Entwicklertagebuch Teil 1 bis 4

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Entwicklertagebuch Teil 1 bis 4
Entwicklertagebuch Teil 1 bis 4
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Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Die Planungen...........................................................................................................................3
Charaktere........................................................................................................................................4
Landschaft/ Environment.................................................................................................................5
Und wie geht es weiter?...................................................................................................................5
Teil 2: Die Story im Blickpunkt...........................................................................................................6
Alles beginnt mit einer Vision.........................................................................................................6
Eine Computerspielstory ist interaktiv............................................................................................7
Storytiefe durch glaubwürdige Nichtspielercharaktere...................................................................7
In Harmonie mit dem Schwarzen Auge...........................................................................................7
Das Wechselspiel von Story und Gameplay....................................................................................8
Das Ende der Geschichte.................................................................................................................8
Teil 3: Was macht eigentlich ein Projektmanager?...............................................................................9
Was ist eigentlich ein Projektmanager?...........................................................................................9
Hey, ich habe einen Plan!................................................................................................................9
No one expects the Spanish Inquisition!........................................................................................10
Was ein Projektmanager sonst noch alles tut.................................................................................11
Und was wird nun aus Sylvette?....................................................................................................12
Teil 4 : Die Technik hinter dem Rollenspiel.......................................................................................13
Engine-Entwicklung bei TGC........................................................................................................13
Anfänge..........................................................................................................................................13
Werkzeuge......................................................................................................................................14
Von der Idee zum fertigen Feature.................................................................................................14
Mehr als Engine.............................................................................................................................15
Zum Schluss...................................................................................................................................15
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Teil 1: Die Planungen
Hallo und herzlich willkommen zum Entwicklertagebuch von Das Schwarze Auge: Demonicon!
An dieser Stelle berichten euch TGC – The Games Company und Silver Style Entertainment in
regelmäßigen Abständen über den aktuellen Entwicklungsstatus und Neuigkeiten zum
epischen Rollenspielprojekt.
Das Schwarze Auge: Demonicon lautet der Name des neuen deutschen Rollenspiels, das im Universum
von Das Schwarze Auge angesiedelt ist. Die Entwicklung befindet sich noch in einem recht frühen
Stadium, aber natürlich kann man längst genau sagen, wo wir mit dem Projekt hin wollen:
Das Schwarze Auge: Demonicon ist als episches Rollenspiel
angelegt, bei dem wir besonderen Wert auf action-orientierte
Kämpfe legen. Konsequenter Multiplayer-Support und
detailreiche Charaktergenerierung (die auf Wunsch auch ganz
simpel durch Auswahl von Archetypen ausfallen kann) sind
dabei ebenso mit von der Partie. Der umfangreiche Mainplot
und die zahlreichen Nebenquests führen den Charakter durch
die dunkelsten und gefährlichsten Gegenden Aventuriens.
Dabei wird für Abwechslung fern vom „Töte dies und bringe mir
jenes“-Schema gesorgt – viele Aufgaben werden auch mehrere
Lösungswege beinhalten.
Über vieles davon werde ich im Verlaufe der Tagebuchreihe
noch ausführlich berichten. An dieser Stelle wollte ich euch nur
eine ungefähre Vorstellung davon vermitteln, was mit Das
Schwarze Auge: Demonicon auf euch zukommt.
Mein Name ist übrigens Stefan Hoffmann, beiDemonicon bin ich
primär für das Projektmanagement bei TGCs internem
Entwicklerstudio Silver Style Entertainment zuständig. Wie sehr
viele aus dem Team, kenne und spiele ich Das Schwarze
Auge bereits seit frühester Jugend. Ebenso war ich bereits
unter anderem an der Entwicklung des Rollenspiels The Fall: Last Days of Gaia beteiligt.
Im ersten Teil des Tagebuchs möchte ich euch von der Startphase des Projektes berichten. Am Beginn
steht – wie bei jeder größeren Spielentwicklung - eine ausführliche Pre-Production-Phase, in der die
wichtigsten Aspekte des Spiels bereits soweit abgeklärt werden, dass man während der eigentlichen
Spielproduktion den überraschten Ausruf „Ups, das geht ja gar nicht“ möglichst niemals zu hören
bekommt. Ein elementarer Bestandteil der Pre-Production ist dabei die Stilfindung.
Die Stilfindung
Stilfindung bedeutet, dass ein einheitlicher Look für das
gesamte Spiel festgelegt werden muss. Das ist wesentlich
komplexer, als es sich anhört, denn es ist bei weitem nicht
damit getan, irgendwo festzulegen, dass alle Elfen spitze Ohren
haben.
Bei DSA: Demonicon musste also ein grafischer Stil gefunden
werden, der Charaktere, Setting und Story zu einem stimmigen
Ganzen verschmelzen lässt. Das Besondere an diesem Projekt
ist, dass es Vorgaben des Lizenzgebers gibt und natürlich auch
eine riesigeDSA-Fangemeinde, die schon seit Jahren ein klares
Bild im Kopf hat, wie beispielsweise in Aventurien ein Lindwurm
auszusehen hat – den einfach abzumalen, ist allerdings deutlich
zu wenig.
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Einige grundlegende Festlegungen gab es also schon - um trotzdem Freiräume für die Gestaltung der
Spielgrafik zu erhalten, führte unser Weg in einen kombinierten Stil: Realismus gepaart mit
künstlerischem Anspruch. Was wir genau darunter verstehen, zeigen die folgenden Abschnitte.
Charaktere
Die Charaktere stellen den wichtigsten Punkt innerhalb der
Stilfindung dar, da hierzu von der Pen & Paper-Vorlage auch
bereits die detailreichsten Festlegungen getroffen wurden, die
zu berücksichtigen waren.
Daraus resultierte automatisch, dass die Charaktere – anders
als beispielsweise bei World of Warcraft – absolut realistische
Proportionen haben müssen und so hochdetailliert wie möglich
sein sollten. Für eine optimale Einfügung der Charaktere ins
Gesamtbild der Grafik werden - Grafikprofis, aufgemerkt! Normal- und Specularmaps verwendet und es werden
Alphablending (Transparenz) und Überstrahlen eingesetzt. All
das sorgt für die realistische Komponente im Stil der
Charaktere und sorgt ganz nebenbei auch dafür, dass Das
Schwarze Auge: Demonicon echte State-Of-The-Art-Grafik
bietet (dass die Grafik-Engine ein echtes Schwergewicht ist,
das im Rollenspiel-Genre neue Maßstäbe setzt, darüber werde
ich später noch mehr berichten).
Die Besonderheit des gesamten Looks ist aber, dass die
Charaktere sanfte Konturen haben, durch die Bewegungen klarer hervorgehoben werden. Außerdem
sorgen wir mit einem speziellen Shader dafür, dass unsere komplexe Occlusion-Beleuchtung mit einem
sogenannten 2-Zonen Beleuchtungssystem kombiniert wird. Das bietet uns einen weichen, realistischen
Look, trotzdem aber auch die Härte eines Hell-Dunkel-Kontrasts.
Der eigentliche Prozess der Stilfindung läuft bei den
Charakteren dabei wie folgt ab:
Zunächst einmal muss man sich gedanklich ein ungefähres Bild
erarbeiten, wo man ungefähr hin will. Basierend auf diesen
Vorstellungen wird ein 2D-Concept gezeichnet. Die 2DConcepts sind so angelegt, dass man die Figur komplett in 3D
nachmodellieren kann – und genau das ist dann auch der
nächste Schritt. Dabei werden auch die Proportionen und der
Texturlook im Detail festgelegt. Die fertig modellierte Figur wird
nun in eine passende Pose gestellt und anschließend ein
Rendering erstellt, das dann als Diskussionsgrundlage dient.
Meist gibt es in dieser Phase größere Anpassungen, die 3DFigur wird noch einmal angepasst, der Texturlook verändert, die Proportionen überdacht, die
Rendershader angepasst, ein neues Rendering wird erstellt. Dieser Zyklus wiederholt sich so lange, bis
das Ergebnis vollständig überzeugt
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Landschaft/ Environment
Der Prozess der Stilfindung bei der Landschaftsgestaltung ist
noch in der Entwicklungsphase. Die wichtigsten Eckpunkte
wurden aber bereits definiert. Die Umgebung soll organisch und
ein wenig „künstlerisch“ wirken. Das Stilelement der Konturen
(wie bei den Charakteren) wird auch bei den
Landschaftsobjekten aufgegriffen.
Denn natürlich müssen Charaktere und Umgebung zueinander
in Einklang stehen. Hier ist es nicht mit einigen wenigen
Festlegungen getan, sondern dieser Prozess zieht in der Praxis
eine ganze Menge Finetuning nach sich, bis sich ein stimmiges
Gesamtbild ergibt. Erst wenn wir damit zu 100% zufrieden
sind, darf die Stilfindung wirklich als abgeschlossen gelten.
Und wie geht es weiter?
Die Stilfindung ist Grundlage für so ziemlich alles, was im
grafischen Bereich weiter geschieht. Egal, ob jemand Waffen
modelliert, neue Charaktere ersinnt oder neue Landschaften
oder Dungeons formt – der Style Guide bietet fortan die
Grundlage, die dafür sorgt, dass sich jede Grafik nahtlos ins
Bild einfügt. Sobald das abgeschlossen ist, geht die Arbeit für
das Grafiker-Team erst richtig los. Unzählige Monster,
Charaktere, Ausrüstungsgegenstände und Gegenden der Welt
warten darauf, in 3D neu erschaffen zu werden.
Die Stilfindung ist sicherlich die kreativste Phase für die
Grafiker während der gesamten Spielentwicklung. Es darf
experimentiert und ausprobiert werden. Vieles landet dabei
auch wieder im Papierkorb, aber genau dafür ist diese Phase ja da.
Damit auch endet auch schon die erste Folge des Entwicklertagebuchs. In der zweiten Folge wird es um
einen anderen wichtigen Aspekt der Pre-Production gehen – lasst euch überraschen.
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Teil 2: Die Story im Blickpunkt
Nachdem wir im ersten Teil des Entwicklertagebuchs auf die grafische Stilfindung
eingegangen sind, nähern wir uns diesmal einem völlig anderen, aber ebenso spannenden
Thema, nämlich der Story. Natürlich werden wir hier nicht ausplaudern, wie die Geschichte
ausgeht. Thema ist vielmehr, wie so eine Geschichte überhaupt entsteht und was wir
unternommen haben, damit unser Hauptcharakter in Aventurien eine anständige
Heldenqueste geboten bekommt.
Eric Jannot ist als Game Designer zuständig für die Ausarbeitung der Story von DSA: Demonicon. Er ist
DSA-Spieler quasi der ersten Stunde, aber auch mit anderen Pen&Paper-Systemen sehr vertraut. Er hat
außerdem eine große Passion für Live-Rollenspiele aller Art und ist auf ziemlich vielen Veranstaltungen
dieser Art anzutreffen (dort nach Autogrammen immer erst fragen, wenn er das Schwert weggelegt hat).
Heute wird er also darüber berichten, wie der steinige Weg von der ersten Idee zur fertigen Story verlief.
Alles beginnt mit einer Vision
Der erste Schritt bei einer jeden Story-Entwicklung ist die
Ideensammlung per Brainstorming, in dem man die
Grundelemente für die Geschichte zusammenträgt.
BeiDemonicon war rasch klar, dass wir keine „Held läuft
unmotiviert los und rettet die Welt“-Story machen wollten,
sondern wir setzten uns zum Ziel, eine bewegende,
mitreißende Geschichte zu erzählen, in der der Spielercharakter
mit seinen schicksalhaften Entscheidungen im Mittelpunkt
steht. Die Story vonDemonicon ist sicherlich – der Titel deutet
es ja schon an - für DSA eher düster. So wird der Held
moralisch wiederholt geprüft und mit der Frage konfrontiert, ob
der Zweck die Mittel rechtfertigt.
Aber es geht in der Hauptgeschichte auch um andere Themen, beispielsweise das Festhalten an Liebe und
Freundschaft in einem Land, in dem nichts so ist, wie es zu sein scheint, und in dem Grausamkeit und
Verrat an der Tagesordnung sind. Da war es nur noch ein kleiner Schritt dahin, dass wir uns entschlossen
haben, die Schwarzen Landen zum Hauptort der Handlung zu küren.
Auf dieser Grundlage wurde eine erste grobe Skizze der Story gefertigt. Der Spannungsbogen und die
wichtigsten Ereignisse wurden beschrieben, Notizen zu den Hauptfiguren der Story und den Hauptquests
erstellt. In dieser Phase hatte das Material noch einen recht geringen Umfang und konnte dadurch leicht
verändert werden.
Der Spielercharakter als Mittelpunkt der Geschichte
Nach dieser Phase rückte wieder der Spielercharakter in den Fokus der Arbeit. Der Spieler soll sich mit
ihm und seinen Handlungen identifizieren können, seine Hintergrundgeschichte und die Beziehung zur
Spielwelt müssen Neugierde wecken. Hier wurden auch grundsätzliche Entscheidungen zum Gameplay
getroffen – ist der Hauptcharakter vordefiniert oder kann man Profession, Rasse, Geschlecht frei
aussuchen? (Wir haben uns für ein klares Sowohl-als-auch entschieden.)
Die freie Charakterauswahl hat für den Story-Verlauf nicht unwesentliche Konsequenzen: Ein geselliger
Ambosszwerg wird bei Bürgern des Mittelreiches andere Reaktionen hervorrufen als eine
menschenscheue Waldelfe. Die möglichen Vorgeschichten des Charakters und seine Verankerung in
Aventurien wurden nun auch festgelegt. Natürlich bedeutet das eine ganze Reihe von Story- und
Dialogvariationen, die als reine Textlösung schon einiges an Arbeit mit sich bringen. Aber
selbstverständlich besitzen wir bei TGC auch gehobene Ansprüche an die Sprachvertonung. Diesen
Aufwand hatten wir also bereits in dieser Phase des Story Designs im Hinterkopf.
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Eine Computerspielstory ist interaktiv
Bei der Story eines Computerspiels muss auch berücksichtigt
werden, dass es keinen rein linearen Ablauf der Handlung wie
bei Filmen und Romanen gibt. Schließlich trifft der Spieler
Entscheidungen und erwartet, dass diese in der Spielwelt auch
eine Bedeutung und sichtbare Konsequenzen haben, ob gute
oder auch schlechte. Die Handlungsfreiheit muss sich also auch
in möglichen alternativen Handlungen, wenn nicht sogar
verschiedenen Spielenden widerspiegeln.
In dieser Phase der Plot-Entwicklung hatte die Story bereits
einen bedeutend größeren Umfang. Der Grundplot stand, der
Spielercharakter und seine Entwicklungsoptionen wurden
ausgearbeitet, die verschiedenen Plotstränge und
Entscheidungswege wurden ausdefiniert.
Nun musste aber auch den zentralen Nichtspieler-Charakteren (NSC) über ihre simple Funktion (als
Gegner, Verbündeter, Mentor) hinaus Leben eingehaucht werden. Gutes Storytelling lebt von der
Interaktion zwischen den Protagonisten, entsprechend wenig Platz gibt’s in einer guten Geschichte für
langweilige 08/15-Charaktere.
Storytiefe durch glaubwürdige Nichtspielercharaktere
Damit Figuren nicht zu einer Aneinanderreihung von Klischees
verkommen, wurde für jeden eine richtige Biographie
geschrieben – je wichtiger, desto ausführlicher. NSCs müssen
so entworfen werden, als ob sie real existierende Personen mit
eigenen Wünschen, Ängsten, Stärken, aber auch Schwächen
sind. Sie haben wie echte Menschen ihre eigenen Ziele und
moralische Vorstellungen. Ihre Persönlichkeit ist wie bei
„richtigen Menschen“ auch aus einer Lebensgeschichte und den
gemachten Erfahrungen entstanden. Aus dieser Persönlichkeit
heraus kann man dann auch sehr gut äußerliche Merkmale
ableiten, so dass sich unsere Concept Artistinnen an die Arbeit
machen können, um der Figur einen „Körper“ zu verleihen.
Dabei wird auch immer geprüft, wie sich das Verhältnis zwischen NSC und Spieler-Charakter im Verlauf
des Spiels gestalten würde und verändert. Wenn spannende Konflikte vorprogrammiert sind und starke
Gefühle zwischen den Figuren erzeugt werden, wirken die Charaktere glaubwürdig und in sich stimmig.
Gerade die wichtigen NSCs wurden und werden genau auf diesen Punkt hin immer und immer wieder
optimiert.
In Harmonie mit dem Schwarzen Auge
Während des gesamten Entwicklungsprozesses wurden die einzelnen Aspekte der Story genau auf die
aventurischen Begebenheiten abgestimmt. Die Mentalität der Figuren, die einzelnen Spannungselemente
oder auch die möglichen Handlungsmotive des Spielercharakters müssen nicht nur für sich stimmig sein,
sie müssen auch nach Aventurien passen. Selbstverständlich gilt es auch für die in DSA schon
existierenden Orte, Gegenstände und Figuren, die aus dem reichhaltigen vorhandenen Material in
Zusammenarbeit mit professionellen DSA-Autoren inDemonicon übernommen wurden. Merke: Eine
großartige Geschichte wird noch großartiger, wenn sie vor dem Panorama eines solchen breitgefächerten
und tief angelegten Szenarios spielt.
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Das Wechselspiel von Story und Gameplay
Letzten Endes erfährt die Story während der weiteren
Entwicklung von Demonicon immer weitere Verfeinerungen und
Änderungen. Wie das restliche Game-Design ist auch die StoryEntwicklung iterativ. Das heißt, dass sich die einzelnen
Elemente des Spiels wie Gameplay, Level-Design oder Story
gegenseitig bis zu einem gewissen Zeitpunkt in Inhalt und
Struktur beeinflussen und verändern, die Story wirkt aufs
Level-Design, das Level-Design gibt Impulse fürs Gameplay,
aus dem Gameplay kommen neue Ideen für die eigentliche
Geschichte.
Dabei bleibt die oberste Regel: Die Story ist kein hübscher
Selbstzweck, sondern dient dem Spielspaß. Der Plot ist nur
dann gelungen, wenn der Spieler in dessen Verlauf die Handlungsfreiheit und Action bekommt, die man
ihm versprochen hat.
Das Ende der Geschichte
Soweit Erics Ausführungen. Ihr seht: In eine gute Story steckt man eine ganze Menge Arbeit rein – die
sich allerdings wirklich lohnt, schließlich soll die Geschichte mitreißen. Mehr zur Story möchten wir
natürlich noch nicht verraten, weder etwas zur Rolle von Baron Tassilo noch zu den höchst
bemerkenswerten Eigenschaften der Tochter des Alchemisten Lowanger. Auch welche schicksalsträchtige
Rolle der Dämonenmeister und Halbgott Borbarad bei der ganzen Angelegenheit spielt, muss hier
natürlich verschwiegen werden. Nur eins ist sicher: Es wird eine Reise ins Herz der Finsternis, die
Aventurien für immer verändern wird.
Stefan Hoffmann (Project Manager TGC)
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Teil 3: Was macht eigentlich ein Projektmanager?
Herzlich willkommen zum 3. Teil des Demonicon-Entwicklertagebuchs. Nachdem sich die
ersten beiden Teile des Entwicklertagebuchs mit der grafischen Stilfindung und dem
Storyentwurf beschäftigt haben, möchte ich diesmal der Frage nachgehen, was eigentlich das
Projektmanagement bei einem Spiel wie DSA: Demonicon macht.
Wir Projektmanager designen nicht, wir malen nicht, wir bauen auch nichts in 3D, wir musizieren nicht,
programmieren tun wir erst recht nicht, eigentlich leisten wir keinen einzigen direkt sichtbaren Beitrag
zum Spiel. »Hey Jungs, was treibt ihr da eigentlich?« Berechtigte Frage oder nicht – hier gibt’s die
Antwort dazu.
Aber zunächst zu uns: André Schmitz und meine Wenigkeit, Stefan Hoffmann, bilden die
Projektmanagement-Abteilung bei TGC. Wir machen das beide schon seit vielen Jahren, und gemeinsam
sorgen wir dafür, dass das Demonicon-Team (aktuell bereits über 50 Leute und noch weiter wachsend)
auf Kurs bleibt und auf ein großes, gemeinsames Ziel hinarbeitet.
Was ist eigentlich ein Projektmanager?
Der Projektmanager stellt eine Planung auf und sorgt dafür, dass das Projektteam sie umsetzt. Werden
die gesteckten (Zwischen-)Ziele nicht erreicht, wird gegengesteuert. Das hört sich erst mal simpel an,
aber das grundsätzliche Problem dabei kann man mit folgendem berühmten Zitat sehr treffend
umschreiben:
„Prognosen sind schwierig,
besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“
Die Arbeit eines Projektmanagers steht und fällt also mit der Fähigkeit, wie tief er in die Wahrsagekugel
zu schauen vermag. Was muss aktuell angeschoben und beachtet werden, damit alle möglichst produktiv
und hochmotiviert am Projekt arbeiten können? Worum müssen wir uns jetzt kümmern, damit wir nicht
in drei Monaten irgendein Problem kriegen? Oder was wissen wir bereits über die Projektsituation in
einem Jahr, das wir am Besten jetzt schon in unsere Planungen mit einfließen lassen? Je weiter man
blicken will, je mehr Faktoren mit einbezogen werden, umso schwieriger wird die Angelegenheit. Hier
helfen nur Erfahrung und ein Blick für das Wesentliche.
Die gute Nachricht: Projektmanagement funktioniert in Wirklichkeit auch ohne Kristallkugel. Die schlechte
Nachricht: Manchmal könnten wir so ein Ding schon ganz gut gebrauchen.
Hey, ich habe einen Plan!
Bei einem Riesenprojekt wie DSA: Demonicon erstellt natürlich niemand am Anfang einen gigantischen,
hochdetailliert ausgearbeiteten Plan, der dann die nächsten Jahre einfach völlig unverändert vom
Projektteam abgearbeitet wird. Im Gegenteil: Man beginnt mit einem groben Plan, verfeinert ihn immer
weiter, plant die nähere Zukunft genauer als die ferne, berücksichtigt Erkenntnisse aus dem bisherigen
Projektverlauf, schraubt und feilt und werkelt und erweitert immer weiter. Für einen Projektmanager ist
Planung immer etwas sehr lebendiges, nichts was man in Stein meißelt. Die gesteckten Ziele bleiben
eigentlich gleich, aber der Weg dorthin verändert sich stetig.
So sind wir natürlich auch bei DSA: Demonicon vorgegangen. Demonicon besteht aus
Projektplanungssicht aus einer Liste von vielen Tausend einzelnen Aufgaben, um die sich das Team zu
kümmern hat und die alle ineinander greifen sollen.
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Wenn wir uns beispielsweise den Teil der Hauptquest
anschauen, der sich (unter anderem) aktuell in der Bearbeitung
befindet, so werden wir bald feststellen, dass es gar nicht so
unknifflig ist, das Zusammenspiel aller Mitarbeiter zum
Funktionieren zu bringen. In der Story sucht der Spieler
irgendwann in einem verfluchten Dorf nach Spuren eines
Schmugglerpfades in die schwarzen Lande. Nur wenn man die
schöne Sylvette findet oder zumindest ihr Schicksal klärt, erhält
man die notwendigen Informationen.
Aus Projektmanagement-Sicht ist das Schicksal der armen
Sylvette eine Liste von vielen zu erledigenden Dingen. Wir brauchen ein Level, das verfluchte Dorf mit
Umgebung. Bestimmte Häuser, einige dunkle Keller, natürlich die 3D-Modelle des Schurken und der
tragischen Sylvette. Geben die Dialoge wirklich alle erforderlichen Informationen? Oh, die Story kann
auch ein entsetzliches Ende nehmen? Der herzlose Projektmanager denkt hier eher praktisch und schaut
gleich mal nach, ob für die blutjunge Sylvette schon eine Sterbe-Animation eingeplant ist.
No one expects the Spanish Inquisition!
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit sind
wöchentliche Reviews der einzelnen Abteilungen und damit der
Arbeit jedes Mitarbeiters. Das klingt erst mal nach »Spanischer
Inquisition«, ist aber meist doch eher entspannt. Wir prüfen
und diskutieren dabei die Arbeit jedes einzelnen Mitarbeiters.
Klar, dass wir dabei natürlich nicht nur darauf achten, dass
unsere Leute ihre Arbeit in der geplanten Zeit schaffen,
sondern auch dass sie die angestrebte Qualität erreichen, oder
ob vielleicht irgendwo Unterstützung notwendig ist, ob
Abstimmungsprobleme aufgetreten sind (»Sylvette sollte doch
ein altes Kräuterweib sein, oder?«) usw.
Hat man sich einmal über die Arbeit der vorangegangenen Woche ausgetauscht, kann man sich sogleich
der nächsten zuwenden. Was ist zu tun? Welche Grafik-Features müssen als nächstes her und was
müssen die 3D-Artists tun, damit wir’s im Spiel sehen? Ist die schöne Sylvette schon fertig? Und wie
sieht‘s mit dem versteckten Dämonenpaktierer aus? Und bräuchten wir nicht langsam auch den Raum, in
dem es zum großen Showdown kommt? Welche Concepts fehlen noch, damit alles gebaut werden kann?
Dabei müssen wir unsere nächsten großen Planungszwischenziele, die sogenannten Milestones, im Auge
behalten und die Aufgaben der einzelnen Teammitglieder aufeinander abstimmen.
All das ist oft ein ganz schöner Aufwand – je größer das Team, desto mehr. Am Ende des Reviews hat
jeder Mitarbeiter wieder einen Plan in der Hand, der ihm genau sagt, welche Arbeiten für die nächsten
Tage, Wochen und Monate wichtig sind.
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Was ein Projektmanager sonst noch alles tut
Neben der eigentlichen Projektplanung haben André und ich uns auch noch andere Zielsetzungen auf die
Fahnen geschrieben. So möchten wir, dass jeder Mitarbeiter so gut wie möglich über alles, was so im
Unternehmen und beim Projekt abläuft, informiert ist. Dazu versenden wir in regelmäßigen Abständen
Infomails an das gesamte Team. Themen sind dabei natürlich nicht nur harte Fakten, sondern auch
Maßnahmen, die der Identifikation des Teams mit dem Projekt dienen sollen. So gibt es mittlerweile sogar
ein völlig inoffizielles, aber echt niedliches Maskottchen, für das gerade per Email-Voting ein Name
gefunden wird. DSA-Fans kennen das possierliche Tierchen als Todeshörnchen. (siehe Bild)
Dass Todeshörnchen braucht noch einen Namen.
Solche Informationen klingen erst mal ziemlich nebensächlich, sind es aber nicht. Je größer ein Team,
desto unübersichtlicher ist für jeden Mitarbeiter auch die Gesamtlage, desto unterschiedlicher sind die
Vorstellungen der Mitarbeiter vom Projekt und dem, wo man eigentlich damit hin will. Alles, was diese
unterschiedlichen Ideen wieder zusammenführt, leistet also einen ziemlich wichtigen Beitrag.
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Und was wird nun aus Sylvette?
Leider muss ich sagen (ganz nüchtern, wie wir Projektmanager es sein sollten), dass mittlerweile der
grausige Zombie (siehe Bild) fertig geworden ist, der in Sylvettes unmittelbarer Nachbarschaft sein
Unwesen treiben wird. Und die für Sylvette georderte Sterbeanimation sieht auch ganz hervorragend aus.
Kann sie uns wenigstens noch ins Ohr hauchen, wo wir den Schmugglerpfad in die Schwarzen Lande
finden? Oder ist Sylvettes Tod vielleicht sogar ganz einfach abzuwenden? Das sind alles Fragen, deren
Antwort ihr wohl erst bei Release von DSA: Demonicon erhalten werdet. Der Weg in die Schwarzen
Landen ist jetzt jedenfalls frei...
Sylvettes neuer WG-Mitbewohner setzt ganz neue Maßstäbe an Eleganz und Reinlichkeit
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Teil 4 : Die Technik hinter dem Rollenspiel
Ein ganz wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung von DSA: Demonicon ist die zugrunde
liegende Technik. Ein Spiel kann noch so gut designt und die Grafik noch so ansehnlich sein, es
braucht auch eine anspruchsvolle Technik, also eine „Engine“, die unsere Zielplattformen
XBOX 360 und PC ordentlich ausreizt, um überzeugen zu können. Sebastian Tusk ist bei
Demonicon zuständig für diese wahre Herkules-Aufgabe, bei der wir uns große Ziele gesteckt
haben. Darüber wird er nun im Folgenden etwas erzählen.
Engine-Entwicklung bei TGC
Zunächst möchte ich mich vorstellen. Ich bin Sebastian Tusk und arbeite als technischer Leiter an Das
Schwarze Auge: Demonicon. Damit bin ich verantwortlich für alle technischen Aspekte beiDemonicon. Ein
ganzes Team von Programmierern beschäftigt sich derzeit mit der technischen Umsetzung, wobei vom
alten Hasen mit jahrzehntelanger Erfahrung bis zum Auszubildenden alle mit riesiger Motivation und
Engagement an der Erschaffung von Demonicon arbeiten. Aber was genau macht dieses Team
für Demonicon?
Anfänge
Bevor man damit beginnen kann, eine Engine zu entwickeln,
muss man sich zunächst einmal ein Bild davon verschaffen, was
sie alles können muss. Hier ist die Zusammenarbeit mit den
anderen Abteilungen wichtig, insbesondere mit dem Game
Design. Was für die Designer vielleicht erst mal nur ein Satz ist
(„Der Charakter muss schwimmen können.“), kann für die
Engine Programmierung mehrere Monate Arbeit bedeuten, zum
Beispiel: Findet der Charakter vernünftig seinen Weg im
Wasser? Merkt die Engine, wenn der Charakter mit einem
anderen Objekt im Wasser kollidiert? Und sehen die Effekte auf der Wasseroberfläche realistisch aus?
Diese Analyse muss man sehr sorgfältig machen, wenn man den Aufwand einigermaßen genau
abschätzen will. Dabei muss man gleichzeitig die Machbarkeit der einzelnen Techniken zu prüfen. Gerade
beim PC mit der großen Bandbreite an verschiedenen Geräten und einer gewissen Unsicherheit, wie die
weitere Entwicklung der nächsten Jahre aussieht, ist manchmal gar nicht so leicht zu beantworten, wie
man ein gewünschtes Feature wirklich umsetzen kann – bei der XBOX 360 ist das meist einfacher, da sich
die Plattform natürlich nicht mehr signifikant verändert. Um auch für den PC Bezugsgrößen zu schaffen,
mit denen man arbeiten kann, haben wir uns drei PC-Systeme erdacht, die zum Release-Zeitpunkt in
etwa den minimalen, empfohlenen und optimalen Hardwareanforderungen entsprechen sollten.
Aus diesen Leistungsmerkmalen haben wir dann berechnet, was wir wie aufwändig inszenieren können,
wie komplex die 3D-Modelle und die Landschaft sein dürfen und so weiter. Vieles davon ist auch sehr
wichtig für die Grafiker und das Game Design. Wenn wir zum Beispiel einen genialen, hochpolygonalen
Drachen haben, dessen Darstellung von unserem Referenz-PC das Letzte fordert, dann sollten die Game
Designer besser wissen, dass sie diesen Burschen nicht im riesigen Rudel auftreten lassen – denn dann
ginge das Spiel in den unfreiwilligen Einzelbildmodus.
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Werkzeuge
Nachdem die ersten Arbeitsschritte bequem mit
Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und
Projektplanungssoftware erledigt werden konnten, spielen im
späteren Alltag eines Programmierers natürlich andere
Werkzeuge die wichtigste Rolle. Die Entwicklungsumgebung
eines Coders besteht dabei primär aus einem Texteditor (in den
er den Code eingibt), den Compiler (der den Code in ein
ausführbares Programm übersetzt) und den Debugger (mit
dem man die Bugs jagen). Für den eigentlichen Engine-Code
wird die Sprache C++ verwendet. Für Skripte, Toolentwicklung und so weiter verwenden wir in
Demonicon übrigens die sehr leistungsfähige Scriptsprache Python.
Ein weiteres unverzichtbares Arbeitsmittel sind Bücher, Dokumentationen, Essays und so weiter, welche
der umsetzende Programmierer für seine Arbeit lesen muss. Viele Engine-Themen muss er sich erst
einmal gedanklich erarbeiten, und dabei möglichst nicht nur irgendeinen Weg finden, um zum Ziel zu
kommen, sondern auch gleich den kürzesten und besten.
Für die Arbeit in einem großen Team ist auch eine Wiki für Design und Dokumentation unverzichtbares
Werkzeug. Dort lesen die Programmierer nicht nur ihre Aufgaben nach, sondern dokumentieren dort
auch, wie sie etwas im Einzelnen umgesetzt haben, was es kann und was nicht.
Das letzte Instrument, das ich hier vorstellen möchte, ist unser Buildserver. Dieser erzeugt automatisch
auf Basis der aktuellen Daten das komplette ablauffähige Spiel bis zum Installer. So kann der Buildserver
jederzeit automatische Tests durchführen oder eine Version für manuelle Test und die Qualitätssicherung
erstellen.
Von der Idee zum fertigen Feature
Jedes einzelne Feature, das in die Engine integriert wird, durchläuft einen längeren Prozess, bis es
vollständig bereit steht.
So muss zunächst festgelegt werden, wie das Feature genau aussieht, was es können muss und wie es
mit dem Rest der Engine zusammenarbeitet. Oftmals werden hier auch bereits Tests durchgeführt, um
richtig abschätzen zu können, ob das Feature überhaupt wie gewünscht funktioniert. Im nächsten Schritt
erarbeitet sich der Programmierer im Rahmen seiner Recherche dann ein umfassendes Konzept zur
Umsetzung. Jetzt weiß er schon ziemlich genau, was er machen muss, und kann das Feature dann sehr
zielgerichtet programmieren – jetzt kommt also die klassische Programmierarbeit. Als Teil der
Implementierung werden auch automatisierte Tests entwickelt, die sicherstellen sollen, dass sich in den
vorhandenen Funktionen keine neuen Fehler einschleichen. Ist die Implementierung abgeschlossen, folgt
die eigentliche Testphase, in der die Funktionsweise auf Korrektheit geprüft wird. Dabei wird natürlich
nicht nur das Feature selbst geprüft, sondern immer auch das eigentliche Spiel.
In diesem Zusammenhang werden auch regelmäßig Tests des gesamten schon vorhandenen Spiels
durchgeführt, um sicherzustellen, dass im Zusammenspiel der vielen Komponenten noch alles
funktioniert. Nicht dass nachher das Einbauen des Schwimmens dazu geführt hat, dass beim Klettern
plötzlich eigenartige Dinge passieren. Die meisten solcher Wechselwirkungen fallen allerdings schnell auf.
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Mehr als Engine
Neben ihrer Arbeit an der Engine und den Spielscripten sind die Programmierer auch noch mit weiteren
wichtigen Aufgaben befasst. Einen großen Raum nimmt dabei die Toolentwicklung ein, also Programme,
die wir zur Erstellung von Levels, Quests, Filmsequenzen usw. einsetzen. In den Editoren werden die
zahllosen Einzelkomponenten wie Grafiken, Sounds, Skripte, Questen usw. zum ersten Mal
zusammengefügt und als Einheit sichtbar. Hinzu kommen noch viele kleinere Werkzeuge, welche unsere
Arbeitsabläufe unterstützen. Bei den Tools ist natürlich besonders wichtig, dass sie eingängig und gut
bedienbar sind. Schließlich müssen eine Menge Leute damit arbeiten und Aventurien damit digitales
Leben einhauchen.
Ausblick
Auch wenn die Arbeit an unserer Engine noch nicht vollständig abgeschlossen ist, sind alle Kernbereiche
längst fertig, so dass die Spielbarkeit weiter vorangetrieben werden kann. Die nächsten für uns wichtigen
Meilensteine sind beispielsweise der Einbau von Wetter, von einigen bisher noch nicht möglichen
Gewässerformen und die finalen Gesichtsanimationen. Und wir haben uns fest vorgenommen, unseren
Helden demnächst endlich mal das Schwimmen beizubringen. Euer Sebastian
Zum Schluss
Soweit Sebastian Tusk, bevor er sich wieder einer kniffligen Aufgabenstellung bei der nächsten ShaderErweiterung zuwandte. Insgesamt sitzen übrigens allein 21 Programmierer daran, die Engine für DSA:
Demonicon weiter zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass die dichte, düstere Atmosphäre der Story
auch von der Engine voll unterstützt wird. Vor allem auf das Wetter freue ich mich. Was wäre schon eine
Reise ins Herz der Finsternis bei strahlendem Sonnenschein?
Stefan Hoffmann (Project Manager TGC)
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