Positionspapier IR-Heizungen GP-kurz-def

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Positionspapier IR-Heizungen GP-kurz-def
Positionspapier zu elektrischen IR-Heizungen
Auch Infrarotheizgeräte sind Elektroheizungen
Greenpeace Schweiz, Autor: Jürg Nipkow, S.A.F.E., Zürich
Zusammenfassung
VerkäuferInnen von Infrarot-Elektroheizgeräten versprechen Energie- und Heizkosteneinsparungen
gegenüber anderen Heizsystemen, ja selbst Wärmepumpenheizungen, und versuchen, diese mit Beispielrechnungen zu beweisen. Die Physik lässt sich aber nicht austricksen: zwar können mit Strahlungsheizungen im Idealfall maximal 20% Energieeinsparungen gegenüber Radiatorenheizungen erzielt werden, aus ökologischer Sicht bleibt die Infrarot-Elektroheizung aber eine Elektroheizung! Bei
den Energiekosten schneiden alle anderen Heizsysteme viel besser ab.
Grundlagen
Elektrische Infrarotheizgeräte funktionieren wie der alte rot glühende Heizstrahler im Bad: Die Heizelemente strahlen in den Raum und geben daneben auch etwas Konvektionswärme ab durch die
nach oben steigende erwärmte Luft. Die Elemente erreichen Temperatur gegen 100 °C, die elektrische Leistungsaufnahme pro Element liegt zwischen ca. 300 und 1200 W.
Der Mensch empfindet als "Komforttemperatur" einen Mittelwert aus Lufttemperatur und der mittleren
Temperatur der ihn umgebenden Raumoberflächen. Weil die IR-Systeme mehr Strahlung abgeben,
sind etwas tiefere Lufttemperaturen möglich. Dies allerdings nur im "Sichtbereich" der Strahlungsplatten (welche somit anders zu platzieren wären als Einzelspeicher, nämlich höher), und wenn nicht zu
viele kalte Flächen den Effekt kompensieren. Je nach Aufenthaltsort und Beschäftigung gibt es jedoch
kalte Finger und Füsse oder auch heisse Köpfe im Nahbereich der Strahler! Die elektrischen IRStrahlungsplatten erreichen Oberflächentemperaturen gegen 100°C.
Strahlungsheizgeräte erlauben also etwa 2 bis 3°C tiefere Raumluft-Temperaturen. Allerdings sind
grössere Differenzen ohne gravierende Komforteinbusse kaum möglich. Damit sind 10% bis maximal
20% Heizenergie-Einsparungen erreichbar (6,5% pro Grad); effektiv aber deutlich weniger, da ja die
angestrahlten Raumoberflächen wärmer sind und dadurch mehr Wärme nach aussen verlieren.
Gegenüber üblichen Zentralheizungssystemen mit Radiatoren sind ihre Vorteile die schnellere Wirkung und dass im direkten Strahlungsbereich um 2 bis 3°C tiefere Raumluft-Temperaturen möglich
sind als sonst üblich. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber:
•
Eingeschränkter Komfort: wenn nur mit Strahlung geheizt wird, ist ein guter Komfort auch nur im
Bereich der Strahler erreichbar. Also muss man entweder viele Strahler einsetzen (d.h. auch viel
Energie) oder sich vor allem in deren (Sicht-) Bereich aufhalten. Wegen der relativ kühl bleibenden nicht angestrahlten Raumoberflächen ist das Raumklima an von der Strahlung abgeschirmten
Stellen wenig komfortabel, vor allem bei längerem Aufenthalt ohne Bewegung.
•
Teure Energie: Strom (mehrheitlich Hochtarif!) ist rund 3 Mal teurer als Brennstoffe. Die Einsparung durch den Strahlungseffekt (gegenüber Radiatoren) ist demgegenüber bei dauernder Nutzung nur maximal 20%.
•
Elektrizität ist die hochwertigste Energie, die nicht für niedrige Temperaturen (Raumheizung,
Warmwasser) direkt eingesetzt werden sollte: Mittels Wärmepumpen kann man aus Strom dreibis vier Mal mehr Wärme erzeugen.
•
Schweizer Strom wird zu ca. 40% in AKW produziert, deren Sicherheit und Zukunft (Atomabfall!)
umstritten ist. Vor allem wegen des Strom-Aussenhandels ist Schweizer Strom keineswegs CO2frei.
•
Hohe Anschlussleistung, die in EFH und Wohnungen nicht ohne weiteres verfügbar ist und deren
nachträgliche Installation teuer kommen kann.
Aufgrund all dieser Eigenschaften können elektrische Strahlungsheizgeräte vor allem für Anwendungen sinnvoll sein, wo nur kurzzeitig geheizt werden muss und eingeschränkter Heizkomfort akzeptiert
wird, z.B. in nur kurz genutzten Arbeitsplätzen in kalter Umgebung oder in Warteräumen.
Greenpeace IR-Heizgeräte
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S.A.F.E. / Jürg Nipkow 04.2009
Energiekosten
Da mit Strahlungsheizungen bei zeitlich normaler Raumnutzung nur ca. 10% bis maximal 20% Heizenergie einzusparen ist, sind bezüglich Heizkosten die Preise der Energieträger und der Nutzungsgrad der Wärmeerzeugung ausschlaggebend. Elektrische Strahlungsheizgeräte können also 10 bis
20% Einsparungen nur im Vergleich zu "normaler" Widerstandsheizung (also konventionellen Elektroheizsystemen) erzielen – und auch das nur bei gleichem Niedertarifanteil. Strahlungsheizungen müssen aber zwangsläufig tagsüber, also im Hochtarif, betrieben werden, wodurch höhere Stromkosten
resultieren als bei Speicherheizungen, welche nachts im Niedertarif aufgeladen werden. Wärmepumpenheizungen erreichen dank einem Nutzungsgrad von 250 bis 400% (Jahres-Arbeitszahl JAZ 2,5 bis
4) viel tiefere Energiekosten. Bei Öl-, Gas- oder Holzfeuerungen ist der Brennstoff in der Regel 2 bis
3-Mal günstiger als Strom, so dass sich bei Nutzungsgraden von 80 bis 90% ebenfalls viel tiefere Energiekosten ergeben.
Ökologische Argumente
Da der Stromverbrauch von elektrischen Infrarot-Heizungen nur wenig kleiner ist als von konventionellen Elektroheizung, gelten die gleichen Argumente für die ökologische Beurteilung:
•
Verschwendung der hohen Wertigkeit des Stroms, der mittels Wärmepumpen 4 Mal mehr Wärme
erzeugen kann.
•
Bewertung anhand der Umweltbelastung des europäischen Strommixes wegen des europäischen
Verbundnetzes. Auch wenn für solche Heizungen reiner Ökostrom eingesetzt würde, bliebe die
Wertigkeits-Verschwendung, und je nach (Öko-) Strompreis wäre es ökologisch und ökonomisch
sinnvoller, diese Mittel für die Gebäude-Wärmedämmung einzusetzen.
•
Gesundheits-Argumente, welche gelegentlich für elektrische Infrarot-Heizungen bemüht werden,
gelten auch für andere Heizungen mit hohem Strahlungsanteil der Wärmeabgabe (z.B. Fussbodenheizung oder Decken-Strahlelemente, mit beliebiger Wärmeerzeugung über eine Wasserzirkulation versorgt).
Mit IR-Elektroheizungen MuKEn-Vorschriften umgehen?
Die Muster-Energieverordnung der Kantone (MuKEn 2008), welche im Laufe von 2009 von den meisten Kantonen in die Gesetzgebung übernommen wird, verbietet die Neuinstallation von Elektroheizungen. Theoretisch lässt sich dies durch IR-Heizgeräte umgehen, wenn diese jeweils einzeln über
Steckdosen versorgt werden und somit keine Installationsbewilligung nötig ist. Allerdings lässt sich die
an kalten Tagen benötigte Leistung kaum aus einer normalen Haushalt-Elektroinstallation beziehen,
da zu wenig Sicherungsleistung frei ist. Eine Verstärkung der Installation zum Zweck der Elektroheizung wäre vorschriftswidrig. Auch müsste jeder Elektriker, mit einem solchen Anliegen konfrontiert,
seinen KundInnen schon wegen der Heiz-Stromkosten dringend abraten.
Position Greenpeace
Infrarot-Heizgeräte unterschieden sich aus ökologischer und ökonomischer Sicht nur minimal von konventionellen Elektroheizungen und sind deshalb abzulehnen. Die oft von aggressiven VerkäuferInnen
angeführten Vorteile treffen grösstenteils nicht zu oder sind enorm übertrieben. Auch lassen sich die
meisten Nachteile nicht durch den Einsatz von Ökostrom kompensieren, abgesehen von den daraus
resultierenden nochmals höheren Heizkosten.
Fazit
Infrarot-Elektroheizungen sind nicht geeignet, andere ebenfalls wenig ökologische Heizsystem zu ersetzen oder gar eine Gebäude-Wärmedämmung überflüssig zu machen. Die Schritte zur nachhaltigen
Gebäudeheizung sind nach wie vor: 1. Gebäudehülle sanieren, 2. Heizsysteme mit hohem Nutzungsgrad und erneuerbaren Energien einsetzen.
Weiterführendes
- Argumente gegen Elektroheizung generell
- Raumklima-Komfort: SIA Normen 382/1 und 180.
Greenpeace IR-Heizgeräte
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S.A.F.E. / Jürg Nipkow 04.2009