Jägersprache: Greifvögel

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Jägersprache: Greifvögel
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01.08.2006
11:04 Uhr
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MAGAZIN ◆ AUSBILDUNG
Jägersprache:
Greifvögel
Nicht nur die Jäger, sondern
speziell das uralte FalknerHandwerk haben die
jagdliche Fachsprache um
die Greife geprägt.
Augenstern
Flügeldecke
Wachshaut
Schnabel
Haken
Stange
Pennen
Hosen
Fuß
Stoß
Steinadler
Fangwarzen
Bis auf wenige Ausnahmen
gelten die Begriffe der Jägersprache für alle Greifvogel-Arten. Die Falknersprache kennt
noch mehr Bezeichnungen,
die auch auf das Werk des Hohenstaufen-Kaisers Friedrich
II. zurückgehen „De arte venandi cum avibus“ (1194-1250).
Hier sollen nur die wichtigsten Begriffe in Ergänzung zur
Jägersprache genannt werden.
Die Weibchen bei Greifvögeln werden Weib genannt
oder einfach mit dem Artnamen (zum Beispiel Habicht) bezeichnet, die Männchen als Terzel (zum Beispiel
Habichtterzel) mit folgenden
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Ausnahmen: Sprinz (Sperber), Sakeret (Sakerfalke),
Lanneret (Lannerfalke).
Allen Vögeln gemeinsam
sind kräftige Fänge. Bei Adlern und Habicht heißen sie
Füße, beim abgetragenen
Falken Hände. Bei anderen
Greifen nennt man sie Ständer. Sie sind mit mehr oder
weniger stark ausgebildeten
Hosen befiedert. Fangwarzen nennt man die rauen Ballen an der Unterseite des
Fußes, die das Festhalten des
Raubes erleichtern.
Am Kopf fallen große, von
knöchernen „Augenbrauen“
beschattete Augen auf, vielfach mit kräftig gefärbtem
(Augen-)Stern (Iris) sowie
der starke Beck (Schnabel)
mit Haken. Die Falken sind
Bisstöter. Ihr Schnabel ist
deshalb mit dem Falkenzahn ausgestattet. Die Habichtsartigen sind Grifftöter, die ihren Raub (lebende Beute) mit den Fängen töten.
Haken und Schneidekante
des Schnabels zerreißen und
zerlegen die Beute. Den oberen Teil des Schnabels überzieht die Wachshaut (Ring).
Der Körper wird bedeckt
vom Gefieder, das in der Federzeit gewechselt wird, man
sagt: Der Vogel fiedert sich.
Danach ist er durchgefiedert.
Die verschiedenen Partien des
Gefieders (Kleides) haben eigene Namen: Die großen
Handschwingen sind die Pennen (Pannen); den Oberarm
bedecken die Flügeldecken,
der ganze Flügel ist der Fittich. Die Schwanzfedern bilden den Stoß, der oben und
unten von Ober- und Unterstoß teilweise bedeckt wird.
Bei vielen Arten tragen die
ausgefiederten Jungvögel ein
Jugendkleid. So heißt der rötliche junge Habicht Rothabicht. Die erwachsenen Vögel
(Altvögel) tragen das Alterskleid.
Die regelmäßig im Revier
brütenden Horstvögel bauen
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(oder renovieren) nach der
Balz ihren Horst. Bald folgt
das Gelege, sie horsten.
Wenn die Jungvögel ausgefallen sind, bleiben sie
zunächst Nestlinge (Nesthocker). Wenn sie den Horst
verlassen und in seiner Nähe
ihre Fittiche erproben, sind
sie Ästlinge, die von den Altvögeln geatzt werden. Ihren
Appetit auf Atzung tun sie
durch lautes Lahnen kund
(Altvögel schreien). Auf ihrer
ständigen Suche nach Atzung
für die Brut sind die Altvögel
dabei, das Revier abzustreifen oder auf Raub (an-)zuwarten. Ist ihren scharfen Augen etwas aufgefallen, werden
sie kesseln (rütteln) oder
ringholen (enge Kreise
ziehen), um kurz darauf
auf den Raub zu stoßen,
das Tier zu schlagen
(fangen,
greifen).
Misslingt der Ver-
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such, war es ein Durchgang
(Fehlschlag). Gelingt es, bindet (greift und hält) der Vogel den Raub, mantelt und beginnt zu rupfen. Was beim
Kröpfen an Unverdaulichem
aufgenommen wurde, speit er
später als Gewölle aus. Gelegentlich ist auch Aas willkommen, das im Gegensatz zum
Raub Fraß heißt.
Dass die Jungvögel im
Horst und drum herum
permanent schmeissen (kälken, schmelzen = sich lösen),
verrät der durch das Geschmeiss (Schmelz) bemalte
(geweisste) Horstbaum.
Als Beizjagd bezeichnet
man die Jagd mit abgetra-
Scheitel
Ring
Falkenzahn
Zügel
Kehle
Nacken
Kropf
Dach
Wanderfalke
Brust
Leib
(Magen)
Diehn
(Oberschenkel)
Oberhand
Hand
(Fang)
Bruck
Staart
Außenklaue
Flügelberg
}
Habicht
(Alterskleid)
Das Gefieder ist
„gesprenkelt“
Fuß
Der Beizvogel in der
Falknersprache
Beck
Atzklaue
Auge
Fittich
Fänge
(Gewaff)
Stirn
Mittelklaue
Fangklaue
Pennen
Blume
Hose
(Dünne)
genen, bereiteten (gezähmten) Greifvögeln: Falken, Habichten, Adlern und anderen
Greifen. Man unterscheidet
nach Art des Beizwildes und
der Jagdtechnik den hohen
und niederen Flug.
Ein gezüchteter Beizvogel
oder ein Wildfang wird
locker gemacht durch Abtragen auf der Faust sowie Atzung. Auf Zeichen oder auf
das Federspiel und den Balg
(hufeisenförmige
Beuteattrappe mit Schwingen bzw.
ausgestopfter Balg mit Kopf)
soll er nach dem Flug wieder
bereiten (zurückkehren).
Zur Jagd wird der Vogel mit
der Armatur aufgeschirrt:
Außer dem Geschüh (kurze
Lederriemen an den Füßen),
und den Bellen (kleine
Glocken oberhalb des Geschühs zum besseren Auffinden) wird mittels einer Drah-
le (Wirbel) die Langfessel
(langer Lederriemen) am Geschüh befestigt. Damit sie
nicht unruhig werden, verkappt man meist Falken oder
Adler (mit einer Kappe) und
deckt erst vor dem Beuteflug
auf. Der Vogel steht dann auf
der Faust und wird an das
Beizwild geworfen oder wartet an (hoch in der Luft), auf
dass der Falkner und/oder
Hund Wild hochmachen.
Der Falkner ist ausgerüstet
mit
Falknerhandschuh,
Falknertasche für Fesseln,
Ersatzarmatur, Federspiel,
Falknermesser, Atzung etc.
Wenn der Beizvogel ruhen
soll, wird er an der Langfessel
mit Hilfe des Falknerknotens
an einer (Block-)Jule oder einem Sprenkel angelegt (im
Freien). In der Falkenkammer dient zum Ruhen ein
Reck. ◆
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T EXT UND I LLUSTRATIONEN : B IRTE KEIL
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