Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt

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Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht
Name: Vera Peukert
Austauschjahr: Wintersemester 2012/ 2013
Gastuniversität: Universidad de Guadalajara
Stadt: Guadalajara
Land: Mexiko
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
España no está aquí, está en América. En México está la esencia más pura de
España.
(Spanien ist nicht hier, es ist in Amerika. In Mexiko findet man den wahren Inbegriff
Spaniens)
Ramon Maria Del Valle Inclan
Mit diesen Zeilen meines Motivationsschreibens im Hinterkopf bin ich voller Erwartungen nach Mexiko losgezogen, um herauszufinden was sich wohl hinter der „wahren spanischen Kultur“ verbirgt.
Trotz dass mit der Einstieg sehr leicht gemacht wurde, ist glaube ich kein Europäer
die erste Woche trotz allen Vorbereitungen vor einem Kulturschock gefeit. Selbst die
besten Studentenhäuser entsprechen nicht dem europäischem Standard, Busse fahren irgendwie und irgendwo zu einer unbekannten Uhrzeit an ein unbekanntes Ziel,
grundsätzlich läuft alles etwas chaotischer und langsamer ab, Pünktlichkeit ist nicht
gerade die höchste Tugend, warten wird als sinnvolle Beschäftigung angesehen und
alle Mexikaner begutachten einen, als wäre man der erste Europäer der ihnen zu
Gesicht gekommen ist.
Aber an all dies kann man sich, wenn man es will, aber auch wirklich schnell gewöhnen und eine unglaublich faszinierende Kultur kennenlernen.
Die Mexikaner vor Ort machen einem das Einleben normalerweise auch nicht gerade
schwer, da man sich durch ihre offene und wirklich unglaublich liebenswerte Art direkt sehr willkommen fühlt.
Anschluss findet man auf jeden Fall sehr schnell, da Mexikaner sehr interessiert an
Personen aus anderen Kulturen sind und so sehr schnell zu richtig guten Freunden
werden können.
Bei der Wohnungssuche gibt es in Guadalajara mehrere Möglichkeiten.
Die Universität selbst schickt (leider erst kurz vor Beginn des Semesters) einige
Wohnungsangebote herum, auf die man sich dann direkt bei den Vermietern zurückmelden kann.
Eine andere Möglichkeit ist es, wie es auch viele Austauschstudenten gemacht haben, einfach für die ersten 2 Wochen ein Hostel zu mieten und sich dann direkt vor
Erfahrungsbericht, Mexiko, Universidad de Guadalajara, Vera Peukert, WS 12/13
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Ort nach einer Bleibe umzuschauen. Bisher habe ich davon auch nur positives gehört, der Vorteil ist es eben sich die Wohnung direkt vor Ort anschauen zu können.
Mir ging es jedoch so, dass ich gerne schon meine Wohnung von Deutschland aus
sicher haben wollte. Deshalb habe ich mich an eine der unzähligen Studentenorganisationen (Conexión, Integrate, Mexperience, Yo soy Guadalajara, etc.) vor Ort gewandt.
Ich persönlich hatte Kontakt zu Integrate, der aber eher wegen Freunden und nicht
wegen harten Kriterien zu Stande kam.
Diese Organisationen bieten unterschiedliche Dinge an: sie holen dich vom Flughafen ab, haben eigene Studentenhäuser und organisieren Reisen und Partys. Informationen findet man auf den jeweiligen Internetseiten oder auch im Facebook.
Wenn man ein Service der Organisation nutzt ist man aber keinesfalls für andere
Dinge verpflichtet, doch oft sind z.B. gerade die Reisen sehr gute Angebote, da man
ein komplett organisierten Wochenendtrip für ein preisliches Angebot bekommt, das
man mindestens auch zahlen würde, wenn man alles selbst organisieren würde.
Der Nachteil ist, dass man mit vielen Austauschstudenten unterwegs ist aber das
Gute ist immer, dass die kompletten Organisatoren Mexikaner sind und auch immer
einige andere Mexikanern auf allen Reisen dabei sind. D.h. man ist zwar mit Austauschstudenten zusammen aber immer auch gleich mit vielen Mexikanern unterwegs und die gesprochene Sprache ist so oder so immer spanisch.
Ich habe mich dann auch dafür entschieden über Integrate mein Zimmer schon von
Deutschland aus auszuwählen und zu reservieren. Die Preise in den Häusern sind
meistens ein klein bisschen teurer als sonst( von 2000- 5000 Pesos), für deutsche
Verhältnisse aber immer noch sehr preiswert und dafür sind es immer gute Häuser,
hinter denen noch eine Organisation steht, die alles etwas unter Kontrolle hat. Zimmer für 5000 Pesos sind dann auch richtig groß und haben jeweils ihr eigenes Bad.
Ich persönlich habe in einem von 2 zusammengehörigen Häusern gewohnt, zusammen mit Franzosen, Spaniern, noch einer weiteren Deutschen und Mexikanern, also
einer bunt gemischten „Familie“ mit der wir immer sehr viel Spaß hatten.
Was ich persönlich auch als Vorteil des großen Hauses gesehen habe war, dass
man nie allein nachts irgendwo unterwegs sein musste, da immer irgendjemand von
meinem Haus dabei war. Es gibt nämlich eine Regel, die man als Ausländer wirklich
beachten sollte: Nehme nachts nie ein Taxi allein und laufe erst recht nie nachts allein durch die Straßen. Trotz all den schönen Seiten ist und bleibt es Mexiko und es
wäre wirklich leichtsinnig ein paar einfache Regeln nicht einzuhalten.
Die Stadt an sich hat, da sie die 2. größte Stadt Mexikos ist, einiges zu bieten. Ein
schönes, antikes Altstadtzentrum, Kulturangebote, Restaurants, Bars, Clubs, die
Herkunft der Mariachi Musik, Märkte die alle Dinge bieten, die man sich nur wünschen kann und zusätzlich auch noch modernste Einkaufszentren. Am besten haben
mir jedoch die kleineren Stadtteile wie Tlaquepaque oder Zapopán gefallen, die etwas außerhalb liegen und noch mehr den dörflichen Charme bewahrt haben. Etwas
schade an dieser Stadt ist eben nur, dass dadurch dass sie so riesig ist eben auch
Strecken oft sehr lange dauern, erst recht mit dem Bus, was jedes Mal ein Abenteuer
für sich ist.
Guadalajara selbst liegt sehr zentral als optimaler Ausgangspunkt für sämtliche Reisen und reisen sollte man wirklich, da dieses Land einfach solche unglaublichen Natur- und Kultursehenswürdigkeiten zu bieten hat, dass man dies auf keinen Fall verpassen darf. Bald schon wird man feststellen dass jeder Teil des Landes ganz anders aussieht und andere Sehenswürdigkeiten zu bieten hat.
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Lebenshaltungskosten sind in Mexiko allgemein etwas geringer als in Europa, was
die zusätzlichen Reisepläne unterstützt.
Das Wetter ist sehr angenehm, jedoch sind gerade in Guadalajara auch die Jahreszeiten zu spüren. Bei meiner Ankunft im August war gerade Regenzeit, dass heißt
einmal am Tag kam zu den 30 Grad ein Regenguss für etwa eine Stunde dazu,
Straßen waren überschwemmt, aber nach einer weiteren halben Stunde war dann
wieder alles ruhig. Ab Ende September endet dann die Regenzeit, es regnet fast gar
nicht mehr und das Wetter ist immer noch stetig sehr heiß und schön. Ab Ende November wird es dann jedoch „Winter“, was bedeutet tagsüber immer noch 25-30
Grad, jedoch kühlt es nachts schon erstaunlich ab und es kann auch mal unter 10
Grad werden.
Nun ein paar meiner Eindrücke zur Universität.
Die Universidad de Guadalajara ist die einzige öffentliche Universität der Stadt und
die 2. größte Universität des Landes. Daneben gibt es unzählige private Universitäten, die jedoch pro Semester sehr hohe Studiengebühren verlangen. So schafft es
die Stadt von Anfang an sehr leicht Kinder aus sehr reichem Hause von dem Rest
der Studierenden zu trennen.
Eine Eigenschaft dieses Landes ist es nämlich, sehr extrem zwischen reich und arm
zu unterscheiden. Gerade als Ausländer wird man sehr schnell in beide Extreme gezogen. Man erlebt Kinder, die einem hinterherrennen und betteln und gleichzeitig die
reichen mexikanischen Familien, mit großen Häusern, Booten und Co. Jedoch sollte
man aber durchaus auch Vorsicht walten lassen, denn das „ganz große Geld“ wird
leider in Mexiko oft immer noch mit dem Drogenhandel verdient.
Die Gesellschaft ist dadurch sehr gespalten, es gibt viele „VIP“-Angebote wie z.B. ein
VIP- Kino um der besseren Gesellschaft einiges bieten zu können und man darf bei
all den Vorurteilen von einem „armen“ Land wirklich nicht unterschätzen wie reich
doch manche Leute sind. Es kommt nicht von ohnehin der reichste Mann der Welt,
Carlos Slim, aus Mexiko.
Genau dieser Unterschied zeigt sich dann eben leider auch im Bildungssystem.
Jeder, der es sich leisten kann versucht auf eine der renommierten privaten Universitäten zu gehen.
So zeigte sich bei mir dann doch ein etwas anderes Bild an der Universität, wie bei
manchen Freunden von mir, bei denen die Studenten morgens von ihrem Chauffeur
abgesetzt wurden. Dies machte das studieren an der UDG aber nicht unbedingt gerade unangenehmer sondern nach Berichten meiner Freunde eher angenehmer, da
die Leute an der UDG wirklich alle sehr nette und bodenständige Menschen waren.
Viele arbeiten von morgens bis nachmittags und gehen dann von 18:00 -22:00 zur
Uni, was für mich wirklich sehr beeindruckend war.
Ich selbst habe an der CUCEA, also der wissenschaftlichen Fakultät studiert. Alle
Fakultäten liegen in unterschiedlichen Gebieten über die Stadt verteilt. Der Campus
der CUCEA ist wunderschön, ein einziger Park und bietet von W-Lan über gemütliche Plätze zum entspannen bis hin zu unzähligen Cafeterias und Restaurants alles,
was das Herz begehrt. Direkt vor der Uni gibt es auch unzählige Essstände bei denen man richtig große Menus für ca. 30 Pesos erhält.
Das Kursangebot an der CUCEA ist unglaublich und das faszinierendste ist, dass
jeder Kurs selbst noch 5-20 Mal angeboten wird, so dass man sich wirklich einen
perfekten Stundenplan zusammenstellen kann (was z.B. bei den privaten Unis nicht
möglich ist und oft dazu führt, dass man um 07:00 morgens Unterrichtsbeginn hat).
Der Unterricht läuft jedoch sehr anders ab als in Deutschland.
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Das System ist sehr verschult und hat wenig mit einer deutschen Universität zu tun.
Klassen bestehen höchstens aus 30 Studenten, es werden regelmäßig Hausaufgaben verteilt, der Dozent übernimmt eher eine Lehrer, als Professorenrolle und Noten
setzten sich aus mehreren Examen, Präsentationen, Gruppenarbeiten und Mitarbeitsnoten zusammen.
An dieses System muss man sich durchaus erst gewöhnen, bietet aber gerade den
Austauschstudenten sehr viele Möglichkeiten, sich leicht mit einzubringen und gute
Ergebnisse zu erreichen.
Das Niveau der Veranstaltungen liegt normalerweise eher unter dem deutschen Niveau, die Universität verlangt jedoch durch regelmäßige Abgaben und Präsentationen auf etwas andere Art und Weise recht viel Arbeitsaufwand von ihren Studenten
ab.
Ich würde auch jedem raten, die Kurse eher auf spanisch als auf englisch zu belegen, da man sich so 1. viel schneller an die Sprache gewöhnt und 2. man gerade
auch bei den Examen, falls die Sprache noch ein Problem darstellt, oft mit dem Dozenten vereinbaren kann, die Klausur in englisch zu bekommen.
Außerdem nimmt das Lehrpersonal sehr viel Rücksicht auf Austauschstudenten und
freut sich immer sehr darüber, auch in den spanischen Kursen Meinungen und
Standpunkte aus Deutschland zu hören.
Mir persönlich hat am besten der Kurs namens „Análisis socioeconomicos de México“ gefallen, da er mir neben meinen anderen, eher an meiner Studienfachausrichtung orientierten Kurse, sehr viel über die Politik und die Denkweise der Mexikaner
beigebracht hat. Ich würde jedem dazu raten, mindestens einen Kurs mit einem Mexikoschwerpunkt zu wählen, um auch wirklich etwas über dieses Land selbst zu erfahren.
Kursanerkennung muss vorher mit den jeweiligen Lehrstühlen abgeklärt werden.
Insgesamt bin ich wirklich sehr begeistert von meinem Semester in Mexiko, da ich,
wie ich es mir erhofft hatte, wirklich einmal eine ganz andere Kultur und ein wirklich
anderes Leben erleben durfte, was mich auch für meinen weiteren Lebensweg sehr
geprägt hat und mir sicherlich auch hinsichtlich meiner beruflichen Entwicklung sehr
viel weiter hilft.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen /Euch natürlich gerne weiter zu Verfügung.
Vera Peukert
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