Jägersprache: Greifvögel
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Jägersprache: Greifvögel
098_099_Jaegersprache_Greife 01.08.2006 11:04 Uhr Seite 2 MAGAZIN ◆ AUSBILDUNG Jägersprache: Greifvögel Nicht nur die Jäger, sondern speziell das uralte FalknerHandwerk haben die jagdliche Fachsprache um die Greife geprägt. Augenstern Flügeldecke Wachshaut Schnabel Haken Stange Pennen Hosen Fuß Stoß Steinadler Fangwarzen Bis auf wenige Ausnahmen gelten die Begriffe der Jägersprache für alle Greifvogel-Arten. Die Falknersprache kennt noch mehr Bezeichnungen, die auch auf das Werk des Hohenstaufen-Kaisers Friedrich II. zurückgehen „De arte venandi cum avibus“ (1194-1250). Hier sollen nur die wichtigsten Begriffe in Ergänzung zur Jägersprache genannt werden. Die Weibchen bei Greifvögeln werden Weib genannt oder einfach mit dem Artnamen (zum Beispiel Habicht) bezeichnet, die Männchen als Terzel (zum Beispiel Habichtterzel) mit folgenden 98 WILD UND HUND 16/2006 Ausnahmen: Sprinz (Sperber), Sakeret (Sakerfalke), Lanneret (Lannerfalke). Allen Vögeln gemeinsam sind kräftige Fänge. Bei Adlern und Habicht heißen sie Füße, beim abgetragenen Falken Hände. Bei anderen Greifen nennt man sie Ständer. Sie sind mit mehr oder weniger stark ausgebildeten Hosen befiedert. Fangwarzen nennt man die rauen Ballen an der Unterseite des Fußes, die das Festhalten des Raubes erleichtern. Am Kopf fallen große, von knöchernen „Augenbrauen“ beschattete Augen auf, vielfach mit kräftig gefärbtem (Augen-)Stern (Iris) sowie der starke Beck (Schnabel) mit Haken. Die Falken sind Bisstöter. Ihr Schnabel ist deshalb mit dem Falkenzahn ausgestattet. Die Habichtsartigen sind Grifftöter, die ihren Raub (lebende Beute) mit den Fängen töten. Haken und Schneidekante des Schnabels zerreißen und zerlegen die Beute. Den oberen Teil des Schnabels überzieht die Wachshaut (Ring). Der Körper wird bedeckt vom Gefieder, das in der Federzeit gewechselt wird, man sagt: Der Vogel fiedert sich. Danach ist er durchgefiedert. Die verschiedenen Partien des Gefieders (Kleides) haben eigene Namen: Die großen Handschwingen sind die Pennen (Pannen); den Oberarm bedecken die Flügeldecken, der ganze Flügel ist der Fittich. Die Schwanzfedern bilden den Stoß, der oben und unten von Ober- und Unterstoß teilweise bedeckt wird. Bei vielen Arten tragen die ausgefiederten Jungvögel ein Jugendkleid. So heißt der rötliche junge Habicht Rothabicht. Die erwachsenen Vögel (Altvögel) tragen das Alterskleid. Die regelmäßig im Revier brütenden Horstvögel bauen 01.08.2006 (oder renovieren) nach der Balz ihren Horst. Bald folgt das Gelege, sie horsten. Wenn die Jungvögel ausgefallen sind, bleiben sie zunächst Nestlinge (Nesthocker). Wenn sie den Horst verlassen und in seiner Nähe ihre Fittiche erproben, sind sie Ästlinge, die von den Altvögeln geatzt werden. Ihren Appetit auf Atzung tun sie durch lautes Lahnen kund (Altvögel schreien). Auf ihrer ständigen Suche nach Atzung für die Brut sind die Altvögel dabei, das Revier abzustreifen oder auf Raub (an-)zuwarten. Ist ihren scharfen Augen etwas aufgefallen, werden sie kesseln (rütteln) oder ringholen (enge Kreise ziehen), um kurz darauf auf den Raub zu stoßen, das Tier zu schlagen (fangen, greifen). Misslingt der Ver- 11:05 Uhr Seite 3 such, war es ein Durchgang (Fehlschlag). Gelingt es, bindet (greift und hält) der Vogel den Raub, mantelt und beginnt zu rupfen. Was beim Kröpfen an Unverdaulichem aufgenommen wurde, speit er später als Gewölle aus. Gelegentlich ist auch Aas willkommen, das im Gegensatz zum Raub Fraß heißt. Dass die Jungvögel im Horst und drum herum permanent schmeissen (kälken, schmelzen = sich lösen), verrät der durch das Geschmeiss (Schmelz) bemalte (geweisste) Horstbaum. Als Beizjagd bezeichnet man die Jagd mit abgetra- Scheitel Ring Falkenzahn Zügel Kehle Nacken Kropf Dach Wanderfalke Brust Leib (Magen) Diehn (Oberschenkel) Oberhand Hand (Fang) Bruck Staart Außenklaue Flügelberg } Habicht (Alterskleid) Das Gefieder ist „gesprenkelt“ Fuß Der Beizvogel in der Falknersprache Beck Atzklaue Auge Fittich Fänge (Gewaff) Stirn Mittelklaue Fangklaue Pennen Blume Hose (Dünne) genen, bereiteten (gezähmten) Greifvögeln: Falken, Habichten, Adlern und anderen Greifen. Man unterscheidet nach Art des Beizwildes und der Jagdtechnik den hohen und niederen Flug. Ein gezüchteter Beizvogel oder ein Wildfang wird locker gemacht durch Abtragen auf der Faust sowie Atzung. Auf Zeichen oder auf das Federspiel und den Balg (hufeisenförmige Beuteattrappe mit Schwingen bzw. ausgestopfter Balg mit Kopf) soll er nach dem Flug wieder bereiten (zurückkehren). Zur Jagd wird der Vogel mit der Armatur aufgeschirrt: Außer dem Geschüh (kurze Lederriemen an den Füßen), und den Bellen (kleine Glocken oberhalb des Geschühs zum besseren Auffinden) wird mittels einer Drah- le (Wirbel) die Langfessel (langer Lederriemen) am Geschüh befestigt. Damit sie nicht unruhig werden, verkappt man meist Falken oder Adler (mit einer Kappe) und deckt erst vor dem Beuteflug auf. Der Vogel steht dann auf der Faust und wird an das Beizwild geworfen oder wartet an (hoch in der Luft), auf dass der Falkner und/oder Hund Wild hochmachen. Der Falkner ist ausgerüstet mit Falknerhandschuh, Falknertasche für Fesseln, Ersatzarmatur, Federspiel, Falknermesser, Atzung etc. Wenn der Beizvogel ruhen soll, wird er an der Langfessel mit Hilfe des Falknerknotens an einer (Block-)Jule oder einem Sprenkel angelegt (im Freien). In der Falkenkammer dient zum Ruhen ein Reck. ◆ WILD UND HUND 16/2006 99 T EXT UND I LLUSTRATIONEN : B IRTE KEIL 098_099_Jaegersprache_Greife