Hinweise für eine erfolgreiche Lieferung nach Russland

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Hinweise für eine erfolgreiche Lieferung nach Russland
Hinweise für eine erfolgreiche Lieferung nach Russland
Wer die Geschäfte mit Russland betreibt, kommt nicht daran vorbei, sich mit Zollfragen zu
beschäftigen. Daher muss eine Lieferung ins größte Flächenland der Welt gründlich und
frühzeitig geplant werden. Vor allem die jüngsten Ereignisse wie die Schaffung eines einheitlichen Zollgebiets im Rahmen der Zollunion mit Belarus und Kasachstan sowie der Beitritt Russlands in die WTO verdienen besondere Aufmerksamkeit.
Zollabfertigung
Die Zollabfertigung in Russland wird grundsätzlich mithilfe eines Zollrepräsentanten (ehemals Zollbroker) durchgeführt. Dieser Begriff wurde mit dem einheitlichen Zollkodex der
Zollunion Russland, Belarus und Kasachstan im Juli 2010 neu ausgelegt. Ein Zollrepräsentant ist eine russische juristische Person und darf im Namen des Deklaranten die Zollabfertigung durchführen. Ein Deklarant darf laut dem Kodex nur eine in der Zollunion ansässige
Person, z.B. der russische Käufer, sein, da er letztendlich für die Bezahlung der Zölle und
Steuern sowie für die Einhaltung der nichttarifären Maßnahmen verantwortlich ist. Nur in
wenigen bestimmten Fällen darf eine ausländische Person als Deklarant auftreten, wenn
z.B. ein deutsches Unternehmen eine ordentlich angemeldete Repräsentanz in einem der
Mitgliedsländer hat.
Es ist zu empfehlen, bereits in der Anfangsphase, also während des Abschlusses des Vertrags mit dem Käufer der Ware, den Zollrepräsentanten einzubeziehen. Besonders bei größeren Investitionsprojekten, wie die Errichtung einer Fabrik oder Lieferung von ganzen Industrieanlagen mit langfristiger Garantieleistung soll der Zollrepräsentant von Anfang an
das Projekt mitbegleiten. Der Umfang seiner Dienstleistung, seine Kompetenzen und andere
Bedingungen sind in dem Vertrag zwischen dem russischen Käufer und dem Zollrepräsentanten festgelegt.
Die Erfahrung, das Vorhandensein spezieller Software und gute Beziehungen zu den russischen Zöllnern vor Ort spielen bei der Wahl eines Repräsentanten eine große Rolle. Denn
diese Faktoren können die Zollabfertigung enorm beeinflussen. Er muss lizenziert und im
Register des russischen Föderalen Zolldienstes eingetragen sein. Die Liste wird von der Behörde geführt und regelmäßig auf ihrer Internetseite aktualisiert (www.customs.ru).
Der deutsche Exporteur stellt seinerseits die kommerziellen Dokumente und andere Informationen über die Waren zur Verfügung, die für die Zollabfertigung notwendig sind. Die
Transportdokumente werden vom Spediteur, Frachtführer (Verfrachter) bzw. Zollbeförderer
vorbereitet.
Folgende Dokumente müssen eine Warenlieferung begleiten und dem Deklaranten zur Verfügung stehen:
Kaufvertrag
Der Kaufvertrag wird zwischen dem Käufer (Importeur) und Verkäufer (Exporteur) geschlossen. Der Vertrag wird in meisten Fällen außer Deutsch gleichzeitig auch in Russisch
verfasst bzw. ins Russische übersetzt. Eine Kopie reicht für die Zollzwecke meistens aus.
Rechnung
Eine Rechnung (Invoice) ist ein sehr wichtiges Dokument für die Zollabfertigung und muss
folgende Angaben beinhalten:
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Warenbezeichnung,
Anzahl,
Einzelpreis/Gesamtsumme,
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Datum, Nummer des Dokuments,
Namen und Adressen des Käufers und Verkäufers,
Lieferbedingungen (Incoterms®),
Fristen, Bezahlung,
Preis, Währung,
Warencode.
Die Rechnung muss abgestempelt und unterschrieben sein. Vor allem der Warencode, das
Bruttogewicht und der Preis müssen verständlich und gut leserlich sein. Wichtig ist dabei,
dass diese Informationen mit den Angaben in TIR und CMR identisch sind, sonst verzögert
sich die Zollabfertigung wegen jeder Unstimmigkeit.
Wenn bei Warenlieferungen der Empfänger keiner Zahlungsaufforderung nachgehen muss,
wird eine Pro-forma-Rechnung mitgesendet. Das betrifft Ersatzlieferungen, Mustersendungen für Messen und für Zertifizierungszwecke, Reparatur usw. Damit die russischen Zöllner
eine solche Rechnung auch anerkennen, muss sie auch als solche bezeichnet werden. Empfohlen wird die Bezeichnung „Pro-forma-Invoice“.
Packliste
Eine Packliste hat ähnliche Angaben wie die Rechnung und beinhaltet zusätzlich Informationen übers Gewicht der Lieferung und der Verpackung, das Volumina und die Art der Verpackung.
Es ist möglich, die oben genannten Informationen auch in der Rechnung anzugeben. In
meisten Fällen wird jedoch eine Packliste mitgesendet, besonders bei größerem Lieferumfang mit vielen Warenpositionen.
Frachtpapiere (CMR, CIM, Konnossement, Luftfrachtbrief)
Welche Frachtpapiere mitgeführt werden, hängt von der Art und Weise des Transports. Die
Mitführung solcher Papiere ist auf jeden Fall verpflichtend.
Ursprungsnachweise
Die Bestätigung des Warenursprungs ist besonders dann gegeben, wenn auf die gelieferten
Waren Antidumping- oder Schutzzölle bzw. Quoten angewandt werden.
Für die Lieferungen aus Deutschland wird grundsätzlich ein Ursprungszeugnis, ausgestellt
von den zuständigen Industrie- und Handelskammern, mitgesendet.
Im Handel mit den Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) besteht im
Rahmen des Freihandelsabkommens eine präferenzielle Behandlung von Waren mit Ursprung in diesen Ländern. Es wird mit dem Ursprungszertifikat CT-1 bestätigt und befreit
die Waren von Zöllen und Steuern. Je nach Land gibt es Ausnahmen vom Freihandel. Das
sind meistens Fleischerzeugnisse, Kraftfahrzeuge, Mineralölerzeugnisse usw.
Es ist zu empfehlen, alle Dokumente neben deutscher bzw. englischer auch in russischer
Sprache zu verfassen.
Weitere Dokumente
Der Deklarant oder sein Zollrepräsentant kann im Laufe der Vorbereitung für die Anmeldung
von Waren zusätzliche Dokumente anfragen. Beispielsweise kann das die technische Dokumentation für die Ermittlung der korrekten Warenposition oder die Preislisten für die Bestätigung des Warenwertes sein, was öfters zum Misstrauen seitens des deutschen Exporteurs
führt. Sowohl der russische Zoll als auch der Zollrepräsentant garantieren die Geheimhaltung der Inhalte der Dokumente. Sie werden nur für interne Zwecke für eine optimale Zollanmeldung gebraucht.
Für Waren, die Anforderungen der technischen Regulierung unterliegen, sind Konformitätszertifikate bzw. -Erklärungen, tierischen und pflanzlichen Ursprungs – entsprechende Veterinär- bzw. Pflanzengesundheitszeugnisse notwendig.
In der Praxis wird ein Ausfuhrdokument des Exportlandes (Ausfuhrbegleitdokument) zusätzlich mitgesendet, das die vorhandenen Informationen für die Anmeldung bestätigt.
Zollwert
Der Zollwert wird vom Deklaranten selbst oder von dem in seinem Namen tätigen Zollrepräsentanten laut den kommerziellen Dokumenten ermittelt (Kaufvertrag, Rechnung). Die Hinzurechnungen bzw. Abzüge werden je nach Art der Lieferung (z.B. Incoterms® 2010) entsprechend berücksichtigt. Der russische Zoll hat eigene Datenbanken und prüft bei jeder
Zollabfertigung die Richtigkeit des angegebenen Wertes. Im Fall wenn der Zoll den angegebenen Wert in Dokumenten für zu niedrig hält, werden schriftlich zusätzliche Dokumente für
seine Bestätigung verlangt. Bis diese vorgelegt werden, muss eine Garantie (Sicherheitsleistung) gewährleistet werden, dass die Zölle und Steuern bezahlt werden. Die Ware kann dabei bedingt für den freien Verkehr abgefertigt und verwendet werden. Die Sicherheit muss
nicht geleistet werden, wenn die Summe aller Zollabgaben, die bezahlt werden müssen, den
Wert von 500 Euro nicht übersteigt. Der Zollrepräsentant wird seinerseits nach den Dokumenten fragen, wie Preislisten vom Hersteller, Ausfuhrerklärung des Exportlandes, Erklärung über die Lieferbedingungen und weitere Dokumente, die den Wert der gelieferten Ware
bestätigt. Der Zoll kann den Wert nach oben korrigieren, das als Folge zur Erhöhung der
Einfuhrabgaben führt.
Eine Anmeldung der Angaben über den Zollwert (Zollwertanmeldung) wird zu der Zollerklärung beigefügt. Die Ausnahmen betreffen Fälle, wenn z.B. die Ware für kommerzielle Zwecke mit einem Warenwert von bis zu 200 Euro eingeführt wird oder laut der Gesetzgebung
von den Einfuhrabgaben befreit ist (für humanitäre Hilfe usw.). Auch private Einfuhr ist davon befreit.
Lieferung
Die Wahl des Transports und die Lieferbedingungen laut Incoterms ® 2010 werden im Vertrag zwischen dem Käufer und Verkäufer festgelegt. Der Umfang der Lieferung, die Art der
Waren und andere Faktoren können diese Wahl beeinflussen.
Der Zollrepräsentant kann einen passenden Spediteur oder Beförderer für das jeweilige
Frachtgut auswählen und ihn für die Beförderung beauftragen.
Viele Waren nach Russland werden im Straßengüterverkehr im Transitverfahren, z.B. über
Belarus befördert. Die Grenzzollstelle prüft die Begleitdokumente und macht dort ihre Anmerkungen. Die für die Fracht verantwortliche Person hat dafür zu sorgen, dass die Dokumente mit einem entsprechenden Hinweis in den Transportdokumenten vermerkt werden,
wenn die Waren einer sanitären und (oder) veterinären Kontrolle bzw. einer staatlichen Registrierung unterliegen. Sonst wird die Lieferung am Bestimmungsort in den gewünschten
Zollverfahren nicht übergeführt und muss entweder wieder ausgeführt oder für die Staatskasse aufgegeben werden.
Sobald die Ware den Bestimmungsort erreicht hat, gilt der Transit als beendet. Das Frachtgut wird dem Zoll gestellt, der seinerseits innerhalb einer Stunde die Transportdokumente
registriert. Innerhalb von drei Stunden ist der Beförderer oder eine andere berechtigte
Person verpflichtet, die gestellten Waren zu einem bestimmten Zollverfahren anzumelden.
Wird die Frist nicht eingehalten, bekommen die Waren die Rechtsstellung von Waren in vo-
rübergehender Verwahrung und müssen im speziellen Lager oder am anderen Ort unter
zollamtlicher Überwachung vorübergehend gelagert werden.
Vorübergehende Verwahrung
Die Gründe, wann der Deklarant die Waren nicht sofort zu einem Zollverfahren, sondern zur
vorübergehenden Verwahrung anmeldet, können unterschiedlich sein, z.B.:
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Die Einfuhrzölle können nicht direkt gezahlt werden,
Das Frachtgut wird nicht sofort, sondern in Teillieferungen, geliefert,
Zusätzliche Dokumente müssen nachgereicht werden usw.
Der Beförderer oder andere verantwortliche Personen müssen alle für die Überführung von
Waren in die vorübergehende Verwahrung notwendigen Dokumente dem Zollamt zur Verfügung stellen. Innerhalb einer Stunde registrieren die Zollbeamten die Dokumente. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Frist der vorübergehenden Verwahrung, die grundsätzlich zwei Monate beträgt. Mit einer schriftlichen Erklärung der für die Ware verantwortlichen Person
kann die Dauer bis zu maximal vier Monaten verlängert werden. In der Praxis wird die
maximale Frist meistens in Anspruch genommen.
Mit Ablauf der Frist der vorübergehenden Verwahrung müssen die Waren zu einem bestimmten Verfahren angemeldet werden. Andernfalls müssen diese wieder ausgeführt bzw.
in das Staatseigentum übergeführt werden.
Zollanmeldung
Die Waren müssen vom Deklaranten selbst oder von dem in seinem Namen handelnden
Zollrepräsentanten zu dem betreffenden Verfahren angemeldet werden. Das im Rahmen der
Zollunion mit Belarus und Kasachstan nach wie vor geltende Ansässigkeitsprinzip besagt,
dass die Zollanmeldung nur beim russischen Binnenzollamt und nur von einer in Russland
registrierten juristischen Person abgegeben werden kann.
Die Zollanmeldungen werden in schriftlicher Form oder mit Mitteln der Datenverarbeitung
(elektronisch) in Russisch abgegeben. In der Praxis ist die elektronische Form weit verbreitet, da die für die Zollabfertigung zuständigen Wirtschaftsbeteiligten heutzutage über eine
ausreichende IT-Infrastruktur zur Kommunikation mit den Zollämtern verfügen. Der Übergang zur elektronischen Zollanmeldung wird zum 1.1.2014 verpflichtend. Das Portal für die
elektronische Anmeldung befindet sich auf der Internetseite des russischen Zolldienstes
(http://edata.customs.ru/ed/).
Für die Anmeldung von Waren in ein bestimmtes Zollverfahren, ausgenommen im Transitverfahren, wird eine Waren-Zollerklärung verwendet. Im Transitverfahren wird zusätzlich
eine Transit-Zollerklärung abgegeben.
Die Frist zur Abgabe der Zollerklärung beim zuständigen Zollamt gleicht der maximalen Frist
zur vorübergehenden Verwahrung und beträgt vier Monate nach der Wareneinfuhr in das
Zollgebiet. Sie wurde mit dem neuen Zollkodex im Vergleich zu den bisherigen 15 Tagen
verlängert. Innerhalb von zwei Stunden muss die abgegebene Zollerklärung vom zuständigen Zollbeamten registriert sein. Die Registrierung kann aus bestimmten Gründen innerhalb dieser Frist abgelehnt werden.
Vorabanmeldung
Die russische Gesetzgebung sieht die Möglichkeit einer vorzeitigen Anmeldung der Drittlandswaren bei Lieferungen nur im Straßengüterverkehr und per Eisenbahn vor. Die Zollerklärung kann in diesem Fall vor der physischen Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der mit
Belarus und Kasachstan gültigen Zollunion abgegeben werden. Die fehlenden Angaben müssen nachträglich vor der Überführung von Waren zu dem betreffenden Verfahren eingetragen werden. Nach der Registrierung der Zollanmeldung beim Zoll muss die Fracht innerhalb
von 30 Tagen gestellt werden. Die Vollständigkeit der Unterlagen, das Einhalten der Fristen und die einwandfreie Kommunikation zwischen dem Deklaranten und dem Beförderer
von Waren sind dabei die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Anmeldung.
Überführung von Waren in ein bestimmtes Zollverfahren
Das Verbringen von Waren in ein bestimmtes Zollverfahren beginnt mit der Abgabe einer
Zollerklärung und (oder) oder anderer Dokumente, die laut dem Zollgesetz für das jeweilige
Zollverfahren notwendig sind.
Das Zollamt muss die Waren spätestens am ersten Arbeitstag nach dem Tag der Registrierung der Zollerklärung in ein angemeldetes Zollverfahren überführen. Das sind praktisch
zwei Tage, die er für die Prüfung der Unterlagen und die Durchführung von Kontrollen in
Anspruch nimmt. Für die Freigabe von Waren in das Zollverfahren des Exports gilt die Frist
von maximal vier Stunden, wenn die Waren keinen Exportzöllen unterliegen.
Die oben genannten Fristen können maximal zehn Tage nach einer Zustimmung seitens
der Zollleitung betragen, wenn die Zöllner aus erklärten Gründen längere Fristen für die
Zollkontrolle benötigen.
Risikomanagement
Die russischen Zöllner wie die europäischen wenden ein Risikomanagementsystem an, das
für die Auswahl der zu kontrollierenden Waren und (oder) Wirtschaftsbeteiligten eingesetzt
werden. In der Praxis kommt es häufiger vor, dass die Zollbehörden nach einer Prüfung der
Zollanmeldung auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit die Durchführung einer besonderen
Zollkontrolle veranlassen. Das System beinhaltet gegenwärtig annähernd 180 verschiedene
Risikoprofile, anhand derer die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos, dessen Höhe und
mögliche Auswirkungen ermittelt werden. Häufiger betroffen sind von Kontrolle bestimmte
Arten von Waren, die laut Zoll stärker von „grauen“ Importen gefährdet sind. Je nach Maß
der Zollkontrolle kann es Verzögerungen geben und (oder) dazu führen, dass zusätzliche
Dokumente angefragt werden. Daher ist es sehr wichtig, die Angaben bezüglich der Warennummer, Warenbezeichnung und des Warenwertes korrekt anzugeben und solche mit ausreichenden Unterlagen zu belegen.
Zusammengefasst werden die Waren dann in ein angemeldetes Zollverfahren übergeführt,
wenn:
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alle Lizenzen, Zertifikate, Genehmigungen und anderen notwendigen Dokumente
dem Zoll vorgelegt werden,
alle Bedingungen für die Überführung von Waren in ein bestimmtes Verfahren von
verantwortlichen Personen erfüllt sind,
der Zollschuldbetrag bezahlt bzw. eine Sicherheit geleistet wurde.
Die Richtigkeit der Angaben und das Einhalten der Fristen sind selbstverständlich die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zollanmeldung.