Prognoseverfahren zur Vorhersage von

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Prognoseverfahren zur Vorhersage von
Prognoseverfahren zur Vorhersage
von Branchenentwicklungen
Mitgliederversammlung Fachverband Automation des ZVEI
Nürnberg, 06. Oktober 2010
Philipp Ehmer
Senior Economist
Branchenanalyse
W fü überhaupt
Wofür
üb h
t Prognosen?
P
?
 In einem komplexen Wirtschaftsumfeld sollen Prognosen Orientierung geben
und die Planungssicherheit erhöhen
 Beispiele für Prognosen
–
–
–
–
–
BIP-Prognosen i.A. der Bundesregierung als Basis für weitere Schätzungen
Branchenprognosen von Banken zur Steuerung von Kreditvolumina & Anlagestrategie
Preisprognosen (z
(z.B.
B Rohstoffe) zur Optimierung des Einkaufs von Industriebetrieben
Währungsprognosen zur Ermittlung des Absicherungsbedarfs gegen Währungsrisiken
Steuerschätzung als Grundlage für die Aufstellung des Bundeshaushalts
 Prognosen
P
können...
kö
– ... politisch motiviert sein (z.B. vor wichtigen regulatorischen Entscheidungen oder
Tarifverhandlungen, Beispiel Stuttgart 21)
– ... an Grenzen
G
stoßen
t ß („Schwarze
(S h
Schwäne“
S h ä “ nach
hN
Nassim
i T
Taleb,
l b z.B.
B D
Domino-Effekt
i Eff kt
nach Zusammenbruch des Marktes für Subprime Kredite in den USA,
Ölpreisentwicklung)
Philipp Ehmer - 06. Oktober 2010
Seite 2
D t
Datengrundlage
dl
für
fü Prognosen
P
Originaldaten
 Von Unternehmen gemeldete Daten und hierauf basierende Schätzungen
 Ermöglichen Gesamtjahres
Gesamtjahresvergleiche,
ergleiche Errechnen von
on jährlichen
Wachstumsraten
Arbeitstäglich bereinigte Daten
 Korrektur um Veränderungen von Feiertagen und Ferienzeiten, z.B. Lage von
Ostern Schaltjahr etc
Ostern,
etc.
– Beispiel: Monat Februar hat i.d.R. 20 Arbeitstage; im Schaltjahr 2008 waren es 21
Arbeitstage  immerhin ein Plus von 5%
 Ermöglichen Periodenvergleiche, z.B. Q2/2010 mit Q2/2009
Philipp Ehmer - 06. Oktober 2010
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D t
Datengrundlage
dl
für
fü Prognosen
P
Einzelhandelsumsätze
Saisonbereinigte Daten
2005=100
 Korrektur um saisonale Muster, z.B.
im Einzelhandel, Bau, Tourismus etc.
130
120
 Gängige Methoden: X-12-ARIMA,
Berliner Verfahren (unterschiedliche
Verfahren beim Zerlegen von
Zeitreihen in Trend-, Konjunktur- und
S i
Saisonkomponenten)
k
)
110
100
90
80
03
04
05
06
Saisonbereinigt
07
08
09
10
Original
Quelle: Statistisches Bundesamt
Philipp Ehmer - 06. Oktober 2010
Seite 4
 Ermöglichen unterjährige Vergleiche
Vergleiche,
z.B. Q3/2010 mit Q2/2010
St ti ti h S
Statistische
Schätzverfahren
hät
f h
– bivariate
bi i t Regression
R
i
Wirtschaftswachstum & Insolvenzen  Korrelation zweier Größen kann für
Prognosen verwendet werden
x-Achse: BIP-Entwicklung, % gg. Vj.
y-Achse: Industrieinsolvenzen, % gg. Vj.
 Schätzung einer einfachen Funktion,
die den Zusammenhang der Größen
mathematisch abbildet
80
60
40
20
0
-20
y = -6,03x + 5,6
R² = 0,42
-8
8
-6
6
-4
4
-40
-2
2
0
2
4
6
Zeithorizont: Q1/2000 bis Q2/2010
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
Philipp Ehmer - 06. Oktober 2010
– Größe
G öße y verhält
e ä ssich
c be
bei e
einer
e
Veränderung der Größe x auf eine
vorhersagbare Art und Weise
– Wenn man nun die Veränderung der
Größe x vorhersagt, lässt sich auch auf
die Veränderung von y schließen
– In diesem Fall: ab einem BIPWachstum von etwa 1% gehen die
Insolvenzen zurück
 Bei Zeitverzögerung keine Prognose
notwendig:
t
di Yt = f (x
( t-1)
Seite 5
St ti ti h S
Statistische
Schätzverfahren
hät
f h
– multivariate
lti i t Regression
R
i
Die Welt ist natürlich komplexer
 Entwicklung der vorherzusagenden Variable (Insolvenzen) ist mit nur einer
erklärenden Variable (BIP) nicht vollständig darstellbar
– Was ist mit anderen makroökonomischen Faktoren (wie Exporte, Investitionen), den
Refinanzierungskonditionen und betriebswirtschaftlichen Aspekten?
 Multivariate Regressionen sind Schätzverfahren mit mehreren erklärenden
Variablen
– Y = f (x1, x2, x3, x4, ...)
– Insolvenzen = f (BIPDE, BIPUSA, BIPBRIC, Welthandel,
Welthandel EZB-Zins,
EZB Zins Schuldenbremsej/n, ...))
 Einflussfaktoren können mit unterschiedlicher Zeitverzögerung wirken
(Lagstruktur), z.B. führt eine Verschlechterung der Wirtschaftslage nicht
unmittelbar
itt lb zu mehr
h IInsolvenzen
l
 Erklärende Variablen müssen unabhängig voneinander sein (Problem der
Multikollinearität, Stationarität)  statistisches Know-how erforderlich
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M lti i t Regression
Multivariate
R
i
zur Branchenprognose
B
h
bei
b i DBR
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Seite 7
G
Grenzen
statistischer
t ti ti h Prognoseverfahren
P
f h
 Statistische Prognoseverfahren...
–
–
–
–
...bedienen sich bei der Vorhersage ausschließlich des Blicks in den Rückspiegel
...können exogene Schocks, wie den 9/11, nicht vorhersagen
...greifen oft auf Faktoren zurück, deren Entwicklung erst prognostiziert werden muss
...haben Schwierigkeiten, geplante aber noch unsichere regulatorische Maßnahmen
zu berücksichtigen (z.B. Einführung Abwrackprämie, Basel III)
– ...werden durch endogene Variablen dominiert (Produktion in der Elektroindustrie ist
eine Funktion vom BIP, aber gleichzeitig ja auch ein Teil vom BIP!)
+ ...sind objektiv und nachprüfbar (jenseits von Bauchgefühl)
+ ...bieten eine zusätzliche Perspektive auf ein Problem (Bildung von Szenarien) und
schaffen ein solides quantitatives Fundament für eine eigene Prognose
 Statistische Prognoseverfahren können differenzierte, eigene Einschätzungen
nicht ersetzen, eignen sich aber als Unterstützung und neutrale Perspektive
 Weitere Prognoseverfahren, z.B. VAR-Analyse, Mehrgleichungsmodelle,
Scoring etc.
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V l f
Verlaufsprognosen
 Wie geht es von jetzt an weiter?
Prognose Elektroindustrie
– Weiter so steil wie bisher?
– Bedeutet der Knick eine Trendwende?
Realer Produktionsindex, geglättet, 2005=100
135
130
 Hilfreich bei der Einschätzung:
125
– B
Bestimmung
i
d
des bi
bisherigen
h i
Produktionsplus (11% gg. Vj.)
– Vergleich zu früheren
Erholungsphasen (z
(z.B.
B nach 1992/93
1992/93,
2001/02)
– Vergleich zu verwandten Branchen
((Zuliefer- bzw. Abnehmerbranchen))
– Vergleich zu frühzyklischen Branchen
(z.B. Chemie- oder Metallindustrie)
– Analyse
y vorlaufender Indikatoren
120
115
110
105
100
95
07
08
09
10
11
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
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A
Auswahl
hl relevanter
l
t Konjunkturindikatoren
K j kt i dik t
 Gesamtwirtschaftliche Indikatoren:
– Bruttoinlandsprodukt in Deutschland und im Ausland (für exportintensive Branchen)
– Ölpreis, Rohstoffpreise, Zinsniveau
– ZEW Konjunkturerwartungsindex, Einkaufsmanagerindex (BME), Konsumklimaindex
(GfK)
 Branchenspezifische
a c e spe sc e Indikatoren:
d ato e
–
–
–
–
–
–
–
Produktionsindex, Umsatzindex
Grad der Kapazitätsauslastung
Erzeugerpreise
Auftragseingang
Geschäftserwartungen (ifo Institut)
Spreadentwicklung Aktien-Subindizes
Spreadentwicklung,
...
 Es existiert kein „Indikatoren-Einmaleins“; der Analyst muss eine eigene
Ei
Einschätzung
hät
vornehmen
h
und
d widersprüchliche
id
ü hli h IIndikatoren
dik t
iinterpretieren
t
ti
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Seite 10
Ei fl
Einfluss
vorlaufender
l f d IIndikatoren
dik t
auff Industrieproduktion
I d ti
d kti
Aufträge & Produktion
Erwartungen & Produktion
x-Achse: Auftragseingang Industrie, % gg. Vj.
y-Achse: Industrieproduktion, % gg. Vj.
x-Achse: Geschäftserwart. Industrie, Diff. gg. Vj.
y-Achse: Industrieproduktion, % gg. Vj.
20
20
15
R² = 0,8795
15
R² = 0,4759
10
10
5
5
0
0
-5
-5
-10
-10
-15
-15
Lag: 2 Monate
-20
-25
-40
40
-30
30
-20
20
-10
10
Lag: 5 Monate
-20
-25
0
10
20
30
40
-60
60
-40
40
-20
20
0
20
Zeithorizont: Januar 1993 bis Juli 2010
Zeithorizont: Januar 1993 bis Juli 2010
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
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40
60
80
B i i l DB R
Beispiel:
Research
hV
Verlaufsprognosen
l f
2009
Stetiger Forecast
Unstetiger Verlauf
Realer Produktionsindex, geglättet, 2005=100,
Metallerzeugung und -bearbeitung
Realer Produktionsindex, geglättet, 2005=100,
Automobilindustrie
120
120
110
110
100
100
90
90
+10%
-29%
29%
80
80
70
70
60
60
06
07
08
09
06
10
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
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Zweitrundeneffekte
Abwrackprämie
07
08
09
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
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10
St ti ti h Überhang/Unterhang
Statistischer
Üb h
/U t h
 Der statistische Überhang/Unterhang
beziffert die Wachstumsrate des
Folgejahres unter der Annahme,
dass das Produktionsniveau auf dem
Mittelwert des letzten Vorjahresquartal verbleibt
Überhang Elektroindustrie 2009
Realer Produktionsindex, geglättet, 2005=100
120
115
Mittelwert Q4 2009
 Aussage: 2,5%-Punkte des 2010
ausgewiesenen Wachstums (voraussichtlich 11%) sind das Resultat des
Wachstumsprozesses im Jahr 2009
110
105
Üb h
Überhang:
2
2,5%
5%
100
 Statistischer Überhang/Unterhang
ermöglicht eine zeitgerechte
Zuordnung des Wachstums auf die
Perioden, in denen es realisiert
wurde
Mittelwert Gesamtjahr 2009
95
09
10
Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research
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Seite 13
K
Konsistenzchecks
i t
h k
 Passt das Gesamtbild der früh- und
spätzyklischen Branchen bzw. der
Investitions- und Konsumgüterbereiche?
Frühzyklische Chemie
Reale Produktion, % gg. Vj., geglättet
30
20
 Ergeben die einzelnen Branchenprognosen
p
g
ein sinnvolles Gesamtbild
des Verarbeitenden Gewerbes (bzw.
die einzelnen Sparten ein Gesamtbild der Elektroindustrie)?
10
0
-10
-20
-30
94
96
98
00
Frühzykler
02
04
06
08
10
Industrie
Quelle: DB Research
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 Passen die Investitionsgüterzweige
zum Ausblick für die Ausrüstungsinvestitionen und die KonsumgüterKonsumgüter
zweige zum Ausblick für den privaten
Konsum?
E klä
Erklärungsgehalt
h lt von Prognosen
P
 Stefan Schneider (Leiter Konjunkturabteilung bei Deutsche Bank Research)
schrieb in weiser Voraussicht am 08.01.2008:
„Eigentlich sollte man gar keine Prognose erstellen.“
 Prognosen erfordern oft Annahmen über sehr unsichere Faktoren (z.B.
Ölpreis) oder Auswirkungen von Ereignissen, für die es keinen Präzedenzfall
gibt ((Lehman Kollaps,
g
p , SARS,, Vulkanasche etc.))
 Daher sollte man nicht, blind für Alternativen, auf das exakte Eintreten von
P
Prognoseergebnissen
b i
warten,...
 ...kann sich aber trotzdem an diesen Ergebnissen orientieren, um das eigene
Handeln auf zwar unsichere, aber nach derzeitigem
g
Kenntnisstand p
plausible
Rahmenbedingungen abzustimmen
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Kontakt
Philipp Ehmer
Senior Economist
Branchenanalyse
Deutsche Bank Research
Theodor-Heuss-Allee
Theodor
Heuss Allee 70
D-60486 Frankfurt am Main
Tel: +49 69 910-31879
Fax: +49 69 910-31743
[email protected]
http://www.dbresearch.de/branchen
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um Quellenangabe „Deutsche
Deutsche Bank Research“
Research gebeten.
gebeten
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