Sie sollen einfach ihr Ding machen

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Sie sollen einfach ihr Ding machen
Kultur
Sonntag, 11. November 2012 / Nr. 46 Zentralschweiz am Sonntag
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«Sie sollen einfach ihr Ding machen»
Pop  Gabriele Kerner alias
Nena ist wieder in aller Munde
– ob als Coach in «The Voice
of Germany» oder als Sängerin
mit neuem Album. Das Motto
lautet: «Du bist gut.»
Interview Olaf Neumann
[email protected]
Das neue Nena-Album «Du bist gut»
bietet positive Pophymnen, drängende
Elektroniksongs und auch nachdenkliche Momente. Die Wahl-Hamburgerin,
vierfache Mutter und zweifache Grossmutter feierte in diesem Jahr ihren 52.
Geburtstag – und wirkt beim Interview
gerade halb so alt wie sie ist. Schönheit
kommt von innen und von schönen
Gedanken, lautet ihr Anti-Aging-Rezept.
Nena, für Ihr neues Album «Du bist
gut» sind Sie nach Island ins Studio
der Band Sigur Rós gegangen. Was
führte Sie ausgerechnet dorthin?
Nena: Ich wollte diese Platte unbedingt
an einem ruhigen Ort machen. Wir sind
ja viele Leute, die Band und die Streicher,
und es war immer mein Traum, einmal
nach Island zu reisen. Der Plan ist voll
aufgegangen. Die Kräfte, die auf dieser
Insel wirken, haben uns extrem entspannt
und beruhigt. Wir konnten uns vom ersten Moment an aufs Musikmachen konzentrieren. Island hat uns willkommen
geheissen – und das hört man auch auf
dem Album.
Die Musik auf Ihrem Album erinnert
streckenweise an den zackigen New
Wave der frühen 1980er-Jahre. Hat
diese Ära Sie am stärksten geprägt?
Nena: Musikalisch bin ich in den 1980ern
schon sehr zu Hause, aber nicht nur dort.
Ich glaube nicht, dass es irgendeine Zeit
in meinem Leben gibt, die mich nicht
geprägt hat. Ich lebe mein Leben sehr
bewusst und geniesse es in vollen Zügen.
Deshalb kann ich eigentlich nicht sagen,
ob eine bestimmte Zeit für mich besonders prägend war.
Auf dem Album geht es um «Freiheit»,
um «Frieden», um «Goldene Zeit» und
«Schmetterlinge». Gab es eine positive Grundidee für die Platte?
Nena: Die Grundhaltung war, dass wir
unser Potenzial entfalten und unserem
Herzen folgen. Eigentlich geht es jedes
Mal darum, auf allen Ebenen so weit wie
möglich auszuholen und sich freizuma-
Pink Panorama
mit Stargast
Film reg. Lesbische
und
schwule Filme
begeistern
längst auch ein
heterosexuelles
Publikum. Stargast am diesjährigen Pink Panorama,
dem
Luzerner lesbischwulen Filmfestival,
ist der bekannte deutsche ComicZeichner und -Autor Ralf König (Bild),
der als Chronist des schwulen Alltags
genau das geschafft hat.
König wurde 1987 mit dem Comic
«Der bewegte Mann» berühmt. Die
gleichnamige Verfilmung aus dem
Jahr 1994 mit Til Schweiger in der
Hauptrolle hatte über sechs Millionen
Zuschauer in die Kinos gelockt. Gezeigt wird ein Dokumentarfilm über
König; am 17. November findet eine
Live-Comic-Lesung mit ihm statt.
Eröffnet wird das Festival am Donnerstag um 20.30 Uhr im Beisein von
Stadträtin Ursula Stämmer-Horst.
Die Pink Bar im Kinofoyer im
Untergeschoss des Bourbaki Panoramas ist – betont für alle, unabhängig
jeder sexuellen Orientierung – täglich
ab 18 Uhr geöffnet (Sonntag ab 14.30
Uhr, Dienstag ab 16 Uhr).
HINWEIS
 Pink Panorama, 15. bis 21. November,
Stattkino, Luzern; www.pinkpanorama.ch,
Reservationen: Tel. 041 410 30 60
Mehr im APERO vom nächsten Mittwoch. 
Nena: Wenn man Kindern auf Augenhöhe begegnet, dürfen sie die Spielfläche
genauso nutzen wie Erwachsene. Ich
würde da niemanden ausgrenzen, es
kommt immer darauf an, wie man Kindern begegnet. Einfach mal hinhören, was
Kinder zu sagen haben und sie ernst
nehmen.
chen von äusseren Einflüssen. Wir haben
nie Konzepte oder Pläne, wir fangen
einfach an und lassen alles fliessen. Und
dann entstehen die Songs.
Das Klischee eines Künstlers lautet,
nur eine gequälte Seele könne grosse
Kunst schaffen. Ist da was dran?
Nena: Soll das heissen, man schreibt die
besten Songs, wenn man Liebeskummer
hat? Ich finde eher das ganze Leben
extrem inspirierend. Für mich geht es
immer darum, mit grösster Offenheit in
ein Projekt zu gehen.
Hat Ihre Arbeit als Talentcoach bei
«The Voice of Germany» einen Einfluss
auf Ihr eigenes Schaffen?
Nena: Ich glaube, dass alles, was ich im
Leben erfahre, mich irgendwo beeinflusst.
Was meine Arbeit bei «The Voice of Germany» konkret ausmacht, weiss ich noch
gar nicht. Es ist definitiv ein bereicherndes Projekt. Getragen davon, Menschen
zu begegnen, die ich vorher noch nie
gesehen habe. Indem ich mich als Coach
gebe und den Kandidaten damit eine Tür
öffne, übernehme ich auch eine gewisse
Verantwortung. Diese nehme ich unbedingt ernst. Ich finde es schön, meine
beruflichen Erfahrungen weitergeben zu
können. Das geht nur, indem ich den
Kandidaten auf Augenhöhe begegne und
nicht als die Nena, die schon 30 Jahre
Berufserfahrung auf dem Buckel hat. Ich
weiss nämlich überhaupt nicht, wie es
geht.
«Du bist gut» klingt wie eine Motivationsformel. Beziehen Sie daraus Ihre
Selbstbestätigung als Künstlerin?
Nena: Nein, als Mensch. Das ist eine Form
von Wertschätzung, die mir sehr wichtig
ist. Ein Appell an die Selbstliebe. Nur
wenn ich mich selbst achte und gerne
«Ein schlichtes
‹Du bist gut› kann
eine Motivations­
formel sein.»
NENA
Allein eine gute Stimme macht noch
keinen Popstar. Was muss man mitbringen, wenn man in Ihrem Beruf
erfolgreich sein will?
Nena: Es gibt da für mich keine Regeln.
Es würde mich sehr einschränken, wenn
ich von vornherein wüsste, was die Kandidaten mitbringen müssen, um weiterzukommen. Sie sollen einfach ihr Ding
machen. Wenn jemand komplett verängstigt ist und sich auf einer Bühne
überhaupt nicht wohl fühlt, dann funktioniert es natürlich nicht. Aber das habe
ich bisher bei «The Voice» nicht erlebt.
habe, bin ich auch eine Freude für andere. Ich wünsche mir, dass wir uns
gegenseitig stärken und in die Kraft bringen. Dafür kann ein schlichtes «Du bist
gut» eine Motivationsformel sein.
Das Albumcover stammt von Ihrer
Tochter Larissa, einer Hälfte des
Künstlerduos Adameva. Von der
Kunst leben zu können, dies ist sehr
schwer. Haben Sie das Ihrer Tochter
mit auf den Weg gegeben?
Nena: Es geht nicht darum, meinen Kindern irgendetwas auszureden, sondern
sie darin zu bestärken, ihren eigenen Weg
zu gehen und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich wollte ihnen immer
Raum zur Entfaltung lassen. Das ist mir
sicher nicht immer gelungen, auch ich
lerne immer noch, Mutter zu sein. Aber
ich weiss, dass wir in unserer Familie sehr
respektvoll miteinander umgehen und
einfach Freude aneinander haben. Jeder
von uns ist in seinem eigenen Universum
unterwegs, und es ist schön, dass wir so
oft an den Schnittstellen zusammenkommen und uns gegenseitig bereichern. Das
bedeutet für mich echte Lebensqualität.
Können Castingshows im Fernsehen
eine Chance für talentierte Kinder
sein?
Wie hoch ist das Niveau der Kandidaten?
Nena: Das Niveau der menschlichen Begegnungen bei «The Voice» ist sehr hoch,
und das gab es in dieser Form im Fernsehen schon lange nicht mehr.
Nena: Du bist gut (Laugh & Peas/Tonpool)
The Voice of Germany : Noch bis 15. Dezember,
jeweils freitags ab 20.15 Uhr auf Sat.1.
«Ein Appell an die Selbstliebe»: Nena (52)
auf dem Pressebild zum neuen Album.
PD
www...
Die Single «Das ist nicht alles» von Nena finden
Sie auf www.luzernerzeitung.ch/bonus
Junger Meister weckt alte Blues-Geister
BlUEs  Das Lucerne Blues
Festival 2012 ist eröffnet: Mit
Marquise Knox (21) zeigte ein
früh gereifter Gitarren-Champion sein stupendes Können.
ersten Songs, «doin’ what I do best» –
hier bin ich, und mache, was ich am
besten kann. In der Tat: Als Gitarrist ist
Knox mit allen Blues-Wassern gewaschen. Er spielt äusserst flink und fingerfertig, aber nicht übereifrig, kann auf
sechs Saiten wüst rockende und rollende Geschichten erzählen, um im nächsten Moment zu jenem samtenen, fast
gediegenen Tonfall zurückzufinden, den
einige seiner Vorbilder unter den alten
Elektrobluesmeistern auszeichnete.
Er ist so etwas wie der Lieblings-Nachwuchsmusiker der Bluesgemeinde.
Schon in Teenager-Jahren galt der aus
St. Louis/Missouri stammende Marquise Knox Kennern als «Wunderkind», der
scheinbar mühelos Einflüsse von Blues­
legenden wie Muddy Waters oder Albert
King absorbiert und dabei doch zu
einem originalen Ausdruck findet.
Nun denn: Den exzellenten Ruf, der
dem 21-jährigen Gitarristen und Sänger
vorauseilt, hat er gestern Abend am
traditionellen Gratis-Eröffnungskonzert
des Luzerner Bluesfestivals im Hotel
Schweizerhof eindrucksvoll bestätigt.
Knackig und kompetent
Nicht minder reif klingt Knox’ Stimme,
die diverse Jahre mehr auf dem Buckel
zu haben scheint, als biografisch belegt
sind. Deshalb kommt auch ein alter
Klassiker wie «Hoochie Coochie Man»,
den Knox an diesem Abend neben vielen Eigenkompositionen im Repertoire
hat, druckvoll und knackig daher – und
wird zugleich mit der Kompetenz eines
gewieften Routiniers abgewickelt.
Marquise Knox stets zu Diensten ist
seine Band: Arnold Ogrodnik am Bass,
Mike Battle am Schlagzeug und Rags
Ragsdell am Keyboard huldigen knockentrocken dem Gott des Grooves und
reagieren doch wach auf die Einfälle
ihres Frontmannes. Ein Fest für BluesConnaisseurs – und eines mit Reprise:
Knox spielt am nächsten Donnerstag
nochmals, dann im Casino Luzern.
«Hier bin ich»
Wieder ist der Bringolfsaal im «Schweizerhof» gut gefüllt, als Martin Bründler
vom Veranstalterteam die vertraute Ankündigung macht, wonach der Blues
wieder zurück in Luzern sei. Und dann
tritt mit seinem Quartett ein Musiker
auf die Bühne, der gerade mal drei
Jahre alt war, als das Lucerne Blues
Festival das erste Mal stattfindet.
Knox, der bereits mit 16 sein erstes
Album einspielte, mangelt es sichtlich
und hörbar nicht an Selbstvertrauen:
«Here I am», singt er in einem seiner
StEfan Christen
[email protected]
Ein Fest für Blues-Connaisseurs: Marquise Knox
gestern Abend im «Schweizerhof», Luzern.
Bild Pius Amrein
HINWEIS
 Lucerne Blues Festival, bis 18. November. Infos
und Vorverkauf: www.bluesfestival.ch 