Adolph Kolping - berufskolleg.kbbw
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Adolph Kolping - berufskolleg.kbbw
Adolph Kolping - Berufskolleg Schulprogramm Leitwort Die Geschäftsführung des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen begrüßt ausdrücklich die Entwicklung des Schulprogramms des Adolph Kolping-Berufskollegs durch das Lehrerkollegium unter Leitung des damaligen Schulleiters Herrn Euler und die Fortführung des Programms durch die jetzige Schulleiterin Frau Juli-Kreitz. Mit der Vorlage dieses Schulprogramms findet die seit mehreren Jahren sich vollziehende Differenzierung der Arbeit im Adolph Kolping-Berufskolleg einen dokumentationsfähigen Abschluss im Sinne eines Zwischenstandes. Die Veränderung des Zielkreises durch die Aufnahme von Jugendlichen mit emotional-sozialem Förderbedarf neben Lernbehinderten, die Aufnahme von extern (außerhalb des Kolping-Berufsbildungswerkes) ausgebildeten Rehabilitanden sowie die Aktualisierung des pädagogischen Auftrages kennzeichnen wichtige Stationen der Entwicklung der 1983 als Ersatzschule in freier Trägerschaft gegründeten Berufsschule des Kolping-Berufsbildungswerkes. So ist es nur folgerichtig, wenn mit dem nunmehr vorgelegten Schulprogramm die umfangreiche differenzierte Arbeit des Adolph Kolping-Berufskollegs dargestellt wird. Als zentraler Eckwert ist aus dem gesamtpädagogischen Konzept der privaten Förderschule im berufsbildenden Bereich die Nutzung des Entwicklungstherapeutischen Lernziel-Diagnosebogens (ELDiB) gemeinsam mit den sonstigen Fachkräften des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen dargestellt. Als integrierter Bestandteil des Kolping-Berufsbildungswerkes ist mit der unmittelbaren Nähe des Adolph Kolping-Berufskollegs im Berufsbildungswerk auch eine tägliche Verzahnung der Arbeit im Schulsektor mit den anderen Säulen des Berufsbildungswerkes (Internat, Ausbildung, Ausbildungsbegleitender Dienst, Verwaltung, zentrale Versorgung) gegeben. Das Adolph Kolping-Berufskolleg bietet im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes den berufsschulischen Teil des dualen Ausbildungssystems an. So ist es einerseits eingebunden in das gesamtpädagogische Arbeiten des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen, erfährt andererseits eine typische Ausprägung als Förderschule im berufsbildenden Bereich, wie auch das vorgelegte Schulprogramm deutlich macht. Die Gesellschafterversammlung des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen hat das vorgelegte Schulprogramm am 18.06.02 verabschiedet. Eine Modifizierung erfolgte im Jahre 2006. Die Geschäftsführer wünschen, dass dieses Schulprogramm eine lebendige Grundlage der Arbeit des Adolph Kolping-Berufskollegs bleibt. Dies bedeutet, dass nicht ein auf Jahre hin festgeschriebenes unantastbares Regelwerk entsteht, sondern ein lebendiges, sich stets am konkreten Menschen orientierendes Programm vorhanden ist. Dabei kommt den Vermittlern, d. h. den Pädagogen, die das Schulprogramm umsetzen, große Bedeutung zu. Mit Menschen zu arbeiten, heißt sich selbst als Mensch / Pädagoge in diesen ganzheitlichen Prozess einzubringen. „Wer Menschen gewinnen will, der muss sein Herz zum Pfande setzen!“ (Adolph Kolping) Essen, 01.08.06 Haska Gesamtleiter/Geschäftsführer Schröder Geschäftsführer 2 Schulprogramm Inhalt Vorwort Seite 4 1. Das Adolph Kolping-Berufskolleg im Kolping-Berufsbildungswerk 1.1 Aufgaben und Ziele des Adolph Kolping-Berufskollegs 1.2 Der Schüler – unser Kunde 1.3 Unsere Schule als förderliche Lernumgebung 1.4 Ganzheitliche Förderung durch schulübergreifende Kooperation 5 6 7 9 10 2. Die Aufnahme als Schüler /Schülerin im Adolph Kolping-Berufskolleg 12 3. Die Pädagogische Arbeit 3.1 Methodik 3.2 Steuerung nach innen (innere Differenzierung) 3.3 Steuerung nach außen 13 13 16 17 4. Evaluation 4.1 Der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen (ELDiB) 4.2 Kollegiale Fallberatung/Supervision 17 18 21 5. Kontinuierlicher Verbesserungsprozess durch lebenslanges Lernen 21 6. Perspektiven 21 Literatur 24 3 Schulprogramm Vorwort Das Adolph Kolping – Berufskolleg ist eine Förderschule im berufsbildenden Bereich in der Trägerschaft des Kolping-Berufsbildungswerkes Essen und damit integrierter Bestandteil des Berufsbildungswerkes. Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in der freien Wirtschaft gescheitert sind oder die dort keine Chance haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, eröffnet das KolpingBerufsbildungswerk die Möglichkeit einer fundierten Ausbildung in 19 verschiedenen Berufen, mit den dazu gehörenden Abschlüssen vor den entsprechenden Kammern. Das Adolph Kolping – Berufskolleg bietet in diesem ganzheitlichen Konzept den berufsschulischen Teil des dualen Ausbildungssystems. Unser Schulprogramm ist im Jahr 2002 vom gesamten Kollegium und dem damaligen Schulleiter, Herrn Euler, mit viel Engagement erarbeitet worden. Professionelle Unterstützung erhielten wir durch Frau Dr. Rüßmann-Stöhr, der unser ganz besonderer Dank gilt. Mit unserem Schulprogramm dokumentieren wir unsere grundsätzlichen Positionen in Bezug auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag unserer Schule. Arbeitsvorgänge und -abläufe werden darin analysiert und strukturiert und es schafft verlässliche Rahmenbedingungen für unsere tägliche Arbeit. Dieses Schulprogramm beschreibt jedoch nicht nur den Status quo. Auch Entwicklungsnotwendigkeiten werden gesehen und erörtert. Seit seiner Verabschiedung im Juni 2002 hat dieses Schulprogramm dazu beigetragen, die individuelle Förderung unserer Schüler und Schülerinnen zu optimieren. Zahlreiche Kollegen und Kolleginnen haben durch Zusatzausbildung, Fort- und Weiterbildung ihre Fachkompetenz erhöht und befruchten durch innovative Ideen die gemeinsame Arbeit . Aus der Erkenntnis heraus, dass Visionen nicht Visionen bleiben müssen und Pläne und Strategien ihre Früchte tragen, werden wir auch künftig diesen Prozess der Schulentwicklung zum Wohle unserer Schülerschaft in gemeinsamer Anstrengung vorantreiben. Essen, den 01.08.06 (Juli-Kreitz) Schulleiterin 4 Schulprogramm 1. Das Adolph Kolping-Berufskolleg im Kolping-Berufsbildungswerk Das Adolph Kolping-Berufskolleg Essen ist seit dem 24. August 1983 eine Ersatzschule in freier Trägerschaft und integrierter Bestandteil des Kolping-Berufsbildungswerks Essen mit den weiteren Bereichen Ausbildung, Internat, sozialpädagogischer, psychologischer und medizinischer Dienst. Die Grundidee des Berufsbildungswerks basiert im wesentlichen auf dem Menschenbild Adolph Kolpings, dessen Ziel es war, „den Handwerkern religiöse und sittliche Hilfen zu geben und ihren Anspruch auf soziale Gerechtigkeit zu unterstützen“. In diesem Sinne bemüht sich das Berufsbildungswerk seit dem 1. August 1980 um die Entwicklung und Realisation von Eingliederungshilfen für lernbehinderte junge Menschen. Annahme des Menschen, Nächstenliebe sowie bedingungslose Akzeptanz des Gegenübers sind dabei unsere Grundpfeiler. Das Kolping-Berufsbildungswerk Essen bietet die berufliche Erstausbildung von jungen Menschen an. Dabei stehen folgende Berufe zur Wahl: • Metallbauer/in • Metallbearbeiter/in • Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik • Bauten- und Objektbeschichter/in • Maler/in und Lackierer/in • Holzbearbeiter/in • Tischler/in • Hauswirtschafter/in • Hauswirtschaftshelfer/in • Beikoch/Beiköchin • Koch/Köchin • Friseur/in • Modenäher/in • Modeschneider/in • Verkäufer/in • Verkaufshelfer/in • Hauswartsgehilfe/in • Fahrzeugpfleger/in • Kfz-Servicemechaniker/in Der Kreis der zu fördernden Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde im Laufe der Zeit erweitert. Neben dem Förderschwerpunkt Lernen werden seit dem 1. August 1999 auch Jugendliche und junge Erwachsene ausgebildet, die dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung zuzurechnen sind. Durch die Integration des Adolph Kolping-Berufskollegs in das Kolping-Berufsbildungswerk Essen erhalten die Teilnehmer/innen in besonderem Maße Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, sinnvollen Lebensbewältigung, der Übernahme von Selbstverantwortung und Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit: „Ich selbst kann mein Leben in die Hand nehmen, ich trage für mich Verantwortung“. Das Adolph Kolping-Berufskolleg steht nicht nur den jungen Menschen, die ihre Ausbildung im Kolping-Berufsbildungswerk in den genannten Ausbildungsberufen absolvieren, als schulische Bildungs- und Erziehungsanstalt offen, sondern seit Beginn des Schuljahres 1999/2000 auch Teilnehmern, die in der freien Wirtschaft einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben und dort den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. 5 Schulprogramm 1.1 Aufgaben und Ziele des Adolph Kolping-Berufskollegs Der Auftrag des Adolph Kolping-Berufskollegs ist einerseits der eines Kollegs, zum anderen aber auch der einer Schule für sonderpädagogischen Förderbedarf. Somit hat die Schule einerseits ihren Ort im Rahmen des Systems der Berufsausbildung, zum anderen ist ihr Arbeitsfeld bezogen auf eine eng umgrenzte Zielgruppe von Schülern. Aus der Aufgabenstellung der Berufsausbildung im dualen System ergeben sich für die Förderschule im berufsbildenden Bereich besondere pädagogische Aufgaben und Ziele. Aus der Aufgabe, lern- und entwicklungsverzögerte Jugendliche und junge Erwachsene beruflich zu bilden und zu erziehen, folgt, dass unser Berufskolleg den Lern- und Entwicklungsstörungen der jungen Menschen in besonderem Maße Rechnung trägt. Bildungsauftrag Als Berufskolleg ergibt sich der Auftrag des Adolph Kolping-Berufskollegs aus den Aufgabenbeschreibungen, wie sie durch die Schulgesetze des Landes NRW gegeben sind. Diese werden zum einen dadurch erfüllt, dass der erfolgreiche Besuch der Bildungsgänge nach § 5 BBiG / § 25 HWO und nach § 66 BBiG / § 42 HWO mit dem Berufskollegabschluss endet. Bei Erfüllung entsprechender Bedingungen ist der Berufskollegabschluss gleichwertig mit der Zuerkennung allgemeinbildender Abschlüsse der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II. Die Abschlüsse im Berufskolleg werden dabei unabhängig vom Berufsabschluss zuerkannt. Als Förderschule mit den Förderschwerpunkten Lernen und emotionale und soziale Entwicklung berücksichtigen wir zum anderen besonders die Belange dieser behinderten Schüler. Das Adolph Kolping-Berufskolleg vermittelt die für die Berufsausbildung erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse und vertieft die in den Werkstätten vermittelten fachpraktischen Kenntnisse und Fertigkeiten. Dabei entwickeln wir aufgrund der besonderen Förderbedürfnisse der Teilnehmer/innen spezifische Bildungs- und Erziehungskonzeptionen, die didaktisch/methodisch fortgeschrieben werden. Dazu gehört die Vermittlung von Qualifikationen, Erziehung und Bildung im Rahmen von Rehabilitation und das Erreichen eines möglichst hohen Bildungsstandes. Neben dem berufsbezogenen Unterricht, der auf dem jeweiligen Berufsfeld basiert, nimmt der Unterricht im berufsübergreifenden Bereich einen wichtigen Raum ein. Der Bildungsauftrag des Adolph Kolping-Berufskollegs umfasst die individuelle Förderung der Schüler durch eine flexible und durchlässige Gestaltung der Bildungsgänge. In Anlehnung an die Zielbestimmungen, die sich aus den Schulgesetzen des Landes NRW auch in Verbindung mit den Vorgaben der Rahmenlehrpläne der Kultusministerkonferenz ergeben, gelten für die Didaktik der Förderschule im berufsbildenden Bereich folgende Orientierungspunkte: • • • berufliche (Grund- und Fach-) Bildung mit der Befähigung zur Weiterbildung, erweiterte allgemeine Bildung (besonders bezogen auf außerberufliche Situationen), Urteils-, Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit. Diese werden im didaktischen Leitbegriff der Entwicklung von Handlungskompetenz als das umfassende Ziel beruflicher Qualifizierung zusammengeführt. 6 Schulprogramm Erziehungsauftrag Neben dem Bildungsauftrag hat das Adolph Kolping-Berufskolleg einen erzieherischen Auftrag zu erfüllen. Die Teilnehmer/innen werden in ihrem Handeln und ihrer Haltung gegenüber anderen gefördert, werden in das Leben so eingebunden, dass sie lernen, Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen aus ihrem Tun zu ziehen. Darüber hinaus gilt es, den Teilnehmern beziehungsorientierte Hilfe anzubieten, mit ihnen situationsangemessenes Verhalten einzuüben. Sachbezogen miteinander reden, partnerschaftlich miteinander arbeiten und umgehen lernen, sich gegenseitig helfen, Fehlverhalten erkennen und ändern sind dabei zentrale Erziehungsziele. Schlüsselqualifikationen In der gegenwärtigen Ausbildungssituation kommt der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen verstärkt Bedeutung zu. Sie werden von Betrieben gefordert, sind Bestandteil von Ausbildungsordnungen, lassen sich als „Entwicklung von Handlungskompetenz“ in entsprechenden Richtlinien finden (vgl. u.a. Richtlinien industrielle Metallberufe 1991, S. 16), und sie bestimmen in starkem Maße die Bildungsplanung der Länder. Eine gängige Untergliederung von Schlüsselqualifikationen ist die Aufteilung in Fach-, Methoden-, Personal- und Sozialkompetenz. Damit sind Schlüsselqualifikationen im Sinne von Berufsqualifikationen als Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen zu verstehen, die über einen langen Zeitraum verwertbar sind und der Bewältigung veränderbarer und sich verändernder beruflicher Anforderungssituationen dienen. Das Konzept der Schlüsselqualifikationen ist in idealer Weise geeignet, den alten Gegensatz von Berufsbildung und Persönlichkeitsbildung aufzuheben. Integriert in die entsprechenden Lernarrangements wird eigenverantwortliches Handeln der Auszubildenden möglich, indem sie Raum für eigene Entscheidungen und Problemlösungen erhalten. Um den Auszubildenden Entwicklungsfreiräume zu schaffen, sind deren Eingangsvoraussetzungen besonders zu berücksichtigen. Nicht nur den Möglichkeiten zur Entwicklung einer Fach- und Methodenkompetenz schenken wir hierbei besondere Beachtung, sondern auch und vor allem den Entwicklungs- und Fördermöglichkeiten von Personal- und Sozialkompetenz. Der überwiegende Teil unserer Jugendlichen weist eklatante Defizite im Bereich personaler und sozialer Verhaltensweisen auf, so dass für uns die Förderung von Personal- und Sozialkompetenz integrale Rehabilitationsziele darstellen, für deren Erreichung wir alle personellen, pädagogischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen. 1.2 Der Schüler – unser Kunde Gesellschaft Schüler Lehrer, Ausbilder, Ausbildungs-, Erziehungsberechtigte begleitender Dienst, Internat Betriebe 7 Schulprogramm Akzeptanz Voraussetzung für die Eingliederung der jungen Menschen in die Berufs- und Arbeitswelt sowie in die Gesellschaft ist ihre menschliche Annahme und Wertschätzung. Unsere Einstellung zu den Schülern und Schülerinnen ist: Ein Schüler ist ein Mensch, der mit seinen Bedürfnissen zu uns kommt. Er ist die wichtigste Person in unserer Schule. Der Schüler hängt nicht von uns ab, sondern wir von ihm. Wir sind erfolgreich, weil wir den Schüler als unseren wichtigsten Partner betrachten. Die wenigsten unserer Schüler verfügen über ein positives Selbstkonzept als Resultat eines identitätsstabilisierenden Sozialisationsprozesses, so dass wir nicht auf Fähigkeiten, Einstellungen, Bereitschaften und Haltungen aufbauen können, die „normalerweise“ vorausgesetzt werden können. Das bedeutet für uns zunächst einmal Persönlichkeitsstabilisierung und anschließend Persönlichkeitsentwicklung. Der Lehrer als Bezugsperson Nicht die tradierte Rolle des dominanten Wissensvermittlers ist gefragt, sondern die des Lernförderers. Wir beobachten die Lernprozesse unserer Schüler, ermutigen sie und leiten sie an. Wir werden zu „Hintergrundlehrern“, die unauffällig, jedoch für die Lernarrangements verantwortlich, agieren. Wir stoßen Lernprozesse an und unterstützen das Lernen durch methodische und organisatorische Anregungen und durch eine Arbeitsatmosphäre, die durch Empathie, Akzeptanz und Kongruenz gekennzeichnet ist. Wir sind von den Fähigkeiten unserer Schüler überzeugt und lassen auch zu, dass diese andere als von uns geplante Wege, Inhalte und Ziele wählen. Wir als wichtige Bezugsperson der Teilnehmer/innen leben vor, wie man verantwortlich, partnerschaftlich, kooperativ miteinander umgeht und flexibel und dennoch planvoll auf Anforderungen reagieren kann. Dazu gehört auch, dass die Schüler und Schülerinnen als Subjekte, als Partner wahr- und ernst genommen werden und nicht nur Objekte unserer pädagogischen Bemühungen darstellen. Alle Schlüsselqualifikationen, alle Kompetenzen, die den Schülern glaubhaft vermittelt werden sollen, sind bei uns Lehrern vorhanden. „Das wichtigste Curriculum des Lehrers ist seine eigene Person.“ Prinzipien Um diese Aufgaben zu verwirklichen, Berufsbildungswerk folgende Prinzipien: • • • • • • • • • berücksichtigt das Adolph Kolping- Einhaltung von Erziehungsmaximen des Grundgesetzes, der relevanten Bestimmungen der Landesverfassung, der schulfachlichen, schulrechtlichen und zusätzlichen Verwaltungsauflagen des Kultusministeriums und des Trägers; nach Ausbildungsberufen und Ausbildungslehrgängen gegliederte Lerngruppenbildung; ständige Beachtung der Erlebnisebene der jungen Menschen; Zuwendung und Konsequenz; Beobachtung, Analyse, Auswertung und Interpretation der individuellen Förderkonzepte der jungen Menschen hinsichtlich ihrer Lernvoraussetzungen und Lernfortschritte; Vermittlung von Einsichten in komplexe Tätigkeiten, Entfaltung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Bewältigung berufsbezogener und gesellschaftlicher Anforderungen; personenbezogene Verbindung berufsbezogener allgemeiner Lerninhalte; ständige Zusammenarbeit mit allen an der Rehabilitation Beteiligten; verpflichtende Teilnahme der in diesem Bereich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen interner wie externer Art zur Optimierung und flexiblen Handhabung von Inhalten, Didaktik und Methodik. 8 Schulprogramm 1.3 Unsere Schule als förderliche Lernumgebung Organisation des Unterrichts Die Jahrgangsstufen-Fachklassen bilden eine für den Schüler sozioemotional überschaubare Gruppe. Im Durchschnitt sind dies neun Teilnehmer/innen mit einem relativ unterschiedlichen Leistungs- und Verhaltensprofil. Ein entscheidendes pädagogisch-psychologisches Moment ist, dass die Klassen schwerpunktmäßig nach Berufen zusammengestellt werden. Der Unterricht erfolgt in der Regel an zwei Berufsschultagen mit maximal sechs Schulstunden. Die Schul- und Pausenzeiten sind so auf die Ausbildung abgestimmt, dass keine unnötigen zeitlichen Vakanzen für die Lerngruppen entstehen. Räumlichkeiten Das Schulgebäude, die Anlage der Klassenräume sowie die Medienausstattung unterstützen die Erreichung unserer pädagogischen Ziele. Das Gebäude ist übersichtlich gegliedert: Im Erdgeschoss befinden sich das Schulsekretariat, das Büro der Schulleitung und das Lehrerzimmer, so dass wichtige Ansprechpartner schnell erreichbar sind, um Fragen und Probleme direkt zu lösen. Sowohl das Schulleiterbüro als auch das Lehrerzimmer werden darüber hinaus als Orte der Begegnung von Schülern und Mitarbeitern genutzt. Sie sind Anlaufpunkte für alle Mitarbeiter und Jugendlichen, um möglichst zeitnah Lösungen für organisatorische oder pädagogische Probleme zu finden. Ein hausinternes Telefon im Lehrerzimmer gewährleistet in Problemsituationen den sofortigen Kontakt mit den Mitarbeitern der Ausbildung, des Internats, den Ausbildungsbegleitenden Diensten und des medizinischen Dienstes. Im Berufskolleg gibt es sieben Klassenräume, fünf davon mit Nebenraum. Weiterhin stehen Unterweisungsräume der Ausbildung zur Verfügung, so dass 16 Klassen parallel unterrichtet werden können. Die Räume sind so ausgestattet, dass in ihnen aktives, soziales und selbstverantwortliches Lernen möglich ist. Sämtliche Räume verfügen über Einzeltische, Schränke für Arbeitsmaterialien, Informationstafeln, Wandtafeln, Kartenständer, Projektionstafeln, Antennenanschlüsse, Waschtisch, OH-Projektor. Die Größe der Räume ist so ausgelegt, dass die von der BASS (Bereinigte Amtliche Sammlung der Schulverwaltungsvorschriften) geforderten Klassenfrequenzen von 16 Schülern problemlos beschult werden können. Alle Räume sind hell, freundlich und sauber. Die einzelnen Lerngruppen werden möglichst immer in dem selben Raum unterrichtet, damit die Jugendlichen den Raum mit gestalten und somit auch die Lernatmosphäre eigenständig mit bestimmen können. Lernmittel Zur Unterstützung eines methodisch vielfältigen und schülerorientierten Unterrichts stehen neben den klassischen Lernmitteln verschiedene Medien zur Verfügung: Videogeräte, fachspezifische Unterrichtsmaterialien, Filme, Dias, Tonbänder, Audiokassetten, Filmprojektor, Videokamera und Beamer, Kopierer, Lehrerbibliothek. Besonderes Gewicht legen wir auf den Umgang mit Computern. Um den Teilnehmern diesen zu vermitteln, gibt es einen PC-Arbeitsraum, der mit 12 vernetzten Arbeitseinheiten mit Internetzugang ausgestattet ist. So ist im Stundenplan das Fach Informatik fest integriert. Für den Einstieg in die „Internet-Welt“ sind im Lehrerzimmer zwei Internetarbeitsplätze fest installiert, die von den Schülern im Rahmen von „Schulen ans Netz“ genutzt werden können. Mehrere DVD-Recorder stehen zur Verfügung. 9 Schulprogramm Darüber hinaus haben wir ein hauseigenes Internet-Café für Schüler/innen und Mitarbeiter/innen. 1.4 Ganzheitliche Förderung durch schulübergreifende Kooperation Die räumliche Nähe von Schule und Ausbildungsbereich begünstigt eine enge Zusammenarbeit dieser beiden Säulen der Berufsausbildung. Durch den ausbildungsbegleitenden Dienst, d.h. sozialpädagogische und psychologische Betreuung sowie durch Internat und Verwaltung besteht ein weitgespannter Bezugsrahmen, der eine ganzheitliche Förderung des Schülers/der Schülerin ermöglicht. Organisatorisch findet dieses Beziehungsgeflecht seinen Ausdruck in verschiedenen Gremien, etwa im Aufnahmeteam und im Reha-Team. Ein wichtiger Baustein für unseren pädagogischen Erfolg ist die Kooperation mit den Erziehungsberechtigten. Ausbildung Berufskolleg und Ausbildung sind durch Bildungsgangkonferenzen miteinander verknüpft. Die Abstimmung von Ausbildungsordnungen für die betriebliche Berufsausbildung und von Rahmenlehrplänen für den Berufsschulunterricht trägt dieser Notwendigkeit Rechnung. Durch inhaltliche und zeitliche Gliederung der Ausbildungs- und Stoffverteilungspläne im jeweiligen Berufsfeld ist die Einheit von Theorie und Praxis gesichert. Ausbildungsbegleitender Dienst Neben den schulischen Hilfen stehen den Teilnehmern die Fachkräfte des ausbildungsbegleitenden Dienstes für zusätzliche Fördermaßnahmen zur Verfügung. Dieser zeichnet sich durch eine noch stärkere Individualisierung aus. Individualisierung bedeutet hierbei Arbeit mit Kleingruppen oder Einzelpersonen. So können im engeren Kontakt mit den Teilnehmern - z.B. bei den regelmäßig stattfindenden Lernabenden – effektiver die Leistungsdefizite/-störungen beseitigt werden. Weitere Fördermaßnahmen sind u.a. Konzentrationstraining, Autogenes Training, Lese-Rechtschreibkurse, Kommunikations- und Sprachtraining (Logopädie), Konflikttraining. Die sozialpädagogische Hilfe und Begleitung ist unentbehrlich, wenn Teilnehmer/innen nicht problemfrei mit Schule umgehen können. Die besonderen sozialen und emotionalen Defizite bzw. Einschränkungen machen eine intensive Förderung durch den sozialpädagogischen Fachdienst unverzichtbar. Alle zu treffenden Maßnahmen werden mit dem Berufskolleg abgestimmt. Der psychologische Dienst dient primär der inhaltlichen Abstimmung besonderer pädagogischer und psychologischer Interventionen. Lehrer und Mitarbeiter des psychologischen Dienstes arbeiten in Form der ausbildungs- und unterrichtsbegleitenden Dienste zusammen. Gemeinsam wird über erforderliche psychodiagnostische Verfahren und therapeutische Methoden entschieden. Aufnahmeteam Gemeinsam mit dem Ausbildungsbegleitenden Dienst, der Ausbildung, dem Internat sowie dem Berufsberater wirkt ein Vertreter des Berufskollegs bei der Aufnahme der Teilnehmer/in in das Kolping-Berufsbildungswerk Essen mit. Das Team entscheidet auch über besondere pädagogische Interventionen. 10 Schulprogramm Reha-Team Das Reha-Team besteht aus den direkten Betreuern des Teilnehmers: dem Klassenlehrer, dem Ausbilder und dem Erzieher. Im Reha-Team erfolgt die Diagnose des individuellen Entwicklungsstandes des Teilnehmers, der jeweiligen behinderungsspezifischen Eigenarten und der Einschätzung der spezifischen Entfaltungs- und Leistungsmöglichkeiten, woraus die entsprechenden sonderpädagogischen Hilfen resultieren. In festen Abständen (4 Monate) erfolgt eine Überprüfung und Neufestsetzung der Entwicklungsziele. Ein Instrumentarium hierfür stellt der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose Bogen dar. Erziehungsberechtigte Unterstützung auf dem Weg zur Berufsausbildung und gesellschaftlichen Eingliederung bietet die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten. Sie werden in das Geschehen einbezogen, es findet ein Informationsaustausch statt und es sind Elternsprechtage eingerichtet. Kammern – Prüfungen Eine gute Zusammenarbeit besteht mit den Innungen der Kreishandwerkerschaft, der Landwirtschaftskammer sowie der Industrie- und Handelskammer Essen. Durch regelmäßige Kontakte ist es möglich, den Berufsbildungsausschüssen die pädagogischen Probleme in der Arbeit mit Behinderten so zu verdeutlichen, dass bei der Planung und Abwicklung von Prüfungen die Belange der Behinderten akzeptiert werden. Dazu trägt auch bei, dass Mitglieder des Kollegiums in diversen Prüfungsausschüssen mitarbeiten und bei Prüfungen hospitieren. Erfahrungsaustausch mit anderen Berufskollegs Zur Strukturierung und Beschreibung von Lernfeldern, zur Erörterung von Lern- und Entwicklungsaufgaben, zur Planung konkreter Lernarrangements und zu Hospitationen treffen sich die Lehrer des Adolph Kolping-Berufskollegs regelmäßig mit Kollegen anderer Berufsbildungswerke. Ergänzende Bildungsangebote Gruppenfahrten (Niederlande), Fahrten zur politischen Bildung (Berlin), Prüfungsvorbereitungsfahrten (z.B. Münster, Trier), Schüleraustausch (Italien) unter der Beteiligung von Lehrern und Mitarbeitern der anderen Bereiche setzen gruppendynamische Prozesse in Gang, die den einzelnen Teilnehmer befähigen sollen, seine Rolle im Rahmen der Lerngruppe und gegenüber den für seine Ausbildung Verantwortlichen zu definieren. Nachbetreuung Vom Adolph Kolping-Berufskolleg wird der Übergangsprozess „Ausbildung – Arbeitsleben“ begleitet. In Zusammenarbeit der Reha-Teams mit dem Sozialen Dienst des Hauses werden konkrete Maßnahmen einer Einzelfallhilfe für in Betracht kommende Teilnehmer/innen festgelegt. Dabei finden Fragen und Problemstellungen wie Wohnung und Arbeitsplatzsuche bzw. deren Sicherung sowie persönliche und soziale Aspekte Berücksichtigung. Die nachgehende Betreuung ist zeitlich sowohl im letzten halben Jahr vor Ausbildungsabschluss als auch in einem Zeitraum von 4 bis 6 Monaten nach Ausbildungsende angesetzt. 11 Schulprogramm 2. Die Aufnahme als Schüler/Schülerin im Adolph Kolping-Berufskolleg Die Rechtsgrundlage für die Aufnahme in das Adolph Kolping-Berufskolleg ist die Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (AO-SF) vom 27.04.2005. Unabhängig von der Aufnahme in das Kolping-Berufsbildungswerk und dem Abschluss eines Ausbildungsvertrages ist seitens des Berufskollegs die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs einschließlich der Förderortbestimmung erforderlich. Dieses Verfahren wird innerhalb der ersten drei Monate nach Aufnahme des Teilnehmers durchgeführt. Da die aufzunehmenden Schüler/Schülerinnen des Adolph Kolping-Berufskollegs unterschiedliche Abgangs- bzw. Abschlusszeugnisse haben, lassen sich folgende vier Gruppen unterscheiden Gruppe 3 Gruppen 1 und 2 Zeugnis Förderschule Zeugnis Hauptschule Antrag auf Fortführung des sonderpäd. Förderbedarfs nach AO-SF § 17 (1) Antrag auf Feststellung des sonderpäd. Förderbedarfs nach AO-SF § 17 (2) ELDiB (Reha-Team) ELDiB (Reha-Team) ELDiB (Reha-Team) Gutachten Klassenlehrer Gutachten Klassenlehrer Vorschlag der Förderung von Berufs- und Sonderpädagogen Vorschlag Sonderpädagoge Sonderberufsschule schlägt Förderort und Förderbedarf „Lernen“ vor Gruppe 4 Zeugnis Förderschule Antrag auf Fortführung des sonderpäd. Förderbedarfs nach AO-SF § 17 (1) Bezirksregierung entscheidet über den Förderschwerpunkt und Förderort „Lernen“ LE nach AO-SF § 5(1) „Emotionale u. soziale Entwicklung“ ES nach AO-SF § 5(3) und § 10 12 Schulprogramm 3. Die Pädagogische Arbeit Im Kolping-Berufsbildungswerk wurde 1997 für die Erstellung eines individuellen Förderplans die Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik (ETEP) eingeführt. Diese ist ein pädagogisches Programm zur Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensproblemen bis hin zu gravierenden Verhaltensbehinderungen. Das pädagogische Programm geht von den vorhandenen Stärken und Ressourcen des Teilnehmers aus und baut die sozial-emotionalen Fähigkeiten zielgerichtet aus. Grundlage der Entwicklungspädagogik ist die Kombination von behavioristischen und psychodynamischen Theorien zur menschlichen Entwicklung. 3.1 Methodik Unser handlungsorientierter Unterricht verläuft zielgerichtet. Die Ziele sind den Schülern transparent und entsprechen möglichst ihrer Interessenlage. Die Handlungssituationen weisen Realitätsbezug auf und orientieren sich an der Lebenswelt der Schüler, wobei Handlungszusammenhänge deutlich werden und es nicht bei einer isolierten Erarbeitung von Einzelaspekten bleibt. Handlungsorientiertes Lernen ist exemplarisches Lernen an Lerngegenständen, die für berufliches und privates Handeln grundlegende Bedeutung haben. Ebenso wichtig ist uns die gemeinsame Arbeit unter Einbeziehung möglichst vieler Sinne in größtmöglicher Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit zur Förderung von Kooperation, Kommunikation und Selbständigkeit. Das Ziel stellt möglichst ein konkretes Produkt dar (mit Gebrauchs- oder Mitteilungswert), das im Hinblick auf die Zielvorstellungen bewertbar, in seiner Bedeutung analysierbar ist und im Idealfall innovativen Charakter hat. D.h. unser handlungsorientierter Unterricht bleibt nicht tradierten Handlungs- und Deutungsmustern verhaftet, sondern ermöglicht durch Einbeziehung individueller Varianten und Alternativen die Gestaltung und Veränderung von Umwelt. Indem wir auf diesem Weg Handeln zum Lernprinzip erheben, eröffnen sich Möglichkeiten zur Förderung fachlicher, methodischer, sozialer und personaler Schlüsselqualifikationen, die letztlich berufliche Handlungskompetenz ausmachen. Bei der Auswahl der Unterrichtsmethoden dominieren auftrags- und zielbezogen teilnehmeraktivierende, teilnehmerorientierte und kommunikationsfördernde Verfahren wie z.B. Rollen- und Planspiele, Fallbeispiel, Fallstudie, projektorientierte Verfahren. In diesen authentischen (z.B. Projekt), simulierten (z.B. Rollen- und Planspiel) und symbolisch repräsentierten (z.B. Fallbeispiel, Fallstudie) Handlungssituationen steht der Lernende im Mittelpunkt der Lernprozesse und kann aktiv und reflexiv den eigenen Lernprozess mitgestalten. Rollen- und Planspiele dienen insbesondere der Entwicklung von Problemlösungsstrategien und vollständigen Handlungsplänen, fördern Kreativität und Selbsttätigkeit und schulen Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Sie ermöglichen auch ein für unsere Zielgruppe sehr wichtiges, zeitnahes Feedback und können darüber hinaus ein verhaltensmodifikatorisches Medium darstellen, durch das unangemessene soziale und emotionale Reaktionen abgebaut und sinnvolle Alternativreaktionen entwickelt und gefestigt werden. So werden im Rollenspiel die Spielinhalte aus allen Beziehungsfeldern, mit denen die Teilnehmer/innen im Laufe ihres Lebens in Berührung gekommen sind oder voraussichtlich kommen werden (Elternhaus, Freundeskreis, Schule, Arbeit ...) nachempfunden. Es werden die Möglichkeiten des Sicheinfühlens in andere Rollen und Erwartungen (Rolle des Ausbilders, Arbeitskollegen, Lehrers, Betriebsinhabers...) genutzt, wodurch die Teilnehmer/innen in die Lage versetzt werden, Verhaltensweisen anderer Personen zu antizipieren und sich eigener Verhaltensweisen bewusst zu werden. Rollenspiele leisten damit 13 Schulprogramm einen nicht geringen Beitrag zur Förderung personaler, sozial-kommunikativer Fähigkeiten unserer Klientel. Durch Einsatz von Fallbeispielen/Fallstudien werden die Lernenden mit realen Fällen bzw. Beispielen, die auf der Grundlage realer Fälle konstruiert wurden, konfrontiert. Ausgehend von einer Situation aus dem Alltags- oder Berufsleben müssen anhand von Tatsachen, Ansichten und Meinungen Entscheidungen getroffen werden, die mit den tatsächlichen Lösungen verglichen werden. Auf diese Weise werden kreatives, analytisches, beurteilendes und bewertendes Denken geschult und Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit gefördert. Fallbeispiele und Fallstudien werden u.a. im Bereich Wirtschaftslehre/Politik verwendet. Hier trifft man bei lernbeeinträchtigten Jugendlichen häufig nur auf ein rudimentär vorhandenes Verständnis von wirtschaftspolitischen Zusammenhängen. Meinungen und Ansichten sind häufig von Resignation und Hilflosigkeit gegenüber wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern geprägt, und vielfach sehen Jugendliche auch keinen Bezug der zu behandelnden Themen zu ihrer eigenen Lebenswirklichkeit. Hier bieten Fallbeispiele und studien mit ihrem Realitätsbezug den Schülern die Möglichkeit des selbständigen Entdeckens von Regeln, Zusammenhängen, Erkenntnissen und Lösungen und qualifizieren die Teilnehmer/innen somit für Handlungssituationen, in denen sie z.B. als Auszubildende, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Produzenten und Produzentinnen, Konsumenten und Konsumentinnen sowie Wirtschaftsbürger und –bürgerinnen stehen bzw. stehen werden. Bei der Durchführung von Projekten wird der Schüler ganzheitlich angesprochen. Sowohl kognitive als auch affektive und psychomotorische Lernbereiche finden Berücksichtigung, wobei Zielsetzung, Planung, Durchführung und Auswertung der Projekte vorwiegend von den Schülern selbst getragen werden. Die Projekte sind in der Regel interdisziplinär angelegt und sind sowohl produkt- als auch prozessorientiert. Sie erfordern und fördern Eigentätigkeit und selbständiges Lernen und bieten ein Optimum an Handlungsmöglichkeiten. Projekte bieten uns ideale Möglichkeiten zur Verzahnung betriebspraktischer Ausbildung und berufsschulischen Unterrichts. Sind die dabei zu überwindenden organisatorischen Schwierigkeiten bei einer betrieblichen Ausbildung recht groß, so bietet das KolpingBerufsbildungswerk durch seine räumliche Nähe von Werkstätten und Berufsschule und der daraus resultierenden stärkeren Kooperation gute Bedingungen zur Durchführung von Projekten. Die mit der Projektarbeit verfolgten Lernziele wie selbständige Planung, Durchführung und Bewertung, Problemlösungsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft sind darüber hinaus nahezu identisch mit entsprechenden Schlüsselqualifikationen, wodurch deren Förderung durch Projektarbeit in idealer Weise erfolgen kann. Da wir adressatengerecht Schlüsselqualifikationen fördernde Lernprozesse initiieren wollen, greifen wir auch auf reformpädagogische Ansätze zurück. Zu nennen seien hier u.a. "Offener Unterricht", "Freiarbeit" und "Wochenplan" als methodische und organisatorische Teilmomente reformpädagogischer Konzeptionen der 20er Jahre. Allen Konzeptionen (z.B. von Maria Montessori, Peter Petersen und Celestin Freinet) ist gemeinsam, dass sie den Schülern einen Freiraum zu selbständiger Arbeit nach eigener Wahl, nach eigenem Rhythmus und in freigewählten Sozialformen bieten. So setzen wir z.B. die Freiarbeit ein als geeignetes Mittel, um Lernprozesse zu öffnen, Schüler zu aktivieren und Lernen zu differenzieren. Sie intendiert eine Orientierung an Inhalten und Erfahrungen aus der Welt der Lernenden, die entscheiden, was wann gelernt wird, und impliziert veränderte Abläufe und Organisationsformen von Ausbildung und 14 Schulprogramm Unterricht u.a. durch die Arbeit mit "Thematischen Landkarten", "Arbeits- und Themenplänen" und "Lernkarteien". Ein weiteres Verfahren, das im Hinblick auf die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen bei uns breite Akzeptanz gewinnen konnte, ist die Leittextmethode. Diese schließt jedoch den selbständigen Umgang mit schriftlichem Material ein, was lernbehinderte Jugendliche und junge Erwachsene erfahrungsgemäß häufig vor Probleme stellt. Die zur Verfügung stehenden Texte werden folglich von uns modifiziert und möglichst durch bildliche Darstellungen ergänzt, um einen sinnvollen und erfolgreichen Einsatz zu ermöglichen und Unwillen, Ablehnung und Frustration zu vermeiden. Der psychomotorischen Entwicklung unserer Schüler und Schülerinnen wird im Sportunterricht Rechnung getragen. Gemäß unseres Bildungs- und Erziehungsauftrags (siehe Kapitel 1.1.) bildet eine ganzheitliche Sichtweise die Grundlage für unseren Sportunterricht. Da sowohl die geistige als auch die emotionale Entwicklung eng an die motorische Entwicklung gebunden ist, fördern wir über Bewegungs- und Wahrnehmungslernprozesse die Persönlichkeit unserer Jugendlichen. Wir praktizieren eine Erziehung durch Bewegung und nicht zur Bewegung und setzen damit einen Kontrapunkt zu einer vorwiegend funktionalen, mechanistischen Betrachtungsweise von Motorik. Inhaltlich konzentrieren wir uns auf drei Handlungsfelder der Psychomotorik: Körper-Ich-Kompetenz Identität körperlich erleben, über den Körper zu einem positiven Selbstbild finden, Gefühle körperlich ausdrücken lernen, in Entspannung Affekte auflösen können etc. Materiale Handlungskompetenz den Körper um Hindernisse herum steuern können, Geräte in verschiedenen Körperpositionen ausprobieren, Material verändern, kombinieren und mit Material gestalten, Versuch und Irrtumslösungen bei motorischen Schwierigkeiten erproben etc. Soziale Handlungskompetenz andere Menschen wahrnehmen, sich in einer Gemeinschaft wohlfühlen lernen, positive Beziehungen aufbauen, andere respektieren und rücksichtsvoll sein, Regeln einhalten, Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln entwickeln, Konflikte gewaltfrei lösen lernen etc. Diese Handlungsfelder und deren Inhalte sind in der Praxis nicht zu trennen. Motorische, affektive, soziale und kognitive Lernerfahrungen ergänzen und potenzieren sich und eröffnen den Jugendlichen die Chance auf Besserung der eigenen Situation. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Bewegungsfähigkeit als auch im Hinblick auf Verbesserung von Leistung und Verhalten und damit des Selbstwertgefühls und nicht zuletzt der Integrationsfähigkeit auch schwieriger Schüler und Schülerinnen. 15 Schulprogramm 3.2 Steuerung nach innen (innere Differenzierung) Neben der Methodenvielfalt ist die innere Differenzierung wesentlicher Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit. Eine innere Differenzierung resultiert aus der Heterogenität der Lerngruppen, die sich in den individuellen Leistungen stark unterscheiden. Dies gilt sowohl für das Sozialverhalten als auch für die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zu kommunizieren und zu kooperieren. Durch eine individuelle Förderung sollen Über- und Unterforderung im Unterricht vermieden werden, der Ausgleich von Lerndefiziten erfolgen sowie Motivation bewirkt werden. Die Unterstützung von Gruppenstrukturen und Gruppenbindungen, welche die unerlässliche Voraussetzung für soziale Lernprozesse bilden, erhalten in diesem Zusammenhang ein entscheidendes Gewicht. Im direkten Zusammenhang mit der inneren Differenzierung steht die eingehende Diagnose der Förderbedürfnisse. Mit Hilfe der Diagnose werden die Entwicklungsbausteine bei lernbehinderten Jugendlichen, die besonderer Hilfen bedürfen, erkannt. An Hand der ELDiBKategorien "Verhalten, Kommunikation, Sozialisation und Kognition" sind die notwendigen Voraussetzungen für jede spezifische Förderung der Auszubildenden geschaffen. Daraus ergeben sich für jeden Schüler Förderziele, die wiederum Einfluss auf die innere Differenzierung des Unterrichts haben. Bereitstellung unterschiedlicher Unterrichtmethoden Flexible Lernund Fortschrittsgru Lerngruppendifferenzierung (durch wechselnde Partner oder Gruppen) Angebotsdifferenzie rung (Niveau der Anforderung, Anzahl der Aufgaben) Differenzierung in der individuellen Hilfe (Ausmaß und Art pädagogischer Hilfe) Lerngruppen 16 Schulprogramm 3.3 Steuerung nach außen Das Adolph Kolping-Berufskolleg steht mit gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Institutionen im regelmäßigen Dialog. Wir verhindern einseitige Wahrnehmung gesellschaftlicher Realität, indem wir die vielen Facetten gesellschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Wahrnehmungen in das Unterrichtsgeschehen aufnehmen und so einen lebenspraktischen Rahmen für das unterrichtliche Handeln ermöglichen. Durch die Kontakte zu unseren Dialogpartnern beugen wir zudem sowohl einer Idealisierung als auch dem Verlust von persönlichen Zielen vor. 4. Evaluation Schulaufsichtsbehörde Kammern/ Prüfungsausschuß Rahmenb.für sondpädagogi-für Rahmen sches sonderpädagogisches Handeln Mitarbeit bei Prüfungsvorbereitung Eltern InformationsInformationsaustausch / Zusammnenaraustausch/ Zusammenarbeit Landtags-/ Kommunalpolitiker Erfahrungsaustausch zu aktuellen Themen Adolph Kolping Berufskolleg Andere BBW`s Qualitätsmanagement Verbund Arbeitsagenturen Berufsberatung Seelsorgerische Betreuung Informationen zu den Sozialversicherungen Andere Institutionen z.B.: Krankenkassen Kirche Evaluation ist die Sammlung, Verarbeitung und Interpretation von Informationen über schulische Arbeit. Sie hat das Ziel, zu gesicherten Beschreibungen zu kommen, Bewertungen nach klaren Kriterien durchzuführen und Entscheidungen über die Weiterentwicklung dieser Arbeit zu treffen. Sie ist zusammen mit dem Schulprogramm ein zentrales Instrument von Schulentwicklung und damit der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung. Evaluation muss, wenn sie wirksam sein soll, ein alltägliches Element der schulischen Arbeit werden. 17 Schulprogramm An unserem Berufskolleg werden verschiedene interne Evaluationsverfahren eingesetzt. Ein zentrales Instrument ist der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen, mit dem nach einer Erprobungsphase alle Reha-Teams arbeiten. Die kollegiale Fallberatung ist ein weiteres, allerdings bei uns noch im Aufbau befindliches Evaluationsverfahren. Schließlich sei noch das Verbal Interaction Category System aufgeführt, eine Methode zur Evaluation des Unterrichtsgeschehens. Mit Hilfe von Beobachtungsprotokollen (siehe Anhang) können Bedingungszusammenhänge des realisierten Unterrichtsverhaltens erkannt werden und schließlich zu Verhaltensänderungen führen. Diese Evaluationsmethode steckt allerdings bei uns noch in der Diskussions- und Erprobungsphase, vor allem hinsichtlich ihrer Praktikabilität. Eine externe Evaluation befindet sich im Aufbau. Es ist am Kolping-Berufsbildungswerk Essen ein Qualitätsmanagementsystem eingerichtet. Unter Beteiligung des Berufskollegs gibt es eine Qualitätsentwicklungsgruppe, und es ist ein Qualitätsbeauftragter benannt, der den Evaluationsprozess begleitet. 4.1 Der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen (ELDiB) Als ein wesentlicher Bestandteil zur Qualitätssicherung und hier insbesondere zur Überprüfung erreichter Lern- und Erziehungsziele dient an unserem Berufskolleg der Entwicklungstherapeutische Lernziel-Diagnose-Bogen (ELDiB), der auf einem Stufenmodell eines entwicklungstherapeutischen Curriculums basiert. Selbstevaluation durch die Realisierung des ELDiB bezieht sich an unserem Berufskolleg somit auf folgende grundlegende Bereiche: • die Qualität der Bildungs- und Erziehungsarbeit • die Wirksamkeit der Binnenorganisation, der Ressourcenentscheidungen und der personellen Besetzung • die Funktionalität und Wirksamkeit der staatlichen Rahmenvorgabe. Das entwicklungstherapeutische Modell des ELDiB impliziert so einen psychoedukativen Ansatz, der an unserem Berufskolleg Entwicklungslernziele in den vier Bereichen Verhalten, Sozialisation, Kommunikation, Kognition definiert. Die so von uns praktizierte Förderdiagnostik ordnet dem aktuellen sozialen, emotionalen und verhaltensmäßigen IstStand eines Schülers bestimmte Richtziele, Einzellernziele, Strategien zur Verhaltenssteuerung, Materialien, Unterrichtsaktivitäten und Evaluationsverfahren zu. Darüber hinaus wird mittels ELDiB auch die Selbstevaluation im Sinne der Selbstaufklärung der Schule und der Reflexion der eigenen Ziele und Leistungen gefördert. Durchführung des ELDiB Nach Beginn der Schulausbildung erfolgt durch das Reha-Team, in welchem neben dem Berufskolleg auch das Internat und die Ausbildung vertreten sind und das somit eine pädagogische Einheit bildet, eine Ersteinschätzung über den Entwicklungsstand des jeweiligen Schülers/der jeweiligen Schülerin. Daran anschließend erfolgt ein Abgleich der Einschätzungen der jeweiligen Abteilungen. Auch der betroffene Schüler/die betroffene Schülerin ist durch eine erste Selbsteinschätzung an dem Prozess beteiligt. Es erfolgt nun gemeinsam mit allen Beteiligten eine Gesamteinschätzung, in deren Verlauf die Erziehungsziele festgelegt werden. Die Basis bildet der gemeinsame Einschätzungsbogen des Reha-Teams sowie die Selbsteinschätzung des 18 Schulprogramm betreffenden Teilnehmers. Divergierende Einschätzungen werden so im gemeinsamen Kommunikationsprozess mit dem Schüler/der Schülerin abgeklärt. Sowohl das Reha-Team als auch der betreffende Schüler/die betreffende Schülerin sollen sich mit den formulierten Zielen identifizieren. Die so gebildeten Entwicklungslernziele in den genannten vier Bereichen repräsentieren nun das individuelle Förderprogramm. Bis zum Ende der berufsschulischen Ausbildung erfolgt in Intervallen von jeweils vier Monaten eine erneute Überprüfung der Erziehungsziele und - kooperativ mit allen Beteiligten - ggf. die Festlegung neuer Entwicklungslernziele adäquat dem jeweiligen Entwicklungsfortschritt des Rehabilitanden (siehe Anhang, Schaubild: Evaluation durch ELDiB). Über die kontinuierliche Reflexion der Entwicklungslernziele hinaus werden jedoch auch sowohl individuelle Besonderheiten des Teilnehmers als auch Besonderheiten der jeweiligen beteiligten Lerngruppe durch die Einschätzungsbögen erfasst. Die individuellen Entwicklungsfortschritte werden allen Beteiligten durch einen spezifischen Evaluationsbogen mit anschaulichen Säulendiagrammen transparent gemacht (siehe Anhang). Insgesamt betrachtet realisiert der ELDiB eine ausbildungsrelevante Förderdiagnostik, die evaluativ wirkt und deren Fördermaßnahmen aufgrund der jeweils diagnostizierten Entwicklungsstufen wesentlich zur Qualitätssicherung unserer berufsschulischen Arbeit beitragen. 19 Schulprogramm Zeitrahmen Beginn der Ausbildung 01.08. Ersteinschätzung Schule Ersteinschätzung Schüler/Schülerin Gemeinsamer Abgleich der Ersteinschätzungen – Gesamteinschätzung Ersteinschätzung Internat Ende 6. Wo Ersteinschätzung Ausbildung Ende 12. Wo Gemeinsame Erstellung der Erziehungsziele Einschätzung Schüler/Schülerin Einschätzung Berufskolleg Einschätzung Internat Ende 4. Wo Gemeinsame Überprüfung der Erziehungsziele (Gesamteinschätzung) Nach jeweils 4 Monaten Einschätzung Ausbildung Gemeinsame Erstellung neuer Erziehungsziele Bis Ende der Schulausbildung (Abschlussprüfung) 20 Schulprogramm 4.2 Kollegiale Fallberatung Die Kollegiale Fallberatung wird von uns als ein wichtiges und geeignetes Mittel der schulinternen Evaluation angesehen, weil sie dem Einzelnen und den Teams dazu verhilft, die persönlichen Fähigkeiten und Grenzen zu klären, ungenutzte Ressourcen einzusetzen sowie mehr Zufriedenheit und mehr Effizienz in der Begegnung mit den Teilnehmern zu erreichen. Vor dem Hintergrund unseres Ziels, eine kollegiale Fallberatung als eine kontinuierliche Evaluationsmethode zu installieren, werden im folgenden ein paar konzeptionelle Überlegungen angestellt. Nach unserer Vorstellung von Fallberatung muss dies eine Beratung ohne Gefälle, eine Beratung auf gleicher Ebene sein, eine Beratung also zwischen dem, der Rat braucht und dem, der Rat gibt. Für uns definieren wir kollegiale Fallberatung als einen strukturierten Vorgang in einer überschaubaren Gruppe und einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen, der in Phasen mit Arbeitsschritten zum Hören und Verstehen, Fragen und Antworten, Reflektieren und Bearbeiten von Alltagssituationen ver1äuft. Gegenstand sind Situationen und Szenen aus dem Berufsalltag, die mit Spannungen, Ungereimtheiten oder Konflikten besetzt sind. Ziel ist es, diese differenzierter wahrzunehmen und zu verstehen. Bei der Reflexion werden persönliche, beziehungsmäßige, fachliche und institutionelle Aspekte betrachtet. Die Methode der kollegialen Fallberatung kann nach unserer Vorstellung nur sinnvoll und erfolgreich sein, wenn grundsätzliche ethische Aspekte berücksichtigt werden, nämlich: Niemanden an den Pranger stellen, Feedback geben; auf Mehrperspektivität Wert legen; dialogisch vorgehen; Zielvereinbarungen treffen; Konsequenzen ziehen. Um mit der kollegialen Fallberatung in der Praxis vertraut zu werden und sie zu einer für uns verfügbaren Evaluationsmethode zu machen, bedarf es der Anleitung durch kompetente Berater und der Sammlung praktischer Erfahrungen in der Umsetzung. 5. Kontinuierlicher Verbesserungsprozess durch lebenslanges Lernen Wir sehen in Fortbildung einen notwendigen Bestandteil unserer Arbeit: Wir sind selbst Lernende aufgrund berufsbezogener und arbeitsplatzbezogener Veränderungen, aber auch im Hinblick auf die Entwicklung der Lehrperson, der Teams und der Institution insgesamt bedarf es Anregungen von außen. Nicht zuletzt kann dem Burnout-Syndrom durch den Blick über den eigenen Tellerrand entgegengewirkt werden. In der Überzeugung, dass die Sicherung von Qualitätsstandards nur durch Verhinderung von Stagnation erreicht werden kann, ist für uns die eigene Qualifizierung etwa im technologischen Bereich ein Anliegen. Um professionelle Rehabilitationsarbeit zu leisten, nehmen wir ein breit gefächertes Fortbildungsangebot wahr, das ganzheitlich und interdisziplinär orientiert ist. Konkrete Fortbildungsmöglichkeiten, die in besonderem Maße die Belange der Rehabilitation berücksichtigen, bestehen durch Angebote des Qualifizierungsverbundes RheinlandWestfalen, die auf Grundlage eines Konzeptes der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke entwickelt wurden. Aber auch die Fortbildungsangebote des KolpingBerufsbildungswerks, des Berufsfortbildungszentrums sowie der Volkshochschulen werden von uns wahrgenommen. 6. Perspektiven Das vorliegende Schulprogramm ist als Momentaufnahme dessen zu sehen, was das Adolph Kolping-Berufskolleg unter qualitativer Arbeit versteht und alltäglich an qualitativer Arbeit leistet. Damit Qualitätsentwicklung an unserem Berufskolleg zwischen der vorliegenden 21 Schulprogramm Momentaufnahme und dem Folgeprozess erkennbar wird, haben für uns folgende Aspekte besondere Relevanz. Unterricht Unterricht ist ein gesteuerter Lernprozess. Lernen ist demnach ein Erkennen, das vom Lehrer nur ausgelöst und angeleitet wird. Der eigentliche Erkenntnisakt liegt also im Schüler. Er ist letztlich für sein Lernen verantwortlich - nicht der Lehrer. Aufgabe des Lehrers ist es, beim Schüler die Prozesse auszulösen, die ihn selbst zur Einsicht bringen, die ihn selbst etwas einsehen lassen. Vor diesem Hintergrund werden wir als Lehrer des Adolph Kolping-Berufskollegs in Zukunft solche Fortbildungen in den Vordergrund stellen, die uns in unserer Rolle als Lernprozessinitiatoren und Lernprozessbegleiter stärken, um unsere Steuerungsaufgabe noch bewusster und kompetenter wahrnehmen zu können. Unter der Berücksichtigung der spezifischen Lerngeschichten unserer Schüler werden diese Fortbildungen auf dem entwicklungspädagogischen Ansatz basieren. Da die systemorientierte, methodische Aneignung von Wissen mit dem erfahrungsorientierten Anwenden von Wissen verbunden sein muss, werden wir mit den Schülern im Kontext ihres Ausbildungsganges verstärkt Projektideen entwickeln, planen, durchführen und reflektieren. Wir werden den Ansatz der Entwicklungspädagogik mit Hilfe des ELDiB verstärkt in den Schulalltag einbringen und die mit den einzelnen Schülern vereinbarten Lernziele deutlicher und für den Schüler transparenter in das Unterrichtsgeschehen einbeziehen, indem wir zum Beispiel bei Leistungsbeurteilungen in Tests, Klassenarbeiten usw. konkreten Bezug auf die Lernziele des ELDiB nehmen. Erziehung Auch im Sinne einer humanistischen Pädagogik auf der Basis christlicher Werte, der wir uns verbunden fühlen, bleibt als grundlegendes Strukturelement von Erziehung die Erziehungsbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen bedeutsam. Humanistische Grundwerte wie Autonomie, Selbstverantwortung und Wachstum bedeuten für uns nicht, unseren Schülern grenzenlose Freiheiten im Umgang mit der Welt einzuräumen, in Hoffnung darauf, dass sich unsere Jugendlichen quasi „automatisch“ zu selbstverantwortlichen und der Gemeinschaft verpflichteten Erwachsenen entwickeln. Jeder gemeinschaftliche Lebensbereich, auch der Schule, benötigt Regeln und Disziplin. Folglich hat auch Erziehung immer mit kommunizierter Regelhaftigkeit im Zusammenleben der am Erziehungsprozess Beteiligten zu tun. Absprachen und Übereinkommen müssen immer wieder gemeinsam getroffen und Verletzungen der Regeln im Miteinander angesprochen werden sowie Konsequenzen nach sich ziehen. Wir Lehrer und Lehrerinnen, als Teil der Institution Schule, werden uns im Spannungsverhältnis zwischen Anpassung an kultur- und gesellschaftsspezifische Werte, Normen und Rollen und dem Wunsch unserer Schüler nach Entfaltung und Durchsetzung individueller Bedürfnisse und Motive, verstärkt der Aufgabe stellen, über Formen des Lehrens und Lernens von Disziplin nachzudenken und eine disziplinarische Grundstruktur unserer Schule zu entwickeln. Ethik Ethik fragt nach der Gesinnung, aus der Handeln hervorgeht, und nach den Werten, die realisiert werden sollen. Angesichts eines mangelnden bzw. fehlenden Konsenses in der Gesellschaft bezüglich des Menschen- und Weltbildes, dem Nebeneinander divergierender und konkurrierender 22 Schulprogramm Wertsysteme und zerfallener Werthierarchien werden wir uns verstärkt der Aufgabe widmen, eine Wertediskussion voranzutreiben und Lösungswege zu entwickeln, um die Energien einer zunehmend radikalen und gewaltbereiten Schülerschaft in eine menschengerechte Streitkultur umzuwandeln. Hierzu gehört auch der Auftrag, die Bereitschaft unserer Schüler zu stärken, ihre Handlungen so zu wählen oder zu gestalten, dass die Würde des Anderen und die eigene Würde gewahrt bleibt. Fürsorgliche Aufgaben Aufgrund der häufig problembelasteten Lebenssituation unserer Schüler und Schülerinnen nehmen wir als Lehrer und Lehrerinnen des Adolph Kolping Berufskollegs in besonderer Weise auch fürsorgliche Aufgaben wahr: Das heißt u.a. Problemerkennung, Krisenintervention und Lösungsstrategien zu leisten. Allerdings sind uns quantitative und qualitative Grenzen gesetzt: Quantitativ liegt die Grenze dort, wo unsere Hauptaufgabe, Bildung zu vermitteln, gefährdet wird; qualitativ kann die Fürsorge nur so weit reichen, wie wir im Rahmen unserer sonderpädagogischen Ausbildung Fachkompetenz erreicht haben. Die Interdependenz von fürsorglichen Aufgaben und Bildungsaufgaben führt für Schüler und Lehrer gleichermaßen zu Konflikten, die den Unterrichtsalltag belasten. Wir werden deshalb die Möglichkeiten und Grenzen unserer Rolle als Lehrer immer wieder neu definieren und damit auch abgrenzen müssen. Um dieser schwierigen Aufgabe gerecht zu werden, ist eine Unterstützung durch Supervision, kollegiale Fallberatung und Fortbildungsmaßnahmen wie ein „Training on the Job“ wünschenswert. 23 Schulprogramm Literatur Arbeitsgemeinschaft der Leiter an Sonderschulen im Bildungsbereich des Berufskolleg NRW (Hg.): Leitlinien für das Berufskolleg für Schülerinnen und Schüler mit Sonderpädagogischem Förderbedarf, Wetter 2001 Bastian, Johannes/Combe, Arno: Pädagogische Schulentwicklung. Gemeinsam an der Entwicklung der Lernkultur arbeiten, in: Pädagogik 11 (1998) Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft, Neuwied 1995 Bönsch, Manfred: Schulqualität - Qualitätsschulen, in: Neue deutsche Schule 11 (1998) Buchen, Herbert/Horster, Leonhard/Rolff, Hans G. (Hg.): Schulleitung und Schulentwicklung. Ein Reader, Stuttgart 1995 Dröge, Joachim: Zur Entwicklung von Qualitätsstrukturen in der Schule, in: Schulleiter-Handbuch 95 (2000) Fleischer-Bickmann, Wolff/Maritzen, Norbert: Schulprogramm, in: Pädagogik 1 (1996) Greber, Ulrich (Hg.): Auf dem Weg zur ‚guten Schule' - schulinterne Lehrerfortbildung; Bestandsaufnahme - Konzepte - Perspektiven, Weinheim 1994 Gudjons, H.: Das Leben in die Schule holen - oder ist es schon da? in: Pädagogik 2 (1996) Hoeft, Hans-Jürgen: Schulprogramm dokumentieren: Beschreibung von Prozessen am Beispiel der Fachschule für Technik, in: Der berufliche Bildungsweg 1(1999) Horster, Leonhard: Wie Schulen sich entwickeln können: Der Beitrag der Organisationsentwicklung für schulinterne Projekte, Bönen 1995 Kleinschmidt, G.: Schule als "Lernorganisation" - Schulmanagement Schulleitung - Schulentwicklung, in: Erziehungswissenschaft und Beruf 1 (1996) Meyer, Hilbert: Was ist eine lernende Schule, in: Lernende Schule, Supplement 1 (1998) Miller, Reinhold: Sich in der Schule wohlfühlen, Weinheim 1992 Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.): Materialien Schulentwicklung, Bd. 9014: ... und sie bewegt sich doch; Bd. 9016: Schulprogramm und Schulentwicklung; Bd. 9017: Schulleitung als Management und Führungsaufgabe; Bd. 9023: 24 Schulprogramm Evaluation in der Schulpraxis; Bd. 9027 Schulprogramm - eine Handreichung, Bd. 9029: Qualität als gemeinsame Aufgabe, Düsseldorf 1999 Philipp, Elmar: Gute Schule verwirklichen. Ein Arbeitsbuch mit Methoden, Übungen und Beispielen der Organisationsentwicklung, Weinheim 31995 Reetz, L./Reitmann, Th. (Hg.): Schlüsselqualifikationen, Dokumentation des Symposions in Hamburg "Schlüsselqualifikationen“ - Fachwissen in der Krise? Hamburg 1990 Reinhardt, Klaus: Öffnung der Schule. Community education als Konzept für die Schule der Zukunft? Weinheim 1992 Tillmann, Klaus-Jürgen: Was ist eine gute Schule? Hamburg 1989 Weinbrenner, Peter: Pädagogische Schulentwicklung, in: Der berufliche Bildungsweg 1 (1999) 25