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Medienlinguistik 3.3: Sprachstruktur - Satz
Protokoll: Ramona Pfund, 16. Januar 2006
Einstieg
In den letzten zwei Vorlesungen wurden die Themen Laut und Wort behandelt. Laute kann man zu
Wörtern verbinden, Wörter zu einem Satz. Der Satz ist das Thema der heutigen Vorlesung.
In der deutschen Sprache besteht ein Satz grundsätzlich aus einem Verbal- und einem
Nominalteil. In der Regel steht der geschriebene Satz zwischen zwei Punkten. Es gibt einfache
Sätze, die aus Subjekt, Prädikat und Objekt bestehen und komplexe Sätze, die aus mehreren
Teilsätzen bestehen. Bei den komplexen Sätzen ist zwischen Satzverbindungen (Hauptsatz –
Hauptsatz) und Satzgefügen (Hauptsatz – Nebensatz) zu unterscheiden.
Beispiele für einfache und komplexe Sätze aus dem 20 Minuten und der NZZ:
Î „In mehreren Ländern kam seit Neujahr bis zu 40% weniger russisches Gas an.“ (20
Minuten)
Î “Die Tatsache freilich, dass einige Länder (Frankreich, Italien, Ungarn, Slowakei,
Österreich) am Montag deutliche Minderlieferungen von Erdgas konstatieren mussten,
lässt aufhorchen.“ (NZZ)
Je mehr Teilsätze und eingeschobene Nebensätze ein Satz hat, desto schwieriger kann es sein,
ihn zu verstehen. Vor allem in den elektronischen Medien achtet man darauf, Sätze nicht zu lang
und zu kompliziert aufzubauen.
Gast:
Nils Röller „SMS-Roman“ – „SMS-Gedichte“
Unter diesen Links findet man zwei Homepages. Auf der einen wird beschrieben, wie ein SMSRoman zustande kommt, die andere beinhaltet das Thema Liebesgedichte.
Experiment:
Unter dem Link „Readability-Tester“ kann man die Verständlichkeit einer Website berechnen
lassen. Je mehr Wörter ein Satz enthält und je mehr dieser Wörter drei oder mehr Silben haben,
desto höher der Index. Die Seite ist mit Humor zu geniessen. Lange Sätze sind nicht zwingend
schwierig.
Auch kurze Sätze können missverständlich sein, wie der Witz „Programm ein Franken“ zeigt.
Theoriegeleitete Fragestellung
Begriffe (auch zu finden im Handout vom 16.01.06 und im Internet):
Syntax (griech. syntaxis Zusammen-Ordnung) ist eine linguistische Teildisziplin, die den Aufbau
von Sätzen aus Elementen und Verknüpfungsregeln untersucht, wobei sie Wörtern und
Wortgruppen bestimmte Funktionen in Sätzen zuschreibt.
Î Untersucht Sätze auf zwei Ebenen. 1. Struktur, Funktion und Verknüpfung im einfachen
Satz; 2. Struktur, Funktion und Verknüpfung im komplexen Satz.
¸ Zürcher Hochschule Winterthur | Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM | Medienlinguistik | Prof. Dr. Daniel Perrin | WS 05/06
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Î Momentanes Deutsch-Thema
Satz ist eine Spracheinheit aus Nominal- und Verbalteil, die relativ abgeschlossen ist in Inhalt,
grammatischer Struktur und Intonation.
Î Satzteile, die das Verb mit sich bringt, zählt man ebenfalls zum Verbalteil. Beispiel: „Ich
empfehle meinem Bruder (Dativobjekt) einen Zinfandel (Akkusativobjekt).“ Das Verb
empfehlen verlangt die Objekte. Ich empfehle ist kein vollständiger Satz.
Î Der Satz ist die kleinste aussagetragende Einheit. Er sagt aus: Wer macht was.
Konnexion ist die logische Verknüpfung von Propositionen oder Illokutionen.
Î Die Konnexion ist eine gedankliche, logische Verbindung. Sie verbindet zwei oder mehr
Elemente miteinander. Der Konnektor (und, weil, oder, nachdem…) benennt diese
logische Beziehung.
Î Beispiel: Ich bin im Kino eingeschlafen, weil der Film so langweilig war.
Î „Weil“ ist ein begründender Konnektor.
Î „Ich bin im Kino eingeschlafen…“: Proposition = logische Grundbedeutung – es gibt ein
Ich, es gibt ein Kino und ich bin im Kino eingeschlafen. Illokution = Der Sprecher hat die
Absicht, darüber zu informieren, dass er eingeschlafen ist.
Î „…weil der Film so langweilig war.“: Proposition = es gab einen Film und der war
langweilig. Illokution (Absicht) = der Sprecher will begründen, weshalb er eingeschlafen
ist. Eine andere Absicht könnte sein, dass er das Gegenüber davon abhalten will, den Film
zu schauen. (Zur Unterscheidung von Proposition und Illokution siehe Forumseintrag vom
17.1.06)
Ellipse ist die Einsparung einer Satzkonstituente, die aus dem Kommunikationszusammenhang
erschlossen oder eindeutig und wörtlich aus dem unmittelbaren sprachlichen Zusammenhang
rekonstruiert werden kann.
Î Satzkonstituente = ein Satzteil -> lässt sich ermitteln, indem man Satzteile tauscht,
löscht oder ersetzt. Beispiel: Anna kocht => sie kocht. Das Nomen wird durch ein
Pronomen ersetzt.
Î Ellipsen werden oft gebraucht, um Sätze zu verdichten (z.Bsp. in Zeitungstiteln).
Praxisgeleitete Fragestellung
Verdichten ist die komplexe Textproduktionshandlung, die darauf abzielt, möglichst viel
Information mit möglichst wenigen Zeichen zu vermitteln.
Î ein klassisches Beispiel für das Verdichten ist das SMS.
Portionieren ist eine komplexe Textproduktionshandlung, die darauf abzielt, die Informationen in
überschaubaren, plausiblen Abfolgen von jeweils möglichst abgeschlossenen Schritten zu
vermitteln und dabei die Erwartung auf die nächste Portion zu erzeugen.
Î Was inhaltlich nahe beisammen steht, wird auch räumlich und zeitlich nahe beieinander
aufgeführt. Schritt für Schritt. Satzklammern werden gemieden.
Î Beispiel: Die Firma hat zwar im letzten Jahr viel Gewinn gemacht (1. Portion), hat nun
aber trotzdem 200 Mitarbeiter entlassen (2. Portion).
Praxisbeispiel 1:
Fall Irak, Statement 2
In den Nachrichten wird ein Statement gezeigt, das sehr stark portioniert ist. Grund ist die
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche. In der englischen Sprache werden Sätze stärker
portioniert. Je portionierter ein Satz ist, desto verständlicher ist er für die Adressaten.
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Praxisbeispiel 2:
Fall Irak, Statement 1
Der Sprecher macht einen Satz, der eine doppelte Verneinung enthält. „Wir sagen, dass Irak keine
Massenvernichtungswaffen besitzt, jemals besass und niemals besitzen wird.“ Frage: Wie könnte
man das Statement umschreiben:
Mögliche Lösung: „ Wir sagen, dass Irak keine Massenvernichtungswaffen besass, keine besitzt
und keine besitzen wird.“ (Die Wiederholung des Begriffs „keine“ kann als rhetorisches Mittel
angesehen werden.)
Oder: „Wir sagen, dass Irak keine Massenvernichtungswaffen besass, besitzt oder besitzen wird.“
Aufgaben
Î Fall Zuwanderungsgesetz
Î Ansatz Cotter
Î Es wird empfohlen, die Studien von Fang und Cotter zu lesen
Allgemein
Fall Verkehrspolitik (Vorlesung Woche 10):
In der Aufgabenstellung wurden die grosse und die kleine Kammer verwechselt. Auch die
Moderatorin verwechselt die beiden Begriffe im Beitrag. Die grosse Kammer ist der Nationalrat,
die kleine Kammer ist der Ständerat.
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