Mit Galileo zum Jupiter
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Mit Galileo zum Jupiter
Galileo 373 Mit Galileo zum Jupiter Schon während der Pioneer-Flüge gab es bei Amerikas Raumfahrtbehörde über das Voyager-Projekt hinaus Studien für eine Raumsonde zu dem Riesenplaneten, die in eine Satellitenbahn um den Jupiter eintreten und eine Meßkapsel in dessen Atmosphäre entlassen sollte. 1976 faßte die NASA diverse Projekte unter dem Kürzel ‚Jupiter Orbiter Probe‘ (JOP) zusammen, wobei das federführende ‚Jet Propulsion Laboratory‘ in Pasadena bei Los Angeles den Orbiter und das ‚Ames Research Center‘ bei San Francisco die technisch sehr schwierige Eintrittskapsel bauen sollten. Beide NASA-Zentren hatten gerade die Arbeiten an vorangegangenen Raumsondenprojekten beendet, im JPL waren die Voyager-Sonden fast startbereit, und im ARC hatte man die Pioneer-Kapseln für die Venus-Atmosphäre fertiggestellt. So waren noch zahlreiche Wissenschaftler und Techniker für eine neue Mission bereit und mit der Materie vertraut, es war also eine gewisse personelle Kontinuität für den Beginn der Arbeiten an JOP gewahrt – ein wichtiger Sicherheitsund Kostenfaktor. Einige Expertenteams blieben fast unverändert zusammen, wenn ihr für Voyager gebautes Instrument auch für den Galileo-Orbiter akzeptiert worden war. Doch es bildeten sich natürlich auch zahlreiche neue Gruppen von Fachleuten zum Bau völlig neuer Sensoren und Systeme. Zunächst aber mußten die US-amerikanischen Politiker von der wissenschaftlichen Notwendigkeit dieses Projekts überzeugt werden. Nach diversen Anhörungen in Washington kam schließlich einige Monate vor den Voyager-Starts die positive Entscheidung auch für die JOP, die beiden Projekte kreuzten sich in gewisser Weise. Ohne daß die Politiker die fantastischen Erfolge der VoyagerSonden kannten, waren sie schon für die Bewilligung weiterer Gelder für das Nachfolgeprojekt bereit. Am Mit der Galileo-Sonde begann die systematische, längerfristige Erforschung des riesigen Planeten Jupiter, seiner großen und kleinen Monde sowie des Ringsystems. Quelle: DLR 01.07.1977 war offizieller Beginn, und die neue Jupiter-Sonde erhielt den klangvollen Namen Galileo nach dem italienischen Universalgelehrten. Dieser hatte 1610 wohl als erster Mensch mit einem selbst gebauten Fernrohr den Jupiter und seine vier großen Monde gesehen und sie wegen der raschen Positionsveränderungen als Trabanten des großen Planeten erkannt. Doch die anfänglich sehr positive Stimmung für das Galileo-Projekt wurde auf viele harte Proben gestellt, technische, finanzielle und vor allem politische Probleme setzten dem Raumfahrtunternehmen stark zu, mehrfach stand es vor dem Abbruch. Die erste Krise kam mit der Amtsübernahme von Ronald Reagan, der 1980 neuer Präsident wurde. Seine Regierung war auf das SDI-Projekt fixiert und hatte keinen Sinn für Planetenforschung, sie wollte das bekannte JPL in Pasadena ganz in den Dienst der Raketenabwehr im Weltraum stellen oder schließen, niemand im Weißen Haus hatte Interesse an Galileo. Doch nun formierte sich unter der Leitung prominenter Wissenschaftler eine Bürgerbewegung, die für die neue Mission der NASA warb und große Teile der Bevölkerung für das Projekt interessierte. Galileo überlebte die politischen Attacken, und der Start der Sonde wurde auf Mitte 1986 terminiert. Doch nun kam die Challenger-Katastrophe im Januar jenes Jahres dazwi- schen, die sieben Astronauten das Leben kostete und die ganze amerikanische Raumfahrt zum Erliegen brachte. Mühsam erholte sich auch das Galileo-Projekt von diesem Schock, hilfreich war dabei auch, daß die Hardware und die Flugplanung zu 90 % fertiggestellt waren. Auch der als Teilnehmer gewonnene deutsche Partner drängte auf die Realisierung des Projekts. Aufgrund eines Vertrags zwischen der Regierung in Washington und Bonn hatte Deutschland den Bau des wichtigen Antriebsmoduls übernommen und die Lieferung von zwei wissenschaftlichen Sensoren sowie die Beteiligung an fünf anderen Instrumenten zugesagt. Politisch-finanzielle Probleme Nun aber gab es im Nachspiel zur Challenger-Katastrophe Probleme mit dem Start von Galileo, weil die eigentlich dafür geplante Träger-Kombination Raumtransporter und hochenergetische Centaur-Stufe aus Sicherheitsgründen nicht mehr fliegen durfte. Beim Start mit der stattdessen gewählten schwächeren IUS-Oberstufe verlängerte sich die GalileoFlugzeit zu Jupiter aber auf fast sechs Jahre. Die Raumsonde mußte außerdem zur Steigerung der Geschwindigkeits zweimal an der Erde und einmal an der Venus vorbeifliegen. Als Trost für die lange Reisezeit ergab sich andererseits, daß Galileo auf dem weiten Weg zu Jupiter an zwei Asteroiden vorbeifliegen und erst- 374 mals solche Körper aus der Nähe erforschen konnte – auch eine wichtige Premiere. Doch viele Techniker und Wissenschaftler in USA und Deutschland waren frustiert angesichts der insgesamt 10-jährigen Verspätung des Galileo-Projekts. Manche Experten gehörten den Teams schon gar nicht mehr an, sie waren in Pension gegangen oder verstorben – und ihre Erfahrung fehlte. Noch ein drittes ernstes Problem gab es für Galileo, diesmal mit dem Antriebsmodul aus Deutschland, denn bei Praxistests hatten MBB-Techniker 1987 festgestellt, daß die 10-NDüsen zur Überhitzung neigen und auch völlig ausfallen können. Also mußte das Antriebsmodul noch einmal zurück zum Hersteller, wo neue haltbare Triebwerke eingebaut wurden. Andernfalls hätte es sicher Probleme mit der Lagekontrolle und Bahnänderungen der Raumsonde gegeben, und die Galileo-Mission hätte wohl ein vorzeitiges Ende gefunden – peinlich für das Ansehen der deutschen Raumfahrtindustrie. Trotzdem waren die neuen kleinen 10-N-Motoren sehr empfindlich und durften nur intervallweise aktiviert werden, was etwas mehr Treibstoff verbrauchte und längere Manöver erforderte. Trotzdem wurde die Galileo-Raumsonde in den 80er Jahren von Experten gern als ‚Rolls Royce‘ unter den Raumsonden bezeichnet. So eine komplexe elektronische Maschine war noch nie zuvor für die Planetenforschung gebaut worden, sie enthielt 22 Mikroprozessoren und 85.000 Computer-Bauteile, die dem Äquivalent von 46 Mio. Transistor-Funktionen entsprachen. Das lag auch über der Komplexität der Voyager-Sonden, obwohl deren elektronisches Innenleben bereits dem von 2000 Farbfernsehern entsprach. Das Management des Galileo-Projekts hatte die NASA dem ‚Jet Propulsion Laboratory‘ in Pasadena übertragen. Dort konzentrierte sich in jenen Jahren bei der Betreuung vieler erfolgreicher Planetensonden besondere organisatorische und fachliche Kompetenz – und bei dem GalileoProjekt vor allem auch viel Geduld. Im JPL wurde der Jupiter-Orbiter ge- Jupiter – Großplanet mit Monden • Jupiter-Raumsonden Die Galileo-Konstruktion enthielt neben Antenne, Elektronik, Sensoren und RTGEnergie erstmals auch eine Kapsel zur direkten Erkundung der Jupiter-Wolkenhülle. Quelle: DLR baut und die Mission jahrelang vorbereitet, überwacht und gesteuert. Die Entwicklung der Atmosphärenkapsel übertrug das JPL an das ‚Ames Research Center‘ bei San Francisco, das den Bau des Hitzeschildes und der inneren Meß-Ausrüstung an die Firma Hughes delegiert hatte, wo auch die Pioneer-Kapseln für die Venusforschung gebaut wurden. Die Kosten für das Galileo-Projekt betrugen insgesamt ca. 1,5 Mrd. $, wesentlich mehr als geplant, was aber bei den vielen Änderungen, Unterbrechungen und Verspätungen nicht verwundert. Große Summen mußten auch für die Umrüstung der Sonde und den Wärmeschutz aufgebracht werden, als die neue Flugbahn festgelegt wurde, die Galileo auch zur Venus, also viel näher an die Sonne heranführen sollte als geplant. Ursprünglich war die Galileo-Konstruktion auf die Vermeidung zu großer Abkühlung und Wärmespeicherung ausgelegt, nun mußte sie auch Aufheizungen ertragen, ohne Schaden zu nehmen. Die 1977 beschlossene deutsche Beteiligung mit dem Antriebsmodul für Galileo, einer längeren Unterstützung der Mission und mit dem Bau dreier Meßgeräte hat das Bonner Forschungsministerium ca. 220 Mio. DM gekostet. Galileo-Konstruktion Diese amerikanische Planetensonde hatte den Auftrag, Jupiter und seine Monde über längere Zeit aus sich laufend ändernden elliptischen Umlaufbahnen zu erkunden. Gleich zu Beginn der Mission sollte Galileo erstmals eine Eintauchkapsel in die Atmosphäre von Jupiter entsenden, um deren Beschaffenheit direkt zu messen. Der Entwurf der GalileoRaumsonde und ihr elektronisches Betriebssystem sowie die Sensoren waren auf jahrelange Missionszeit ausgelegt und bildeten einen Kompromiß zwischen zahlreichen technischen und wissenschaftlichen Anforderungen. Diese waren: • lange Lebensdauer von 10 Jahren; • Redundanz wichtiger Systeme; • Schutz vor harter Strahlung in den Strahlengürteln nahe Jupiter; • Betreuung der Atmosphärenkapsel während des Transferflugs und beim Eintritt in Jupiters Atmosphäre; • laufend rotierende Plattform für Partikel- und Feldsensoren; • voll stabilisierte Plattform für Fernerkundungsexperimente, speziell die SSI-Kamera. Die beiden letzten Anforderungen führten zu einer konstruktiven Besonderheit mit einer voll stabilisierten und einer sich ständig drehenden Galileo Raumsonden-Abteilung (Spun und Despun Section), die beide je fünf Meßinstrumente enthielten und über eine Scharnier-Konstruktion mit gegenläufigem Entdrallmotor miteinander verbunden waren. Die GalileoSonde war im technischen Konzept eine Kombination aus Pioneer- und Voyager-Entwurf. Ein Teil der Sensoren konnte fest auf Jupiter und seine Monde gerichtet werden, die anderen Instrumente drehten sich laufend auf der Spun Section mit 3 U/m um die Hochachse, was ihnen einen sog. ‚Rundum‘-Blick gewährte. Neu war dagegen für diese JupiterSonde die gepanzerte Eintrittskapsel, die nach der Abtrennung vom Orbiter mit sechs Instrumenten erstmals in die Wolkenhülle des Riesenplaneten eintreten sollte, um die Zusammensetzung, den Druck und die Temperaturen direkt in den oberen Wolkenschichten zu messen. Der Aufbau des Galileo-Orbiters ähnelte der VoyagerKonstruktion. Das galt auch für die meisten Betriebssysteme und die Elektronik für die Wissenschafts-Instrumente, die sich im Zentralkörper der laufend rotierenden Sektion des Orbiters unter dem Teller für die Hauptantenne befanden. Daraus ragten die Partikel- und Feldsensoren PSI, PWS, MAG, DDS und EPD heraus, wie z.B. das Magnetometer an dem 13 m langen ‚boom‘. Auch alle Triebwerke, der größte Teil der Bordelektronik und die RTG-Batterien sowie die leider nicht ganz entfaltete, ganz oben montierte Hauptantenne drehten sich. Die seitlichen RTG-Elemente waren abgeschirmt, damit ihre Strahlung die sensiblen Galileo-Sensoren nicht schädigte. Zur lagestabilisierten Sektion von Galileo gehörten neben den fünf Punktsensoren PPR, UVS, SSI, NIMS und RS die Kreisel für das Lagekontrollsystem sowie der Sonnenund Canopus-Sensor und die Düsen des Antriebssystems sowie die Sekundärantenne für den Empfang der Landekapsel-Daten. Die Instrumente waren großenteils auf einer Plattform kombiniert, die beim Anpeilen der jeweiligen Motive weitgehend gedreht und geschwenkt werden konnte. 375 Das Ingenieur-Modell von Galileo offenbart Konstruktions-Details mit Zentralkörper, Antenne und RTG-Elementen sowie in der Mitte das deutsche Antriebsmodul. Quelle: JPL Unter diesem war in der Mitte die Atmosphärenkapsel mit den Sensoren ASI, NMS, HAD, NEP, NFR und LRD/EPI montiert. Erst als die Eintrittskapsel abgetrennt war, konnte das Haupttriebwerk für größere Kursänderungen gezündet werden. Auf gleicher Höhe befand sich das voll stabilisierte Sensormodul mit den Punktinstrumenten, die exakt auf Planeten, Monde, Ringe und Asteroiden ausgerichtet werden konnten. Die Galileo-Sonde war 4,5 m hoch, mit Antenne 4,8 m breit und wog beim Start insgesamt 2550 kg. Die ‚Trockenmasse‘ der Raumsonde betrug 1575 kg, wovon 148 kg auf ihre Sensornutzlasten entfielen; dazu kamen 925 kg an Treibstoff, während die Eintrittskapsel für die Jupiter-Wolken 338 kg auf die Waage brachte. Galileo-Computer Voraussetzung für den Erfolg der anspruchsvollen Galileo-Mission bei Jupiter war eine leistungsfähige Steuerelektronik mit ‚Command and Data Subsystem‘ (CDS). Die Prozessoren der 8-bit-Rechner liefen mit 1,6 MHz und entsprachen in der Leistung den Mikroprozessoren, die in den 70er Jahren in den Apple-II-Computern eingesetzt wurden. Galileo arbeitete also mit relativ einfachen Rechnern. Schon die nächste Generation von Computern wäre um den Faktor 200 leistungsfähiger gewesen, aber trotz mehrjähriger Verspätung des Projekts sahen sich die Konstrukteure nicht in der Lage, die Datenarchitektur von Galileo kurzfristig zu ändern. Das hätte hohe Mehrkosten verursacht und das Projekt weiter verzögert. Die Datenverarbeitung im ‚Gehirn‘ von Galileo arbeitete mit 19 Mikroprozessoren bei 320 kbytes RAM und 41 kbytes ROM. Diese Systeme waren nicht sehr leistungsfähig, aber speziell für dies Raumfahrtprojekt qualifiziert und deshalb zuverlässig – und viel weniger störanfällig als einer unserer heutigen Personalcomputer. Unerläßlich für den Betrieb der Galileo-Sonde allgemein und vor allem der CCD-Kamera war das Magnetband zur Speicherung der Daten mit einer Kapazität von 900 Mbit bzw. 200 Bildern. Wegen der nicht entfalteten Hauptantenne und der deshalb fehlenden Direktübertragungskapazität der Raumsonde mußten alle Bilddaten und andere Messungen der zehn Sensoren zunächst aufgezeichnet werden, um sie später langsam zur Erde übermitteln zu können. Zwar gab es erhebliche Probleme mit dem Magnetband, es war an manchen Stellen verklebt und nur teilweise nutzbar, außerdem drohte es zu reißen. Aber mit genauer Analyse der Pannen und viel Raffinesse bei ihrer Behebung oder Umgehung konnten die Bodentechniker das empfindliche Speichersystem bis zum Ende der Mission nutzen. Eine Weitwinkelkamera und das zweite Speichergerät waren in einem frühen Stadium der Galileo-Planung gestrichen worden. Ursprünglich sollte für die Kommunikation von Galileo mit der Erde eine 4,8 m große ‚Regenschirm‘-Antenne mit Datenraten von 115 und 134 kbps im S- oder X-Band eingesetzt werden. Die Sendeleistung betrug max. 15 W. Da sich diese filigrane Hauptantenne aber nicht entfaltete, blieb nur die kleine Notantenne für die Verbindung mit der Erde, die aber eine Datenrate von bestenfalls 100 bps zuließ. Leider war auch die 1 m große Relaisantenne zum Empfang der Sonde-Daten nicht für die Übertragung von Meßwerten zur Erde nutzbar. Das änderte den Ablauf der Galileo-Mission völlig und reduzier- 376 Jupiter – Großplanet mit Monden • Jupiter-Raumsonden te die Übertragung wissenschaftlicher Informationen und vor allem von Bildmaterial zur Erde ganz drastisch. Antriebsmodul (RPM) Eine Schlüsselrolle beim Galileo-Programm spielte das Lagekontroll- und Bahnänderungssystem, auch für den Einschuß der Raumsonde in die Jupiter-Umlaufbahn war es unerläßlich. Dafür mußte die Geschwindigkeit der Sonde mit etwa einer Tonne Treibstoff stark abgebremst werden. Dieses ‚Retro Propulsion Module‘ (RPM) war ein komplexes, eigenständiges, separat integrierbares und testbares Bauteil, das ein zentrales, lasttragendes Element der ganzen Konstruktion bildete, wie die Fachleute sagten. Es handelte sich um ein Raketenantriebssystem mit großen und kleinen Triebwerken, die in unterschiedlicher Kombination für diverse Anforderungen in größeren Zeitabständen sekunden-, minuten- und auch stundenlang gezündet werden konnten. Die RPM-Treibstoffe waren 595 kg Stickstoff-Tetroxid (mit noch 1 % Stickoxid) und 364 kg MonomethylHydrazin, die in vier je 75 cm großen Kugeltanks mitgeführt wurden. Die Förderung der beiden Substanzen in die Triebwerke erfolgte mit 2,8 kg komprimiertem Helium als Druckgas. Dieses Antriebsmodul der GalileoSonde verfügte über ein Haupttriebwerk mit 400 N Schub und zwölf kleinere Motoren mit je 10 N Schub, die an zwei je 2 m langen Auslegern befestigt waren. Insgesamt konnte das RPM-System Geschwindigkeitsänderungen von 1600 m/s, Abbremsungen, Beschleunigungen und direkte Kursänderungen leisten. Das wichtigste Manöver für das Antriebsmodul nach diversen Bahnänderungen während des Transferfluges war aber sicher der Bremsimpuls zum Einsetzen der GalileoSonde in den Jupiterorbit. Dazu kamen viele andere Manöver zur laufenden Optimierung der Schleifenbahnen für die Mond-Vorbeiflüge – und nicht zu vergessen die unzähligen Lageregelungsmanöver. Die Verbrauchsprognosen für das Antriebssystem auf Galileo gingen von folgenden Werten aus: Der große Das Antriebsmodul von Galileo wurde in Deutschland gebaut und diente speziell dem Einschuß der Sonde in die JupiterUmlaufbahn sowie diversen Kurskorrekturen. Quelle: MBB-ERNO 400-N-Motor brauchte 377 kg Treibstoff für das Bremsmanöver zum Einschuß in die Jupiter-Umlaufbahn und 187 kg für das Anheben des Perigäums dieses Orbits. Die kleinen 10-NDüsen verbrauchten 321 kg Treibstoff für zahlreiche kleinere Manöver und zur Lagekontrolle. Zum ‚Attitude and Articulation Control Subsystem‘ (AACS) für die Lagekontrolle gehörten noch Sternen- und Sonnensensoren zur Bestimmung der Galileo-Lage im dreidimensionalen Raum. Das Antriebssystem RPM von der westdeutschen Firma MBB-DASA (heute EADS-Astrium) beeindruckte die Amerikaner mit seiner hohen Zuverlässigkeit über fast 15 Jahre und mit der einfachen Handhabung. Für folgende Manöver wurde es eingesetzt: • Einschuß des Orbiters in eine erste Umlaufbahn um den Jupiter; • Anheben der Bahn von Galileo nach einem halben Umlauf; • ständige Lageregelungsmanöver; • Geschwindigkeitsänderungen; • Spinkontrolle der ‚spun section‘; • Manöver zum Ändern des Kurses des Galileo-Orbiters nach Abtrennung der Eintrittskapsel; • ständige Justierung des Orbits bei einigen Dutzend folgenden nahen Mond-Vorbeiflügen. RTG zur Energieversorgung Wie schon die Pioneer- und VoyagerSonden zur Erforschung des äußeren Planetensystems, so wurde auch der Jupiter-Orbiter Galileo mit RadioNuklid-Batterien zur Energieversorgung ausgerüstet. Sie verwandeln die Wärme des normalen radioaktiven Zerfalls von Plutonium-Dioxid (Pu238) in elektrischen Strom. Es wird aber in ‚Radioisotopen Thermoelektrischen Generatoren‘ keine Kernspaltung angeregt, wie sie in Kernreaktoren zur Energieerzeugung üblich ist. Außerdem ist diese Form des Plutoniums nicht für Waffen tauglich, doch es ist sehr giftig. Die beiden auf Galileo mitgeführten RTG-Elemente entwickelten zu Beginn der Mission eine Leistung von 580 W und nach 14 Jahren Einsatz noch etwa 450 W. Auch der Galileo-Start wurde wegen der Radioisotopen-Elemente von Umweltschutzaktivisten stark attakkiert. Doch die NASA sieht keine Alternative zu dieser Art der Energieerzeugung für Raumsonden hinaus ins äußere Planetensystem. Bei Jupiter kommt das Sonnenlicht nur noch mit 4 % der Intensität an, wie wir sie auf der Erde empfangen. Wollte man die 500 W elektrische Leistung für die Galileo-Sonde mit Sonnenzellen erzeugen, hätte der Solargenerator eine Fläche von 190 m2 und würde 500 kg wiegen, dazu käme noch das Gewicht für Speicherbatterien. Die beiden RTG-Elemente auf Galileo wogen nur 60 kg, also etwa ein Zehntel. Der größte Teil des RTG-Gewichts entfällt auf die Schutzhülle, die bei einem Startunfall den Austritt des gefährlichen Plutoniums in die Umwelt verhindern soll. Das Plutonium ist dafür in Keramik-Tabletten eingegossen, die von einem Schutzmantel aus Iridium und Graphit umgeben sind, der wieder in Graphit-Hüllen steckt. Nach dem Challenger-Unfall unternahm die NASA diverse Tests und versicherte, daß die RTG-Elemente auch eine Explosion des Shuttles oder der Rakete überstehen würden. Bisher gab es noch keinen Zwischenfall bei der Handhabung solcher Plutonium-Batterien, die seit Jahrzehnten in Sonden eingesetzt werden. Dennoch muß jeder Start einer Mission mit RTG-Elementen nach einem strengen Prüfverfahren vom US-Präsidenten persönlich freigegeben werden.