Tierschutzdebatte
Landwirtschaftliche Tierhaltung nicht zum Gegenstand einer vordergründigen und
populistischen Tierschutzdebatte machen - Verbraucher und Handel müssen
Tierschutzmaßnahmen honorieren - Warnung vor Rückfall in Konfrontationen vergangener
Jahrzehnte - Erklärung des DBV-Präsidiums
BERLIN. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat sein Unbehagen über die derzeit laufende
Tierschutzdebatte bekräftigt. Zwar wolle man sich weiterhin kompromissbereit und
sachverständig in die Diskussion einbringen. Man sei jedoch nicht bereit, „das Schicksal der
deutschen Bauernfamilien, die über die Hälfte ihres Einkommens aus der Tierhaltung
erwirtschaften, einer vordergründigen und populistischen Tierschutzdebatte zu opfern, ohne
Rücksicht auf Praxisbezug sowie die Wettbewerbs- und Marktbedingungen inner- und
außerhalb der EU“, heißt es in einer Erklärung, die das Verbandspräsidium vergangene
Woche in Berlin beschlossen hat. Nachhaltiger und ehrlicher Tierschutz sei nur dann möglich,
wenn auch Verbraucher und Handel die Tierschutzmaßnahmen der deutschen Landwirte
entsprechend honorierten und die Wertschätzung von Lebensmitteln in Deutschland
verbessert werde. Ausdrücklich warnt das DBV-Präsidium vor einem Rückfall in überholte
und dem Tierschutz nicht förderliche Konfrontationen vergangener Jahrzehnte. Zumindest
indirekt erneuert der Bauernverband seine zuletzt geäußerte Kritik an
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r sowie an der Bundesratsinitiative von
Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Deren Absage an die Kleingruppenhaltung von
Legehennen wird als unsinnig und unsachlich kritisiert. Deutschland sei bisher nicht in der
Lage gewesen, hohe Tierschutzstandards auf europäischer Ebene und in den Internationalen
TIERSCHUTZ
Handelsabkommen durchzusetzen. Nur dort sei es jedoch wirklich erfolgreich möglich und
erforderlich.
Forschungsbedarf
Das DBV-Präsidium erinnert in seiner Erklärung an die gemeinsam mit der gesamten
Wertschöpfungskette eingegangene Verpflichtung, bis 2018 ganz aus der Ferkelkastration
auszusteigen. Vor diesem Hintergrund sei es völlig unverständlich, erneut eine für die Ferkel
sehr belastende Betäubungsstrategie in die Diskussion zu bringen, so das Gremium an die
Adresse der Bundeslandwirtschaftsministerin. Ausdrücklich betont das DBV-Präsidium den
Forschungsbedarf in Sachen Tierschutz. Im Rahmen der nationalen Forschungsstrategie
Bioökonomie habe man beantragt, durch Weiterentwicklung der Züchtungs- sowie
Haltungsverfahren Eingriffe an den Tieren überflüssig zu machen. Experten seien sich einig,
dass dieser Ausstieg eine regelrechte forschungspolitische Kraftanstrengung für die
kommenden Jahre erfordere. „Deshalb bedarf es jetzt keiner Dramatisierung, sondern ganz
gezielten Handelns“, stellt das Verbandspräsidium fest. AgE
Erklärung des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes (DBV) vom 15. Februar
2011
Zu den tierschutzpolitischen Ankündigungen von Bundesministerin Aigner, der
Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sowie dem
Tierschutzplan Niedersachsen erklärt das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes:
Die Bauernfamilien in Deutschland stehen für eine tiergerechte und tierschutzfreundliche
Haltung aller Nutztiere. Mit Nutztieren, die sich nicht wohlfühlen, können die Bauernfamilien
kein nachhaltiges Einkommen erzielen. Insofern ist das Wohlbefinden der Nutztiere eine
elementare Frage für die Bauern. Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes erinnert
daran, dass sich die deutschen Bauernfamilien für eine Aufnahme des Tierschutzes ins
Grundgesetz stark gemacht haben.
Sie verwahren sich deshalb gegen eine populistische Debatte, die nicht anerkennt, dass der
Tierschutz in der deutschen Landwirtschaft in den letzten Jahren enorme Fortschritte erzielt
hat und aus der Landwirtschaft heraus enorme Vorleistungen und Selbstverpflichtungen
erbracht wurden.
Die Deutschen Bauern erfüllen strenge Auflagen im Tierschutz, die weit über die EUVorgaben hinausgehen. Während in Brüssel zum Beispiel über eine mögliche Verlängerung
der alten Käfighaltung über 2012 hinaus debattiert wird, ist diese in Deutschland längst
verboten. Wenn jetzt völlig unsinnigerweise in Deutschland eine Debatte über die gemeinsam
mit dem Tierschutz und der Wissenschaft entwickelte Kleingruppe für Legehennen
losgetreten wird, dann muss man sich fragen lassen, ob es hierfür ausreichend sachliche
Gründe gibt. Die Kleingruppenhaltung hat erhebliche Vorteile im Tierschutz und beim
Gesundheitsschutz. Wenn heute der Selbstversorgungsgrad bei Eiern in Deutschland auf unter
60 Prozent gesunken ist, dann zeigt dies die fatalen Folgen eines geteilten Tierschutzes!
Deutschland war bisher nicht in der Lage, hohe Tierschutzstandards dort durchzusetzen, wo
es wirklich erfolgreich möglich und erforderlich ist, nämlich auf europäischer Ebene in
Brüssel und in den Internationalen Handelsabkommen. Es nützt den Hühnern nichts, wenn
wir auf Bodenhaltung setzen, die Eiprodukte für Kuchen und alle Fertiggerichte aber von
Hennen stammen, die in alten Käfigen der anderen EU- oder Drittländer gehalten werden.
Diese widersinnige Diskrepanz müssen Tierschutzorganisationen und Politik der deutschen
Öffentlichkeit erklären.
Der Deutsche Bauernverband hat sich zusammen mit der gesamten Produktionskette
verpflichtet, bis 2018 ganz aus der Ferkelkastration auszusteigen. Auf Brüsseler Ebene haben
diese Verpflichtung auch die europäischen Tierschutzverbände mitgetragen. Jetzt stattdessen
erneut eine für die Ferkel sehr belastende Betäubungsstrategie in die Diskussion zu bringen,
ist völlig unverständlich und führt nicht weiter.
Im Rahmen der nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie hat der Deutsche
Bauernverband beantragt, durch Weiterentwicklung der Züchtungs- sowie Haltungsverfahren
Eingriffe an den Tieren überflüssig zu machen. Denn Experten sind sich einig, dass dieser
Ausstieg eine regelrechte forschungspolitische Kraftanstrengung für die kommenden Jahre
erfordert. Deshalb bedarf es jetzt keiner Dramatisierung, sondern ganz gezielten Handelns.
Das historisch gewachsene Kulturgut des Pferdebrands durch elektronische Chips zu ersetzen,
stößt Tausende Pferdezüchter und Millionen Menschen, die sich dem Pferd verpflichtet
fühlen, vor den Kopf. Markenzeichen für weltweit führende Zuchtorganisationen wie für
Holsteiner, Hannoveraner, Oldenburger, Westfalen, Mecklenburger und Trakehner sollten
nicht opportunistisch und wider besseres Wissen dem Zeitgeist geopfert werden.
Ehrlicher Tierschutz bedeutet aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes stattdessen
beispielsweise die seit Jahren von der deutschen Schaf- und Ziegenwirtschaft vorgetragenen
Tierschutz-Probleme bei der Kennzeichnung von Schafen und Ziegen (ausgerissene
Ohrmarken mit massiven Blutungen) anzugehen und die von den Haltern vorgeschlagenen
Lösungen umzusetzen.
Der Deutsche Bauernverband wird sich weiterhin kompromissbereit und sachverständig in die
Tierschutzdebatte einbringen. Er ist aber nicht bereit, das Schicksal der deutschen
Bauernfamilien, die über die Hälfte ihres Einkommens aus der Tierhaltung erwirtschaften,
einer vordergründigen und populistischen Tierschutzdebatte zu opfern, ohne Rücksicht auf
Praxisbezug sowie die Wettbewerbs- und Marktbedingungen inner- und außerhalb der EU.
Nachhaltiger und ehrlicher Tierschutz ist nur dann möglich, wenn auch Verbraucher und
Handel die Tierschutzmaßnahmen der deutschen Landwirte entsprechend honorieren und die
Wertschätzung von Lebensmitteln in Deutschland verbessert wird. Das Präsidium des
Deutschen Bauernverbandes fordert auch die Politik in Bund und Ländern auf, diese Debatte
über die Werthaltigkeit von Lebensmitteln offensiver zu führen und warnt vor einem Rückfall
in überholte und dem Tierschutz nicht förderliche Konfrontationen vergangener Jahrzehnte.
DEUTSCHLAND
NieKE-Leiter Windhorst scheidet aus dem Amt
VECHTA. Der Initiator und langjährige Wissenschaftliche Leiter des Niedersächsischen
Kompetenzzentrums Ernährungswirtschaft (NieKE), Prof. Hans-Wilhelm W i n d h o r s t ,
hat am vergangenen Mittwoch sein Amt an Prof. Christine T a m á s y übergeben. Tamásy
ist auch die Nachfolgerin von Windhorst in der Abteilung „Vergleichende Strukturforschung“
am Institut für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten (ISPA).
Windhorst hatte Mitte der neunziger Jahre in der Arbeitsgruppe „Zukunftsträchtige
Ernährungswirtschaft“ an der Stärken-Schwächen-Analyse in Weser-Ems mitgearbeitet. Er
war von Beginn an Wissenschaftlicher Leiter des RISKompetenzzentrums
Ernährungswirtschaft Weser-Ems, das im Juli 1999 seine Arbeit aufnahm. Im Sommer 2001
entwickelte Windhorst mit großer Unterstützung von Branchenunternehmen die
niedersachsenweite Ausdehnung des Kompetenzzentrums und ab 2002 dessen Ausbau zum
PERSONALIEN
heutigen NieKE. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft im Nordwesten beziehungsweise in
der Region Südoldenburg ist heute unter dem Begriff „Silicon Valley der
Ernährungswirtschaft“ untrennbar mit dem Namen Windhorst verbunden. Der Vorsitzende
des NieKE-Steuerungsausschusses, Gert S t u k e , wurde am 25. Januar zum Präsidenten der
Industrie- und Handelskammer (IHK) Oldenburg gewählt. Aus diesem Grund stellte er
vergangene Woche auf einer Sitzung des NieKE-Steuerungsausschusses sein Amt als
Vorsitzender des Gremiums zur Verfügung. Als Nachfolger wurde Sven G u e r i c k e ,
Vorstandsmitglied der BigDutchman AG, einstimmig von den Mitgliedern gewählt. Bereits
seit 1995 hat Guericke in der Arbeitsgruppe „Zukunftsträchtige Ernährungswirtschaft“ in
Weser-Ems gemeinsam mit Unternehmensvertretern, Wissenschaftlern und kommunalen
Vertretern an einer Stärken- und Schwächenanalyse der Branche mitgearbeitet. AgE
DEUTSCHLAND
Lindemann will Tierschutz in Niedersachsen aktiv voranbringen
Niedersachsen als „Kerngebiet der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung“ in einer besonderen
Verantwortung - Den bisher beschrittenen Weg geradlinig weitergehen - Lenkungsausschuss
„Tierschutzstrategie“ gegründet - Handlungsbedarf ermitteln, Lösungswege skizzieren und
Zeitplan erstellen - Landvolk bietet fachkundige Mitarbeit an
HANNOVER. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert L i n d e m a n n will in
dem „Kerngebiet der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung“ den Tierschutz aktiv voranbringen
und hat dazu erste Details eines entsprechenden Plans vorgestellt. Niedersachsen stehe in
einer besonderen Verantwortung bei der Weiterentwicklung des Tierschutzes, erklärte
Lindemann am Montag vergangener Woche vor Journalisten in Hannover und stellte
ausdrücklich klar, dass er die Nutztierhaltung nicht abschaffen, sondern modifizieren möchte.
Eine Tierhaltung, die wettbewerbsfähig sei, müsse dies auch bleiben können und zugleich den
Ansprüchen des Tierschutzes gerecht werden. Das Landvolk Niedersachsen bekräftigte das
grundsätzliche Interesse der Landwirte an tiergerechten Haltungssystemen. „Wir bieten
Minister Lindemann unsere Fachkunde und Mitarbeit zur Entwicklung und Verbesserung
tiergerechter Haltungsverfahren an“, kommentierte Landvolkpräsident Werner H i l s e den
Vorstoß. Er erinnerte zugleich daran, dass Lindemanns Vorschläge auch in der Praxis
umsetzbar sein müssten und Tierhalter einen angemessenen Planungshorizont benötigten.
Niedersachsens SPD-Agrarsprecherin Andrea S c h r ö d e r - E h l e r s bezeichnete
Lindemanns Pläne als „Einstieg“ und kritisierte den Zeithorizont bis 2018 als zu lang; sie
möchte schneller zum Ziel kommen. Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDPFraktion, Jan-Christoph O e t j e n , sieht in dem neuen Tierschutzplan genau den richtigen
Weg für eine bessere Tierhaltung. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (AbL) enthält der Plan in wesentlichen Teilen keine konkreten Maßnahmen
zur Änderung der hinlänglich bekannten „Qualzucht- und Qualhaltungsbedingungen in der
agrarindustriellen Tierhaltung“; vielmehr wolle sich Lindemann offenbar durch zusätzliche
Untersuchungsprogramme die Beendigung dieser nicht artgerechten Haltung verzögern und
Zeit gewinnen. Der Deutsche Tierschutzbund und sein Landesverband Niedersachsen
unterstützen Lindemanns Pläne, fordern aber eine zügige Umsetzung. Auf keinen Fall dürfe
es dazu kommen, sich auf eventuelle EU-weit einheitliche Regelungen mit langen
Übergangsfristen zurückzuziehen.
Gesellschaftlichen Konsens erzielen
Lindemann setzt bei seinem Tierschutzplan auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens:
„Die Verbraucher sollen Produkte aus niedersächsischer Erzeugung gern genießen und ohne
das Gefühl, dass diese moralisch anstößig sind.“ Die Gesellschaft erwarte zu Recht, dass
TIERSCHUTZ
Nutztiere tiergemäß gehalten würden und deren Wohlbefinden sichergestellt sei. Besonderen
Wert legt Lindemann darauf, dass die Betroffenen in die Vorhaben einbezogen werden - in
Fortsetzung des so genannten „niedersächsischen Weges“. Daher werde man aktiv das
Gespräch mit den Tierhaltern suchen. Diese Vorgehensweise hält der Minister auch bei einem
Verbot der Legehennen-Kleingruppenhaltung für den geeigneten Weg. Entscheidend bei der
Erreichung von Tierschutzzielen sei in diesem speziellen Fall - wie auch bei vielen der
anderen Handlungsfeldern - nicht allein das „Was“, sondern der Weg dahin, also das „Wie“.
Dem Minister zufolge soll zunächst beschrieben werden, wo Handlungsbedarf besteht;
anschließend würden Lösungswege skizziert und ein Zeitplan für Zwischenschritte und
definitive Lösungen erstellt. Konkreter Handlungsbedarf bestehe derzeit bei zwölf Tierarten
und in 38 Themenbereichen. Der Tierschutzplan solle in den kommenden sieben Jahren
abgearbeitet werden, so das ehrgeizige Vorhaben. Allerdings warnte Lindemann vor zu hohen
Erwartungen an schnelle Lösungen: „Wir brauchen mehr Zeit, um den Tierschutz zu fördern,
und dürfen mit einer Maßnahme nicht andere Nachteile zulassen.“
Verzicht auf Amputationen
Auf der Prioritätenliste ganz oben steht laut Lindemann der Verzicht auf Amputationen und
Eingriffe bei Tieren wie das Schnabelkürzen bei Geflügel, die betäubungslose Kastration und
das Schwänzekupieren bei Ferkeln. Außerdem sollte die Zucht stärker auf die Gesamtvitalität
ausgerichtet und die Haltungsbedingungen weiter verbessert werden. Einen besonderen
Handlungsbedarf sieht der Minister in der Geflügelhaltung. Man habe bereits im Osnabrücker
Raum einen Pilotbetrieb mit Bodenhaltung ausgewählt, der bei Legehennen auf das Kürzen
der Schnäbel verzichten wolle. Dabei werde der Betrieb von der Landwirtschaftskammer und
dem Tierschutzdienst fachlich begleitet. Die betäubungslose Kastration bei Ferkeln will
Lindemann bis 2015 zügig umgesetzt wissen. Die Überwachung neuer Standards im
Tierschutz solle über sogenannte Tierschutzindikatoren sichergestellt werden. In den
Schlachtstätten könnten beispielsweise über die Gesundheit der Füße konkrete Rückschlüsse
auf die Haltungssysteme von Geflügel gezogen werden.
Finanzielle Anreize verstärken
Lindemanns Plan sieht vor, dass in Ergänzung für den bereits bestehenden Tierschutzbeirat dessen Arbeit der Minister ausdrücklich lobte - für einen bestimmten Zeitraum ein
Lenkungsausschuss „Tierschutzstrategie“ eingerichtet werden soll. Diesem Gremium sollen
Vertreter der Wirtschaft, der Tierschutz- und Verbraucherverbände, der Wissenschaft und des
Einzelhandels angehören. So intensiv Lindemann bei seinem Tierschutzplan auf Dialog und
Mitarbeit setzt, so sehr liegt ihm zugleich der Erfolg am Herzen. „Wenn sich jemand der
Mitarbeit verweigert, heißt es nicht, dass wir die Bücher zuklappen“, sagte er dazu. Dennoch
solle zunächst über freiwillige Anreize und Motivation ein Anreiz für mehr Tierschutz in der
Nutztierhaltung gesetzt werden, ehe der „gesetzliche Knüppel“ gezogen werde. Der
Ressortchef will über die Vorgaben der guten fachlichen Praxis dem Tierschutz mehr
Relevanz bei den Cross-Compliance-Regelungen verschaffen und damit die finanziellen
Anreize verstärken. Da er aber zugleich weiß, dass die Gesetzgebungskompetenz zum
Tierschutz auf Bundesebene angesiedelt ist, hat er sich bereits mit
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r über deren Tierschutzaktionsplan
ausgetauscht. Es sei erfreulich, dass Aigner auch einige niedersächsische Ideen aufgegriffen
habe, betonte Lindemann. Er selbst habe seine Tierschutzpläne allerdings zunächst den
betroffenen Wirtschaftsverbänden vorgestellt und sei erst danach an die Presse gegangen.
Über die Bundesministerin strebt er auf EU-Ebene gemeinsame Regelungen an, die allerdings
zügig erfolgen sollten. So unterstützt Lindemann beispielsweise Aigners Bestrebungen um ein
EU-Tierschutzlabel für besonders herausgehobene Haltungssysteme. Der Deutsche
Bauernverband (DBV) sieht derartige Initiativen allerdings kritisch.
Kleingruppenhaltung verbieten
AbL-Sprecher Eckehard N i e m a n n hob hervor, dass es zu den Ursachen und zur
Beseitigung des tierquälerischen Schnabelkürzens oder des Abschneidens der
Ringelschwänze seit vielen Jahren ausreichende Untersuchungen und EU-Vorgaben gebe.
Statt zusätzlich verzögernder Untersuchungen seien jetzt rasch Tierhaltungs-Vorgaben für
mehr Platz, Auslauf, Einstreu und maximale Herdengrößen notwendig. Erfahrungen in
Programmen artgerechter Tierhaltung zeigten, dass sich dadurch Probleme wie Federpicken,
Kannibalismus und Schwanzbeißen weitgehend erübrigten und der Druck zu neuen
Zuchtlinien erhöht werde. „Wir brauchen keinen Tierschutz-Ankündigungsplan, sondern
rasch einen Tierschutz-Umsetzungsplan“, so Niemann. Dafür werde der wachsende
gesellschaftliche Druck von Öffentlichkeit und Bürgerinitiativen sorgen. Nach Einschätzung
des Tierschutzbundes drängt die Zeit besonders beim Thema LegehennenKleingruppenhaltung, wo im März die finale Entscheidung um ein Verbot im Bundesrat
anstehe. Verbandspräsident Wolfgang A p e l forderte die Landesregierung in Hannover auf,
Wort zu halten und ein umgehendes Verbot zu unterstützen. AgE
DEUTSCHLAND
Einigkeit über EEG-Reformbedarf beim Biogas
Aigner sieht Fehlentwicklungen - Kritik an starkem Maisanbau erneuert - Niedersachsen
wirbt für sein Einheitsmodell zur Biogasförderung - Komplizierte Bonistruktur von DBFZExpertin kritisiert - Vergütungen nahe 30 Cent pro Kilowattstunde möglich - Höher:
Güllebonus war ein verkappter Maisbonus - Grundsatzkritik an Nawaro-Förderung vom vTI
BERLIN. Politik und Fachwelt sind sich einig, dass die Biogasförderung im ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) verändert werden muss, um Fehlentwicklungen zu stoppen. Welche
Instrumtente dazu angepackt werden sollen, ist allerdings strittig. Das wurde am vergangenen
Donnerstag bei einer Konferenz der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Berlin
deutlich. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r kündigte an, die Vergütungsregeln
„mit Augenmaß“ anzupassen. Negative Entwicklungen stellte die Ministerin mit Blick auf
Flächennutzung, Pachtpreise und Landschaftsbild fest. Die CSU-Politikerin kritisierte zudem
die Entwicklung hin zu bonusoptimierten Anlagen (BOAs). Nachdem Bundeskanzlerin
Angela M e r k e l kürzlich Mais-Monokulturen kritisiert hatte, schloss sich Aigner diesen
Bedenken an. Mais-Monokulturen seien in Deutschland zudem nachteilig für die
Artenvielfalt. Dr. Daniela T h r ä n vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ)
erklärte, dass Alternativen aufgrund geringerer Energieausbeuten kostspieliger schienen als
der Mais. Thrän plädierte angesichts kaum noch zu durchschauender Zusammenhänge
zwischen der Vielzahl der Boni im aktuellen EEG für Vereinfachungen. Durch die
Kombination von Boni sei es momentan durchaus möglich, eine Biogas-Vergütung von knapp
30 Cent/kWh zu erzielen. „Relativ hohe Vergütungen sind die Regel“, bilanzierte Thrän die
Entwicklung seit der letzten Novellierung, mit der eine Erhöhung des Bonus für
nachwachsende Rohstoffe (Nawaro-Bonus) um 1 Cent auf 7 Cent/kwh, die Einführung des an
den Nawaro-Bonus gekoppelten Güllebonus sowie die Schaffung weiterer
Spezialvergütungen einhergegangen war.
An Grenzkosten in Ackerbauregionen orientieren
Dass die durch das EEG 2009 entstandenen Verwerfungen vor allem regional, und zwar in
den Veredlungsregionen zu Problemen führen, machte Dr. Gerd H ö h e r vom
Landwirtschaftsministerium Niedersachsens geltend. Sein Bundesland plädiert wegen des
komplizierten Bonisystems mit fehlenden Effizienzanreizen für einen einheitlichen,
größenabhängigen Vergütungssatz bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen. Dieser soll sich an
BIOENERGIE
den Grenzkosten in Südniedersachsen oder anderen Teilen Deutschlands, nicht aber an
Schweinehochburgen wie Vechta-Cloppenburg orientieren. Dort hat die
Quersubventionierung des Nawaro-Bonus durch den Güllebonus zu Nährstoffkonkurrenz
zwischen Gärresten und tierischen Exkremten geführt. „Der Güllebonus war nichts anderes
als ein verkappter Maisbonus“, beurteilt Höher die geltende Rechtslage, wonach der
Güllebonus in Höhe von 4 Cent/kWh bis 150 KW für den gesamten bis zu dieser
Leistungsgrenze produzierten Strom gezahlt wird, obwohl nur ein Bruchteil der Energie aus
der Gülle stammt, die mindestens 30 % der Masse im Vergärer ausmachen muss. Gleichzeitig
machte Höher vor dem Hintergrund von Energiepolitik und Klimaschutz deutlich: „Wenn wir
unsere Ziele erreichen wollen, ist das ohne Energiepflanzenanbau nicht darstellbar.“
Indirekte Landnutzungsänderungen ins Spiel gebracht
Anders sieht es Dr. Yelto Z i m m e r vom Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI). Er
plädiert für eine Begrenzung des Energiepflanzenanteils im Vergärer auf 5 %. Als
Begründung führte er unter anderem relativ hohe CO2-Vermeidungskosten von 400 Euro bis
500 Euro pro Tonne bei hohem Nawaro-Einsatz im Vergärer an. Deutlich geringer sind die
CO2-Vermeidungskosten dagegen bei starkem Gülleinsatz, den der vTI-Forscher daher
bevorzugt. Wird das EEG in derzeitiger Form fortgeschrieben, befürchtet Zimmer, dass die
landwirtschaftlichen Betriebe langfristig auf die Biogasproduktion umsteigen. Aufgrund
steigender Pachten erwartet Zimmer unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, dass
Schweine- und Geflügelhalter Einbußen zu verkraften haben und wegen steigender Pachten in
die gewerbliche Tierhaltung gedrängt werden. Mit Blick auf die Umweltpolitik übertrug
Zimmer die im Biokraftstoffbereich heiß diskutierten „indirekten Landnutzungsänderungen“
auf die Biogasbranche. Bei Berücksichtigung solch indirekter Landnutzungsänderungen geht
der vTI-Wissenschaftler von einem Aufschlag von 40 % auf die CO2-Emissionen aus. Für
Zimmer sind die derzeitigen Ausbauziele bei der Bioenergie nicht realisierbar und
klimapolitisch nicht sinnvoll. „Wir müssen die ganze Strategie auf den Prüfstand stellen“,
verlangte Zimmer und knüpfte an Kritik an, die der Wissenschaftliche Beirat beim
Bundeslandwirtschaftsministerium schon in seinem Bioenergiegutachten gemacht hatte.
Aigner will Anlagenbegriff präzisieren
Dr. Claudius d a C o s t a G o m e z vom Fachverband Biogas (FvB) betonte hingegen, das
größte energetische Potential der Biogasnutzung liege in der Verwendung von
Energiepflanzen. Der FvB-Geschäftsführer betonte, kritische Diskussionen um Biogas
beschränkten sich im Wesentlichen auf die Regionen mit intensiver Viehhaltung.
Hauptursache für Fehlentwicklungen sei die fehlerhafte Ausgestaltung des Güllebonus und
nicht der Nawaro-Bonus. Da Costa Gomez bekräftigte die FvB-Forderung nach einer
Entkopplung des Gülle- vom Nawarobonus und sprach sich dafür aus, den Anlagenbegriff
abschließend zu klären. Diese Forderung ist bei Ministerin Aigner auf offene Ohren gestoßen.
Die CSU-Politikerin kündigte an, den Anlagenbegriff zu präzisieren, um Anlagensplitting zu
verhindern. Dieses Thema - der im Gesetz geschaffene Anreiz zur Produktion von Strom in
Kleinanlagen, für die höhere Vergütungen als für größere gezahlt werden - ist beim EEG ein
Dauerbrenner. Eine Frage, die dabei Anlagenbetreiber und häufig auch Juristen beschäftigt,
ist die, wie Satelliten-Blockheizkraftwerke (Satelliten-BHKW) zu sehen sind, als Erweiterung
einer alten oder als neue Biogasanlage.
„Keine erkennbaren Kostensenkungen durch Marktausbau“
Im Fachjargon werden solche Satelliten-BHKW auch Super-BOAs tituliert. Die Entwicklung
hin zu BOAs wurde von Fachleuten wie Höher aus Niedersachsen wie auch von DBFZExpertin Thrän beklagt. Thrän konstatierte als eine Schwachstelle des aktuellen EEG eine
Entwicklung hin zu Konzepten, die auf die Vergütung ausgerichtet, aber weder besonders
kosteneffizient noch klimagaseinsparend seien. Als weitere Schwachstellen identifizierte
Thrän eine teilweise fehlende Praxisnähe des Emissionsminderungsbonus und die Vergütung
für die Gärresttrocknung. Diese war auf Drängen von Unions-Agrarpolitikern ins aktuelle
EEG aufgenommen worden. Laut Thrän gibt es im Biogas- und Bioenergiebereich keine
erkennbaren Kostensenkungen durch Marktausbau. Als Gründe nannte sie die hohen
Rohstoffkosten in der Kalkulation einerseits und gestiegene Umweltanforderungen für
Anlagenbauer andererseits. Angesichts hoher Anlagenpreise von rund 6 000 Euro pro KW für
gängige kleinere Biogasanlagen mit einer Leistung von rund 200 KW sehen andere Fachleute
in der Branche aber Luft für niedrigere Anlagenpreise. Anders als beispielsweise im
Solarstrombereich fehlt es aber an Konkurrenz durch Importdruck.
NABU für Umweltbonus von 9 Cent
Wasser auf die Mühlen von Umweltschützern sind Aigners Bedenken gegenüber dem Mais.
So warnte Florian S c h ö n e vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), die Verengung
von Fruchtfolgen durch den Anbau von Mais auf Mais bringe neue ökologische und
pflanzenbauliche Probleme. Der NABU fordert einen Umweltbonus in Höhe von 9 Cent/kWh
für Anlagen bis zu einer Größe von 500 KW und darüber hinausgehend eine degressive
Ausgestaltung, um die Nutzung „naturverträglicher Anbaubiomasse“ wie Mischkulturen,
Kleegras, Extensiv-Grünland und Dauerkulturen zu fördern. Nicht lösen lässt sich das
Akzeptanzproblem in der Bevölkerung hingegen nach seiner Einschätzung mit Sudangras und
Zuckerhirse, die im Erscheinungsbild dem Mais gleichen. Mais sei aus Naturschutzsicht nicht
zwingend schlechter als der Raps, entscheidend sei die räumliche Konzentration. Der
Widerstand gegen den Maisanbau für die Biogasnutzung kommt Schöne zufolge mittlerweile
weniger aus dem Naturschutz als vielmehr aus den Branchen Tourismus, Veredlung,
Wasserwirtschaft und Jagd. Sorgen macht dem NABU-Agrarexperten der Grünlandumbruch.
„Wegen der Saldierungseffekte nützt uns hier Cross Compliance nicht“, sagte Schöne vor
dem Hintergrund der EU-rechtlichen Vorschriften, wonach ein Umbruchverbot verhängt wird,
wenn mehr als 5 % der Fläche zu Ackerland gemacht wurden. Die Saldierungseffekte haben
laut Schöne negative Auswirkungen, weil tiefgründige, feuchte Böden umgebrochen, andere
hingegen in Grünland umgewandelt werden. AgE
DEUTSCHLAND
Dierkes: „Wir müssen die Trends erkennen“
Gemeinsame Konzepte über Verbandsgrenzen hinweg verteidigt - Personelle Verstärkung bei
Marktinformationen angekündigt - Persönliche Enttäuschung über „Initiative Pro ISN“ zum
Kurswechsel - Neue Strategie war laut Dierkes in den Gremien unterstützt worden Branchenkommunikation für den ISN-Vorsitzenden „unbedingt notwendig“
BERLIN. Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands
(ISN), Heinrich D i e r k e s , verteidigt die neue Strategie seines Verbandes, sich verstärkt
gesellschaftspolitischen Themen zu stellen, die Einfluss auf die Agrarproduktion haben. „Bei
den Themen Tierschutz und Nachhaltigkeit müssen wir die Trends erkennen“, mahnte
Dierkes am vergangenen Donnerstag gegenüber dem Presse- und Informationsdienst AGRAEUROPE. „An der einen oder anderen Stelle“ lasse sich mit diesen Themen für die Landwirte
auch ein Mehrwert erzielen. Gleichzeitig kündigte er Widerstand gegen die
Tierschutzinitiative von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r an. Auf
Unverständnis stößt bei Dierkes die „Initiative Pro ISN“, die für die Mitgliedersammlung am
Dienstag in Osnabrück mit einer eigenen Wahlliste antritt, auf der auch das ISNVorstandsmitglied August R i e t f o r t steht. Die Kritik der Initiative am aktuellen ISN-Kurs
ist für Dierkes „in keinster Weise nachvollziehbar“. Unter anderem hatte die Initiative zu
wenig Einsatz während der Dioxinkrise beklagt. Dierkes machte hingegen geltend, die ISN
ORGANISATION
habe während der Krise „die besten und schnellsten Informationen“ geboten. Zur Wahl stehen
in Osnabrück zwei der insgesamt sechs Posten im ISN-Vorstand. Außerdem steht die
Neubesetzung zahlreicher Beiratsposten an.
Regionale Ausgewogenheit angestrebt
Über die „Initiative Pro ISN“ und den geforderten Richtungswechsel zeigte sich Dierkes auch
persönlich enttäuscht, denn man habe die neue Strategie in allen zuständigen Gremien beraten
und dort einhellige Unterstützung erhalten. Der „Initiative Pro ISN“ warf er vor, Inhalte aus
der Verbandsstrategie einfach übernommen zu haben und vermisst in deren Wahlvorschlag
die regionale Ausgewogenheit. Dierkes sprach von einem „Dammer Mästerverband“. Die
Unruhe im Verband erklärt sich für ihn ein Stück weit aus dem Generationswechsel und den
damit verbundenen Umstellungen in den ISN-Gremien sowie im Wechsel der
Geschäftsführung. Vor knapp einem Jahr hatte sich die ISN überraschend von ihrem
langjährigen Geschäftsführer Detlef B r e u e r getrennt. Zur Begründung waren
unterschiedlichen Auffassungen über die weitere strategische Ausrichtung der ISN-Arbeit
angegeben worden. Im Herbst übernahm dann Dr. Torsten S t a a c k den
Geschäftsführerposten. Er wechselte von der Qualität und Sicherheit GmbH (QS) zur ISN.
Erst die Finanzierung, dann die Inhalte
Bestandteil der neuen ISN-Strategie ist für Dierkes unter anderem, verbandsübergreifende
Aktionen nicht zu scheuen. „In zentralen Fragen wie der Branchenkommunikation und der
Schweinehaltung sind gemeinsame Konzepte gefragt“, sagte der Sauenhalter und
Schweinemäster aus dem niedersächsischen Goldenstedt mit Blick auf die Abstimmung mit
dem Deutschen Bauernverband (DBV) und dem Zentralverband der Deutschen
Schweineproduktion (ZDS) zur Verbesserung der Imagepflege. „Die
Branchenkommunikation wird sehr stark von uns gefordert, zusammen mit DBV und ZDS“,
betonte Dierkes, für den ein solches Konzept zur Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit
„unbedingt notwendig“ ist. Die angestrebte Branchenkommunikation hatte Anfang des Jahres
für Wirbel gesorgt, nachdem in einem Schreiben der Westfleisch von einem Betrag von
20 Cent pro Schlachtschwein dafür die Rede war. Ob es tatsächlich auf solch einen Betrag
hinausläuft, steht für den ISN-Vorsitzenden noch nicht fest. Jedenfalls sind 20 Cent für
Dierkes kein Betrag „von dem man sagen könnte, die Welt geht unter“. Gleichzeitig bekannte
er sich dazu, die Branchenkommunikation organisatorisch schlank zu halten. „Wenn die
Finanzierung sichergestellt ist, steigen wir in die Sachdiskussion ein“, kündigte er an.
Junge Landwirte als Sympathieträger
Die Dioxinkrise hat für Dierkes den Handlungsbedarf gezeigt. „Dass jemand wie ExBundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz F u n k e in Fernsehdebatten den Part der
Agrarwirtschaft abdeckt, ist nicht ‚up to date’. Wir haben gute, junge Landwirte, die das auch
könnten“, so Dierkes mit Blick auf Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit. Eine wichtige
Stoßrichtung soll die Aufklärung der Bevölkerung über die Landwirtschaft sein. Nach dem
Ende der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) wird hier
vielerorts eine Lücke gesehen. Für die CMA mussten die Tierhalter einst 51 Cent pro
Schlachtschwein abführen.
Gegen Zeitplan für Ausstieg aus Schwanzkupieren
Dierkes machte deutlich, dass in der Nachhaltigkeits- und Tierschutzdebatte neben Chancen
auch Gefahren lauern. So wandte er sich vor dem Hintergrund der jüngsten Vorschläge von
Ministerin Aigner gegen Versuche, den Schweinehaltern neue Tierschutzauflagen
aufzudrücken. Die Schweinehalter müssten ihren Sachverstand in die Debatte einbringen. Zu
hinterfragen sei eine Abschaffung des Schwänzekupierens. „Das sehe ich ganz kritisch“,
unterstrich Dierkes und wandte sich gegen einen konkreten Zeitplan zum Ausstieg. Auch
warnte er vor Auflagen des Handels, die für den Landwirt mehr Kosten als Nutzen bringen. In
diesem Zusammenhang erwähnte er die niederländische Kette Albert Heijn und deren
Sternesystem für Fleischprodukte. Die Aktion Tierwohl der Westfleisch sieht er in erster
Linie auf den englischen Markt ausgerichtet. Trotzdem zeigt sich Dierkes überzeugt, dass „in
einem differenzierten Markt“ auch Platz für neue Vermarktungsinitiativen ist, die Mehrwert
für die Schweinehalter abwerfen. Eine der wichtigsten Prioritäten ist für Dierkes unverändert
die Marktinformation für die Mitglieder. „Wir wollen uns in diesem Bereich personell noch
verstärken“, kündigte er an. Der Markt habe sich verändert. Der Export als Wachstumsmotor
spiele mittlerweile eine wichtige Rolle. Auch in diesem Bereich würden Informationen
gebraucht. Ob er diese vor allem intern oder auch durch Zukauf, so bei der Agrarmarkt
Informations GmbH (AMI), beschaffen will, ließ Dierkes offen: „Wir werden da sicher
mehrere und nicht nur einen Partner haben.“ AgE
DEUTSCHLAND
PERSONALIEN
Bernd Terhalle führt DRV-Fachausschuss der Vieh- und Fleischwirtschaft
BERLIN/MÜNSTER. An der Spitze des Fachausschusses für die genossenschaftliche Viehund Fleischwirtschaft im Deutschen Raiffeisenverband (DRV) hat ein Wechsel stattgefunden.
Wie der DRV am vergangenen Mittwoch mitteilte, wurde Bernd T e r h a l l e , seit
Jahresanfang geschäftsführender Vorstand der Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh
Hümmling, zum neuen Vorsitzenden des Fachausschusses gewählt. Er ist Nachfolger von
Martin W e s s e l m a n n , der sein Amt aus persönlichen Gründen niederlegte. Seit 2005
engagiert sich Terhalle im Fachausschuss Vieh- und Fleischwirtschaft des
Genossenschaftsverbandes Weser-Ems; seit 2007 ist er Mitglied des DRV-Fachausschusses.
Von 2005 bis 2007 gehörte er darüber hinaus dem Arbeitskreis Viehvermarktung des
Raiffeisenverbandes an. Von 2007 bis 2010 zählte die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh
Hümmling zu den Partnern des Projektes „Allianzen für Informations- und DienstleistungsAgenturen“ (AIDA) der Gruppe West. AgE
BRASILIEN/WELT
GEFLÜGELMARKT
Brasiliens Geflügelfleischexport trotzt starkem Real
BRASÍLIA. Die brasilianische Geflügelwirtschaft hat ungeachtet der Aufwertung der
Landeswährung Real im Export einen neuen Rekord aufstellen können. Wie der USAgrarattaché in Brasília unter Bezug auf die nationale Statistik berichtete, steigerte Brasilien
2010 die Ausfuhr von Hähnchenfleisch im Vergleich zum Vorjahr um 191 700 t oder fast 6 %
auf 3,63 Mio t Produktgewicht. Die Erlöse erhöhten sich um fast 18 % auf rund 6,3 Mrd $
(4,7 Mrd Euro). Wichtigster Abnehmer war Saudi Arabien, das die Bezüge gegenüber dem
Krisenjahr 2009 um 11 % auf 551 000 t steigerte. Die Lieferungen nach Japan nahmen um gut
ein Viertel auf 386 500 t zu. Differenziert war die Entwicklung im Fall Chinas: Während
Hongkong den Einkauf von brasilianischem Hähnchenfleisch um fast 23 % auf 331 500 t
drosselte, verfünffachten sich die Bezüge der Volksrepublik auf 121 500 t. Die Ausfuhren in
die EU-27 gingen um etwa ein Zehntel auf 281 900 t zurück, während sich die Lieferungen
nach Russland verdoppelten, und zwar auf 144 300 t. Der Putenfleischexport Brasiliens fällt
eher bescheiden aus und ging im Berichtsjahr gegenüber 2009 um etwa 4 % auf knapp
159 000 t zurück. Der mit Abstand wichtigste Bezieher war hier die EU mit 87 000 t. Neben
der Dynamik im Exportgeschäft profitierte die brasilianische Geflügelwirtschaft im
vergangenen Jahr auch von einer regen Inlandsnachfrage, die durch die positive
konjunkturelle Entwicklung und die sehr hohen Rindfleischpreise gestützt wurde. Ökonomen
gehen davon aus, dass sich die Zahl der Menschen mit mittlerem Einkommen in Brasilien
während der letzten fünf Jahre um 30 Millionen erhöht hat. Die Hähnchenfleischerzeugung im
Land belief sich 2010 auf rund 12,3 Mio t und dürfte nach der Vorhersage des USAgrarattachés im laufenden Jahr auf 12,9 Mio t steigen. Die Ausfuhr soll um 4 % zulegen.
Gerechnet wird vor allem mit einem Anstieg der Lieferungen nach China und Hongkong.
Derzeit verhandeln Vertreter beider Länder über die Zulassung weiterer brasilianischer
Betriebe für den Export. Ein Veterinärabkommen mit Malaysia steht vor dem Abschluss.
Sorge bereitete zuletzt die Entwicklung in Ägypten, das 2010 rund 124 500 t Hähnchenfleisch
aus Brasilien bezog. AgE
Brasiliens Export von Geflügelfleisch
(2009 und 2010, in t Produktgewicht)
2009
2010
2010:09
in v.H.
3 437 928
496 401
307 856
428 397
311 762
212 039
160 766
204 975
164 810
72 814
54 134
23 989
3 629 601
550 969
386 476
331 466
281 878
208 333
181 445
174 670
164 408
144 328
124 451
121 522
+      5,6
+    11,0
+    25,5
-    22,6
-      9,6
-      1,7
+    12,9
-    14,8
-      0,2
+    98,2
+  129,9
+  406,6
163 574
95 643
157 820
87 241
-      3,5
-      8,8
Hähnchenfleisch
insgesamt
darunter nach Saudi Arabien
Japan
Hongkong
EU-27
VAE
Südafrika
Kuwait
Venezuela
Russland
Ägypten
China
Putenfleisch
insgesamt
darunter nach EU-27
AGE
7-2011
DEUTSCHLAND/WELT
SITUATIONSBERICHTE
„Teller oder Tank“-Diskussion greift zu kurz
Die Konkurrenz um landwirtschaftliche Nutzfläche schließt nach Ansicht des BayerCropScience-Projektleiters Kern auch die Begriffe „Trog, Taille, Tonne und Tierfutter“ ein Credo der Zukunft muss lauten: „Mache mehr mit weniger - und besser“ - Globus steht vor
einer Verschiebung der politischen und wirtschaftlichen Machtzentren
KÖLN. Die effizienteste Nutzung der weltweit begrenzten landwirtschaftlichen Flächen
dürfte angesichts des wachsenden Energiehungers der Welt zu einer Notwendigkeit werden.
Davon ist Dr. Manfred K e r n , Projektleiter von „Landwirtschaft 2025“ bei Bayer
CropScience, überzeugt. Die „Teller oder Tank“-Diskussion greift dabei nach seiner Ansicht
viel zu kurz. Kern erweiterte bei der Bayer-Wintertagung 2011 am Dienstag vergangener
Woche in Köln die Liste der Verwendungsalternativen um die Begriffe Trog, Taille, Tonne
und Tierfutter. Da ein Drittel aller Lebensmittel auf dem Müll landeten und rund 10 % der
landwirtschaftlichen Fläche für die Produktion von Haustierfutter genutzt würden, seien das
Bereiche, die nicht unter den Tisch fallen dürften, betonte der Projektleiter. Mit dem Begriff
„Taille“ sprach Kern die Fettleibigkeit vieler Menschen in Industriestaaten und
Schwellenländern an. Die Alternativen Teller und Trog stünden symbolisch für die
Möglichkeiten, die Nahrungsenergie in der Form primärer oder sekundärer Kalorien zu sich
zunehmen. Dazu stellte Kern fest, dass 2025 voraussichtlich rund 7 Milliarden Menschen auf
der Welt leben dürften. Der Kalorienbedarf der Weltbevölkerung werde dann doppelt so hoch
sein wie 1995. Auch im Energiebereich sind dem Projektleiter zufolge grundlegende
Veränderungen zu erwarten. Der Verbrauch an fossilen Brennstoffen müsse drastisch
verringert werden, so Kern, der in diese Forderung auch die Landwirtschaft ausdrücklich mit
einbezog. Deren Energieanteil an der gesamten Lebensmittelkette einschließlich des
Kühlschranks beim Verbraucher bezifferte der Bayer-CropScience-Projektleiter auf 20 %. In
der Landwirtschaft selbst liege die Schnittstelle vor allem bei den Maschinen, was nach
Ansicht des Fachmanns für die Verwendung größerer Einheiten spricht. Für die Zukunft kann
sich Kern aber auch Roboter oder Traktoren mit Brennstoffzellen auf den Feldern vorstellen.
Der Biokraftstoffnutzung komme ebenfalls eine wichtige Rolle zu.
Mehr mit gleichem Input zu wenig
Die Reduzierung des fossilen Energieverbrauchs wird nach Einschätzung von Kern allein aber
nicht reichen. Es werde auch nicht darum gehen, mit dem gleichen Input mehr zu erzeugen,
sondern darum, „mit weniger mehr zu machen - und das besser“, betonte der BayerCropScience-Projektleiter. Als eine zentrale Aufgabe für die Zukunft sieht er deshalb den
kontinuierlichen Vergleich zwischen energetischem In- und Output. Dabei dürfte nach
Ansicht von Kern auch das Carbon-Footprint-Prinzip immer stärker an Bedeutung gewinnen.
Beispielsweise habe afrikanischer Wein hierzulande trotz des Transportes eine bessere CO2Bilanz als Wein aus Frankreich und das könnte sich in der Zukunft zu einem „unschlagbaren
Verkaufsargument“ entwickeln. Neuseeländische Äpfel wiesen ab Februar eine günstigere
Energiebilanz als Äpfel aus deutschen Kühllagern auf. Kern verwies in dem Zusammenhang
auf den britischen Lebensmitteleinzelhandel, wo das Thema CO2-Emissionen ganz oben auf
der Agenda stehe. So habe die Kette „Tesco“ das Ziel angekündigt, den CO2-Fußabdruck für
jedes Produkt anzugeben. Doch auch die gesamte Landwirtschaft sollte auf ihr CO2Bindungspotential aufmerksam machen, führte der Projektleiter aus. Im Jahr 2008 habe die
deutsche Land- und Forstwirtschaft rund 168 Mio t CO2 gebunden, denen lediglich 133 Mio t
freigesetztes CO2 gegenübergestanden hätten. Damit sei die Land- und Forstwirtschaft die
einzige Branche mit einem Negativsaldo an CO2-Emissionen.
Anbauzonen wandern in Richtung Pole
Die steigende Weltbevölkerung und der wachsende Nahrungsenergiebedarf erforderten ein
ebenso großes Wachstum des landwirtschaftlichen Ertrages, stellte Kern weiter fest. Dazu
bedürfe es weiterer Verbesserungen beim Saatgut, denn ohne eine Erhöhung des genetischen
Ertragspotentials der Pflanzen gebe es auch keinen Ertragsfortschritt. Bis 2025 sei eine
Verdopplung der globalen Nahrungsmittelerzeugung erforderlich. Aber wer von ihnen könne
in 15 Jahren den Ertrag auf seinen Flächen verdoppeln, fragte Kern die anwesenden
Landwirte. Mit den heutigen Bausteinen sei dies nicht möglich. Nach Ansicht des Experten
wird weltweit die Biotechnologie eine wichtige Rolle bei der Lebensmittelversorgung der
Menschen spielen. Kern beklagte, dass Deutschland hier „gedeckelt“ sei. Die Politik dürfe
aber die Augen vor der Notwendigkeit der Gentechnik nicht verschließen. Auch müsse
intensiv an Pflanzenschutz- und Düngemaßnahmen geforscht werden, um das vorhandene
Ertragspotential der Pflanzen voll auszuschöpfen. Der Ertrag werde jedoch auch maßgeblich
von den klimatischen Bedingungen bestimmt. Durch die Erderwärmung dürften die
Anbauzonen in Richtung Pole wandern. Zu den Gewinnern des Klimawandels werden dem
Projektleiter zufolge deshalb der Norden der Vereinigten Staaten, Kanada, die EU, Russland,
Kasachstan und China zählen. Verlierer seien der Süden der USA, Südostasien, Afrika,
Australien und Südamerika mit Ausnahme von Argentinien. Es werde vor allem die Regionen
treffen, wo schon heute eher schlechte Klimabedingungen für die Landwirtschaft herrschten.
Es geht auch um Verlustminimierung
Kern verwies mit Blick auf den wachsenden Nahrungsmittelbedarf und die Notwendigkeit der
Ertragssteigerung in der Landwirtschaft auch auf die Bedeutung der Verlustminimierung. Die
weltweiten Ertragsverluste, die durch Unkräuter, Insekten, Pilzkrankheiten und Wirbeltiere
verursacht würden, hätten sich im Jahr 2009 schätzungsweise auf einen Gesamtwert von fast
230 Mrd $ (170 Mrd Euro) summiert. Im Einzelnen beliefen sich die Schäden durch
Unkräuter auf 95 Mrd $ (70 Mrd Euro), durch Pilze auf 85 Mrd $ (63 Mrd Euro) und durch
Insekten und Säuger auf mehr als 48 Mrd $ (36 Mrd Euro). Dem habe 2009 ein globaler
Pflanzenschutzmittelmarkt im Umfang von lediglich knapp 38 Mrd $ (28 Mrd Euro)
gegenübergestanden, berichtete der Projektleiter von Bayer CropScience. Der globale Markt
für Spritzgeräte habe 1,8 Mrd $ (1,3 Mrd Euro) betragen. Der weltweite Ertragsverlust durch
Unkräuter entspricht nach Darstellung Kerns einer Erntemenge von 380 Mio t Weizen und
damit gut der Hälfte der globalen Weizenerzeugung 2009. Der Projektleiter hob hervor, dass
zum Beispiel beim Zuckerrübenanbau in Deutschland mit jährlichem Pflugeinsatz der Anteil
des Pflanzenschutzes am Primärenergieeinsatz nur etwa 9 % betrage. Die Anwendung von
Pflanzenschutzmittel sei ein „wichtiger Partner für den Klimaschutz“, denn die durch sie
anfallenden Treibhausgasemissionen würden durch höhere Ernteerträge und Pflanzenmasse
um ein Vielfaches aufgewogen. In Bezug auf den Klimaschutz sei der konventionelle
Ackerbau drei Mal so effizient wie der ökologische. Nur gesunde Pflanzen könnten
Ressourcen effizient nutzen, betonte Kern.
Wer wird Chinas Schweine füttern?
Der Bayer-CropScience-Mitarbeiter hält zwar theoretisch eine Erhöhung der
landwirtschaftlichen Erträge und eine Reduzierung der Ernteverluste für möglich, um im Jahr
2025 die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern. Es gehe aber hierbei nicht nur um die
potentielle Möglichkeit; vielmehr sei dies eine Frage der wirtschaftlichen und politischen
Macht der einzelnen Länder, erklärte der Projektleiter. Europa dürfte an Einfluss verlieren
und werde diesen an produktivere Schwellenländer abgeben müssen, prophezeite Kern.
Deutschland werde voraussichtlich bis zum Jahr 2040 von Brasilien in der wirtschaftlichen
Bedeutung überholt. Der mit der globalen Wohlstandsentwicklung einhergehende Wandel des
Essverhaltens werde zu einer stetigen Erhöhung des Fleischbedarfs führen. Die Welt werde
hier vorangehen; da wäre es dann selbst egal, wenn alle Bundesbürger zu Vegetariern würden,
so Kern. Vielmehr werde in der Zukunft die Frage, „wer wird Chinas Schweine füttern“, im
Mittelpunkt stehen. Chinas strategisches Ziel sei es, bis 2015 eine auf sieben Tage angelegte
Fleischreserve für 500 Millionen Menschen anzulegen. Dies werde auch weiterhin den Boom
des Sojaanbaus in Lateinamerika anheizen, gab sich der Fachmann überzeugt. Gleichzeitig
planten die Vereinigten Staaten bis 2025 etwa ein Viertel ihres Energiebedarfs aus
nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen. In Brasilien habe die Regierung kürzlich weitere
100 Mio ha für die Landbewirtschaftung freigegeben. Kern resümierte auch mit Blick auf die
weltweit fortschreitende Anwendung der Biotechnologie: „Andere Länder entwickeln sich wir stehen still.“ Es bestehe eine strategische Notwendigkeit zum Fortschritt, unterstrich der
Projektleiter. Die effizienteste Nutzung von Land, Energie und Ressourcen werde zum
entscheidenden Parameter. AgE
Umrechnungskurs: 1 US$ = 0,7398 Euro
DEUTSCHLAND/EU/WELT
„Erfolgsstory“ der deutschen Schweinewirtschaft geht weiter
VIEH-/FLEISCHMARKT
Marktexperte Hortmann-Scholten rechnet mit Überkapazitäten der Schlachtunternehmen in
den nächsten Jahren - „Atemberaubende“ Entwicklung der Schweineschlachtungen in
Deutschland - Danish-Crown-Geschäftsführer Sönnichsen beruhigt deutsche Landwirte Ferkeldefizit der Bundesrepublik wird weiter wachsen
MÜNSTER. Die „Erfolgsstory“ der deutschen Fleischwirtschaft im Segment Schweine wird
weiter gehen. Davon haben sich sämtliche Referenten bei der Veranstaltung „Fokus Schwein“
im Rahmen der „Agrar-Unternehmertage“ am vergangenen Mittwoch in Münster überzeugt
gezeigt. Marktexperte Dr. Albert H o r t m a n n - S c h o l t e n von der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen zeichnete dabei ein für die heimischen Mäster
durchaus rosiges Bild, denn nach seiner Einschätzung dürfte sich deren Position gegenüber
den Schlachtunternehmen in den nächsten Jahren verbessern. Dafür sprechen laut HortmannScholten trotz der stetigen Konzentration die Expansionspläne der Fleischunternehmen. So
wolle beispielsweise der Marktführer Tönnies die wöchentlichen Schlachtkapazitäten für
Schweine am Standort Rheda-Wiedenbrück von derzeit rund 130 000 auf 160 000 Tiere und
in Weißenfels von bisher 50 000 auf 80 000 Tiere ausbauen. Insgesamt beabsichtigten die
führenden Schlachtunternehmen in Deutschland, ihre Kapazitäten um rund ein Fünftel zu
steigern; da stelle sich die Frage, wo die zusätzlichen Schlachtschweine herkommen sollten,
so der Marktexperte. Er sieht sowohl in den Nachbarländern als auch in Deutschland nur noch
wenig Spielraum für Produktionszuwächse. „Also werden wir Überhänge im Schlachtbereich
sehen“, prognostizierte Hortmann-Scholten, der die Steigerung der deutschen
Schweineschlachtungen um rund 20 Millionen Tiere in den vergangenen 13 Jahren als
„atemberaubend“ skizzierte. Diese Dynamik in der Branche nannte Steen S ö n n i c h s e n ,
Geschäftsführer von Danish Crown Deutschland, als einen Grund für die Übernahme der
D&S Fleisch in Essen und Oldenburg. „Wir sind nicht der böse Wolf“, betonte der Däne. Er
versicherte gegenüber den etwa 600 Besuchern, „wir wollen ein deutscher Betrieb sein und
deutsche Tiere schlachten beziehungsweise vermarkten“.
Die Luft wird dünner
Für 2011 rechnet Hortmann-Scholten mit bis zu 59,5 Millionen Schweineschlachtungen im
Bundesgebiet. Er wies darauf hin, dass der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch in
Deutschland von 87 % im Jahr 2000 auf zuletzt 115 % gestiegen sei. Der Export falle aber
zunehmend schwieriger. Die Luft werde dünner, denn die Weltmarktpreise für Schweine
seien in der Regel niedriger als die in der Europäischen Union. Derzeit liefen die Notierungen
im Export aber nach oben, führte Hortmann-Scholten aus. In Brasilien liegen die
Schweinepreise laut seinen Angaben aktuell bei umgerechnet 1,62 Euro/kg Schlachtgewicht
(SG). Gründe dafür seien die Aufwertung des Real und die rege Inlandsnachfrage. Das
südamerikanische Land profitiere aber auch vom Dioxinskandal in Deutschland, durch den
die hiesige Branche aus den Märkten in Asien „geschossen“ worden sei, stellte der Fachmann
fest. In den USA deuteten die Terminmärkte auf einen Anstieg der Schweinenotierungen bis
Mitte 2011 auf umgerechnet 1,60 Euro/kg SG. Trotz Dioxinskandals geht Hortmann-Scholten
von einer weiteren Expansion der heimischen Branche aus. Die rote Seite setze auf
Wachstum. Zu beachten sei die starke sektorale Konzentration. Tönnies, Vion und
Westfleisch deckten zusammen mehr als die Hälfte des Gesamtmarktes ab. Dies führe zu
einer wachsenden Abhängigkeit der Erzeugergemeinschaften von den einzelnen
Schlachtunternehmen. Herausforderungen sieht Hortmann-Scholten unter anderem in der
geplanten Änderung der Auto-Fom-Maske und der Ebermast. Die Ebermast werde schneller
als erwartet kommen, da der Lebensmitteleinzelhandel und Nichtregierungsorganisationen
Druck machten. Aldi Süd habe bereits angekündigt, in Zukunft nur noch unkastriertes Fleisch
zu vermarkten.
Dänen wollen Erfahrungen einbringen
Sönnichsen erklärte, durch die Übernahme von D&S Fleisch wolle Danish Crown einen
Zugang zum deutschen Markt erhalten. Der Konzern habe schon immer international agiert.
Bei einem Schweinefleischexportanteil Dänemarks von mehr als 80 % sei dies auch nicht
verwunderlich; anders hätte Danish Crown gar nicht überleben können, so der Däne. Bei den
Aktivitäten in Deutschland gehe es auch darum, die vielfältigen Exporterfahrungen des
Konzerns einzubringen und die Möglichkeit des Produktion-Benchmarking zu nutzen. „Wir
wollen den Betrieb in Essen entwickeln und sichern“, sagte Sönnichsen. Für das laufende
Kalenderjahr rechnet der Geschäftsführer mit einem im Jahresdurchschnitt nahezu
unveränderten Schlachtschweinepreis in Deutschland. Allerdings verwies er auf zahlreiche
Unsicherheitsfaktoren: Dazu gehörten unter anderem die Entwicklung der Futtermittelpreise,
der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Russland beziehungsweise der Maulund Klauenseuche (MKS) in Südkorea sowie die private Lagerhaltung von Schweinefleisch in
der EU. Insgesamt wertete Sönnichsen die Möglichkeiten als „gut“, gemeinsam mit dem
landwirtschaftlichen Berufsstand „Geld zu verdienen“.
Unverständlicher Wunsch deutscher Ferkelbezieher
Der Geschäftsführer der Danske Svineproducenter (LaDS), Hans A a r e s t r u p , berichtete,
dass der Bestand an Schweinen in Dänemark im vergangenen Jahr um rund 580 000 auf
12,29 Millionen Tiere gesunken sei. Die Zahl der Sauen habe dabei um rund 51 000 Stück
oder 5 % auf 1,06 Millionen Tiere abgenommen. Gemäß Modellrechnungen dürfte der
Zuchtsauenbestand in Dänemark bis zum Jahr 2015 um 15 % zurückgehen, erklärte
Aarestrup. Dieser Rückgang werde aber zu einem Großteil durch Produktivitätsfortschritte
ausgeglichen. Zum deutschen Ferkelmarkt brachte der Däne die Vorhersage, dass die hiesige
Importnachfrage bis zum Jahr 2015 noch um rund 5 Millionen Tiere wachsen werde. Im Jahr
2010 bezog die Bundesrepublik nach Angaben von Aarestrup etwa 6,2 Millionen Ferkel aus
Dänemark und 3,2 Millionen Ferkel aus den Niederlanden. Deutschland selbst habe rund
1,6 Millionen Ferkel exportiert. Kritisch äußerte sich der LaDS-Geschäftsführer zu den
Nachfragewünschen der deutschen Mäster. Diese wollten Duroc-Piétrain-Tiere, obwohl es
sich laut Aarestrup bei Duroc um die weitaus besseren Zuchttiere handelt. „Das wäre so, als
würde man einen Mercedes mit platten Reifen und Rostbeulen bestellen“, so der Däne
wörtlich. Das Problem aus dänischer Sicht sei, wenn es mit dem Export nicht funktioniere,
gebe es in Dänemark keinen Markt für Piétrain-Tiere.
„Mega-Stall“ auch in Holland ein Thema
Der Präsident des niederländischen Fachverbandes der Schweineproduzenten (NVV), Wyno
Z w a n e n b u r g , stellte fest, dass sich der Schlachtschweinemarkt in den vergangenen
zehn Jahren sehr internationalisiert habe. In den Niederlanden gebe es noch etwa
6 000 Betriebe mit Mastschweinen und rund 2 900 mit Sauen, wobei Gemischtbetriebe
doppelt erfasst seien, berichtete Zwanenburg. Der durchschnittliche Bestand an Schweinen je
Hof habe sich im Jahr 2010 auf 992 Tier und die mittlere Zahl an Sauen auf 380 Stück
belaufen. Ein aktuelles Thema in den Niederlanden sei der „Mega-Stall“, führte der NVVPräsident aus. In der Provinz Brabant unterlägen Stallbauten bereits Beschränkungen.
Etagenställe seien dort nicht mehr erlaubt. Diese Stalldiskussion treffe auch die
Milchviehhaltung. Außerdem werde in den Niederlanden aktuell über die Ausgestaltung der
Anlagen diskutiert. Der Schweinebestand in dem Nachbarland hat sich allerdings zuletzt laut
Zwanenburg stabil entwickelt. Die Ausfuhr von Schweinen und Ferkeln wuchs in den
vergangenen 15 Jahren nach Angaben des NVV-Präsidenten um rund 60 % auf 4,5 Millionen
beziehungsweise fast 90 % auf 6,4 Millionen Tiere. Gut 80 % aller niederländischen
Schweineexporte seien vergangenes Jahr nach Deutschland gegangen, etwa 10 % nach
Ungarn und gut 3 % nach Polen. Zwanenburg geht davon aus, dass die Ausfuhren nach
Deutschland weiter steigen und auch die Spezialisierung der Betriebe noch zunehmen wird.
Durch die EU-Vorschrift zur Gruppenhaltung ab 2013 sieht er kein Problem für die Betriebe
in Holland. Sehr ernst zu nehmen seien demgegenüber die Diskussionen um Transportzeiten,
denn für die Schweinepreisbildung in den Niederlanden sei es sehr wichtig, dass „wir ganz
Europa beliefern können“, betonte der NVV-Präsident. Er hob hervor, für das Tierwohl sei
die Betreuung während des Transports erheblich wichtiger als die Transportzeit. AgE
DEUTSCHLAND
GEFLÜGELMARKT
Gut 800 000 Tonnen Hähnchenfleisch in Deutschland erzeugt
BONN. Die Hähnchen- und Putenschlachtungen in Deutschland haben im vergangenen Jahr
deutlich zugenommen. Wie die die „Marktinfo Eier & Geflügel“ (MEG) unter Berufung auf
das Statistische Bundesamt am Montag vergangener Woche berichtete, belief sich die
deutsche Hähnchenfleischerzeugung 2010 auf 802 782 t, was gegenüber 2009 einen Zuwachs
von 7 % und bezogen auf das Jahr 2000 nahezu eine Verdopplung der Menge bedeutete.
Erstmals wurde im vergangenen Jahr laut MEG auch die Stückzahl der geschlachteten Tiere
ermittelt: Erfasst wurden dabei 591,17 Millionen Hähnchen, woraus sich nach Angaben der
Bonner Geflügelmarktexperten ein mittleres Schlachtgewicht von 1,4 kg errechnet. Noch
dynamischer als bei den Hähnchen entwickelten sich die Schlachtungen von Puten, die sich
im Berichtsjahr auf 478 469 t beliefen; das waren 9 % mehr als 2009. Die Menge des Jahres
2000 wurde damit um 65 % übertroffen. Es gelangten insgesamt 38,16 Millionen Puten zur
Schlachtung. Eine Unterscheidung zwischen Hähnchen und Hennen findet hier nicht statt; das
mittlere Schlachtgewicht pro Pute betrug 12,5 kg. An Enten wurden im vergangenen Jahr
bundesweit insgesamt 28,81 Millionen Tiere mit einem Durchschnittsgewicht von 2,3 kg
geschlachtet. Die Entenschlachtgesamtmenge verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr um
knapp 2 % auf 61 348 t; gemessen am Aufkommen von 2000 hat sich die Produktion
allerdings um 94 % erhöht. Insgesamt wurden 2010 in den meldepflichtigen Schlachtereien in
Deutschland 1,380 Mio t Geflügelfleisch erzeugt; das waren 7 % mehr als im Jahr zuvor. AgE
DEUTSCHLAND
Bundeslandwirtschaftsministerium tut sich schwer mit Nazi-Vergangenheit
Gutachten zu personellen Verflechtungen liegt seit 2007 vor - Keine Veröffentlichung geplant
- Kritik von Roth und Künast - Systematisches Vorgehen und Transparenz gefordert - Kleine
Anfrage der Bündnisgrünen im Bundestag - Ausstellung zum „Generalplan Ost“ demnächst in
Heidelberg
BERLIN. Über den Bericht zur Nazi-Vergangenheit des Bundeslandwirtschaftsministeriums
ist ein Streit entbrannt. Während das Agrarressort das 2005 angeforderte Gutachten nur intern
nutzen will, fordert die damalige Auftraggeberin Renate K ü n a s t die Veröffentlichung der
Ergebnisse. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion
von Bündnis 90/Die Grünen war bereits 2006 der Teilbericht zur Rolle und zu Inhalten der
Agrarpolitik und Agrarforschung des Reichslandwirtschaftsministeriums und
Reichsnährstandes im Nationalsozialismus fertiggestellt worden. Ende 2007 war der
Abschlussbericht für Kriterien zur Bewertung der Ehrwürdigkeit von ehemaligen Mitarbeitern
an das Ministerium übergeben worden. Hier sollen detaillierte personenbezogene Daten
ausgeschiedener Mitarbeiter aufgeführt sein, die beim Erstellen ehrender Nachrufe
berücksichtigt werden. Auf die Absicht des Agrarressort, den Bericht zur Nazi-Vergangenheit
im Gegensatz zum Vorgehen des Auswärtigen Amtes nicht freizugeben, reagierte die
Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia R o t h , mit Unverständnis. „Ilse A i g n e r muss
hier umgehend für Transparenz sorgen“, verlangte Roth. Sie forderte eine systematische
Beschäftigung mit dem Thema. Nötig sei ein Gesamtkonzept zur Aufarbeitung der Nazi-
AGRARPOLITK
Vergangenheit von Bundesministerien und -behörden mit nachvollziehbaren Kriterien und
klaren Aufträgen zum weiteren Umgang mit dem Thema.
Weitere Forschungen gewünscht
Künast, zurzeit Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, betonte gegenüber der
Berliner Zeitung, das Gutachten sei im Gegensatz zu den derzeitigen Aussagen des
Agrarressorts „natürlich zur Veröffentlichung vorgesehen“ gewesen. Sie unterstütze deshalb
die Forderung nach einer Freigabe mit Nachdruck. Auf Prostest traf auch die Aussage, dass
keine Folgeuntersuchungen geplant seien. Der Verfasser des Gutachtens, Prof. Andreas
D o r n h e i m von der Universität Bamberg, erklärte, er verstehe seine Arbeit als
Grundlagenforschung. Die personellen Kontinuitäten der Agrarpolitik vor und nach 1945
sowie die Agrarpolitik des Nationalsozialismus sollten nun systematisch erforscht werden.
Späte Entschuldigung der Agrarfakultät
Nicht nur die Ministerien scheinen sich mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus schwer zu tun.
So hat die Humboldt-Universität in Berlin erst nach intensivem Betreiben Einzelner 2002 eine
öffentliche Erklärung zum dort erstellten sogenannten „Generalplan Ost“ abgegeben. Dieser
war von Prof. Konrad M e y e r , Mitglied der SS und Direktor des Instituts für Agrarwesen
und Agrarpolitik an der Berliner Universität, unter aktiver Mitarbeit weiterer Wissenschaftler
der landwirtschaftlichen Fakultät entstanden und 1942 an Heinrich H i m m l e r übergeben
worden. Ziel des Plans war die Neuordnung und „Germanisierung“ der eroberten Gebiete
durch Zwangsvertreibung und Umsiedlung von vielen Millionen Menschen. Nach ersten
Räumungen in Polen verhinderte der Kriegsverlauf allerdings die weitere Umsetzung der
Pläne. Anlässlich des 60-jährigen Jahrestages des Generalplans entschuldigte sich der
Fakultätsrat „bei allen toten und noch lebenden Opfern, denen der verbrecherische
Generalplan-Ost und seine Folgen unendliches Leid zugefügt haben“. Er räumte ein, dass die
dazu gewonnenen Forschungsergebnisse im Bewusstsein der Fakultät und der Universität
bisher nur eine relativ bescheidene Resonanz gefunden hätten. Die Ausstellung zum
Generalplan Ost ist unter der Schirmherrschaft der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
seit mehreren Jahren als Wanderausstellung unterwegs. Ab Ende April 2011 wird sie in
Heidelberg zu sehen sein. AgE
DEUTSCHLAND/EU
Aigner kündigt Tierschutzoffensive an
Ministerin will strengere Vorgaben für die Nutztierhaltung - Maßnahmenkatalog liegt im
Ministerium vor - Plädoyer für europäisches Tierschutz-Label - Äußerungen lösen Irritationen
in den eigenen Reihen und Zustimmung bei der Opposition aus - DBV reagiert mit scharfer
Kritik
BERLIN. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r geht in Sachen Tierschutz in die
Offensive. In mehreren Zeitungsinterviews kündigte die CSU-Politikerin in der vergangenen
Woche überraschend Initiativen für eine Verbesserung des Tierschutzes insbesondere in der
Landwirtschaft an. Zu den in Aussicht gestellten Maßnahmen zählen ein Ausstieg aus der
Kleingruppenhaltung von Legehennen, ein Verbot des Schenkelbrands bei Pferden, strengere
Vorgaben für die Putenmast, Vorschriften für die Haltung von Mastkaninchen, ein Verbot von
Qualzucht sowie eine zügige Abkehr von der betäubungslosen Ferkelkastration. Auch die
Themen „Schwänzekupieren bei Ferkeln“ und „Schnabelkupieren“ stehen dem Vernehmen
nach auf Aigners Liste. Mit Nachdruck will sie sich für die Einführung eines europäischen
Tierschutz-Labels einsetzen. Obwohl die Ministerin mit ihren Äußerungen bereits politische
Pflöcke eingeschlagen hat, hält sie an der in Aussicht gestellten „Charta für Landwirtschaft
TIERSCHUTZ
und Verbraucher“ fest, die im Herbst im Ergebnis einer breiten gesellschaftlichen Debatte
vorliegen soll. In den eigenen Reihen sorgte Aigner mit ihren Verlautbarungen für
erheblichen Unmut. Mehrere Abgeordnete von Union und FDP warfen der Ministerin
eigenmächtiges und unabgestimmtes Vorgehen vor. Hingegen begrüßten Politiker der
Opposition die Initiative, bezweifelten aber, dass sich Aigner in der Koalition durchsetzen
wird. Als Indiz dafür wurde die ablehnende Haltung der Mehrheit von Union und FDP
gegenüber einem Verbot des Schenkelbrands in der Sitzung des Ernährungsausschusses am
letzten Mittwoch gewertet. Verärgert reagierte der Deutsche Bauernverband (DBV). Er hielt
Aigner Populismus vor.
Populistische Tierschutzdebatte
DBV-Präsident Gerd S o n n l e i t n e r wandte sich in ungewöhnlich scharfen Worten gegen
die Tierschutzpläne der Ministerin: „Wir verwahren uns gegen eine populistische
Tierschutzdebatte, wie sie jetzt von Ministerin Aigner losgetreten wird, ohne Rücksicht auf
die fatalen Folgen für die deutschen Bauernfamilien.“ Der Verbandspräsident verwies auf den
Rückgang des Selbstversorgungsgrads bei Eiern in Deutschland auf 50 %. Die Ursache dafür
liege allein darin, „dass Deutschland bisher nicht in der Lage war, hohe Tierschutzstandards
dort durchzusetzen, wo es wirklich erfolgreich möglich ist, nämlich auf europäischer Ebene in
Brüssel und in den internationalen Handelsabkommen“. Sonnleitner: „Es nützt den Hühnern
nichts, wenn wir auf Bodenhaltung setzen, die Eiprodukte für Kuchen, Pizza und alle
Fertiggerichte aber von Hennen stammen, die weiterhin in den alten, bei uns längst
abgeschafften Käfigen sitzen.“ Diese Käfige stünden mittlerweile allerdings in Mittel- und
Osteuropa, in Brasilien und in Thailand. Sonnleitner hob erneut die erheblichen Vorteile
hervor, die die gemeinsam mit dem Tierschutz entwickelte Kleingruppe habe, und zwar
sowohl im Tierschutz als auch im Gesundheitsschutz. Deshalb verrenne sich die
Bundesministerin mit ihrer Kritik an der Kleingruppenhaltung. Dies gilt nach Ansicht
Sonnleitners auch für andere Tierschutzfragen. So bringe Aigner mit ihrer Forderung nach
einer für die Ferkel lebensgefährlichen Betäubungsstrategie auch die Abkehr von der
Ferkelkastration völlig durcheinander. Ferner verstünden Millionen von Pferdeliebhabern in
Deutschland nicht, „wieso ein historisch gewachsenes Kulturgut wie der Pferdebrand durch
ein nicht ausgereiftes und für die Tiere schmerzhaftes Implantat eines elektronischen Chips
ersetzt werden soll“.
Tierschutz transparenter machen
Unterdessen wies ein Sprecher der Ministerin die Kritik des Bauernverbandes als
„unangemessen und unverständlich“ zurück. Er machte auf die in diesem Jahr anstehenden
wichtigen Weichenstellungen in der europäischen Agrarpolitik aufmerksam. Dabei gehe es im
Kern um die Zukunft der Landwirtschaft, die sich mit wachsenden Anforderungen
konfrontiert sehe. Bereits heute erfülle die deutsche Landwirtschaft höchste Standards.
Künftig werde neben dem Prinzip der Nachhaltigkeit die gesellschaftliche Akzeptanz ein
wesentlicher Erfolgsfaktor sein. Zwar müsse die Nutztierhaltung bereits heute höchsten
Anforderungen genügen, unabhängig von der Größe eines Betriebes. Dennoch gehe es darum,
die Tierhaltung „Schritt für Schritt weiter zu entwickeln und zu verbessern“. Ein
Kernanliegen des Agrarressorts sei es, den Tierschutz für die Verbraucher transparenter zu
machen. Diesem Ziel diene vor allem die Einführung eines europäischen Tierschutzsiegels.
Im Rahmen der in Aussicht gestellten Charta-Diskussion plant das Ministerium eigenen
Angaben zufolge in den kommenden Monaten Workshops zu den Themen Umwelt,
Tierhaltung, Globalisierung und Lebensmittel. Im September soll es dann eine
Abschlussveranstaltung geben.
Gegen ungerechtfertigte Pauschalverurteilungen
Mit deutlichen Worten ging die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene M o r t l e r auf
Distanz zu ihrer Parteifreundin. Ihr sei unklar, „worauf die angefachte Debatte abzielen soll“,
kritisierte Mortler in einer Presseverlautbarung. Mit Nachdruck warnte die fränkische
Abgeordnete vor ungerechtfertigten Pauschalverurteilungen zu Lasten aller Tierhalter.
Wichtig sei beispielsweise, klar zu definieren, was unter Massentierhaltung zu verstehen sei.
„Solange dies nicht öffentlichkeitswirksam geschieht, erweisen wir uns mit der Diskussion
einen Bärendienst", mahnte Mortler. Wenn in der Öffentlichkeit zuweilen bereits 180
Schweine als Massentierhaltung gewertet würden, zeige sich, wie groß der Aufklärungsbedarf
sei. Mortler: „Wir sprechen von Nutztierhaltung, die den Menschen ihre gesunde Ernährung
und den Bauernfamilien ihr Auskommen sichern soll, nicht über Kuscheltierhaltung." Die
CSU-Politikerin zeigte sich ebenso wie andere Agrarier der Union irritiert über das Vorgehen
der Ministerin und kritisierte ein „Vorpreschen“, ohne dass dieses Thema zuvor in der
Arbeitsgruppe der Union hinreichend diskutiert worden sei.
Kein Verständnis bei CDU-Agrariern
Ähnlich kritisch äußerte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes R ö r i n g . „Ich
habe keinerlei Verständnis dafür, dass sich ein Fachministerium auf eine populistische
Tierschutzdebatte einlässt und damit den ganzen Berufsstand in ein schlechtes Licht rückt“, so
der westfälische CDU-Abgeordnete. Der praktizierende Landwirt bezeichnete das Wohl der
Tiere als „Grundlage für die Existenz der Bauern“. Tierschutz sei daher selbstverständlich für
jeden Landwirt. Eine erfolgreiche Tierschutzstrategie gehe nur mit den Bauern. Deshalb, so
Röring, könne er die aktuellen Vorschläge des Ministeriums nicht akzeptieren. Dies werde er
auch in möglichen Gesetzgebungsverfahren „deutlich artikulieren“. Fraktionskollege FranzJosef H o l z e n k a m p mahnte zu umsichtigem Handeln. „Ich bin zurückhaltend, etwas zu
verbieten, wenn ich nicht weiß, wie sich die Alternativen entwickeln“, sagte Holzenkamp zu
einem möglichen Verbot der Kleingruppenhaltung. Gleichzeitig sprach sich der
Schweinemäster aus dem Oldenburger Münsterland dafür aus, offensiv mit dem Thema
Tierschutz umzugehen. „Tierschutz ist ein permanenter Prozess, den ich persönlich auch
immer mit eingegangen bin“, sagte Holzenkamp. Gerade in Niedersachsen habe man gute
Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht. Das zeigten freiwillige Vereinbarungen. Man müsse
aufpassen, nicht den Eindruck zu vermitteln, in der Vergangenheit nichts getan zu haben.
Erheblichen Gesprächsbedarf sieht der CDU-Politiker beim Thema Tierschutzsiegel, etwa zu
Kriterien, Kosten und Nutzen. „Wir können nicht nur was für Reiche machen“, warnte
Holzenkamp, für den Tier- und Verbraucherschutz nicht teilbar sind.
Wasser auf die Mühlen der Opposition
Der Vorsitzende des Ernährungsausschusses, Hans-Michael G o l d m a n n hielt Aigner vor,
ihr Vorgehen in Sachen Tierschutz sei „Wasser auf die Mühlen der Opposition“. Der FDPPolitiker ließ keinen Zweifel an der Notwendigkeit eines effizienten Tierschutzes. „Aber das
darf nicht als Luftballon steigen, sondern muss sich in konkreten Zielen und dann in Gesetzen
niederschlagen.“ Die Debatte um Dioxin in Futtermitteln habe gezeigt, „man muss vor allem
Lösungen präsentieren“. FDP-Agrarsprecherin Dr. Christel H a p p a c h - K a s a n erteilte
unterdessen einem raschen Ausstieg aus der Kleingruppenhaltung eine Absage: „Die
Kleingruppenhaltung ruckartig abzuschaffen, nutzt weder den Verbrauchern noch den
Legehennen“, so die FDP-Politikerin. Ihrer Einschätzung nach würden dann noch mehr
Produzenten ins europäische Ausland abwandern. Die im Ausland produzierten Eier würden
aber wieder importiert und konsumiert. Die Haltungsbedingungen dort seien aber schlechter
als hierzulande. Happach-Kasan: „Eine einseitige und erneute Verschärfung der
Haltungsbedingungen allein in Deutschland würde so zu einer Verschlechterung der
Lebensmittelqualität führen und den Legehennen nichts nützen.“ Das könne nicht im Sinn des
Tier- und Verbraucherschutzes sein. Die FDP wolle eine gemeinsame europäische
Tierschutz-Charta, „die nicht von Schnellschüssen bestimmt wird, sondern in die die Anliegen
der Verbraucher und der Landwirte, aber auch die Ergebnisse von Forschung und technischer
Entwicklung einfließen“.
Ankündigungsministerin
Für den Tierschutzbeauftragten der SPD-Bundestagsfraktion, Heinz P a u l a , erweist sich
Aigner auch beim Thema Tierschutz als „Ankündigungsministerin“. Nur wenige Tage nach
der „großspurig angekündigten Tierschutzoffensive“ habe die Bundesregierung im
Ernährungsausschuss des Bundestages eingeräumt, dass ihr „Tierschutzpaket“ am Anfang
stehe und sie über noch keine fertige Tierschutzkonzeption verfüge. Bei der ersten
Nagelprobe - der Abstimmung über das Verbot von Schenkelbrand bei Pferden - habe sich
zudem die Blockadehaltung der Regierungsparteien bestätigt. Paula: „Jede Initiative zur
Verbesserung des Tierschutzes wurde bisher blockiert, beispielsweise die Verbesserung der
Haltung von Kaninchen, Einführung eines Tierschutz-TÜV oder ein Verbot der Haltung von
Wildtieren in Zirkussen.“ Die SPD fordere Bundesministerin Aigner auf, ihre
Tierschutzoffensive zügig umzusetzen, das Tierschutzgesetz entsprechend zu ändern und
dabei das Verbot der Ferkelkastration ohne Betäubung nicht zu vergessen. Aigner müsse
endlich beweisen, dass sie mehr sei als ein weiblicher „Grüß-Gott-August“, forderte Paula.
Schritt in die richtige Richtung
Der agrarpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Friedrich
O s t e n d o r f f , begrüßte Aigners Initiative als Schritt in die richtige Richtung. Man werde
allerdings genau verfolgen, ob die Ministerin ihren Worten auch Taten folgen lasse und ob sie
mit dem Kupieren von Schwänzen bei Ferkeln ein weiteres, wirklich heißes Eisen anfasse,
erklärte der Grünen-Politiker. Den Abgeordneten von Union und FDP hielt Ostendorff vor,
die Ministerin „im Regen stehen zu lassen“. Den Beleg dafür sieht auch er in der Ablehnung
eines Antrages seiner Fraktion, der ähnlich wie Aigner ein Verbot des Schenkelbrandes bei
Pferden forderte. Verwundert zeigte sich Ostendorff über die scharfe Kritik des
Bauernverbandes an der Ministerin. Dessen Warnung vor einer „lebensgefährlichen
Betäubungsstrategie“ bei der Ferkelkastration sei an den Haaren herbeigezogen und in der
Praxis längst widerlegt. Das Eintreten für die Kleingruppenhaltung wertet der GrünenPolitiker als „Schlagen einer Schlacht von gestern“, nachdem der Markt längst sein Urteil
gegen diese Haltungsform gesprochen habe. Die Branche müsse endlich „nach vorne denken“
und offensiv die Tierschutzforderungen aufgreifen, mahnte Ostendorff.
Linke will Taten sehen
Der tierschutzpolitische Beauftragte der Linksfraktion, Alexander S ü ß m a i r , forderte
Aigner auf, ihren „vollmundigen Ankündigungen“ Taten folgen zu lassen. Dazu gehören für
den bayerischen Abgeordneten ein Verbot des Schenkelbrandes ohne Wenn und Aber, ein
Verbot der Käfighaltung von Hühnern und anderem Geflügel, ein generelles Verbot der
betäubungslosen Ferkelkastration ab 2012, schärfere Haltungsregeln für Mastkaninchen,
strengere Regeln für die Wildtierhaltung in Zoos und Gehegen sowie ein Wildtierverbot in
Zirkussen und schließlich rechtsverbindliche Verordnungen für Tierhaltung und Tierhandel.
Bundesratsforderungen als Vorbild
Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till B a c k h a u s begrüßte, „dass
die für Tierschutz zuständige Bundesministerin Aigner nun endlich auch Tierschutzfragen
aufgreift“. Er empfahl seiner Amtskollegin, „sich mit den seit langem bestehenden
Forderungen des Bundesrats auseinanderzusetzen“. Diese enthielten zum Teil weitergehende
Forderungen als im Vorschlag der Ministerin enthalten seien. Backhaus forderte die
Bundesministerin auf, nunmehr endlich das seit Jahren geforderte Prüf- und
Zulassungsverfahren für serienmäßig hergestellte Haltungssysteme für Nutztiere einzuführen.
Die umfassende Ermächtigungsgrundlage sei im Tierschutzgesetz schon seit 2009 verankert.
„Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern bereits 2008 ein Eckpunktepapier zur
Durchführung eines freiwilligen Prüfverfahrens oder eines obligatorischen Prüf- und
Zulassungsverfahrens mit Vertretern aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Allianz für
Tiere und Behörden erarbeitet.“ „Es ist nicht damit getan“, so Backhaus, „eine Haltungsform,
in diesem Falle die Kleingruppenhaltung für Legehennen, nicht mehr zu zulassen, weil das
Bundesverfassungsgericht formale Mängel im Verkündungsverfahren festgestellt hat.“
Zukunftsweisend für den Tierschutz sei es, Haltungseinrichtungen vor ihrer Anwendung auf
Tiergerechtheit zu prüfen und nur dann zu zulassen, wenn die Funktionalität hinsichtlich des
Tierverhaltens und der Tiergesundheit belegt sei.
Tierschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Zustimmend äußerte sich die Bundestierärztekammer. Deren Präsident Prof. Theo M a n t e l
nannte die Vorschläge Aigners einen „Schritt in die richtige Richtung“. Mantel betonte die
Bereitschaft der Tierärzte zur konstruktiven fachlichen Mitarbeit bei der Lösung von
Tierschutzproblemen in der Nutztierhaltung. In Verbindung mit systematischer tierärztlicher
Bestandsbetreuung werde der Tierschutz wesentlich zur Verbesserung der Tiergesundheit und
damit zur Optimierung des Betriebsergebnisses beitragen. Gleichzeitig müsse die Gesellschaft
jedoch erkennen, dass Tierschutz nicht zum Nulltarif zu haben sei. Mantel: „Artgemäße
Haltungsbedingungen erfordern zunächst höhere Investitionen und damit mehr Einsatz von
Finanzmitteln in der Landwirtschaft.“ Hier könne jeder Bürger einen Beitrag leisten und
Lebensmittel bewusst einkaufen.
Apel erwartet Maßnahmen auf nationaler Ebene
„Wir sind froh, dass die drängenden Tierschutzfragen, für die wir seit Jahrzehnten kämpfen,
angepackt werden“, erklärte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfg
ang
A p e l . Das angekündigte Tierschutzpaket müsse „eine Eilzustellung“ und zügig umgesetzt
werden. Dabei müsse national gehandelt werden. Auf keinen Fall dürfe es dazu kommen, sich
auf eventuelle EU-weit einheitliche Regelungen zurückzuziehen. Laut Apel „muss und kann“
die bisher betäubungslose und mit erheblichen Schmerzen für das Tier verbundene
Ferkelkastration aus Tierschutzsicht umgehend verboten werden. Dringender
Handlungsbedarf sei zudem überall da gegeben, „wo Haltungssysteme nicht tiergerecht sind
und Tiere in diese nur unter qualvollen Methoden hineinmanipuliert werden können“. Das
gelte für das schmerzhafte Kürzen der Schnäbel von Legehennen und Puten, aber auch für das
Abkneifen von Ferkelschwänzen.
Unverständnis bei Landwirten
Kritisch äußerte sich hingegen der Präsident des Bauernverbandes MecklenburgVorpommern, Rainer T i e t b ö h l . Die Äußerungen von Ministerin Aigner zur
Tierschutzdebatte stießen bei den Landwirten auf Unverständnis, teilte Tietböhl mit.
Beispielsweise vermisse man ein klares Wort, „dass der rechtlich verankerte Tierschutz nicht
öffentlich an den Pranger gestellt wird“. Völlig unakzeptabel sei eine Diskussion über
Bestandsgrößen: „Wir Landwirte entscheiden selbst, wie viele Nutztiere wir auf Grundlage
aller geltenden Rechtsvorschriften verantwortungsvoll halten“, so Tietböhl. Von ihrer
Fachministerin erwarteten die Landwirte in Deutschland, „dass wir uns auf geltendes Recht
verlassen können“. AgE
DEUTSCHLAND
SPD und IG BAU wollen bessere Bedingungen für Landarbeiter
Sozialdemokraten und Gewerkschaft wollen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der
Land- und Forstwirtschaft verbessern - Angemessene Entlohnung muss hinreichende
LANDARBEITER
Attraktivität sichern - Plädoyer für Mindestlohn - Maßnahmen zur Erhöhung von Arbeits- und
Gesundheitsschutz sowie zur Qualifizierung notwendig - Gemeinsame Erklärung
BERLIN. Die SPD und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) besinnen
sich auf ihre gemeinsamen Wurzeln. Beide Seiten wollen die Situation der Arbeitnehmer in
der Land- und Forstwirtschaft künftig stärker in den Fokus der Agrarpolitik rücken. Das geht
aus einer Erklärung hervor, die die Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion und die Nachfolgeorganisation der früheren
Landarbeitergewerkschaft in der vergangenen Woche verabschiedet haben. Im Mittelpunkt
steht die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen für die insgesamt rund 1 Million
Arbeitnehmer im grünen Bereich. Vorrangig ist dabei für SPD und IG BAU eine
angemessene Entlohnung. Benötigt werde eine Lohnuntergrenze auf tarifvertraglicher Basis.
Gleichzeitig wird ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn befürwortet. Für
Saisonarbeitskräfte müsse es grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten geben wie für
heimische Arbeitnehmer. Hier müsse das Prinzip gelten „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am
gleichen Ort“. Weitere Schwerpunkte werden auf einen erhöhten Arbeits- und
Gesundheitsschutz sowie einen Ausbau der beruflichen Qualifikation gelegt. „Wir sehen
sowohl die Tarifvertragsparteien als auch die Politik gefordert“, betonte IG BAUAbteilungsleiter Holger B a r t e l s in Berlin. Für SPD-Agrarsprecher Dr. Wilhelm
P r i e s m e i e r entscheidet sich an der Situation der Arbeitnehmer die Zukunft der
deutschen Landwirtschaft.
Sozialstandards unverzichtbar
„Ohne attraktive Arbeitsplätze bleibt die notwendige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in
der Landwirtschaft Makulatur“, so Priesmeier, der zugleich auf die steigende Bedeutung der
Lohnarbeitskräfte in der Landwirtschaft verwies. Die wachsenden Anforderungen an die
Tätigkeiten in der Landwirtschaft seien ohne qualifizierte Arbeitnehmer nicht zu erfüllen.
Angesichts der sich bereits abzeichnenden Arbeitskräfteknappheit gerade in ländlichen
Regionen seien die Betriebe gut beraten, sich der Diskussion um vernünftige Sozialstandards
und angemessene Entlohnung zu stellen. Der SPD-Politiker kündigte an, das Thema
Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft auf die politische Tagesordnung zu setzen.
Seine Fraktion werde entsprechende Initiativen ergreifen. Dazu zähle ein Antrag der Fraktion
ebenso wie eine Anhörung im Ernährungsausschuss. Der schwarz-gelben Regierungskoalition
warf Priesmeier vor, die Situation der Arbeitnehmer zu ignorieren.
Gegen Billiglöhne
IG Bau-Vertreter Bartels warnte vor falschen Erwartungen an die künftige Beschäftigung in
der Landwirtschaft: „Wer glaubt, mit Billiglöhnen den Herausforderungen begegnen zu
können, liegt daneben.“ Während beispielsweise Frankreich mit einem gesetzlichen
Mindestlohn die Richtung vorgebe, würden hierzulande im Agrarbereich vielfach Löhne
gezahlt, die nicht einmal eine existenzsichernde Rente ermöglichten. Die Folge seien zum
Teil gravierende Verzerrungen in grenznahen Regionen. Handlungsbedarf sieht Bartels im
Hinblick auf die Saisonarbeitnehmer in der Landwirtschaft. Es sei bezeichnend, dass von
Seiten der Arbeitgeber bislang keinerlei Signale zu erkennen seien, Verhandlungen über eine
Neufassung der Ende dieses Jahres auslaufenden Tarifverträge aufzunehmen. Offenbar gingen
die Arbeitgeber davon aus, ihren Arbeitskräftebedarf künftig mit Wanderarbeitern aus
Drittstaaten wie der Ukraine und Weißrussland decken zu können. Diese Art von
Lohndumping werde es mit der Gewerkschaft jedoch nicht geben. Verstärkte Anstrengungen
von Tarifpartnern und Staat mahnt Bartels im Hinblick auf die Aus- und Weiterbildung an.
Beispielsweise müsse darüber nachgedacht werden, wie die positiven Erfahrungen aus dem
früheren Qualifizierungsfonds wieder nutzbar gemacht werden könnten. Nicht hinnehmbar ist,
seiner Auffassung nach, die hohe Zahl von Arbeitsunfällen in der Land- und Forstwirtschaft.
Auch eine Verbesserung in diesem Bereich sei eine wesentliche Voraussetzung für ein
positives Image der Branche, das im Wettbewerb um gute Arbeitnehmer unverzichtbar sei.
AgE
Gemeinsame Erklärung
Zu
Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im deutschen
Gartenbau und in der deutschen Land- und Forstwirtschaft
(der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der SPDBundestagsfraktion und der IG BAU)
Aufgrund des Strukturwandels und geänderter gesellschaftlicher Anforderungen haben sich
die Ansprüche an das Wissen und Handeln der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im
Gartenbau und in der Land- und Forstwirtschaft verändert.
Für die insgesamt ca. 1 Million Vollzeitarbeitskräfte im Gartenbau und in der Land- und
Forstwirtschaft bedeutet dieses zusätzliche Herausforderungen. Ein zukunftsfähiger
Gartenbau und eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft auf gut qualifizierte, motivierte
und sozial-ökologisch verantwortungsvolle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
angewiesen.
Der technologische Fortschritt aber auch die gesellschaftlichen Anforderungen an den
deutschen Gartenbau und die deutsche Land- und Forstwirtschaft erfordern eine gute
Ausbildung und eine lebenslange Fort- und Weiterbildung. Innovative und kreative Ideen
werden nicht nur von den Unternehmerinnen und Unternehmern erwartet, sondern auch von
deren Mitarbeitern.
Die Förderung und der Erhalt sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze ist gerade im
ländlichen Raum von besonderer Bedeutung. Hier muss der Gartenbau und die Land- und
Forstwirtschaft im eigenen Interesse einen Beitrag leisten. Das Image einer Branche spielt bei
der Berufswahl junger Menschen, aber auch bei der Bereitschaft zur Fort- und Weiterbildung
bereits dort Beschäftigter eine entscheidende Rolle. Nicht zuletzt entscheiden die
Arbeitsbedingungen und die Perspektiven zur persönlichen Weiterentwicklung über die
Zukunftsfähigkeit unseres Gartenbaus und unserer Land- und Forstwirtschaft.
Zu den Arbeitsbedingungen gehört nicht nur eine angemessene Entlohnung, die eine spätere
existenzsichernde Rente ermöglichten. Die Arbeitsbedingungen müssen so ausgestaltet sein,
dass die Arbeitskraft dauerhaft erhalten bleibt. Die Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft
gehört zu den gefährlichsten überhaupt. Mehr Prävention im Gesundheitsschutz und
intensivere Arbeitsschutzmaßnahmen sind angesichts von durchschnittlich 200 Toten pro Jahr
dringend erforderlich.
Die Landwirtschaft ist in besonderen Spitzenzeiten (Ernte von Obst und Gemüse) darauf
angewiesen, Saisonarbeitskräfte zu beschäftigen. Diese befristet eingestellten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die gleichen Rechte und Pflichten wie deutsche
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben.
Deshalb setzen wir uns ein für
1.
vernünftige Sozialstandards mit einer Lohnuntergrenze auf tarifvertraglicher Basis
(Entsendegesetz). Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn als Lohnuntergrenze
muss geschaffen werden.
2.
verbesserten Arbeits- und Gesundheitsschutz, um tödliche Unfälle nachhaltig zu
reduzieren. Die Arbeitsschutzprävention und die Gesundheitsvorsorge in den
Betrieben muss gestärkt werden.
3.
gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Die Land- und Forstwirtschaft
muss in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen werden, damit
Mindestlohntarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden können.
Der Arbeitskräftebedarf in saisonalen Spitzenzeiten kann problemlos durch
Arbeitnehmer innerhalb der EU gedeckt werden.
4.
Berufliche Qualifikation: Die berufliche Qualifikation ist Voraussetzung für die
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen
Betriebe und die Verbesserung der entlohnten Beschäftigung.
RUSSLAND/EU
GEFLÜGEL
Moskau prüft Voraussetzungen für Geflügelfleischexporte nach Italien
MOSKAU. Italien kann nach Angaben des russischen Landwirtschaftsministeriums
demnächst Geflügelfleisch aus Russland importieren. Damit komme man dem Interesse
italienischer Unternehmer entgegen, die Agrarminister Giancarlo G a l a n am Montag der
vergangenen Woche bei einem Besuch in Moskau begleitet hätten, teilte das Ressort mit. Die
Geschäftsleute hätten den Ministern vorgeschlagen, die Voraussetzungen für einen derartigen
Handel zu prüfen. In Russland wurde die Erzeugung von Geflügelfleisch in den
zurückliegenden fünf Jahren mehr als verdoppelt. Daher hatten Produzenten und offizielle
Stellen trotz des noch bestehenden Importbedarfs schon mehrmals die Absicht erklärt, mit der
Ausfuhr von Geflügelfleisch zu beginnen. Die russische Landwirtschaftsministerin Jelena
S k r y n n i k machte Ressortangaben zufolge bei dem Treffen ferner deutlich, dass ihr Land
daran interessiert sei, wenn sich die italienische Wirtschaft an der Modernisierung in der
russischen Agrar- und Ernährungswirtschaft beteilige. Den gleichen Wunsch habe sie in der
vergangenen Woche auch in Gesprächen mit den Landwirtschaftsministern von Dänemark
und Ungarn, Henrik H ø e g h und Sandor F a z e k a s , geäußert. Russland unterstütze das
Engagement dänischer Investoren im der Milch- und Getreideproduktion, betonte Skrynnik
und ergänzte, dänische Unternehmen setzten derzeit bereits elf Investitionsprojekte im
Bereich der Schweineerzeugung in Russland um. Darüber hinaus hob die Ministerin
gemeinsame Vorhaben mit ungarischen Unternehmern hervor, beispielsweise in der
Saatguterzeugung sowie weiteren Bereichen der pflanzlichen und tierischen Produktion.
Schließlich begrüßte sie die wachsenden Lieferungen von Zuchtrindern aus Ungarn. AgE
DEUTSCHLAND
LÄNDLICHER RAUM
Landvolk fordert Rechtsklarheit beim Stallbau
HANNOVER. Das Landvolk Niedersachsen hat von der Landesregierung Rechtsklarheit in
Bezug auf die Brand- und Immissionsschutzbestimmungen beim Stallbau gefordert.
Verbandspräsident Werner H i l s e erklärte kürzlich in einem gleichlautenden Brief an
Landwirtschaftsminister Gert L i n d e m a n n sowie die Ressortchefs für Umwelt und für
Soziales, Hans-Heinrich S a n d e r und Aygül Ö z k a n , unter Niedersachsens Landwirten
sei eine hohe Bereitschaft zu erkennen, in moderne, tiergerechte Stallgebäude zu investieren.
Diese Vorhaben und die damit verbundenen Aufträge an heimische Handwerksbetriebe ließen
sich aktuell aber häufig nicht realisieren, weil sich immer mehr Genehmigungsbehörden vor
Ort mit der Auslegung von Brandschutz- oder Immissionsschutzbestimmungen überfordert
fühlten. Inzwischen seien erhebliche Verzögerungen und nicht sachgerechte Entscheidungen
mit negativen Folgen für die regionale Wirtschaft zu befürchten, betonte Hilse. Notwendig
seien eindeutige und verhältnismäßige Vorgaben für die Brandschutzauflagen bei
Stallgebäuden. Diese sollten durch das Sozialministerium als Erlass herausgegeben werden
und für eine einheitliche Genehmigungspraxis in Niedersachsen sorgen. Daneben seien
konkrete Regelungen zur Beurteilung der Gefahren durch die Stallabluft einzuführen, die von
den Kritikern moderner Tierhaltung genannt würden. Der Landvolkpräsident zeigte sich
besorgt über die Folgen unterschiedlicher Rechtsauslegungen, die auf öffentlichen Druck hin
entstünden und die Investitionsbereitschaft von Landwirten erheblich beeinträchtigten. Der
Verband biete den zuständigen Ressortchefs dazu das Gespräch an und sei auch mit dem
Niedersächsischen Landkreistag in Kontakt, der sich ebenfalls um derartige Klarstellungen
bei der Landesregierung bemühe. AgE
DEUTSCHLAND
MILCH
Export für Milchbauern eine große Chance
DÜSSELDORF. Für die Milchbauern in Nordrhein-Westfalen bietet der Absatz hochwertiger
Produkte an den internationalen Märkten große Chancen. In dieser Einschätzung waren sich
Mitglieder der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag und Vertreter des Bundesverbandes
Deutscher Milchviehhalter (BDM) vergangene Woche bei einem Treffen einig, in dessen
Verlauf intensiv Fragen zur Gestaltung der zukünftigen Milchpolitik nach dem Ende der
Milchquotenregelung diskutiert wurden. Der Milchexperte der CDU-Fraktion, Josef
W i r t z , räumte ein, dass beim Ausfuhrgeschäft auch der Erlös stimmen müsse; Export um
jeden Preis sei sicherlich nicht der richtige Weg. Laut Wirtz verfolgt die CDU für die
zukünftige Agrarpolitik als Leitbild den landwirtschaftlichen Familienbetrieb sowie den
Vorrang der Lebensmittelerzeugung. Am Ende des Meinungsaustauschs waren sich beide
Seiten darin einig, den Dialog in Zukunft fortzusetzen. AgE
DEUTSCHLAND
EIWEISSPFLANZEN
AbL will heimischen Eiweißfuttermittel zu einem Comeback verhelfen
BAD SASSENDORF. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in
Nordrhein-Westfalen hat sich zum Ziel gesetzt, den Trend zu immer engeren Fruchtfolgen bis
hin zu örtlichen Monokulturen von Mais zu stoppen. Dazu stellte der AbL-Landesvorsitzende
Bernd S c h m i t z am vergangenen Donnerstag auf einer Versammlung des Verbandes an
der Lehr- und Versuchsanstalt „Haus Düsse“ ein neues, zweijähriges Projekt vor. Dabei geht
es laut Schmitz insbesondere darum, wieder verstärkt heimische Eiweißfuttermittel wie
Ackerbohnen und Erbsen für die heimische Tierhaltung anzubauen. Man wolle die bisherigen
Erfahrungen aus der Praxis zusammenbringen und auf Beispielbetrieben neue Wege
beschreiten. Es gelte, Alternativen zu den immer weiter steigenden Importen von Futtersoja
aus Süd- und Nordamerika zu schaffen, das zum Teil auf ehemaligen Regenwaldflächen
angebaut werde und zudem nicht selten auch noch gentechnisch verändert sei. Die AbL will
sich nach den Worten des Landesvorsitzenden in dieser Frage möglichst eng mit der
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen austauschen. „Die heimische, gentechnikfreie
Eiweißversorgung wird für uns Bauern immer mehr zu einem positiven Verkaufsargument im
Markt; davon gehen wir fest aus“, so Schmitz, der selbst einen Milchviehbetrieb am Rande
des Westerwaldes führt. Rückendeckung bekamen die Bauern vom nordrhein-westfälischen
Landwirtschaftsminister Johannes R e m m e l , der auf der Versammlung zu den
Schwerpunkten der Landesagrarpolitik referierte. Remmel benannte als die großen
Herausforderungen dieser Zeit den Klimawandel, den ebenfalls weiter fortschreitenden
weltweiten Verlust an Artenvielfalt und die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung.
Zur Lösung dieser Probleme brauche man die Bauern, die allerdings auch soviel verdienen
müssten, dass sie davon leben könnten. Nach den Worten des AbL-Bundesvorsitzenden
Friedrich Wilhelm G r a e f e z u B a r i n g d o r f sollte die Agrarpolitik dahin kommen,
dass die Betriebe eine vernünftige Fruchtfolge mit einem Leguminosenanteil einhalten
müssten, wenn sie die Direktzahlungen aus Brüssel weiterhin voll bekommen wollten. Das sei
eine einfache, aber sehr wirksame Antwort auf viele Anforderungen, denen sich die
Landwirtschaft stellen müsse. AgE
DEUTSCHLAND
FIRMENNACHRICHTEN
„Vereinigung der Norddeutschen Direktvermarkter“ gegründet
Mehr als 70 Landwirte aus Niedersachsen, Bremen und Hamburg bilden den ersten
landesübergreifenden Zusammenschluss dieser Art in Deutschland - Ziel ist die Vertretung
der spezifischen Interessen gegenüber Politik, Verwaltung, Markt und Gesellschaft Mitglieder sind konventionell, extensiv und ökologisch wirtschaftende Betriebe
SPRINGE. Mehr als 70 landwirtschaftliche Direktvermarkter aus Niedersachsen, Bremen und
Hamburg haben die Vereinigung der Norddeutschen Direktvermarkter (VND) gegründet.
Dies ist der erste landesübergreifende Zusammenschluss dieser Art in Deutschland. Auch eine
weitere Ausdehnung auf Schleswig-Holstein oder auch Nordrhein-Westfalen schließt der erste
Vorsitzende Carsten S u s t r a t e nicht aus. Erklärtes Ziel der VND ist es, eine
Interessensvertretung für norddeutsche direktvermarktende Betriebe aufzubauen, die die
spezifischen Interessen gegenüber der Politik, der Verwaltung, dem Markt und in der
Gesellschaft vertritt. Dabei will die VND selbst nicht am Markt tätig werden, sieht es aber als
ihre Aufgabe, die Mitglieder in Fragen der Verarbeitung und Vermarktung zu beraten und zu
unterstützen sowie den gemeinschaftlichen Absatz zu fördern und dabei neue Wege,
beispielsweise mit dem Lebensmitteleinzelhandel, zu initiieren. In diesem Zusammenhang
soll das Vermarktungskonzept der „Vereinigung der hessischen Direktvermarkter e.V.“ mit
der in Südniedersachsen bereits eingeführten hessischen Wort-Bild-Marke „Landmarkt“
übernommen werden. Deren Erfolg hatte den Anstoß zur der Gründung der VDN gegeben.
Unabhängig von der Produktionsweise
Wie die Vereinigung weiter mitteilte, wurde im Rahmen des von der Landwirtschaftskammer
Niedersachsen und des Landvolks Niedersachsen begleiteten Gründungsprozesses die
Definition der „Landwirtschaftlichen Direktvermarktung“ intensiv diskutiert. Die Mitglieder
verstehen sie als die direkte und transparente Verbindung von Urproduktion, Be- und
Verarbeitung sowie Vermarktung von Lebensmitteln, die in ihrer Ursprünglichkeit immer auf
einen landwirtschaftlichen Betrieb zurückzuführen sind. Ferner sieht sich die VND als Dach
für norddeutsche Direktvermarktungsbetriebe unabhängig von der Produktionsweise in der
landwirtschaftlichen Erzeugung. Ihr gehören sowohl konventionelle als auch extensiv und
ökologisch wirtschaftende Betriebe an. Den VND-Vorstand bilden neben Sustrate aus Springe
Andrea M u n d aus Coppenbrügge, Anika B e r n e r aus Kreiensen, Annegret
D a l l m a n n aus Dohren, Dr. Holger H e n n i e s aus Uetze, Heike K e r g a ß n e r aus
Bramsche und Carsten V o ß aus Inzmühlen. AgE
RUMÄNIEN/EU
Rumäniens Böden bleiben für Ausländer vorerst tabu
Landwirtschaftsminister Tabara erteilt einer Öffnung des Bodenmarktes für Privatpersonen
aus anderen EU-Mitgliedstaaten eine klare Absage - Im Rahmen von Kooperationsprojekten
mit rumänischen Unternehmen dürfen Ausländer bereits Grund erwerben - Dänen „besonders
aggressiv“ aktiv - Massive Anhebung der Steuer auf unbewirtschaftete Agrarflächen geplant
BUKAREST. Der Bodenmarkt in Rumänien dürfte ungeachtet der Mitgliedschaft des Landes
in der Europäischen Union ausländischen Privatpersonen vorerst weitgehend verschlossen
bleiben. Solange er im Amt sei, werde sich an den Beschränkungen, die der strategischen
Lebensmittelsicherheit Rumäniens dienten, nichts ändern, stellte Landwirtschaftsminister
Valeriu T a b a r a dazu kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur zf.ro klar. Der
Ressortchef verwies gleichzeitig auf die für ausländische Investoren seit längerem bestehende
Regelung hin, wonach diese über Kooperationsprojekte mit rumänischen Unternehmen Grund
und Boden erwerben könnten. Davon werde bereits reichlich Gebrauch gemacht, „besonders
aggressiv“ von den Dänen, die Hunderttausende Hektar an Ackerland und Waldflächen
gekauft hätten und daran interessiert seien, gemeinsam mit rumänischen Partnern vor allem
Getreide anzubauen, so Tabara. Nach Angaben der Landwirtschaftsdirektion werden in der
ostrumänischen Provinz Tulcea bereits 22 000 ha beziehungsweise 6 % der gesamten
Ackerfläche der Region von Agrarunternehmen aus Dänemark, Spanien und Frankreich
bewirtschaftet. Die ausländischen Investoren würden die erworbenen Flächen vielfach auf die
Weinproduktion oder auf den ökologischen Landbau umstellen. Die Europäische Kommission
hatte kürzlich vorgeschlagen, dass Rumänien und Bulgarien den Aufkauf landwirtschaftlicher
Nutzfläche durch Ausländer wie geplant noch bis 2014 Auflagen unterwerfen dürfen. Das
Recht zur Beschränkung des Bodenhandels war beiden Ländern im Rahmen der
Beitrittsverhandlungen eingeräumt worden, um einen Ausverkauf an ausländische Investoren
zu vermeiden (AGRA-EUROPE 51/10, EU-NACHRICHTEN 5).
Unklarheit über Umfang des „Ödlands“
Mit seiner Stellungnahme zum Bodenrecht reagierte Landwirtschaftsminister Tabara
politischen Beobachtern zufolge auch auf die Diskussionen um die Überlegung der
Regierung, die „Strafsteuer“ auf landwirtschaftliche Flächen, die von ihren Eigentümern nicht
bearbeitet werden beziehungsweise nicht bewirtschaftet werden lassen, kräftig anzuheben.
Der bisherige Steuersatz beläuft sich auf nur 36 Lei (8,40 Euro) bis 43 Lei (10,04 Euro) pro
Hektar und Jahr. Allerdings herrscht offenbar Unklarheit über den tatsächlichen Umfang der
nicht bestellten Agrarflächen. Während Agrarstaatssekretär Adrian R a d u l e s c u die
sogenannte „Ödlandfläche“ in Rumänien kürzlich mit 1,1 Mio ha bis 1,3 Mio ha angab,
veranschlagte Staatspräsident Traian B a s e s c u den Umfang des „nicht bebauten“
Agrarlands auf rund 3 Mio ha. Im westrumänischen Landkreis Timis wurden im vergangenen
Jahr nach einer Schätzung der dortigen Behörden von der Gesamtackerfläche von 530 000 ha
rund 120 000 ha nicht bestellt. Um die Eigentümer solch unbebauter Areale dazu zu bringen,
diese zu bewirtschaften oder zu verpachten beziehungsweise an Landwirte zu verkaufen, soll
die Steuer nach dem Willen der Regierung in diesem Jahr auf 400 Lei/ha (93,36 Euro)
angehoben werden. Kritiker warnen jedoch davor, dass die Steuer zu einem massenhaften
Verkauf der Flächen führen könnte, und zwar möglicherweise über Strohmänner vielfach
eben an EU-Ausländer. Vereinzelt wurde in der rumänischen Presse von Experten jedoch
BODENRECHT
gerade angeregt, die nicht bewirtschafteten Agrarflächen an Privatpersonen aus dem Ausland
zu verkaufen. AgE
Umrechnungskurs: 1 Lei = 0,2334 Euro
EUROPÄISCHE UNION
PREISE
Grundstoffmärkte und Rohstoffe: Herausforderungen und Lösungsansätze
Preisvolatilität auf Agrarmärkten mit nie dagewesenem Ausmaß - Verantwortlich sind
kurzfristige wirtschaftliche und politische Einflusse, auch Exportbeschränkungen und
finanzmarktspezifische Faktoren - Spekulation nicht ausdrücklich genannt - Zusammenhänge
komplex - Mehr Transparenz entscheidend - Preise dürften weiter relativ hoch bleiben Mitteilung der Europäischen Kommission
Nachfolgend veröffentlichen wir die Mitteilung der Europäischen Kommission
„Grundstoffmärkte und Rohstoffe: Herausforderungen und Lösungsansätze“. Darin nimmt
sich die Europäische Kommission neben der Verknappung von Bergbauprodukten und
fossilen Energieträgern insbesondere der Zunahme der Volatilität auf den Agrarmärkten an.
Die Brüsseler Behörde stellt einerseits fest, dass die Preise für landwirtschaftliche
Erzeugnisse bereits aufgrund der saisonalen Produktionsmuster gewissen Schwankungen
unterliegen. Gleichzeitig wird jedoch unterstrichen, dass die Preisvolatilität in jüngster Zeit
ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht habe. Das gelte sowohl für die EU als auch für
internationale Märkte sowie für Kassa- und Terminmärkte. Als Gründe für die Preisexplosion
2007/08, unter der vor allem auch Entwicklungsländer zu leiden hatten, machen die
Kommissionsexperten „kurzfristige wirtschaftliche und politische Faktoren“ aus, die zur
Verschärfung bereits vorliegender Angebots- und Nachfrageentwicklungen beigetragen
hätten. Als Beispiele genannt werden Exportbeschränkungen und „finanzmarktspezifische
Faktoren“. Das Wort Spekulation taucht in der Mitteilung nicht auf. Gleichzeitig wird
festgestellt, dass die Preise von Agrarderivaten und den zugrundeliegenden physischen
Produkten miteinander verknüpft seien. Die Märkte könnten daher nicht losgelöst
voneinander betrachtet werden. „Herauszufinden, was beim Zusammenspiel von Finanz- und
physischen Märkten wovon beeinflusst wird, ist allerdings eine komplexe Angelegenheit“,
schreibt die Kommission. Verantwortlich sei eine Vielzahl von Faktoren, mit
unterschiedlicher Dynamik in den verschiedenen Wirtschaftszweigen. Zwar korrelierten die
Positionen auf Derivatemärkten und die Preise von Kassageschäften ganz offensichtlich stark,
aber es sei nach wie vor schwierig, das Zusammenspiel und die Auswirkungen umfassend zu
beurteilen. Für den entscheidenden Schritt auf europäischer Ebene hält die Kommission die
Schaffung von mehr Transparenz. Dies soll mit einer Reihe von geplanten oder bereits
angestoßenen Initiativen erreicht werden, insbesondere der Überarbeitung der Richtlinie über
Märkte für Finanzinstrumente. Dabei wird auch die Einführung von Obergrenzen für
Marktanteile nicht ausgeschlossen. Unter dem Strich erwartet die Kommission, dass die
Preisvolatilität auf hohem Niveau verweilen dürfte, „obwohl es nach wie vor Unsicherheiten
bezüglich ihrer Gründe und Dauer gibt“. Ferner sollen sich die Agrargüterpreise zumindest
auf absehbare Zeit oberhalb des langjährigen Mittels bewegen - und damit auch die Kosten
für Betriebsmittel. AgE
EUROPÄISCHE UNION
SCHWEINEFLEISCH
Schweinemarkt kann nur mit Hilfe der Verbraucher stabilisiert werden
Hoelgaard: Konsumenten sollen einen höheren Preis zahlen - Erzeuger durch hohe Kosten
und niedrige Absatzpreise immer stärker unter Druck - Zum Glück rasche Erholung von der
Dioxinkrise - Beihilfen für die Lagerhaltung rege genutzt - Erste Sitzung des Erweiterten
Beirats - Sammelsurium von Vorschlägen - Einkommenssicherung für Schweinehalter
gefordert
BRÜSSEL. Um den Schweinemarkt mittelfristig zu stabilisieren, müssen die Verbraucher
einen höheren Preis für Fleisch zahlen. Daran führt nach Ansicht des Spitzenbeamten Lars
H o e l g a a r d von der Europäischen Kommission kein Weg vorbei. Zwar habe sich der
Markt nach der Dioxinkrise in Deutschland - auch dank der Gewährung von Beihilfen zur
privaten Lagerhaltung - kurzfristig wieder stabilisiert, das grundlegende Problem bleibe
jedoch bestehen: Die Erzeuger seien zwischen hohen Futterkosten einerseits und relativ
niedrigen Absatzpreisen andererseits wie in einem Schraubstock gefangen, erklärte Hoelgaard
am Montag vergangener Woche vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europäischen
Parlaments. Nach Angaben der Kommission wurden seit der Wiedereinführung von
Lagerbeihilfen bis Anfang der vergangenen Woche bereits Zuschüsse für 66 000 t
Schweinefleisch gewährt. Der Markt benötige sowohl eine Verringerung des Angebots als
auch Preiserhöhungen, so Hoelgaard. Andernfalls könnte sich die Lage dramatisch zuspitzen.
Der Däne unterstrich, dass Landwirte, die ihr eigenes Futter anbauten, vom Kostendruck
weniger betroffen seien als reine Tierproduzenten, die vollständig auf Zukäufe angewiesen
seien. Hinsichtlich des Dioxinskandals bekräftigte er, dass in keinem Fall Fleisch gefunden
worden sei, das die Grenzwerte überschritten habe, auch nicht auf den Betrieben unter
Quarantäne. Hoelgaard war bis Ende vergangenen Monats stellvertretender Leiter der
Generaldirektion Landwirtschaft. Er arbeitet für die Dienststelle bis zum Antritt seines
Ruhestands noch einige Zeit außerhalb der Hierarchie. Dabei ist er Generaldirektor José
Manuel S i l v a R o d r i g u e z direkt unterstellt.
Schweinesektor als Pilotprojekt?
Am Dienstag traf sich erstmals der von der Kommission eingerichtete erweiterte Beirat zum
Schweinefleischmarkt. Teilnehmer waren neben Beamten aus der Kommission und den
Mitgliedstaaten auch Vertreter der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und
ländlichen Genossenschaften (COGECA), des Europäischen Rats der Junglandwirte (CEJA),
der European Coordination Via Campesina (ECVC), sowie die EU-Dachorganisationen des
Nahrungsmittelhandels (CELCAA), der Ernährungsindustrie (CIAA) und der Gewerkschaften
Lebensmittel, Landwirtschaft und Tourismus (EFFAT). In der Diskussion wurden zahlreiche
Ideen aufgeworfen, unter anderem die Reservierung eines Teils der Direktzahlungen zur
Abfederung von Einkommensverlusten der Schweinehalter über die Artikel-68-Regelung.
Weitere Wünsche betrafen die Auslotung, inwieweit Terminmärkte zur Absicherung der
Preise beitragen können, ob antizyklische Einkommensbeihilfen sinnvoll sind und ob
Einkommensversicherungen mit anderen Versicherungen beispielsweise gegen klimatische
oder tiergesundheitliche Risiken kombiniert werden können. Da im Rahmen der Reform der
EU-Agrarpolitik ohnehin die Frage der Absicherung von Einkommensverlusten angegangen
werden soll, wurde angeregt, den Schweinesektor als Pilotprojekt zu nutzen. Das nächste
Treffen der Gruppe findet am 4. März statt. Dann soll es um Handel, Tierschutzstandards und
Möglichkeiten zur Verbesserung der Futtermittelversorgung gehen. AgE
DEUTSCHLAND
Lindemann will sich für die Kleinvoliere nicht verkämpfen
Minister trägt langfristig das Ende der alternativen Käfige mit - Gleichzeitig beharrt er auf
dem „niedersächsischen Weg“ einer breiten Beteiligung der Wirtschaft, des Tierschutzes, des
Verbraucherschutzes und der Wissenschaft im politischen Prozess - In der Geflügelmast
Schnabelkürzen überflüssig machen - Für Tierschutzlabel zusätzliche Kriterien gefordert
TIERSCHUTZ
BERLIN. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert L i n d e m a n n will die von
Bundesagrarministerin Ilse A i g n e r befürwortete Abschaffung der Kleingruppenhaltung
für Legehennen unter bestimmten Bedingungen mittragen. Wie der Minister am vergangenen
Donnerstag gegenüber dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE erklärte, lohnt
es aus seiner Sicht nicht, sich „wegen der Kleinvoliere zu verkämpfen“. Ein Ende der
Kleingruppenhaltung kommt für ihn in Frage, wenn - wie es scheint - diese Haltungsform in
der Wirtschaft nicht nachgefragt wird und es Bestandsschutz für schon produzierende
Anlagen gibt. Die Voliere war in Deutschland als tierschutzmäßig deutlich verbessertes
Nachfolgesystem für den klassischen Käfig ab 2006 eingeführt worden, hat es aufgrund
fehlender Akzeptanz bei den großen Einzelhändlern und Discountern und damit letztlich bei
den Kunden aber nicht zum Durchbruch geschafft. In Reaktion auf ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts, das die Einführung der Kleingruppenhaltung wegen eines
Formfehlers Ende vergangenen Jahres beanstandete, hat Aigner überraschend über die
Medien das Ende des ausgestalteten Käfigs gefordert. Dieses Vorgehen klingt für Lindemann
vor dem Hintergrund des überstandenen Dioxinskandals „so ein bisschen nach
Entlastungsangriff“. Insgesamt kritisierte er am Tierschutzvorstoß Aigners, dass der Bund die
„Keule des Gesetzes rausholt und vorprescht“, ohne die Betroffen befragt zu haben. „Das
halte ich für den falschen Weg“, sagte der CDU-Politiker an die Adresse Aigners.
„Wir wollen robustere Rassen haben“
Für Lindemann ist vor politischen Entscheidungen hingegen eine breite Beteiligung aller
Akteure wichtig. „Wir als Niedersachsen bestehen darauf, den niedersächsischen Weg
weiterzugehen und konsensual mit den Beteiligten zu Ergebnissen zu kommen“, betonte der
Minister. Aigner habe in einem Gespräch zugestimmt, dieser Weg sei der richtigere und
vernünftigere. Gleichzeitig machte Aigners ehemaliger Staatssekretär deutlich, dass man sich
in diesem Sinne um eine Reihe von Tierschutzproblemen kümmern werde. In der
Geflügelmast will Lindemann darauf hinarbeiten, das Schnabelkürzen überflüssig zu machen.
Zudem will er Einfluss auf die Zucht genommen wissen. „Wir wollen robustere Rassen
haben“, sagte der Minister vor dem Hintergrund eines Berichts der Tierärztlichen Hochschule
Hannover (TiHo). Darin werden Besatzdichte, Einstreufeuchte und Fußballenkrankheit als
Problembereiche eingestuft (AGRA-EUROPE 2/11, LÄNDERBERICHTE 8). Ein
Tierschutzlabel, wie es Aigner anstrebt, muss laut Lindemann zusätzliche Kriterien erfüllen.
Er lehnt hingegen eine Kennzeichnung ab, die lediglich das Erfüllen der gesetzlichen
Mindeststandards bescheinigt, wie es auf EU-Ebene angedacht sei.
Kein Tierschutz ohne wirtschaftlichen Erfolg
Lindemann stimmt zu, dass im Tierschutzbereich einige Fragen zu lösen seien. Man dürfe
aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. „Ein wirtschaftlich nicht erfolgreicher
Agrarsektor hat auch wenig Möglichkeiten, für Verbesserungen im Tierschutz zu sorgen“,
stellte der niedersächsische Landwirtschaftsminister fest. Dieser Grundsatz gilt für ihn nicht
zuletzt auch in der Eierhaltung, wo sich Deutschlands Importbedarf seit dem Verbot des
klassischen Käfigs stark erhöht hat. Die Kleingruppenhaltung ist für ihn aus Tierschutzsicht
besser als die klassischen Käfige, die nach wie vor in EU-Mitgliedstaaten stehen, wo wichtige
Konkurrenten deutscher Unternehmen auf dem Eiermarkt sitzen. Diese wehren sich aktuell
dagegen, das ab Ende dieses Jahres EU-weit geltende Käfigverbot umzusetzen. Auch deshalb
hat es die Kleingruppenhaltung in Deutschland bislang schwer gehabt. Den Marktanteil der
Volieren beziffert die „Marktinfo Eier & Geflügel“ (MEG) auf 9 % bis 10 %, zählt dabei aber
nur die Betriebe ab 3 000 Hennenplätzen. Der auch Kleinbetriebe einbeziehende
Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) veranschlagt den Marktanteil
hingegen auf nahezu 20 %. Mehr als 100 Betriebe haben die Volieren laut seinen Schätzungen
aufgestellt. AgE
EU/WELT
ERNÄHRUNGSFRAGEN
De Schutter: Ursachen für Nahrungsmittelkrisen beseitigen
Selbstversorgung der Länder stärken - Kosten in den vergangenen 20 Jahren vervielfacht Ausrichtung auf den Export macht arme Staaten abhängig - Nahrungsmittelreserven zur
Marktregulierung - Erzeugerorganisationen stärken - Moratorium gegen „land grabbing“ Nachhaltige Landwirtschaft verwirklichen - Recht auf Nahrung durchsetzen Mindeststandards für Landarbeiter
BRÜSSEL. Die Weltgemeinschaft sollte nicht die Symptome von Nahrungsmittelkrisen
bekämpfen, sondern ihre Ursachen. Das hat der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf
Nahrung, Prof. Olivier D e S c h u t t e r , der G-20 mit auf den Weg gegeben. Vor dem
Hintergrund der Diskussion über die Agrarpreisvolatilität stellte der Juraprofessor von der
Katholischen Universität Löwen Ende Januar einen Katalog mit acht Forderungen auf.
Zuvorderst hebt er die Notwendigkeit hervor, die Selbstversorgung der Staaten zu stärken.
Seit den frühen neunziger Jahren hätten sich die Kosten vieler armer Länder für
Nahrungsmittel verfünf- oder versechsfacht. Das liege nicht nur am Bevölkerungswachstum,
sondern an der Förderung eines exportorientierten Agrarsektors. Durch das Fehlen von
Investitionen in die Landwirtschaft seien diese Länder anfällig für Weltmarktpreisschocks
und Wechselkursschwankungen. De Schutter bezifferte den Selbstversorgungsgrad Ägyptens
mit Nahrungsmitteln auf gerade einmal 50 %. Mosambik wiederum importiere 60 % seines
Weizenbedarfs. Daneben drängt der Sonderberichterstatter auf die Schaffung von
Nahrungsmittelreserven, die ausdrücklich nicht nur für die Katastrophenhilfe zur Verfügung
stehen, sondern auch zur Marktregulierung dienen sollen. „Nahrungsmittelreserven können
ein wirksamer Weg sein, um die Marktmacht der Verkäufer zu erhöhen und der Spekulation
von Händlern entgegenzuwirken“, so De Schutter. Dadurch könne die Preisvolatilität begrenzt
werden. Ferner fordert er mehr Unterstützung für Bauernverbände und Genossenschaften dadurch könne die kleinbäuerliche Landwirtschaft sowohl innerhalb der Wertschöpfungskette
als auch politisch gestärkt werden.
Auflagen für Finanzmärkte verlangt
Gleichzeitig tritt De Schutter für eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte ein.
Agrarderivate sollten qualifizierten und kenntnisreichen Investoren überlassen bleiben, die
sich an den grundsätzlichen Marktdaten orientierten - nicht hauptsächlich oder ausschließlich
am kurzfristigen Spekulationsgewinn. Entwicklungsländer wiederum sollten über ein globales
Versicherungssystem davor bewahrt werden, dass ihre Sozialleistungsnetze im Krisenfall
überlastet würden. Darüber hinaus prangert der UN-Sonderbeauftragte die als „land grabbing“
bekannte Praxis von Industrie- und Schwellenländern an, sich in armen, aber fruchtbaren
Weltregionen den Zugang zu Boden zu sichern. Die G-20 solle dafür ein Moratorium
beschließen. Jährlich werde eine Fläche größer als das Ackerland Frankreichs an ausländische
Investoren oder Regierungen abgetreten. Jegliche Gewinne aus der Bewirtschaftung kämen
ausländischen Märkten, nicht der Bevölkerung vor Ort zugute. Außerdem verlangt De
Schutter die Verwirklichung einer nachhaltigen Landwirtschaft als Antwort auf den
Klimawandel sowie insbesondere auch die Verteidigung des Menschenrechts auf Nahrung.
„Menschen leiden Hunger, nicht weil zu wenig Nahrung produziert würde, sondern weil ihre
Rechte ungestraft verletzt werden“, so der Jurist. Er forderte Mindestlöhne, eine angemessene
Gesundheitsversorgung und sichere Arbeitsbedingungen für die weltweit schätzungsweise
450 Millionen Landarbeiter. AgE
AGE
6-2011
EU/WELT
EU wieder Nettoimporteur von Rindfleisch
Die Ausfuhren von Rindfleisch und Lebendrindern nahmen im vergangenen Jahr um mehr als
80 Prozent zu - Türkei als neuer Absatzmarkt - Kräftige Steigerung auch der
Schweinefleischlieferungen nach Drittstaaten - Russland mit Abstand wichtigster Importeur
von Fleisch aus der Gemeinschaft
BONN. Die Vieh- und Fleischwirtschaft der Europäischen Union hat im vergangenen Jahr
einen kräftigen Aufschwung im Exportgeschäft verzeichnet. In besonderem Maße galt dies
für den Außenhandel mit Rindfleisch. Erstmals seit Jahren übertraf hier die Ausfuhrmenge
wieder das Importvolumen. So wurden von Januar bis November 2010 laut einer Übersicht
der Europäischen Kommission umgerechnet in Schlachtgewicht (SG) rund 418 100 t
Rindfleisch einschließlich lebender Tiere von der Gemeinschaft exportiert; das waren fast
191 100 t oder 84 % mehr als in der Vergleichsperiode von 2009. Maßgeblich hierfür waren
im Wesentlichen die wieder kräftig erholte Nachfrage aus Russland und die Öffnung des
türkischen Marktes für Schlachtrinder. Die Rindfleischeinfuhren der EU nahmen in
Berichtszeitraum um 11 % auf 350 800 t ab; mithin ergab sich ein Nettoexportüberschuss von
gut 67 000 t. Deutlich erholt hat sich im vergangenen Jahr auch der Schweinefleischexport
aus der Gemeinschaft: Insgesamt wurden von Januar bis November 2010 gut 2,53 Mio t
Schweinefleisch in Drittstaaten geliefert; das waren rund 337 000 t oder 15 % mehr als in der
gleichen Zeit des Vorjahres. Damit wurde das Rekordausfuhrergebnis von 2008 in Höhe von
fast 2,57 Mio t nur knapp verfehlt. Auch hier trug insbesondere Russland zur positiven
Entwicklung bei. Daneben orderten aber auch Japan, China und die Philippinen deutlich mehr
Schweinefleisch aus der EU als 2009.
BSE-Sperre von Ankara aufgehoben
Mit Abstand wichtigster Partner für die EU aus Sicht der Rindfleischexporteure ist Russland,
das seine Bezüge von Januar bis November 2010 um 161 % auf 122 600 t steigerte. Im
Krisenjahr 2009 hatte die Russische Föderation die Rindfleischeinfuhren aus der
Gemeinschaft im Vergleich zu 2008 allerdings um mehr als die Hälfte auf knapp 51 000 t
gedrosselt. Neuen Schwung ins Exportgeschäft der europäischen Vieh- und Fleischwirtschaft
brachte im vorigen Jahr die Entscheidung der Regierung in Ankara, den jahrelang unter
Verweis auf die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) für die EU gesperrten
Schlachtrindermarkt wieder zu öffnen, nachdem die Fleischpreise in der Türkei zuvor stark
gestiegen waren. Bis dato waren lediglich Zuchtrinder eingeführt worden. Bis einschließlich
November wurden von der EU-27 nach Kleinasien fast 42 000 t Rindfleisch geliefert,
verglichen mit weniger als 600 t im Gesamtjahr 2009. Auch die Ausfuhren in den Libanon
legten deutlich zu, nämlich von rund 2 200 t auf mehr als 31 000 t. Kroatien und die Schweiz
kauften in der Berichtsperiode jeweils rund 21 000 t Rindfleisch aus der EU.
Brasilien über EU-Importauflagen verärgert
Stabilisiert haben sich auf der Importseite der Europäischen Union die Rindfleischlieferungen
aus Brasilien. Von Januar bis November 2010 exportierte der südamerikanische „Agrarriese“
134 100 t Rindfleisch in die Gemeinschaft, was in etwa dem Vorjahresniveau entsprach. In
den Jahren zuvor waren die Rindfleischbezüge der EU aus Brasilien allerdings stark
gesunken, und zwar von 364 000 t im Jahr 2007 auf 149 000 t im Jahr 2009. Nach
Ausbrüchen der Maul- und Klauenseuche (MKS) hatte die EU im Jahr 2008 für Brasilien
zeitweise einen Lieferstopp und anschließend Auflagen zur Rückverfolgbarkeit des
VIEH-/FLEISCH
Rindfleischs verhängt, von dem sich die Branche im Land des Amazonas nach eigener
Darstellung nie mehr richtig erholte. Laut Medienberichten bereitet die Regierung in Brasilia
derzeit wegen der EU-Importauflagen eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO)
vor. Zu schaffen machte der Rinderwirtschaft in Brasilien in den letzten Jahren aber auch die
Aufwertung der eigenen Währung. In Argentinien wirkte unterdessen noch die Dürre von vor
zwei Jahren nach: Nachdem 2009 viele Tiere wegen der Trockenheit geschlachtet wurden,
ging die Rindfleischproduktion im Land der „Gauchos“ 2010 stark zurück und parallel dazu
auch die Ausfuhren. Der Export in die Gemeinschaft verringerte sich von Januar bis
November 2010 gegenüber dem Vorjahr um gut ein Drittel auf 71 200 t. Auch aus Uruguay,
das in den Jahren zuvor den Rindfleischexport in die EU spürbar steigern konnte, kam zuletzt
weniger Ware. Die betreffende Liefermenge verminderte sich um 16 % auf 61 200 t.
Deutlich höhere Bezüge Chinas
Im Unterschied zum Rindfleischimport fallen die Schweinefleischbezüge der EU aus
Drittstaaten kaum ins Gewicht. Im Berichtzeitraum wurde der Import um 16 % auf 42 800 t
gedrosselt, wobei die Schweiz als wichtigstes Herkunftsland ihre Lieferungen um 4 % auf
15 900 t steigerte. Der Schweinefleischexport der Gemeinschaft ist primär auf Russland und
Fernost ausgerichtet. Die Lieferungen in die Russische Föderation konnten 2010 den
Kommissionsangaben zufolge im Elf-Monate-Vergleich um 88 100 t oder fast 13 % auf
776 100 t ausgebaut werden. Damit entfielen auf Russland rund 31 % der gesamten EUSchweinefleischexporte in diesem Zeitraum. Deutlich zugenommen haben auch die
Lieferungen nach Fernost. Hongkong erhöhte die Bezüge zwar „nur“ um 5 % auf 335 900 t;
die Verschiffungsmenge nach China wuchs aber um gut 21 % auf 194 900 t. Sehr rege
entwickelte sich zuletzt auch wieder die Nachfrage Japans: Der asiatische Inselstaat steigerte
seinen Einkauf um 17 % auf 232 800 t, nachdem er den Schweinefleischimport im Jahr 2009
stark gedrosselt hatte. Den Export auf die Philippinen konnte die EU-27 in der Berichtszeit
sogar weit mehr als verdreifachen; bis November 2010 summierten sich die betreffenden
Ausfuhren auf 83 100 t. Die Lieferungen nach Südkorea erhöhten sich um 3 % auf 97 200 t.
Während die Exporte nach Kroatien um 5 % auf 59 300 t zurückgingen, stieg der Absatz in
Richtung USA und Australien um 7 % beziehungsweise 10 % auf 57 500 t sowie 53 300 t.
AgE
Außenhandel der EU1) mit Rind- und Schweinefleisch
(2006 bis 2008 sowie Januar bis November 2009 und 2010; in t Schlachtgewicht)
Janaur bis November
2006
2007
2008
2009
2010
2010:09
in v.H.
318 927
145 383
974
4 823
10 162
513 160
331 762
82 865
247 722
87 277
214
3 647
14 457
556 024
363 839
97 656
291 601
102 347
504
5 619
25 968
395 063
171 454
92 924
226 985
46 907
417
2 228
17 930
394 005
134 539
112 553
418 054
122 636
41 785
31 070
21 009
350 763
134 112
74 164
+    84,2
+  161,4
+    17,2
-    11,0
-      0,3
-    34,1
45 350
39 544
66 402
72 899
61 184
-    16,1
2 089 400
687 400
138 600
1 910 500
647 000
243 200
2 569 100
769 000
462 300
2 197 269
687 992
365 937
2 534 092
776 128
385 884
+    15,3
+    12,8
+      5,5
249 400
53 800
142 600
233 000
86 300
137 400
236 600
148 000
115 800
198 513
160 508
94 187
232 845
194 890
97 201
+    17,3
+    21,4
+      3,2
-
-
-
23 700
83 146
+  250,8
62 190
53 793
38 968
48 335
59 313
57 488
36 468
53 303
-      4,6
+      6,9
-      6,4
+    10,3
Rindfleisch2)
Exporte
darunter nach Russland
Türkei
Libanon
Schweiz
Importe
darunter aus Brasilien
Argentinien
Uruguay
Schweinefleisch
2)3)
Exporte
darunter nach Russland
Hongkong
Japan
China
Südkorea
Philippinen
Kroatien
USA
Angola
56 800
67 000
40 800
29 600
56 200
66 500
48 600
34 600
63 400
61 500
49 000
45 600
Australien
1) Bis 2006 EU-25, ab 2007 EU-27; 2) einschließlich Lebendtiere; 3) bis 2008 gerundete Angaben
EU/DEUTSCHLAND
Cioloş-Pläne gleichen einem „Kauderwelschpapier“
Agrarökonom Schmitz sieht die „kleine Agrarpolitik“ mit den globalen Zielen wie
Klimaschutz und Erhalt der Biodiversität überfrachtet - Goldmann: „Wir blicken nicht durch“
- Steitz fordert zunächst einmal eine gemeinsame Marschrichtung aller EU-Mitgliedstaaten Sander kritisiert die Biogasförderung - Agrar- und Ernährungskongress der FDPBundestagfraktion in Bingen
BINGEN. Die Pläne von EU-Agrarkommissar Dr. Dacian C i o l o ş zur Reform der
Gemeinsamen Agrarpolitik stoßen auch bei Agrarwissenschaftlern auf große Bedenken. Der
Giessener Agrarökonom Prof. Peter Michael S c h m i t z sprach beim Kongress "Agrar- und
Ernährungsstandort Deutschland stärken - Verbraucherschutz ausbauen" der FDPBundestagsfraktion am Montag voriger Woche in Bingen von einem „Kauderwelschpapier“.
Cioloş habe versucht, es allen recht zu machen. Die Pläne seien ohne klare Ziele und
AGRARPOLITIK
Strukturen, bemängelte Schmitz. Die beiden Säulen der Agrarpolitik würden vermischt und
überfrachtet: Globale Ziele wie Klimaschutz oder Erhalt der Biodiversität würden in die
„kleine Agrarpolitik“ gepresst, monierte Schmitz. Auch der Vorsitzende des
Ernährungsausschusses im Bundestag, Hans-Michael G o l d m a n n , kritisierte die CioloşPläne und sprach von einem Durcheinander. „Wir blicken alle nicht mehr ganz durch“, räumte
der FDP-Politiker ein. Das Mitglied im Kabinett des EU-Agrarkommissars, Ico v o n
W e d e l , habe bei einem Treffen in Berlin nicht ausgeschlossen, dass der EU-Agrarhaushalt
um 10 Mrd Euro gekürzt werde. Außerdem müsse sich die deutsche Landwirtschaft laut von
Wedel auf eine Angleichung der Prämien einstellen, sagte Goldmann, der eine Obergrenze für
die Direktzahlungen ablehnt. Dies wäre nicht gerechtfertigt, weil ein 1 000 ha-Betrieb im
Osten mehr Mitarbeiter zählen könne als zehn 100-ha-Höfe in Westdeutschland.
Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich S a n d e r warnte vor einem Vermischen der
beiden Säulen. Damit würde den Junglandwirten die Zukunft genommen. Auch eine
„Flatrate“ sei nicht akzeptabel. Der Vizepräsident des Bauern- und Winzerverbandes
Rheinland-Pfalz Süd (BWV), Ingo S t e i t z , verlangte mit Blick auf die Prämiengewährung
zunächst einmal eine gemeinsame Marschrichtung aller Mitgliedstaaten in der Agrarpolitik.
Ferner forderte er ein Festhalten am bestehenden EU-Finanzrahmen.
„Kuckucksei“ Multifunktionalität
Schmitz erklärte, ehrlich sei die Aussage des EU-Agrarkommissars, dass mit den
Direktbeihilfen landwirtschaftliche Einkommen gesichert werden sollten. Aber dann brauche
es dafür Kriterien: „Gerechtigkeit tritt nicht ein, weil man eine Flatrate festsetzt oder kleine
Betriebe stärker fördert“, betonte der Agrarökonom. Ein „Kuckucksei ins Nest gelegt“ hat
sich die EU-Agrarpolitik nach den Worten von Schmitz mit dem Begriff der
„Multifunktionalität“ der Landwirtschaft als Begründung für die Direktbeihilfen. Würden
nämlich die Direktzahlungen verdoppelt oder abgeschafft, würde das an den
gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft überhaupt nichts ändern. Ganz schnell
abgeschafft gehören dem Agrarökonom zufolge die noch produktionsgekoppelten Prämien.
Über diese finanziere Deutschland als Nettozahler in der EU beispielsweise die
Rindfleischerzeugung in Frankreich. Im Hinblick auf den Klimaschutz sprach sich Schmitz
dafür aus, die Effizienzen zu steigern. Die Bioenergieförderung in einzelnen Ländern habe
wegen der fehlenden Preiselastizität des Angebots an fossilem Rohöl keine
klimaschutzrelevanten Auswirkungen, da andere Staaten in die Nachfragelücke springen
würden, stellte Schmitz fest. Er forderte, in Deutschland endlich mehr darüber nachzudenken,
wie man sich dem Klimawandel anpassen könne. Auch warnte der Agrarwissenschaftler vor
dem Glauben, mit einem Verzicht auf Fleischkonsum würde dem Klima geholfen. Schmitz
hierzu wörtlich: „Das ist Unsinn“. Milch- und Fleischwaren seien die „Exportschlager“ der
deutschen Landwirtschaft; ein Verzicht auf diese Produkte würde sie kaputt machen. Die
Landwirtschaft müsse aber Gewinne erwirtschaften; nur dann gebe es auch den notwendigen
Spielraum für umweltrelevante Maßnahmen.
Intensivhaltung beim Tierschutz gefordert
Goldmann verteidigte die Biogasförderung auch gegenüber Kritik aus dem Auditorium. Dem
Biogasauswuchs müsse gegengesteuert werden, räumte der Liberale ein. Er wies aber
gleichzeitig darauf hin, dass die jetzt in der Kritik stehende Biogasförderung viele
Milchbauern gerettet habe, als der Milchpreis auf 18 Cent/kg gerutscht sei. Eine klare Absage
erteilte Goldmann Tierbestandsobergrenzen. Diese hätten mit Ethik und Moral nichts zu tun.
Würden viele Tiere gehalten und erhielten diese ausreichend Platz, Licht und Luft, sei es egal,
ob das Tier die Nummer 231 oder die Nummer 1 236 sei, so der FDP-Agrarpolitiker.
Allerdings sei die Landwirtschaft gut beraten, die Betreuung in den Intensivhaltungen zu
verbessern. Unter Aspekten des Tierschutzes sei die Intensivlandwirtschaft an ihre Grenzen
gestoßen. Als Stichworte nannte Goldmann hier die Endphase der Putenmast und das
Schnabelkürzen. In der Eier- und Geflügelwirtschaft bestünden keine bäuerlichen Strukturen
mehr. Hier sei eventuell über eine Flächenbindung wie bei Großtieren nachzudenken, meinte
der Liberale.
Bioenergie gefährdet Arbeitsplätze
Steitz warnte mit Blick auf die Cioloş-Pläne vor Regelungen zur Fruchtfolge. Dies sei nicht
kontrollierbar. Der BWV-Vizepräsident bekräftigte vielmehr die Forderung des
landwirtschaftlichen Berufsstandes nach einem Abbau der Bürokratie. Er sei lieber auf dem
Acker und im Weinberg als am Schreibtisch, brachte Steitz die Problematik auf den Punkt.
Die Bioenergieförderung hält Steitz für richtig. „Ein Flugzeug fliegt nicht mit Strom; da
brauchen wir Biokerosin“, rechtfertigte er insbesondere die Biokraftstoffpolitik. Sehr kritisch
in Sachen Bioenergie äußerte sich dagegen Umweltminister Sander. Mit „Bio“ habe „Biogas“
nicht zu tun, sagte der FDP-Politiker, der auf die unter seiner Federführung von
Niedersachsen eingebrachte Bundesratsinitiative verwies, die auf eine Reform des EEGVergütungssystems bei Absenkung der Einspeisevergütungen abzielt. Bekanntlich setzt sich
Hannover dafür ein, die bisherigen Boni, beispielsweise den Zuschlag für nachwachsende
Rohstoffe (Nawaro-Bonus), in einen einheitlichen Vergütungssatz für landwirtschaftliche
Biogasanlagen zu integrieren. Das Gesamtniveau der Vergütung soll dabei sinken (AGRAEUROPE 50/10, LÄNDERBERICHTE 32). Sander warnte, die Bioenergieförderung bringe
Arbeitsplätze in der Veredlungswirtschaft und in der Ernährungsindustrie in Gefahr. Auch aus
Gründen der Biodiversität und wegen der Wasserproblematik seien möglichst schnell
Änderungen vorzunehmen. Die Politik habe hier falsche Anreize gesetzt. AgE
DEUTSCHLAND/WELT
Blockadehaltung zur Biotechnologie in der Entwicklungshilfe kritisiert
Nachhaltige Modernisierung der Landwirtschaft - Neue Pflanzensorten zur
Hungerbekämpfung - EKD: Gentechnik sichert nicht die Welternährung - Eigenversorgung
wichtiger als Lieferungen über den Weltmarkt - FNL-Veranstaltung auf der Grünen Woche
BERLIN. Über den Nutzen der Grünen Gentechnik für die Sicherung der Welternährung ist
auf dem ErlebnisBauernhof der Grünen Woche kontrovers diskutiert worden. Bei einer
Podiumsdiskussion der Fördergemeinschaft nachhaltige Landwirtschaft (FNL) warb
Prof. Matin Q a i m von der Universität Göttingen dafür, sich nicht grundsätzlich gegenüber
den Möglichkeiten der Grünen Gentechnik zu verschließen. „In Entwicklungsländern Hilfe
zur Selbsthilfe zu leisten, heißt auch, den Kleinbauern moderne Produktionsmittel wie
verbessertes Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel leichter zugänglich zu machen“,
erklärte Qaim. Der Kampf gegen den Welthunger sei ein Kampf für eine nachhaltige
Modernisierung der Landwirtschaft. Das gelte auch für die Züchtung neuer Pflanzen. Neue
Pflanzensorten, die an das sich verändernde Klima und neue Schädlinge besser angepasst
seien, könnten einen bedeutenden Beitrag zur Welternährung leisten. Die wirtschaftliche
Bedeutung der Pflanzenzüchtung unterstrich der Monsanto-Experte Dr. Conrad v o n
K a m e k e . Europa möge, anders als alle anderen Kontinente, noch mehr Zeit für sich
beanspruchen, bevor auch hier die Einsicht zum Allgemeingut werde, dass eine wirklich
nachhaltigere Landwirtschaft nicht ohne moderne Methoden einschließlich moderner
Züchtung auskommen könne.
Traditionelles Wissen vor Ort einbeziehen
Der Agrarbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Clemens
D i r s c h e r l , und die Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe, Bärbel D i e c k m a n n ,
sprachen sich hingegen deutlich gegen den Einsatz der Gentechnik als Instrument der
Ernährungssicherung aus. Dirscherl betonte, die nationale Ernährungssicherheit müsse durch
GENTECHNIK
die Förderung kleinbäuerlicher Landwirtschaft in Anpassung an die Strukturen vor Ort
erreicht werden und nicht durch „Scheinlösungen aus den Forschungslabors der
Agrarkonzerne“. Die Eigenversorgung hat für Dirscherl gegenüber der Versorgung über
Weltmärkte Vorrang. Es sei entscheidend, der Landbevölkerung politisch und ökonomisch
Anreize zu geben, auf dem Land zu bleiben und so die anhaltende Landflucht zu verhindern.
Als „wichtigsten Hebel zur Überwindung von Hunger und Armut“ bezeichnete Dieckmann
die Förderung von armen Kleinbauern hin zu nachhaltig wirtschaftenden bäuerlichen
Landwirten. Für Entwicklungsländer sei es besonders wichtig, dass Produktionstechniken auf
traditionellem Wissen aufbauten, innovative Ansätze einbezogen und kontinuierlich an
Umwelt- und Marktbedingungen angepasst würden. AgE
DEUTSCHLAND
ÖLSAATEN
Forschungsprojekt zur Förderung des heimischen Sojaanbaus gestartet
GROSS LÜSEWITZ. Mit dem Ziel, angepasste Soja-Sorten für den heimischen Anbau zu
züchten sowie Anbaustrategien zu erproben und zu optimieren, um den Anbau dieser Kultur
in Deutschland rentabler zu machen, ist Anfang des Jahres ein vom Bundesprogramm
Ökologischer Landbau und anderer Formen der nachhaltigen Landwirtschaft (BÖLN) mit
600 000 Euro gefördertes Forschungsprojekt zur Soja-Züchtung gestartet. Hintergrund ist die
Tatsache, dass die Sojabohne als Nahrungs- und Futtermittel in Deutschland eine große
Bedeutung hat, aufgrund des hiesigen Klimas in Mitteleuropa aber bisher kaum angebaut
wird, sondern in großem Stil importiert werden muss. Zu den wesentlichen Zuchtzielen des
Sojaprojekts gehört die Verbesserung der Toleranz gegenüber kühlen Temperaturen. Dieses
Teilvorhaben wird vorrangig am Julius-Kühn-Institut (JKI) am Standort Groß Lüsewitz
bearbeitet. Dort werden Screeningverfahren methodisch weiterentwickelt. Wie das JKI weiter
mitteilte, sollen genetische Ressourcen sowie Zuchtmaterial im Hinblick auf verschiedene
Merkmale der Kühletoleranz evaluiert werden. Dies gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zu
neuen kältetoleranten Sojasorten. Das Projekt soll dazu beitragen, dass die enorme Nachfrage
nach lokal und nachhaltig angebautem Soja für die Lebensmittel- und Futterproduktion besser
bedient werden kann. AgE
DEUTSCHLAND/WELT
Fütterungsverbote für Schlachtnebenprodukte überdenken
Schweine- und Geflügelprodukte der Risikokategorie III wieder zur Fütterung von NichtWiederkäuern zulassen - Bisherige Regeln für Teile von Rindern unverändert beibehalten Schlachtnebenprodukte liefern laut Kamphues wichtiges Eiweiß für die wachsende
Weltbevölkerung - Seminar Veterinary Public Health an der TiHo
HANNOVER. Einige der Fütterungsverbote für Schlachtnebenprodukte, die vor zehn Jahren
anlässlich des Ausbruchs der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE) in Deutschland
eingeführt worden waren, sollten laut Prof. Josef K a m p h u e s von der Stiftung
Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) „überdacht werden“. Es sei fraglich, ob die in
Zukunft rasant wachsende Weltbevölkerung auf Schlachtnebenprodukte als Eiweißquelle
verzichten könne, betonte der Wissenschaftler im Seminar Veterinary Public Health. Dieses
fand am vergangenen Freitag unter dem Titel „Die (Wieder-)Nutzung von
Schlachtnebenprodukten“ an der TiHo statt. Nebenprodukte aus der Schweine- und
Geflügelschlachtung seien nicht von dem großen BSE-Risiko betroffen, so dass hier auch
andere Maßstäbe gelten könnten als zum Beispiel für Nebenprodukte aus der
Rinderschlachtung, unterstrich Kamphues. Darin wurde er laut TiHo von weiteren Referenten
unterstützt. Schweine- und Geflügelnebenprodukte der Risikokategorie III wiesen ein
FUTTERMITTEL
besonders niedriges Risikopotential auf und sollten in Form von tierischen Fetten und
Proteinen wieder zur Fütterung an Nicht-Wiederkäuer zugelassen werden. Für Teile von
Rindern sei diese Art der Verwertung aber auszuschließen. Dr. Anne B a l k e m e B u s c h m a n n vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zeigte in einem Rückblick, dass die
Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE sehr erfolgreich waren. Nachdem in Deutschland in
den Jahren 2008 und 2009 noch jeweils zwei Fälle diagnostiziert worden seien, habe man
2010 erstmals seit Beginn der aktiven BSE-Überwachung keinen Fall mehr festgestellt. Wie
Dr. Matthias G r e i n e r vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) betonte, gibt es
trotz der guten Entwicklung aber keine Entwarnung bei BSE. Prof. Ewald S c h n u g vom
Julius-Kühn-Institut (JKI) erläuterte die Nutzung von Schlachtnebenprodukten für die
Versorgung mit dem begrenzt verfügbaren Phosphor.
Nur die Hälfte wird genutzt
Laut Schnug gehen heute Unmengen an Phosphor ungenutzt verloren, die man in früheren
Zeiten beispielsweise über Knochenmehl wieder in die Fütterung zurückgeführt hat. Zwar
würden Schlachtnebenprodukte immer noch als Dünger ausgebracht, der darin enthaltene
Phosphor sei in dieser Form aber nicht von den Pflanzen zu verwerten und werde somit
vergeudet. Kamphues unterstrich, ein großer Teil des heute in Deutschland verfütterten
Eiweißes stamme aus importiertem Soja. Dabei sei es sinnvoller, vor Ort zur Verfügung
stehende Eiweißquellen zu nutzen. Hinzu komme, dass tierische Eiweiße hochwertiger seien,
stellte Kamphues fest. In Deutschland stünden insgesamt rund 150 000 t tierisches Eiweiß in
Schlachtnebenprodukten von Schweinen und Hühnern zur Verfügung. Das entspreche
300 000 t bis 350 000 t Soja. Derzeit bleiben laut TiHo große Teile der einzelnen
Schlachttierkörper ungenutzt. So gehen zum Beispiel beim Schaf 52 % des Schlachttieres in
die Lebensmittelkette und 48 % in die Entsorgung. AgE
DEUTSCHLAND/USA
Big Dutchman-Gründer begeht 100. Geburtstag
VECHTA/ZEELAND. Jack D e W i t t , einer der legendären amerikanischen
Gründungsväter der Firma Big Dutchman, ist am 30. Januar 100 Jahre alt geworden. Zu dem
besonderen Ehrentag überbrachten Bernd M e e r p o h l , Vorstand der Big Dutchman AG
mit Hauptsitz in Vechta- Calveslage, sowie Clovis R a y z e l , Geschäftsführer der Big
Dutchman Inc., persönliche Glückwünsche im Namen der weltweiten Big DutchmanOrganisation an den Jubilar, der in Zeeland im US-Staat Michigan lebt. Der Gratulant aus
Deutschland hatte neben schönen Präsenten die herzlichen Geburtstagsgrüße seines Vaters,
des heutigen Big Dutchman-Aufsichtsratsvorsitzenden Josef M e e r p o h l , im Gepäck.
Bereits 1938 hatten die beiden DeWitt-Brüder Jack und Dick mit der Gründung eines
Unternehmens, das später in Anlehnung an ihre holländische Abstammung den Namen Big
Dutchman tragen sollte, die Grundlage für eine faszinierende Firmengeschichte gelegt.
Beiden gebührt der historische Verdienst, die weltweit erste professionelle automatische
Fütterungsanlage für Legehennen erfunden und vermarktet zu haben. „Wir hatten eine richtig
gute Idee, und wir waren uns sicher, dass sie dem Füttern von Hand weit überlegen sein
würde. Wir mussten nur damit in die Welt hinausgehen“, erinnert sich Jack DeWitt. Schon
früh baute er gemeinsam mit seinem Bruder das Unternehmen zum weltweit erfolgreichen
Stalleinrichter für die Geflügel- und auch Schweinehaltung aus. Im Jahr 1968 veräußerten die
DeWitts ihre Big Dutchman-Anteile; 1971 zogen sie sich schließlich ganz aus der Branche
zurück. Josef Meerpohl startete 1958 als Big Dutchman-Handelsvertreter für Norddeutschland
und übernahm 1985 durch einen Management-Buy-Out das gesamte Unternehmen mit
weltweiten Verkaufsrechten, seinerzeit außer in Nord- und Südamerika. Heute befindet sich
die Zentrale des reinen Familienunternehmens in Vechta-Calveslage. Unter dem Dach der
PERSONALIEN
Holding Big Dutchman AG und der Leitung von Bernd Meerpohl ist die innovative
Unternehmensgruppe seit Jahren weltweit erfolgreich tätig. Big Dutchman gilt heute als
internationaler Marktführer bei der Entwicklung und dem Vertrieb von Stalleinrichtungen
und Fütterungsanlagen für die moderne Schweine- und Geflügelhaltung. Auf fünf
Kontinenten in mehr als 100 Ländern der Erde steht der Name als Markenzeichen für
dauerhafte Qualität, schnellen Service und unübertroffenes Know-how. Mittlerweile runden
die Planung und der Bau von Biogasanlagen für die Landwirtschaft und die Industrie, IndoorFischfarmen und seit kurzem auch Anlagen für die Erzeugung von Energie aus Biomasse das
Angebotsportfolio ab. AgE
DEUTSCHLAND
PUBLIKATIONEN
Statistisches Jahrbuch im Internet veröffentlicht
BERLIN. Das „Statistische Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2010“ ist
vom Bundeslandwirtschaftsministerium im Internet veröffentlicht worden. Darin werden in
514 Tabellen, davon 77 über die EU-Mitgliedstaaten, alle wichtigen Kennzahlen und
Eckdaten der Branchen dargestellt, beispielsweise Verbraucherpreise sowie Informationen zur
Lebensmittelsicherheit, zur Rohstoffversorgung, zum Warenverkehr und zur Bodennutzung.
Neben weiteren Aktualisierungen wurden in die aktuelle Ausgabe zusätzlich Daten über die
Einnahmen und Ausgaben, die Wohnverhältnisse, das Vermögen und die Ausstattung privater
Haushalte mit Gebrauchsgütern aufgenommen. Darüber hinaus weist eine neue Tabelle die
Preise für ausgewählte Nahrungsmittel nach Geschäftstypen aus. (www.bmelv-statistik.de)
AgE
AGE
5-2011
DEUTSCHLAND
VERANSTALTUNGEN
Mehr als 20 000 Demonstranten für eine andere Agrarpolitik
Unerwartet hohe Beteiligung an der Veranstaltung in Berlin - Kritik an der derzeitigen
Agrarpolitik - Sehr heterogene Forderungen - Weiger fordert eine „nachhaltige und gerechte
Agrarreform“ in Europa - Plädoyer für bäuerliche und ökologische Landwirtschaft statt
Agrarindustrie
BERLIN. Rund 22 000 Teilnehmer haben den Veranstaltern zufolge an der Demonstration
gegen die derzeitige Agrarpolitik der Bundesregierung und in der Europäischen Union am
vorletzten Samstag in Berlin teilgenommen. Damit seien die Erwartungen deutlich übertroffen
worden, hieß es beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als einem der
Initiatoren der Veranstaltung, die unter dem Motto „Wir haben es satt“ anlässlich des
zeitgleich stattfindenden Internationalen Agrarministergipfels durchgeführt wurde. Die Liste
der vorgebrachten Forderungen war entsprechend des heterogenen Trägerkreises sehr
vielfältig und reichte von der Sicherung einer bäuerlichen Landwirtschaft und einer Absage
an Formen der industriellen Landwirtschaft insbesondere in der Tierhaltung über eine
Ökologisierung der Nahrungsmittelerzeugung und ein Verbot der Grünen Gentechnik bis zu
einem Verzicht auf Agrarexporte sowie die Gewährleistung eines fairen Welthandels. Der
BUND-Vorsitzende Prof. Hubert W e i g e r warf der Bundesregierung auf der Kundgebung
eine Blockadehaltung gegen eine „nachhaltige und gerechte Agrarreform“ in Europa vor. Die
Gesellschaft fordere die Umlenkung der Subventionen „weg von der Agrarindustrie hin zur
bäuerlichen und ökologischen Landwirtschaft“. Der Parlamentarische Staatssekretär vom
Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Gerd M ü l l e r , bezeichnete die Kritik an der
gegenwärtigen Landwirtschaft als nicht nachvollziehbar.
Gefährliche Sackgasse
Für Maria H e u b u c h , Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (AbL), sind Massentierhaltung und Gentechnik „eine gefährliche Sackgasse
für die Bauern und ein erhöhtes Risiko für die Verbraucher“. Agrarfabriken gehörten verboten
„und nicht weiter mit Steuergeldern subventioniert“. Der Vorsitzende der internationalen
Umweltorganisation Friends of the Earth und Träger des alternativen Nobelpreises, Nnimmo
B a s s e y , sprach von verheerenden Auswirkungen der europäischen Agrarpolitik für die
Entwicklungsländer. Ein positives Fazit zog der Vorsitzende vom Bund Ökologische
Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Dr. Felix P r i n z zu L ö w e n s t e i n. Er wertete die
Veranstaltung als eine „machtvolle Demonstration für die ökologische Landwirtschaft“.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse A i g n e r sieht Prinz Löwenstein gefordert, die
Ökolandbau als Leitbild für eine „Ressourcenschonende, umwelt- und naturverträgliche
Landwirtschaft“ zu nutzen.
Breiter Konsens
Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald
S c h a b e r , wertet den großen Zuspruch als Indiz für einen breiten Konsens darüber, „dass
Deutschland eine bessere Agrarpolitik braucht“. Bereits seit Jahren demonstrierten
Milchbauern für eine Umkehr der Agrarpolitik, „weg von der einseitigen Orientierung auf die
Interessen der Agroindustrie hin zur Orientierung an den Interessen von Bauern und
Verbrauchern“. Umso mehr sei es zu begrüßen, „dass nun immer mehr Menschen aus
verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ihre Stimme erheben und für das gemeinsame
Ziel einer Veränderung der Agrarpolitik eintreten“. Damit seien die Zeiten vorbei, „in denen
Agrarpolitik als reine Klientelpolitik betrieben werden konnte“. Die Menschen hätten erkannt,
dass die Agrarpolitik alle angehe. Schaber forderte eine Abkehr von der Exportorientierung
der Agrarwirtschaft.
Raus aus den Insiderkreisen
„Die deutschen Bauern produzieren nach weltweit höchsten Standards“, sagte Staatssekretär
Müller beim Fachforum Milch des Deutschen Bauernverbandes (DBV) im Rahmen der
Grünen Woche. Die massiven Vorwürfe, wie sie eine Reihe von Verbänden und
Organisationen derzeit gegen die moderne Landwirtschaft erhöben, seien daher in keiner
Weise gerechtfertigt. Gleichzeitig berge die Entwicklung erhebliche Gefahren für die
Branche. Müller rief die Agrar- und Ernährungswirtschaft auf, die Anwürfe nicht tatenlos
hinzunehmen, sondern ihnen energisch entgegenzutreten. Die Landwirte und ihre Vertreter
seien gefordert, sich offensiv mit ihren Kritikern auseinanderzusetzen und sich in der
Öffentlichkeit zu präsentieren. „Wir müssen raus aus unseren Insiderkreisen“, mahnte der
CSU-Politiker und regte neue Initiativen für die Öffentlichkeitsarbeit an. AgE
Wiggering zum kommissarischen Sprecher der DAFA gewählt
BERLIN. Der wissenschaftliche Direktor des Leibniz-Zentrums für
Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg, Prof. Hubert W i g g e r i n g , ist
kommissarischer Sprecher der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA). Auf der
Gründungsversammlung der DAFA in Berlin wurden am vergangenen Mittwoch neben
Wiggering vier weitere Vertreter der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung in den
Vorstand gewählt. Dabei handelt es sich um den Leiter des Fachgebiets Verfahrenstechnik der
Tierhaltungssysteme der Universität Hohenheim, Prof. Thomas J u n g b l u t h , den
Präsidenten des Max-Rubner-Instituts (MRI), Prof. Gerhard R e c h k e m m e r , den Leiter
des Instituts für Tierzucht der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Dr. Kay-Uwe
G ö t z , sowie Prof. Jürgen B r a u n , Dekan des Fachbereichs Agrarwirtschaft der
Fachhochschule Soest. Bislang beteiligen sich 53 Forschungseinrichtungen, Institute und
Fachbereiche aus der Ressortforschung sowie der universitären und außeruniversitären
Forschung an dem Verbund. Vertreten sind 26 Einrichtungen aus Universitäten und
Hochschulen, 14 Einrichtungen der Bundes- und Länderressortforschung sowie 13 weitere
außeruniversitäre Forschungsinstitute. Sie repräsentieren mehr als die Hälfte aller
Wissenschaftler aus der gesamten Agrarforschungsszene von den Umwelt- und
Geowissenschaften über den Forst- und Agrarbereich bis zur Tiermedizin und den
Ernährungs- und Lebensmittelwissenswissenschaften. Die DAFA wird eigenen Angaben
zufolge in Kürze zwei Fachforen durchführen. In einem Forum sollen Wissenschaftler die
derzeitigen Tierhaltungssysteme auf den Prüfstand stellen und mögliche Alternativen
erarbeiten. Konkreten Diskussionsbedarf sehen die Mitglieder der DAFA bei Ferkelkastration,
Schnabelkürzen bei Hühnern und der Enthornung von Kälbern. Ein zweites Forum widmet
sich dem Bereich der stickstoffbindenden Eiweißpflanzen. Das Thema soll lauten:
„Hülsenfrüchte – Vom Anbau bis auf den Teller“. AgE
WELT
Bei der Ernährungssicherung nicht alte Fehler wiederholen
Ex-EU-Spitzendiplomat Guth warnt vor erneuter Regulierung der Weltagrarmärkte zur
Verbesserung der globalen Ernährungssituation - Erfahrungen aus der Vergangenheit
berücksichtigen - Landwirte in Entwicklungsländern brauchen Zugang zu wichtigsten
Produktionsfaktoren - Mindestmaß an Infrastruktur Voraussetzung für Steigerung der
Agrarproduktion
BERLIN. Vor falschen Weichenstellungen in der internationalen Agrarpolitik warnt der
ehemalige Ständige Vertreter der EU-Kommission bei den internationalen Organisationen in
Genf, Dr. Eckart G u t h . In einem Beitrag, den der frühere Spitzendiplomat im Hinblick auf
die diesjährige Grüne Woche und das Internationale Agrarministertreffen verfasst hat, äußert
er sich besorgt über Diskussionen zur Regulierung der Weltagrarmärkte mit Instrumenten, die
sich bereits in der Vergangenheit als untauglich erwiesen hätten (vgl. DOKUMENTATION
i.d.Ausg.). Dazu zählten ein Ausbau regionaler und globaler Vorratshaltung oder
Warenabkommen zur Stabilisierung von einzelnen Rohstoffmärkten. Vor diesem Hintergrund
kritisiert er Bestrebungen Frankreichs, im Rahmen der anstehenden G8-Treffen diese
Instrumente wieder hoffähig zu machen. Um die Ernährungssicherheit auf globaler Ebene
mittel- und langfristig zu erhöhen, muss nach Auffassung Guths stattdessen eine Reihe von
wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen erfüllt sein, die weitgehend dem
Gestaltungsspielraum der betroffenen Regierungen und den Geberländern sowie der
beteiligten Hilfsorganisationen unterliegen. Grundvoraussetzung sei allerdings Stabilität in
den einzelnen Entwicklungsländern.
Kleinbauernförderung keine ideologische Frage
Guth unterstreicht die Notwendigkeit, die wichtigsten Produktionsfaktoren wie Land,
Maschinen und Kapital den in der Landwirtschaft der Entwicklungsländer beschäftigten
Menschen zugänglich zu machen. Zudem könne eine über eine reine Subsistenzwirtschaft
hinausgehende Landbewirtschaftung nur funktionieren, wenn die notwendigsten
Infrastrukturen wie Transportmöglichkeiten, lokale und regionale Märkte sowie
Preisinformationen vorhanden seien. Andernfalls, so Guth, blieben die wirtschaftlichen und
finanziellen Anreize für eine Steigerung der Agrarproduktion aus. Eine wesentliche
Voraussetzung zur Überwindung der Armut sieht der Ex-Diplomat in der Förderung von
AGRARPOLITIK
Kleinbauern. Angesichts einer Zahl von 1,5 Milliarden Menschen, die weltweit in Haushalten
mit kleinen landwirtschaftlichen Betrieben lebten, sei dies keine ideologische Frage, sondern
eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Viele Beispiele zeigten nämlich, dass mit bereits
bekannten agrartechnischen Maßnahmen gerade in kleineren Betrieben unter Einsatz der
reichlich vorhandenen Arbeitskraft rasche Verbesserungen in der Produktion und der
nachhaltigen Bewirtschaftung erzielt werden könnten. Eine sträfliche Vernachlässigung der
Landwirtschaft hat es nach Einschätzung von Guth nicht nur in der internationalen
Entwicklungshilfe, sondern auch bei den Regierungen in den Entwicklungsländern selbst
gegeben. AgE
Eiweißlücke wird zum Sicherheitsproblem für die europäische Landwirtschaft
WIEN. Die Europaabgeordnete Elisabeth K ö s t i n g e r hält die Eiweißlücke der
Europäischen Union im Futtermittelbereich für ein Sicherheitsproblem der Landwirtschaft.
Die Eiweißlücke werde derzeit zu einem Großteil mit Importsoja geschlossen, was allerdings
nicht dem Bestreben der EU-Agrarpolitik nach einer ökologischen und unabhängigen
Landwirtschaft entspreche, erklärte Köstinger anlässlich einer Abstimmung im
Agrarausschuss des Europäischen Parlaments zum Proteindefizit in der EU. Daher sei es an
der Zeit, die Anbauflächen für Eiweißpflanzen zu erweitern, denn mit jeder zusätzlichen
Tonne würde ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz geleistet und die Unabhängigkeit bei
der Lebensmittelversorgung gesichert. Nach Köstingers Worten braucht es rechtliche
Instrumente, durch die das Eiweißdefizit ausgeglichen werden kann. Um von Importen
unabhängig zu werden, müssten alle Teilbereiche der Eiweißerzeugung mobilisiert werden.
Derzeit würden nur 3 % der gesamten Ackerfläche in der EU dazu verwendet, um
Eiweißpflanzen anzubauen. Angesichts der enormen Preisschwankungen auf den
Weltmärkten schaffe dies eine besorgniserregende Abhängigkeit. „Regenwaldrodungen, lange
und CO2-intensive Transporte und der steigende Einsatz von gentechnisch manipulierten
Pflanzen können langfristig nur vermieden werden, wenn wir den Anbau von Soja, Getreide,
und Ölsaaten in europäischen Regionen fördern“, so die EU-Parlamentarierin. Notwendig
seien Maßnahmen im Rahmen der Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Wichtig
sei auch die Förderung von Forschungsprojekten zur Kultivierung und Ertragsoptimierung,
aber auch eine Verbesserung der Fruchtfolgesysteme. Nach Köstingers Ansicht erweist sich
Österreich in dieser Problematik einmal mehr als Vorbild. Entgegen dem EU-Trend hätten die
österreichischen Bauern 2010 die Anbaufläche von Sojabohnen gegenüber dem Vorjahr um
rund 40 % ausgedehnt; im Biolandbau seien sogar Zuwächse um mehr als 100 % verzeichnet
worden. In den letzten Jahren habe die österreichische Landwirtschaft eindrucksvoll gezeigt,
dass die Eiweißversorgung langfristig über die regionale Produktion gesichert werden könne.
Wer bei Soja über den Tellerrand schaue, sollte seinen Blick nicht mehr auf Südamerika
richten. Das Bemühen der heimischen Landwirte um eine sichere, regionale
Futtermittelqualität müsse aber auch fair abgegolten werden. AgE
DEUTSCHLAND
Deutsche Eierwirtschaft startet Kommunikationsoffensive
BERLIN. Die deutsche Eierwirtschaft will mit aufmerksamkeitsstarken Maßnahmen das
Vertrauen der Verbraucher in die heimische Eiererzeugung zurückgewinnen. Aus diesem
Grund haben Vertreter dieses Produktionsbereichs vergangene Woche in Berlin die
Informationsgemeinschaft Deutsches Ei (IDEi) gegründet, die als eigenständige Organisation
für die Durchführung der gemeinsamen Branchenkommunikation zuständig sein soll. Die
IDEi ist mit einem Etat ausgestattet, der kurzfristig von der Wirtschaft zur Verfügung gestellt
werden konnte. Im Zuge des Dioxinfundes in Futtermitteln von Legehennen sei die Nachfrage
EIER
nach Eiern drastisch eingebrochen, erklärte Dr. Bernd D i e k m a n n , Vorsitzender des
Bundesverbandes Deutsches Ei, der dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft
(ZDG) angeschlossen ist. Dem Verbraucher müsse jetzt vermittelt werden, dass er mit gutem
Gefühl Eier aus deutscher Erzeugung kaufen könne, und zwar unabhängig von der
Haltungsform. Laut Diekmann wurde im Zuge der Dioxinthematik von interessierter Seite
vermittelt, lediglich Eier aus ökologischer Erzeugung seien genießbar. Dies sei schlichtweg
falsch, ganz unabhängig von der Tatsache, dass der Verbraucher zu keiner Zeit durch den
Verzehr von Eiern gesundheitlich gefährdet gewesen sei. Dies hätten unabhängige Stellen
festgestellt, beispielsweise das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die dennoch starke
Verunsicherung der Verbraucher habe sich enorm auf den Eiermarkt niedergeschlagen. So
habe die Branche zeitweise Umsatzrückgänge von mehr als 20 % verzeichnet. Obwohl sich
der Markt nun langsam wieder beruhigt, ist sich die Wirtschaft nach Angaben von Diekmann
einig, dass es mehr Transparenz hinsichtlich der Eiererzeugung bedarf, um das Vertrauen des
Verbrauchers langfristig wieder zurückzugewinnen. Die deutsche Eierbranche habe
verstanden, dass der Verbraucher offensichtlich auch deswegen verunsichert gewesen sei,
weil ihm die Umstände der modernen Legehennenhaltung und Eiererzeugung fremd
geworden seien. Um hier Aufklärung zu schaffen, habe sein Verband bereits im vergangenen
Jahr die Internetseite www.deutsche-eier.info ins Leben gerufen, so der Vorsitzende. Mit der
Gründung der IDEi solle nun noch deutlicher kommuniziert werden. Die bereits geschaffenen
Strukturen würden dabei helfen, das Ansehen und die Akzeptanz von in Deutschland
erzeugten Eiern zu fördern, das Ei als hochwertiges Lebensmittel zu positionieren und dem
Verbraucher zu vermitteln, dass deutsche Eier ausschließlich in tiergerechten und modernen
Haltungsformen erzeugt würden, die weit über den EU-Standard hinausgingen. Das DE auf
der Schale des Eies stehe nicht nur für die deutsche Erzeugung, sondern auch für
Natürlichkeit, Sicherheit und Genuss. AgE
DEUTSCHLAND
„Deutsches Geflügel: Nachhaltig gut!“ geht in die dritte Runde
Kampagne der deutschen Geflügelfleischwirtschaft auf der Grüne Woche in Berlin ins Jahr
2011 gestartet - Das Vertrauen der Verbraucher in die deutsche Erzeugung soll weiter
gefestigt werden - Mit sachlich korrekten Argumenten über die Geflügelhaltung aufklären Haltungsstandards werden in die Kampagne integriert
BERLIN. Mit neuen Impulsen ist im Rahmen der Grünen Woche in Berlin die Kampagne
„Deutsches Geflügel: Nachhaltig gut!“ der Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel
(IDEG) in das Jahr 2011 gestartet. Nach Angaben von IDEG-Geschäftsführer Dr. Thomas
J a n n i n g werden ab Mitte Februar wieder Anzeigen in bundesweiten Medien mit der
Zielgruppe „haushaltsführende Frauen“ geschaltet, mit denen für die kontrollierte Erzeugung
von deutschem Geflügelfleisch geworben werden soll. Ziel der rund 2 Mio Euro teuren
Kampagne sei es, das Vertrauen der Verbraucher in die deutsche Erzeugung weiter zu
festigen. Der Zusammenschluss der Geflügelfleischwirtschaft zu einer gemeinsamen
Branchenkommunikation hatte bereits im April 2010 eine Kommunikationsoffensive ins
Leben gerufen, die mit aufmerksamkeitsstarken Anzeigenschaltungen und einem
umfangreichen Internetauftritt über den „DDD-Herkunftsnachweis“ informiert und diesen um
das aktuelle Thema der Nachhaltigkeit ergänzt. Der Verbraucher wünsche nicht nur sichere
und hochwertige Lebensmittel, sondern interessiere sich auch für die Umstände der
Erzeugung, erklärte Janning. Dies habe man bereits mit der offensiven Kommunikation des
Themas Nachhaltigkeit aufgegriffen. Im angelaufenen Kampagnenjahr werde sich die IDEG
zudem den in aktuellen Diskussionen häufig pauschal vorgetragenen Vorwürfen zum Thema
GEFLÜGEL
Geflügelhaltung mit sachlich korrekten Argumenten stellen, um noch mehr
Nachvollziehbarkeit und Transparenz für den Verbraucher zu schaffen.
Thema Bewegtbild nimmt größere Rolle ein
Ab sofort ist auf der Internetseite www.deutsches-gefluegel.de ein neuer Film der IDEG zu
sehen, der die Kampagneninhalte zum Thema Nachhaltigkeit visualisiert. Der Film lief auch
am IDEG-Stand im Rahmen des Partnerauftritts der Bundesvereinigung der Deutschen
Ernährungsindustrie (BVE) und des Bundes für Lebensmittelrecht- und Lebensmittelkunde
(BLL) auf der Grünen Woche. Auf der Berliner Messe vermittelte die IDEG zudem
ausführliche Antworten auf die Fragen, welchen Einfluss die Geflügelfleischerzeugung
beispielsweise auf die Treibhausgasemissionen hat oder wie hoch der Wasserverbrauch bei
der Produktion ist. Auch das Thema der Haltungsstandards soll in diesem Jahr mit Hilfe von
Bewegtbildern vermittelt werden. Um langfristig branchenweite Kommunikationsmaßnahmen
im Inland realisieren zu können, hatte die deutsche Geflügelfleischwirtschaft auf Initiative des
Bundesverbandes der Geflügelschlachtereien (BVG) die Initiative ergriffen und im April
2009 die IDEG gegründet. Die Gemeinschaft verfolgt das Ziel, deutsches Geflügelfleisch als
qualitativ hochwertiges Erzeugnis zu kommunizieren und seine Marktposition - auch
außerhalb der Grillsaison mit einer ohnehin starken Verbrauchernachfrage - weiter zu
behaupten. Zudem widmet sich die IDEG der sachlichen Aufklärung über die in Deutschland
geltenden hohen Erzeugungsstandards. AgE
RUSSLAND
TIERPRODUKTION
Tierbestände werden in allen Nutzungsrichtungen abgestockt
MOSKAU. Die landwirtschaftlichen Betriebe in Russland haben ihre Tierbestände im
vergangenen Jahr in sämtlichen Nutzungsrichtungen abgestockt. Wie das Moskauer
Landwirtschaftsministerium mitteilte, wurden Ende November 2010 landesweit insgesamt
20,5 Millionen Rinder gehalten, was im Vergleich zum Vorjahr eine Abnahme um 3,3 %
bedeutete. Die Zahl der Kühe verringert sich dabei um 2,1 % auf 8,8 Millionen Tiere. Für die
russische Schweinehaltung wurde ein Rückgang des Bestandes um 1,2 % auf rund
18 Millionen Stück ausgewiesen. Die Herden an Schafen und Ziegen waren mit
22,4 Millionen Tieren um insgesamt 3,1 % kleiner als Ende November 2009. Die sogenannten
Hauswirtschaften der Bevölkerung stellen im Rahmen der Tierhaltung nach wie vor die
dominierende Betriebsform dar: So entfielen auf sie 48,2 % aller Rinder, 51,9 % sämtlicher
Schafe und Ziegen sowie 34,1 % der Schweine. Der Rückgang des Schweinebestandes wird
von Moskauer Marktexperten unter anderem auf die starke Verteuerung der Futtermittel im
zweiten Halbjahr 2010 und auf Tierverluste wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
zurückgeführt. AgE
Mecklenburg-Vorpommern von bedenklicher Tierkonzentration „meilenweit“ entfernt
Backhaus: Mit einem Viehbesatz von 0,37 Großvieheinheiten je Hektar liegt das Land weit
unter dem Bundesdurchschnitt - Anhebung auf den mittleren Wert Deutschlands würde rund
20 000 Arbeitsplätze schaffen - Emissionen der Anlagen belasten Umwelt nicht - Jährlich
15 Millionen Euro zur Unterstützung des ökologischen Landbaus - Tietböhl gegen pauschale
Verurteilung unternehmerischer Landwirte - Bürgerinitiativen demonstrieren vor dem
Schweriner Landtag gegen industrielle Tierhaltungsanlagen
SCHWERIN. Angesichts der immer hitziger werdenden Demonstrationen gegen industrielle
Tierhaltungsanlagen hat Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Dr. Till B a c k h a u s
die Landwirtschaft seines Bundeslandes in Schutz genommen. Gegenüber Demonstranten
verschiedener Bürgerinitiativen und Parteien, die sich am vergangenen Mittwoch vor dem
Schweriner Landtag getroffen hatten, um ihrer Wut auf die Förderung landwirtschaftlicher
Großbetrieben Luft zu machen, wies Backhaus auf einige Fakten der heimischen
Agrarbranche hin. So liege das Land mit einem Viehbesatz von 0,37 Großvieheinheiten (GV)
pro Hektar weit unter dem Bundesdurchschnitt. Von einer bedenklichen Tierkonzentration sei
man meilenweit entfernt und die wolle auch keiner haben, beschwichtigte der Minister. Wenn
man die durchschnittliche Viehbesatzdichte des gesamten Bundesgebietes zugrunde lege,
könnten in Mecklenburg-Vorpommern 2 Millionen Schweine, 1 Million Rinder und 3,1
Millionen Legehennen gehalten werden. Aktuell betrage der Schweinebesatz des Landes aber
gerade mal ein Drittel des Bundesdurchschnitts. Unterstützung erhielt Backhaus vom
Präsidenten des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Rainer T i e t b ö h l , der sich
für eine Versachlichung der Diskussionen und gegen eine pauschale Verurteilung jedes
unternehmerisch denkenden Landwirts aussprach. Wer laut schreie, habe nicht immer Recht,
gab Tietböhl zu bedenken. Darüber hinaus seien Arbeitsplätze in der produzierenden
Wirtschaft in dem nicht gerade damit gesegneten Land ein starkes Argument. Dass
gesetzliche Rahmenbedingungen sowohl von den konventionell als auch ökologisch
arbeitenden Landwirten bei Investitionsvorhaben eingehalten würden, sei dabei
selbstverständlich. Allerdings könne „Museumslandwirtschaft“ auch unter globalen
Gesichtspunkten nicht Mecklenburg-Vorpommerns Antwort auf die Anforderungen der
Zukunft sein, stellte Tietböhl klar.
Wirtschaftskraft der Branche
Auch der Landwirtschaftsminister stellte die Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft
als eine tragende Säule der Wirtschaftskraft Mecklenburg-Vorpommerns heraus. Die
Landwirte hätten in den zurückliegenden Jahren insgesamt fast 2,5 Mrd Euro in ihre Betriebe
investiert. Davon seien fast zwei Drittel für den Aufbau moderner, umwelt- und artgerechter
Tierhaltungssysteme verwendet worden. Wenn der Viehbesatz auf den Bundesdurchschnitt
angehoben würde, könnten rund 20 000 neue Arbeitsplätze entstehen, schätzte Backhaus.
Etwa 4 000 entfielen dabei direkt auf die Produktion, weitere 16 000 auf den vor- und
nachgelagerten Bereich. Derzeit seien in der gesamten Landwirtschaft des Landes 22 000
Menschen beschäftigt. Angesichts der Tatsache, dass sich die Menschen in MecklenburgVorpommern nach wie vor in erster Linie Sorge um ihren Arbeitsplatz machten, sollte man
dieses Argument nicht in den Wind schlagen, riet der Minister. Er verwies außerdem auf die
große Bedeutung der Landwirtschaft und der Verarbeitung für die Belebung des ländlichen
Raumes und wandte sich entschieden gegen eine Diffamierung der Landwirte, wie sie in dem
Aufruf zur Demonstration zum Ausdruck gekommen sei.
Förderung
Zudem unterstrich Backhaus, dass er Tierhaltungsanlagen von mehreren 100 000 Mastplätzen
ablehne und eine flächengebunden Tierhaltung, die sich an dem Maßstab von 1 GV/ha
orientiere, bevorzuge. Gleichzeit widersprach er der falschen Darstellung, dass die
Landesregierung solche Anlagen durch Fördermittel unterstütze. Es würden nur Anlagen einer
maximalen Investitionssumme von 2 Mio Euro mit bis zu 500 000 Euro gefördert. Ab einer
Investitionssumme von 3,75 Mio Euro gebe es keine Förderung mehr. Damit sei eine
staatliche Unterstützung überdimensionierter Anlagen ausgeschlossen. Ferner wolle er in der
nächsten Legislaturperiode über eine Anpassung des Raumentwicklungsprogramms
Instrumente einführen, um riesige Tierhaltungsanlagen zumindest in besonders sensiblen
Gebieten hinsichtlich der Einwohner und der touristischen Bedeutung zu verhindern, kündigte
Backhaus an.
Umweltfolgen und ökologischer Landbau
Für die Umwelt stellten die Emissionen aus den Tierhaltungsanlagen aufgrund der geringen
Viehdichte keine Belastung dar, denn die dort anfallenden Nährstoffe könnten als
Wirtschaftsdünger ausgebracht werden, so Backhaus weiter. Dies werde auch regelmäßig im
Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz geprüft.
Selbst eine Viehdichte von 1 GV/ha, wie sie im Bundesdurchschnitt existiere, sei aus
Umweltsicht unproblematisch. Über die anfallende Gülle würden dem Boden lediglich jene
Nährstoffe wieder zugefügt, die ihm durch die landwirtschaftliche Nutzung vorher entzogen
worden seien, argumentierte der Minister. Abschließend hob er die Anstrengungen der
Landesregierung hervor, die artgerechte Tierhaltung und den ökologischen Landbau verstärkt
zu fördern. Mecklenburg-Vorpommern habe die Förderung von Investitionen in besonders
art-und umweltgerechte Tierhaltung auf 35 % angehoben. Daneben gebe das Land jährlich
15 Mio Euro zur Unterstützung des ökologischen Landbaus aus. Im Vergleich dazu seien es in
Nordrhein-Westfalen, wo auch die Grünen mit in der Verantwortung stünden, nur 10 Mio
Euro. AgE
DEUTSCHLAND
PUBLIKATIONEN
UBA-Broschüre „Umwelt und Landwirtschaft“ erschienen
DESSAU. Zahlen und Fakten für eine Diskussion über den Umweltschutz in der
Landwirtschaft hat das Umweltbundesamt (UBA) mit seiner Broschüre „Umwelt und
Landwirtschaft“ aus der Reihe „Daten zur Umwelt“ bereitgestellt. Darin kann unter anderem
nachgelesen werden, dass 2009 deutschlandweit 52 % der Bodenfläche landwirtschaftlich
genutzt wurde, davon allein wiederum 60 % für die Futtermittelproduktion. Den sinkenden
Anteil von Grünland führen die Experten unter anderem auf den zunehmenden Anbau von
Energiepflanzen, beispielsweise Raps für Diesel und Mais für Biogas, zurück. Sie warnen in
diesem Zusammenhang davor, dass eine so wichtige CO2-Senke zum Schutz des Klimas
wegfalle und sich die biologische Vielfalt verringere. Zur Düngung halten die Autoren
zunächst fest, dass eine moderne Landwirtschaft ohne sie undenkbar sei, merken dann aber
an, dass zu viele Nährstoffe auf die Felder gelangten und Böden und Gewässer überdüngt und
versauert würden. Die Folge seien Algenplagen oder Sauerstoffmangel in Flüssen und Seen,
aber auch der Verlust von Lebensräumen für diejenigen Tiere und Pflanzen, die zuviel
Dünger nicht vertrügen. Trotz eines Rückgangs um 20 % zwischen 1991 und 2007 liege der
Stickstoffüberschuss mit 105 kg/ha immer noch weit über dem von der Bundesregierung
angestrebten Ziel von 80 kg/ha. Vor diesem Hinergrund fordert das Umweltbundesamt
wirksame Maßnahmen zu einer effizienteren Nutzung von Stickstoff. Auch die Zielvorgabe
der Bundesregierung, 20 % der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch zu bewirtschaften,
liege mit 5,6 % im Jahr 2009 in weiter Ferne, obwohl die Binnennachfrage die heimische
Produktion übersteige, monierte das UBA. Eine attraktive Umstellungsförderung wäre nach
Ansicht des Umweltbundesamtes eine Möglichkeit, die Nachfrage vermehrt aus heimischer
Produktion zu befriedigen. „Landwirtschaft war und ist eine der wichtigsten Nutzungen
unserer Umwelt“, stellte UBA-Präsident Jochen F l a s b a r t h in dem Hinweis auf die
Publikation fest. Bei der für 2013 anstehenden Agrarreform der Europäischen Union werde es
darauf ankommen, die Umweltanforderungen dort zu stärken, wo sie noch nicht ausreichend
seien. Das werde auch eine Neuausrichtung der Agrarförderung erfordern, die die
Honorierung konkreter zusätzlicher Dienstleistungen der Landwirtschaft für Umwelt und
Ökosysteme stärker in den Vordergrund stellen sollte. (www.uba.de/uba-infomedien/4056.html) AgE
Ungleichverteilung der Direktzahlungen bleibt bestehen
BRÜSSEL. Die Direktbeihilfen der Europäischen Union waren zwischen Betriebsgrößen
auch zuletzt äußerst ungleich verteilt. Wie aus einem Bericht hervorgeht, der am vergangenen
Freitag von der EU-Kommission veröffentlicht wurde, entfielen im Haushaltsjahr 2009 auf
rund 80 % der Betriebe lediglich 20 % der Zahlungen. Diese Relation gilt annähernd sowohl
für die Summe der alten wie der neuen Mitgliedstaaten. Allerdings erhielten in der EU-12
etwa 97 % der Beihilfeempfänger - mehr als 3 Millionen Betriebe - weniger als 5 000 Euro.
Der Durchschnitt lag sogar bei lediglich 1 291 Euro. In der EU-15 mussten immerhin 71 %
der Betriebe mit Direktbeihilfen von weniger als 5 000 Euro auskommen. Trotzdem lag das
Mittel der Zahlungen hier oberhalb dieser Schwelle, nämlich bei 7 441 Euro pro Betrieb. Die
Kommission nahm diese Daten zum Anlass, ihre Forderung nach einer Begrenzung der
Beihilfen für Großbetriebe zu bekräftigen. Man habe bereits bei vielen Gelegenheiten
Bedenken wegen der Verteilung der Direktzahlungen zwischen Erzeugern und
Mitgliedstaaten geäußert, heißt es in dem Papier. Die Kommission verweist auf frühere fehlgeschlagene - Versuche, eine absolute Kappung im EU-Recht zu verankern und erinnert
an die im Health Check eingeführte zusätzliche Modulation in Höhe von 4 % für Betriebe, die
mehr als 300 000 Euro jährlich erhalten. Von 39,1 Mrd Euro, die 2009 insgesamt als
Direktbeihilfen ausgezahlt wurden, flossen laut Kommission knapp 44 % an Betriebe mit
Ansprüchen zwischen 20 000 Euro bis weniger als 100 000 Euro. Annähernd 16 % der
Zahlungen - rund 6,3 Mrd Euro - gingen an Empfänger mit Ansprüchen von mehr als
100 000 Euro. Der zusätzlichen Modulation unterworfen waren 5,5 % der Beihilfen.
Immerhin 15 % der Mittel verteilten sich auf Beträge von weniger als 5 000 Euro. In
Deutschland zeigt sich erwartungsgemäß eine andere Verteilung: Hier waren die
Kleinbetriebe unterrepräsentiert. Von 5,5 Mrd Euro Direktzahlungen gingen im Haushaltsjahr
2009 lediglich 5 % an Empfänger mit Ansprüchen von weniger als 5 000 Euro, stattdessen
aber fast 30 % an Großbetriebe mit einem Beihilfevolumen von mehr 100 000 Euro. Lediglich
Tschechien weist eine höhere Konzentration der Beihilfen im oberen Segment auf. Im EUDurchschnitt liegt dagegen das deutsche Mittelfeld: Gut 43 % der Ansprüche beliefen sich auf
20 000 Euro bis weniger als 100 000 Euro. AgE
DEUTSCHLAND
PUBLIKATIONEN
UBA veröffentlicht Broschüre „Stickstoff - Zuviel des Guten?“ auf der IGW
BERLIN. Seine neue Broschüre „Stickstoff - Zuviel des Guten?“ hat das Umweltbundesamt
(UBA) auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin vorgestellt. Darin werden in
den sieben Kapiteln die Stickstoffformen und -vorräte, die Bedeutung und Auswirkungen von
Einträgen auf Landwirtschaft, Mensch und Umwelt, Strategien zur Minderung von
Stickstoffemissionen sowie weltweite Lösungsansätze behandelt. „Die Reduktion der
Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft kommt zu langsam voran“, stellte UBA-Präsident
Jochen F l a s b a r t h anlässlich der Präsentation des Heftes fest. Deshalb seien
weitergehende Maßnahmen erforderlich, um die damit verbundenen Umwelt- und
Gesundheitsgefahren zu reduzieren. Längerfristig müsse es das Ziel sein, regionale
Stoffkreisläufe zu schließen. (www.uba.de) AgE
DEUTSCHLAND
TIERPRODUKTION
Bestandsbetreuung als Qualitätsgarant in der Tierhaltung
BERLIN. Die Integration der tierärztlichen Bestandsbetreuung in den Produktionsprozess des
landwirtschaftlichen Betriebes sei ein zusätzlicher Garant für die Qualität und Sicherheit
tierischer Lebensmittel. Das hat der Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte
(bpt), Dr. Hans-Joachim G ö t z , bei einer Podiumsdiskussion der Fördergemeinschaft
Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) auf dem ErlebnisBauernhof der Internationalen Grünen
Woche betont. Mit Blick auf Deutschland und andere EU-Staaten erinnerte er an die wichtige
Rolle der Veterinärmediziner im Produktionsprozess. Für den Vorsitzenden vom
Ernährungsausschuss des Deutschen Bundestages, Dr. Hans-Michael G o l d m a n n , ist
Tierschutz gleichbedeutend mit verantwortungsvoller Nutztierhaltung und damit die ethische
Grundlage für die Landwirtschaft. Der Tierschutz habe hohen politischen Stellenwert und
sollte auf fachlicher Grundlage diskutiert werden. „Dieses Ziel verfolgen wir konsequent
weiter“, unterstrich der FDP-Politiker. Der Milchviehhalter Georg W i l s m a n n betonte bei
der Diskussion zum Thema „Komfort im Kuhstall“, nur wenn die Kuh sich wohlfühle, sei sie
auch in der Lage, hohe Leistung zu bringen. „Tiergerechte Haltung ist für mich nicht nur
gesetzliche und ethische Pflicht, sondern auch ein zentrales Unternehmensziel“, so Wilsmann.
Nur so gewönnen Mensch und Tier. AgE
DEUTSCHLAND
BETRIEBSWIRTSCHAFT
KTBL sieht Investitionskosten in Milchviehhaltung und Schweinemast sinken
Wenn neue Technik in hoher Stückzahl gefertigt wird, fallen die Kosten für die
landwirtschaftlichen Betriebe - Relativ große Schwankungen bei den Stallkosten in den
vergangenen Jahrzehnten - Abluftreinigung in der Schweinemast auf Mehrkosten von 12 Euro
bis 26 Euro je Mastplatz beziffert
BERLIN. In der Milchviehhaltung werden die Investitionskosten pro Tierplatz in den
nächsten Jahren spürbar sinken. Davon geht jedenfalls das Kuratorium für Technik und
Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) in einer am vergangenen Donnerstag auf der Grünen
Woche in Berlin vorgestellten Prognose aus. Bis 2020 rechnet das KTBL damit, dass der
Investitionsbedarf je Tierplatz im Schnitt auf 5 098 Euro sinkt, nach 6 779 Euro im
vergangenen Jahr und 6 240 Euro zehn Jahre zuvor. KTBL-Präsident Prof. Thomas
J u n g b l u t h erklärte diese starken Schwankungen mit technischen Entwicklungen. So
führt er die spürbare Kostenzunahme im vergangenen Jahrzehnt auf die Einführung von
Melkrobotern auf den Betrieben zurück. In der laufenden Dekade sollen die
Investitionskosten je Tierplatz hingegen im Zuge einer Verbilligung dieser Technik stark
fallen. Ähnliche Trends beobachtete das KTBL auch schon in früheren Zeiten. So führte laut
den Zahlen der Darmstädter Agrarexperten in den siebziger Jahren die Umstellung auf
Laufställe zu einer sprunghaften Kostensteigerung. Waren 1970 in der Milchviehhaltung noch
6 966 Euro je Tierplatz anzulegen, waren es zehn Jahre später dann mehr als 9 300 Euro. Zu
bedenken ist bei diesen Zahlen, dass die Kosten für den gesamten Stall einschließlich
Melktechnik und Güllelagerung einbezogen wurden. Nicht berücksichtigt sind hingegen das
Futterlager für das Grobfutter und die Kosten für den Architekten. Das KTBL ermittelt die
Zahlen auf Grundlage von Gebäudemodellen, die in der Milchviehhaltung auf einem guten
Dutzend praktischer Beispiele beruhen.
Trend zu Großbetrieben dauert an
Ähnliche Entwicklungen wie in der Milchvieh- beobachtet das KTBL in der
Schweinehaltung. Hier rechnen die Darmstädter Agrarstatistiker bis 2020 mit einer leichten
Abnahme der Investitionskosten je Mastplatz gegenüber 2010 um 7,5 % auf 360 Euro. Eine
Spitze war laut den KTBL-Zahlen 1980 mit einem Investitionsbedarf von 606 Euro erreicht
worden. Innovationsschübe in der Fütterungstechnik werden hier als einer von mehreren
vorübergehenden Kostentreibern gesehen. Insgesamt geht das KTBL davon aus, dass die
Stückkosten für landwirtschaftliche Produkte im Zuge weiterer Effizienzgewinne nochmals
sinken werden. „Die Produktionskapazitäten werden dadurch auch bei einer zurückgehenden
Zahl an landwirtschaftlichen Betrieben stabil bleiben“, heißt es in der KTBL-Prognose.
Abluftreinigung nicht Stand der Technik
Ein anderer Faktor für Kostensteigerungen, der aber nicht bei allen Betrieben zum Tragen
kommt, ist der Einbau von Abluftfiltern. In den viehstarken Regionen im Nordwesten seien
rund 15 % der Mastschweineplätze mit einem Abluftfilter ausgerüstet, erläuterte das KTBL.
Bei Neuanträgen seien zwei von drei Ställen mit Abluftreinigung versehen. Zertifizierte
Anlagen könnten Geruchs-, Ammoniak- und Staubemissionen um bis zu 90 % mindern. Sie
seien für Ställe mit Zwangslüftung entwickelt worden und fast nur für die Schweinehaltung
geeignet. Derzeit dürfe diese Innovation nicht als Stand der Technik bezeichnet werden.
Mehrkosten von 12 Euro bis 26 Euro je Mastplatz durch Bau und Betrieb seien bei „nur“
durchschnittlicher Wirtschaftsweise am Markt nicht zu erwirtschaften. Lediglich erfolgreich
wirtschaftende Schweinebetriebe könnten mit einer Abluftreinigung vorhandene Standorte
weiterentwickeln. Die derzeitigen Systeme leisteten keinen Beitrag zum Klimaschutz, so das
KTBL, da die Emissionsminderung mit einem erhöhten Energieaufwand verrechnet werden
müsse. AgE
Investitionsbedarf in der Milchviehhaltung und Schweinemast
(1970 bis 2020)
Einheit
Milchviehhaltun
Euro/Tierplatz
g
Schweinemast
Euro/Tierplatz
Milchviehhaltun Euro/1 000 kg Milch
g
Schweinemast
Euro/100 kg
Zuwachs
1) Prognose
1970
1980
1990
2000
2010
2020 1)
6 966
9 309
6 888
6 240
6 779
5 098
473
131
606
148
591
118
437
87
389
99
360
55
23
27
25
16
14
12
AGE
4-2011
DEUTSCHLAND
AGRARPOLITIK
Forderung nach Abkehr von der „agrarindustriellen Tierhaltung“
BERLIN
. Eine Trendwende in der „agrarindustriellen Tierhaltung“ in Ostdeutschland
haben der Deutsche Bauernbund (DBB) und Neuland gefordert. In einer gemeinsamen
Pressekonferenz sprachen sich der Bauernbund und der Verein für tiergerechte und
umweltschonende Nutztierhaltung für eine konsequente Bindung der Tierhaltung an die
Fläche, eine Unterstützung der Produktion von Futtermitteln und deren
Komponentenmischung im eigenen Betrieb im Rahmen der Zweiten Säule der Gemeinsamen
Agrarpolitik sowie Bestandsobergrenzen aus. Der gemeinsame Forderungskatalog umfasst
ferner eine stärkere Förderung einheimischer Eiweißträger, die rasche Entwicklung und
Etablierung tiergerechter Haltungssysteme sowie die Entwicklung geeigneter Strategien und
eines rechtlichen Rahmens zur Standortsteuerung großer Tierhaltungsanlagen. DBB und
Neuland beklagen eine immer stärkere Konzentration der Tierhaltung in den neuen Ländern
an immer weniger Standorten. Das führe zwangsläufig zu einer Abkehr von Prinzipien der
Kreislaufwirtschaft, zu der fast ausschließlichen Verfütterung von fertigem Mischfutter, zur
Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion sowie zu einem minimalen Einsatz von
Arbeitskräften. Die Abhängigkeit der Landwirtschaftbetriebe von der Futtermittelindustrie
und den Verarbeitern sei sehr groß und trage zu immer schlechteren wirtschaftlichen
Ergebnissen in der Landwirtschaft bei. „Die gesamte Problematik lässt sich durch aktive
Einflussnahme der Politik wieder vernünftig umgestalten“, erklärten DBB-Präsident KurtHenning K l a m r o t h und Neuland-Vorsitzender Wolfgang A p e l . AgE
DEUTSCHLAND
PUBLIKATIONEN
„Gute fachliche Praxis“ in einer Broschüre erläutert
OLDENBURG. Begriffe wie „gute fachliche Praxis“, „integrierter Landbau“ oder
„nachhaltige Landwirtschaft“ hat die Landwirtschaftkammer Niedersachsen in ihrer
Broschüre „Leitlinien zur ordnungsgemäßen Landwirtschaft“ definiert. Diese
Begriffsbestimmungen, zu denen die Kammer gesetzlich verpflichtet ist, werden oft bei der
Klärung juristischer Fragen herangezogen. Mit Hilfe der Leitlinien lasse sich ermitteln,
inwieweit zielgerichtete Einschränkungen in der Bewirtschaftung, beispielsweise in
Wasserschutzgebieten, über die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft
hinausgingen und damit auszugleichen seien, erläuterte die Kammer. Außerdem sei die
Einhaltung der guten fachlichen Praxis Voraussetzung, um an Förderprogrammen oder
Qualitätsprogrammen teilzunehmen. Hierbei sei ein durch verbindliche Standards gegebener
Rahmen hilfreich. Konkrete Fälle seien aber immer individuell zu bewerten, da regionale und
betriebliche Gegebenheiten zu berücksichtigen seien, schränkte die Kammer ein. Bereits im
Jahr 1991 hatten die damals noch zwei Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems
Leitlinien zur ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung und Tierhaltung herausgegeben. Beide
Veröffentlichungen wurden nach Überarbeitung in der neuen Broschüre zusammengefasst.
(Telefon 0441/801-781, www.lwk-niedersachsen.de) AgE
EUROPÄISCHE UNION
SCHWEINEFLEISCH
Europäische Schweinebranche in Turbulenzen
COPA/COGECA warnen vor dem Zusammenbruch der Märkte - Öffnung der privaten
Lagerhaltung gefordert - FEFAC: Getreidezölle sollen ausgesetzt werden - Frankreich
beschuldigt deutsche Schlachtbetriebe des Lohndumpings - Russland macht wegen Dioxin die
Grenzen dicht - De-Facto-Importverbot Ungarns erregt Unmut der EU-Kommission
BRÜSSEL. Angesichts zunehmender Marktprobleme wird der Ton im europäischen
Schweinesektor schriller. Vergangene Woche gab es mehrere, nicht unmittelbar miteinander
verbundene Entwicklungen, die zeigen, wie angespannt alle Beteiligten sind. Die EUAusschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA)
warnten am vergangenen Freitag vor einem totalen Zusammenbruch der
Schweinefleischmärkte in Europa. Sie fordern Sofortmaßnahmen, namentlich die Gewährung
von Beihilfen zur privaten Lagerhaltung. Der EU-Dachverband der Mischfutterhersteller
(FEFAC) rief die EU-Agrarminister im Vorfeld ihres Treffens an diesem Montag auf, die
Importzölle für sämtliche Getreidearten auszusetzen und damit zur Kostensenkung
beizutragen. Unterdessen wirft Frankreichs Vereinigung der Fleischindustrie und des Handels
(SNIV-SNCP) den deutschen Schlachtbetrieben unlauteren Wettbewerb vor. Sie legte
vergangene Woche in Brüssel formell Beschwerde ein. Der Vorwurf lautet „Sozialdumping“:
Nach Ansicht der Franzosen greifen ihre deutschen Kollegen systematisch und illegal auf
Billigarbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa zurück und untergraben damit die
Wettbewerbsfähigkeit der Branche in anderen EU-Ländern. Der deutsche Markt geriet
darüber hinaus durch den Dioxinskandal weiter unter Druck: Russland kündigte an, die
Importkontrollen für deutsches Schweinefleisch zu verschärfen. Bereits zuvor hatte Ungarn
ein De-Facto-Einfuhrverbot angeordnet.
Unangemessene Maßnahme
Nach Auskunft des Bundeslandwirtschaftsministerium verlangte Moskau zuletzt, dass die
deutschen Behörden die Kontrollen der für den russichen Markt bestimmten
Schweinefleischprodukte verschärfen und vorerst keine Veterinärbescheinigungen für Tiere
ausstellen, die auf einem wegen Dioxinverdacht gesperrten Betrieb gehalten wurden. Ungarn
wiederum ordnete vergangene Woche die Untersuchung sämtlicher
Schweinefleischlieferungen aus Deutschland an, was einem kompletten Importstopp
gleichkommt. Die Europäische Kommission reagierte auf den Vorstoß aus Budapest gereizt:
In einem Schreiben an die ungarische Regierung bezeichnet die Generaldirektion Gesundheit
und Verbraucher die Kontrollen als unangemessen. Besonders sauer stieß offenbar auf, dass
Budapest eine solche Maßnahme ausgerecht als EU-Ratspräsidentschaft in die Wege leitet,
ohne dass eine konkrete Gesundheitsgefahr bestünde und noch dazu wenige Tage, bevor das
Thema ohnehin auf dem Agrarministerrat diskutiert wird. Dem EU-Ratsvorsitz kommt
traditionell eine vermittelnde Rolle zu.
Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht
In der Kampfansage an die deutsche Fleischwirtschaft stützen SNIV-SNCP ihre
Argumentation auf das Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.
Darin werde festgeschrieben, dass Saisonarbeitern die gleiche Behandlung wie
Festangestellten zustehe. Das betreffe auch den Lohn. Die deutschen Behörden sorgten jedoch
nicht dafür, dass dieses Gesetz wirksam umgesetzt werde. Damit werde gegen
Gemeinschaftsrecht verstoßen. Nach Angaben von SNIV-SNCP sind die Saisonarbeiter aus
Ländern wie Polen, Ungarn und Rumänien formell für Firmen in ihren eigenen Ländern
angestellt und werden für eine bestimmte Zeit nach Deutschland geschickt. Tatsächlich
handle es sich dabei jedoch um eine permanente Einrichtung: Die Arbeiter seien fester
Bestandteil der Organisationsstruktur in den Schlachtbetrieben. Sie erhielten einen
Stundenlohn von lediglich 3 Euro bis 7 Euro. Die nach deutschem Recht angestellten festen
Mitarbeiter würden dagegen mit 9 Euro bis 15 Euro pro Stunde entlohnt. SNIV-SNCP schätzt,
dass die deutschen Betriebe durch diese Praxis gegenüber der französischen Konkurrenz
Kostenvorteile in Höhe von 5 Cent bis 10 Cent pro Kilogramm Fleisch herausschlagen
könnten.
Lagebesprechung im April
Die Europäische Kommission will von konkreten Eingriffen am Schweinemarkt bislang
nichts wissen: Im Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) argumentierte sie am Montag
vergangener Woche, die Wirkung der Einlagerung von Schweinfleisch werde aufgrund des
immer noch relativ hohen Marktpreisniveaus teilweise verpuffen. Auch Exporterstattungen
könnten nicht weiterhelfen, da die EU auf einem schwierigen Weltmarkt noch immer
wettbewerbsfähig sei. Sie kündigte an, im April ein Treffen mit Branchenvertretern und
Experten der nationalen Ministerien zu organisieren. Gleichzeitig stellte sie klar, dass es sich
bei der Plattform nicht um eine Hochrangige Gruppe handelt, wie sie zuletzt für den
Milchsektor eingerichtet wurde. EU-Agrarkommissar Dr. Dacian C i o l o ş hatte bereits im
Dezember davor gewarnt, bei Schweinehaltern falsche Hoffnungen zu wecken. Im SAL
wurde eingeräumt, dass sich die Situation am Schweinefleischmarkt während der
vergangenen Wochen zusätzlich verschlechtert habe, angeschürt durch weitere
Getreidepreissteigerungen und den Dioxinskandal in Deutschland. Wie bereits berichtet,
gerieten in der Bundesrepublik Mitte Januar sowohl der Kassa- als auch der Terminmarkt für
Schlachtschweine unter massiven Druck (AGRA-EUROPE 03/11, MARKT+MEINUNG 11).
Beihilfen jetzt
COPA-/COGECA-Generalsekretär Pekka P e s o n e n rief die Kommission zu sofortigem
Handeln auf. Nach Einschätzung der Branchenvertreter befand sich der Schweinesektor in
den vergangenen Jahren im permanenten Krisenzustand, teilweise infolge von
Produktionskostensteigerungen. Insbesondere 2007 und 2008 hätten die Erzeuger schwere
Verluste hinnehmen müssen. Eine leichte Verbesserung der Situation 2009 und in der ersten
Hälfte von 2010 habe aber nicht ausgereicht, um die Ausfälle auszugleichen und wieder
liquide zu werden. Ferner spreche auf weltweiter Ebene viel dafür, dass die Futtermittelkosten
in naher Zukunft nicht zurückgehen würden. „Das gibt Anlass zu ganz besonderer Sorge“, so
die Branchenvertreter. Länderabhängig liege der Anteil der Futtermittelkosten an den
Produktionskosten nämlich zwischen 55 % und 65 %. Die Dioxinkrise trage ihren Teil zum
Problem bei. COPA und COGECA befürchten, die Schweinehalter müssten angesichts des
üblichen saisonalen Absinkens der Erzeugerpreise weitere Verluste hinnehmen.
Getreidepreise auf historischem Niveau
FEFAC-Präsident Patrick V a n d e n A v e n n e schloss sich der Forderung nach der
Auszahlung von Beihilfen für die private Lagerhaltung von Schweinefleisch an. Er
bezeichnete die aktuelle Lage in der EU-Nutztierhaltung insgesamt als besorgniserregend, der
Schweinesektor stehe sogar kurz vor dem Kollaps. Ein wichtiger Grund liege in den
gestiegenen Kosten für Futtergetreide. Die Preise hätten aufgrund eines globalen
Nachfrageschubs mittlerweile das Niveau von 2007/08 wieder erreicht. Auch Vanden Avenne
sieht eine zusätzliche Verschärfung durch den deutschen Dioxinskandal herbeigeführt, vor
allem durch den dadurch bedingten Rückgang des Fleischverbrauchs. Der Kostendruck dürfte
weiter steigen, denn Marktexperten erwarteten eine angespannte Versorgungslage mit
Getreide bis zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres. AgE
EU/WELT
ERNÄHRUNGSFRAGEN
Neue Wege zur Beseitigung des Welthungers
Industrieländer sollen gezielter im Agrarbereich Hilfe leisten - Selbstversorgung der
Bevölkerung in armen Ländern verbessern - Einfache Lösungen gefordert - Regionale
Erzeugung stärken - Ernte besser schützen - Interesse für die Landwirtschaft wecken - Afrikas
Problem ist der Bodenzustand - Bäume und Sträucher könnten die Fruchtbarkeit verbessern
und das Klima schützen - Jahresbericht des Worldwatch Institute erschienen
NEW YORK. Die EU und andere Industrienationen sollen ihre Entwicklungshilfe für
Investitionen im Agrarbereich aufstocken. Diese Forderung hat das US-amerikanische
Worldwatch Institute bekräftigt. Im Jahr 2008 seien 1,7 Mrd $ (1,3 Mrd Euro) an offizieller
Entwicklungshilfe gezielt zur Förderung der afrikanischen Landwirtschaft geflossen - zu
wenig, findet das Institut. In seinem aktuellen Jahresbericht „Innovationen zur Ernährung des
Planeten“ werden insgesamt 15 Empfehlungen gegeben, um den Kampf gegen den
Welthunger voranzubringen. Unterstrichen wird insbesondere die Notwendigkeit zur
Auffindung einfacher Lösungen vor Ort. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsländer
zahlten 2008 nach eigenen Angaben insgesamt mehr als 49 Mrd Euro oder 0,4 % des
gemeinsamen Bruttosozialprodukts (BSP) als Entwicklungshilfe. Für 2010 wurden 0,56 %
des BSP angepeilt, für 2015 sind es 0,7 %.
Lagerung von Überschüssen verbessern
Die Entwicklungsexperten von Worldwatch rufen dazu auf, dem Hungerproblem durch die
Verbesserung der Selbstversorgung zu begegnen. Den Autoren geht es weniger darum, per se
mehr zu produzieren, sondern nach Möglichkeit die regionale Erzeugung - auch in
Ballungsgebieten - zu stärken und vorhandene Nahrungsmittel besser zu nutzen.
Beispielsweise wird darauf verwiesen, dass in manchen armen Ländern regelmäßig ein
Viertel bis die Hälfte der Ernte verderbe, weil keine geeigneten Lagermöglichkeiten
vorhanden seien. Hier könnten günstige Lösungen wie die Bereitstellung von Plastiktüten
oder der Ausbau von Getreidespeichern bereits eine enorme Verbesserung darstellen. Ferner
solle schon bei den Kindern der Landbevölkerung das Interesse für die Landwirtschaft
geweckt werden, um eine weitere Abwanderung in die Städte zu verhindern. Die Forscher
rufen zur Dezentralisierung des Anbaus von Feldfrüchten und insbesondere auch von Gemüse
auf. Die Fixierung auf die Sortenneuzüchtung für wenige Getreidearten ist Worldwatch zu
kurz gegriffen. Die wirklich wichtigen Investitionen müssten in den Bereichen Boden und
Wasser vorgenommen werden.
Fruchtbarkeit erhöhen
Die Verschlechterung des Bodenzustands in Afrika wird von Worldwatch als ein besonders
kritischer Punkt in den Fokus gerückt. Dadurch drohe eine Hungersnot, die den gesamten
Kontinent betreffen könnte, warnen die Forscher. Als treibende Faktoren werden die geringe
Verfügbarkeit von Mist als Wirtschaftsdünger, Beschränkungen der landwirtschaftlichen
Fläche, Preiserhöhungen für Mineraldünger und die Unwägbarkeiten des Klimawandels
genannt. Um die Fruchtbarkeit zu erhöhen, sollen Bauern ermutigt werden, Bäume, Sträucher
und Zwischenfrüchte anzupflanzen. Dieser Aufbau von Biomasse trägt nach Ansicht von
Worldwatch nicht nur zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, sondern auch zur Bindung von
Kohlendioxyd aus der Atmosphäre bei: Die Rede ist von einem Fixierungspotential von bis zu
50 Mrd t über die nächsten 50 Jahre hinweg. (http://www.worldwatch.org/) AgE
Umrechnungskurs: 1 $ = 0,7518 Euro
AGE
3-2011
RUSSLAND
GEFLÜGELMARKT
Geflügelproduktion Russlands auf gutem Weg
Branche denkt schon an Exporte - Aktuell machen den Betrieben allerdings die hohen
Futtermittelkosten zu schaffen - Forderung nach staatlichen Beihilfen zum Ausgleich der
Mehrbelastungen - Rosptizeprom rechnet mit einem Anstieg der Geflügelfleischerzeugung in
diesem Jahr um 300 000 Tonnen
MOSKAU. Die Nationale Fleischassoziation Russlands sieht die heimische
Geflügelproduktion trotz des jüngsten Anstiegs der Futterkosten auf einem guten Weg. Zwar
könne das derzeitige Aufkommen an Geflügelfleisch die Binnennachfrage in Höhe von rund
3,5 Mio t noch nicht voll decken, doch die Branche spiele schon jetzt mit dem ehrgeizigen
Gedanken, ihre Ware auch zu exportieren, erklärte der Exekutivdirektor des Verbandes,
Sergej J u s c h i n , in einem Interview. Nach Juschins Schätzung wurden im vergangenen
Jahr in Russland insgesamt 2,9 Mio t Geflügelfleisch produziert; gemessen am
Produktionsniveau des Jahres 2005 wäre das ein Zuwachs von 109 %. Nach einer Prognose
des Geflügelproduzentenverbandes (Rosptizeprom) dürfte die Geflügelfleischproduktion in
Russland in diesem Jahr wie schon 2010 um etwa 300 000 t steigen. Allerdings appellierte der
Verband an die Regierung, Beihilfen für seine Mitgliedsbetriebe zu gewähren. RosptizepromGeschäftsführerin Galina B o b y l e w a begründete diese Forderung mit dem deutlichen
Anstieg der Futtermittelkosten. Die Preise für Futtergetreide und Ölschrote und andere
Mischfutterkomponenten haben sich laut Bobylewa gegenüber dem Niveau von 2009 mehr
als verdoppelt. Darunter litten die Betriebe sehr.
Pleitebetrieb war ein „Ausnahmefall“
Juschin hob hervor, dass die Einzelhandelspreise für heimisches Geflügelfleisch über das
gesamte Jahr 2010 hinweg stabil geblieben seien. Deshalb werde Geflügelfleisch für immer
mehr russische Verbraucher erschwinglich. Mit Blick auf die Tötung von mehr als 1 Million
Hähnchen in einem in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Mastunternehmen rief Juschin
die Branche zu mehr wirtschaftlicher Selbstkontrolle auf. Nach seinen Worten handelt es sich
bei dem Vorgehen aber um einen Ausnahmefall. Der Leiter des Betriebes in der
südwestlichen Provinz Kursk hatte die Vernichtung der Tiere damit begründet, dass er
angesichts leerer Kassen nicht in der Lage gewesen sei, Futtermittel zu kaufen. Zuvor habe er
vergeblich versucht, einen Kredit bei der staatlichen Landwirtschaftsbank aufzunehmen. Der
Vorfall hatte in Russland eine breite gesellschaftliche Resonanz ausgelöst. Mittlerweile hat
die Staatsanwaltschaft gegen den Betriebsleiter ein Verfahren wegen Tierquälerei eingeleitet.
AgE
EU/WELT
EU könnte abhängiger von Fleischimporten werden
Europäische Kommission legt Agrarmarktausblick bis 2020 vor - Anstieg der Fleischimporte
um 14 Prozent möglich - Ausfuhren könnten um 23 Prozent schrumpfen - Feste Preise auch
für Getreide, Ölsaaten und Milchprodukte erwartet - Berechnungen sind relevant für die
Vorschläge zur Zukunft der Agrarpolitik - COPA und COGECA machen hohe Auflagen für
Verschlechterung der Handelsposition verantwortlich
BRÜSSEL. Die Handelsbilanz Europas im Fleischbereich dürfte sich in den kommenden zehn
Jahren verschlechtern - auch ohne weitere Freihandelsabkommen mit Südamerika. Zu dieser
Einschätzung gelangt die Europäische Kommission in einer aktuellen Prognose über die
Entwicklung der wichtigsten Agrarmärkte bis 2020. Gegenüber 2009 sollen die
Fleischimporte aus Drittstaaten insgesamt um 14 % steigen, während die Ausfuhren
gleichzeitig um 23 % schrumpfen. Das würde dazu führen, dass der Handelsüberschuss 2020
netto lediglich noch 200 000 t betragen würde - 2009 waren es noch rund 1 Mio t. Ein Teil der
prognostizierten Exporteinbußen kann darauf zurückgeführt werden, dass von einer
kontinuierlichen Aufwertung des Euro ausgegangen wird: Das würde EU-Exporte am
Weltmarkt verteuern und Importe verbilligen. Ansonsten wurde in den Schätzungen davon
ausgegangen, dass alles beim alten bleibt: Die agrarpolitischen Maßnahmen funktionieren auf
dem Stand des Health Check, die Beihilfen an die neuen Mitgliedstaaten werden wie
vorgesehen angepasst, der Welthandel orientiert sich weiter am Ergebnis der Uruguay-Runde.
Kommissionsexperten warnten anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse vor einer weiteren
Zunahme der Preisvolatilität. Die Agrarmärkte seien zunehmend an die Entwicklung anderer
Rohstoffe wie Metalle, Mineralien und Energie gekoppelt. Auch der wachsende Einfluss
großer Finanzinvestoren spiele eine Rolle.
Grundlage der Folgenabschätzung
Die Zahlen sind Bestandteil des jährlichen Marktausblicks der Kommission. Die diesmal
erfolgten Berechnungen sind jedoch besonders wichtig, weil sie die Grundlage der Szenarien
für die Folgenabschätzung der Agrarreform nach 2013 bilden. Bekanntlich will EUAgrarkommissar Dr. Dacian C i o l o ş konkrete Vorschläge noch vor der Sommerpause
veröffentlichen. Die Ökonomen in der Generaldirektion Landwirtschaft werden in den
kommenden Monaten damit beschäftigt sein, die Schräubchen zu verstellen und gemäß den
Ideen aus der Mitteilung vom vergangenen November ein „Was-wäre-wenn-Spiel“
durchzuführen. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen
Genossenschaften (COGECA) nahmen das Erscheinen der Studie zum Anlass, um ihre
Forderungen nach mehr Auflagen für Importe aus Drittländern zu bekräftigen.
Preisniveau hoch
Insgesamt werden im Zeitraum 2009 bis 2020 wegen eines knappen Angebots bei vielen
Produkten durchweg relativ hohe Preise erwartet. Unterstützt wird die Entwicklung nach
Ansicht der Kommissionsexperten vom Wachstum der Weltbevölkerung, dem Ausbau des
Biokraftstoffsektors und der langfristigen Abnahme der Produktivitätszuwächse in der
Landwirtschaft. Aus den Prognosen ermitteln die Ökonomen, dass das landwirtschaftliche
Einkommen pro Arbeitskraft 2020 das Durchschnittsniveau der Jahre 2005 bis 2009 um ein
AGRARPOLITIK
Fünftel übertreffen dürfte. Das käme allerdings hauptsächlich durch eine Erhöhung des
Einkommens um 45 % in den neuen Mitgliedstaaten zustande. In der EU-15 würde der
Durchschnittserlös um lediglich 10 % steigen, wenn auch auf deutlich höherem Niveau.
Mehr Schwein und Geflügel
Gemäß den Kommissionsschätzungen würde es im Fleischbereich allein bei Schwein bis 2020
eine positiven Handelsbilanz geben, obwohl auch hier ein Rückgang der Exporte veranschlagt
wird. Der Sektor profitiert in diesem Szenario jedoch von verschwindend geringen Einfuhren
aus dem Rest der Welt. Die Produktion dürfte nach dem spürbaren Anstieg der Kosten für
Betriebsmittel 2007/08 erst ab 2012 wieder zulegen. Bis 2020 soll das
Schweinefleischaufkommen gegenüber 2009 um 7 % auf 23,7 Mio t steigen, während die
Verbraucher gleichzeitig 22,3 Mio t oder rund 8 % mehr nachfragen würden. Ab 2015/16
dürfte die EU mehr Geflügelfleisch importieren als exportieren. Grund ist ein Anstieg der
Verbrauchernachfrage um annähernd ein Zehntel, die von der um 7 % wachsenden
Produktion nicht vollständig gedeckt werden kann. Am Ende des Betrachtungszeitraums
stünde der EU-Nachfrage von 12,7 Mio t Geflügelfleisch eine heimische Erzeugung von
12,5 Mio t gegenüber. Die Exporte sollen den Kommissionszahlen zufolge um 22 % auf
0,7 Mio t einbrechen, die Einfuhren um 8 % auf 0,9 Mio t klettern.
Rindfleisch immer häufiger aus Drittländern
Im Gegensatz zu Schweine- und Geflügelfleisch soll der Verbrauch von Rind-, Schaf- und
Ziegenfleisch weiter abnehmen. Die Nachfrage nach Rind dürfte bis 2020 EU-weit um 4 %
auf 7,9 Mio t sinken, die Produktion um 7 % auf 7,4 Mio t. Die Lücke würde durch Importe
aufgefangen: Sie sollen im Berichtszeitraum um 45 % auf gut 0,6 Mio t klettern. Gleichzeitig
würden die Exporte um 37 % auf weniger als 0,1 Mio t schrumpfen. Der Außenhandel mit
Schaf- und Ziegenfleisch bliebe bei einer deutlichen Nettoimportsituation auf niedrigem
Niveau konstant. Die Nachfrage könnte laut Kommission um mehr als 11 % auf rund
1,0 Mio t sinken. Parallel dazu würde die Erzeugung um ebenfalls 11 % auf knapp 0,8 Mio t
fallen.
Auf Mehrwert setzen
Die Milchanlieferungen sollen sich den Kommissionsschätzungen zufolge zwischen 2009 und
2020 um knapp 5 % auf rund 140 Mio t erhöhen. Damit bliebe die Molkereiproduktion noch
immer um rund 10 Mio t unter der finalen Milchquote im Wirtschaftsjahr 2014/15.
Gleichzeitig dürften die Herden EU-weit um fast 7 % auf etwa 22 Millionen Tiere verkleinert
werden. Die europäische Durchschnittskuh soll es dann auf annähernd 7 000 kg Milch pro
Jahr bringen. Chancen sieht die Kommission vor allem in der Produktion von Erzeugnissen
mit hoher Wertschöpfung wie Frischprodukte und Käse - auch im Export. Während der
Buttermarkt aufgrund einer festen Binnennachfrage als mittelfristig stabil betrachtet wird,
drohen den Herstellern von Voll- und Magermilchpulver weitere Verluste von
Weltmarktanteilen.
Getreide knapp
Die mittelfristigen Aussichten am EU-Getreidemarkt hält die Kommission für „relativ
positiv“. Während die gesamte Anbaufläche von 2009 bis 2020 marginal sinken soll, wird mit
einer moderaten Erhöhung der Erträge um durchschnittlich 0,5 % pro Jahr gerechnet. Dadurch
könnte die Gesamtproduktion um rund 20 Mio t auf 310 Mio t aufgestockt werden. Der EUVerbrauch von Getreide dürfte auf mehr als 300 Mio t zunehmen. Diese Entwicklung wird
hauptsächlich auf den Ausbau der Bioethanolerzeugung zurückgeführt: Allein dafür sollen
2020 etwa 26 Mio t Getreide verwendet werden. Es wird erwartet, dass die Vorräte über das
gesamte Jahrzehnt hinweg knapp bleiben und damit für hohe Preise sorgen werden. Die EUÖlsaatenproduktion soll gegenüber 2009 um gut 3 Mio t auf 33 Mio t steigen. Zur Deckung
des Bedarfs in Höhe von 50 Mio t am Ende der Periode - hauptsächlich ausgelöst durch die
Ausdehnung der Biodieselproduktion - werden weitgehend konstante Importe in Höhe von
etwa 17 Mio t jährlich veranschlagt.
Kosten eindämmen
COPA-/COGECA-Generalsekretär Pekka P e s o n e n zeigte sich überzeugt, dass die
prognostizierten Verluste von Marktanteilen bei Fleisch teilweise auf kostenverursachende
EU-Vorschriften zurückzuführen seien. Er warf Erzeugern im lateinamerikanischen
Mercosur-Handelsblock vor, Wachstumsförderer zu verwenden, die in der EU nicht genutzt
würden. Ferner gebe es dort nur eine unzureichende Rückverfolgbarkeit der Tiere. Die EUAgrarerzeugung bleibe in allen Bereichen unterhalb ihrer Möglichkeiten, weil durch hohe
Produktionskosten weiter die Rentabilität der Betriebe beschnitten werde. „Das ist nicht
akzeptabel“, kritisierte Pesonen. Er wies auf die Bedeutung der Landwirtschaft als
Arbeitgeber im ländlichen Raum hin und bedauerte, dass die Beschäftigung zwischen 2000
und 2009 um ein Viertel zurückgegangen sei. Der Finne forderte eine stärkere
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rolle des Sektors in der EU-Agrarpolitik. Das EUAgrarbudget und die Höhe der Direktzahlungen müssten in der anstehenden Reform
mindestens erhalten werden. AgE
EUROPÄISCHE UNION
Tiertransporte: Begleitumstände oft wichtiger als die reine Fahrzeit
EFSA pocht auf Fitness der Tiere und die Ausstattung der Fahrzeuge - Schweine vor dem
Verladen nicht mehr füttern - Stehen und Liegen muss möglich sein - Menschliche
Zuwendung für Rinder - Geflügeltransporte so kurz wie möglich halten und die Temperatur
beachten - Schafe vergleichsweise robust - Ziegen nicht aus der eigenen Herde trennen Einzelabteile für Pferde - Kommission will im Herbst einen umfassenden Bericht vorlegen Tierschützer entsetzt
PARMA. Eine optimale Transportzeit für Schweine gibt es nicht. Zu diesem Schluss kommt
die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einem Gutachten über den
Schutz von Nutztieren während des Transports. Nach der Auswertung einschlägiger, seit 2003
erschienener Studien hält die EFSA die den Schweinen zugemutete Reisedauer für keinen
Risikofaktor auf das Wohlbefinden an sich. Wichtiger sind danach die Begleitumstände:
Geachtet werden sollte beispielsweise auf die allgemeine Fitness der Tiere, auf die
Fahrzeugausstattung, den Fahrstil, die Besatzdichte, die Witterung und die Belüftung. Ferner
sollten Schweine vor dem Verladen ausreichend getränkt, aber nicht mehr gefüttert werden.
Das EFSA-Gutachten dürfte in einen Bericht der Europäischen Kommission zur Lage der
Tiertransporte einfließen, der für Oktober 2011 erwartet wird. EU-Gesundheitskommissar
John D a l l i will nichts überstürzen und grenzt sich bei diesem Thema klar von seiner
Vorgängerin Androulla V a s s i l i o u ab, die gerne bereits 2009 einen konkreten
Rechtsvorschlag präsentiert hätte. Den damals kursierenden Entwürfen zufolge sollte die
Transportzeit für Schlachttiere auf neun Stunden begrenzt werden. Das Papier kam jedoch
wegen kommissionsinterner Widerstände über das Versuchsstadium nicht hinaus. Der
Deutsche Tierschutzbund kritisierte den jetzt erschienenen EFSA-Bericht scharf.
Genügend Platz für Schweine
Die EFSA-Experten empfehlen, Schweine ihr Leben lang in derselben Gruppe zu belassen
und beim Transport maximal sechs Tiere auf einmal zu verladen. Dadurch würden die Tiere
nachweislich weniger gestresst. Insbesondere auf langen Strecken mit einer Reisedauer von
mehr als acht Stunden solle darauf geachtet werden, dass die Schweine ausreichend Platz
hätten, um sowohl liegen als auch stehen zu können. Das Dach sollte sich deutlich über den
TIERSCHUTZ
Köpfen stehender Tiere befinden. Der verfügbare Raum hat laut EFSA klare Auswirkungen
auf Verluste während des Transports. Die Versorgung mit Wasser während der Fahrt halten
die Fachleute für nicht notwendig, wohl aber während der Pausen. Rinder wiederum sollten
während ihrer Haltung und insbesondere unmittelbar vor dem Transport menschliche
Zuwendung erfahren. Die EFSA verspricht sich davon die Begrenzung möglicher
Abwehrreaktionen auf ein Minimum. Darüber hinaus hält die Behörde die ausreichende
Belüftung der Fahrzeuge und die Verringerung von Hitzestress allgemein besonders wichtig.
Auf Reisen von mehr als acht Stunden sollten Rinder während der Fahrtpausen unbedingt
getränkt werden; nach 29 Stunden sollte für einen vollen Tag gerastet werden, einschließlich
Fütterung und Tränkung.
Temperatur von Geflügel überwachen
Auch das Wohlergehen von Geflügel ist laut EFSA stark an eine angemessene Temperatur
geknüpft; für Masthähnchen wird ein Fenster von 5 °C bis 25 °C genannt. Die Dauer von
Geflügeltransporten sollte so kurz wie möglich gehalten werden und angepasst an die
Witterung erfolgen. Als Ausstattung der Fahrzeuge empfiehlt die EFSA für Reisen von mehr
als vier Stunden die Möglichkeit zur Regulierung von Temperatur und Feuchtigkeit sowie
eine automatische Überwachung der Vorgaben, einschließlich eines Alarmsystems für den
Fahrer. Gesunde erwachsene Schafe sind nach Einschätzung der EFSA unter guten
Bedingungen vergleichsweise widerstandsfähig gegenüber langen Reisezeiten; auf Futter und
Wasser könnten sie bis zu 48 Stunden verzichten. Gewarnt wird allerdings vor einer
möglichen Dehydrierung durch Hitzestress, der die Tiere gleichzeitig anfälliger gegen andere
negative Einflüsse mache. Während der Fahrt sollten abruptes Beschleunigen und Abbremsen
vermieden werden.
Schlachtpferde oft verletzt
Hinsichtlich Ziegen wird von einer Durchmischung der Herdentiere abgeraten, um die
bekannte Hierarchie aufrechtzuerhalten. Pferde sollten nach Auffassung von EFSA aufgrund
unberechenbarer Aggressivität grundsätzlich in Einzelabteilen transportiert werden,
abgesehen von Stuten mit ihren Fohlen. Wie sich ein Transport auf ein Pferd auswirke, sei in
hohem Maße von früheren Erfahrungen des Tieres und seinem Gesundheitszustand vor
Reisebeginn abhängig, betont die EFSA. Studien belegten, dass Pferde auf dem Weg zum
Schlachthof vor Transportbeginn oft in einem schlechten Zustand seien und relativ häufig
Verletzungen aufwiesen. Reisen von mehr als zwölf Stunden auf der Straße könnten bei
Pferden zu akuten Atemwegserkrankungen führen.
EFSA verschließt die Augen
Der Deutsche Tierschutzbund zeigt sich von dem EFSA-Gutachten entsetzt. Die Behörde
verschweige bekannte Fakten. Als Beispiele werden Transportzeiten für Rinder von mehrmals
bis zu 29 Stunden nacheinander, die Leiden von Pferden und Schweinen, überhöhte
Ladedichten und extreme Temperaturen angeführt. „Wir appellieren an den zuständigen EUKommissar Dalli, den Bericht nicht als Alibi fürs Nichthandeln vorzuschieben“, betonte
Verbandspräsident Wolfgang A p e l . Die geltende EU-Transportverordnung müsse dringend
novelliert werden, „und zwar nicht aufgrund irgendwelcher Pseudo-Erkenntnisse lobbytreuer
EU-Bürokraten, sondern auf Grundlage der katastrophalen Situation auf den Strassen“.
Jährlich würden innerhalb Europas und über die Grenzen hinweg mehr als 360 Millionen
Tiere transportiert, Geflügel nicht einmal eingerechnet. Apel: „Vielfach werden die Tiere über
Tage hinweg durch die Welt gekarrt, anstatt vor Ort geschlachtet zu werden - nur damit die
Industrie ein paar Cent mehr Profit pro Schlachttier einstreicht.“ AgE
Millionenbetrag für Schweinefleischwerbung im Gespräch
BERLIN. In der Schweinefleischbranche gibt es Strömungen, für eine verstärkte
Branchenkommunikation einiges an Geld in die Hand zu nehmen. Wie aus einem Schreiben
der Westfleisch hervorgeht, stellt der größte genossenschaftliche Fleischverarbeiter in
Aussicht, ab der zweiten Jahreshälfte pro Schwein einen Betrag von 20 Cent einzubehalten,
um damit eine solche Branchenkommunikation zu finanzieren. Angesprochen werden dabei
auch Exportförderung und eine vom Berufsstand geforderte „Blackbox“. Mit mehr als 6
Millionen Schweineschlachtungen hatte die Westfleisch 2009 einen Marktanteil von mehr als
11 % und war damit in der Rangskala der Verarbeiter die Nummer drei. Auf dieser Grundlage
könnte allein durch den Beitrag des größten genossenschaftlichen Verarbeiters ein Betrag von
mehr als 1 Mio Euro zusammenkommen. Die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit betont man
auch bei der Nummer zwei auf dem deutschen Schlachtschweinemarkt, dem Konzern Vion.
Dem Gedanken einer verstärkten Branchenkommunikation verschließe man sich nicht, so der
Direktor Landwirtschaft von Vion in Deutschland, Dr. Heinz S c h w e e r . Gleichzeitig
unterstrich er, dass Vereinbarungen schon aus kartellrechtlichen Gründen nicht möglich seien.
Konkrete Zusagen könne man nicht geben. Ende vergangenen Jahres hatte der Verein „Wir
erzeugen Fleisch“ mit der Webseite www.fleischexperten.de seine Arbeit aufgenommen. Ziel
ist es, Medien und Verbrauchern ein realistisches Bild der Erzeugung von Fleisch und
Fleischwaren zu verschaffen. Gründungsmitglieder bei „Wir erzeugen Fleisch“ sind unter
anderem der Deutsche Bauernverband (DBV), der Verband der Fleischwirtschaft (VdF) und
die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). AgE
AGE
½ - 2011
DEUTSCHLAND/EU
35-Cent-Abzug je Schlachtschwein umstritten
Vorkostenanhebung bei den Schlachtbetrieben wegen geänderter Schnittführung - Rechtliche
Einwände geltend gemacht - Greshake: Entsorgungskosten dieser Art haben nichts mit
Vorkosten zu tun
BERLIN. Die von vielen Schlachtunternehmen seit 1. Januar in Rechnung gestellte
„Korrektur Kopfgewicht“ in Höhe von 0,35 Euro je Schwein stößt bei zahlreichen
Schweinemästern auf Kritik. So macht der Geschäftsführende Vorstand der
Erzeugergemeinschaft Rheinland, Dr. Frank G r e s h a k e , in einer Reaktion auf dieses
Vorgehen der Verarbeiter fachliche wie auch rechtliche Bedenken geltend. Bislang habe
zwischen den Organisationen der Schweineproduktion - dem Berufsstand, dem
Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion (ZDS) sowie der Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften - Einigkeit bestanden, das Vorkosten-Wirrwarr möglichst zu
begrenzen, erklärte Greshake. Dass die Schlachtunternehmen nun vorab die „Korrektur
Kopfgewicht“ auf den Schlachtviehabrechnungen ausweisen und einbehalten, stößt bei ihm
daher auf Unverständnis. Entsorgungskosten dieser Art hätten nichts mit Vorkosten zu tun.
Der Eigentumsübergang finde an der Waage statt. Was nachher wie verwendet oder entsorgt
werde, sei Angelegenheit der Schlachtbetriebe. Hintergrund des Problems ist die seit
Jahresbeginn aufgrund von EU-Vorgaben vorgeschriebene Schnittführung, nach der Augen,
Augenlider und Ohrmuscheln zum Schlachtgewicht gehören, andererseits aber nicht als
verzehrsfähig gelten.
Stark variierende Ausschlachtung
Nicht einverstanden ist Greshake in Sachen „Korrektur Kopfgewicht“ mit dem Vorgehen des
Deutschen Bauernverbandes (DBV), der den Betrag von 35 Cent je Schwein vorgeschlagen
habe. Wie der jüngste Vermarktungswegevergleich der Interessengemeinschaft der
FLEISCH
Schweinehalter Deutschlands (ISN) zeige, variiere die Ausschlachtung zwischen einzelnen
Schlachtbetrieben um bis zu 1,7 %. Diese Unterschiede seien im Grunde ein Dokument des
Versagens der neutralen Klassifizierung wie der Aufsichtsbehörden, so der Geschäftsführende
Vorstand der Erzeugergemeinschaft Rheinland. Der Vorschlag des DBV gehe aber davon aus,
dass es identische Schnittführungen an den Schlachtbetrieben gebe. Der Bauernverband
plädiert dafür, den Mehraufwand der Schlachthöfe zeitlich begrenzt durch einen
entsprechenden Abzug auf den Schlachtabrechnungen transparent auszuweisen. Aus DBVSicht ist die Neuauslegung der Rechtsvorschriften zur Schnittführung nicht nachvollziehbar;
wenn sie von Gesetzes wegen aber notwendig sei, dann sollten alle damit
zusammenhängenden Vorgänge transparent und nachvollziehbar behandelt werden,
argumentiert der Verband (AGRA-EUROPE 52/10, LÄNDERBERICHTE 19).
Große Vorkostenunterschiede
Der Festlegung eines konkreten Betrags von 35 Cent je Schwein hält Greshake entgegen, bei
Vorkostenunterschieden zwischen Schlachtbetrieben von 0,50 Cent bis 3,00 Euro pro
Schwein könne eine Empfehlung zur pauschalen Erhöhung der Vorkosten nicht gerechtfertigt
sein. Jeder Landwirt sollte auf jeden Fall von seinem Schlachtbetrieb beziehungsweise seinem
Schweinevermarkter verlangen, dass diese „Korrektur Kopfgewicht“ separat auf der
Abrechnung ausgewiesen werde. Dann könne er bei Änderung der Klassifizierung in rund
einem halben Jahr verlangen, dass dieser Kostenbeitrag definitiv zurückgenommen werde.
Der Landwirt könne gleichzeitig schriftlich bei seinem Vermarkter oder Schlachtbetrieb
Widerspruch einlegen. Ähnlich wie bei der Absatzfondsabgabe sei er dann auf der sicheren
Seite, falls die Gerichte dieses Vorgehen beanstandeten, betonte Greshake. Der Landwirt
könne dann versuchen, das Geld zurückzufordern. AgE
Van Drie muss deutsches Kälbermastgeschäft verkaufen
Auflagen des Bundeskartellamtes für geplante Fusion mit Alpuro - Es geht um rund 30 000
Mastplätze - Mundt: Es wäre eine marktbeherrschende Stellung entstanden - Vertikal
integrierte Unternehmen sind die größten ihrer Art in Europa - Hoffnung auf mehr
Wettbewerb
BONN. Das Bundeskartellamt hat die Übernahme des Kalbfleischproduzenten Alpuro mit
Sitz im niederländischen Uddel durch das ebenfalls holländische Unternehmen Van Drie unter
Auflagen freigegeben. Die Entscheidung steht unter der Bedingung, dass Van Drie vor
Vollzug des Zusammenschlusses seine deutschen Kälbermastaktivitäten veräußert. Dabei
handelt es sich laut Angaben der Wettbewerbshüter um die Gesellschaften Van Drie
Deutschland GmbH, Schils GmbH und Naturalys GmbH, die alle in Wettringen ansässig sind.
„Auf dem deutschen Markt für den Vertrieb von Kalbfleisch wäre infolge des
Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung entstanden“, erklärte
Kartellamtspräsident Andreas M u n d t . Durch die Verpflichtung, die Kälbermastkapazitäten
von Van Drie in Deutschland zu veräußern, würden Chancen für mehr Wettbewerb durch
konkurrierende Anbieter eröffnet. Van Drie und Alpuro sind die führenden europäischen
Kalbfleischproduzenten. Ihre Geschäftsaktivitäten umfassen die gesamte
Kalbfleischproduktionskette. Als sogenannte Integratoren kaufen sie junge Kälber für die
Mast ein, mästen sie in eigenen oder Lohnmastbetrieben, schlachten die gemästeten Kälber
und vertreiben das Kalbfleisch. Der Verkauf der Gesellschaften, in denen die deutschen
Mastaktivitäten der Van Drie-Gruppe gebündelt sind, bedeutet laut Angaben des Kartellamtes
die Abgabe von rund 30 000 Mastplätzen, entsprechend rund 20 % der deutschen Mastplätze.
Verbesserter Zugang zu Beschaffungsmärkten
Grenzüberschreitende Lieferungen von Kalbfleisch erfolgten im Wesentlichen nur durch die
beiden niederländischen Kalbfleischhersteller, betonte das Bundeskartellamt, das Exporte
nationaler Anbieter darüber hinaus nur in sehr geringem Umfang beobacht hat. In den
bedeutendsten Absatzländern, nämlich Deutschland, Frankreich und Italien, reiche die
inländische Produktion nicht aus, um der bestehenden Nachfrage zu entsprechen. Durch den
Zusammenschluss hätte Van Drie seine führende Position auf dem deutschen Markt für den
Vertrieb von Kalbfleisch an Großhandel, industrielle Weiterverarbeiter und die Gastronomie
weiter ausgebaut. Mit der Übernahme von Alpuro verbessere Van Drie den Zugang zu den
Beschaffungsmärkten im Hinblick auf den Zugriff auf Jungkälber, Mastplätze und gemästete
Kälber, unterstrich das Bundeskartellamt. Aufgrund der europaweiten Engpässe beim Zugriff
auf Mastplätze und gemästete Kälber sowie der im Wesentlichen bei Van Drie und Alpuro
gebündelten Nachfrage wäre die Marktposition der Beteiligten von den nationalen Anbietern
kaum anzugreifen gewesen. Hinzu komme, dass die deutschen Anbieter auf den Bezug von
gemästeten Kälbern aus Van Dries deutschen Lohnmastbetrieben angewiesen seien, um ihre
derzeitige Schlachtmenge überhaupt erreichen zu können. AgE
DEUTSCHLAND
Tierschutzdebatte bleibt Niedersachsen erhalten
Besatzdichte, Einstreufeuchte und Fußballenkrankheit werden im Agrarministerium als
Problembereiche eingestuft - Arbeitsgruppe wird eingerichtet - Sprecher: Keine
Neuausrichtung, sondern Intensivierung des Bestehenden - Bekenntnis der Landesregierung
zum TiHo-Gutachten - ZDG hält dagegen
BERLIN. Mit dem für Mitte Januar vorgesehenen Amtsantritt von Gert L i n d e m a n n als
Landwirtschaftsminister in Niedersachsen bleibt das Thema Tierschutz, das seiner
zurückgetretenen Amtsvorgängerin Astrid G r o t e l ü s c h e n zu schaffen machte, auf der
agrarpolitischen Tagesordnung. Wie ein Sprecher des Agrarressorts in Hannover vor dem
Jahreswechsel gegenüber dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE erklärte, wird
sich Lindemann nach seiner Vereidigung am 19. Januar des Themas weiter annehmen. Er
kündigte die Schaffung einer Arbeitsgruppe zum Thema Tierschutz an, in der Vertreter aus
Tierhaltung und Verbänden ebenso vertreten sein sollen wie Wissenschaft und Tierschützer.
Als Problem will man sich demzufolge den Themen Besatzdichte, Einstreufeuchte und
Fußballenkrankheiten in der Geflügelmast annehmen. Gleichzeitig betonte der Sprecher, es
handele sich nicht um eine Neuausrichtung, sondern um eine „Intensivierung dessen, was
schon getan wird“. Er stellte sich hinter ein von der Stiftung Tierärztliche Hochschule
Hannover (TiHo) verfasstes Gutachten. Dieses sei praxisnah durchgeführt worden. „Die
Kritik an der Kommunikation des Gutachtens können wir nicht nachvollziehen“, unterstrich
der Sprecher. Kritisch hatte der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) auf
Interpretationen des Gutachtens reagiert.
Breiten- statt Höhenwachstum
In dem TiHo-Gutachten werden Verbesserungen beim Platzbedarf für Masthühner angeregt.
So soll laut dem Dafürhalten der Forscher festgestellt werden, wie viel Bodenfläche ein Tier
tatsächlich durch seinen Körper abdeckt. Die Tiere nähmen bei den derzeitigen Mastdauern
bis zum Mastende an Breite zu und wüchsen nicht, wie bisher angenommen, gegen Mastende
vornehmlich in die Höhe. Die Besatzdichte in der EU-Richtlinie, die unter bestimmten
Haltungs- und Managementbedingungen zwischen 33 kg und 42 kg Körpermasse pro
Quadratmeter am Ende der Mast erlaubt, sei ohne direkte Vermessung der Masthühner
festgelegt worden, heißt es in der Untersuchung. Die Befunde ließen es angeraten erscheinen,
TIERSCHUTZ
die derzeit geltende Platzabmessung in der EU-Richtlinie „neu zu überdenken“. Kritische
Anmerkungen enthält die Studie auch zum Thema Luft. Die im Verlauf der Mast als
Momentaufnahmen erfassten gasförmigen Stallluftkomponenten Ammoniak und
Kohlendioxid hätten gezeigt, dass diese besonders in der kalten Jahreszeit die nach der EURichtlinie vorgegebenen maximal tolerierbaren Konzentrationen erreicht und teilweise auch
überschritten hätten. Ein Einfluss der Besatzdichte habe hier nicht eindeutig festgestellt
werden können. Bei der Beurteilung der Einstreuqualität sei deutlich geworden, dass bereits
zur Mitte der Mast insbesondere unterhalb der Tränkelinien pappig-matschige Einstreu und
zwischen den Versorgungseinrichtungen verkrustete, feste Platten vorherrschten. Trockene,
lockere Einstreubereiche seien nur noch begrenzt vorhanden. Am letzten Masttag überwiege
dann eine aus festen Platten bestehende, pappige und matschige Einstreu, wobei die
Kotanteile überwögen.
ZDG: Keine Missstände belegt
Der ZDG sieht aufgrund der Umsetzung der EU-Vorgaben in Deutschland durch die Studie
der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover keine Missstände in der Geflügelhaltung
belegt. Die Studie sei vor der Umsetzung der EU-Richtlinien in deutsches Recht veranlasst
und dementsprechend seien die Ergebnisse auf diese Richtlinienwerte bezogen worden.
Hierzulande seien Besatzdichtewerte von mehr als 39 kg/qm nicht zugelassen, hob der ZDG
hervor. Anders als bei den damaligen Untersuchungen auf dem Modellbetrieb, dem Lehr- und
Forschungsgut in Ruthe, setze die Praxis heute verstärkt auf moderne und neu entwickelte
Einstreumaterialien. Im Ergebnis sei damit die Einstreu trockener, was der Vermeidung von
Fußballenveränderungen diene, betonte der ZDG. Weitere Managementmaßnahmen würden
derzeit in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Bund, Ländern und Geflügelwirtschaft
beraten, die aktuell bundeseinheitliche Leitlinien zur guten fachlichen Praxis entwickele. AgE
________________________________________________________________
Guten Tag, Herr Niemann,
der Rundbrief Bauernhöfe statt Agrarfabriken erfreut sich eines großen und breiten Verteilers, wie
es aussieht.
Ob es möglich ist, auch die folgende Sache hier publik zu machen - auch wenn die Zielgruppe nicht
die klassische Landwirtschaft ist, sondern Menschen, die sich Nutztiere in sehr bescheidenem
Rahmen selber halten möchten. Wer ein paar Hühner, Enten oder Schafe selbst hält, kann wohl am
besten beurteilen, welche Arbeit damit zusammen hängt, und wird eher bereit sein, Produkte aus
instinkt- und verhaltensgerechter Tierhaltung anderer Tiergattungen entsprechend zu honorieren.
Ich schreibe die hier angeführten Büchlein selbst, stehe daher auch für Fragen zu Verfügung.
Viele Grüße, Regina Jaeger,
Diplom-Agraringenieurin Fachrichtung Tierproduktion und Autorin der Schriftenreihe "Artgerechte
Tierhaltung" im verlag85, www.einfalle-statt-abfaelle.de
Liebe Leute, es ist so weit. Das neue Heft aus der "Reihe"
artgerechte Tierhaltung ist da.
Schafe als Rasenmäher halten?xml:namespace prefix = o ns =
"urn:schemas-microsoft-com:office:office" />
Einen Rasenmäher zu betreiben kostet Zeit, verbraucht Benzin oder Strom, nervt
durch Lärm und Gestank, und dann geht er auch noch ab und an kaputt … Welcher
Besitzer größerer Grünflächen spielte da nicht schon mal mit der Idee, sanfte, stille,
sich in das Naturbild harmonisch einpassende drei oder vier Schäfchen auf die Wiese
zu stellen?
Die Entscheidung, ob man bei diesen Träumen bleiben sollte oder sich der Versuch
lohnt, es tatsächlich mit der Haltung von Schafen als Rasenmäher zu probieren, soll
nach Lektüre dieser Broschüre einfacher zu treffen sein. Die Broschüre will
Hilfestellung für Menschen bieten, die einige wenige Schafe mit möglichst wenig
Aufwand auf ihren Grünflächen halten möchten, um den Pflanzenbewuchs kurz zu
halten. Sie ist als Einstieg in die Thematik gedacht und kann nicht den Anspruch
einer umfassenden Wissensvermittlung über sämtliche Details zur Schafhaltung
erfüllen. Im Gegenteil versteht sich die Broschüre als Appetitmacher, um vertiefende
Fachlektüre zum Beispiel zu Rassen, Fütterung, Gesundheitsvorsorge und
Krankheiten, Stall- und Unterstandsbau, Fortpflanzung und Zucht usw. zu lesen.
Zur besseren Verständlichkeit für Laien der Nutztierhaltung wurde auf
Fachausdrücke weitgehend verzichtet, dem Aspekt der Unterhaltsamkeit wurde durch
flüssigen Redestil und auflockernde Karikaturen Rechnung getragen.
Grundsätzlich handelt es sich bei den vermittelten Informationen um gängiges
Fachwissen, teilweise um Erfahrungen der Autorin, die mit den Erfahrungen anderer
Schafhalter abgeglichen sind, gelegentlich äußert die Autorin auch einfach nur eine
eigene Meinung.
Unberücksichtigt bleibt in der vorliegenden Broschüre ausdrücklich der Aspekt eines
möglichen finanziellen Profits aus der Schafhaltung.
Viel Freude beim Lesen!
84 Seiten DIN A 5
Preis:8€
Bestellung unter www.einfaelle-statt-abfaelle.de
Heft 1: Eigene Hühner im eigenen Garten
Autorin: Regina Jaeger
Es ist mir ein Anliegen, Leuten die Scheu davor zu nehmen, Nutztiere zur Selbstversorgung zu halten.
Durch eigene Nutztierhaltung leistet man einen ethischen Beitrag am Mitgeschöpf. Denn jedes Nutztier,
das seinen Bedürfnissen gemäß, ganz besonders seinen Verhaltensbedürfnissen, gehalten wird, erspart
einem anderem Artgenossen die Quälerei in den Tierfabriken..
44 Seiten, Preis: 7.00 €, ISBN
Heft 2: Den eigenen Hundewelpen selbst erziehen
Dieses Büchlein konzentriert sich auf die Erziehung von Welpen. Es greift dort an, wo die Anfänge liegen,
damit möglichst wenig falsch läuft..
64 Seiten, Preis: 8.00 €, ISBN
Heft 3: Einstieg in die Kaninchenhaltung
als Nutztier für Selbstversorger
Diese Broschüre möchte Mut machen, es mal zu probieren, Kaninchen als Nutztiere im Garten zu halten.
Denn so schwer ist es in der Tat nicht. Kaninchen brauchen nicht viel Raum, machen keinen Lärm und die
Futterkosten sind niedrig.
Autorin: Regina Jaeger, Diplom-Agraringenieurin Fachrichtung Tierproduktion.
52 Seiten, Preis: 7.00 €, ISBN
Heft 4: Schneckenfressende Enten im Garten halten
Sie scheinen praktisch zu sein, weil sie elegant und „biologisch“ das Schneckenproblem im Garten lösen
einerseits und vermutlich leicht zu halten sind andererseits. Das hat sich der eine oder andere
Gartenfreund schon öfters gedacht. Allerdings sind da auch die Bedenken, dass man eigentlich nicht
wirklich weiß, wie diese Tiere denn zu halten wären. Man will ja auch nichts falsch machen. Aber eine
Wissenschaft möchte man auch nicht gleich daraus machen.
Autorin: Regina Jaeger, Diplom-Agraringenieurin Fachrichtung Tierproduktion.
52 Seiten, Preis: 7.00 €, ISBN
Heft 5: Küken von Hühnern und Schneckenfresser-Enten selbst aufziehen
Autorin: Regina Jaeger, Diplom-Agraringenieurin Fachrichtung Tierproduktion.
48 Seiten, Preis: 6.00 €, ISBN
Heft 6: Schafe als Rasenmäher halten
Einen Rasenmäher zu betreiben kostet Zeit, verbraucht Benzin oder Strom, nervt durch Lärm und
Gestank, und dann geht er auch noch ab und zu kaputt. Dieses Buch ist für jeden Tierfreund eine Hilfe,
der darüber nachdenkt sich einen Rasenmäher auf vier Beinen anzuschaffen. Autorin: Regina Jaeger,
Diplom-Agraringenieurin Fachrichtung Tierproduktion.
84 Seiten, Preis: 8.00 €, ISBN
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