Verkaufen auf allen Kanälen

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Verkaufen auf allen Kanälen
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SONDERBEILAGE DER FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
DONNERSTAG, 14. JUNI 2012
A1
E-Commerce
Frischetheke
Wie Händler Lebensmittel
über das Netz an den Kunden
bringen Seite 2
FTD/Julia Nüsch
www.ftd.de/ beilagen
Verkaufen
auf allen
Kanälen
Überall präsent sein ist der Trend:
Daher eröffnen auch Onlineanbieter eigene
Läden, und Einzelhändler gehen ins Netz
Friederike Meier-Burkert
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Zalando, Ebay, Amazon – drei Ikonen
des E-Commerce verkörpern jene Spezies reiner Onlinevermarkter, die dem
stationären Einzelhandel zunehmend
das Wasser abgraben. Und nun diese
Schlagzeilen: „Zalando eröffnet Outlet-Store in Berlin“, „Ebay launcht
Pop-up-Store in London“.
Tatsächlich zieht es immer mehr
erfolgreiche Onlinehändler auch in
die Einkaufsstraße. So betreibt der
Onlinepionier Notebooksbilliger.de
schon seit 2010 in München einen
eigenen Laden. Und sogar Google soll
an einer Retail-Strategie arbeiten. Im
letzten Herbst hat der Gigant in der
Londoner PC-World einen Laden eingerichtet, in dem mobile Rechner mit
dem Google-Betriebssystem Chrome
präsentiert werden: „Es ist ein neuer
Vertriebskanal für uns, und er steckt
noch in den Kinderschuhen“, sagte vor
britischen Journalisten Arvind Desikan, der bei Google UK fürs Konsumentenmarketing verantwortlich ist.
Solche Nachrichten scheinen jene
Onlineskeptiker zu bestätigen, die
glauben, dass der Verkaufskanal Internet langfristig nur im Zusammenspiel mit anderen Kanälen funktioniert. „Die Leute wollen die Möglichkeit, hineinzugehen und einfach mit
dem Gerät zu spielen“, erklärt GoogleMarketingleiter Desikan. Ähnlich
äußerte sich jüngst Andy Dunn, CEO
des amerikanischen HerrenmodeAnbieters Bonobos: „Für manche
Menschen ist die Möglichkeit, Kleidung zu berühren, zu fühlen und anzuprobieren Grundvoraussetzung für
einen Kauf, egal in welchem Kanal.“
Der E-Commerce-Shootingstar betreibt daher seit Kurzem Ladengeschäfte in New York und Boston.
Top 3 des E-Commerce
die umsatzstärksten Versendergruppen 2011
in Mrd. €
reine Onlinevermarkter
8150
Multi-Channel-Versender (Katalog/Internet)
7060
Ebay-Powerseller
2530
FTD/jst; Quelle:
BVH/TNS 2011
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„Läden der E-Commerce-Händler sind eher
Showrooms, die der
Imagepflege dienen“
GREGOR ENDERLE,
Partner bei OC&C Strategy Consultants
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Nur gucken, nicht kaufen
Doch gerade das Beispiel Bonobos
zeigt, dass im Handel von morgen andere Regeln gelten. Denn Kunden verlassen die Geschäfte ohne Einkaufstüten. Im Laden können sie Kleidung
zwar angucken und anprobieren, doch
gekauft wird online und geliefert wird
nach Hause, das spart Lagerkosten.
Dafür ist die Betreuung im Geschäft
optimal: Nach der Reservierung im
Internet wird jeder Kunde von einem
persönlichen Guide betreut.
Ähnlich verknüpft Zalando sein
Online- und Offlinegeschäft. Zugang
zum neuen Berliner Zalando-Outlet
erhält nur, wer sich vorab online
registriert. Und auch im Londoner
Christmas-Shop von Ebay konnte
man sich die Ware nur anschauen.
„Die Läden der E-Commerce-Händler
funktionieren nicht nach denselben
Gesetzen wie der klassische Einzelhandel“, sagt Gregor Enderle, Partner
bei OC&C Strategy Consultants. „Das
sind eher Showrooms, die der Imagepflege und der Markenbildung dienen, als echte Verkaufskanäle.“
Einige Fachleute streiten darüber,
welchem Verkaufskanal die Zukunft
gehört. Andere meinen, diese Frage
sei gar nicht relevant. Wie Ralf KleinBölting, Direktor Strategie, Marketing und Werbung bei Otto: Mehr als
drei Viertel seiner Umsätze mache das
Unternehmen im E-Commerce; immer mehr Kunden bestellten über ihr
Smartphone. Und doch: „Eigentlich
ändert sich nicht viel: Es geht darum,
dem Kunden zuzuhören, seine Bedürfnisse zu kennen und daraus die richtigen Angebote zu entwickeln“, sagt der
Strategieexperte.
Ähnlich sieht das Thomas Lipke,
Geschäftsführer des Outdoor-Spezialisten Globetrotter, der seine Kunden
über eigene Läden, den Katalog und
im Internet bedient. „Das Kanaldenken ist nicht gut“, sagt Lipke.
Stattdessen müsse immer der Kunde
im Fokus der Bemühungen stehen,
und den könne man nicht kanalisieren. „Am Ende ist es schließlich egal,
wo der Kunde kauft, Hauptsache, er
kauft“, sagt der Geschäftsführer.
Capital-Handelsgipfel
Konferenz Händler und Handelsexperten aus den verschiedensten
Branchen kommen heute auf Initiative
unseres Schwesterblatts „Capital“ in
Hamburg zusammen, um Perspektiven des E-Commerce zu erörtern.
Dabei geht es etwa darum, ob Vertriebskanäle allein funktionieren oder
nur im Verbund, oder welche Bedeutung
mobile Geräte für den Handel haben.
Doch den Kunden zum Kauf zu
bewegen ist gerade im Internet gar
nicht so einfach. Von 10 000 Besuchern eines Onlineshops kaufen nur
300 tatsächlich etwas – die übrigen
9700 klicken weiter oder schalten ab.
Problematisch werde es, wenn Händler versuchen, ihr bislang erfolgreiches Geschäftsmodell 1:1 ins Netz
zu übertragen, warnt OC&C-Stratege
Enderle: „Das funktioniert nicht, weil
sich eine Händlermarke über Kriterien profiliert, die es online gar nicht
in gleicher Form gibt.“ Im E-Commerce spielen der verkehrsgünstige
Standort oder die nette Bedienung
keine Rolle. Wichtige Kriterien sind
dagegen Preis, Zahlungsmöglichkeiten oder Liefergeschwindigkeit.
„Die Erwartungen der Kunden in
allen Kanälen richtig zu bedienen und
gleichzeitig ein einheitliches Angebot zu machen, ist die eigentliche
Kunst des Multichannel-Handels“,
sagt Lipke von Globetrotter. Zumal
die Erwartungshaltung der Kunden
extrem hoch sei. Und diese haben
heute viele Möglichkeiten. Als wichtigster neuer Vertriebskanal gelten
mobile Geräte wie Tablet-PCs und
Smartphones. „Das Mobiltelefon entwickelt sich zu einem smarten Multifunktionstool und kann den Alltag,
beispielsweise beim Einkaufen, erleichtern“, sagt Christian von Hammel-Bonten, Executive Vice President
Sales Telecommunications bei Wirecard, einem internationalen Anbieter
elektronischer Zahlungs- und Risikomanagementlösungen.
Pessimisten fürchten jedoch, dass
Tablet-PCs und Smartphones den
Wettbewerb unter den Verkaufskanälen weiter anheizen und dem
Einzelhandel das Leben noch schwerer machen. Ein Irrtum, sagt jedoch
Berater Enderle: „Das Handy ist weniger ein Verkaufskanal als ein Instrument, um Kunden in den Laden
zu locken.“
Ähnlich sieht das Globetrotter-Chef
Lipke: „Im Wettbewerb mit Amazon
und Co. ist ,Mobile‘ eine Riesenchance
für den stationären Handel.“ Örtliche
Händler würden enorm davon profitieren, wenn der Kunde beim Einkaufsbummel per Handy sieht, wo
welches Produkt verfügbar ist.
Doch dafür muss der deutsche Einzelhändler investieren. Denn noch kennen sogar große Filialisten ihre Bestände nicht. In den Vereinigten Staa-
ten hingegen können die Kunden Artikel online abfragen, reservieren und
dann im Laden abholen. „Der Kunde
fordert Multichannel“, sagt Gerrit Heinemann, Leiter des eWeb-ResearchCenters an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach, „und er ist
bereit, für den Service, den er nach einer Onlinebestellung im stationären
Handel hat, auch mehr zu zahlen.“
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E-Commerce
A2
FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
DONNERSTAG, 14. JUNI 2012
Kalte Platte
aus dem Netz
FTD/Julia Nüsch
Deutsche Verbraucher kaufen ihre Lebensmittel
ungern im Netz. Doch neue Verkaufskonzepte
zeigen erste Erfolge
Service für Bequeme
Gründe für den Online-Lebensmittelkauf in %*
51
Lieferung nach Hause
41
besondere Produkte
36
Neugier
30
Zeitersparnis
niedrige Preise
17
* befragt wurden Menschen, die bereits online Lebensmittel gekauft haben,
FTD/jst; Quelle: A.T. Kearney, Universität Köln 2011
Mehrfachnennung möglich
Sarah Möller
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Das Internet ist für viele Deutsche ein beliebter
Marktplatz. Bei Lebensmitteln sind sie allerdings
skeptisch – vor allem was frische Ware betrifft.
„Viele Verbraucher kaufen Lebensmittel ungern
online, weil sie die Produkte nicht sehen und fühlen
können“, erläutert Mirko Warschun, Partner des
Beratungsunternehmens A.T. Kearney und dort zuständig für Konsumgüterindustrie und Handel. Das
ergab die Studie Online Food Retailing von A.T.
Kearney und der Universität Köln. Demnach möchte
die Hälfte der Befragten ihre Lebensmittel gar nicht
im Internet kaufen. Bei frischen Lebensmitteln wie
Fleisch, Käse sowie Obst und Gemüse lehnen das
sogar 73 Prozent der Befragten ab.
Der Lebensmittelhandel im Internet ist in
Deutschland ein Nischenmarkt. Im vergangenen
Jahr setzten Unternehmen damit insgesamt gerade
einmal 200 Mio. Euro um. Das entspricht 0,2 Prozent des gesamten Internetumsatzes. Das mag auch
daran liegen, dass rund drei Viertel der Verbraucher
mit den traditionellen Einkaufsmöglichkeiten zufrieden sind. Auch das hat die Umfrage von A.T.
Kearney ergeben. Etablieren konnten sich im Netz
bislang vor allem Lebensmittelspezialisten, die individuelle Produkte, Delikatessen oder internationale Spezialitäten verkaufen.
Damit hinkt Deutschland im internationalen
Vergleich anderen Ländern hinterher. Der Einzelhandel in Großbritannien und den USA hat den
Lebensmittellieferservice schon weit früher als Differenzierungsmerkmal erkannt. Bereits im Jahr
2007 setzte der Onlinehandel mit Lebensmitteln
85 Mrd. Dollar in den Vereinigten Staaten und umgerechnet 2,5 Mrd. Dollar in Großbritannien um.
Als weiteren Grund für den deutschen Spätstart
nennt Berater Warschun das Preisbewusstsein der
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„Es ist doch
super, wenn
samstags zur
Bundesliga
das Grillfleisch frei
Haus geliefert wird“
MAX WITTROCK,
Mitbegründer von
Mymuesli
Deutschen: „Der
deutsche Lebensmittelmarkt zeichnet sich durch
einen preisgetriebenen Wettbewerb aus und ist weniger serviceorientiert.“ Bislang sind nur wenige Verbraucher bereit,
für einen Lebensmittellieferservice zu zahlen
Bei Online-Lebensmittelspezialisten wie dem
Passauer Unternehmen Mymuesli spielen besonders günstige Preise keine Rolle. Der Müslianbieter,
bei dem sich jedermann seine persönliche Müslimischung zusammenstellen kann, gewann 2007 bei
„enable2start“, der Gründerinitiative der FTD, und
ist seitdem erfolgreich. Unter anderem deswegen,
weil die Produkte einzigartig sind. Viele Kunden
kaufen das Müsli, um es zu verschenken. Ein weiterer Grund, der die vergleichsweise hohen Preise
rechtfertigt, ist die hohe Qualität, mit der das Unternehmen wirbt.
Vor allem lebe das Unternehmen aber davon,
dass ein bekanntes Produkt mit einem neuen Anstrich daherkomme, erklärt Max Wittrock, einer der
drei Gründer von Mymuesli. Die Ansprüche der
Kunden konnte das Unternehmen in den fünf Jahren
seines Bestehens offenbar erfüllen: „Wir konnten
viele Kunden an uns binden, das belegen die Wiederverkaufsquoten“, sagt Wittrock. Für die Kundenbindung tun die Passauer viel. So finden Kunden
Informationen zu Zutaten oder Qualitätsstandards
auf der Homepage. Mit Newslettern, Jubiläumsrabatten und Videos versucht Mymuesli, seine Kunden zusätzlich bei der Stange zu halten.
Wo klassische Lebensmittelhändler überlegen,
wie sie ein Onlinegeschäft etablieren, geht Mymuesli seit 2009 den umgekehrten Weg. Nach
einem kleinen Ladengeschäft in Passau und einem
repräsentativen Geschäft am Münchner Viktualienmarkt eröffnete im Mai ein dritter Laden in Regensburg. „Der erste war ein Experiment“, berichtet
Wittrock. Doch das funktionierte so gut, dass die
Unternehmer diesen Vertriebskanal weiterverfolgten. „In den Mymuesli-Geschäften können Kunden
unsere Produkte ganz anders kennenlernen und sie
auch probieren, bevor sie einkaufen“, sagt Wittrock.
Gleichzeitig können sie ihre Bestellung direkt im
Geschäft abholen und so das Porto sparen. Als
nächsten Schritt wollen die Passauer ihr Müsli künftig sogar in Supermärkten anbieten.
Als eine langsame Abkehr vom Medium Internet
will Wittrock die neuen Vertriebskanäle von Mymuesli aber nicht verstanden wissen: „Wir wollen
uns einfach breiter aufstellen. Unsere Grundidee,
sich ein eigenes Müsli zusammenzustellen, ist
deutschlandweit bis auf weiteres nur im Internet
möglich“, sagt er. Dass die Zeit mittlerweile auch
reif ist für Onlinesupermärkte mit einem breiten
Produktangebot, davon gibt Wittrock sich überzeugt: „Ich bin ein großer Fan davon, Lebensmittel
zu bestellen. Es ist doch super, wenn samstags zur
Bundesliga das Grillfleisch frei Haus geliefert wird“,
sagt er.
Lieferservice und Abholmarkt
In einigen deutschen Städten können die Verbraucher das mittlerweile tun. Denn auch etablierte
Einzelhändler wie Rewe und Real versuchen seit
einiger Zeit, auf dem Online-Lebensmittelmarkt
Fuß zu fassen. Rewe liefert ab einem Mindestbestellwert von 30 Euro die online bestellten Waren
gegen eine Gebühr von 5 Euro zur gewünschten
Uhrzeit aus. Außerdem sollen sogenannte Drive-InMärkte den Kunden ermöglichen, Einkaufszeit einzusparen. Mittlerweile hat Rewe bundesweit zehn
solcher Märkte eröffnet, unter anderem in Köln und
Hamburg. Die Kunden können online bestellen und
eine Abholzeit auswählen.
Mit der Resonanz auf die Abholmärkte ist Rewe
zufrieden, die Zahl der Kunden steigt. Dass Online-
kunden frische Lebensmittel nicht in ihren virtuellen Einkaufskorb legen, kann Unternehmenssprecher Raimund Esser nicht bestätigen „Die Kunden
kaufen online nicht andere Lebensmittel ein, aber
durchschnittlich mehr Produkte, als wenn sie selbst
in eine Filiale gehen.“ Dafür sorgt allein schon der
Mindestbestellwert. Rewe profitiert auch davon,
dass die Verbraucher das Sortiment aus den Supermärkten kennen und dem neuen Vertrieb dadurch
bereits Vertrauen entgegenbringen.
Darauf kann der reine Onlineanbieter Supermarkt.de nicht bauen. Seit Ende 2011 beliefert der
Neuling Hamburger Haushalte. Verbraucher können im Internet einen Warenkorb bestücken und
dann ein Zeitfenster von einer Stunde festlegen, innerhalb dessen die Ware nach Hause geliefert wird.
„Wir haben beobachtet, dass Kunden zunächst vorsichtig waren und nur unverderbliche Produkte wie
Waschpulver und Nudeln bestellt haben“, erzählt
Dominik Mühl, Vorstand von Supermarkt.de. „Wenn
die Auslieferung dann aber gut klappt, verlieren die
meisten Kunden ihre Bedenken.“
Neben der eingesparten Zeit wüssten die Kunden von Supermarkt.de besonders den Service zu
schätzen. „Unser Lieferant bringt sogar Getränkekisten in den dritten Stock und nimmt die Pfandflaschen mit, die wir dann dem Kundenkonto gutschreiben“, wirbt Mühl. Momentan erhebt das Unternehmen noch keine Versandkosten. Später soll
die Lieferung maximal 4,95 Euro kosten.
Die Zukunft von Onlinesupermärkten sieht Mühl
optimistisch. „Der Onlinehandel wächst sehr stark.
Und je mehr Angebote es gibt, desto normaler wird
es auch, Lebensmittel im Internet einzukaufen.“
A.T. Kearney sagt dem Onlinevertrieb von Lebensmitteln bis zum Jahr 2016 einen Anstieg auf 1,5 Prozent am Gesamtmarkt voraus. Das entspricht einem
Plus von 57 Prozent. Deutschland steht also erst am
Anfang dieser Entwicklung.
Schnelle Schnäppchen
Digitaler Flohmarkt, Speedshopping oder Klub der Schuhfetischisten – im E-Commerce gedeihen unzählige neue Geschäftsmodelle
Friederike Meier-Burkert
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Sie sind wunderschön, aber verstauben nach einem einzigen quälenden
Abend für immer im Schrank. Und
neben den unbequemen High Heels
ist da noch der zu enge Moschino-Blazer und das niedliche, aber total unpraktische Prada-Täschchen. Wohin
mit den teuren Fehlkäufen? Die britische Lösung heißt Bigwardrobe.com.
Hier tauschen registrierte Mitglieder ihre kaum getragenen Luxusklamotten untereinander aus. Der Bedarf scheint groß: Die BigwardrobeGemeinde zählt schon fast 130 000
Mitglieder. Und wer auf Bargeld steht,
der kann sich für einen Monatsbeitrag
von knapp 2 Euro auch als Verkäufer
registrieren – die Basismitgliedschaft
ist kostenlos.
Das Potential der britischen Plattform könnte allerdings schrumpfen,
wenn sich die Technologie des Berliner Startups Upcload durchsetzt. Die
Vision der Gründer Asaf Moses und
Sebastian Schulze: Die Onlinekäufer
stellen sich vor die eigene Webcam,
erhalten Daten zu ihren Maßen und
bekommen von kooperierenden Händlern fortan passende Kleidungsstücke
geliefert. Damit wollen die beiden vor
allem unabhängige Designer und
Labels unterstützen.
Doch das Prinzip des digitalen
Flohmarkts ist in vielen Bereichen
noch lange nicht ausgereizt. Pionier
des
Re(cycling)-Commerce
in
Deutschland ist Momox.de. Gründer
und Geschäftsführer Christian Wegner hat bescheiden angefangen. Als
Arbeitsloser verkaufte er mit Gewinn
antiquarische Bücher bei Ebay. Als der
Aufwand zu hoch wurde, entwickelte
Wegner eine eigene Plattform.
Das Prozedere ist einfach: Nach
Eingabe von ISBN-Nummer oder
Barcode erscheint ein Ankaufspreis.
Neben Büchern und CDs werden inzwischen auch Handys, Tablets, PCSpiele und Konsolen angekauft. Das
Porto für den Versand übernimmt
Momox, beim Verkauf von mehreren
Artikeln wird das Paket sogar kostenlos abgeholt. Der Shop kauft monatlich rund 750 000 Artikel, beschäftigt
fast 300 Mitarbeiter und erzielte 2010
einen Umsatz von rund 25 Mio. Euro.
Hochladen und Austauschen
Getrieben von neuer Technik, erfinderischen Gründern und Strömen von
Venture-Capital wachsen und gedeihen im E-Commerce immer neue Geschäftsmodelle. Der Einkauf der Zukunft wird noch interaktiver, mobiler
und sozialer. Viele der neuen Plattformen setzen auf den Austausch mit
Freunden oder Unbekannten.
Ein Beispiel ist das Shoppingnetzwerk Shopwith.it, in dem über
eine App Fotos von Produkten direkt
aus dem Geschäft hochgeladen und
mit Freunden geteilt werden können.
Integriert sind ein Barcode-Scanner,
eine Preisvergleichsfunktion und der
Link zu Produktforen. Auf den direk-
ten Austausch von Käufer und Verkäufer setzt Dawanda.de. Hier verkaufen Kreative Selbstgemachtes,
Handgestricktes und Unikate – von
Kleidung bis hin zu Wohnaccessoires
junger Designer. Neben den Produkten selbst trägt vor allem das liebevoll
gestaltete Design zum Erfolg bei.
Viel versprechend scheinen auch
das Potenzial von Shoppingklubs. So
bietet der französische Pionier Vente
Privée seinen inzwischen weltweit
rund 15 Millionen Mitgliedern regelmäßig Sonderverkäufe von Luxuslabeln. Geheimnisvoll und exklusiv
gibt sich Bestsecret.com. Zugang zu
dem deutschen Shoppingklub, der
hohe Rabatte auf Designermarken
verspricht, gibt es nur auf persönliche
Empfehlung anderer Mitglieder.
Dagegen müssen Schuhliebhaber
für die Mitgliedschaft bei Shoescribe.com tief in die Tasche greifen –
die jährliche Mitgliedsgebühr kostet
129 Euro. Auf Tempo setzt Dealclub.de. Das Portal ist Shoppingklub
und Live-Shoppinganbieter in einem
und ködert Schnäppchenjäger mit
Spieltrieb. Bei regelmäßigen Verkaufsaktionen werden ständig wechselnde Produkte angeboten, mit zunächst verstecktem Preis. Klickt der
Nutzer auf einen Artikel, so erscheint
ein individuelles, nur 33 Sekunden
gültiges Angebot. Noch schneller ist
die schwedische Plattform Speedsale.se – hier haben Kunden gerade
mal vier Sekunden Zeit, sich für einen
Deal zu entscheiden.
Dass man zum Shoppen künftig
weder einen Laden betreten noch seinen Rechner hochfahren muss, zeigte
ein Feldversuch der Ebay-Tochter
Paypal Anfang des Jahres in Singapur.
In U-Bahnstationen wurden Plakatflächen gemietet, auf denen verschiedene Angebote von Feinkost über
Schuhe bis hin zu Tickets beworben
wurden. Mit dem Handy konnten die
wartenden Pendler den QR-Code auf
dem Plakat einscannen und das Produkt direkt kaufen.
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