Warenhauskonzerne PDF - Handel NRW

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Warenhauskonzerne PDF - Handel NRW
Landesbezirksfachbereich Handel NRW
Die Warenhauskonzerne
Kaum zu glauben, aber wahr: Vor vierzig Jahren hießen die drei größten
Handelskonzerne hierzulande Karstadt, Kaufhof und Hertie. Die „Konsumtempel“
waren seinerzeit die Trendsetter im deutschen Einzelhandel. Mitte der siebziger
Jahre, in ihrer Blütezeit erzielten sie einen Marktanteil von gut zehn Prozent.
Mit dem allmählichen Aufkommen neuer Betriebsformen wie den ShoppingCentern und den SB-Warenhäusern büßten sie ihrer Monopolstellung als
Vollsortimenter ein, es begann die lange Krise der Warenhäuser.
Ihr Marktanteil ist auf 2,2 Prozent geschrumpft.
Gründungsdaten:
• 1879: Leonhard Tietz in Stralsund (Kaufhof)
• 1881: Rudolph Karstadt in Wismar (Karstadt)
• 1882: Oscar Tietz in Gera (Hertie)
• 1936: Helmut Horten (Horten)
In den zurückliegenden Jahren gab es massive Einschnitte, viele
Filialschließungen, Ausgliederungen, spektakuläre Eigentümer- und
Managementwechsel – und vor allem dramatische Einschnitte für die
Beschäftigten. Besonders hart betroffen war und ist die Karstadt-Belegschaft.
Wie geht es nun weiter mit den Warenhäusern. Können die „alten Damen“ des
Einzelhandels noch mithalten in dem beinharten Wettbewerb?
Bewegte Geschichte
Aus den ehemals vier Warenhausgesellschaften Karstadt, Kaufhof, Hertie und
Horten sind zwei übriggeblieben. Horten wurde einst von Kaufhof übernommen,
später dann Hertie von Karstadt. 2015 wurde gar spekuliert, dass es bald nur
noch ein Warenhausunternehmen geben könnte, dass nämlich der neue
Karstadt-Eigner den Kaufhof übernimmt um die Deutsche Warenhaus AG zu
bilden (HB vom 26.5.2015).
Fakt ist, dass Kaufhof – lange Zeit Teil der Metro-Gruppe - nun im Eigentum des
börsennotierten kanadischen Handelsunternehmens Hudson’s Bay Company ist.
Karstadt ist nach äußerst turbulenten Jahren heute Bestandteil der Signa Holding
GmbH, hinter der der österreichische Immobilieninvestor René Benko steht.
Fehler der Vergangenheit
Die Warenhäuser haben mit sinkender Kundenfrequenz und zunehmendem
Wettbewerbsdruck zu kämpfen. Darüber hinaus belasten viele hausgemachte
Probleme. Wichtige Themen sind dabei:
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Die unklare Positionierung „in der Mitte“: Im Bereich Mode z.B. stehen sie
zwischen preisaggressiven Vertikalisten wie Zara, H&M oder Primark und
beratungs- und serviceintensiven Anbietern.
Der drastische Personalabbau: Insbesondere im Bereich des qualifizierten
Verkaufspersonals wurden Tausende Stellen gestrichen. Das bedroht die
Servicequalität nachhaltig. In der Folge sinkt die Kundenfrequenz insbesondere in den Mittelstädten.
Die Warenhäuser haben die Digitalisierung weitgehend verschlafen: Das
Management hat den E-Commerce zu spät als Chance erkannt - und
dadurch viel Zeit und Boden verloren.
Landesbezirksfachbereich Handel NRW
Der Onlinehandel ist nicht Auslöser der Warenhauskrise, hat aber diese
verschärft. Zum einen sorgt die Digitalisierung dafür, dass sich die
Anpassungsprozesse enorm beschleunigen, zum anderen führt der Onlinehandel
zu Umsatzverlagerungen, zu sinkenden Kundenfrequenzen in den Städten. Stadt
und Handel sind nicht mehr untrennbar verbunden...
Starke Konkurrenz
Mit dem Slogan „Alles unter einem Dach“ sind die Warenhäuser einst groß
geworden. Heute können dies die Shopping-Center offenbar besser umsetzen und das Internet bietet (wenn auch nur virtuell) erst recht alles „unter einem
Dach“.
• „Am besten kopiert wurde die Warenhausidee des Universalanbieters von
Amazon“ (zeit online vom 20.8.2014).
Die Warenhäuser werden aber nicht nur von starken Shoppings-Centern auf der
einen und dem Onlinehandel auf der anderen Seite bedroht. Hinzu kommt die
massive Konkurrenz durch aggressiv agierende Textilketten (Junge Mode).
Primark, Zara, Uniqlo und andere drängen in die Toplagen der Städte.
Zukunft der Warenhäuser
Wie können sich die Warenhäuser in dem harten und dynamischen Wettbewerb
behaupten? Welche Zukunft hat die Vertriebsform Warenhaus, wie viele
Standorte wird es zukünftig noch geben? Diese Fragen werden seit geraumer
Zeit kontrovers diskutiert. Einfache Antworten gibt es nicht und kann es auch gar
nicht geben, schon allein deshalb weil die Bandbreite der Warenhaus-Filialen vom
Weltstadthaus bis zum Stadtteilversorger reicht.
Die Zeitschrift Textilwirtschaft hat 2015 eine Expertise veröffentlicht
(„Warenhäuser in Deutschland“). Einige Ergebnisse dieser Studie:
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Bis auf einige wenige „Platzhirschhäuser“ oder Premiumhäuser sind die
Warenhäuser nicht mehr der Magnet sondern auf andere Frequenzbringer
angewiesen.
Die meisten Warenhäuser haben recht gute Rahmenbedingungen – einige
Filialen sind aber von der Verkaufsfläche zu klein, weitere Schließungen
sind wahrscheinlich.
Warenhäuser in Mittelstädten sind am meisten gefährdet. Sie sollten ihr
Sortiment stärker an der lokalen Nachfrage ausrichten und sich als
Nahversorger positionieren.
Die Mehrzahl der Häuser befindet sich in sehr hochwertigen Einkaufslagen
- ein „Pfund“, mit dem die Warenhäuser wuchern können.
Die Autoren der Studie formulieren am Schluss ihrer Untersuchung eine Vision
wie die Warenhäuser das Amazon der „realen Welt“ werden können. Dazu
müssten sie ihren „Markenkern“, das „Alles unter einem Dach“, in die Moderne
übertragen, „zum Beispiel durch die Integration eines Click-and-Collect-Angebots
und einer konsequenten Zusammenführung von Online und Offline. Dann
könnten sie ihren Kunden das bieten, was diese an ihnen einst schätzten: Guten
Service, große Auswahl, kurze Wege – alles in allem ein komfortables
Einkaufen.“
• „Gute Beratung und bester Service sind die Bausteine für das
Warenhaus der Zukunft“ (ver.di).
Landesbezirksfachbereich Handel NRW
Kurzporträt: Karstadt
Unternehmenssitz
Karstadt Warenhaus GmbH
Theodor-Althoff-Str. 2, 45133 Essen
Eigentumsverhältnisse
Karstadt-Eigentümerin ist das
Immobilienunternehmen Signa Holding GmbH mit Sitz
in Innsbruck. Mehrheitsgesellschafter: Fam. Benko.
Gesellschaften
Die Handelsaktivitäten werden unter Signa Retail
gebündelt. Das Management besteht aus W. Keil und
St. Fanderl. Gesellschaften sind:
• Karstadt Warenhaus
• Die KaDeWe Group (KaDeWe, Oberpollinger,
Alsterhaus)
• Karstadt Sports GmbH (28 Standorte, rund
1.300 Beschäftigte).
Internetauftritt
signa.at; karstadt.de
Vorsitzender der GF
Dr. Stephan Fanderl
AR-Vorsitzender
Wolfram Keil (GF Signa Retail GmbH)
stellv. AR-Vorsitzender
Jürgen Ettl (GBR-Vorsitzender3)
Ökonomische Kerndaten (GJ bis 30. September)
GJ 2014/15
Vorjahr
Umsatz
2,33 Mrd. Euro
2,65 Mrd. Euro
Jahresfehlbetrag
- 64 Mio. Euro
- 190 Mio. Euro
Mitarbeiter
13.050
15.430
Filialen
81 (Stand: 09/2015)
83
Quelle: Bundesanzeiger
Anmerkungen:
2015 wurde die Mehrheit an der KaDeWe Group an die thailändische Central
Group verkauft (HB vom 9.6.2015).
Die Karstadt-Beschäftigten sind zur Rettung des Unternehmens durch
Sanierungstarifverträge und Arbeitsplatzabbau mehrfach zur Ader gelassen
worden. Diese Beiträge summieren sich lt. ver.di mittlerweile auf über eine Mrd.
Euro.
Für neue Unruhe sorgte im April 2016 ein „Strategiepapier“ wonach angeblich
ein Drittel der Fläche an Konkurrenten wie Rossmann oder Primark
untervermietet werden könnte (RP vom 14.4.2016).
Landesbezirksfachbereich Handel NRW
Kurzporträt: Galeria Kaufhof
Unternehmenssitz
Galeria Kaufhof GmbH
Leonhard-Tietz-Straße 1, 50676 Köln
Eigentumsverhältnisse
100-prozentige Tochter der kanadischen Hudson‘s
Bay Company (HBC), der u.a. auch Saks Fifth Avenue
in New York gehört.
Vertriebslinien
Deutschland: 100 Galeria Kaufhof-Filialen und 14
Sportarenen; Belgien: 16 Galeria Inno
Internetauftritt
galeria-kaufhof.de
Vorsitzender der GF
Olivier Van den Bossche
AR-Vorsitzender
Don Watros (President von HBC International)
stellv. AR-Vorsitzender
Uwe Hoepfel (GBR-Vorsitzender)
Ökonomische Kerndaten – GJ 2013/14 *)
Umsatz
3,1 Mrd. Euro
Beschäftigte
21.500 (Kopfzahlen)
Anmerkung:
*) Weitere Daten liegen nicht vor.
Die letzte Eintragung im Bundesanzeiger vom 4.3.2016 lautet: Offenlegung
gemäß § 264 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 325 HGB: Die Gesellschafterversammlung
hat am 29. Januar 2016 einstimmig beschlossen, der Befreiung von der
Verpflichtung, den Jahresabschluss der Gesellschaft offen zu legen, für das
Rumpfgeschäftsjahr vom 01.10.2015 bis 31.01.2016 zuzustimmen und ferner
auf die Aufstellung von Anhang und Lagebericht für das Rumpfgeschäftsjahr
vom 01.10.2015 bis 31.01.2016 zu verzichten.
Abkürzungen: AR = Aufsichtsrat; GF = Geschäftsführung; GJ = Geschäftsjahr;
HB = Handelsblatt; RP = Rheinische Post.
Dr. Jürgen Glaubitz/ Juni 2016