Adolph Kolping - berufskolleg.kbbw

Transcription

Adolph Kolping - berufskolleg.kbbw
Adolph Kolping - Berufskolleg
Schulprogramm
Leitwort
Die Geschäftsführung des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen begrüßt ausdrücklich die
Entwicklung des Schulprogramms des Adolph Kolping-Berufskollegs durch das
Lehrerkollegium unter Leitung des damaligen Schulleiters Herrn Euler und die Fortführung
des Programms durch die jetzige Schulleiterin Frau Juli-Kreitz.
Mit der Vorlage dieses Schulprogramms findet die seit mehreren Jahren sich vollziehende
Differenzierung der Arbeit im Adolph Kolping-Berufskolleg einen dokumentationsfähigen
Abschluss im Sinne eines Zwischenstandes. Die Veränderung des Zielkreises durch die
Aufnahme von Jugendlichen mit emotional-sozialem Förderbedarf neben Lernbehinderten,
die Aufnahme von extern (außerhalb des Kolping-Berufsbildungswerkes) ausgebildeten
Rehabilitanden sowie die Aktualisierung des pädagogischen Auftrages kennzeichnen wichtige
Stationen der Entwicklung der 1983 als Ersatzschule in freier Trägerschaft gegründeten
Berufsschule des Kolping-Berufsbildungswerkes.
So ist es nur folgerichtig, wenn mit dem nunmehr vorgelegten Schulprogramm die umfangreiche differenzierte Arbeit des Adolph Kolping-Berufskollegs dargestellt wird. Als zentraler
Eckwert ist aus dem gesamtpädagogischen Konzept der privaten Förderschule im berufsbildenden Bereich die Nutzung des Entwicklungstherapeutischen Lernziel-Diagnosebogens
(ELDiB) gemeinsam mit den sonstigen Fachkräften des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen
dargestellt. Als integrierter Bestandteil des Kolping-Berufsbildungswerkes ist mit der
unmittelbaren Nähe des Adolph Kolping-Berufskollegs im Berufsbildungswerk auch eine
tägliche Verzahnung der Arbeit im Schulsektor mit den anderen Säulen des
Berufsbildungswerkes (Internat, Ausbildung, Ausbildungsbegleitender Dienst, Verwaltung,
zentrale Versorgung) gegeben.
Das Adolph Kolping-Berufskolleg bietet im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes den
berufsschulischen Teil des dualen Ausbildungssystems an. So ist es einerseits eingebunden in
das gesamtpädagogische Arbeiten des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen, erfährt andererseits eine typische Ausprägung als Förderschule im berufsbildenden Bereich, wie auch das
vorgelegte Schulprogramm deutlich macht.
Die Gesellschafterversammlung des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen hat das vorgelegte
Schulprogramm am 18.06.02 verabschiedet. Eine Modifizierung erfolgte im Jahre 2006. Die
Geschäftsführer wünschen, dass dieses Schulprogramm eine lebendige Grundlage der Arbeit
des Adolph Kolping-Berufskollegs bleibt. Dies bedeutet, dass nicht ein auf Jahre hin
festgeschriebenes unantastbares Regelwerk entsteht, sondern ein lebendiges, sich stets am
konkreten Menschen orientierendes Programm vorhanden ist.
Dabei kommt den Vermittlern, d. h. den Pädagogen, die das Schulprogramm umsetzen, große
Bedeutung zu. Mit Menschen zu arbeiten, heißt sich selbst als Mensch / Pädagoge in diesen
ganzheitlichen Prozess einzubringen.
„Wer Menschen gewinnen will, der muss sein Herz zum Pfande setzen!“ (Adolph Kolping)
Essen, 01.08.06
Haska
Gesamtleiter/Geschäftsführer
Schröder
Geschäftsführer
2
Schulprogramm
Inhalt
Vorwort
Seite
4
1. Das Adolph Kolping-Berufskolleg im Kolping-Berufsbildungswerk
1.1 Aufgaben und Ziele des Adolph Kolping-Berufskollegs
1.2 Der Schüler – unser Kunde
1.3 Unsere Schule als förderliche Lernumgebung
1.4 Ganzheitliche Förderung durch schulübergreifende Kooperation
5
6
7
9
10
2. Die Aufnahme als Schüler /Schülerin im Adolph Kolping-Berufskolleg
12
3. Die Pädagogische Arbeit
3.1 Methodik
3.2 Steuerung nach innen (innere Differenzierung)
3.3 Steuerung nach außen
13
13
16
17
4. Evaluation
4.1 Der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen (ELDiB)
4.2 Kollegiale Fallberatung/Supervision
17
18
21
5. Kontinuierlicher Verbesserungsprozess durch lebenslanges Lernen
21
6. Perspektiven
21
Literatur
24
3
Schulprogramm
Vorwort
Das Adolph Kolping – Berufskolleg ist eine Förderschule im berufsbildenden Bereich in der
Trägerschaft des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen und damit integrierter Bestandteil des
Berufsbildungswerkes.
Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in der freien Wirtschaft gescheitert sind oder die
dort keine Chance haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, eröffnet das KolpingBerufsbildungswerk die Möglichkeit einer fundierten Ausbildung in 19 verschiedenen
Berufen, mit den dazu gehörenden Abschlüssen vor den entsprechenden Kammern.
Das Adolph Kolping – Berufskolleg bietet in diesem ganzheitlichen Konzept den
berufsschulischen Teil des dualen Ausbildungssystems.
Unser Schulprogramm ist im Jahr 2002 vom gesamten Kollegium und dem damaligen Schulleiter, Herrn Euler, mit viel Engagement erarbeitet worden.
Professionelle Unterstützung erhielten wir durch Frau Dr. Rüßmann-Stöhr, der unser ganz
besonderer Dank gilt.
Mit unserem Schulprogramm dokumentieren wir unsere grundsätzlichen Positionen in Bezug
auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag unserer Schule.
Arbeitsvorgänge und -abläufe werden darin analysiert und strukturiert und es schafft
verlässliche Rahmenbedingungen für unsere tägliche Arbeit.
Dieses Schulprogramm beschreibt jedoch nicht nur den Status quo. Auch Entwicklungsnotwendigkeiten werden gesehen und erörtert.
Seit seiner Verabschiedung im Juni 2002 hat dieses Schulprogramm dazu beigetragen, die
individuelle Förderung unserer Schüler und Schülerinnen zu optimieren. Zahlreiche Kollegen
und Kolleginnen haben durch Zusatzausbildung, Fort- und Weiterbildung ihre
Fachkompetenz erhöht und befruchten durch innovative Ideen die gemeinsame Arbeit .
Aus der Erkenntnis heraus, dass Visionen nicht Visionen bleiben müssen und Pläne und
Strategien ihre Früchte tragen, werden wir auch künftig diesen Prozess der Schulentwicklung
zum Wohle unserer Schülerschaft in gemeinsamer Anstrengung vorantreiben.
Essen, den 01.08.06
(Juli-Kreitz)
Schulleiterin
4
Schulprogramm
1. Das Adolph Kolping-Berufskolleg im Kolping-Berufsbildungswerk
Das Adolph Kolping-Berufskolleg Essen ist seit dem 24. August 1983 eine Ersatzschule in
freier Trägerschaft und integrierter Bestandteil des Kolping-Berufsbildungswerks Essen mit
den weiteren Bereichen Ausbildung, Internat, sozialpädagogischer, psychologischer und
medizinischer Dienst. Die Grundidee des Berufsbildungswerks basiert im wesentlichen auf
dem Menschenbild Adolph Kolpings, dessen Ziel es war, „den Handwerkern religiöse und
sittliche Hilfen zu geben und ihren Anspruch auf soziale Gerechtigkeit zu unterstützen“. In
diesem Sinne bemüht sich das Berufsbildungswerk seit dem 1. August 1980 um die
Entwicklung und Realisation von Eingliederungshilfen für lernbehinderte junge Menschen.
Annahme des Menschen, Nächstenliebe sowie bedingungslose Akzeptanz des Gegenübers
sind dabei unsere Grundpfeiler.
Das Kolping-Berufsbildungswerk Essen bietet die berufliche Erstausbildung von jungen
Menschen an. Dabei stehen folgende Berufe zur Wahl:
• Metallbauer/in
• Metallbearbeiter/in
• Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik
• Bauten- und Objektbeschichter/in
• Maler/in und Lackierer/in
• Holzbearbeiter/in
• Tischler/in
• Hauswirtschafter/in
• Hauswirtschaftshelfer/in
• Beikoch/Beiköchin
• Koch/Köchin
• Friseur/in
• Modenäher/in
• Modeschneider/in
• Verkäufer/in
• Verkaufshelfer/in
• Hauswartsgehilfe/in
• Fahrzeugpfleger/in
• Kfz-Servicemechaniker/in
Der Kreis der zu fördernden Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde im Laufe der Zeit
erweitert. Neben dem Förderschwerpunkt Lernen werden seit dem 1. August 1999 auch
Jugendliche und junge Erwachsene ausgebildet, die dem Förderschwerpunkt emotionale und
soziale Entwicklung zuzurechnen sind.
Durch die Integration des Adolph Kolping-Berufskollegs in das Kolping-Berufsbildungswerk
Essen erhalten die Teilnehmer/innen in besonderem Maße Möglichkeiten zur
Selbstverwirklichung,
sinnvollen
Lebensbewältigung,
der
Übernahme
von
Selbstverantwortung und Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit: „Ich selbst kann mein Leben
in die Hand nehmen, ich trage für mich Verantwortung“.
Das Adolph Kolping-Berufskolleg steht nicht nur den jungen Menschen, die ihre Ausbildung
im Kolping-Berufsbildungswerk in den genannten Ausbildungsberufen absolvieren, als
schulische Bildungs- und Erziehungsanstalt offen, sondern seit Beginn des Schuljahres
1999/2000 auch Teilnehmern, die in der freien Wirtschaft einen Ausbildungsvertrag
abgeschlossen haben und dort den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren.
5
Schulprogramm
1.1 Aufgaben und Ziele des Adolph Kolping-Berufskollegs
Der Auftrag des Adolph Kolping-Berufskollegs ist einerseits der eines Kollegs, zum anderen
aber auch der einer Schule für sonderpädagogischen Förderbedarf. Somit hat die Schule
einerseits ihren Ort im Rahmen des Systems der Berufsausbildung, zum anderen ist ihr
Arbeitsfeld bezogen auf eine eng umgrenzte Zielgruppe von Schülern.
Aus der Aufgabenstellung der Berufsausbildung im dualen System ergeben sich für die
Förderschule im berufsbildenden Bereich besondere pädagogische Aufgaben und Ziele. Aus
der Aufgabe, lern- und entwicklungsverzögerte Jugendliche und junge Erwachsene beruflich
zu bilden und zu erziehen, folgt, dass unser Berufskolleg den Lern- und
Entwicklungsstörungen der jungen Menschen in besonderem Maße Rechnung trägt.
Bildungsauftrag
Als Berufskolleg ergibt sich der Auftrag des Adolph Kolping-Berufskollegs aus den
Aufgabenbeschreibungen, wie sie durch die Schulgesetze des Landes NRW gegeben sind.
Diese werden zum einen dadurch erfüllt, dass der erfolgreiche Besuch der Bildungsgänge
nach § 5 BBiG / § 25 HWO und nach § 66 BBiG / § 42 HWO mit dem Berufskollegabschluss
endet. Bei Erfüllung entsprechender Bedingungen ist der Berufskollegabschluss gleichwertig
mit der Zuerkennung allgemeinbildender Abschlüsse der Sekundarstufe I und der
Sekundarstufe II. Die Abschlüsse im Berufskolleg werden dabei unabhängig vom
Berufsabschluss zuerkannt.
Als Förderschule mit den Förderschwerpunkten Lernen und emotionale und soziale
Entwicklung berücksichtigen wir zum anderen besonders die Belange dieser behinderten
Schüler. Das Adolph Kolping-Berufskolleg vermittelt die für die Berufsausbildung
erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse und vertieft die in den Werkstätten vermittelten
fachpraktischen Kenntnisse und Fertigkeiten. Dabei entwickeln wir aufgrund der besonderen
Förderbedürfnisse der Teilnehmer/innen spezifische Bildungs- und Erziehungskonzeptionen,
die didaktisch/methodisch fortgeschrieben werden. Dazu gehört die Vermittlung von
Qualifikationen, Erziehung und Bildung im Rahmen von Rehabilitation und das Erreichen
eines möglichst hohen Bildungsstandes. Neben dem berufsbezogenen Unterricht, der auf dem
jeweiligen Berufsfeld basiert, nimmt der Unterricht im berufsübergreifenden Bereich einen
wichtigen Raum ein.
Der Bildungsauftrag des Adolph Kolping-Berufskollegs umfasst die individuelle Förderung
der Schüler durch eine flexible und durchlässige Gestaltung der Bildungsgänge. In Anlehnung
an die Zielbestimmungen, die sich aus den Schulgesetzen des Landes NRW auch in
Verbindung mit den Vorgaben der Rahmenlehrpläne der Kultusministerkonferenz ergeben,
gelten für die Didaktik der Förderschule im berufsbildenden Bereich folgende
Orientierungspunkte:
•
•
•
berufliche (Grund- und Fach-) Bildung mit der Befähigung zur Weiterbildung,
erweiterte allgemeine Bildung (besonders bezogen auf außerberufliche Situationen),
Urteils-, Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit.
Diese werden im didaktischen Leitbegriff der Entwicklung von Handlungskompetenz als das
umfassende Ziel beruflicher Qualifizierung zusammengeführt.
6
Schulprogramm
Erziehungsauftrag
Neben dem Bildungsauftrag hat das Adolph Kolping-Berufskolleg einen erzieherischen
Auftrag zu erfüllen. Die Teilnehmer/innen werden in ihrem Handeln und ihrer Haltung
gegenüber anderen gefördert, werden in das Leben so eingebunden, dass sie lernen,
Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen aus ihrem Tun zu ziehen.
Darüber hinaus gilt es, den Teilnehmern beziehungsorientierte Hilfe anzubieten, mit ihnen
situationsangemessenes Verhalten einzuüben. Sachbezogen miteinander reden,
partnerschaftlich miteinander arbeiten und umgehen lernen, sich gegenseitig helfen,
Fehlverhalten erkennen und ändern sind dabei zentrale Erziehungsziele.
Schlüsselqualifikationen
In
der
gegenwärtigen
Ausbildungssituation
kommt
der
Vermittlung
von
Schlüsselqualifikationen verstärkt Bedeutung zu. Sie werden von Betrieben gefordert, sind
Bestandteil von Ausbildungsordnungen, lassen sich als „Entwicklung von
Handlungskompetenz“ in entsprechenden Richtlinien finden (vgl. u.a. Richtlinien industrielle
Metallberufe 1991, S. 16), und sie bestimmen in starkem Maße die Bildungsplanung der
Länder.
Eine gängige Untergliederung von Schlüsselqualifikationen ist die Aufteilung in Fach-,
Methoden-, Personal- und Sozialkompetenz. Damit sind Schlüsselqualifikationen im Sinne
von Berufsqualifikationen als Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen zu verstehen, die
über einen langen Zeitraum verwertbar sind und der Bewältigung veränderbarer und sich
verändernder beruflicher Anforderungssituationen dienen.
Das Konzept der Schlüsselqualifikationen ist in idealer Weise geeignet, den alten Gegensatz
von Berufsbildung und Persönlichkeitsbildung aufzuheben. Integriert in die entsprechenden
Lernarrangements wird eigenverantwortliches Handeln der Auszubildenden möglich, indem
sie Raum für eigene Entscheidungen und Problemlösungen erhalten. Um den Auszubildenden
Entwicklungsfreiräume zu schaffen, sind deren Eingangsvoraussetzungen besonders zu
berücksichtigen.
Nicht nur den Möglichkeiten zur Entwicklung einer Fach- und Methodenkompetenz schenken
wir hierbei besondere Beachtung, sondern auch und vor allem den Entwicklungs- und
Fördermöglichkeiten von Personal- und Sozialkompetenz. Der überwiegende Teil unserer
Jugendlichen weist eklatante Defizite im Bereich personaler und sozialer Verhaltensweisen
auf, so dass für uns die Förderung von Personal- und Sozialkompetenz integrale
Rehabilitationsziele darstellen, für deren Erreichung wir alle personellen, pädagogischen und
organisatorischen Voraussetzungen schaffen.
1.2 Der Schüler – unser Kunde
Gesellschaft
Schüler
Lehrer, Ausbilder, Ausbildungs-, Erziehungsberechtigte
begleitender Dienst, Internat
Betriebe
7
Schulprogramm
Akzeptanz
Voraussetzung für die Eingliederung der jungen Menschen in die Berufs- und Arbeitswelt
sowie in die Gesellschaft ist ihre menschliche Annahme und Wertschätzung. Unsere
Einstellung zu den Schülern und Schülerinnen ist: Ein Schüler ist ein Mensch, der mit seinen
Bedürfnissen zu uns kommt. Er ist die wichtigste Person in unserer Schule. Der Schüler hängt
nicht von uns ab, sondern wir von ihm. Wir sind erfolgreich, weil wir den Schüler als unseren
wichtigsten Partner betrachten.
Die wenigsten unserer Schüler verfügen über ein positives Selbstkonzept als Resultat eines
identitätsstabilisierenden Sozialisationsprozesses, so dass wir nicht auf Fähigkeiten,
Einstellungen, Bereitschaften und Haltungen aufbauen können, die „normalerweise“
vorausgesetzt
werden
können.
Das
bedeutet
für
uns
zunächst
einmal
Persönlichkeitsstabilisierung und anschließend Persönlichkeitsentwicklung.
Der Lehrer als Bezugsperson
Nicht die tradierte Rolle des dominanten Wissensvermittlers ist gefragt, sondern die des
Lernförderers. Wir beobachten die Lernprozesse unserer Schüler, ermutigen sie und leiten sie
an. Wir werden zu „Hintergrundlehrern“, die unauffällig, jedoch für die Lernarrangements
verantwortlich, agieren. Wir stoßen Lernprozesse an und unterstützen das Lernen durch
methodische und organisatorische Anregungen und durch eine Arbeitsatmosphäre, die durch
Empathie, Akzeptanz und Kongruenz gekennzeichnet ist. Wir sind von den Fähigkeiten
unserer Schüler überzeugt und lassen auch zu, dass diese andere als von uns geplante Wege,
Inhalte und Ziele wählen.
Wir als wichtige Bezugsperson der Teilnehmer/innen leben vor, wie man verantwortlich,
partnerschaftlich, kooperativ miteinander umgeht und flexibel und dennoch planvoll auf
Anforderungen reagieren kann. Dazu gehört auch, dass die Schüler und Schülerinnen als
Subjekte, als Partner wahr- und ernst genommen werden und nicht nur Objekte unserer
pädagogischen Bemühungen darstellen. Alle Schlüsselqualifikationen, alle Kompetenzen, die
den Schülern glaubhaft vermittelt werden sollen, sind bei uns Lehrern vorhanden. „Das
wichtigste Curriculum des Lehrers ist seine eigene Person.“
Prinzipien
Um diese Aufgaben zu verwirklichen,
Berufsbildungswerk folgende Prinzipien:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
berücksichtigt
das
Adolph
Kolping-
Einhaltung von Erziehungsmaximen des Grundgesetzes, der relevanten Bestimmungen
der Landesverfassung, der schulfachlichen, schulrechtlichen und zusätzlichen
Verwaltungsauflagen des Kultusministeriums und des Trägers;
nach Ausbildungsberufen und Ausbildungslehrgängen gegliederte Lerngruppenbildung;
ständige Beachtung der Erlebnisebene der jungen Menschen;
Zuwendung und Konsequenz;
Beobachtung, Analyse, Auswertung und Interpretation der individuellen Förderkonzepte
der jungen Menschen hinsichtlich ihrer Lernvoraussetzungen und Lernfortschritte;
Vermittlung von Einsichten in komplexe Tätigkeiten, Entfaltung von Fähigkeiten und
Fertigkeiten zur Bewältigung berufsbezogener und gesellschaftlicher Anforderungen;
personenbezogene Verbindung berufsbezogener allgemeiner Lerninhalte;
ständige Zusammenarbeit mit allen an der Rehabilitation Beteiligten;
verpflichtende Teilnahme der in diesem Bereich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen interner wie externer Art zur Optimierung und
flexiblen Handhabung von Inhalten, Didaktik und Methodik.
8
Schulprogramm
1.3 Unsere Schule als förderliche Lernumgebung
Organisation des Unterrichts
Die Jahrgangsstufen-Fachklassen bilden eine für den Schüler sozioemotional überschaubare
Gruppe. Im Durchschnitt sind dies neun Teilnehmer/innen mit einem relativ unterschiedlichen
Leistungs- und Verhaltensprofil. Ein entscheidendes pädagogisch-psychologisches Moment
ist, dass die Klassen schwerpunktmäßig nach Berufen zusammengestellt werden.
Der Unterricht erfolgt in der Regel an zwei Berufsschultagen mit maximal sechs
Schulstunden. Die Schul- und Pausenzeiten sind so auf die Ausbildung abgestimmt, dass
keine unnötigen zeitlichen Vakanzen für die Lerngruppen entstehen.
Räumlichkeiten
Das Schulgebäude, die Anlage der Klassenräume sowie die Medienausstattung unterstützen
die Erreichung unserer pädagogischen Ziele.
Das Gebäude ist übersichtlich gegliedert: Im Erdgeschoss befinden sich das Schulsekretariat,
das Büro der Schulleitung und das Lehrerzimmer, so dass wichtige Ansprechpartner schnell
erreichbar sind, um Fragen und Probleme direkt zu lösen.
Sowohl das Schulleiterbüro als auch das Lehrerzimmer werden darüber hinaus als Orte der
Begegnung von Schülern und Mitarbeitern genutzt. Sie sind Anlaufpunkte für alle Mitarbeiter
und Jugendlichen, um möglichst zeitnah Lösungen für organisatorische oder pädagogische
Probleme zu finden. Ein hausinternes Telefon im Lehrerzimmer gewährleistet in
Problemsituationen den sofortigen Kontakt mit den Mitarbeitern der Ausbildung, des
Internats, den Ausbildungsbegleitenden Diensten und des medizinischen Dienstes.
Im Berufskolleg gibt es sieben Klassenräume, fünf davon mit Nebenraum. Weiterhin stehen
Unterweisungsräume der Ausbildung zur Verfügung, so dass 16 Klassen parallel unterrichtet
werden können. Die Räume sind so ausgestattet, dass in ihnen aktives, soziales und
selbstverantwortliches Lernen möglich ist.
Sämtliche Räume verfügen über Einzeltische, Schränke für Arbeitsmaterialien,
Informationstafeln, Wandtafeln, Kartenständer, Projektionstafeln, Antennenanschlüsse,
Waschtisch, OH-Projektor.
Die Größe der Räume ist so ausgelegt, dass die von der BASS (Bereinigte Amtliche
Sammlung der Schulverwaltungsvorschriften) geforderten Klassenfrequenzen von 16
Schülern problemlos beschult werden können. Alle Räume sind hell, freundlich und sauber.
Die einzelnen Lerngruppen werden möglichst immer in dem selben Raum unterrichtet, damit
die Jugendlichen den Raum mit gestalten und somit auch die Lernatmosphäre eigenständig
mit bestimmen können.
Lernmittel
Zur Unterstützung eines methodisch vielfältigen und schülerorientierten Unterrichts stehen
neben den klassischen Lernmitteln verschiedene Medien zur Verfügung: Videogeräte,
fachspezifische Unterrichtsmaterialien, Filme, Dias, Tonbänder, Audiokassetten,
Filmprojektor, Videokamera und Beamer, Kopierer, Lehrerbibliothek.
Besonderes Gewicht legen wir auf den Umgang mit Computern. Um den Teilnehmern diesen
zu vermitteln, gibt es einen PC-Arbeitsraum, der mit 12 vernetzten Arbeitseinheiten mit
Internetzugang ausgestattet ist. So ist im Stundenplan das Fach Informatik fest integriert. Für
den Einstieg in die „Internet-Welt“ sind im Lehrerzimmer zwei Internetarbeitsplätze fest
installiert, die von den Schülern im Rahmen von „Schulen ans Netz“ genutzt werden können.
Mehrere DVD-Recorder stehen zur Verfügung.
9
Schulprogramm
Darüber hinaus haben wir ein hauseigenes Internet-Café für Schüler/innen und
Mitarbeiter/innen.
1.4 Ganzheitliche Förderung durch schulübergreifende Kooperation
Die räumliche Nähe von Schule und Ausbildungsbereich begünstigt eine enge
Zusammenarbeit
dieser
beiden
Säulen
der
Berufsausbildung.
Durch
den
ausbildungsbegleitenden Dienst, d.h. sozialpädagogische und psychologische Betreuung
sowie durch Internat und Verwaltung besteht ein weitgespannter Bezugsrahmen, der eine
ganzheitliche Förderung des Schülers/der Schülerin ermöglicht. Organisatorisch findet dieses
Beziehungsgeflecht seinen Ausdruck in verschiedenen Gremien, etwa im Aufnahmeteam und
im Reha-Team.
Ein wichtiger Baustein für unseren pädagogischen Erfolg ist die Kooperation mit den
Erziehungsberechtigten.
Ausbildung
Berufskolleg und Ausbildung sind durch Bildungsgangkonferenzen miteinander verknüpft.
Die Abstimmung von Ausbildungsordnungen für die betriebliche Berufsausbildung und von
Rahmenlehrplänen für den Berufsschulunterricht trägt dieser Notwendigkeit Rechnung. Durch
inhaltliche und zeitliche Gliederung der Ausbildungs- und Stoffverteilungspläne im
jeweiligen Berufsfeld ist die Einheit von Theorie und Praxis gesichert.
Ausbildungsbegleitender Dienst
Neben den schulischen Hilfen stehen den Teilnehmern die Fachkräfte des
ausbildungsbegleitenden Dienstes für zusätzliche Fördermaßnahmen zur Verfügung. Dieser
zeichnet sich durch eine noch stärkere Individualisierung aus. Individualisierung bedeutet
hierbei Arbeit mit Kleingruppen oder Einzelpersonen. So können im engeren Kontakt mit den
Teilnehmern - z.B. bei den regelmäßig stattfindenden Lernabenden – effektiver die
Leistungsdefizite/-störungen beseitigt werden. Weitere Fördermaßnahmen sind u.a.
Konzentrationstraining, Autogenes Training, Lese-Rechtschreibkurse, Kommunikations- und
Sprachtraining (Logopädie), Konflikttraining.
Die sozialpädagogische Hilfe und Begleitung ist unentbehrlich, wenn Teilnehmer/innen nicht
problemfrei mit Schule umgehen können. Die besonderen sozialen und emotionalen Defizite
bzw. Einschränkungen machen eine intensive Förderung durch den sozialpädagogischen
Fachdienst unverzichtbar. Alle zu treffenden Maßnahmen werden mit dem Berufskolleg
abgestimmt.
Der psychologische Dienst dient primär der inhaltlichen Abstimmung besonderer
pädagogischer und psychologischer Interventionen. Lehrer und Mitarbeiter des
psychologischen Dienstes arbeiten in Form der ausbildungs- und unterrichtsbegleitenden
Dienste zusammen. Gemeinsam wird über erforderliche psychodiagnostische Verfahren und therapeutische Methoden entschieden.
Aufnahmeteam
Gemeinsam mit dem Ausbildungsbegleitenden Dienst, der Ausbildung, dem Internat sowie
dem Berufsberater wirkt ein Vertreter des Berufskollegs bei der Aufnahme der Teilnehmer/in
in das Kolping-Berufsbildungswerk Essen mit. Das Team entscheidet auch über besondere
pädagogische Interventionen.
10
Schulprogramm
Reha-Team
Das Reha-Team besteht aus den direkten Betreuern des Teilnehmers: dem Klassenlehrer, dem
Ausbilder und dem Erzieher. Im Reha-Team erfolgt die Diagnose des individuellen
Entwicklungsstandes des Teilnehmers, der jeweiligen behinderungsspezifischen Eigenarten
und der Einschätzung der spezifischen Entfaltungs- und Leistungsmöglichkeiten, woraus die
entsprechenden sonderpädagogischen Hilfen resultieren. In festen Abständen (4 Monate)
erfolgt eine Überprüfung und Neufestsetzung der Entwicklungsziele. Ein Instrumentarium
hierfür stellt der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose Bogen dar.
Erziehungsberechtigte
Unterstützung auf dem Weg zur Berufsausbildung und gesellschaftlichen Eingliederung bietet
die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten. Sie werden in das Geschehen
einbezogen, es findet ein Informationsaustausch statt und es sind Elternsprechtage
eingerichtet.
Kammern – Prüfungen
Eine gute Zusammenarbeit besteht mit den Innungen der Kreishandwerkerschaft, der
Landwirtschaftskammer sowie der Industrie- und Handelskammer Essen. Durch regelmäßige
Kontakte ist es möglich, den Berufsbildungsausschüssen die pädagogischen Probleme in der
Arbeit mit Behinderten so zu verdeutlichen, dass bei der Planung und Abwicklung von
Prüfungen die Belange der Behinderten akzeptiert werden. Dazu trägt auch bei, dass
Mitglieder des Kollegiums in diversen Prüfungsausschüssen mitarbeiten und bei Prüfungen
hospitieren.
Erfahrungsaustausch mit anderen Berufskollegs
Zur Strukturierung und Beschreibung von Lernfeldern, zur Erörterung von Lern- und
Entwicklungsaufgaben, zur Planung konkreter Lernarrangements und zu Hospitationen treffen
sich die Lehrer des Adolph Kolping-Berufskollegs regelmäßig mit Kollegen anderer
Berufsbildungswerke.
Ergänzende Bildungsangebote
Gruppenfahrten
(Niederlande),
Fahrten
zur
politischen
Bildung
(Berlin),
Prüfungsvorbereitungsfahrten (z.B. Münster, Trier), Schüleraustausch (Italien) unter der
Beteiligung von Lehrern und Mitarbeitern der anderen Bereiche setzen gruppendynamische
Prozesse in Gang, die den einzelnen Teilnehmer befähigen sollen, seine Rolle im Rahmen der
Lerngruppe und gegenüber den für seine Ausbildung Verantwortlichen zu definieren.
Nachbetreuung
Vom Adolph Kolping-Berufskolleg wird der Übergangsprozess „Ausbildung – Arbeitsleben“
begleitet. In Zusammenarbeit der Reha-Teams mit dem Sozialen Dienst des Hauses werden
konkrete Maßnahmen einer Einzelfallhilfe für in Betracht kommende Teilnehmer/innen
festgelegt.
Dabei finden Fragen und Problemstellungen wie Wohnung und Arbeitsplatzsuche bzw. deren
Sicherung sowie persönliche und soziale Aspekte Berücksichtigung.
Die nachgehende Betreuung ist zeitlich sowohl im letzten halben Jahr vor
Ausbildungsabschluss als auch in einem Zeitraum von 4 bis 6 Monaten nach
Ausbildungsende angesetzt.
11
Schulprogramm
2. Die Aufnahme als Schüler/Schülerin im Adolph Kolping-Berufskolleg
Die Rechtsgrundlage für die Aufnahme in das Adolph Kolping-Berufskolleg ist die
Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für
Kranke (AO-SF) vom 27.04.2005.
Unabhängig von der Aufnahme in das Kolping-Berufsbildungswerk und dem Abschluss eines
Ausbildungsvertrages ist seitens des Berufskollegs die Feststellung des sonderpädagogischen
Förderbedarfs einschließlich der Förderortbestimmung erforderlich. Dieses Verfahren wird
innerhalb der ersten drei Monate nach Aufnahme des Teilnehmers durchgeführt.
Da die aufzunehmenden Schüler/Schülerinnen des Adolph Kolping-Berufskollegs
unterschiedliche Abgangs- bzw. Abschlusszeugnisse haben, lassen sich folgende vier
Gruppen unterscheiden
Gruppe 3
Gruppen 1 und 2
Zeugnis Förderschule
Zeugnis Hauptschule
Antrag auf Fortführung
des sonderpäd. Förderbedarfs
nach AO-SF § 17 (1)
Antrag auf Feststellung des
sonderpäd. Förderbedarfs
nach AO-SF § 17 (2)
ELDiB (Reha-Team)
ELDiB (Reha-Team)
ELDiB (Reha-Team)
Gutachten Klassenlehrer
Gutachten Klassenlehrer
Vorschlag der Förderung
von Berufs- und Sonderpädagogen
Vorschlag
Sonderpädagoge
Sonderberufsschule
schlägt Förderort
und Förderbedarf
„Lernen“ vor
Gruppe 4
Zeugnis Förderschule
Antrag auf Fortführung des
sonderpäd. Förderbedarfs
nach AO-SF § 17 (1)
Bezirksregierung entscheidet
über den Förderschwerpunkt
und Förderort
„Lernen“
LE nach AO-SF § 5(1)
„Emotionale u. soziale Entwicklung“
ES nach AO-SF § 5(3) und § 10
12
Schulprogramm
3. Die Pädagogische Arbeit
Im Kolping-Berufsbildungswerk wurde 1997 für die Erstellung eines individuellen
Förderplans die Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik (ETEP) eingeführt. Diese ist
ein pädagogisches Programm zur Förderung von Kindern und Jugendlichen mit
Verhaltensproblemen bis hin zu gravierenden Verhaltensbehinderungen. Das pädagogische
Programm geht von den vorhandenen Stärken und Ressourcen des Teilnehmers aus und baut
die sozial-emotionalen Fähigkeiten zielgerichtet aus. Grundlage der Entwicklungspädagogik
ist die Kombination von behavioristischen und psychodynamischen Theorien zur
menschlichen Entwicklung.
3.1 Methodik
Unser handlungsorientierter Unterricht verläuft zielgerichtet. Die Ziele sind den Schülern
transparent und entsprechen möglichst ihrer Interessenlage. Die Handlungssituationen weisen
Realitätsbezug auf und orientieren sich an der Lebenswelt der Schüler, wobei
Handlungszusammenhänge deutlich werden und es nicht bei einer isolierten Erarbeitung von
Einzelaspekten bleibt.
Handlungsorientiertes Lernen ist exemplarisches Lernen an Lerngegenständen, die für
berufliches und privates Handeln grundlegende Bedeutung haben. Ebenso wichtig ist uns die
gemeinsame Arbeit unter Einbeziehung möglichst vieler Sinne in größtmöglicher
Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit zur Förderung von Kooperation,
Kommunikation und Selbständigkeit. Das Ziel stellt möglichst ein konkretes Produkt dar (mit
Gebrauchs- oder Mitteilungswert), das im Hinblick auf die Zielvorstellungen bewertbar, in
seiner Bedeutung analysierbar ist und im Idealfall innovativen Charakter hat. D.h. unser
handlungsorientierter Unterricht bleibt nicht tradierten Handlungs- und Deutungsmustern
verhaftet, sondern ermöglicht durch Einbeziehung individueller Varianten und Alternativen
die Gestaltung und Veränderung von Umwelt.
Indem wir auf diesem Weg Handeln zum Lernprinzip erheben, eröffnen sich Möglichkeiten
zur Förderung fachlicher, methodischer, sozialer und personaler Schlüsselqualifikationen, die
letztlich berufliche Handlungskompetenz ausmachen.
Bei der Auswahl der Unterrichtsmethoden dominieren auftrags- und zielbezogen
teilnehmeraktivierende, teilnehmerorientierte und kommunikationsfördernde Verfahren wie
z.B. Rollen- und Planspiele, Fallbeispiel, Fallstudie, projektorientierte Verfahren.
In diesen authentischen (z.B. Projekt), simulierten (z.B. Rollen- und Planspiel) und
symbolisch repräsentierten (z.B. Fallbeispiel, Fallstudie) Handlungssituationen steht der
Lernende im Mittelpunkt der Lernprozesse und kann aktiv und reflexiv den eigenen
Lernprozess mitgestalten.
Rollen- und Planspiele dienen insbesondere der Entwicklung von Problemlösungsstrategien
und vollständigen Handlungsplänen, fördern Kreativität und Selbsttätigkeit und schulen
Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Sie ermöglichen auch ein für unsere
Zielgruppe sehr wichtiges, zeitnahes Feedback und können darüber hinaus ein verhaltensmodifikatorisches Medium darstellen, durch das unangemessene soziale und emotionale
Reaktionen abgebaut und sinnvolle Alternativreaktionen entwickelt und gefestigt werden. So
werden im Rollenspiel die Spielinhalte aus allen Beziehungsfeldern, mit denen die
Teilnehmer/innen im Laufe ihres Lebens in Berührung gekommen sind oder voraussichtlich
kommen werden (Elternhaus, Freundeskreis, Schule, Arbeit ...) nachempfunden.
Es werden die Möglichkeiten des Sicheinfühlens in andere Rollen und Erwartungen (Rolle
des Ausbilders, Arbeitskollegen, Lehrers, Betriebsinhabers...) genutzt, wodurch die
Teilnehmer/innen in die Lage versetzt werden, Verhaltensweisen anderer Personen zu
antizipieren und sich eigener Verhaltensweisen bewusst zu werden. Rollenspiele leisten damit
13
Schulprogramm
einen nicht geringen Beitrag zur Förderung personaler, sozial-kommunikativer Fähigkeiten
unserer Klientel.
Durch Einsatz von Fallbeispielen/Fallstudien werden die Lernenden mit realen Fällen bzw.
Beispielen, die auf der Grundlage realer Fälle konstruiert wurden, konfrontiert. Ausgehend
von einer Situation aus dem Alltags- oder Berufsleben müssen anhand von Tatsachen,
Ansichten und Meinungen Entscheidungen getroffen werden, die mit den tatsächlichen
Lösungen verglichen werden. Auf diese Weise werden kreatives, analytisches, beurteilendes
und bewertendes Denken geschult und Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit
gefördert.
Fallbeispiele und Fallstudien werden u.a. im Bereich Wirtschaftslehre/Politik verwendet. Hier
trifft man bei lernbeeinträchtigten Jugendlichen häufig nur auf ein rudimentär vorhandenes
Verständnis von wirtschaftspolitischen Zusammenhängen. Meinungen und Ansichten sind
häufig
von
Resignation
und
Hilflosigkeit
gegenüber
wirtschaftspolitischen
Entscheidungsträgern geprägt, und vielfach sehen Jugendliche auch keinen Bezug der zu
behandelnden Themen zu ihrer eigenen Lebenswirklichkeit. Hier bieten Fallbeispiele und studien mit ihrem Realitätsbezug den Schülern die Möglichkeit des selbständigen Entdeckens
von Regeln, Zusammenhängen, Erkenntnissen und Lösungen und qualifizieren die
Teilnehmer/innen somit für Handlungssituationen, in denen sie z.B. als Auszubildende,
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Produzenten und Produzentinnen, Konsumenten und
Konsumentinnen sowie Wirtschaftsbürger und –bürgerinnen stehen bzw. stehen werden.
Bei der Durchführung von Projekten wird der Schüler ganzheitlich angesprochen. Sowohl
kognitive als auch affektive und psychomotorische Lernbereiche finden Berücksichtigung,
wobei Zielsetzung, Planung, Durchführung und Auswertung der Projekte vorwiegend von den
Schülern selbst getragen werden. Die Projekte sind in der Regel interdisziplinär angelegt und
sind sowohl produkt- als auch prozessorientiert. Sie erfordern und fördern Eigentätigkeit und
selbständiges Lernen und bieten ein Optimum an Handlungsmöglichkeiten.
Projekte bieten uns ideale Möglichkeiten zur Verzahnung betriebspraktischer Ausbildung und
berufsschulischen Unterrichts. Sind die dabei zu überwindenden organisatorischen
Schwierigkeiten bei einer betrieblichen Ausbildung recht groß, so bietet das KolpingBerufsbildungswerk durch seine räumliche Nähe von Werkstätten und Berufsschule und der
daraus resultierenden stärkeren Kooperation gute Bedingungen zur Durchführung von
Projekten.
Die mit der Projektarbeit verfolgten Lernziele wie selbständige Planung, Durchführung und
Bewertung, Problemlösungsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft
sind darüber hinaus nahezu identisch mit entsprechenden Schlüsselqualifikationen, wodurch
deren Förderung durch Projektarbeit in idealer Weise erfolgen kann.
Da wir adressatengerecht Schlüsselqualifikationen fördernde Lernprozesse initiieren wollen,
greifen wir auch auf reformpädagogische Ansätze zurück. Zu nennen seien hier u.a. "Offener
Unterricht", "Freiarbeit" und "Wochenplan" als methodische und organisatorische
Teilmomente reformpädagogischer Konzeptionen der 20er Jahre. Allen Konzeptionen (z.B.
von Maria Montessori, Peter Petersen und Celestin Freinet) ist gemeinsam, dass sie den
Schülern einen Freiraum zu selbständiger Arbeit nach eigener Wahl, nach eigenem Rhythmus
und in freigewählten Sozialformen bieten.
So setzen wir z.B. die Freiarbeit ein als geeignetes Mittel, um Lernprozesse zu öffnen,
Schüler zu aktivieren und Lernen zu differenzieren. Sie intendiert eine Orientierung an
Inhalten und Erfahrungen aus der Welt der Lernenden, die entscheiden, was wann gelernt
wird, und impliziert veränderte Abläufe und Organisationsformen von Ausbildung und
14
Schulprogramm
Unterricht u.a. durch die Arbeit mit "Thematischen Landkarten", "Arbeits- und
Themenplänen" und "Lernkarteien".
Ein weiteres Verfahren, das im Hinblick auf die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen bei
uns breite Akzeptanz gewinnen konnte, ist die Leittextmethode. Diese schließt jedoch den
selbständigen Umgang mit schriftlichem Material ein, was lernbehinderte Jugendliche und
junge Erwachsene erfahrungsgemäß häufig vor Probleme stellt. Die zur Verfügung stehenden
Texte werden folglich von uns modifiziert und möglichst durch bildliche Darstellungen
ergänzt, um einen sinnvollen und erfolgreichen Einsatz zu ermöglichen und Unwillen,
Ablehnung und Frustration zu vermeiden.
Der psychomotorischen Entwicklung unserer Schüler und Schülerinnen wird im
Sportunterricht Rechnung getragen. Gemäß unseres Bildungs- und Erziehungsauftrags (siehe
Kapitel 1.1.) bildet eine ganzheitliche Sichtweise die Grundlage für unseren Sportunterricht.
Da sowohl die geistige als auch die emotionale Entwicklung eng an die motorische
Entwicklung gebunden ist, fördern wir über Bewegungs- und Wahrnehmungslernprozesse die
Persönlichkeit unserer Jugendlichen. Wir praktizieren eine Erziehung durch Bewegung und
nicht zur Bewegung und setzen damit einen Kontrapunkt zu einer vorwiegend funktionalen,
mechanistischen Betrachtungsweise von Motorik. Inhaltlich konzentrieren wir uns auf drei
Handlungsfelder der Psychomotorik:
Körper-Ich-Kompetenz
Identität körperlich erleben,
über den Körper zu einem positiven Selbstbild finden,
Gefühle körperlich ausdrücken lernen,
in Entspannung Affekte auflösen können etc.
Materiale Handlungskompetenz
den Körper um Hindernisse herum steuern können,
Geräte in verschiedenen Körperpositionen ausprobieren,
Material verändern, kombinieren und mit Material gestalten,
Versuch und Irrtumslösungen bei motorischen Schwierigkeiten erproben etc.
Soziale Handlungskompetenz
andere Menschen wahrnehmen,
sich in einer Gemeinschaft wohlfühlen lernen,
positive Beziehungen aufbauen,
andere respektieren und rücksichtsvoll sein,
Regeln einhalten,
Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln entwickeln,
Konflikte gewaltfrei lösen lernen etc.
Diese Handlungsfelder und deren Inhalte sind in der Praxis nicht zu trennen. Motorische,
affektive, soziale und kognitive Lernerfahrungen ergänzen und potenzieren sich und eröffnen
den Jugendlichen die Chance auf Besserung der eigenen Situation.
Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Bewegungsfähigkeit als auch im Hinblick auf
Verbesserung von Leistung und Verhalten und damit des Selbstwertgefühls und nicht zuletzt
der Integrationsfähigkeit auch schwieriger Schüler und Schülerinnen.
15
Schulprogramm
3.2 Steuerung nach innen (innere Differenzierung)
Neben der Methodenvielfalt ist die innere Differenzierung wesentlicher Bestandteil unserer
pädagogischen Arbeit.
Eine innere Differenzierung resultiert aus der Heterogenität der Lerngruppen, die sich in den
individuellen Leistungen stark unterscheiden. Dies gilt sowohl für das Sozialverhalten als
auch für die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zu kommunizieren und zu kooperieren. Durch eine
individuelle Förderung sollen Über- und Unterforderung im Unterricht vermieden werden, der
Ausgleich von Lerndefiziten erfolgen sowie Motivation bewirkt werden.
Die Unterstützung von Gruppenstrukturen und Gruppenbindungen, welche die unerlässliche
Voraussetzung für soziale Lernprozesse bilden, erhalten in diesem Zusammenhang ein
entscheidendes Gewicht.
Im direkten Zusammenhang mit der inneren Differenzierung steht die eingehende Diagnose
der Förderbedürfnisse. Mit Hilfe der Diagnose werden die Entwicklungsbausteine bei
lernbehinderten Jugendlichen, die besonderer Hilfen bedürfen, erkannt. An Hand der ELDiBKategorien "Verhalten, Kommunikation, Sozialisation und Kognition" sind die notwendigen
Voraussetzungen für jede spezifische Förderung der Auszubildenden geschaffen. Daraus
ergeben sich für jeden Schüler Förderziele, die wiederum Einfluss auf die innere
Differenzierung des Unterrichts haben.
Bereitstellung
unterschiedlicher
Unterrichtmethoden
Flexible Lernund
Fortschrittsgru
Lerngruppendifferenzierung
(durch wechselnde
Partner oder
Gruppen)
Angebotsdifferenzie
rung (Niveau der
Anforderung, Anzahl der Aufgaben)
Differenzierung
in der individuellen
Hilfe (Ausmaß und
Art pädagogischer
Hilfe)
Lerngruppen
16
Schulprogramm
3.3 Steuerung nach außen
Das Adolph Kolping-Berufskolleg steht mit gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen
Institutionen im regelmäßigen Dialog.
Wir verhindern einseitige Wahrnehmung gesellschaftlicher Realität, indem wir die vielen
Facetten gesellschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Wahrnehmungen in das
Unterrichtsgeschehen aufnehmen und so einen lebenspraktischen Rahmen für das
unterrichtliche Handeln ermöglichen. Durch die Kontakte zu unseren Dialogpartnern beugen
wir zudem sowohl einer Idealisierung als auch dem Verlust von persönlichen Zielen vor.
4. Evaluation
Schulaufsichtsbehörde
Kammern/
Prüfungsausschuß
Rahmenb.für
sondpädagogi-für
Rahmen
sches
sonderpädagogisches
Handeln
Mitarbeit bei
Prüfungsvorbereitung
Eltern
InformationsInformationsaustausch /
Zusammnenaraustausch/
Zusammenarbeit
Landtags-/
Kommunalpolitiker
Erfahrungsaustausch
zu
aktuellen
Themen
Adolph Kolping Berufskolleg
Andere BBW`s
Qualitätsmanagement
Verbund
Arbeitsagenturen
Berufsberatung
Seelsorgerische
Betreuung
Informationen
zu den Sozialversicherungen
Andere Institutionen
z.B.: Krankenkassen
Kirche
Evaluation ist die Sammlung, Verarbeitung und Interpretation von Informationen über
schulische Arbeit. Sie hat das Ziel, zu gesicherten Beschreibungen zu kommen, Bewertungen
nach klaren Kriterien durchzuführen und Entscheidungen über die Weiterentwicklung dieser
Arbeit zu treffen. Sie ist zusammen mit dem Schulprogramm ein zentrales Instrument von
Schulentwicklung und damit der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung. Evaluation
muss, wenn sie wirksam sein soll, ein alltägliches Element der schulischen Arbeit werden.
17
Schulprogramm
An unserem Berufskolleg werden verschiedene interne Evaluationsverfahren eingesetzt. Ein
zentrales Instrument ist der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen, mit dem
nach einer Erprobungsphase alle Reha-Teams arbeiten. Die kollegiale Fallberatung ist ein
weiteres, allerdings bei uns noch im Aufbau befindliches Evaluationsverfahren. Schließlich
sei noch das Verbal Interaction Category System aufgeführt, eine Methode zur Evaluation des
Unterrichtsgeschehens. Mit Hilfe von Beobachtungsprotokollen (siehe Anhang) können
Bedingungszusammenhänge des realisierten Unterrichtsverhaltens erkannt werden und
schließlich zu Verhaltensänderungen führen. Diese Evaluationsmethode steckt allerdings bei
uns noch in der Diskussions- und Erprobungsphase, vor allem hinsichtlich ihrer
Praktikabilität.
Eine externe Evaluation befindet sich im Aufbau. Es ist am Kolping-Berufsbildungswerk
Essen ein Qualitätsmanagementsystem eingerichtet. Unter Beteiligung des Berufskollegs gibt
es eine Qualitätsentwicklungsgruppe, und es ist ein Qualitätsbeauftragter benannt, der den
Evaluationsprozess begleitet.
4.1 Der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen (ELDiB)
Als ein wesentlicher Bestandteil zur Qualitätssicherung und hier insbesondere zur
Überprüfung erreichter Lern- und Erziehungsziele dient an unserem Berufskolleg der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen (ELDiB), der auf einem Stufenmodell
eines entwicklungstherapeutischen Curriculums basiert. Selbstevaluation durch die
Realisierung des ELDiB bezieht sich an unserem Berufskolleg somit auf folgende
grundlegende Bereiche:
•
die Qualität der Bildungs- und Erziehungsarbeit
•
die Wirksamkeit der Binnenorganisation, der Ressourcenentscheidungen und der
personellen Besetzung
•
die Funktionalität und Wirksamkeit der staatlichen Rahmenvorgabe.
Das entwicklungstherapeutische Modell des ELDiB impliziert so einen psychoedukativen
Ansatz, der an unserem Berufskolleg Entwicklungslernziele in den vier Bereichen Verhalten,
Sozialisation, Kommunikation, Kognition definiert. Die so von uns praktizierte
Förderdiagnostik ordnet dem aktuellen sozialen, emotionalen und verhaltensmäßigen IstStand eines Schülers bestimmte Richtziele, Einzellernziele, Strategien zur
Verhaltenssteuerung, Materialien, Unterrichtsaktivitäten und Evaluationsverfahren zu.
Darüber hinaus wird mittels ELDiB auch die Selbstevaluation im Sinne der Selbstaufklärung
der Schule und der Reflexion der eigenen Ziele und Leistungen gefördert.
Durchführung des ELDiB
Nach Beginn der Schulausbildung erfolgt durch das Reha-Team, in welchem neben dem
Berufskolleg auch das Internat und die Ausbildung vertreten sind und das somit eine
pädagogische Einheit bildet, eine Ersteinschätzung über den Entwicklungsstand des
jeweiligen Schülers/der jeweiligen Schülerin. Daran anschließend erfolgt ein Abgleich der
Einschätzungen der jeweiligen Abteilungen.
Auch der betroffene Schüler/die betroffene Schülerin ist durch eine erste Selbsteinschätzung
an dem Prozess beteiligt. Es erfolgt nun gemeinsam mit allen Beteiligten eine
Gesamteinschätzung, in deren Verlauf die Erziehungsziele festgelegt werden. Die Basis bildet
der gemeinsame Einschätzungsbogen des Reha-Teams sowie die Selbsteinschätzung des
18
Schulprogramm
betreffenden Teilnehmers. Divergierende Einschätzungen werden so im gemeinsamen
Kommunikationsprozess mit dem Schüler/der Schülerin abgeklärt.
Sowohl das Reha-Team als auch der betreffende Schüler/die betreffende Schülerin sollen sich
mit den formulierten Zielen identifizieren. Die so gebildeten Entwicklungslernziele in den
genannten vier Bereichen repräsentieren nun das individuelle Förderprogramm. Bis zum Ende
der berufsschulischen Ausbildung erfolgt in Intervallen von jeweils vier Monaten eine erneute
Überprüfung der Erziehungsziele und - kooperativ mit allen Beteiligten - ggf. die Festlegung
neuer Entwicklungslernziele adäquat dem jeweiligen Entwicklungsfortschritt des
Rehabilitanden (siehe Anhang, Schaubild: Evaluation durch ELDiB).
Über die kontinuierliche Reflexion der Entwicklungslernziele hinaus werden jedoch auch
sowohl individuelle Besonderheiten des Teilnehmers als auch Besonderheiten der jeweiligen
beteiligten Lerngruppe durch die Einschätzungsbögen erfasst.
Die individuellen Entwicklungsfortschritte werden allen Beteiligten durch einen spezifischen
Evaluationsbogen mit anschaulichen Säulendiagrammen transparent gemacht (siehe Anhang).
Insgesamt betrachtet realisiert der ELDiB eine ausbildungsrelevante Förderdiagnostik, die
evaluativ wirkt und deren Fördermaßnahmen aufgrund der jeweils diagnostizierten
Entwicklungsstufen wesentlich zur Qualitätssicherung unserer berufsschulischen Arbeit
beitragen.
19
Schulprogramm
Zeitrahmen
Beginn der Ausbildung
01.08.
Ersteinschätzung
Schule
Ersteinschätzung
Schüler/Schülerin
Gemeinsamer Abgleich der
Ersteinschätzungen – Gesamteinschätzung
Ersteinschätzung
Internat
Ende 6. Wo
Ersteinschätzung
Ausbildung
Ende 12. Wo
Gemeinsame Erstellung der
Erziehungsziele
Einschätzung
Schüler/Schülerin
Einschätzung
Berufskolleg
Einschätzung
Internat
Ende 4. Wo
Gemeinsame
Überprüfung der
Erziehungsziele
(Gesamteinschätzung)
Nach jeweils
4 Monaten
Einschätzung
Ausbildung
Gemeinsame
Erstellung neuer
Erziehungsziele
Bis Ende der Schulausbildung
(Abschlussprüfung)
20
Schulprogramm
4.2 Kollegiale Fallberatung
Die Kollegiale Fallberatung wird von uns als ein wichtiges und geeignetes Mittel der
schulinternen Evaluation angesehen, weil sie dem Einzelnen und den Teams dazu verhilft,
die persönlichen Fähigkeiten und Grenzen zu klären, ungenutzte Ressourcen einzusetzen
sowie mehr Zufriedenheit und mehr Effizienz in der Begegnung mit den Teilnehmern zu
erreichen. Vor dem Hintergrund unseres Ziels, eine kollegiale Fallberatung als eine
kontinuierliche Evaluationsmethode zu installieren, werden im folgenden ein paar
konzeptionelle Überlegungen angestellt.
Nach unserer Vorstellung von Fallberatung muss dies eine Beratung ohne Gefälle, eine
Beratung auf gleicher Ebene sein, eine Beratung also zwischen dem, der Rat braucht und dem,
der Rat gibt. Für uns definieren wir kollegiale Fallberatung als einen strukturierten Vorgang
in einer überschaubaren Gruppe und einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen, der in Phasen
mit Arbeitsschritten zum Hören und Verstehen, Fragen und Antworten, Reflektieren und
Bearbeiten von Alltagssituationen ver1äuft. Gegenstand sind Situationen und Szenen aus dem
Berufsalltag, die mit Spannungen, Ungereimtheiten oder Konflikten besetzt sind. Ziel ist es,
diese differenzierter wahrzunehmen und zu verstehen. Bei der Reflexion werden persönliche,
beziehungsmäßige, fachliche und institutionelle Aspekte betrachtet.
Die Methode der kollegialen Fallberatung kann nach unserer Vorstellung nur sinnvoll und
erfolgreich sein, wenn grundsätzliche ethische Aspekte berücksichtigt werden, nämlich:
Niemanden an den Pranger stellen, Feedback geben; auf Mehrperspektivität Wert legen;
dialogisch vorgehen; Zielvereinbarungen treffen; Konsequenzen ziehen.
Um mit der kollegialen Fallberatung in der Praxis vertraut zu werden und sie zu einer für uns
verfügbaren Evaluationsmethode zu machen, bedarf es der Anleitung durch kompetente
Berater und der Sammlung praktischer Erfahrungen in der Umsetzung.
5. Kontinuierlicher Verbesserungsprozess durch lebenslanges Lernen
Wir sehen in Fortbildung einen notwendigen Bestandteil unserer Arbeit: Wir sind selbst
Lernende aufgrund berufsbezogener und arbeitsplatzbezogener Veränderungen, aber auch im
Hinblick auf die Entwicklung der Lehrperson, der Teams und der Institution insgesamt bedarf
es Anregungen von außen. Nicht zuletzt kann dem Burnout-Syndrom durch den Blick über
den eigenen Tellerrand entgegengewirkt werden. In der Überzeugung, dass die Sicherung von
Qualitätsstandards nur durch Verhinderung von Stagnation erreicht werden kann, ist für uns
die eigene Qualifizierung etwa im technologischen Bereich ein Anliegen. Um professionelle
Rehabilitationsarbeit zu leisten, nehmen wir ein breit gefächertes Fortbildungsangebot wahr,
das ganzheitlich und interdisziplinär orientiert ist.
Konkrete Fortbildungsmöglichkeiten, die in besonderem Maße die Belange der Rehabilitation
berücksichtigen, bestehen durch Angebote des Qualifizierungsverbundes RheinlandWestfalen, die auf Grundlage eines Konzeptes der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Berufsbildungswerke entwickelt wurden. Aber auch die Fortbildungsangebote des KolpingBerufsbildungswerks, des Berufsfortbildungszentrums sowie der Volkshochschulen werden
von uns wahrgenommen.
6. Perspektiven
Das vorliegende Schulprogramm ist als Momentaufnahme dessen zu sehen, was das Adolph
Kolping-Berufskolleg unter qualitativer Arbeit versteht und alltäglich an qualitativer Arbeit
leistet. Damit Qualitätsentwicklung an unserem Berufskolleg zwischen der vorliegenden
21
Schulprogramm
Momentaufnahme und dem Folgeprozess erkennbar wird, haben für uns folgende Aspekte
besondere Relevanz.
Unterricht
Unterricht ist ein gesteuerter Lernprozess. Lernen ist demnach ein Erkennen, das vom Lehrer
nur ausgelöst und angeleitet wird. Der eigentliche Erkenntnisakt liegt also im Schüler. Er ist
letztlich für sein Lernen verantwortlich - nicht der Lehrer. Aufgabe des Lehrers ist es, beim
Schüler die Prozesse auszulösen, die ihn selbst zur Einsicht bringen, die ihn selbst etwas
einsehen lassen.
Vor diesem Hintergrund werden wir als Lehrer des Adolph Kolping-Berufskollegs in Zukunft
solche Fortbildungen in den Vordergrund stellen, die uns in unserer Rolle als Lernprozessinitiatoren und Lernprozessbegleiter stärken, um unsere Steuerungsaufgabe noch
bewusster und kompetenter wahrnehmen zu können. Unter der Berücksichtigung der
spezifischen Lerngeschichten unserer Schüler werden diese Fortbildungen auf dem
entwicklungspädagogischen Ansatz basieren.
Da die systemorientierte, methodische Aneignung von Wissen mit dem erfahrungsorientierten
Anwenden von Wissen verbunden sein muss, werden wir mit den Schülern im Kontext ihres
Ausbildungsganges verstärkt Projektideen entwickeln, planen, durchführen und reflektieren.
Wir werden den Ansatz der Entwicklungspädagogik mit Hilfe des ELDiB verstärkt in den
Schulalltag einbringen und die mit den einzelnen Schülern vereinbarten Lernziele deutlicher
und für den Schüler transparenter in das Unterrichtsgeschehen einbeziehen, indem wir zum
Beispiel bei Leistungsbeurteilungen in Tests, Klassenarbeiten usw. konkreten Bezug auf die
Lernziele des ELDiB nehmen.
Erziehung
Auch im Sinne einer humanistischen Pädagogik auf der Basis christlicher Werte, der wir uns
verbunden fühlen, bleibt als grundlegendes Strukturelement von Erziehung die
Erziehungsbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen bedeutsam. Humanistische
Grundwerte wie Autonomie, Selbstverantwortung und Wachstum bedeuten für uns nicht,
unseren Schülern grenzenlose Freiheiten im Umgang mit der Welt einzuräumen, in Hoffnung
darauf, dass sich unsere Jugendlichen quasi „automatisch“ zu selbstverantwortlichen und der
Gemeinschaft verpflichteten Erwachsenen entwickeln.
Jeder gemeinschaftliche Lebensbereich, auch der Schule, benötigt Regeln und Disziplin.
Folglich hat auch Erziehung immer mit kommunizierter Regelhaftigkeit im Zusammenleben
der am Erziehungsprozess Beteiligten zu tun. Absprachen und Übereinkommen müssen
immer wieder gemeinsam getroffen und Verletzungen der Regeln im Miteinander
angesprochen werden sowie Konsequenzen nach sich ziehen.
Wir Lehrer und Lehrerinnen, als Teil der Institution Schule, werden uns im
Spannungsverhältnis zwischen Anpassung an kultur- und gesellschaftsspezifische Werte,
Normen und Rollen und dem Wunsch unserer Schüler nach Entfaltung und Durchsetzung
individueller Bedürfnisse und Motive, verstärkt der Aufgabe stellen, über Formen des Lehrens
und Lernens von Disziplin nachzudenken und eine disziplinarische Grundstruktur unserer
Schule zu entwickeln.
Ethik
Ethik fragt nach der Gesinnung, aus der Handeln hervorgeht, und nach den Werten, die
realisiert werden sollen.
Angesichts eines mangelnden bzw. fehlenden Konsenses in der Gesellschaft bezüglich des
Menschen- und Weltbildes, dem Nebeneinander divergierender und konkurrierender
22
Schulprogramm
Wertsysteme und zerfallener Werthierarchien werden wir uns verstärkt der Aufgabe widmen,
eine Wertediskussion voranzutreiben und Lösungswege zu entwickeln, um die Energien einer
zunehmend radikalen und gewaltbereiten Schülerschaft in eine menschengerechte Streitkultur
umzuwandeln. Hierzu gehört auch der Auftrag, die Bereitschaft unserer Schüler zu stärken,
ihre Handlungen so zu wählen oder zu gestalten, dass die Würde des Anderen und die eigene
Würde gewahrt bleibt.
Fürsorgliche Aufgaben
Aufgrund der häufig problembelasteten Lebenssituation unserer Schüler und Schülerinnen
nehmen wir als Lehrer und Lehrerinnen des Adolph Kolping Berufskollegs in besonderer
Weise auch fürsorgliche Aufgaben wahr: Das heißt u.a. Problemerkennung,
Krisenintervention und Lösungsstrategien zu leisten. Allerdings sind uns quantitative und
qualitative Grenzen gesetzt: Quantitativ liegt die Grenze dort, wo unsere Hauptaufgabe,
Bildung zu vermitteln, gefährdet wird; qualitativ kann die Fürsorge nur so weit reichen, wie
wir im Rahmen unserer sonderpädagogischen Ausbildung Fachkompetenz erreicht haben.
Die Interdependenz von fürsorglichen Aufgaben und Bildungsaufgaben führt für Schüler und
Lehrer gleichermaßen zu Konflikten, die den Unterrichtsalltag belasten. Wir werden deshalb
die Möglichkeiten und Grenzen unserer Rolle als Lehrer immer wieder neu definieren und
damit auch abgrenzen müssen. Um dieser schwierigen Aufgabe gerecht zu werden, ist eine
Unterstützung durch Supervision, kollegiale Fallberatung und Fortbildungsmaßnahmen wie
ein „Training on the Job“ wünschenswert.
23
Schulprogramm
Literatur
Arbeitsgemeinschaft der Leiter an Sonderschulen im Bildungsbereich des
Berufskolleg NRW (Hg.): Leitlinien für das Berufskolleg für Schülerinnen und
Schüler mit Sonderpädagogischem Förderbedarf, Wetter 2001
Bastian, Johannes/Combe, Arno: Pädagogische Schulentwicklung. Gemeinsam
an der Entwicklung der Lernkultur arbeiten, in: Pädagogik 11 (1998)
Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft,
Neuwied 1995
Bönsch, Manfred: Schulqualität - Qualitätsschulen, in: Neue deutsche Schule
11 (1998)
Buchen, Herbert/Horster, Leonhard/Rolff, Hans G. (Hg.): Schulleitung und
Schulentwicklung. Ein Reader, Stuttgart 1995
Dröge, Joachim: Zur Entwicklung von Qualitätsstrukturen in der Schule, in:
Schulleiter-Handbuch 95 (2000)
Fleischer-Bickmann, Wolff/Maritzen, Norbert: Schulprogramm, in: Pädagogik
1 (1996)
Greber, Ulrich (Hg.): Auf dem Weg zur ‚guten Schule' - schulinterne
Lehrerfortbildung; Bestandsaufnahme - Konzepte - Perspektiven, Weinheim
1994
Gudjons, H.: Das Leben in die Schule holen - oder ist es schon da? in:
Pädagogik 2 (1996)
Hoeft, Hans-Jürgen: Schulprogramm dokumentieren: Beschreibung von
Prozessen am Beispiel der Fachschule für Technik, in: Der berufliche
Bildungsweg 1(1999)
Horster, Leonhard: Wie Schulen sich entwickeln können: Der Beitrag der
Organisationsentwicklung für schulinterne Projekte, Bönen 1995
Kleinschmidt, G.: Schule als "Lernorganisation" - Schulmanagement Schulleitung - Schulentwicklung, in: Erziehungswissenschaft und Beruf 1
(1996)
Meyer, Hilbert: Was ist eine lernende Schule, in: Lernende Schule, Supplement
1 (1998)
Miller, Reinhold: Sich in der Schule wohlfühlen, Weinheim 1992
Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des
Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.): Materialien Schulentwicklung, Bd. 9014:
... und sie bewegt sich doch; Bd. 9016: Schulprogramm und Schulentwicklung;
Bd. 9017: Schulleitung als Management und Führungsaufgabe; Bd. 9023:
24
Schulprogramm
Evaluation in der Schulpraxis; Bd. 9027 Schulprogramm - eine Handreichung,
Bd. 9029: Qualität als gemeinsame Aufgabe, Düsseldorf 1999
Philipp, Elmar: Gute Schule verwirklichen. Ein Arbeitsbuch mit Methoden,
Übungen und Beispielen der Organisationsentwicklung, Weinheim 31995
Reetz, L./Reitmann, Th. (Hg.): Schlüsselqualifikationen, Dokumentation des
Symposions in Hamburg "Schlüsselqualifikationen“ - Fachwissen in der Krise?
Hamburg 1990
Reinhardt, Klaus: Öffnung der Schule. Community education als Konzept für
die Schule der Zukunft? Weinheim 1992
Tillmann, Klaus-Jürgen: Was ist eine gute Schule? Hamburg 1989
Weinbrenner, Peter: Pädagogische Schulentwicklung, in: Der berufliche
Bildungsweg 1 (1999)
25

Documents pareils