Teufels - Saat

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Teufels - Saat
Solarbrief 1/05
Teufels -
Saat
Arbeitsplätze
Irrwege
100 Prozent
Energiesteuer schafft Arbeitsplätze - Provozierende Thesen mit neuen
Argumenten
- Neue Kohlekraftwerke
in der Planung
- RECS, Kampfhund der
Stromwirtschaft
Was noch zu tun bleibt:
Netzertüchtigung, Lastmanagement und Ausbau
der Speicherkapazitäten
Seite 14
Seiten 3, 6 bis 13, 36
Seite 22-28
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
1
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Wolf von Fabeck
Layout:
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Auflage: 4500
Richtigstellung zum Editorial 4/04
Aufmerksame Leser des Solarbriefs machten mich auf eine Ungenauigkeit im
letzten Editorial zum Solarbrief 4/04 aufmerksam (Spalte 1, vorletzter Absatz):
Arbeitsproduktivität ist NICHT Wertschöpfung dividiert durch die Zahl der
Arbeitskräfte, SONDERN:
Wertschöpfung dividiert durch die Zahl der Arbeitsstunden.
Erscheinungsdatum: April 2005
Druckerei:
Zypresse Aachen
ISSN 0946-8684
Titelbild:
Petra Hörstmann-Jungemann
Wolf von Fabeck
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Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Editorial
Ökonomischer Wahnsinn
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland lehnt den Emissionshandel strikt ab. Dies haben wir bereits mehrfach ausführlich begründet; zuletzt im Solarbrief 2/04.
„Emissionshandel - das sind erste kleine Schritte in die richtige
Richtung“, heißt es dann oft begütigend. Doch auch eine „Bewegung in die richtige Richtung“ kann falsch sein, wenn sie in die
Sackgasse führt:
Derzeit ist die Stromwirtschaft dabei - unter dem Deckmantel des Wolf v. Fabeck am Steuer seines Pflanzenölautos
Emissionshandels - Fakten in ihrem Sinne zu schaffen. Zwei Drittel ihrer überalterten fossilen
Kraftwerke sollen durch neue FOSSILE(!) Kraftwerke ersetzt werden. Neue fossile Kraftwerke
hätten einen besseren Wirkungsgrad und somit einen geringeren spezifischen CO2-Ausstoß, heißt
es. Der Ersatzbau verstieße somit nicht gegen die festgelegten Minderungsziele. Trotzdem
blockiert er eine grundsätzliche Lösung! Für 30 weitere Jahre - etwa die Lebensdauer der neuen
Kohlekraftwerke - wäre eine weitere Senkung der CO2-Emissionen in der Stromwirtschaft dann
nur noch durch vorzeitige Stilllegung eben dieser Neubauten zu erreichen.
Die volle Tragik dieser Entwicklung wird deutlich, wenn man bedenkt, dass es eine grundsätzliche Lösung gibt, die finanzierbar und realistisch ist: Eine von EUROSOLAR veröffentlichte
Studie (siehe Seite 7) besagt, dass der Kraftwerks-Ersatzbedarf durch beschleunigten Ausbau der
Erneuerbaren Energien gedeckt werden kann.
Stattdessen Milliarden in neue Kohlekraftwerke zu investieren, ist ökonomischer Wahnsinn!
Eine gewaltige Fehlallokation von Kapital in die falsche Technik!
Nur ein grundsätzliches Umsteuern kann hier Abhilfe schaffen. Die Politik ist gefordert:
1. Rücknahme aller Privilegien im Genehmigungsverfahren für den Neubau fossiler Kraftwerke was einem Verbot für den Neubau nahe käme.
2. Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien - hierzu hat der Solarenergie-Förderverein Deutschland bereits mehrfach Vorschläge veröffentlicht.
- Verpflichtung der Netzbetreiber zur Zahlung einer Bereitstellungsgebühr für fertiggestellte,
aber noch nicht anschließbare Anlagen.
- Ausbau der Stromnetze in schwach besiedelten Gebieten mit bundesweiter Umlage auf alle
Stromkunden.
- Mindestvergütungen für Windenergie auch an windschwächeren Standorten.
- Ein Energiespeichergesetz.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Inhaltsverzeichnis
Irrwege
3 ...... Editorial: Ökonomischer Wahnsinn
Von Wolf von Fabeck
6 ...... Offener Brief an den BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland)
Gegen den Neubau von fossilen Kraftwerken: Der Vorstand des SFV
8 ...... Tragikomödie um den Emissionshandel
Emissionshandels-Vorwürfe der Umweltverbände gegen Trittin treffen nicht das Wesentliche
Wolf von Fabeck
10 .... RECS gefährdet das EEG
Europarechtliche Konsequenzen für das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Wolf von Fabeck
12 .... Kommerzieller Kurzschluss
Kommentar zur Debatte um RECS und Öko-Institut: Hermann Scheer
13 .... Kann RECS bereits gewährte EEG-Vergütungen gefährden?
Zum Bestandsschutz von EE-Anlagen: Wolf von Fabeck
36 .... Ab wann wird Klimawandel gefährlich?
Kommentar zum Pekinger Klimawandel-Symposium: Susanne Jung
Arbeitsplätze
14 .... Arbeitsplätze und Soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
Wolf von Fabeck
20 .... Vortrag: Energiesteuer gegen Arbeitslosigkeit
Nähere Informationen beim SFV
21 .... Energiesteuer oder Ressourcen-Verbrauchssteuer?
Von Wolf von Fabeck
100 % Erneuerbare Energien
7 ...... Neue Kohle- und Gaskraftwerke überflüssig
Pressemitteilung zur EUROSOLAR-Studie
22 .... Sicherheit der Stromversorgung
Was noch getan werden muss: Wolf von Fabeck
22 .... Netzertüchtigung als nationale Aufgabe - Vorschlag des SFV
24 .... Lastmanagement und Ausbau dezentraler Speicherkapazitäten - Vorschlag des SFV
25 .... Gefährliche Fehlinterprätation
Unangemessene Degression der Vergütung würde Solarwachstum stoppen: Wolf von Fabeck
26 .... Kontra muss Pro folgen
Initiativen gegen Freiflächen müssen gute Beispiele folgen: Susanne Jung
26 .... Solarmodule knapp
Keine Notwendigkeit für den Bau von Freiflächen-Solaranlagen: Wolf von Fabeck
27 .... Engpass Silizium
Neues Verfahren zur Siliziumproduktion: Wacker-Chemie GmbH
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Inhaltsverzeichnis
Verbraucherinformationen
29 .... Fernwärmeabrechnung
Bei wärmegedämmten Gebäuden ist ein niedrigerer Grundpreis angemessen: Wolf von Fabeck
30 .... Einspeisevertrag zumeist nachteilig
SFV empfiehlt Einspeisung ohne Vertrag: Wolf von Fabeck
30 .... Verlustabschläge nicht hinnehmen
31 .... Welche Leistung ist maßgeblich?
Wechselrichter- oder Solarmodul-Leistung? Susanne Jung
32 .... Anfertigen eines Mahnbescheides
Hilfestellung von Dr. Christina Bönning
34 .... Leser fragen - SFV antwortet
Weitere Beiträge aus unserem Internetangebot „Leserfragen“
Kinderseite
37 .... ein Lesetipp für Kinder
Tagungsbericht und Rezension
38 .... Der Land- und Forstwirt als Energiewirt
Kommentar zur EUROSOLAR-Konferenz: Petra Hörstmann-Jungemann
39 .... Geothermie in NRW
Zu einer CD des Geologischen Dienstes NRW: Petra Hörstmann-Jungemann
Nachrichten und Kommentare
ab 40... z.B. zur Einspeisevergütung der Stadtwerke Walldorf, zum Chinesischen EEG, zur
dena-Studie, zur „Entsorgung“ von Windstrom, zu Solaranlagen auf Asbestdächern
Leserbriefe
ab 44... z.B. zu Abrechnungsgebühren, zur Mitgliederentwicklung, zu Freiflächenanlagen
Internes
21 .... Das entscheidende Formblatt...
47 .... Mitgliederversammlung 2005
47 .... Solarbrief im Internet
Solarbrief 1/05
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Irrwege
Offener Brief an den BUND
Gegen den Neubau von fossilen Kraftwerken
Liebe Mitstreiter für eine intakte Umwelt, sehr geehrte Damen und Herren
des BUND,
in diesem offenen Brief geht es um
die „Leitlinien des BUND (Bund für
Umwelt und Naturschutz Deutschland
- Friends of the Earth Germany) für
eine nachhaltig wirksame Energiepolitik in der Legislaturperiode bis 2006“.
Unmittelbarer Anlass ist ein Interview,
welches Umweltminister Jürgen Trittin
am 24.03.05 dem SPIEGEL gegeben
hat.
SPIEGEL: Herr Trittin, die SPD setzt
sich im NRW-Wahlkampf von den Grünen ab. Ministerpräsident Steinbrück
hat Ihnen gerade eine schädliche Distanz zu Wirtschaft und Technologie
vorgeworfen. Was ist Ihre Antwort?
Trittin: Mir muss keiner was von neuen Techniken oder von Wachstum und
Beschäftigung erzählen. Wir, SPD und
Grüne, haben Regeln durchgesetzt, die
den Betrieb von Uraltkraftwerken unrentabel machen. Das Ergebnis ist eine
Investitionsoffensive, wie sie Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich noch
nie gesehen hat. Die Industrie dort hat
gerade angekündigt, fünf Milliarden in
neue Kraftwerke zu investieren. [...]
(Quelle 1)
Zu dieser unglücklichen Aussage zunächst zwei kritische Anmerkungen:
Erstens: Der Betrieb von Uraltkraftwerken wurde nicht unrentabel, weil
SPD und Grüne irgendwelche Regeln
(gemeint ist der Emissionshandel)
durchgesetzt haben, sondern im Wesentlichen, weil nach Ablauf der Auslegungslebensdauer die Kosten der Instandhaltung ansteigen, weil neue Kraftwerke weniger Bedienungspersonal
brauchen und weil moderne Kraftwerkstechnik mit weniger Brennstoff
auskommt. Der Ersatz überalterter
Kraftwerke ist deshalb eine Routineangelegenheit.
6
Hätte Minister Trittin als Erfolgs-Beispiel den Bau von fast 200.000 Solarstromanlagen in den letzten Jahren genannt, so wäre ihm hingegen voll zuzustimmen. Der Boom insbesondere der
Solarenergie, der Bau neuer Solarfabriken und der Aufschwung des Solarinstallationsgewerbes gehen eindeutig
auf die Verbesserungen der Einspeisebedingungen im Erneuerbare-EnergienGesetz zurück. Dieses wurde von RotGrün gegen die Stimmen der schwarz/
gelben Opposition verabschiedet.
Zweitens: Den Ersatz alter fossiler
Technik durch moderne fossile Technik als Ergebnis ambitionierter Umweltpolitik zu bezeichnen, ist fragwürdig.
Eine ambitionierte Umweltpolitik müsste im Gegenteil alles daran setzen, den
Bau neuer fossiler Kraftwerke durch
forcierten Ausbau der Erneuerbaren
Energien überflüssig zu machen. Unser Verein hat schon mehrfach darauf
hingewiesen, dass dies möglich ist. Eine
neue Studie, die von EUROSOLAR
veröffentlicht wurde (Quelle 2), bestätigt dies jetzt mit genaueren Zahlenwerten.
Der gesamte Erneuerungsbedarf an
Kraftwerken kann somit durch Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien ersetzt werden. Dies wäre ein
grandioses Investitions- und Arbeitsbeschaffungsprogramm, welches
Deutschland weltweit an die Spitze des
wirtschaftlichen Fortschritts katapultieren würde. Sowohl Grünen-Abgeordnete, z.B. Hans-Josef Fell, als auch
SPD-Abgeordnete, z.B. Dr. Hermann
Scheer, stehen hinter dieser Aussage.
Notwendig wäre dazu nach unserer
Auffassung eine konsequente weitere
Verbesserung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und die Rücknahme aller Privilegien für den Neubau von fossilen Kraftwerken, was faktisch einem
Neubauverbot nahe käme.
Kraftwerke hingegen wird eine grundsätzliche Lösung des CO2-Problems auf
etwa 30 weitere Jahre - Lebensdauer
der neuen Kraftwerke - blockiert und
eine gewaltige Fehlallokation von Kapital in Gang gesetzt.
Nun zum Zusammenhang mit den
eingangs erwähnten „Leitlinien“ des
BUND:
In diesen Leitlinien findet sich - im
Anschluss an eine Würdigung der Kraftwerksmodernisierung in Ostdeutschland - folgende Passage:
„(...)Im rheinischen Braunkohlerevier ist der Kraftwerkspark dagegen
überaltert und sehr ineffizient; dort sollten alte Braunkohlekraftwerke noch
durch moderne, umwelt- und ressourcenschonendere ersetzt werden. (... )“
(Quelle 3)
Der BUND setzt sich in dieser Leitlinie vom Dezember 2002 also nicht
etwa für eine Ablösung alter fossiler
Kraftwerke durch Anlagen der Erneuerbaren Energien ein, sondern er FORDERT sogar - was RWE ohnehin plant
- Neubau als Ersatz für überalterte
Kraftwerke.
Bei den traditionell sehr guten Beziehungen zwischen den Umweltverbänden und dem Umweltministerium
ist es nicht verwunderlich, dass Minister Trittin diese Forderung gerne aufgegriffen hat.
Bitte betrachten Sie dies nicht als
Vorwurf gegen den BUND, sondern
als dringenden Appell, Ihren Kurs in
dieser wichtigen Frage zu überdenken
und beim Umweltministerium auf Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse
zu drängen.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Engelhard und
Wolf von Fabeck
für den Vorstand des SFV
Durch den Bau moderner fossiler
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Irrwege
Quelle 1:
BMU-Pressemitteilung 073/05 vom 24.03.2005:
www.bmu.pressemitteilungen/pressemitteilungen_ab_01_11_2004/pm/35261.php
Quelle 2:
Neue Kohle- und Gaskraftwerke überflüssig
Pressemitteilung zur EUROSOLAR-Studie
Zur heute vorgelegten Studie „Erneuerbare Energien und Energiesparen für den Ersatz überalterter Kraftwerke in Deutschland“ erklären Hans-Josef Fell, Vorsitzender EUROSOLAR Deutschland, und Hermann Scheer,
Präsident von EUROSOLAR:
„Die alten Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke lassen sich vollständig durch Erneuerbare Energien ersetzen so das Ergebnis der Studie des Institute for Sustainable Solutions and Innovations (ISUSI), die im Auftrag von
EUROSOLAR erstellt wurde.
In dieser Studie wird die Entwicklung bei den Erneuerbaren Energien auf die nächsten 15 Jahre hochgerechnet. Diese neuen Stromerzeugungskapazitäten wurden mit den wegfallenden alten Kraftwerksblöcken verglichen. Ergebnis: Wind-, Sonnen- und Bioenergie sowie Erdwärme können sämtliche Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke ersetzen, die bis 2020 wegfallen. Bis zum Jahre 2020 müssen etwa 40 GW Kraftwerkskapazitäten in Folge
des Atomausstieges und aus Alterungsgründen ersetzt werden.
Bis 2020 können etwa 62 GW Erzeugungsleistung neu aus Erneuerbaren Energien bereitgestellt werden.
Dabei handelt es sich um eine „Minimalrechnung“ allein auf der Basis der Weiterentwicklung. Selbstverständlich wurde in der Studie berücksichtigt, dass Wind- und Sonnenenergie nicht rund um die Uhr zur Verfügung
stehen.
Energiesparen eröffnet sogar zusätzlich die Möglichkeit, über die absehbar wegfallenden Kraftwerke hinaus
weitere zu ersetzen oder für den Export Ökostrom zu produzieren und so aktiv zusätzlich zum Klimaschutz
beizutragen.
Der unnötige Neubau von Gas- und vor allem Kohlekraftwerken würde hingegen über Jahrzehnte hinweg den
Ausstoß von Klimagasen fortschreiben und den Zubau von Erneuerbaren Energien blockieren.
EUROSOLAR fordert die Energiewirtschaft dazu auf, auf den Neubau von Gas- und Kohlekraftwerken zu
verzichten und ihre eigenen Investitionen auf den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien und Einsparinvestitionen zu konzentrieren.“
Die Studie steht zum Download bereit: http://www.hans-josef-fell.de/download.php?id=374&filename=studie.pdf
V.i.S.d.P. Irm Pontenagel
EUROSOLAR e.V., Bonn“
Quelle 3:
Der Energiereferent des BUND sandte uns am 21. März 2005 als kurze Antwort auf unsere Frage, ob der
BUND ein Neubau-Verbot für fossile Kraftwerke unterstützen würde, die Energie-Leitlinien des BUND zu. Sie
sind nachzulesen unter: http://www.bund.net/lab/reddot2/energiepolitik_2786.htm:
Auszug: „(...)Angesichts der in der mittelfristigen Zukunft weiterhin noch dominierenden Rolle der fossilen
Energieträger kommt der Steigerung der Energieeffizienz höchste Bedeutung zu. Daneben ist auch die Substitution von Kohle durch Erdgas für den Klimaschutz unausweichlich. Sie ist trotz der begrenzten Erdgasressourcen
gerechtfertigt, wenn der gesamte Verbrauch an fossilen Energieträgern trotz des Atomausstiegs infolge Steigerung von Energieeffizienz und Ausbau der Erneuerbaren zunächst nicht steigt und später kontinuierlich sinkt.
(...)“
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Irrwege
Tragikomödie um den Emissionshandel
Emissionshandels-Vorwürfe der Umweltverbände gegen Trittin treffen nicht das
Wesentliche
Von Wolf von Fabeck
In einem gemeinsamen offenen Brief
an Bundesumweltminister Jürgen Trittin kritisieren mehrere Deutsche Umweltverbände in scharfer Form die ihrer Auffassung nach unzureichenden
Anstrengungen seines Ministeriums
zum Klimaschutz (siehe Seite 9).
Den Umweltverbänden ist zu danken, dass sie öffentlichkeitswirksam auf
die dramatische Gefährdung durch den
steigenden Kohlendioxid-Ausstoß hinweisen und viele praktische Maßnahmen nennen, mit denen Deutschland
den Ausstoß vermindern könnte. Der
an erster Stelle ihrer Vorschläge geforderte „anspruchsvollere“ Emissionshandel ist allerdings prinzipiell ein völlig
ungeeignetes Instrument zur Verminderung des CO2-Ausstoßes.
Es gehört zur Tragik einiger Verbände, dass sie sich nicht von ihrer Fixierung auf die wirklichkeitsferne Idee des
Emissionshandels lösen können. Dass
die Verbände dann auch noch ausgerechnet dem Bundesumweltministerium in dieser Hinsicht zu geringe Anstrengungen vorwerfen, entbehrt nicht
einer gewissen Komik. Minister Trittin
ist einer der eifrigsten und ehrlichsten
Befürworter des Emissionshandels. Gerade ihm zu geringe Anstrengungen vorzuwerfen, wirkt etwa so, als würden
die Angehörigen einer Regentanz-Sekte ihren obersten Vortänzer beschuldigen, dass er noch nicht inbrünstig genug um Regen tanze.
Die verlegene Antwort aus dem Hause Trittin (siehe Seite 9) besagt, nicht
die jetzige Regierung, sondern bereits
die Regierung Kohl habe schon im Jahr
1997 die CO2-Minderungsverpflichtung
faktisch zurückgefahren. Die deutschen
Ziele seien aber dennoch weltweit die
ambitioniertesten Ziele. Dabei schreibt
Trittin sich indirekt auch die Ergebnisse von Entwicklungen gut, für die sein
Ministerium keine Verantwortung trägt,
so zum Beispiel den Niedergang der
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emissionsstarken DDR-Industrie nach
der Wiedervereinigung.
Den bisherigen positiven Trend gälte es fortzuschreiben, betont Trittin.
Kein Wort jedoch verliert der Minister
darüber, wie völlig unzureichend die
bisherigen Erfolge sind und dass angesichts der bedrohlichen Gesamtsituation ein grundsätzliches Umsteuern notwendig wird. Daran hindert ihn möglicherweise die Kabinettsdisziplin.
Der SFV weist in diesem Zusammenhang ergänzend auf folgenden Gesichtspunkt hin: Die Gegner einer wirksamen CO2-Minderung sitzen nicht im
Bundesumweltministerium, sondern im
Bundeswirtschaftsministerium - teilweise auch im Verkehrs- und im Bauministerium.
Angesichts der Dramatik der Klimaentwicklung geht es nicht um einige
Prozente mehr oder weniger CO2-Reduktionsverpflichtungen, die das Papier
nicht wert sind, auf dem sie geschrieben sind. Es geht vielmehr um eine
Grundsatzfrage, nämlich ob Deutschland aus der fossilen Energieerzeugung
aussteigen und in die Erneuerbaren Energien einsteigen soll. Solche Grundsatzfragen sind aber nicht Angelegenheit des Bundesumweltministers, sondern Angelegenheit von Bundeskanzler Schröder und viel mehr noch eine
Angelegenheit des deutschen Parlaments.
Noch einige erläuternde Hinweise
zum Emissionshandel. Dieser ist aus
folgenden prinzipiellen Gründen ein ungeeignetes Instrument:
Emissionshandel
• begreift Klimaschutz als eine Last und
erkennt nicht die wirtschaftliche Chance zum Einstieg in innovative Technologien.
• orientiert sich international jeweils
an der geringsten Minderungsbereitschaft und kommt deshalb zu völlig
unzureichenden Reduktionszielen.
• ist nicht ausreichend international kontrollierbar, da die Entdeckung von Verstößen den kontrollierenden Institutionen und Staaten selber zum Nachteil
gereichen würde.
• ist nicht fehlertolerant (bereits geringe Fehler können seine Wirkung zunichte machen).
• ist nicht nachhaltig. Verstöße können
international nicht wirksam geahndet,
die weitere Teilnahme nicht kooperativer Staaten kann nicht erzwungen werden.
• blockiert, erschwert und konterkariert
andere Anstrengungen zur CO2-Minderung.
• mit seinem planwirtschaftlichen Ansatz wird der möglichen Dynamik einer Innovationsoffensive nicht gerecht.
• entspricht nicht dem Willen der Mehrheit, die sich eine nationale Vorreiterrolle wünscht (Emnid-Umfrage Sept.
02).
• verursacht einen ungeheuren Verwaltungsaufwand.
Fasziniert vom nahezu unübersehbaren Umfang des Regelwerks und von
seiner Kompliziertheit vergessen viele
Menschen, dass nur solche Verfahren
Erfolg haben, die einfach zu durchschauen, einfach zu handhaben und einfach zu kontrollieren sind. Insbesondere können sie sich nicht vorstellen, dass
mit so viel Aufwand so viel Geld hin
und her geschoben wird, ohne dass dadurch die notwendige Kohlendioxidverminderung zustande kommt.
Eine detaillierte Kritik am Emissionshandel haben wir im Solarbrief 3/
02 und 2/04 sowie im Internet unter
www.sfv.de/lokal/mails/0emissha.htm
veröffentlicht. Im Internet gibt es auch
eine Unterschriftenliste gegen den
Emissionshandel, in die Sie sich gern
eintragen können.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Irrwege
Offener Brief der Umweltverbände an das Bundesumweltministerium
Sehr geehrter Herr Bundesminister,
kurz vor dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls blickt die Öffentlichkeit verstärkt auf die erreichten Fortschritte in der deutschen
Klimapolitik. Deutschland hat lange Erfolge in der Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgase zu vermelden. Seit geraumer Zeit hat
sich das Blatt aber gewendet. Insgesamt stagnieren die Kohlendioxidemissionen seit 1999 mit leichten jährlichen Schwankungen. Die
Erfolge beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Verringerung des Kraftstoffverbrauchs werden durch die Entwicklungen im
Stromsektor konterkariert. Hier steigen die Emissionen kontinuierlich durch den wachsenden Stromverbrauch und die zunehmende
Kohleverstromung. Eine Strategie, wie diese Entwicklung aufgehalten und umgekehrt werden könnte, gibt es weder von der Bundesregierung, noch wird eine solche von Ihrem Hause vorgelegt. Angesicht der verstärkten Warnungen aus der Wissenschaft vor einer dramatischen Verschärfung des Klimawandels ist dieser Stillstand in Deutschland alarmierend.
In Ihrer Zeit als Umweltminister wird das nationale Klimaschutzziel zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen um 25 Prozent bis
2005 nicht erreicht werden. Sie haben sich auf das schwächere Kyoto-Ziel zurückgezogen. Aber selbst dieses Ziel wird ohne die
Festschreibung von zusätzlichen Maßnahmen im neuen Klimaschutzprogramm um 20 Millionen Tonnen CO2 verfehlt werden. Sie haben
einen Entwurf in die Ressortabstimmung gegeben, der weitgehend substanzlos ist. Dies wird der von Deutschland beanspruchten
Vorreiterrolle in der internationalen Klimaschutzpolitik in keiner Weise gerecht.
Die Umweltverbände haben mehrfach und frühzeitig die Erwartungen an die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms formuliert: Es
sollte auf eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent bis 2020 ausgerichtet sein und verbindliche Maßnahmen
festlegen, um dieses Ziel zu erreichen. Auch hier enttäuscht der vorgelegte Entwurf. Mit der Ausrichtung des Programms auf das KyotoZiel verschieben Sie einen Großteil der notwendigen Emissionsminderungen auf den knappen Zeitraum zwischen 2012 und 2020. Mit
jeder Verschiebung steigen aber die Anpassungskosten und daher auch die dann zu erwartenden politischen Widerstände zur Durchsetzung der Maßnahmen.
Seit vielen Jahren schlagen die Umweltverbände eine Fülle praktikabler Maßnahmen vor, die den Klimaschutz kostengünstig voranbringen würden: Einen anspruchsvolleren Emissionshandel, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, höhere Fördermittel für die Gebäudesanierung, Verschärfung der Standards für die Altbausanierung, Weiterentwicklung der ökologischen Steuerreform und Abbau klimaschädlicher Subventionen, Markteinführungsprogramm für effiziente Stromnutzung bzw. Energieeffizienz-Fonds, Reform der KFZ-Steuer mit
CO2 als Bemessungsgrundlage und klimapolitische Instrumente im Flugverkehr (Emissionsabgabe bzw. Emissionshandel und Kerosinsteuer) - um nur einige exemplarisch zu nennen.
Wir teilen Ihre Einschätzung, dass das Klimaschutzprogramm eine Angelegenheit der gesamten Bundesregierung ist und sich auch der
Bundeskanzler und die anderen zuständigen Ressorts - insbesondere Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement - zu den notwendigen Maßnahmen bekennen müssen. Das entlässt das federführende Ministerium aber nicht aus
der Verantwortung, solche Maßnahmen in die Ressortabstimmung einzubringen und sie dann auch durchzusetzen.
Sehr geehrter Herr Bundesminister, wir möchten Sie dringend bitten, dem Klimaschutz in Ihrer Politik wieder einen höheren Stellenwert
zu geben und weitere Maßnahmen in das Klimaschutzprogramm aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Tschimpke, Hubert Weinzierl, Dr. Angelika Zahrnt, Jürgen Maier, Klaus Milke, Peter Prokosch, Jürgen Sattari
Naturschutzbund Deutschland e.V., Deutscher Naturschutzring, Bund für Umwelt und Naturschutz, Forum Umwelt und Entwicklung,
Germanwatch e.V., WWF Deutschland, Robin Wood
Quelle:
http/www.bund.net/lab/reddot2/pdf/
trittin_brief.pdf
Trittin: Umweltverbände kritisieren den Falschen
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat die Kritik der Umweltverbände an der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung zurückgewiesen.
„Deutschland ist weltweit Vorreiter im Klimaschutz. Wir haben im Hinblick auf Klimagase das höchste Reduktionsziel aller Industriestaaten und sind auf dem besten Wege, dies auch zu erreichen“, sagte Trittin. Es gebe für die Kritik der Umweltverbände in Europa und im
Rest der Welt wesentlich passendere Adressaten als ausgerechnet die deutsche Regierung, so der Bundesumweltminister. Die wichtigste
Grundlage für die Fortschreibung des nationalen Klimaschutzprogramms ist mit der Einführung des Emissionshandel gelegt. Deutschland
hat in Europa den ambitioniertesten Plan für den Handel mit Treibhausgasen vorgelegt. Denn wir sehen als einzige Reduktionen bereits in
der ersten Handelsperiode vor“, sagte Trittin. Deutschland muss bis 2012 17 Millionen Tonnen CO2 einsparen, um das Kyoto-Ziel zu
erreichen. Mehr als die Hälfte davon, rund 10 Millionen Tonnen, werden Industrie und Energiewirtschaft durch den Emissionshandel
beitragen. Die Sektoren Dienstleistungen, private Haushalte und Verkehr müssen also noch eine Reduktion um 7 Millionen Tonnen
erbringen. „Ich bin mehr als zuversichtlich, dass wir das erreichen“, sagte der Bundesumweltminister.
So sind beispielsweise die jahrelang steigenden Klimagasemissionen des Verkehrs mittlerweile als Folge der Ökosteuer rückläufig. Auch
der ungebrochene Trend zum Diesel wird weiter zur Senkung der Durchschnittsverbräuche und damit der Klimabelastung beitragen. „Wir
werden diesen positiven Trend im Nationalen Klimaschutzprogramm fortschreiben. Mit dem Bauministerium sind wir uns einig, dass im
Gebäudebestand mehr gemacht werden muss“, betonte Trittin. Zur CO2-Reduzierung im Gebäudebestand stehen derzeit mit Hilfe der
Ökosteuer 360 Millionen Euro zur Verfügung.
Den erneut vorgetragenen Vorwurf, das sogenannte „Nationale Klimaschutzziel“ der Regierung Kohl, eine Verminderung der Kohlendioxidemissioinen um 25 Prozent bis zum Jahr 2005 gegenüber dem Basisjahr 1990 zu verfehlen, wies der Bundesumweltminister zurück:
„Das Ziel hat bereits die Regierung Kohl im Jahr 1997 in Kyoto de facto aufgegeben. Denn dort wurden weniger ambitionierte Ziele
vereinbart und diese für einen späteren Zeitpunkt. Aber schon das deutsche Kyoto-Ziel ist mit 21 Prozent Verminderung der Treibhausgase das ambitionierteste unter allen Industriestaaten“, sagte Trittin.
Quelle: BMU-Pressemitteilung Nr. 27/05 vom 09.02.2005
Solarbrief 1/05
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Irrwege
RECS gefährdet das EEG
Europarechtliche Konsequenzen für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
von Wolf von Fabeck
Was verbirgt sich hinter der
Abkürzung RECS?
RECS ist die Abkürzung für Renewable Energy Certificate System. Es
handelt sich um ein Instrument zur Organisation des Handels mit Strom aus
Erneuerbaren Energien (EE-Strom). Gehandelt wird nicht der physikalische
Strom, sondern nur der Umweltnutzen.
Der Erzeuger von EE-Strom soll also
den Strom und den grünen Mehrwert
getrennt von einander verkaufen. Den
Strom verkauft er an einen Stromhändler oder einen Endverbraucher zum üblichen Strompreis. Den grünen Mehrwert bietet er über das Handelssystem
RECS an, in der Hoffnung, auf diese
Weise seine höheren Aufwendungen
refinanzieren zu können.
Der grüne Mehrwert wird durch Zertifikate nachgewiesen, die nach den Regeln des freien Marktes - z. B. an einer
Internetbörse - gehandelt werden.
Die RECS-Zertifikate dürfen nicht
verwechselt werden mit den im Emissionshandel verwendeten Zertifikaten:
• Zertifikate im Emissionshandel erlauben ihrem Inhaber, dass er eine bestimmte Menge CO2 emittieren darf.
• RECS-Zertifikate sind der Beleg dafür, dass eine bestimmte Menge umweltfreundlicher Strom erzeugt wurde.
Der Nutzen der RECS-Zertifikate besteht für den Käufer darin, dass er mit
ihnen sein Engagement für eine umweltfreundliche Energieversorgung belegen kann. Gedacht ist insbesondere
an Regierungsorganisationen, Kommunen, Umweltorganisationen oder Firmen, die Wert auf ein umweltfreundliches Image legen.
Eigentlich müssten private Käufer
den Kaufpreis für RECS-Zertifikate wie
eine Spende zugunsten des Umweltschutzes von ihrem steuerpflichtigen
Einkommen absetzen können. Dies ist
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allerdings nicht vorgesehen, weil die
RECS-Initiatoren großen Wert darauf
legen, dass der gesamte Vorgang alle
Bedingungen eines reellen Handelsgeschäfts erfüllt (den Grund dafür werden wir weiter unten erkennen).
Mitglieder der RECS-Initiative sind
u. a.: Vattenfall, RWE Energie, Electricité de France (EDF), E.ON, EnBW,
BP und Shell. Die Initiatoren versuchen, mit Unterstützung der Europäischen Kommission das Handelssystem
RECS zum verbindlichen Handelssystem für EE-Strom zu machen.
Mehr Informationen zu RECS finden Sie im Anhang 1.
Warum der SFV RECS ablehnt
Der Solarenergie-Förderverein
Deutschland e.V. sieht europarechtliche Gefahren für den Bestand des EEG
und lehnt insbesondere auch aus diesem Grund den Handel mit RECS-Zertifikaten ab. Da die Gefährlichkeit des
Systems aber vom Ökoinstitut Freiburg
und von Greenpeace Deutschland - sowie sicherlich auch noch von anderen
Umweltfreunden - nicht gesehen wird,
möchten wir hier unsere Ablehnung begründen.
Wir werden uns mit Rücksicht auf
die Komplexität des Themas auf solche Gesichtspunkte beschränken, die
zu einer Gefährdung des EEG führen.
Dabei setzen wir voraus, dass sowohl
das Ökoinstitut und Greenpeace als
auch die Leser mit uns das EEG für das
bei weitem effektivste Instrument zur
Markteinführung der Erneuerbaren Energien halten.
Befürworter verfolgen
unterschiedliche Ziele
Hinter dem Vorschlag zur Einführung des RECS-Handelssystems verbergen sich unterschiedliche Motive. Einerseits findet sich die Absicht, den
Siegeszug der Erneuerbaren Energien
unter dem EEG zu stoppen. Andererseits findet sich auch bei Befürwortern
der Erneuerbaren Energien die Vorstellung, dass ein weiteres Instrument als
Ergänzung zum EEG nichts schaden
könne. Eine gleichzeitige Zahlung der
EEGMindestvergütung und RECS-Verkauf für dieselbe EE-Anlage ist zwar
nicht zulässig, sie denken aber an Anwendungen dort, wo das EEG keine
Mindestvergütung vorsieht, z. B. bei
großen Wasserkraftanlagen oder im Europäischen Ausland. Andere denken an
RECS als eine spätere Fortsetzung des
EEG.
Die Einen wollen das EEG mit Hilfe
von RECS zu Fall bringen, die Anderen - an die wir uns heute wenden gehen von der Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz aus.
Koexistenz von EEG und RECS
europarechtlich kaum möglich
Bis heute zahlen einige Netzbetreiber die gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung nur unter dem Vorbehalt
der europarechtlichen Bestandskraft des
EEG. Hinter dieser Formel verbirgt sich
ihre Hoffnung, dass in einem zukünftigen Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof das EEG zu einem unzulässigen Hemmnis für den freien Warenverkehr erklärt wird. Diese Hoffnung stützt
sich auf ein Urteil des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH) vom 13. März
2001.
Das Gericht verneinte zwar damals
einen Verstoß gegen den freien Warenverkehr unter anderem mit der Begründung, dass es zur damaligen Zeit noch
keinen funktionierenden Handel mit
Strom aus EE gegeben habe.
Das Gericht verwies aber auch auf
die Pläne der Kommission, einen Handel mit Strom aus EE mit Hilfe von
Herkunftszertifikaten doch noch zu ermöglichen (Randnummer 79 und 80 des
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Irrwege
Urteils) (Das gesamte Urteil finden Sie
unter www.sfv.de/lokal/mails/rundmail/
p0103130.htm). In diesem Fall müsse
erneut untersucht werden, ob die Abnahmeverpflichtung für Strom aus EEAnlagen eine Behinderung des freien
Warenverkehrs darstellt.
Den Gegnern des EEG geht es offensichtlich genau um diesen Punkt. Das
ist auch der oben erwähnte Grund, warum es keine Anerkennung als gemeinnützige Spende gibt.
Verkehrung der moralischen und
rechtlichen Verpflichtungen
Wer andere schädigt, ist zur Unterlassung und zum Schadenersatz verpflichtet. Dieser moralische und rechtliche Grundsatz wird durch den RECSHandel in sein Gegenteil verkehrt: Nicht
alle Schädiger der Umwelt - Erzeuger
und Verbraucher von konventionell erzeugtem Strom - sollen zahlen, sondern nur diejenigen, die die Schädigung nicht mehr hinnehmen wollen. Die
Beschädigung des Klimas und Vergeudung der Ressourcen wird als selbstverständliches Recht der Energiekonzerne vorausgesetzt.
Freiwillige Zahlungen, damit die
Emissionen umweltschädlicher Gase
und der Verbrauch der Ressourcen vermindert werden, sind schon für sich
genommen eine Zumutung. Die Tatsache aber, dass gerade die Stromkonzerne - d. h. die Schädiger selbst(!) - ein
solches moralisch und rechtlich verkehrtes System fordern, erinnert fatal
an das System der berechtigten Schutzgeldzahlungen.
Zusammenfassung
Der RECS-Handel mit dem sogenannten „Mehrwert von Strom aus Erneuerbaren Energien“ postuliert eine
Zahlungspflicht derjenigen, die sich für
eine saubere Umwelt einsetzen. Er stellt
damit die rechtlichen und moralischen
Verpflichtungen auf den Kopf. Außerdem gefährdet ein Handel mit dem
„Mehrwert von Strom aus Erneuerbaren Energien“ in europarechtlicher Hinsicht die Existenz des EEG.
Anhang 1: Informationen zu RECS
Dieser Anhang stellt nicht die Meinung des SFV dar.
Quelle: http//www.erneuerbar.ch/download/flyer_recs_d.pdf (gekürzt)
Strom aus erneuerbaren Energien ist mehr Wert.
Für diesen Mehrwert gibt es einen Markt. Und für den Nachweis gibt es ein
glaubwürdiges Instrument: das RECS -Zertifikat.
RECS - das Renewable Energy Certificate System: • für Produzenten und
Zwischenhändler • für Energieversorgungsunternehmen • für Grossverbraucher •
für Politik, Verwaltung, Verbände und NGOS. (...)
Das Renewable Energy Certificate System ist interessant...
Der Handel mit Strom ist an Netze gebunden. Der Mehrwert von Strom aus
erneuerbaren Energien jedoch kann ohne Barrieren frei angeboten und gekauft
werden. Das RECS -Zertifikat machts möglich.
Dahinter steht ein ausgereiftes und EU-weit anerkanntes Nachweissystem,
welches genutzt werden kann für
- den Handel des erneuerbaren Mehrwerts, den grenzüberschreitenden Nachweis
im Rahmen der Stromkennzeichnung, den Export von Strom aus erneuerbaren
Energien im Zusammenhang mit dem EU-weiten Herkunftsnachweis.
Dafür steht das RECS-Zertifikat
- belegt die Erzeugung von 1 MWh Strom aus erneuerbaren Energien.
- repräsentiert den Mehrwert im Vgl. zu Strom aus nicht erneuerbaren Energien.
- ist ein eindeutig nummeriertes Dokument mit folgenden Standardinformationen:
Energieproduzent, Bezeichnung der Produktionsanlage, Energieträger, installierte
Leistung, Ausstelldatum. Wenn vorhanden: Angaben zu weitergehenden Qualitätsstandards (naturemade star, naturemade basic,TÜV EE02).
- ist registiert in einer Datenbank mit allen Detailinformationen.
- ist sicher, denn das durchdachte System verhindert Missbrauch.
- ist handelbar und übertragbar.
Ein neuer Markt entsteht: Strom aus erneuerbaren Energien kann in zwei Produkte
aufgeteilt werden: Erneuerbarer Mehrwert und physische Elektrizität.
- Weiterhin: Netzabhängiger Markt für den effektiven Transport von Strom.
- Neu: Netzunabhängiger Markt für den erneuerbaren Mehrwert im Strom.
- Marktzutritt auch ohne Liberalisierung.
- Zutritt zum gesamten europaweiten Strommarkt.
- Erweiterung des Marktgebiets ohne Transportkosten.
- Einfache Erweiterung des Produkteportfolios.
- Rascher Ausgleich von Angebot und Nachfrage.
- Basis für die Bereiche Kennzeichnung und Herkunftsnachweis.
- Basis für weitergehende Qualitätsstandards (z.B. naturemade star).
- Mehr Anreiz für Stromproduktion aus erneuerbaren Energien.
So läufts konkret
Der Anlagenbesitzer beantragt die Registrierung der Produktionsanlage bei der
nationalen RECS-Stelle. Die RECS-Registrierung der Produktionsanlagen wird
durch RECS-Auditoren vorgenommen. Der Produzent beantragt die Ausstellung
von RECS-Zertifikaten mittels Zählermeldung. Die nummerierten RECS-Zertifikate
werden in der zentralen Datenbank von RECS Schweiz gespeichert. Jetzt ist der
erneuerbare Mehrwert national und international handelbar. Interessierte Käufer
vergleichen die Angebote. Kommt ein Handel zustande, wechseln die RECSZertifikate den Besitzer. Der Endkunde „verbraucht“ den durch das Zertifikat repräsentierten Mehrwert von Strom aus erneuerbaren Energien. Das entsprechende
Zertifikat wird in der Datenbank gelöscht. Ein nochmaliger Verkauf ist nicht möglich.
Weitere Informationen
RECS Schweiz c/o Verein für umweltgerechte Elektrizität (VUE)
Oetenbachgasse 1; CH-8001 Zürich
Tel. +41 (0)1 213 10 22; Fax +41 (0)1 213 10 25
E-Mail: [email protected]; Internet: http://www.recs.org
Der SFV lehnt den Handel mit
RECS-Zertifikaten ab.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
11
Irrwege
Kommerzieller Kurzschluss
Kommentar zur Debatte um RECS und Öko-Institut von Hermann Scheer (MdB)
(Artikel erstmals erschienen in der TAZ vom 13.12.2004)
Das deutsche Einspeisegesetz ist entscheidend für den Erfolg erneuerbarer
Energien. Die Stromkonzerne wollen
es zu Fall bringen. Das Öko-Institut
steht ihnen dabei zur Seite.
Weltweit hat kein Gesetz die Einführung erneuerbarer Energien so dynamisiert wie das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) in der Bundesrepublik
Deutschland. Deshalb werden die
Stromkonzerne nicht müde, auf seine
Abschaffung hinzuarbeiten. Gut honoriert beteiligen sich daran energiewirtschaftliche Institute und neuerdings
auch einige Umweltinstitute.
Sie alle vermeiden bei ihrer Kampagne eine generelle Absage an erneuerbare Energien - denn das würde nur
noch Kopfschütteln hervorrufen. Stattdessen wird das EEG als Verstoß gegen das Marktprinzip gebrandmarkt und
der Handel mit Zertifikaten für erneuerbare Energien als „marktkonformere“ und „effektivere“ Alternative gepriesen.
Dabei ist längst und eindeutig bewiesen, dass allein ein mit garantierten
Einspeisetarifen arbeitendes Konzept
wie das EEG eine schnelle und breite
Einführung erneuerbarer Energien ermöglicht, ihre Technologieentwicklung
besser profiliert und die Kostensenkung
zügiger vorantreibt. So hat etwa die
Bundesrepublik Deutschland zwanzigmal mehr installierte Windkraftanlagen
mit Durchschnittskosten von 7 Cent pro
Kilowattstunde als Großbritannien mit
dessen quotiertem Zertifikationshandel.
Und obwohl auf der britischen Insel
bessere Windbedingungen herrschen,
sind dort die Durchschnittspreise 3 Cent
höher als hierzulande.
Die Bewertung der beiden Konzepte
lässt sich deshalb so zusammenfassen:
Zwar sind nicht unbedingt alle, die sich
für den Zertifikatshandel aussprechen,
gegen erneuerbare Energien - aber alle,
die die Einführung erneuerbarer Ener12
gien bremsen oder verhindern wollen,
sind für einen Zertifikatshandel. Die
EU-Kommission versuchte 2001, diesen für die gesamte Europäische Gemeinschaft verbindlich zu machen. Das
konnte mit Hilfe des Europaparlaments
und der deutschen Regierung verhindert werden: Jedes Land sollte weiter
selbst bestimmen können, wie es erneuerbare Energien fördert. Eine europaweite „Harmonisierung“ der Förderung erneuerbarer Energien sollte erst
nach 2005 erfolgen - auf der Grundlage eines Erfahrungsberichts, in dem gemäß der EU-Richtlinie das wichtigste
Bewertungskriterium die jeweiligen tatsächlichen Einführungserfolge sein sollen - und nicht etwa das der Erfüllung
eines Marktdogmas.
Gemessen daran müsste eigentlich
das EEG-Konzept eingeführt werden.
Doch nichtsdestotrotz zielen nicht nur
die europäischen Stromkonzerne, vereint in der „Union of the Electricity
Industry“, Eurelectric, sondern auch die
Generaldirektion Energie der EU-Kommission darauf, dieses Erfolgsmodell
zu beerdigen. Dafür haben sie nun einen zusätzlichen Lautsprecher in Gestalt des „Renewable Energy Certificate System“ (RECS) gefunden. RECS
wurde vom Freiburger Öko-Institut initiiert und wird von dort aus gelenkt.
Unter der Überschrift „Eurelectric
und RECS teilen gemeinsame Sichtweise“ haben sich beide prinzipiell gegen „regulierte Einspeisetarife“, also
das EEG, ausgesprochen - mit ausdrücklichem Bezug auf die anstehende
Revision der EU-Richtlinie, „deren Ergebnis unserer Meinung nach von allergrößter Wichtigkeit ist“. Auch Steuerbefreiungen für erneuerbare Energien werden unisono abgelehnt.
Konzepte wie diese würden „die
Funktionsweise des Strommarktes verzerren“ und nicht „die besten Anreize
für kosteneffiziente Entscheidungen
bieten“. Stattdessen soll „so schnell wie
möglich“ ein „vollkommen harmonisiertes europaweites System“ des Zertifikatshandels eingeführt werden. Als
RECS-Partner sind unter anderem die
Firmen EdF, Eon und RWE namentlich aufgeführt.
Eurelectric und RECS „begrüßen“ in
ihrer Erklärung „das Ergebnis der Auswertung“, das offiziell noch nicht vorliegt. Sie scheinen schon zu wissen,
dass darin die EU-Kommission das
EEG zum Auslaufmodell verdammen
wird. Beide neuen Partner favorisieren
„strongly“ die so genannte „marktorientierte Lösung zur Förderung erneuerbarer Energien“. Schon hat das die
EU-Kommission aufgegriffen, wie nach
dem Muster einer konzertierten Aktion: Auf ihrer Homepage, in der sie über
die noch geltende EU-Richtlinie informiert, gibt es einen einzigen Querverweis: auf eben diese Stellungnahme von
Eurelectric und RECS.
Wie weit deren „gemeinsame Sichtweise“ geht, zeigt auch die Verwerfung von Steuerbefreiungen erneuerbarer Energien zugunsten eines Zertifikatshandels: Das ist nichts weniger als
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Irrwege
eine Absage an ökologische Steuerrezepte, deren Kern die steuerliche Differenzierung von Produkten nach ihrer
jeweiligen Umweltqualität ist.
Was aber treibt das Öko-Institut dahin, sich mit denjenigen gemein zu machen, die erneuerbare Energien ausbremsen wollen, insbesondere dem
weltweit größten Atomstromkonzern
EdF, der gerade europaweit die Renaissance der Atomenergie anführt? Kann
das Öko-Institut politisch so naiv sein
anzunehmen, dass es diesen Konzernen nur um ein marktkonformeres Konzept für erneuerbare Energien geht, um
diese „effektiver“ als bisher zu fördern
- dieselben Unternehmen, die stets immer nur dann das Marktprinzip hochhalten, wenn es ihren Interessen entspricht? Und wo bleibt die wissenschaftliche Seriosität, einen Zertifikatshandel als „kosteneffektiver“ zu preisen, obwohl es dafür keinerlei empiri-
schen Beleg gibt?
Zwar nahm der Koordinator der Energiekampagnen, Sven Teske, das ÖkoInstitut in Schutz (taz vom 10. Dezember), weil es wissenschaftlich „frei denken müsse“. Aber ist auch noch eine
gemeinsame Stellungnahme mit Eurelectric ein wissenschaftlicher Arbeitsvorgang? Der Konflikt zwischen den
Konzepten findet nicht in einem luftleeren Raum statt, in den sich Wissenschaftler beliebig zurückziehen können.
Das Öko-Institut wurde in den Siebziger Jahren aus der Antiatombewegung
heraus gegründet. Es wurde und wird
getragen von einem Verein tausender
ökologisch engagierter Mitglieder. Mit
dem von ihm betriebenen RECS zielt
das Öko-Institut nun offenbar darauf
ab, die Zertifizierung von Anlagen zur
Institutsaufgabe zu machen. Wer seine
Anlagen zertifizieren muss, muss dafür
auch bezahlen. Das Einspeisekonzept
kommt hingegen ohne Zertifikate und
ohne Zertifizierungsinstitut aus. Der
Geschäftsführer des Ökostromanbieters
„Greenpeace Energy“, Robert Werner,
meint, das Öko-Institut verspreche sich
vom RECS-Handel einen enormen Geschäftsbereich.
Den Kampf der am RECS beteiligten Stromkonzerne gegen das EEG und
vergleichbare Gesetze in Spanien oder
Österreich dürfe man, so Christof Timpe vom Öko-Institut, nicht mit dem System des RECS gleichsetzen. Aber genau das tut Eurelectric - und das ist in
der Tat ein Vorgang „von größter Wichtigkeit“: Die Ersetzung des EEG durch
einen Zertifikatshandel wäre der größte denkbare Rückschlag für erneuerbare Energien, weit über Deutschland hinaus. Was werden die Mitglieder des
Öko-Instituts e.V. dazu sagen?
Kann RECS bereits gewährte
EEG-Vergütung gefährden?
Die Sorge, dass Anlagenbetreiber ihre
bereits gewährte EEG-Einspeisevergütung durch RECS verlieren, ist unbegründet. Anlagen, die während der Gültigkeit des EEG angeschlossen wurden,
würden bei einer Aufhebung des EEG
Bestandsschutz genießen.
Bestandschutz ist ein allgemeiner europäischer und deutscher
Rechtsgrundsatz.
Unser Beitrag: „RECS gefährdet das
EEG“ auf Seite 10 soll dafür sensibilisieren, dass der „Handel“ mit Strom
aus Erneuerbaren Energien in europarechtlicher Hinsicht zu Problemen für
den Fortbestand des EEG führen wird.
Abgesehen von dem katastrophalen
Rückschlag für die Energiewende wären in persönlicher Hinsicht nur solche
Interessenten betroffen, die sich NACH
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
einer eventuellen zukünftigen negativen Entscheidung des Europäischenn
Gerichtshofes (EuGH) zum Bau einer
Anlage entschließen würden.
Eine solche EuGH-Entscheidung
steht derzeit noch nicht an.
Voraussetzung für eine Entscheidung
des EuGH wäre zunächst ein Rechtsstreit, in dem die Behauptung aufgestellt würde, dass die Abnahmepflicht
für Strom aus EE-Anlagen den freien
Warenverkehr beeinträchtige. Ein solcher Rechtsstreit wird nach unserer Einschätzung mit großer Sicherheit durch
die Strohmänner der Stromwirtschaft
initiiert werden.
Da der EuGH in einem ähnlichen
Rechtsstreit im März 2001 bereits zu
dem Schluss gekommen war, es läge
KEIN Handelshemmnis vor, weil es gar
keinen funktionierenden freien Handel
mit Erneuerbaren Energien gäbe, könnte er bei einem zukünftigen Rechtsstreit
feststellen, dass nunmehr - wegen der
Zunahme des freien „Handels“ mit
RECS - das EEG ein Handelshindernis
darstelle. Eine RÜCKWIRKENDE Ungültigkeitserklärung für das EEG lässt
sich daraus nicht herleiten. Eine Ungültigkeitserklärung könnte dann nur
die weitere Zukunft betreffen.
Für Betreiber von EE-Anlagen, die
VOR einer solchen EuGH-Entscheidung erbaut wurden, würde dies kein
Problem bedeuten; für sie besteht sowohl nach deutschem als auch nach
europäischem Rechtsverständnis ein
Bestandsschutz.
Für die Fortsetzung der Energiewende wäre eine solche EuGH-Entscheidung allerdings ein katastrophale Rückschlag.
13
Arbeitsplätze
Arbeitsplätze und
Soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
von Wolf von Fabeck
Auch im vergangenen Jahr ist das
Bruttoinlandsprodukt weiter gestiegen.
Repräsentativ für Deutschland ist somit - trotz mancher Firmenpleiten - weiterhin das erfolgreiche Unternehmen.
Sprechen wir also von erfolgreichen
Unternehmen und von der Kehrseite
der Medaille, von der Arbeitslosigkeit:
Unternehmer entlassen Personal trotz
hoher Unternehmensgewinne. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen
lassen ihnen keine Wahl, wenn sie im
Wettbewerb bestehen wollen. Beschäftigung von Personal kostet zu viel. Die
Lohn- und Lohnnebenkosten sind zu
hoch; also ist die Entlassung von Mitarbeitern die nüchterne Konsequenz. Jeder Unternehmensberater empfiehlt dieses Vorgehen.
Doch womit erzielen eigentlich
die Unternehmen ihre enormen
Gewinne, nachdem sie einen
großen Teil ihres Personals entlassen haben?
Da scheint es seit einigen Jahrzehnten einen geheimnisvollen „Personalersatz“ mit ungeheurer Wertschöpfungskraft zu geben, der fast nichts kostet. Dieser verdrängt Arbeitnehmer
aus ihren Stellen.
In der Begrifflichkeit der Volkswirtschaftslehre könnte man von einem neuen „Produktionsfaktor X“ sprechen, der
den Produktionsfaktor Arbeit weitgehend ersetzt.
(Anm.: Wir verwenden hier und im Folgenden den Begriff „Arbeit“ nicht im physikalischen Sinne, sondern - wie es in der
Volkswirtschaft üblich ist - zur Zusammenfassung der von Arbeitnehmern ausgeübten
produktiven Tätigkeit in einem „Produktionsfaktor“.)
Man kann also sagen: Der Produktionsfaktor Arbeit wird durch den Produktionsfaktor X „substituiert“, d. h.
ersetzt.
14
Der Finanzminister, ständig auf der
berechtigten Suche nach leistungsfähigen Geldquellen, scheint den Produktionsfaktor X noch nicht zu kennen, sonst
würde er ihn umgehend entsprechend
seiner Leistungsfähigkeit besteuern.
In dieser Hinsicht würden wir als
besorgte Bürger den Finanzminister gerne unterstützen:
• Die Kosten für den Produktionsfaktor
Arbeit müssen drastisch verringert werden, damit die Entlassungswelle gestoppt wird.
• Der Produktionsfaktor X hingegen
muss entsprechend seiner Leistungsfähigkeit besteuert werden, damit der
Staat wieder zu Geld kommt und endlich wieder seinen Verpflichtungen gerecht wird, die er unter dem neoliberalen Schlagwort vom „schlanken Staat“
sträflich vernachlässigt. Er muss mehr
Lehrer einstellen, die sozialen Sicherungssysteme auf eine gesunde Grundlage stellen, den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und dergleichen mehr.
Unser Ziel ist es, die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass Unternehmen nicht mehr mit der Entlassung,
sondern mit der Neueinstellung von Personal Gewinne machen! Die Substitution des Produktionsfaktors Arbeit
durch den Produktionsfaktor X würde
dann wieder rückgängig gemacht werden.
Bereits zu Beginn der Industrialisierung hat man nach dem geheimnisvollen Produktionsfaktor X gesucht, der
anstelle des entlassenen Personals für
die Unternehmer die Arbeit erledigt.
Einige Sozialkritiker glaubten, ihn in
den Maschinen und Automaten gefunden zu haben, die den Menschen die
Arbeit abnehmen. Sie haben mehrfach
vorgeschlagen, diese Maschinen mit einer Maschinensteuer zu belegen, doch
daraus ist nie etwas geworden; glücklicherweise!
Wenn der Staat Maschinen, Automaten und Computer mit dem Ziel besteuern würde, dass Unternehmer
schwere oder monotone Arbeit wieder
durch Personal erledigen lassen, dann
müsste er eine extrem hohe Steuer auferlegen. Welcher Bauunternehmer würde sonst seine Arbeiter wieder die Steine und den Beton als Traglasten in die
oberen Stockwerke eines Neubaus
schleppen lassen, oder welcher Bankdirektor würde sonst seine Angestellten die Kontoauszüge wieder handschriftlich berechnen und ausschreiben
lassen? Eine solche technikfeindliche
Besteuerung fand schon damals und
fände auch heute keine Akzeptanz;
nicht einmal bei den Betroffenen selbst.
Damit scheint unsere Gesellschaft in
der Zwickmühle zu stecken. Einerseits
wünschen wir uns sehnlichst die Entlastung und Befreiung von körperlich anstrengender oder monotoner Arbeit.
Andererseits aber scheint die Erfüllung dieses Wunsches schließlich in die
Massenarbeitslosigkeit zu führen.
Der Wachstumswahn
Anfangs konnte man die Auswirkungen des technischen Fortschritts noch
durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit auffangen - wer schneller produziert, darf eher aufhören. Jetzt aber lassen sich keine weiteren Arbeitszeitverkürzungen mehr durchsetzen.
Stattdessen hat sich die Wahnsinnsidee durchgesetzt, das „Problem“ des
Technischen Fortschritts durch Steigerung der Nachfrage zu lösen. Dies soll
wie folgt funktionieren:
Wenn die Arbeiter und Angestellten
immer mehr produzieren können, dann
muss die Bevölkerung - und möglichst
auch das Ausland - die steigende Menge dieser Produkte kaufen. Andernfalls
werden Entlassungen unvermeidlich.
Da die arbeitende Bevölkerung weitgeSolarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Arbeitsplätze
hend mit der konsumierenden Bevölkerung identisch ist, wird sie also nun
damit beschäftigt, das zu erzeugen, was
sie dann gleich selber wieder verbrauchen, verschrotten oder exportieren
muss.
rung erheblich geändert hat. Der technische Fortschritt, genauer gesagt, die
Erleichterung schwerer körperlicher
oder monotoner Arbeit, ist heute vergleichsweise nur noch selten Ursache
für Arbeitsplatzverluste.
Diese Wachstumshektik wird aus
zwei Gründen immer unerträglicher.
Erstens zeigt sich immer deutlicher ihre
Erfolglosigkeit. Trotz (fast) ununterbrochenen Wachstums seit dem Beginn des
Wiederaufbaus nach dem Krieg nimmt
die Zahl der Arbeitsplätze seit Jahren
ab. Zweitens verbreitet sich langsam
die Einsicht, dass ständiges Wachstum
- also jedes Jahr noch mehr Verbrauchen als im Jahr zuvor - zur noch rascheren Erschöpfung der Ressourcen
und zur Überlastung der Biosphäre mit
CO2 und anderen Abfällen führen muss.
Die Hauptursache für wachsende Arbeitslosigkeit liegt heute woanders: Personalintensive Wirtschaftszweige sterben aus, material- oder energieintensive Wirtschaftszweige nehmen zu.
Wer Wirtschaftswachstum zur Verminderung der Arbeitslosigkeit fordert,
hat also offenbar noch keine befriedigende Antwort auf die Frage gefunden,
wie die Gesellschaft mit dem technischen Fortschritt umgehen soll.
Heute wird der technische Fortschritt
fast ausnahmslos zur immer schnelleren Produktion von immer mehr Konsumgütern genutzt. Es geht dabei vorwiegend um Steigerung und Befriedigung kurzfristiger materieller Bedürfnisse. Langfristige Bedürfnisse der Bevölkerung wie Schulbildung, soziale
Betreuung, Forschung und Wissenschaft, Kultur sowie der wichtige Bereich der Zukunftsvorsorge werden hingegen zunehmend vernachlässigt. Wäre
es nicht sinnvoller, diese Aufgaben mit
Hilfe des technischen Fortschritts anzugehen? Arbeitskräfte sind genügend
vorhanden, aber sie sind dafür nicht
ausgebildet und es fehlen die Stellen
sowie die notwendige Infrastruktur.
Dies liegt an einer grundsätzlichen Fehlsteuerung im Wirtschaftssystem, deren
Ursachen es zu erkennen und zu beseitigen gilt.
Diagnose
Werfen wir also einen genaueren
Blick auf die Vorgänge, die zur Entlassung von Beschäftigten führen. Wir
werden feststellen, dass sich die Situation seit dem Beginn der IndustrialisieSolarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Es ist wichtig, dass wir den Unterschied der Geschehnisse zwischen damals und heute verstehen und im Gedächtnis behalten.
1. Die direkte Substitution des Produktionsfaktors Arbeit durch den
Produktionsfaktor X
Die zu lösende Aufgabe wird weiter
erfüllt, aber Arbeitnehmer werden
durch Maschinen (oder Computer) entlastet und teilweise ersetzt - Rationalisierung im ursprünglichen Sinne.
Beispiele:
• Der Bauunternehmer schafft Betonmischmaschinen und Baukräne an und
kommt seitdem mit der Hälfte des Personals auf der Baustelle aus.
• Die Deutsche Bahn stellt Fahrkartencomputer auf und spart Schalterpersonal ein.
• Die Herstellung von Bolzen erfolgt in
Automaten.
2. Die indirekte Substitution des Produktionsfaktors Arbeit durch den
Produktionsfaktor X
Aufgaben, die nur mit hohem Personaleinsatz durchgeführt werden können,
werden nicht mehr oder nicht mehr ausreichend bearbeitet. Betriebe mit geringem Personaleinsatz werden eröffnet, übernehmen aber die vernachlässigten Aufgaben nicht, sondern wenden sich anderen Aufgaben zu. Die gesamte Struktur des Wirtschaftslebens
und des sozialen Lebens verändert sich.
Forschung, Bildung, soziale Dienstleistungen gehen zurück; der Konsum von
Massenverbrauchsgütern nimmt zu.
Beispiele:
• Die Deutsche Bahn schließt ihre Instandsetzungswerke und setzt auf das
Prinzip Neuanschaffung statt Reparatur.
• Die Post baut Briefkästen ab, die nur
wenig benutzt werden, aber dennoch
regelmäßig geleert werden müssen.
• Der Staat als Arbeitgeber sorgt nicht
mehr für den notwendigen Personalstand in Schulen und Universitäten, bei
den sozialen Einrichtungen, in der Verwaltung, bei der Polizei, bei den Gerichten.
• Suchtberatungszentren werden geschlossen, obwohl die Zahl der Süchtigen weiter zunimmt.
• Immer mehr Verbrauchsgüter werden
als reparaturunfreundliche Wegwerfartikel in automatisierter Massenproduktion hergestellt.
Die direkte Substitution des Produktionsfaktors Arbeit durch den Produktionsfaktor X nach Punkt 1 ist im Sinne
des technischen Fortschritts zu begrüßen.
Die indirekte Substitution nach Punkt
2 hingegen erweist sich zunehmend als
gesellschaftliches Unglück, weil die
wegfallenden Arbeitsgebiete vorwiegend in den Bereich der Zukunftsvorsorge fallen. Es fallen ja leider nicht
die zu lösenden Aufgaben weg, sondern es wird nur ihre Lösung unterlassen! Die Strukturänderungen erweisen
sich als materialverschwendend, als bildungsverachtend, ja sogar als umweltund zukunftsgefährdend.
Wenn also ein Mittel gefunden wird,
welches die Strukturänderungen nach
Punkt 2 stoppt, die Entlastung der arbeitenden Bevölkerung durch den technischen Fortschritt nach Punkt 1 jedoch nicht behindert, lässt sich das Gesamtproblem nun doch ohne schädliche Nebenwirkungen lösen.
Wir brauchen dann nicht mehr mit
wachsendem Konsum auf den technischen Fortschritt zu reagieren, sondern
können uns - zunehmend entlastet durch
den technischen Fortschritt - stärker auf
die gesellschaftlichen Aufgaben konzentrieren.
15
Arbeit und soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
Solchermaßen ermutigt setzen wir
nun unsere Suche nach dem geheimnisvollen Produktionsfaktor X fort, der
den Produktionsfaktor Arbeit substituiert.
Energie als Produktionsfaktor
Die konventionelle Volkswirtschaftslehre kannte die drei Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und Boden.
• Zum Produktionsfaktor Kapital gehören z. B. die Fabrikhallen und die Maschinen.
• Zum Produktionsfaktor Arbeit gehören die Beschäftigten.
• Der Produktionsfaktor Boden spielt
im Wesentlichen seine Rolle in der
Landwirtschaft und hat inzwischen viel
an Bedeutung verloren.
Nur mit einer Kombination von Produktionsfaktoren kann Wertschöpfung
erzielt werden. Dabei kommt es dann
auf das optimale Mischungsverhältnis
an.
Aus physikalischer Sicht ist es evident, dass auch Energie ein „Produktionsfaktor“ sein muss, denn ohne Energie kommt nichts in Bewegung. Physiker verweisen dazu gerne auf den ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.
Ausführliche ökonometrische Untersuchungen (Quelle: Kümmel/Eichhorn
et al.; Ayres/Warr) haben darüber hinaus die überlegene Wertschöpfungskraft
oder Produktionsmächtigkeit des Produktionsfaktors Energie gegenüber dem
Produktionsfaktor Arbeit nachgewiesen.
Die Produktionsmächtigkeit ist eine
Zahl zwischen Null und 100 Prozent,
welche die Leistungsfähigkeit der Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit, Boden oder Energie bei der Erwirtschaftung des Bruttoinlandsproduktes (BIP)
angibt. Alle Produktionsmächtigkeiten zusammen ergeben 100 Prozent.
Der Produktionsfaktor Energie hat z.
B. eine Produktionsmächtigkeit von 44
Prozent, der Produktionsfaktor Arbeit
nur eine von 9 Prozent. (Mittelwerte
im Untersuchungszeitraum 1960 bis
1989 - Erläuterungen im Anhang, Seite
16
20).
Gegenmaßnahmen
Der große Unterschied zwischen den
Produktionsmächtigkeiten der Produktionsfaktoren Energie und Arbeit wäre
nicht weiter schlimm, wenn der leistungsfähigere Produktionsfaktor auch
der Teurere wäre. Der zukünftige Unternehmer könnte dann immer noch frei
wählen, ob er sich schwerpunktmäßig
auf den leistungsfähigen, aber teuren
Produktionsfaktor stützt, oder ob er sich
für den billigen, aber leistungsschwachen Produktionsfaktor entscheidet.
Der Diagnose soll ein Therapievorschlag folgen. Wir haben ihn oben bereits angedeutet.
Doch leider verhält es sich bei den
Kosten genau umgekehrt wie bei den
Produktionsmächtigkeiten: Nicht der
leistungsfähige Produktionsfaktor Energie ist teuer, sondern der leistungsschwache Produktionsfaktor Arbeit. Die
Kosten sind sogar extrem unterschiedlich. Die Faktorkosten des Produktionsfaktors Arbeit betragen etwa 65 Prozent, die des Produktionsfaktors Energie aber nur 5 (Mittelwerte ebenfalls
im Untersuchungszeitraums 1960 bis
1989 - Erläuterungen im Anhang, Seite
20).
Der Finanzminister sollte bei der
Festlegung der Steuer- und Abgabenlast nach dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit der Produktionsfaktoren vorgehen.
Unsere Forderung lautet deshalb:
Zügige Verlagerung der Abgabenlast vom Produktionsfaktor
Arbeit auf den Produktionsfaktor Energie!
Lassen wir diese Zahlen noch einmal auf uns wirken:
Um die Wirkung dieser Maßnahme
verständlich zu machen, und zu zeigen,
dass dadurch keinesfalls die arbeitsentlastende Rolle der Energie beeinträchtigt wird, teilen wir die Betriebe einer
Volkswirtschaft gedanklich in zwei
Gruppen ein. In der ersten Gruppe überwiegt der Produtionsfaktor Arbeit, in
der zweiten Gruppe überwiegt der Produktionsfaktor Energie. Der Übergang
von einer Gruppe in die andere ist natürlich gleitend.
• Der Produktionsfaktor Energie ist rund
fünf mal so leistungsfähig wie der Produktionsfaktor menschliche Arbeit.
• Der Produktionsfaktor Energie kostet
aber nur ein Dreizehntel so viel wie der
Produktionsfaktor menschliche Arbeit.
• Gruppe 1: Arbeitsintensive Betriebe
(viel Personal - wenig Energieverbrauch)
• Gruppe 2: Energieintensive Betriebe
(wenig Personal - viel Energieverbrauch)
Natürlich wird jeder Unternehmer
den Produktionsfaktor Energie bevorzugen, der erstens viel produktionsmächtiger und zweitens viel billiger ist.
DESHALB werden überall im Land
personalintensive Betriebe geschlossen
und energieintensive Betriebe eröffnet.
Dies ist die Ursache für den ständigen
Anstieg der Arbeitslosigkeit!
Beide Gruppen verbrauchen Energie;
auch die erste Gruppe. Wenn ausschließlich der Produktionsfaktor Energie verteuert würde - z. B. infolge der
Ölkrise - würde sich die Gewinnsituation BEIDER Gruppen verschlechtern,
auch die der ersten Gruppe, die sich
ohnehin schon in einer wirtschaftlich
schwachen Position befindet.
(Nähere Erläuterungen zu den Begriffen Produktionsmächtigkeit und Faktorkosten sowie zu
ihrer Ermittlung aus den Wirtschaftsstatistiken finden mathematisch Interessierte im Anhang und
unter www.sfv.de/lokal/mails/wvf/umsteue2.htm)
Entscheidend bei UNSEREM Vorschlag ist aber gerade, dass nicht nur
die Energiekosten erhöht, sondern dass
im Gegenzug mit Hilfe der eingenommenen Energiesteuern gleichzeitig die
Kosten des Produktionsfaktors Arbeit
verbilligt werden. Damit gibt es nicht
nur Verlierer, sondern auch Gewinner
unter den Unternehmen. Gerade die ar-
Die Volkswirtschaftslehre verwendet übrigens statt Produktionsmächtigkeit den Fachbegriff Produktionselastizität. Wir bleiben wegen der besseren Anschaulichkeit aber bei „Produktionsmächtigkeit“.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Arbeit und soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
beitsintensiven Betriebe hätten einen
Vorteil, werden vergrößert oder neu gegründet. Da diese Unternehmen sich
dann im Aufschwung befinden, besteht
kein Anlass, dort auf arbeitsentlastende Maschinen zu verzichten.
Die Gewinnsituation der zweiten
Gruppe hingegen verschlechtert sich.
Diese Art von Betrieben muss sich entweder auf energiesparende Verfahren
umstellen oder wird verkleinert, geschlossen oder wandert ins Ausland ab.
Ersatz von Maschinen durch Personal
kommt jedoch dort schon wegen der
Art der Betriebe nicht in Frage. Im
Transportgewerbe wird man nicht die
LKW oder gar die Flugzeuge durch Personal schieben lassen. In der Grundstoffindustrie kann man nicht die
Schmelzöfen durch menschliche Wärme erhitzen.
Eine Verteuerung der Energie wird
somit beim gegenwärtigen Stand der
Technik nicht mehr dazu führen, dass
körperlich anstrengende Arbeit gewerblich wieder durch Personal verrichtet
werden würde. Wir werden dies weiter
unten an einem konkreten Beispiel demonstrieren.
Bei der vorgeschlagenen Strukturänderung wird es unter den Unternehmen
- wie schon gesagt - Gewinner und Verlierer geben. Entscheidend ist, dass die
Eröffnung oder Erweiterung arbeitsintensiver Unternehmen mehr neue Stellen schafft, als bei den schließenden
oder abwandernden Betrieben verloren
gehen. Im Saldo wird die Zahl der Arbeitsplätze also zunehmen.
Für die Allgemeinheit ist außerdem
von besonderer Bedeutung, dass solche (personalintensive) Unternehmen
bessere Chancen erhalten, die sich mit
Aufgaben der Zukunftsvorsorge befassen: Schulbildung, Forschung und Wissenschaft, soziale Betreuung, Kultur.
Die „Soziale Verpflichtung des Eigentums“ wird nicht mehr strukturell behindert, siondern kann wieder in die
Tat umegesetzt werden.
• Grundgesetz, Artikel 14 (2)
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen.“
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Die Rolle der Grundstoffe
Ein Einwand gegen erhöhte Energiesteuern soll hier sogleich ausgeräumt
werden: Die in der produzierenden
Wirtschaft verwendeten Grundstoffe
wie Stahl, Kupfer, Aluminium, Zement,
Kunststoffgranulat und viele mehr werden unter hohem Energieeinsatz hergestellt. Zwei Drittel der in der Produktion verwendeten Energie fließt in die
Grundstofferzeugung. Eisenerz wird
im Hochofen zu Stahl umgewandelt,
Kalksteine im Zementwerk zu Zement.
Aus Bauxit wird unter ungeheurem Energieeinsatz Aluminium erzeugt. Personal wird in der Grundstoffindustrie
nur in geringem Umfang eingesetzt. Die
Preise der Grundstoffe sind deshalb eng
an die Energiepreise gekoppelt. Eine
Erhöhung der Energiesteuer würde voll
auf die Grundstoffe durchschlagen. Da
billige Grundstoffe die Voraussetzung
für die Massenproduktion darstellen,
wird vielfach befürchtet, dass eine Verteuerung der Grundstoffe zu Konjunktureinbrüchen führen würde.
Unsere Antwort: Grundstoffe MÜSSEN sogar deutlich teurer werden!
Niedrige Grundstoffpreise verleiten zur
Materialverschwendung. Sie steigern
zwar den Konsum, die Konjunktur und
damit das „Wachstum“ der Wirtschaft,
aber sie führen NICHT zur Einstellung
von Personal. Billige Grundstoffe und
billige Energie sind gerade die Voraussetzung für eine AUTOMATISIERTE
Fertigung mit WENIG Personal. Die
billigen Artikel des Massenkonsums
werden schon bei kleinen Defekten verschrottet und durch neue Produkte ersetzt, denn Reparaturen „lohnen sich
nicht mehr“. So führten die billigen
Grundstoffe in der Vergangenheit zum
bedauerlichen Aussterben der Instandsetzungsbetriebe und zur Arbeitslosigkeit der dort beschäftigten Handwerker
und Facharbeiter.
Die Vorstellung, dass teurere Grundstoffe zur Verteuerung der Lebenshaltungskosten führen, ist falsch. Da nur
die energieintensiven Unternehmen finanziell stärker belastet, arbeitsintensive Unternehmen hingegen entlastet
werden, können die Preise für alle Produkte und Dienstleistungen aus arbeits-
intensiven Unternehmen gesenkt werden. Haarpflege wird billiger, ärztliche Behandlungen, alle Arten von Reparaturen, Gärtnereiprodukte, Produkte aus ökologischem Anbau, kulturelle
Angebote, Bildungsangebote, Beratungen, Gerichtskosten, TÜV-Untersuchungen.
Grundsatzfragen Detailfragen
Wichtig ist zunächst, dass der Grundgedanke verstanden wurde. Zur Ausgestaltung und politischen Durchsetzung bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, die sich in ihrer Vermittelbarkeit und ihrer Akzeptanz unterscheiden, die aber auf das gleiche Endergebnis hinauslaufen. Erfahrungsgemäß
führen solche Detailfragen zu heißen
Diskussionen. Wir sollten darauf achten, dass dabei der Grundgedanke nicht
verloren geht:
Umschichtung der Steuer- und
Abgabenlast vom Produktionsfaktor Arbeit auf den Produktionsfaktor Energie schafft Arbeitsplätze!
Konkrete Zahlen:
Wer sich überlegt, wie die praktische Umsetzung aussehen soll, muss
eine Vorstellung von den Größenordnungen haben. Wenige Zahlen genügen. Der Staat und die Sozialversicherungen brauchen Geld. Bisher erhalten
sie es auf folgende Weise:
• 150 Mrd Lohn- u. Einkommensteuer
• 140 Mrd Umsatz- u. Einfuhrumsatzsteuer
• 167 Mrd sonstige Steuern und Zölle
• 389 Mrd Sozialbeiträge
(davon 195 Mrd Arbeitgeberanteil)
Die Sozialbeiträge stellen bei weitem den größten Posten dar. Die eine
Hälfte, 195 Mrd Euro müssen von den
Arbeitgebern bezahlt werden. Um diese Hälfte durch eine zusätzliche Besteuerung der Energie zu finanzieren,
muss jede Kilowattstunde Endenergie
17
Arbeit und soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
mit einer zusätzlichen Energiesteuer
von knapp 8 Cent belegt werden.
• (195 Mrd Euro Sozialbeiträge/2500
Mrd kWh Endenergie = 7,8 Cent/kWh)
Die Ansprüche der Arbeitnehmer an
die Sozialversicherung bleiben im vollen Umfang erhalten. Der Staat kümmert sich jedoch selbst um die Einzahlungen in Höhe des bisherigen Arbeitgeberanteils. Die notwendigen Beträge
holt er sich mit Hilfe der Energiesteuer
im Wesentlichen bei den energieintensiven Unternehmen.
Lenkungswirkung des Arbeitgeber-Anteils der Sozialversicherung
Lenkungswirkung bedeutet, dass gewünschtes Verhalten „belohnt“ und unerwünschtes Verhalten „bestraft“ wird.
Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherung, so stellen wir fest, dass
es dort leider genau umgekehrt ist: Unternehmer, die Personal einstellen, müssen auch noch Zahlungen an die Krankenkassen, die Rentenkassen und die
Arbeitslosenversicherungen leisten. Sie
werden also nicht „belohnt“, sondern
„bestraft“. Unternehmer, die Personal
entlassen oder nur wenig Personal beschäftigen, werden dagegen „belohnt“,
denn für den vermehrten Einsatz von
Energie müssen sie keine „Sozialabgaben“ bezahlen.
Bedenkt man, dass der ArbeitgeberAnteil vom Finanzvolumen erheblich
größer ist als die gesamten Steuereinnahmen aus der Mehrwertsteuer oder
aus der Lohn- und Einkommensteuer,
dann wird deutlich, wie massiv in unserem Staat der Anreiz für sozial falsches Verhalten der Unternehmer ist.
Eigentlich müsste es umgekehrt geregelt sein. Eigentlich müssten Unternehmer, wenn sie schon kein Personal
einstellen, stattdessen wenigstens eine
Art von „Sozialbeitrag“ leisten, um ihrer sozialen Verpflichtung gerecht zu
werden. Die erwünschte Verlagerung
des Arbeitgeberanteils von personalintensiven Unternehmen auf Unternehmen, die wenig Personal beschäftigen,
ist mit Hilfe der Energiesteuer mög18
lich.
Die Finanzierung der Sozialversicherung zu gleichen Teilen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde mühsam erkämpft. Sie sollte den Arbeitnehmern zusätzliche Sicherheit bei
Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter
gewähren. Sich von dieser Regelung
zu trennen, dürfte deshalb den Gewerkschaften besonders schwer fallen. Doch
nüchterne Überlegung sagt, dass nicht
das Instrument abgeschafft wird, sondern nur die Finanzierung verlagert wird
und zwar auf Unternehmen, die wenig
Arbeitnehmer beschäftigen, vergleichsweise aber viel Energie nutzen. Der
Arbeitgeberanteil der Sozialbeiträge
würde dann hauptsächlich von Arbeitgebern finanziert, die wenig Personal aber vergleichsweise viel Energie - einsetzen. Die derzeitige negative Lenkungswirkung würde damit ins Positive umgewandelt.
Energiegeld als Ausgleich für
den Anstieg der Energiesteuer
Knapp ein Drittel des derzeitigen Energieverbrauchs in Deutschland entfällt
auf die privaten Haushalte. Bei einer
Erhöhung der Energiesteuern würden
somit auch die persönlichen Energiekosten erhöht. Dafür ist ein finanzieller Ausgleich notwendig. Dies ist nicht
nur eine Frage der Akzeptanz, sondern
auch der sozialen Gerechtigkeit.
Man könnte zum Beispiel ein „Energiegeld“ aus der Energiesteuer abzweigen. Dieses Energiegeld erhält jeder,
vom Säugling bis zum Greis, von der
Bettlerin bis zur Millionärsgattin, der
mit erstem Wohnsitz in Deutschland
gemeldet ist. Die Höhe des Energiegelds ist für alle gleich und entspricht
den Durchschnitts-Mehrkosten. Wer
sparsamer mit Energie umgeht als der
Durchschnitt, hat somit einen finanziellen Vorteil, wer mehr Energie verbraucht, hat den Nachteil. Auch das
ergibt eine Lenkungswirkung, diesmal
zum Energiesparen im persönlichen
Bereich.
Die Höhe des Energiegeldes lässt sich
überschlägig wie folgt bestimmen:
• Die privaten Haushalte verbrauchen
ca. ein Drittel der Energie in Deutschland. Auf sie entfällt somit ein Drittel
der Energiesteuer. Zwei Drittel der Energiesteuer sind für den Ersatz des Arbeitgeberanteils in Höhe der oben erwähnten 195 Mrd Euro vorgesehen.
Das letzte Drittel kann also für das Energiegeld verwendet werden (etwas weniger als 195 Mrd / 2 = 88 Mrd). Aufgeteilt auf knapp 80 Mio Einwohner
sind dies über 1100 Euro jährlich bzw.
knapp 100 Euro pro Monat und Person. Die weiter oben errechneten 8
Cent/kWh Energiesteuer für den Arbeitgeberanteil sind für das Energiegeld noch einmal um die Hälfte, d. h.
um 4 Cent/kWh, aufzustocken. Die gesamte Energiesteuer beträgt dann 12
Cent/kWh.
Steuererhöhungen bei verschiedenen Energieträgern
8 Cent/kWh Energiesteuer zum Ersatz des Arbeitgeberanteils der Sozialversicherung plus 4 Cent zur Finanzierung des Energiegeldes ergeben einen
steuerbedingten Anstieg der Energiepreise von 12 Cent/kWh. Umgerechnet
auf die Hauptenergieträger bedeutet das
einen Anstieg von etwa
• 12 Cent/kWh bei Elektrizität
• 100 Cent/Liter bei Diesel, Benzin und
Heizöl
• 120 Cent/Kubikmeter bei Erdgas.
Dem steht - wie gesagt - als finanzieller Ausgleich ein zusätzliches Energiegeld von 100 Euro pro Person und
Monat gegenüber!
Langsame Umstellung oder
rasche Umstellung
Ob die vorgeschlagene Umschichtung der Steuer- bzw. Abgabenlast langsam aber zügig, oder rasch durchgeführt würde, ist eine politische Entscheidung. Bei einer raschen Umstellung
würden sich viele vorher getätigte Investitionsentscheidungen als nachteilig
erweisen und zu volkswirtschaftlichen
Verlusten führen. Bei einer langsamen
Umstellung wird jedoch die Volkswirtschaft weiter durch den ständigen Aderlass der ansteigenden Arbeitslosigkeit
geschwächt. Zu lange sollte man desSolarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Arbeit und soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
halb die Umstellung nicht hinziehen;
auch damit bald konkrete Ergebnisse
sichtbar werden.
Ist die Energiesteuer nicht
schon jetzt zu hoch?
Wer von Erhöhung der Energiesteuer spricht, hört häufig den Einwand,
schon jetzt sei Energie viel zu teuer.
Sie würde schon jetzt ungebührlich besteuert. Das ist Unfug! Vergleichen wir
einmal die Besteuerung von körperlicher Arbeit mit der Besteuerung von
Dieselkraftstoff. Wir wählen dazu ein
Beispiel, welches bereits einmal im Solarbrief 1/04 auf Zustimmung gestoßen
ist. Jeder von uns kann es ohne physikalische Kenntnis auf Plausibilität und
zutreffende Größenordnungen überprüfen (siehe Bild 1, Seite 19):
Ein Autohändler will einem Kunden
in 100 Kilometer Entfernung einen Mittelklassewagen ausliefern. Zur Wahl
stehen zwei Möglichkeiten. Das Auto
wird mit Motorkraft gefahren oder das
Auto wird durch Hilfsarbeiter geschoben.
Energiesteuer würden die 10 Liter Diesel mit je einem zusätzlichen Euro belastet. Die Steuerlast für 100 km AutoFahren würde sich um 10 Euro auf 15
Euro erhöhen. Die Steuerlast für das
Auto-Schieben würde sich dagegen wegen Wegfalls des Arbeitgeberanteils zur
Sozialversicherung von 500 Euro auf
etwa 330 Euro verringern. Auch unter
diesen Bedingungen würde kein Autohändler das Auto zum Kunden schieben lassen.
Wir haben also die richtige „Dosierung“ gefunden. Die Umschichtung der
Abgabenlast vom Produktionsfaktor
Arbeit auf die Energie - genauer gesagt
von den arbeitsintensiven Unternehmen
auf die energieintensiven Unternehmen
- kann ihre volle Lenkungswirkung entfalten. Der Einsatz arbeitserleichternder Maschinen wird aber nicht behindert.
Nationale Vorreiterrolle?
Häufig wird eingewendet, dass eine
Erhöhung der Energiesteuer nur im
weltweiten - zumindest aber im euro-
Mit Motorkraft benötigt man eine
Fahrstunde, 10 Liter Diesel und zahlt
dafür eine Mineralölsteuer von 5 Euro.
Wenn drei Personen schieben und eine
Person lenkt, benötigt man 5 Tage und
die Bezahlung für vier Personen. Lohnsteuer und Sozialabgaben (4 Personen
x 5 Tage = 20 Arbeitstage) betragen ca.
500 Euro.
• Geringere Personalkosten erlauben die
Einstellung von qualifizierten Ingenieuren für eine bessere Qualitätskontrolle.
Dadurch wird die Zuverlässigkeit der
Produkte erhöht und damit die Exportchancen im internationalen Wettbewerb.
• In wenigen Jahren ist eine Explosion
der Energiepreise aus Knappheitsgrün-
Mineralölsteuer
5 Euro
100 km
Dieser leicht surreal anmutende Vergleich zeigt deutlich das Missverhältnis zwischen der überhöhten Steuerund Abgabenbelastung von Personal
und der völlig unzureichenden Besteuerung von Energie.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
• Höhere Energiepreise führen zu höheren Grundstoffpreisen, diese führen
dazu, dass Produkte teurer werden. Teure Produkte verschrottet man nicht wegen kleiner Defekte. Dies führt zu soliderer und reparaturfreundlicherer Konstruktion und zum Aufbau von Reparaturwerkstätten. Im Export haben reparaturfreundliche Qualitätsprodukte aus
Deutschland bessere Chancen als billige Massenware.
1 Stunde
10 Liter Diesel
5 Euro oder 500 Euro! Fazit: Das
Auto-Schieben durch Arbeitskräfte ist
100 mal höher mit Steuern und Abgaben belastet als das Auto-Fahren mit
Dieselkraftstoff.
Er zeigt aber auch, welcher Spielraum für eine Anhebung der Energiesteuer zur Verfügung steht, bevor ein
Unternehmen sich dazu entschließen
würde, auf den Einsatz von Energie zur
Arbeitsentlastung zu verzichten. Bei der
von uns vorgeschlagenen Erhöhung der
päischen - Konsens möglich sei. Die
Argumente müssen hier nicht wiederholt werden, da sie sich quasi von selbst
anbieten. Weniger bekannt sind Argumente für eine nationale Vorreiterrolle. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit
sollen hier vier genannt werden.
5 Tage
4 Personen
Lohnsteuer und
Sozialabgaben
500 Euro
100 km
Bild 1: Auszug aus Solarbrief 1/04
19
Arbeit und soziale Gerechtigkeit - Aber wie?
den zu erwarten. Eine Volkswirtschaft,
die sich vorher auf teure Energie umgestellt hat, beispielsweise durch Wärmedämmung von Häusern, kraftstoffsparende Autos, Sonnenkollektoren auf
den Dächern usw. ist für den Anstieg
der Energiepreise besser gerüstet. Eine
Erhöhung der Energiesteuer wirkt dann
wie eine „Schutzimpfung“, die rechtzeitig die körpereigenen Abwehrkräfte
mobilisiert.
• Ein Land, dessen Energiepreise höher
sind, bringt energiesparende Techniken
zur Serienreife, die ihm spätestens bei
einem allgemeinen Anstieg der Energiepreise einen Exportvorteil verschaffen.
Anhang
Erläuterung der
Produktionsmächtigkeit
Die Produktionsmächtigkeit eines
Produktionsfaktors ist eine dimensionslose Zahl, die angibt, wie sensibel die
Wertschöpfung einer Volkswirtschaft
auf eine kleine Steigerung oder Minderung des Produktionsfaktors reagiert,
wenn die anderen Produktionsfaktoren
gleich bleiben.
Hierzu zwei vereinfachende Beispiele, in welchen die eingesetzte Menge
nur eines einzigen Produktionsfaktors
variiert wird:
• Beispiel 1: Die Statistik besagt, dass
im Vergleich zum Vorjahr das BIP eines Landes um 0,44 Prozent angestiegen ist, nachdem der Energieeinsatz um
1 Prozent erhöht wurde. Hieraus ergibt
sich eine Produktionsmächtigkeit der
Energie von 44 Prozent.
mächtigkeit der Energie verhält sich zur
Produktionsmächtigkeit des Produktionsfaktors Arbeit wie 44 zu 9. Die Zahlen 44 % und 9 % sind übrigens die
tatsächlich bestimmten Produktionsmächtigkeiten für Deutschland aus den
Jahren 1960 bis 1989.
• Beispiel 4: Die Statistik besagt, dass
im Vergleich zum Vorjahr die Produktionskosten um 1,3 Prozent gesunken
sind, nachdem der Personaleinsatz um
2 Prozent vermindert wurde. Hieraus
ergibt sich ein Faktorkostenanteil des
Produktionsfaktors Arbeit von 65 %
Prozent (1,3 sind 65 % von 2).
Erläuterung der Faktorkosten
(Energie 5% - Arbeit 65%)
Man erkennt aus den beiden Beispielen 3 und 4, dass der Energieeinsatz
nur einen geringen Einfluss auf die Produktionskosten hat, während der Einsatz menschlicher Arbeitskraft die Produktionskosten der Volkswirtschaft erheblich belastet. Die Zahlen 5 % und
65 % sind übrigens die tatsächlich bestimmten Produktionskostenanteile für
Deutschland aus den Jahren 1960 bis
1989.
Der Faktorkostenanteil eines Produktionsfaktors ist eine dimensionslose
Zahl, die den Anteil der Faktorkostenänderung an der Änderung der gesamten Produktionskosten angibt, wenn die
anderen Produktionsfaktoren gleich
bleiben.
Auch hierzu zwei vereinfachende
Beispiele, in welchen die eingesetzte
Menge nur eines einzigen Produktionsfaktors variiert wird:
• Beispiel 3: Die Statistik besagt, dass
im Vergleich zum Vorjahr die Produktionskosten eines Landes um 0,05 Prozent angestiegen sind, nachdem der Energieeinsatz um 1 Prozent erhöht wurde. Hieraus ergibt sich ein Faktorkostenanteil der Energie von nur 5 Prozent.
Tatsächlich ändern sich die Mengen
der einzelnen Produktionsfaktoren
gleichzeitig. Um bei den gewählten Beispielwerten zu bleiben, gehen wir davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten um 2 % abnimmt und gleichzeitig
der Einsatz der Energie um 1 % steigt.
Eine Kombination der Ergebnisse zu
den Beispielen 1 bis 4 zeigt dann,
• dass das BIP um 0,44 % - 0,18% =
0,26% gestiegen ist.
Energiesteuer
gegen Arbeitslosigkeit
• Beispiel 2: Die Statistik eines Landes
besagt, dass im Vergleich zum Vorjahr
das BIP nur um 0,18 Prozent gesunken
ist, obwohl der Personaleinsatz um 2
Prozent vermindert wurde. Hieraus ergibt sich eine Produktionsmächtigkeit
der Arbeit von 9 Prozent (0,18 sind 9%
von 2).
Man erkennt aus diesen beiden Beispielen, dass der Energieeinsatz einen
viel höheren Einfluss auf die Wertschöpfung hat als der Einsatz menschlicher Arbeitskraft. Die Produktions20
Vortrag von Wolf von Fabeck
Nähere Informationen beim
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
Solarbrief 1/05
Die Wirtschaft
wächst! Deutschland
Solarenergie-Förderverein
e.V.
Arbeitsplätze
Energiesteuer oder
Ressourcen-Verbrauchssteuer?
Eine der Reaktionen auf unseren Vorschlag einer Energiesteuer besagt sinngemäß:
Die Ressourcen-Verbrauchssteuer sei
die gerechteste Steuer, denn auf die
natürlichen Ressourcen hätten alle
Menschen dasselbe Anrecht, auch die
zukünftig lebenden. Ihr Verbrauch dürfe deshalb nicht mehr frei sein.
Ziel sei die Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts, der Erhalt einer
natürlichen Umwelt, die „Bewahrung
der Schöpfung“.
Diesem Gedanken ist im Prinzip uneingeschränkt zuzustimmen. Zur Bemessung und zur Benennung einer solchen Steuer sind allerdings noch einige
Überlegungen notwendig:
Ressourcen werden „verbraucht“, indem sie - an andere Orte verbracht und/
oder - in andere Zustände und Stoffe
umgewandelt werden.
änderung der natürlichen Umwelt.
Je weiter sie von ihrem Fundort entfernt werden und je mehr sie chemisch
oder physikalisch umgewandelt werden,
desto größer ist die Veränderung der
ursprünglichen, der natürlichen Umwelt. Je größer die Veränderung, desto
höher müsste die Besteuerung sein.
Man müsste die Veränderung besteuern.
Das Wort „Ressourcen-Verbrauchssteuer“ schließt allerdings den gesellschaftspolitischen Zweck (Schaffung
von Arbeitsplätzen) und den sozialpolitischen Zweck (Finanzierung der Sozialversicherung sowie anderer Aufgaben der Zukunftssicherung) aus.
Beides, das Verbringen an andere
Orte und das Umwandeln in andere
Stoffe, benötigt Energie. Der Energieaufwand ist somit ein Maß für die Ver-
Wenn man die Energie besteuert, so
hat man automatisch eine „RessourcenVerbrauchssteuer“.
Zur Benennung ist deshalb die Bezeichnung „Energiesteuer“ vorzuziehen, auch weil dieses Wort eine genauere Vorstellung von dem Erhebungsverfahren vermittelt. So wird ja
auch die Tabaksteuer nicht mit der Bezeichnung „Lungenkrebs-Verhütungssteuer“ belegt. (vF)
Unsere Arbeit wird ausschließlich von Mitgliedern und Spendern finanziert.
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Unterschrift:
....................................................
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
.............................................
21
100% Erneuerbare Energien
Versorgungssicherheit mit
Erneuerbaren Energien
Was noch getan werden muss
Von Wolf von Fabeck
Seit Jahrzehnten versucht die Stromwirtschaft, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu bremsen, indem sie
Zweifel an deren Zuverlässigkeit äußert. Doch genau dies ist ein Thema,
bei dem wir Vertreter der Erneuerbaren zum „Gegenangriff“ antreten sollten.
Die Sicherheit der fossilen Brennstoffversorgung, die Sicherheit der atomaren Kraftwerke gegen Terroranschlä-
ge und die sichere Entsorgung der Emissionen und Abfälle ist - schon seit langem absehbar - nicht mehr gegeben.
Die deutsche Politik hat - eher als die
Politik der meisten anderen Länder erkannt, dass gerade aus Gründen der
langfristigen Versorgungssicherheit die
Stromversorgung auf die heimischen
Erneuerbaren Energien umgestellt werden muss.
Diese Umstellung verlangt aber mehr
als nur den Ersatz von konventionellen
Kraftwerken durch Anlagen der Erneuerbaren Energien. Die Wetterabhängigkeit des Angebots an Sonne und Wind,
ihr Flächenbedarf und ihr dezentraler
Charakter verlangen strukturelle Umstellungen. Welcher Art diese Umstellungen sein müssen, wie weit der Gesetzgeber bereits das Erforderliche vorbereitet hat oder wo noch mehr tun
sollte und könnte, dies wollen wir in
den folgenden drei Beiträgen genauer
betrachten.
1. Genügend Anlagen zur Nutzung
der Erneuerbaren Energien
Im zurückliegenden Jahr erreichte die
aus Erneuerbaren Energien gewonnene
Strommenge knapp die 10-Prozentmarke. Damit liegt Deutschland weltweit
in der Spitzengruppe. Dies ist ausschließlich das Verdienst des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Hier
gibt es nur wenig zu verbessern. Technisch gesehen könnte das Tempo der
Umstellung noch weiter gesteigert werden, wenn auch Windanlagen in windschwächeren Gebieten eine Vergütung
nach EEG erhalten. So könnte das Windenergiepotenzial ganz Süddeutsch-
lands erschlossen und die Entwicklung
von Windanlagen für Schwachwindgebiete weiter vorangetrieben werden.
Das in der Präambel genannte Zwischenziel des Erneuerbare-EnergienGesetzes - Ausbau auf mindestens 20
Prozent der Stromversorgung bis zum
Jahr 2020 - muss allerdings erheblich
weiter gesteckt werden. 10 Prozent haben wir bereits erreicht. Vor dem Hintergrund, dass die Stromwirtschaft ihren atomaren Kraftwerkbestand (30 %
des gesamten Kraftwerkbestandes) und
ihre veralteten konventionellen Kraftwerke (weitere 30 % des Kraftwerkbe-
standes) - insgesamt also 60 % - durch
neue konventionelle Kraftwerke ersetzen will, zeichnet sich eine volkswirtschaftliche Fehlinvestition historischen
Ausmaßes ab. Gelder, die in den Neubau von fossilen Kraftwerken investiert
werden, sind für den Ausbau der Erneuerbaren Energien verloren. Nicht ein
Ausbau um weitere 10 Prozent bis auf
20 Prozent, sondern um die zu ersetzenden 60 Prozent auf insgesamt 70
Prozent bis 2020 wäre deshalb angemessen. Und das im EEG enthaltene
Wort „mindestens“ darf dabei nicht vergessen werden.
2. Netzertüchtigung als nationale Aufgabe
Zunehmend gibt es Probleme bei der
Umsetzung des EEG, die sich aus der
Konzeption des deutschen Stromnetzes ergeben. Das deutsche Stromnetz
ist konzipiert als ein Netz zum Verkauf
von Strom aus zentralen Kraftwerken
an eine Vielzahl von Kunden, die insbesondere in den Ballungsgebieten
22
wohnen oder ihre Betriebe haben.
Strom aus Windenergie und Biomasse
wird im Gegensatz dazu im Wesentlichen auf freien Landflächen gewonnen. Dort ist - wegen der geringen Bevölkerungsdichte - das Netz nur
schwach entwickelt.
Schon heute ergeben sich gerade in
den dünnbesiedelten Gebieten hohe
Anschluss- und Netzverstärkungskosten
für Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer
Energien. Diese werden weiter zunehmen. Noch wirkt es grotesk und ist offenbar eine Schutzbehauptung, wenn
der Netzbetreiber E.DIS den Anschluss
weiterer Erneuerbarer-Energien-AnlaSolarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
100% Erneuerbare Energien
gen (EE-Anlagen) an sein Netz mit der
Begründung verweigert, das Hochspannungsnetz sei überlastet und eine Abfuhr von noch mehr Windstrom aus
dem Netzgebiet sei nicht mehr möglich. Doch auf längere Sicht werden
sich solche Situationen tatsächlich ergeben. Wir müssen uns schon jetzt
darauf einstellen, dass die Umsetzung
des EEG mit dem derzeitigen Stromnetz in dünnbesiedelten Gebieten bald
an ihre netztechnische Grenze stößt.
Ein Netz zur Versorgung einer Industrienation mit Strom aus Erneuerbaren Energien muss die Aufgabe des dezentralen Energie-Einsammelns genauso gut bewältigen können wie die Aufgabe des Energie-Verteilens. Hier sind
noch technische Aufgaben zu lösen, die
dem Aufbau des Versorgungsnetzes im
vergangenen Jahrhundert entsprechen
- eine hochwillkommene Arbeitsbeschaffungsmaßnahme großen Ausmaßes. Die Durchführung dieser Aufgabe
ist aus sachlichen und organisatorischen
Gründen eine Aufgabe der Netzbetreiber. Ihre Finanzierung darf aber weder
den Anlagenbetreibern noch den örtlichen Netzbetreibern in den dünnbesiedelten Regionen überlassen werden,
sondern ist als nationale Aufgabe zu
begreifen. Die Kosten, gleichgültig ob
Netzanschlusskosten (bislang vom Anlagenbetreiber zu bezahlen) oder Netzverstärkungskosten (bislang vom Netzbetreiber zu bezahlen), sollten über eine
bundesweite Ausgleichsregelung erbracht werden. Hierzu der folgende
Detailvorschlag:
gunsten der EE.
Die Verteilerkenngröße
Natürlich kommt ein Ausgleich aller
Kosten nicht in Frage, da die Stromnetze auch aus anderen Gründen als zugunsten der Erneuerbaren Energien ausgebaut oder erneuert werden. Der Netzausbaufonds wird vielmehr entsprechend einer dimensionslosen Verteilerkenngröße V verteilt, die dem speziellen Aufwand zugunsten der Erneuerbaren Energien entspricht.
Die Verteilerkenngröße V beträgt:
V=E/N
E...
kW
divideutN...
Jahdurch
Netz-
Zuwachs (Differenz) der installierten Leistung aller EE-Anla
gen im vergangenen Jahr in
im jeweiligen Netzgebiet,
diert durch die Fläche des
schen Verbundnetzes.
die im jeweiligen Netz jährlich
übertragene (konventionelle und
erneuerbare) Energiemenge in
kWh, dividiert durch 8760
resstunden und dividiert
die Fläche des jeweiligen
gebietes.
Diese Verteilerkenngröße berücksichtigt:
• den unterschiedlichen Ausbau der
EE
• den unterschiedlichen Ausbauzustand
der Netze.
Ihre Wirkungsweise soll in 3 Beispielen anschaulich gemacht werden:
Der Netzausbaufonds
1. Beispiel
Alle Stromhändler müssen beim Verkauf (beliebigen Stroms) an Endkunden in Deutschland einen EE-Netzausbauzuschlag in Rechnung stellen. Die
Höhe des Zuschlages sollte sich an den
geschätzten jährlichen EE-Netzausbauund EE-Anschlusskosten grob ausrichten. Dieser Zuschlag ist in einen bundesweiten Netzausbaufonds einzuzahlen. Die Mittel aus dem Netzausbaufonds werden jährlich einmal vollständig unter allen Netzbetreibern als EENetzausbauzuschuss aufgeteilt. Sie berücksichtigen pauschal den unterschiedlichen Aufwand für den Netzausbau zu-
Netzbetreiber A, der im vergangenen
Jahr keine Anlagen der EE angeschlossen hat, erhält (wegen E=0) überhaupt
keinen EE-Ausbauzuschuss.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
2. Beispiel
Netzbetreiber B hat ein großes Versorgungsgebiet und ein schwach ausgebautes Netz. Hier konnten wegen der
großen - schwach besiedelten Fläche viele EE-Anlagen angeschlossen werden. Die Ausgaben für den EE-Anlagenbedingten Ausbau des Netzes waren erheblich. Es mussten große Ent-
fernungen überbrückt und viele Leitungen verstärkt werden. Hier ist ein besonders hoher EE-Netzausbauzuschuss
gerechtfertigt. Die Verteilerkenngröße
berücksichtigt dies in zweifacher Weise:
- Das E im Zähler ist wegen der großen
Energieerzeugung der im Vorjahr angeschlossenen EE-Anlagen ein großer
Wert.
- Zudem ist die Größe N im Nenner nur
klein.
Ein großer Zähler und ein kleiner
Nenner führen dazu, dass der Wert des
Bruchs, also der Verteilerkenngröße,
und damit der zustehende Anteil aus
dem Fonds (wie beabsichtigt) sehr groß
ist.
3. Beispiel
Netzbetreiber C hat ein großes Versorgungsgebiet und ein gut ausgebautes
Netz. Im vergangenen Jahr wurden
gleich viel EE-Anlagen angeschlossen
wie im Beispiel 2. Das E im Zähler ist
hier gleich groß wie im Beispiel 2. Da
im gut ausgebauten Netz aber eine höhere Energiemenge N übertragen wurde als im Beispiel 2, erhält Netzbetreiber C eine kleinere Verteilerkenngröße
und damit einen kleineren EE-Netzausbauzuschuss als Netzbetreiber B im Beispiel 2. Dies ist beabsichtigt, weil er
bereits über ein gut ausgebautes Netz
verfügt und weil deshalb die Kosten
zum Anschluss der EE-Anlagen und
zur Netzverstärkung geringer sind.
Sonne
Wasser
Wind
Biomasse
Geothermie
Gemeinsam sind
wir stark!
23
100% Erneuerbare Energien
3. Lastmanagement und Ausbau dezentraler
Speicherkapazitäten
Auch wenn bei ausreichender Anlagenzahl die jährlich bereitgestellte Energiemenge in der Summe bereits ausreichen wird, gilt es, die technischen
Probleme zu lösen, die sich aus der
Wetterabhängigkeit der meisten Erneuerbaren Energien ergeben. Die bisher
angesprochene Lösung, mit Strom aus
in Bereitschaft gehaltenen BiomasseSpitzenlastkraftwerken alle Versorgungslücken zu decken, wird nicht ausreichen, da Biomasse nicht in unbegrenzter Menge zur Verfügung steht.
Hier müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, die bereits in geringem
Umfang auch bei der bisherigen Organisation der Stromwirtschaft Verwendung finden.
Finanzielle Anreize zur Verbesserung des Lastmanagements
Es gibt keinen vernünftigen Grund,
warum Strom zu allen Tageszeiten und
bei jeder Wetterlage den gleichen Preis
haben muss. Das wirkungsvollste Instrument zum Ausgleich von Angebot
und Nachfrage - der freie Markt - kann
und darf nicht auf Dauer aus dem Bereich der Stromwirtschaft heraus gehalten werden. Die heutige Datenübertragungs- und Regelungstechnik erlaubt
es, den Stromhandel bis in den Bereich
der Haushaltskunden hinein nach Art
eine automatisch funktionierenden
Strombörse effektiver zu organisieren.
Hierzu gilt es, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen.
Ausbau der Stromspeicherkapazitäten durch Dezentralisierung
Die wenigen Pumpspeicherkraftwerke der Stromwirtschaft reichen nicht
aus, den notwendigen jahreszeitlichen
Ausgleich zwischen Überangebot und
Mangel zu bewerkstellen. In diesem Zusammenhang sei an den Vorschlag des
SFV vom 3.Juli 2004 erinnert, durch
ein „Stromspeichergesetz“ jedem Teilnehmer am Strommarkt einen Anreiz
zu geben, in seinem Bereich Stromspeicher einzurichten (siehe Solarbrief
2/04, Seite 32). Wenn dies nach den
Regeln des freien Marktes erfolgt, werden die wirtschaftlichsten Speichertechniken einen erheblichen Aufschwung
nehmen. Dezentrale Speicherung erhöht
außerdem die Ausfallsicherheit der
Stromversorgung bei Unwetter- oder
anderen Katastrophen.
SFV-Vorschlag: Stromspeichergesetz
Ausführliche Informationen finden Sie
• im Solarbrief 2/04, Seite 32 oder
• unter www.sfv.de/lokal/mails/wvf/stromspe.htm
Zusammenfassung
Die hier dargestellten drei Notwendigkeiten für eine Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren Energien sind:
• Verbesserung des Ausbauziels im
EEG auf mindestens 70 %. Weitergehender Ausbau der Windenergie im
Binnenland
24
• Finanzierung sämtlicher Netzanschluss und -Verstärkungsmaßnahmen
durch den aufnahmepflichtigen Netzbetreiber mit der Möglichkeit einer bundesweiten Umlage im EEG
• Einführung eines Stromspeicherge-
setzes und eines angebots- und nachfrageorientierten Strompreises für alle
Verbraucher.
Diese Vorhaben sollten möglichst
rasch in Gesetzesform gegossen werden.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
100% Erneuerbare Energien
Gefährliche Fehlinterprätation
Unangemessene Degression der Vergütung würde Solarwachstum stoppen
Von Wolf von Fabeck
Immer wieder einmal wird - auch
durch gewöhnlich gut informierte Politiker - die Behauptung aufgestellt, durch
eine Absenkung der Einspeisevergütung
für Solarstrom würde Druck auf die
Hersteller ausgeübt, die Preise für Solaranlagen zu senken.
Diese Aussage führt zu falschen
Schlussfolgerungen. Wer ungeduldig
auf Preissenkungen wartet, könnte eine
schnellere Degression der Vergütung
fordern - mit katastrophalen Auswirkungen.
Deshalb soll hier vorsorglich die
Wirkungskette einer unangemessenen
Absenkung schrittweise skizziert werden:
• Eine Absenkung der Einspeisevergütung führt zu einer verringerten Nachfrage nach Solarstromanlagen.
• Verringerte Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot führt zu sinkenden
Preisen.
Wer der Ursachen-Wirkungskette nur
bis hierher nachgeht, fühlt die oben genannte Behauptung bestätigt, doch die
Wirkungskette geht weiter:
• Sinkende Preise verringern die Gewinnaussichten.
• Sinkende Gewinnaussichten vermindern den Anreiz zur Erweiterung von
Produktionsanlagen oder zur Errichtung
neuer Produktionsanlagen. Damit wird
das Ausbautempo für Solaranlagen
„eingefroren“.
• Sinkende Gewinnaussichten leiten die
Kapitalströme in andere Projekte mit
höheren Gewinnaussichten.
Wir wollen aber doch die Kapitalströme gerade in den Ausbau der Erneuerbaren Energien lenken, nicht in
den Bau von fossilen Nachfolgern für
alternde Kohlekraftwerke!
Eine Degression der Einsspeisevergütung darf deshalb nicht als Mittel zur
Preissenkung eingesetzt werden, sondern ausschließlich als Reaktion auf tatsächlich sinkende Anlagenpreise. Im
vergangenen Jahr sind die Anlagenpreise aufgrund des zu geringen Angebots
deutlich gestiegen. Dass trotzdem
gleichzeitig die Einspeisevergütung gesenkt wurde, war ein Fehler.
Der Druck auf die Hersteller zur Senkung der Preise erfolgt auch ohne jede
Degression der Vergütung, weil die
Käufer der Solaranlagen immer den
preiswertesten Anbieter wählen. Das
funktioniert ja genau so auch in dem
nur durch Angebot und Nachfrage geregelten nicht regenerativen sonstigen
Marktgeschehen. Dort müssen die Preise ja auch nicht durch eine Degression
der Einkommen gebremst werden.
EEG, § 11 Absatz 5
Die Mindestvergütungen [...] werden beginnend mit dem 1. Januar
2005 jährlich jeweils für nach diesem Zeitpunkt neu in Betrieb genommene Anlagen um jeweils fünf
Prozent des für die im Vorjahr neu
in Betrieb genommenen Anlagen
maßgeblichen Wertes gesenkt und
auf zwei Stellen hinter dem Komma
gerundet.[...]
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Den vollständiger Gesetzestext mit
aktuellen Kommentierungen des SFV finden Sie unter:
www.sfv.de/lokal/mails/wvf/eegtipps.htm
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
25
100% Erneuerbare Energien
KONTRA muss PRO folgen
Der Ablehnung von Freiflächen-Solaranlagen müssen Aktionen folgen, Solartechnik auf Dächern, an Fassaden und Lärmschutzwänden zu installieren.
Von Susanne Jung
Kontra
In jüngster Zeit wurden zwei Projekte zum Bau großer Freiflächenanlagen
ad acta gelegt:
• In Schweigern (bei Heilbronn) sollte
ein 30 Hektar großer Solarpark entlang
der Bundestraße B 293 entstehen. Die
Landesregierung Baden-Württemberg
widersprach diesem Projekt. Sie kündigte an, auch künftig den Bau von
PV-Anlagen auf landwirtschaftlich
nutzbaren Flächen zu verhindern. Schon
im Sommer 2004 forderten die Landes-Naturschutzverbände Baden-Württembergs, Solaranlagen nicht auf Freiflächen sondern auf Dächern zu installieren (siehe Solarbrief 3/04, Seite 42).
• In Kleinblittersdorf (Saarland) wollte die Shell Solar AG bis Mitte 2006
auf einer Fläche von 40 Hektar eine
8,5 MW-Solaranlage entstehen lassen.
Die Gemeindevertreter der SPD und
GRÜNEN sowie der BUND-Saarland
sprachen sich gegen die Installation des
Solarparks aus. Im Gemeinderat wurde
gegen den Bau abgestimmt.
Pro
Wir begrüßen die Entscheidungen
gegen Freiflächenanlagen ausdrücklich.
Initiativen gegen Freiflächenanlagen
geraten jedoch leicht in den Verdacht,
dass sie Solarenergie verhindern wol-
len. Gute Beispiele sind deshalb gefordert!
Kommunale Entscheidungsträger
könnten beschließen, dass
- bei jedem Neubau eines Hauses die
Installation einer Solaranlage vorgeschrieben ist. Diese Möglichkeit geht
aus der Änderung des Baugesetzbuches
im September 2004 hervor, über die
wir bereits im Solarbrief 3/04, Seite 20
berichteten.
- Dächer öffentlicher Einrichtungen
für den Bau von privaten Solaranlagen
freigegeben werden.
Solaranlage in Sulingen
Foto: W. Becker
- in Werbekampagnen zur Installation von Solartechnik auf großen Dächern z. B. von Industriebetrieben und
Supermarkt-Ketten aufgerufen wird.
Positivkampagnen „PRO SOLARTECHNIK“ können größere Investitionen lenken.
Solarmodule knapp!
Keine Notwendigkeit für den Bau von Freiflächen-Solaranlagen
Solarmodule sind immer noch - auch
zu Jahresbeginn 2005 - nur schwer und
nach langen Lieferzeiten zu erhalten.
Ursache ist die anhaltende Knappheit
des Rohmaterials Solarsilizium. Eine
Entspannung dieses Engpasses ist erst
Anfang 2007 in Sicht. Dann soll die
geplante Solarsiliziumfabrik der Wakker-Chemie ihre Produktion auf dem
Markt anbieten (siehe Artikel Seite 27).
Dies vorab zur Erläuterung der Hintergründe.
In Zeiten, in denen Errichter privater
Solarstromdachanlagen monatelang auf
Solarmodule warten müssen, verliert
der Bau von Freiflächensolaranlagen
26
jeden ökologischen und industriepolitischen Sinn.
Erinnern wir uns! In der zurückliegenden Debatte über Sinn oder Unsinn
von Freiflächensolaranlagen waren sich
die Befürworter und Gegner darin weitgehend einig, dass „eigentlich“ Solarstromanlagen nur an und auf Gebäuden und Lärmschutzwänden errichtet
werden sollten. Es gab nur ein einziges
halbwegs tragfähiges industriepolitisches Argument für Freiflächenanlagen:
Der Bau von Freiflächensolaranlagen
sollte eine stabile Nachfrage nach Solarmodulen garantieren. Freiflächenanlagen als „Notlösung“!
Von Wolf von Fabeck
Inzwischen zeigt sich allerdings nicht
nur, dass auch durch Dachflächen-Solaranlagen genügend Nachfrage zustande kommt, zumindest derzeit. Es tritt
sogar der bedauerliche Effekt auf, dass
die Freiflächenanlagen den Dachanlagen die Solarmodule „wegnehmen“.
Unter diesen Umständen bedeutet der
weitere Bau von Freiflächensolaranlagen nur noch eine sinnlose Vergeudung
knapper Landflächen.
Der SFV appelliert deshalb an alle
Umweltfreunde, den Bau und die Genehmigung von Freiflächenanlagen in
der gegenwärtigen Situation knapper
Solarmodule zurückzustellen.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
100% Erneuerbare Energien
Engpass Silizium?
Neues Verfahren zur Siliziumproduktion
Zusammenfassung aus Pressemitteilungen der Firma Wacker-Chemie GmbH und der Daily Times
Kaum eine Branche meldet trotz
schwieriger Wirtschaftslage so hohe
Zuwachsraten wie die Solarindustrie:
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und
andere, weltweit angekurbelte Fördermaßnahmen führten in den letzten Jahren zu einer mehrfachen Verdopplung
der bestehenden Produktion. So erfreulich diese Entwicklung für die Solarbranche und den Umweltschutz auch
sein mag, so gibt es doch ein schwerwiegendes Problem: Obwohl Quarz als
Rohstoff für die Herstellung von Silizium-Solarzellen in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, könnte es möglicherweise schon bald zum SiliziumEngpass kommen.
Was sind die Ursachen?
Die Solarindustrie bezieht ihr Silizium hauptsächlich aus der Halbleiterindustrie. Die Silizium-Produktionsstätten der Halbleiterindustrie produzieren
pro Jahr knapp 20.000 Tonnen polykristallines Silizium, damit daraus Silizium-Einkristalle gefertigt werden, aus
denen man wiederum die Scheiben
(Wafer) für die Mikrochips sägt. Der
einzige wesentliche Unterschied zwischen den Ausgangsmaterialien für die
Solar- und für die Halbleiterindustrie
ist, dass das Silizium für die Mikrochips noch hundertmal reiner sein muss
als für eine Solarzelle. So darf es im
Wafer unter 100 Milliarden Siliziumatomen höchstens ein einziges Metallatom geben - in einer Solarzelle reicht
ein Wert von einer Milliarde zu Eins.
Doch der grundsätzliche Fertigungsprozess für das polykristalline Silizium war
bislang sowohl für die Elektronik- wie
für die Solarindustrie fast identisch; er
basiert auf dem so genannten SiemensVerfahren, das vor 50 Jahren erfunden
wurde. Für das derzeit produzierte Solar-Polysilizium wurde dieser Prozess
zwar soweit modifiziert, dass er den
Kostenanforderungen der PhotovoltaikIndustrie entgegenkam. Die bestehenSolarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
den Produktionsstätten reichen jedoch bei weitem nicht aus, den stetigen Anforderungen der Solarbranche zu entsprechen. Betrachtet man
ferner, dass die Gesamtkosten einer
Photovoltaikanlage bis zu 40 % von
den Kosten des Rohstoffs Silizium
bestimmt werden, so wird klar, dass
es dringend erforderlich ist, die Kosten für die Herstellung von Silizium zu senken, um konkurrenzfähigeren Solarstrom zu erzeugen. (siehe „Weitere Hintergrundinformationen“, Seite 28)
Seit 50 Jahren fertigt WACKER am
Standort Burghausen Polysilicon für
die Halbleiterindustrie. Darüber hinaus wird seit drei Jahren Solarsilizium
gezielt für die Photovoltaikbranche
hergestellt.
Die Firma Wacker-Chemie GmbH
meldete in einer Pressemitteilung
vom März letzten Jahres, dass sie
Foto: Wacker-Chemie GmbH
ein neuartiges Verfahren entwickelt
habe, mit dessen Hilfe granulares polykristallines Silizium - allein für die
sorgfältig in kleinere Brocken gebroSolarindustrie - hergestellt werden
chen werden, die von der Solarindukönnte. Wacker fertigt seit 50 Jahren
strie weiterverarbeitet werden. Das neue
hochreines polykristallines Silizium als
Wirbelschichtverfahren von WACKER
Ausgangsmaterial für die ElektronikinPOLYSILICON setzt dagegen auf eidustrie und seit drei Jahren auch vernen kontinuierlichen Prozess, der polystärkt für die Solarindustrie. Am 1. Jakristallines Silizium in kleinen Kügelnuar 2004 wurde nun die neue Gechen von 0,3 bis 0,7 Millimeter Durchschäftseinheit WACKER POLYSILImesser liefert. Auch in diesem neuen
CON in Burghausen gegründet, um im
Verfahren scheidet sich in einem Resog. Wirbelschichtverfahren solares
aktor aus dem Trichlorsilan Silizium
Polysilizium wirtschaftlicher als herab, allerdings an kleinsten Siliziumkömmliche Methoden zu erzeugen.
Körnchen, die eine spezifisch größere
Oberfläche als der Silizium-Stab des
Siemens-Verfahrens aufweisen. Das
Zum neuen Verfahren:
Granulat aus Poly-Silizium kann kontiDas bisher genutzte Siemens-Verfahnuierlich aus dem Reaktor „geerntet“
ren verwendet dünne Siliziumstäbe, die
werden. Das Wirbelschichtverfahren ist
in einer Gasatmosphäre aus Trichlordamit aus mehreren Gründen für solasilan und Wasserstoff geheizt werden.
res Poly-Silizium wirtschaftlicher als
Aus dem Trichlorsilan lagert sich dann
die herkömmliche Methode: Erstens
nach und nach Silizium an den Stäben
scheidet sich in derselben Zeit mehr
ab, die auf diese Weise zu dickeren
Silizium ab als im Siemens-Prozess,
Säulen aus Poly-Silizium wachsen (im
zweitens ist die elektrische Heizleistung
polykristallinen Silizium gibt es - angeringer, drittens muss der Reaktor zur
ders als im Einkristall - keine perfekte
Entnahme nicht abgekühlt und geöffkristalline Ordnung, sondern es grennet werden, viertens entfällt das aufzen viele kleine Kristalle aneinander).
wendige Brechen der Stäbe und fünfAnschließend muss der Reaktor abtens eignet sich das Granulat auch besgeschaltet und der Stab abgekühlt und
ser für eine Weiterverarbeitung.
27
100% Erneuerbare Energien
Bislang mussten die Solarfirmen
nämlich die faustgroßen Brocken aus
Poly-Silizium in Quarztiegeln einschmelzen, um daraus dann die monooder multikristallinen Stäbe für ihre
Scheiben zu gewinnen. Diese Tiegel
sind in der Regel nur einmal zu verwenden. Wenn die Solarfirmen von
Wacker hingegen ein rieselfähiges Granulat erhalten, dann lohnt es sich für
sie, einen kontinuierlichen - und damit
effizienteren - Prozess zur Fertigung
der Solarzellen aufzubauen.
Alles in allem soll das von Wacker
entwickelte Wirbelschichtverfahren der
Solarindustrie die Möglichkeit bieten,
ein auf ihre Bedürfnisse maßgeschneidertes polykristallines Silizium zu bekommen und damit ihre Herstellungsprozesse zu optimieren.
In der Pressemitteilung vom September 2004 kündigt WACKER POLYSILICON an, seine Polysilizium-Produktion am Standort Burghausen weiter
auszubauen. Die Kapazitätserweiterung
soll in zwei Schritten
erfolgen: Ab 2006
wird die Jahresproduktion um 500 Tonnen, ab 2007 um weitere 1.000 Tonnen erhöht. Nach Abschluss
der Ausbauarbeiten
sollen am Standort
Burghausen bis zu
6.500 Tonnen Polysilizium pro Jahr produziert werden.
Seit Ende 2004 stellt WACKER am Standort Burghausen im Pilotbetrieb aus Trichlorsilan Polysilizium-Granulat nach dem Wirbelschichtverfahren her.
Foto: Wacker-Chemie GmbH
Die Firma WackerChemie GmbH ist
nicht der einzige Hersteller, der an einem geeigneten Fertigungsverfahren arbeitet: Auch Joint Solar Silicon (Degussa und Deutsche Solar), SolarWorld,
Hemlock (Shin-Etsu, Mitsubishi und
Dow Corning) sowie Elkem in Norwegen wollen billigeres Silizium produzieren.
Kontakt:
Wacker-Chemie GmbH
Unternehmenskommunikation
Christof Bachmair
Telefon: 089-6279-1830
Fax: 089-6279-1239
[email protected]
Weitere Hintergrundinformationen
Auszug aus „Der richtige Stoff für die Sonne - Siliziumkörnchen für die Solarindustrie“ - Pressemitteilung von WackerChemie GmbH vom 02.03.04
Ausgangsmaterial für Solarmodule
aus Silizium sind die weltweit reichlich vorhandenen Quarzvorkommen
(chemische Formel von Quarzsand ist
Si02). Durch Reduktion mit Kohlenstoff
entstehen Silizium und das Gas Kohlendioxid. Um den Reinheitsgrad zu erhöhen und polykristallines Silizium zu
erzeugen, wird das Silizium zunächst
in gasförmiges Trichlorsilan (HSiC13)
überführt. Im konventionellen SiemensVerfahren wird dann das Trichlorsilan
zusammen mit Wasserstoff in einen Reaktor geleitet, in dem sich dünne Siliziumstäbe befinden, die elektrisch auf
hohe Temperaturen (um 1000 Grad Celsius) geheizt werden. In einer chemischen Zersetzungsreaktion lagert sich
Silizium aus dem Trichlorsilan an den
Stäben an und bildet große Blöcke von
Polysilizium, die anschließend - ohne
sie zu verunreinigen - wieder gebrochen werden müssen. Diese kleineren
Brocken werden dann von den Firmen
der Solarindustrie in Quarztiegeln ge28
schmolzen und je nach Bedarf zu monooder multikristallinen Blöcken umgeformt. Daraus werden die etwa 0,3 Millimeter dicken Scheiben für die Solarmodule geschnitten - monokristalline
Solarzellen haben gegenüber den multikristallinen einen höheren Wirkungsgrad für die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom (etwa 16 18 % gegenüber ca. 14 - 15 %), sind
aber auch teurer. Um eine Solarzelle
zu bilden, müssen die Scheiben an bestimmten Stellen noch gezielt mit Stoffen versetzt (dotiert) werden, die den
Aufbau eines elektrischen Spannungsgefälles in der Siliziumscheibe ermöglichen. Auch müssen sie eine Versiegelung und elektrische Kontakte erhalten.
Die Alternative zum Siemens-Verfahren ist das von Wacker entwickelte
Wirbelschichtverfahren (fluidized bed
deposition). Dabei werden das Trichlorsilan und der Wasserstoff in einen
Reaktor geleitet, in dem sich kleine Si-
lizium-Körnchen befinden. Auch hier
lagert sich das Silizium an den Körnchen an, doch das Ergebnis sind keine
Blöcke von Polysilizium, sondern ein
Polysilizium-Granulat. Der Vorteil: Die
Ablagerung geht - wegen der größeren
Oberfläche der Teilchen - schneller
vonstatten, die benötigte Heizenergie
ist geringer, und es ist ein kontinuierlicher Prozess, der weder eine Unterbrechung erfordert, um das Polysilizium
zu „ernten“, noch das aufwendige Brechen von Polysiliziumblöcken notwendig macht.
Insgesamt rechnet man derzeit mit
einem Mengenbedarf von etwa 14 - 15
Kilogramm Silizium pro Kilowatt Leistung des Solarmoduls und Kosten von
30 US-Dollar pro Kilogramm Poly-Silizium. Durch die Steigerung des Wirkungsgrades und die Fertigung dünnerer Scheiben (von der Physik her würden auch 0,1 Millimeter dünne Scheiben genügen) wird der Mengenbedarf
künftig weiter abnehmen: Bis 2007
rechnen die Fachleute mit knapp
Solarbriefüber
1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
12 kg Si/kW.
Verbraucherinformation
Fernwärme-Abrechnung
Nach Wärmedämmung des Gebäudes ist ein niedrigerer Grundpreis angemessen
Von Wolf von Fabeck
Problemstellung
Ein großer Teil deutscher Wohnungen wird mit Wärme aus Heizwerken
versorgt. Die Vergütung ist zumeist aufgespalten in einen Grundpreis, der sich
nach der beheizten Wohnfläche richtet, und einen Arbeitspreis, der sich
aus der abgenommenen Wärmemenge
in Kilowattstunden errechnet.
Durch eine Wärmedämmung einzelner Wohnungen vermindert sich die für
diese Wohnungen bereitzuhaltende
Heizleistung. Damit ändert sich auch
die Voraussetzung für die Berechnung
des Grundpreises.
Vertragsanpassung verlangen
Änderung der Berechnungsgrundlagen
eine Vertragsanpassung verlangen.
In einem Fall, in dem der Wärmelieferant die Anpassung nicht vornehmen
wollte, hat sich ein Wärmeabnehmer
wie folgt geholfen. Dazu ein Auszug
aus seinem Leserbrief (Name und
Adresse sind der Redaktion bekannt):
Die Wärmeabnehmer können wegen
Leserbrief an SFV
„Ich habe nach einer Wärmedämmung meiner Eigentumswohnung den Wärmelieferanten um Verminderung des
Grundpreises gebeten. Da der Wärmelieferant dieser Bitte nicht nachkam, habe ich bei den folgenden Zahlungen jeweils
etwa 25 % des Grundpreises einbehalten. Die regelmäßigen Aufforderungen, die noch offen stehenden Restbeträge zu
bezahlen, beantwortete ich ebenso regelmäßig mit dem Hinweis, dass ich selbstverständlich am weiteren Bezug von
Wärme interessiert sei, diese auch immer pünktlich bezahle und bezahlen würde, dass ich jedoch nicht bereit sei, den im
Hinblick auf die erfolgte Wärmedämmung völlig überhöhten Grundpreis zu bezahlen.
Nach vielen Jahren erhielt ich schließlich einen rechtsanwaltlichen Brief, in dem mir ein gerichtliches Mahnverfahren
angedroht wurde. Diesen habe ich wie folgt beantwortet:
„...Sie fordern mich im Auftrag Ihrer Mandantin auf, die aus den Heizkostenabrechnungen der Jahre 2000 und 2001
noch offenen Fehlbeträge auszugleichen. Andernfalls würden Sie Ihrer Mandantin raten, den Gesamtbetrag gerichtlich
geltend zu machen.
Ich begrüße Ihre Absicht, eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen zu wollen. Allerdings widerspreche ich Ihrer
verkürzten Darstellung des Sachverhalts.
Im Jahr 1986 habe ich zur Verminderung des Heizwärmebedarfs eine aufwändige Außendämmung durchführen
lassen. Dadurch hat sich der Heizwärmebedarf meiner Wohnung nachweisbar deutlich verringert.
Der Grundpreis, dessen Berechnung seitdem zwischen Ihrer Mandantin und mir strittig ist, stellt ein Entgelt für die von
Ihrer Mandantin maximal für meine Wohnung bereitzustellende Heizleistung dar, unabhängig davon, ob ich sie tatsächlich abrufe oder nicht. Durch die Wärmedämmung vermindert sich jedoch die für meine Wohnung bereitzustellende
maximale Heizleistung. Dementsprechend muss sich auch das Entgelt dafür, nämlich der Grundpreis, vermindern.
Die von Ihnen verwendete Berechnungsformel für den Grundpreis - alleine nach der Größe der beheizten Wohnfläche
- geht von der historisch nicht mehr zutreffenden Annahme aus, dass alle Wohnungen gleich gut bzw. gleich schlecht
wärmegedämmt seien.
Trotzdem ließe sich mit dieser - an und für sich nicht mehr zutreffenden - Formel ein gerechtes Ergebnis erzielen, wenn
bei Nachweis einer Außendämmung eine fiktiv um 25 % verminderte Grundfläche angenommen würde, wodurch sich der
Grundpreis im Ergebnis um 25 % vermindern würde.“
Auf diesen - nun schon ein halbes Jahr zurückliegenden - Brief vom Juli 2004 hin gab es keine weitere Nachforderung
des zurückbehaltenen Grundpreises mehr.Vermutlich haben der Wärmelieferant und sein Anwaltsbüro eingesehen, dass
für eine wärmegedämmte Wohnung nur eine geringere Grundgebühr verlangt werden darf.“
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
29
EEG-Rechtsinformationen
Einspeisevertrag zumeist nachteilig
SFV empfiehlt Einspeisung ohne Vertrag
Einige Netzbetreiber haben die Neufassung des EEG zum Anlass genommen, den in ihrem Gebiet einspeisenden Photovoltaik-Anlagenbetreibern einen neuen Vertragsentwurf zuzusenden.
Gerade die Neufassung des EEG vom
21.07.04 besagt jedoch in § 12 Absatz
1, dass „Netzbetreiber ... die Erfüllung
ihrer Verpflichtungen aus den §§ 4 und
5 nicht vom Abschluss eines Vertrages
abhängig machen“ dürfen.
Der Anlagenbetreiber kann somit die
Vorteile und die Nachteile des vorgelegten Vertrages in aller Ruhe gegeneinander abwägen.
In Stromeinspeiseverträgen können
andere Bedingungen vereinbart werden
als im Gesetz enthalten sind. Im Streitfall gelten dann die vertraglichen Vereinbarungen.
In der Regel überwiegen die Nachteile eines Vertrages. Der SFV rät des-
halb grundsätzlich vom Abschluss eines Einspeisevertrages ab.
Wenige Ausnahmen
Eine Ausnahme bilden Einspeiseverträge, die dem Einspeiser eine höhere
Einspeisevergütung anbieten (z.B.
Stadtwerke Walldorf siehe S. 44) oder
eine Haftungsbegrenzung oder einen
anderen Vorteil, der im EEG nicht vorgesehen ist, z. B. Stadtwerke Schleswig (nicht verwechseln mit Schleswag!). Solche Einspeiseverträge zu
Gunsten des Anlagenbetreibers sind allerdings äußerst selten! Wenn Sie einen Vertrag mit einer postiven Regelung vorgelegt bekommen, so teilen Sie
uns bitte wörtlich diese Bestimmung
mit. Bitte nur die betreffende Passage
abschreiben und per E-Mail
([email protected]) zusenden bzw. ggf.
telefonisch vortragen. Bitte keinen ganzen Vertrag, kein Fax und keine Pa-
pierkopie zusenden. Falls uns die Passage neu und interessant erscheint, werden wir uns melden und um den gesamten Vertrag bitten.
Was tun, wenn das Finanzamt
einen Einspeisevertrag verlangt?
Bei der Anmeldung der Solarstromanlage für eine Vorsteuerabzugsberechtigung verlangen einige Finanzämter die
Vorlage eines Einspeisevertrages, weil
sie sich davon überzeugen wollen, dass
der Solarstrom nicht im eigenen Haushalt verbraucht wird, sondern dass der
Betreiber „nachhaltige Einnahmen erzielt“.
Hier gibt es eine bessere Lösung:
Anstatt durch einen Einspeisevertrag
kann der Finanzbeamte auch durch eine
Bescheinigung des Installateurs überzeugt werden, dass „...die PV-Anlage
so angeschlossen wurde, dass der erzeugte Strom ausschließlich ins öffentliche Netz eingespeist wird“.(vF)
Verlustabschläge nicht hinnehmen
Empfehlung von Wolf von Fabeck
Einige Solar-Anlagenbetreiber sind
Eigentümer einer Stichleitung, die ihr
Anwesen mit dem Netz für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität verbindet.
Manche Netzbetreiber ziehen in solchen Fällen von der EEG-Einspeisevergütung einen Verlustabschlag in
Höhe eines oder mehrerer Prozente ab,
mit der Begründung, es würden Verluste auftreten, die nicht im Netz für die
allgemeine Versorgung mit Elektrizität
entstehen.
Einige Netzbetreiber haben sogar mit
dieser Zielrichtung verlangt, dass die
Anlagenbetreiber die Stichleitung ins
Eigentum übernehmen.
30
Hier werden vom Netzbetreiber Eigentumsverhältnisse und Verantwortungsbereich verwechselt.
Dazu eine Mitteilung der BGH-Pressestelle vom 10.11.04 in Auszügen (Nr.
132/2004):
In der Stichleitung fließt - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen Solarstrom zur allgemeinen Versorgung
mit Elektrizität. Somit gehört diese Leitung zum Verantwortungsbereich des
aufnahmepflichtigen Versorgungsnetzbetreibers. Dies ergibt sich zumindest
sinngemäß aus der Entscheidung des
Bundesgerichtshof (BGH) vom
10.11.2004, Az.VIII ZR 391/03 (siehe
nebenstehenden Kasten).
Begriff des Netzausbaus in
§ 10 Abs. 2 EEG (alte Fassung):
Nehmen Sie solche Verlustabschläge nicht hin und verweisen Sie dabei
auf das o. a. BGH-Urteil.
„Der (...) VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die
Versorgungsleitung eines Energieversorgungsunternehmens, die nur das Anwesen eines einzelnen Anschlussnehmers mit der nächstgelegenen Umspannstation verbindet und mit elektrischer Energie aus einem der allgemeinen Versorgung dienenden Netz versorgt, als Teil dieses Netzes anzusehen
ist. Wird die Stichleitung verstärkt, damit der Abnehmer als Rücklieferer den
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
EEG-Rechtsinformationen
von ihm aus einer Photovoltaikanlage
gewonnenen Strom in das Netz des Energieversorgungsunternehmens einspeisen kann, so wird nicht ein Netzanschluss nach § 10 Abs. 1 EEG a. F.
hergestellt, sondern das bestehende
Netz ausgebaut. Die Kosten dafür trägt
nach § 10 Abs. 2 Satz 1 EEG a. F. der
Netzbetreiber.
In dem der Entscheidung zugrunde
liegenden Fall hatte der Kläger im Jahre 2002 auf seinem Stallgebäude eine
Photovoltaikanlage errichtet. Den damit erzeugten Strom liefert er in das
Netz der Beklagten, (...). Die bestehende Niederspannungs-Freileitung der
Beklagten von der Umspannstation bis
zum Dachständeranschluss auf dem Hof
des Klägers war jedoch zu schwach
ausgelegt, um diesen Strom aufnehmen
zu können. Die Beklagte brachte daher
auf den vorhandenen Masten ein zusätzliches Kabel an.(...)
Dass die bestehende Stichleitung Teil
des Netzes für die allgemeine Versorgung ist, hat der Bundesgerichtshof aus
Auszug aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs zur Stichleitung
VIII ZR 391/03
Verkündet am 10.11.04
„Eine Stichleitung, die nur einen Anschlussnehmer mit elektrischer Energie aus
einem der allgemeinen Versorgung dienenden Netz versorgt, ist Teil dieses
Netzes im Sinne des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien vom 29.
März 2000. Kosten der für den Anschluss einer stromerzeugenden Anlage
erforderlichen Verstärkung einer solchen Stichleitung sind Netzausbaukosten
im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 EEG a.F.
Der technisch und wirtschaftlich günstigste Verknüpfungspunkt für den Anschluss von stromerzeugenden Anlagen an das Netz gemäß § 10 Abs. 1 Satz1
EEG a.F. ist im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise unter
Gegenüberstellung und Abwägung erforderlicher Netzausbaukosten einerseits
und entstehender Anschlusskosten andererseits zu ermitteln.“
Das vollständige Urteil finden Sie unter
www.sfv.de -> Aktuelles -> 21.12.2004
dem Wortlaut und aus Sinn und Zweck
des EEG abgeleitet, welches eine umweltverträgliche Energieversorgung
unter Privilegierung kleiner und mittlerer Energieerzeugungsanlagen und
unter Vermeidung volkswirtschaftlich
unsinniger Kosten fördern soll. Die notwendigen Kosten eines Netzausbaus,
der infolge neu anzuschließender An-
lagen erforderlich wird, trägt nach §
10 Abs. 2 Satz 1 EEG in der bis zum
31. Juli 2004 geltenden Fassung (a.
F.) der Netzbetreiber. Der Anlagenbetreiber hat nach § 10 Abs. 1 Satz 1
EEG a. F. nur die notwendigen Kosten
des Anschlusses seiner Anlage an den
technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des Netzes zu
tragen.(...)
Welche Leistung ist maßgeblich?
Wechselrichter- oder Solarmodul-Leistung?
Häufig werden wir mit der Frage konfrontiert, ob die 30-kW-Grenze zur Bestimmung des Verknüpfungspunkt zum
Netz nach § 13 Absatz 1 EEG nach der
Modulleistung oder nach der Wechselrichter-Ausgangsleistung bemessen
wird. Diese Frage ist von entscheidender Bedeutung, denn für eine oder mehrere Anlagen mit einer Leistung von
insgesamt bis zu 30 Kilowatt gilt ein
bestehender Netzanschluss am Grundstück als technisch geeignet. Für den
Fall, dass Anlagenbetreibern ein anderer Verknüpfungspunkt zugewiesen
wird, müssen Netzbetreiber laut EEG
die daraus resultierenden Mehrkosten
tragen.
In der Regel sind Wechselrichter geSolarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Von Susanne Jung
genüber der Modulleistung geringer dimensioniert. Die Leistungsdifferenz
zwischen beiden Komponenten kann
für einige Anlagenbetreiber das „Zünglein an der Waage“ bedeuten, ob ein
bestehender Gebäudeanschluss prinzipiell als technisch geeignet gilt oder
nicht.
Netzbetreiber können laut EEG die
Modulleistung in Ansatz bringen. Sie
wenden die folgenden Regelungen aus
§ 3 EEG „Begriffsbestimmungen“ an:
§ 3 Abs. 2 Satz 2 definiert eine Anlage
als selbstständige, technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Wechselrichter
gelten als nicht technisch erforderlich
und werden ausdrücklich ausgenom-
men. In § 3 Abs. 5 wiederum findet
sich die Definition der Leistung, die
eindeutig auf diesen Anlagenbegriff
verweist. Es lässt sich schlussfolgern,
dass die Leistung einer Anlage durch
die Modulleistung definiert wird.
Eine solche Auslegung ist nach unserer Auffassung für PV-Anlagen aus
technischer Sicht nicht zutreffend: Die
tatsächliche Leistung einer Solaranlage wird durch die Dimensionierung des
Wechselrichters bestimmt. Da der Gebäude-Verknüpfungspunkt laut § 13
Abs. 1 EEG für den Anschluss einer
30-kW-Anlage als technisch geeignet
gilt, wäre es schlüssig, dass Netzbetreiber sich an der Wechselrichter-Ausgangsleistung orientieren. Besonders
31
EEG-Rechtsinformationen
deutlich wird diese Problematik bei Solaranlagen, deren tatsächliche Leistung
bei nicht optimaler Ausrichtung, Verschattung oder Fassadeninstallation große Abweichungen von der technisch
möglichen Modulleistung aufweisen.
Wenn hier allein die Modulleistung bei
gleichzeitiger wesentlich geringerer Dimensionierung des Wechselrichters in
Ansatz gebracht würde, gäbe es eine
gewichtige Benachteiligung dieser Anlagenbetreiber.
Wir empfehlen zukünftigen Anlagenbetreibern deshalb, dem Netzbetreiber
die laut § 13 Abs. 1 prinzipiell technisch mögliche Einspeisung einer 30kW-Anlage am bestehenden Gebäudeverknüpfungspunkt darzustellen und die
Anwendung der Wechselrichter-Ausgangsleistung zu verlangen. Einen
Rechsanspruch gibt es leider nicht.
Sollte der Netzbetreiber unserer Argumentation folgen, so bitten wir um
kurze Rückmeldung.
Wichtig: Bei der Festlegung der
Einspeisevergütung nach § 11 Abs. 2
für Anlagen >30 kW (bzw. >100 kW)
kann diese Argumentation nicht angewendet werden, da die dort definierten
Leistungsgrenzen nicht auf Grundlage
von technischen Anschlussbedingungen
aufgestellt wurden.
EEG - Auszüge
§3
Begriffsbestimmungen
Absatz 2: Anlage ist jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung
von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. (...); nicht für den
Betrieb technisch erforderlich sind insbesondere Wechselrichter, Wege, Netzanschlüsse, Mess-, Verwaltungs- und Überwachungseinrichtungen.
Absatz 5: Leistung einer Anlage ist die elektrische Wirkleistung, die die Anlage
bei bestimmungsgemäßem Betrieb ungeachtet kurzfristiger geringfügiger Abweichungen ohne zeitliche Einschränkung technisch erbringen kann.
§ 13 Netzkosten
Absatz 1: Die notwendigen Kosten des Anschlusses von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas an den
technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des Netzes sowie
der notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der gelieferten und der
bezogenen elektrischen Arbeit trägt der Anlagenbetreiber. Bei einer oder
mehreren Anlagen mit einer Leistung von insgesamt bis zu 30 Kilowatt, die
sich auf einem Grundstück mit bereits bestehendem Netzanschluss befinden, gilt der Verknüpfungspunkt des Grundstücks mit dem Netz als
günstigster Verknüpfungspunkt; weist der Netzbetreiber den Anlagen
einen anderen Verknüpfungspunkt zu, ist er verpflichtet, die daraus
resultierenden Mehrkosten zu tragen.
Anfertigen eines Mahnbescheides
Hilfestellungen von Dr. Christina Bönning, Rechtsanwältin
Verjährung von Ansprüchen
Verjährungsfrist hemmen
Nach der Schuldrechtsmodernisierung verjähren die meisten Ansprüche
innerhalb von drei Jahren (§ 195 BGB),
wobei die Vejährungsfrist von drei Jahren mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden
ist, und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und
der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit
erlangen müsste. Um einem oft auftretenden Missverständnis vorzubeugen,
sei erwähnt, dass es nicht darauf ankommt zu wissen, dass man rechtlich
einen Anspruch hat. Es kommt darauf
an, dass man die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt. Eine
rechtlich richtige Wertung muss man
nicht vornehmen, damit die Verjährungsfrist beginnt.
Das Gesetz sieht mehrere Möglichkeiten vor, den Ablauf der Verjährungsfrist zu hemmen. Schweben z. B. zwischen den Parteien Verhandlungen über
den Anspruch, verjährt der Anspruch
erst einmal nicht. Hierbei ist zwar der
Begriff der Verhandlung weit auszulegen, allerdings müssen schon von beiden Seiten Erklärungen vorliegen, die
die Annahme rechtfertigen, man lasse
sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein. Wer nur an
den Netzbetreiber schreibt und dieser
teilt im nächsten Jahr mit, er wolle sich
über die Angelegenheit nicht auslassen
oder er teilt vorher mit, er vertrete eine
andere Auffassung und man könne seinen Anspruch doch gerichtlich geltend
machen, hat das Nachsehen. In solchen
Fällen wird der Ablauf der Verjährung
32
nicht gehemmt. Daneben gibt es eine
Vielzahl von Möglichkeiten, durch eine
Rechtsverfolgung die Verjährung zu
hemmen. Selbstverständlich kann man
eine Klage einreichen. Diese muss aber
dann bis zum 31.12. bei Gericht eingehen, möglichst zügig dann auch der Gegenseite zugestellt werden. Da man in
diesen Fällen auch die Gerichtskosten
in dreifacher Höhe vorstrecken muss,
ein gerichtliches Verfahren stets mit
der Übernahme eines erheblichen Prozessrisikos einhergeht, bietet es sich oft
an, die Zustellung eines Mahnbescheids
im gerichtlichen Mahnverfahren zu beantragen. Auch hier muss die Antragstellung bis zum Jahresende dem zuständigen Mahngericht zugegangen sein
und der Mahnbescheid muss der Gegenseite spätestens kurz nach Eintritt
des neuen Jahres zugestellt werden.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
EEG-Rechtsinformationen
Anfertigen eines Mahnbescheids
Wichtig ist hierbei, dass man den Antrag ordnungsgemäß ausfüllt. Wenn man
den Antrag nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hat, das Mahngericht nachfragen
stellt und deshalb erst z. B. in der dritten
oder vierten Januarwoche der Mahnbescheid zugestellt werden kann, dann hat
man mit dem Einreichen des Mahnbescheides bis zum 31.12. die Frist nicht
gewahrt. Wichtig ist auch, die vom
Mahngericht geforderten Gerichtskosten
zu überweisen. Unabhängig von dem Gegenstandswert ist es möglich, den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids ohne
Rechtsanwalt zu stellen. Wenn man einen Rechtsanwalt beauftragt, werden die
Kosten des Rechtsanwaltes gleich im
Mahnbescheid mit tituliert. Wenn sich
der Mahnbescheid als berechtigt herausstellt, muss die Gegenseite auch die Kosten für das Mahngericht und für den
Rechtsanwalt tragen. Wer sich zutraut,
selber den Antrag zu stellen, der sollte
folgendes bitte beachten:
In den meisten Bundesländern muss
mittlerweile zwingend ein Antragsformular maschinell ausgefüllt werden. Es empfiehlt sich, beim zuständigen Mahngericht nachzufragen. Die Nichtbeachtung
des Formularzwanges oder die Wahl eines falschen Formulars machen den Antrag unzulässig. Ein per Telefax übermittelter Mahnantrag ist ebenfalls unzulässig.
Folgende Hinweise orientieren sich an
dem zumeist verwendeten maschinellen
Mahnverfahren. Es handelt sich hierbei
um ein zweiseitiges Formular mit einer
Durchschrift, die beim Antragsteller verbleibt. Auf der Rückseite befinden sich
oft Ausfüllhinweise, die unbedingt zu
beachten sind. Da die ausgefüllten Vordrucke maschinell gelesen werden, ist es
notwendig, die vorgegebenen Zeilen einzuhalten und deutlich zu schreiben, am
besten mit Maschinenschrift. Andernfalls
besteht die Gefahr des Datenverlustes,
der Rückfrage und damit auch der Verjährung.
Auf der ersten Seite muss im Wesentlichen der Antragsteller und der Antragsgegner richtig vermerkt werden. Hierbei unterscheidet das Formular zwischen
natürlichen und juristischen Personen.
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Bei juristischen Personen ist darauf zu
achten, dass der Vertretungsberechtigte richtig aufgeführt ist. Das gleiche
gilt natürlich auch beim Antragsgegner.
Auf der zweiten Seite muss erst einmal der Anspruch bezeichnet werden.
Hier ist sehr wichtig, dass der Anspruch
ausreichend individualisiert ist. Man
muss zunächst einmal eine Katalognummer eintragen. Bei der Rückforderung von zu Unrecht geforderten Netzausbaukosten handelt es sich bei der
Rückforderung um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch. Am besten
bezieht man sich dann auf ein Schreiben, das man selber mit Datum angibt,
und man nennt den Betrag. Die laufenden Zinsen sind anzugeben. Da der Anlagenbetreiber einer PV-Anlage nach
diesseitiger Auffassung kein Verbraucher ist und die Netzbetreiber auch keine Verbraucher sind, besteht ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 8 %
über dem Basiszinssatz. Dies ist zu vermerken. Es ist darauf hinzuweisen,
dass dies jährlich erfolgt. Es ist dann
auch der Betrag anzugeben und der
Zeitraum, ab wann die Zinsen geltend
gemacht werden. Fehler in diesem Zusammenhang führen zwar dazu, dass
der Anspruch nach dem Mahnbescheid
nicht besteht. Wer aber z. B. ein paar
Zinsen zuviel fordert, der wahrt dennoch die Verjährungsfrist. Wenn weitere Kosten entstanden sind, wie z. B.
Nebenforderungen, wird das aufgeführt.
Dann ist noch weiter aufzuführen, wo
das strittige Verfahren durchzuführen
wäre. Hierbei ist zu beachten, dass abhängig vom Streitwert entweder das
Amts- oder Landgericht zuständig wäre
(Grenze 5.000 Euro). Es ist auch das
zuständige Amts- bzw. Landgericht zu
erwähnen. Es empfiehlt sich nicht, bereits ein Kreuzchen in der entsprechen-
den Zeile des Mahnbescheides zu vermerken. Auf den Widerspruch der Gegenseite hin würde dann automatisch
das streitige gerichtliche Verfahren
durchgeführt. Wenn man das Kreuzchen nicht macht, kann man immer
noch in das streitige gerichtliche Verfahren übergehen, hat aber dann die
Möglichkeit, auf jeden Fall vorher einen Anwalt zu konsultieren. Sollte ein
Anwalt den Antrag für den Antragsteller ausfüllen, vermerkt er die entsprechenden Angaben in der Zeile: Prozessbevollmächtigter des Antragstellers
und ff. Man sollte dann noch daran
denken, dass man in der Zeile zu „Aufnahme der Kosten des Verfahrens“ ankreuzt, dass der Anspruch von einer
Gegenleistung nicht abhängt bzw. abhängt, diese aber bereits erbracht ist.
Die Kosten des Prozessbevollmächtigen sind nicht einzutragen, dies geschieht automatisch durch das Mahngericht. Sie brauchen auch die Zinsen
nicht auszurechnen. Wichtig ist, dass
der Antragsteller noch unterschreibt,
und zwar handschriftlich. Bei Antragstellung durch einen Prozessbevollmächtigen unterschreibt dieser selbstverständlich.
Noch ein Hinweis zum weiteren Verfahren: Der Mahnbescheid wird dann
dem Netzbetreiber zugestellt und dieser kann prüfen, ob er dem Folge leistet oder Widerspruch einlegt. In manchen Fällen wird Widerspruch eingelegt, es wird dennoch gezahlt. Hier muss
man dann überlegen, ob man wegen
der entstandenen Gerichts- und gegebenenfalls auch Anwaltskosten seinen
Anspruch weiter durchsetzt.
Wichtig ist noch, den Mahnbescheid
natürlich auch bei dem richtigen Gericht einzureichen. Dieses ist z. B. in
Nordrhein-Westfalen das Amtsgericht
Euskirchen oder das Amtsgericht
Hinweis des SFV
• Wenn der Mahnbescheid ohne rechtsanwaltliche Hilfe angefertigt werden soll,
ist unbedingt darauf zu achten, dass das aktuelle Formular des jeweiligen
Bundeslandes genutzt wird.
• Wer sichergehen will, dass beim Mahnbescheidverfahren kein Formfehler
begangen wird, der zur Ungültigkeit und damit möglicherweise zur Verjährung
der Forderung führt, sollte sich rechtsanwaltliche Hilfe holen. Die Kosten dafür
können dem Schuldner in Rechnung gestellt werden.
Hamm entsprechend der Zuständigkeit
33
EEG - Rechtsinformationen
Leser fragen - SFV antwortet
Weitere Beiträge aus unserem Internetangebot „Leserfragen“
Im täglichen Büroalltag werden wir
per E-Mail und telefonisch mit den vielfältigsten technischen und rechtlichen
Fragen konfrontiert. Da sich in vielen
Fällen die Fragestellungen wiederholen, haben wir im Frühjahr 2004 eine
neue Internetrubrik „Leserfragen“ eingeführt, die sich seitdem wachsender
Beliebtheit erfreut.
Schauen auch Sie mal vorbei. Sie
finden „Leserfragen“ auf der Startseite
unserer Homepage www.sfv.de. Mit der
Standard-Suchfunktion des Browsers
können Sie einfach feststellen, ob bereits ein Briefwechsel zu einem bestimmten Problem vorliegt. Manch einer stöbert auch mal gern und wird
eventuell motiviert, auch seine Frage
zu stellen. Zu beachten ist jedoch, dass
unsere Antworten immer nur eine
grundlegende Hilfestellung leisten können. Rechtsverbindliche Auskünfte erhalten Sie bei Juristen.
Wir möchten hier eine Auswahl einiger interessanter, aktueller Fragen
vorstellen:
Leserfrage:
„Eine PV-Anlage mit einer Größe von
150 x 250 m soll 30 m westlich neben
einem ca. 15 m hohen Wohnhaus erbaut werden. Durch die Abendsonne
werden am Wohnhaus Blendwirkungen befürchtet.
Ist das reflektierte Sonnenlicht als Immission im Sinne des BImSchG zu bewerten? Wer kann ermitteln, ob das
reflektierte Sonnenlicht blendet?“
SFV-Antwort:
„Sehr geehrter Herr X,
ähnliche Probleme wie das von Ihnen geschilderte Problem sind uns bereits einige Male von verschiedenen
Seiten vorgetragen worden, doch sind
wir in der rechtlichen Beurteilung noch
nicht weitergekommen.
34
Während die Blendwirkung von verglasten Treibhäusern oder von großen
Fensterfronten oder Straßenlaternen
oder Gewässern zumeist widerspruchslos hingenommen wird, entzündet sich
an der Blendwirkung von Solaranlagen
eher Streit; vermutlich wohl auch deshalb, weil einige Menschen keinen Nutzen in der Solarstromgewinnung sehen
und deshalb keine Bereitschaft aufbringen, geringe Beeinträchtigungen hinzunehmen.
Im Übrigen ist die Frage, ob zusätzliches (reflektiertes) Sonnenlicht als Belästigung anzusehen ist, durchaus ungeklärt. Unser Büro ist z. B. in einer
Straßenschlucht gelegen und erhält am
Nachmittag durch Spiegelung der Sonne in den gegenüberliegenden Fenstern
zusätzliches Licht, für das wir dankbar
sind, weil wir elektrische Beleuchtung
sparen können.
Zwar gibt es gegen eine Blendwirkung eine rechtliche Handhabe, jedoch
gegen die Verschattung von Solaranlagen unseres Wissens nicht.
Letztlich wird man, falls es zum Streit
kommt, die Angelegenheit wohl unter
dem Gesichtspunkt der nachbarlichen
Rücksichtnahme beurteilen müssen,
wobei die damit verbundenen Abwägungen zwischen dem Nutzen und
Schaden natürlich auch wieder schwierig sind.
Ihre Frage, ob es überhaupt zu einer
Blendwirkung kommt, kann ich aufgrund Ihrer Darstellung nicht eindeutig
beantworten. Diejenigen Fenster des
Hauses, von denen aus man auf die
VORDERSEITE der Solarmodule blicken kann, werden voraussichtlich irgendwann je nach Jahreszeit reflektiertes Licht abbekommen.
Möglicherweise kann der Investor die
Solaranlage so weit aus der Südrichtung nach Westen verdrehen, dass man
auch aus dem südlichsten Fenster des
obersten Stockwerkes nicht mehr auf
die Vorderseite der Solarmodule bli-
cken kann. Das hätte für den Investor
sogar den Vorteil, dass er die Abendsonne besser ausnutzt. Die Morgensonne kann er ohnehin nicht nutzen, weil
sie ihm durch das erwähnte Wohnhaus
abgedeckt wird. Für die Bewohner des
Hauses ergäbe sich bei einer solchen
Verdrehung der Solaranlage allerdings
der Nachteil, dass sie dann auf die weniger schöne Rückseite der Solarmodule blicken müssen.
Ich bin gespannt auf die endgültige
Lösung „Ihres“ Problems. (vF)
Leserfrage:
„Nachdem ich meinem Netzbetreiber
EnBW mitgeteilt habe, dass ich den
Einspeisevertrag nicht unterschreiben
werde, bekam ich daraufhin folgende
Antwort: „Wir weisen Sie hiermit ausdrücklich daraufhin, dass wir dem
zwischen ihnen und uns gemäß EEG
bestehenden Rechtsverhältnis im
Wege unseres einseitigen Leistungsbestimmungsrechts nach § 315 ff. BGB
die Regelungen des Stromeinspeisungsvertrages zugrunde legen werden. Da wir uns absichern müssen,
dass sie ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien in unser Netz
einspeisen, bitten wir sie, die beigelegte Erklärung zu unterschreiben ...
Erklärung: Die von mir erstellte/betriebene Photovoltaikanlage in ... mit
einer installierten Leistung von ... kWp
ist eine Stromerzeugungsanlage zur
Nutzung erneuerbarer Energien gemäß EEG vom 21.07.2004. Unterschrift ..."
Muss ich eine solche Erklärung unterschreiben? Wie ist das Anschreiben zu werten?“
SFV-Antwort:
„Sehr geehrte Frau X,
die Überprüfung vielzähliger Einspeiseverträge ergab nicht nur, dass Anlagenbetreiber durch den Abschluss eines Vertrages meist schlechter gestellt
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
EEG - Rechtsinformationen
wurden als ohne Vertrag. (Im neuen
EEG § 12 Absatz 1 legte der Gesetzgeber deshalb fest, dass die Abnahmeund Vergütungsverpflichtungen nicht
vom Abschluss eines Vertrages abhängig gemacht werden dürfen.) Ebenso
dokumentierte sie vielfältige Versuche
der Netzbetreiber, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des EEG zu säen und die
Anlagenbetreiber zu verunsichern.
Das aktuelle Anschreiben der EnBW
werten wir als einen weiteren Versuch,
auch ohne Abschluss eines Vertrages
zur Verunsicherung der Anlagenbetreiber beizutragen:
1. EnBW verweist auf das BGB §
315 für den Fall der Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. In
BGB § 315 Absatz 1 heißt es: "Soll die
Leistung durch einen der Vertragsabschließenden bestimmt werden, so ist
IM ZWEIFEL anzunehmen, dass die
Bestimmung nach billigem Ermessen
zu treffen ist." (Hervorhebung durch
SFV). Dieser BGB-Rechtsbezug ist
nicht gegeben, da es überhaupt keinen
Zweifel über die vom Netzbetreiber zu
erbringende Leistung gibt. Nach EEG
ist der Netzbetreiber verpflichtet, den
Anschluss der Anlage, die Abnahme
des Stroms und die Vergütung der eingespeisten Energie vorzunehmen.
Die EnBW-Vertragsregeln werden
damit auch im Fall der Änderung der
gesetzlichen Rahmenbedingungen keine Anwendung finden.
2. Sollte das EEG aufgehoben werden, so gilt der allgemeine europäische
und deutsche Rechtsgrundsatz des Bestandsschutzes: Anlagen, die während
der Gültigkeit des EEG angeschlossen
werden, sind davon nicht betroffen.
3. Es ist u. E. nicht notwendig, eine
Erklärung zu unterschreiben, in der Anlagenbetreiber bestätigen, nur Strom aus
Erneuerbaren Energien gemäß EEG in
das Netz einzuspeisen. (SJ)
Leserfrage:
„Wie wird die kaufmännisch-bilanzierte Durchleitung für Solarstrom
vorgenommen, wenn eine Schule einen Tarif mit Leistungspreis und Arbeitspreis zahlt?“
Solarbrief 1/05
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SFV-Antwort:
„Sehr geehrter Herr X,
aus der EEG-Gesetzesbegründung zu
§ 4 Absatz 5 ergibt sich: „Für die Ermittlung des eingespeisten Stroms aus
der Anlage ist in aller Regel - soweit
nicht § 5 Abs. 1 Satz 2 eingreift - eine
Messung der eingespeisten elektrischen
Arbeit ausreichend.“
Es braucht also im Regelfall bei der
Hausnetzdurchleitung KEINE elektrische Leistung erfasst werden. Nur bei
Anlagen über 500 kW ist nach EEG,
§ 5 Abs. 1 Satz 2 eine registrierende
Leistungsmessung vorgeschrieben.
Wenn kleinere Anlagen einspeisen
und aus vertraglichen Gründen (weil
dies der Vertrag zwischen Stromnetzbetreiber und Hausnetzbetreiber so vorsieht) eine Leistungserfassung zwingend erforderlich ist, sollte die Abrechnung grundsätzlich auf der Basis von
Schätzungen oder von Norm-Lieferprofilen erfolgen. Dies ergibt sich aus der
Gesetzesbegründung.
Norm-Lieferprofile für Solarenergie
liegen meines Wissens nach nicht vor.
Der Netzbetreiber muss sich also auf
Schätzungen einlassen. Wenn er das
nicht will und auf eine registrierende
Leistungsmessung besteht, muss er sie
selbst bezahlen.
Eine solche Schätzung der Einspeiseleistung könnte z. B. durch Vergleich
mit einer Solarstromanlage des Netzbetreibers erfolgen.
Da es bei der vereinbarten Leistungsmessung nur auf den Maximalwert der
Stromentnahme ankommt, empfehle ich
Ihnen aber, zunächst einmal festzustellen, zu welchen Tageszeiten in der Vergangenheit diese Maximalwerte des
Stromverbrauchs vorkamen. Ich vermute mal, dass dies jeweils in den dunklen Morgenstunden war. Da zu diesem
Zeitpunkt die Solarstromanlage ohnehin keinen oder nur einen sehr kleinen
Stromertrag bringt, würde ich den zu
berücksichtigenden Beitrag der Solarenergie, der auf die gemessene Leistung
der Schule aufzuschlagen ist, mit nahezu Null schätzen. (vF)
Leserfrage:
„Im Februar 2004 wurde ein Antrag
auf Einspeisung einer 6,5 kWp-PVAnlage durch EnBW mit der Begründung der Netzverhältnisse abgelehnt.
Im Februar 2005 wurde ein neuer Antrag auf Einspeisung gestellt ...dieser
wurde genehmigt. Nachdem die Bestellung der PV-Anlage dem Netzbetreiber EnBW vorgelegt wurde, teilte
dieser mit, erst in der zweiten Jahreshälfte 2005 mit dem Netzausbau zu
beginnen. Ist dies - wie im Gesetz gefordert - unverzüglicher Netzausbau?“
SFV-Antwort:
„Sehr geehrter Herr X,
Sie können unverzüglichen Anschluss (d. h. innerhalb weniger Tage)
an das Netz beanspruchen. Eine 6,5
kWp-Anlage ist nun wirklich keine Sache, für die ein neuer Trafo oder eine
neue Ortsverkabelung notwendig wird.
Im ungünstigsten Fall, falls bei hellem
Sonnenschein keiner Ihrer Nachbarn
Strom verbraucht, könnte die Spannung
in Ihrem Abschnitt des Niederspannungsnetzes durch die PV-Anlage etwas ansteigen.
Machen Sie den Netzbetreiber darauf aufmerksam, dass Ihr Wechselrichter mit einer Abschalteinrichtung bei
Überspannung ausgestattet ist, so dass
keine gefährlichen Überspannungen
auftreten können.
Machen Sie außerdem darauf aufmerksam, dass Sie in der Zwischenzeit
bis zum Abschluss der Netzverstärkungsarbeiten eine zeitweilige Abschaltung wegen netzbedingter Überspannung hinnehmen würden.
Machen Sie schließlich darauf aufmerksam, dass Sie ggf. den Netzbetreiber, wenn er Sie nicht sofort anschließt,
für die dadurch in den nächsten Monaten entstehenden Einnahmeausfälle
schadensersatzpflichtig machen könnten.
Außerdem können Sie eine einstweilige Verfügung auf sofortigen Anschluss verlangen. Falls es zu einem
Rechtsstreit kommt, empfehle ich die
Einschaltung eines Rechtsanwaltes.
(vF)
35
Klimawandel
Ab wann wird Klimawandel gefährlich?
Kommentar zum Pekinger Klimawandel-Symposium
Von Susanne Jung
Im Oktober letzten Jahres fand in
Peking ein internationales Symposium
statt, in dem sich Experten der Frage
stellten, ab wann der Klimawandel für
Menschen als gefährlich eingestuft werden kann. Eine solche Einstufung fordert das Rahmenübereinkommen der
Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) vom 21.03.1994,
Artikel 2 (siehe Kasten).
Von deutscher Seite begleitet und unterstützt wurde dieses Symposium u. a.
von der Münchener Rückversicherung,
dem Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, der Heinrich-Böll-Stiftung, der Deutschen Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ)
GmbH und dem Bundesumweltministerium.
Kritische Bemerkung
Klimawandel ist ein langfristiges Problem, das - egal in welcher Größenordnung - irreversible Auswirkungen auf
zukünftige Generationen, auf Flora und
Fauna haben wird. Diskussionen darüber, ab wann Klimawandel als gefährlich angesehen werden soll, könnten
aus ethischer Sicht mit Recht als höchst
fragwürdig angesehen werden.
Darüber hinaus beherbergen Einigungen in Klimaschutzfragen enorme Interessenkonflikte. Zwar betonten die
Teilnehmer des Pekinger Symposiums,
dass eine tiefgründige Analyse nur dann
stattfinden kann, wenn Wissenschaftler, Politik und Gesellschaft eng zusammenarbeiten. Die Abstimmungen
zum Kyoto-Klimaschutzabkommen
zeigten jedoch schon einmal, dass internationale Vereinbarungen zwangsläufig auf eine Einigung nach dem Prin-
zip des kleinsten gemeinsamen Nenners hinauslaufen - in Hinblick auf die
enormen Gefahren des Klimawandels
ein fataler Fehler!
Worauf einigte man sich?
In Peking einigten sich die Teilnehmer nun darauf, dass das Klimasystem
sehr wahrscheinlich bei einer globalen
Erhöhung der Mitteltemperatur von 23° C über dem vorindustriellen Niveau
an Grenzen stößt, die als gefährlicher
Klimawandel bezeichnet werden können. Jedoch sei es sehr wahrscheinlich,
dass ein langfristiger Anstieg des Meeresspiegels und ein vermehrtes Auftreten sowie eine größere Intensität von
extremen Wetterereignissen auf sensible Regionen und Ökosysteme bereits
bei einer Erwärmung von unter 2° C
negative Auswirkungen haben werden.
Für ausgesuchte, nach dem heutigen
Wissenstand als exemplarisch geltende
Regionen (u. a. China, Sahara Afrika,
Nord-Afrika, Süd-Afrika, Asien, Europa, USA, Amazonas, Russland, Arktis,
Pazifik und Karibik) wurden mit erschütternder Deutlichkeit Effekte des
Klimawandels vorhergesagt. Neue wissenschaftliche Analysen erlauben globale Vorhersagen zur Entwicklung der
Gesundheit, der Landwirtschaft, der
Veränderung von Ökosystemen, dem
Abschmelzen von Eis und dem damit
verbundenen Anstieg des Meereswasserspiegels. Die Präsentationen wurden
durch Erfahrungsberichte von Betroffenen begleitet.
Dieses Symposium bestätigte damit,
dass Klimaexperten schon seit längerer
Zeit nicht mehr über das „Ob“ sondern
nur noch über das „Wie“ des Klima-
Rahmenabkommen der
Vereinten Nationen über
Klimaänderungen (UNFCCC)*
vom 21. März 1994
Artikel 2
Ziel: Das Endziel dieses Übereinkommens und aller damit zusammenhängenden Rechtsinstrumente, welche die Konferenz der Vertragspartner beschließt, ist es, in
Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens die Stabilisierung der
Treibhausgaskonzentration in der
Atmosphäre auf einem Niveau zu
erreichen, auf dem eine gefährliche antropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau sollte innerhalb eines
Zeitraumes erreicht werden, der
ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den
Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung
nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden
kann.
* 189 Regierungen beteiligt
wandels diskutieren.
Unfassbar bleibt deshalb, dass effektive Maßnahmen zur Minderung von
Treibhausgasen auf nationaler und internationaler Ebene auch weiterhin ausgebremst werden. Dass nur ein umfassender Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Lage ist, der Treibhausgefahren die Stirn zu bieten, wird von
vielen politisch Verantwortlichen weder verstanden ist noch gewollt.
Erneuerbare Energien kosten nicht die Welt!
36
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Kinderseite
Liebe Kinder,
einige von euch werden sich vielleicht fragen, wann die auf der letzten Sonnino-Seite versprochenen
Erläuterungen zur Solarzelle kommen.
Könnt ihr noch etwas Geduld haben? Denn - Kerstin Watzke, die
Autorin eurer Kinderseite, wird in der nächsten Zeit leider nicht so
viel Zeit bleiben, den Text für eure Sonnino-Seite zu schreiben.
Der Grund dafür: Kerstin schreibt nicht nur gern für Kinder,
sie freut sich auch sehr über eigene Kinder. Ende März hat
sie ihr zweites Kind - Sonja - bekommen. Wir freuen uns alle
sehr über das „Sonnenkind“ und gratulieren ihr - sicher
auch in eurem Namen - herzlich.
Versprochen bleibt jedoch versprochen! Vielleicht schon in der
nächsten Ausgabe werdet ihr mehr zur Solarzelle erfahren.
Das ist Sonja!
Lesetipp für Kinder
„Puh, ist es heute wieder heiß draußen, ich schwitze so“, stöhnte der
kleine Martin. „Kann die Sonne ihre Wärme nicht an andere abgeben?“
Klar kann sie das, aber ob dir dann
kühler wird, ist so eine Sache. Mia und
Jakob können dir zeigen, was man alles
mit der Sonnenwärme machen kann:
heizen, Wasser erwärmen.......
Mia und Jakob, so heißen die beiden
Kinder in dem Pixibuch „Ein Sonnenhaus
für Mia und Jakob“.
Wenn du mehr über die Sonnengeschichte wissen willst, bestelle dir
schnell ein kostenloses Exemplar bei der Energieagentur NRW unter
der Telefonnummer 0202-245520 oder 0202-2455299 oder per
eMail [email protected]
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Tagungsbericht
Der Land- und Forstwirt als Energiewirt
Kritischer Kommentar zur 7. EUROSOLAR-Konferenz im Februar 2005
Von Petra Hörstmann-Jungemann
Es ging um Konzepte zur Nutzung
von Biomasse und deren gesetzliche
Rahmenbedingungen. Viele Referenten
berichteten über die vielseitige Verwendbarkeit der Biomasse im Energiesektor: als Biotreibstoffe im Verkehrssektor (Pflanzenöl, Bioethanol, Biodiesel, Biomethan oder synthetische Biokraftstoffe), zur Prozess- und Raumwärmeerzeugung (Biogas, Holz, auch
in Stück- und Pelletform ...) oder zur
Stromproduktion (Biogas, Holzhackschnitzel, Pflanzenöl...)
Besonders hervorgehoben wurde,
dass die Biomasse regional aufbereitet
und auch genutzt werden kann. So forderten einige Referenten (Bärbel Höhn
Umweltministerin NRW, Dr. Heinz
Kopetz, u.a.), dass die Land- und Forstwirte die Chance der regionalen Aufbereitung nutzen und entsprechende dezentrale Energiestrukturen z. B. mit Hilfe von kommunalen Energieversorgern
aufbauen sollten. Dabei sollten die
Landwirte nicht nur den Rohstoff Biomasse produzieren, sondern auch zum
Anbieter von Energie werden. Dies stärke die örtliche Wirtschaft und schaffe
Arbeitsplätze.
Hierzu ein Kommentar
Es gab eine Fülle interessanter Detailinformationen zum Einsatz von Biomasse im Energiesektor. Die Diskussion der grundsätzlichen Fragen kam zu
kurz: Welche Aufgaben kann die Bioenergie mit Rücksicht auf ihr begrenztes Potential in einer auf Erneuerbare
Energien umgestellten Energiewirtschaft nachhaltig wahrnehmen? Mit
welchem Potenzial ist zu rechnen? Ist
die Ertragsfähigkeit der Böden auch
langfristig gesichert?
Biomasse, eine unerschöpfliche
Energiequelle?
Nach den Vorgaben der Europäi38
schen Union (EU) sollen bis 2010 neun
Prozent der Energie aus Biomasse gedeckt werden. Dies entspricht immerhin einem Flächenbedarf von 12,5 %
der landwirtschaftlichen Nutzfläche Europas (EU15). Derzeit gibt es in der
EU noch eine Überproduktion an landwirtschaftlichen Produkten. Diese, so
einige Referenten, sollte in den Energiesektor umgelenkt werden und zusätzliche Flächen von ca. 7 % aus der
Flächenstilllegung könnten aktiviert
werden. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln würde dadurch nicht gefährdet. Darüber hinaus
lieferten die Wälder noch ungenutzes
Holz, welches ebenfalls zur Energieerzeugung herangezogen werden könne.
Was kommt jedoch nach Erreichung
des EU-Ziels, dass ja nur eine Etappe
auf dem Weg zu einer regenerativen
Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien darstellt? Land- und forstwirtschaftlich nutzbare Flächen sind begrenzt und nicht beliebig vermehrbar.
Die naheliegende Frage wie in einem
zukünftigen Interessenkonflikt zwischen den drei konkurrierenden Nachfragegruppen Lebensmittel, Rohstoffe
und Energie entschieden werden wird,
wurde nicht ausreichend thematisiert.
Energiepflanzenanbau gÖkologisch vertretbar?
Die verstärkte Nutzung der Biomasse zur Energieerzeugung sollte nach
Überzeugung von Dr. Harry Lehmann
(Umweltbundesamt) auf jeden Fall
nachhaltig angelegt sein, um die angestrebten wirtschaftlichen und politischen Ziele zu erreichen. Es solle keinen Ausbau der Biomasse um jeden
Preis geben. Eine Betrachtung und Einbeziehung vieler Aspekte wie z. B. Ressourcenverbrauch, Gesundheit, Flächeninanspruchnahme, Wirtschaftskreisläufe, Arbeitsplätze u. a. über die
gesamte Nutzungskette von Biomasse
Petra HörstmannJungemann
ist Diplom-Agraringenieurin und
seit 3 Jahren
Mitarbeiterin der
SFV-Bundesgeschäftsstelle.
zur Energieerzeugung sei wichtig.
Ein Aspekt der nachhaltigen Nutzung
der Biomasse ist m. E. auch die Gewährleistung geschlossener Nährstoffkreisläufe. In den Vorträgen der Referenten fand dieser Punkt eine zu geringe Beachtung. Wird etwa Bioenergie
(synthetischer Biokraftstoff (Sunfuel),
Strom, u. a.) nach dem Carbo-V-Verfahren der Firma Choren (siehe Anlage
1) aus Biomasse hergestellt (Dr. Bodo
Wolf, Choren Industries), so verbleibt
ein Teil der mineralischen Bestandteile
der Pflanze letztlich im Schlackengranulat, wo sie wasserunlösbar gebunden
werden. Sie fehlen dann im Nährstoffkreislauf.
In diesem Zusammenhang muss auch
die Entnahme von Restholz (Wipfel,
Äste) aus den Wäldern m. E. als problematisch angesehen werden, obwohl
diese von einigen Referenten befürwortet wird (z. B. Dr. Thomas Griese,
Staatssekretär im Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz des Landes
NRW; Dr. Heinz Kopetz, Direktor der
Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark, Österreich u. a.).
Nutzt man das Restholz, Stroh oder
auch die ganze Pflanze zur Energieproduktion, so wird auch den heterogenen
Organismen ein Teil ihrer Nahrungsgrundlage entzogen, entsprechend können sie sich nicht so gut entwickeln.
Es muss bei der Entnahme auf das empfindliche Ökosystem des Waldes und
Feldes Rücksicht genommen werden,
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Tagungsbericht / Rezension
um eine Gefährdung der Bodenfruchtbarkeit und somit auch der Ertragsfähigkeit der Böden zu vermeiden, sonst
ist die Grundlage der zukünftigen Energiegewinnung bereits im Ansatz gefährdet. Ein sparsamer Umgang mit
dem Rohstoff Biomasse ist also notwendig. Dieser Aspekt sollte m. E. bei
dem Konzept von Prof. Konrad Scheffer (siehe Artikel im Solarbrief 3/02),
Universität Kassel, stärker einbezogen
werden. In dem genannten Konzept
wird der Anbau von speziellen Energiepflanzen zur Nutzung der ganzen
Pflanze mit möglichst hohen Erträgen
favorisiert. Im Vergleich zum herkömmlichen Anbau, z.B. Raps zur
Pflanzenölproduktion, können zwar
höchstmögliche Nettoenergieerträge
pro Flächeneinheit erzielen werden. Ob
die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit
langfristig gesichert ist, wurde nicht thematisiert.
tische Biokraftstoffe wie Sunfuel (s.
Anlage 1) bereits ein hoher Energieeinsatz für dessen Herstellung eingeplant.
Ist es nicht sinnvoller, Biokraftstoffe
mit möglichst geringem Energieeinsatz
bei der Herstellung einzusetzen, weil
die land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche, aber auch die Böden in ihrer
Ertragsfähigkeit begrenzt sind?
Dies bedeutet aber auch, mehr energiesparende Verbrauchskonzepte von
Bioenergie einzusetzen. Man denke nur
an den Einsatz energiesparender Kraftfahrzeugtechnik (Unter-1-Liter-Auto).
Leider wurden andere Nutzungskonzepte, die auf der gleichen Fläche Nahrungsmittel oder Rohstoffe UND Energie erzeugen (z. B. Leindotter als Ölpflanze im Mischfruchtanbau mit einer
Herstellung von synthetischen Biokraftstoffen (BtL) nach dem
Carbo-V-Verfahren der Firma Choren:
Biomasse wird über verschiedene Verfahrensschritte in Synthesegas zerlegt,
welches dann z. B. zur Herstellung von flüssigen Kraftstoffen über das
Fischer-Tropsch-Verfahren zur Verfügung steht. Es sind viele Reinigungsschritte erforderlich, bis man ein sauberes Endprodukt, zum Beispiel „Sunfuel“
erhält. Neben Abgasen erhält man als Rückstand ein Schlackegranulat, in
dem die mineralischen Bestandteile der Pflanzen wasserunlöslich (und damit
nicht wiederverwendbar) eingebunden sind. Dieses soll als Baustoff eingesetzt werden. Weitere Informationen unter www.choren.de.
Zusätzlich wird in seinem Konzept
zur Biomassebereitstellung für synthe-
Geothermie in NRW
Informationen zu einer CD-ROM des Geologischen Dienstes NRW und der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW
Von Petra Hörstmann-Jungemann
Der Geologische Dienst NRW hat
eine CD-ROM „Geothermie - Daten
zur Nutzung des oberflächennahen geothermischen Potenzials (Basisversion)“herausgegeben.
Die Energie aus dem Erdinneren,
auch Geothermie genannt, wird zu den
Erneuerbaren Energien gezählt, da sie
nach menschlichem Ermessen unerschöpflich ist. Mit der heute zur Verfügung stehenden Technik (Erdwärmesonde) ist es möglich, die relativ niedrigen Temperaturen in den oberen Erdschichten zur Beheizung von Gebäuden zu nutzen. Vor dem geplanten Einsatz dieser Technik sind aber umfassende Kenntnisse über den geologischen Untergrund und über das oberflächennahe geothermische Potenzial
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
notwendig.
CD-ROM - Basisversion
„Geothermie - Daten zur Nutzung des oberflächennahen
geothermischen Potenzials“,
2. überarbeitet Auflage,
2004, 10 Euro, ISBN 386029-706-6
CD-ROM - Professional für
Planungsbüros
ISBN 3-86029-707-4, 348,00 Euro
Geoshop-Vertrieb des Geologischen Dienstes NRW
De-Greiff-Str. 195, 47803 Krefeld
Tel.: 02151-897-210, Fax: 02151-897-428,
email: [email protected]
http://www.gd.nrw.de/g_cdgt1.htm
Entsprechende Daten
stehen dem Interessierten
auf der CD-ROM zur
Verfügung. Mit Hilfe
dieser Daten ist es möglich, an jedem Standort in NRW die
Nutzung von Geothermie zu beurteilen: Auf einer Karte mit topographischem Hintergrund besteht für den Nutzer die Möglichkeit, die geothermische
Ergiebigkeit des Untergrundes in einer
Tiefe bis zu 100 Meter unter seinem
Gebäude anzeigen zu lassen. Das Kartenwerk gibt zusätz1ich Hinweise zu
dem Untergrundaufbau und zu einigen
örtlichen Besonderheiten wie z. B. Wasserschutzgebiete, Mineralwasserquellen, Methanaustrittsgebiete, zur Genau-
igkeit der Daten usw., die zu einer mögNahrungsmittelpflanze),
den Refelichen Einschränkung dervon
Nutzung
der
renten
nicht
aufgegriffen.
Geothermie führen können.
In der auf der CD befindlichen Fachinformation erhält der Nutzer auch ein
Basiswissen über die Geothermie, aber
auch Informationen zu erforderlichen
Genehmigungverfahren und anderen
Bestimmungen wie z. B. aus dem
Wasser- und Bergbaurecht. Die Arbeit
mit dem Kartenmaterial ist für einen
Laien ungewohnt, deshalb wäre es sinnvoll, wenn bereits beim Start der CD
ein kurzer Leitfaden zur Handhabung
angezeigt würde.
39
Nachrichten / Kommentare
Stadtwerke Walldorf zahlen höhere Einspeisevergütung
Wer in Walldorf (südl. von Frankfurt) Solarstrom erzeugt, erhält eine
wesentliche höhere Einspeisevergütung
als im EEG festgeschrieben. Ein Förderprogramm der Stadtwerke Walldorf
möchte die Installation von dezentralen Solarstromanlagen bis zu einer Größe von 3 kWp ankurbeln: Anlagen, die
in Walldorf bis zum 31.03.05 angeschlossen werden, erhielten 90 Ct/kWh,
ab 01.04.05 werden 85 Ct/kWh gewährt, ab dem 01.07.05 80 Ct/kWh.
Die Vergütungen sind für 20 Jahre zzgl.
der Monate des Inbetriebnahmejahres
festgeschrieben. Die ersten 3 kWp einer Anlage werden mit der erhöhten
Einspeisevergütung gefördert, für alle
weiteren kWp gelten die EEG-Vergütungssätze.
Über die Vergütungssätze für 2006
entscheidet der Aufsichtsrat der Stadtwerke Walldorf im September 2005.
Die Fördermaßnahmen sind an Bedingungen geknüpft, die in einem Einspeisevertrag festgehalten werden. z. B.:
- Es wird nur eine Anlage pro Walldorfer Bürger und pro Dach gefördert.
- Firmen sind nicht förderberechtigt.
- Der Betreiber muss über die gesamte
Förderlaufzeit den Strombedarf bei den
Stadtwerken Walldorf decken.
- Weitere Förderprogramme dürfen
nicht genutzt werden.
- Die Messeinrichtung muss von den
Stadtwerken gestellt und abgelesen
werden.
Wenn ein Einspeisevertrag ausnahmsweise positive Elemente enthält, muss der Anlagenbetreiber selber abwägen, ob er ihn ausnahmsweise unterschreiben will.
Bei den meisten anderen Netzbetreibern enthalten Einspeiseverträge
Klauseln, die den Einspeiser schlechter stellen als es der Gesetzgeber im
EEG festlegt. Wir empfehlen dort,
auf dem im EEG § 12 Absatz 1 festgeschriebenen Recht zu bestehen, keinen Vertrag abzuschließen. (SJ)
Quelle
Stadtwerke Walldorf GmbH, Tel.: 06227-8288-0,
[email protected],
www.stadtwerkewalldorf.de
Sonnen-Lehrpfad
Rolf Welker, Stadtrat und engagierter Förderer Erneuerbarer Energien aus
Rheinstetten, entwarf im Jahr 2001
zwölf Schautafeln, die - in Städten und
größeren Gemeinden aufgestellt - als
Sonnen-Lehrpfad dienen sollten. Im
Solarbrief 2/01 berichteten wir über den
Beginn dieser Initiative.
Seit dieser Zeit wurde der SonnenLehrpfad nicht nur dankbar angenommen: Nach der Erst-Installation in
Rheinstetten im April 2001 folgten Installation in z. B. Stuttgart, Freiburg,
Hanau, Karlsruhe, Insel Mainau. Der
Sonnen-Lehrpfad wurde
weiterentwickelt und im Internet unter www.via-sol.de
sehr anschaulich und detailliert präsentiert.
Aus
Altersgründen
möchte Herr Welker dieses
Projekt jetzt in jüngere
Hände legen. Wer Interesse hat, wendet sich bitte an
die Kontaktadresse. (SJ)
Fotos: Via-Sol
Kontakt
Rolf Welker, St.-Ulrichstr. 14, 76287 Rheinstetten
Tel.: 07242-953402, [email protected]
EEG in China verabschiedet
Wir berichteten bereits im Solarbrief
3/04 über die Einbringung eines Gesetzes zur Förderung Erneuerbarer Energien in den chinesichen Gesetzgebungsprozess. Nach einer Pressemitteilung
der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat am
Montag, den 28. Februar 2005, der Na-
40
tionale Volkskongress in Peking dem
Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien zugestimmt. Das Gesetz soll am
1. Januar 2006 in Kraft treten. Die Einspeisetarife werden nach Informatio-
nen der GTZ über Verordungen bestimmt, bei deren Ausgestaltung sie
die chinesische Regierung im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) beraten werden.
(PHJ)
Quelle
Deutsche Gesellschaft f. Techn. Zusammenarbeit (GTZ),
Pressemitteilung vom 04.März 2005
http://www.gtz.de/de/aktuell/news/6070.htm
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Nachrichten / Kommentare
BMU-Jugendwettbewerb 2005
Nach dem großen Erfolg im letzten
Jahr wurde vom Bundesministerium für
Umweltschutz, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) im Februar die
zweite Runde des Wettbewerbs „Jugend
mit unendlicher Energie - schützt das
Klima“ eröffnet. Gemeinsam mit Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbarer Energien sollen in einer bundesweiten Aktion Jugendliche an Schulen
Projekte zu Sonne, Wasser, Wind, Biomasse und Geothermie entwickeln. Unterstützt wird diese Jugendaktion auch
in diesem Jahr wieder vom Bundesverband Erneuerbare Energien e.V. (BEE).
2004 hatten sich über 4000 SchülerInnen mit rund 600 Projekten beteiligt.
Über die neue Staffel der Jugendaktion kann man sich im Internet unter
www.unendliche-energie.de informieren. Dort stehen rund 350 Unterneh-
men und Einrichtungen als Projektpartner für gemeinsame Initiativen
zur Verfügung. Unterrichtsmaterialien, die Wissenwertes über die Erneuerbaren Energien vermitteln sollen, sind abrufbar. Die besten Projekte werden im Oktober vorgestellt
und mit einem Pokal und Sachpreisen prämiert. (SJ)
Informationen
www.unendliche-energie.de
REN-Förderung 2005
Seit dem 31. Januar gelten die neuen
Richtlinien des REN-Programmes 2005
des Landes NRW.
Auch in diesem Jahr können wieder
Fördermittel für Photovoltaik-Projekte
an Schulen, Kindergärten, wissenschaftlichen, kirchlichen und karitativen Einrichtungen, für dach- und fassadenintegrierte Solarsysteme sowie für
Gemeinschaftsanlagen beantragt wer-
den. Eine Kombination mit anderen
Fördermitteln bleibt weiterhin möglich.
Antragsformular und Richtlinien kann
man beim Institut für Landes- und
Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen Dortmund (s. u.) oder im Internet unter w w w . r e n breitenfoerderung.nrw.de erhalten.
(SJ)
Antragsstelle
Inst. f. Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen NRW Dortmund, Ruhrallee 1-3, 44139 Dortmund,
Tel.: 01803-100110, Fax: 0231-2868302,
[email protected], www.ren-breitenförderung.nrw.de
Zur Veröffentlichung der dena-Netzstudie
Am 24. Februar wurde die Endfassung der Studie „Energiewirtschaftliche Planung für Netzintegration von
Windenergie in Deutschland an Land
und Offshore bis zum Jahr 2020“ von
der Deutschen Energie-Agentur GmbH
(dena) im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Schon im Vorfeld der
Veröffentlichung führten vielfältige
(Fehl-)informationen der eventuellen
Studienergebnisse zu umfangreichen
Diskussionen in Politik und Presse. Der
Grund dafür liegt auf der Hand: dena
packt mit ihrer Studie ein wirklich „heißes Eisen“ der Stromwirtschaft an.
Schon seit vielen Jahren wird dort gebetsmühlenhaft argumentiert, dass die
Netzintegration der Windenergie zu
wirtschaftlich unzumutbaren Kosten
führen würde.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Die Ergebnisse der Studie sind durchaus erfreulich: Unter der Annahme, dass
ca. 20 % der Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien gedeckt wird,
kann die Versorgungssicherheit auf dem
heutigen hohen Niveau gewährleistet
werden. Voraussetzung dafür ist, dass
das Netz ausgebaut wird (5 % auf der
Höchstspannungsebene) und begleitende Maßnahmen eingeleitet werden. Die
Mehrkosten für dieses Gesamtpaket
„Ausbau der Windenergie“ sind akzeptabel: Laut Berechnungen der dena betragen die windbedingten Kostenstei-
gerungen für einen Privathaushalt im
Zeitraum 2003 bis 2015 nur etwa
0,4 - 0,5 Ct/kWh. Neben der Einsparung von Brennstoffkosten fließen
in die Berechnungen ebenso Reduzierungen der Kapitalkosten im Bereich der konventionellen Kraftwerke sowie die Mehrkosten der Einspeisevergütungen ein.
Der Ausbau der Windenergie ist
also in Bezug auf die Haltbarkeit der
Versorgungssicherheit und die Finanzierbarkeit absolut tragbar. (SJ)
Internet- Download
Die gesamte Studie steht im Internet unter
www.deutsche-energie-agentur.de in der Rubrik „Pressemeldungen“ zum Downloaden zur Verfügung.
41
Nachrichten / Kommentare
Windstrom „entsorgen“?
Würde man die „Unverschämtheit
des Jahres“ küren, so hätte E.DIS große Chancen, auf einen der ersten Plätze
zu gelangen. Im aktuellen E.DIS-Magazin 1/05 nämlich finden sich in einem Bericht über den Ausbau der
Windenergie folgende spektakuläre
Formulierungen:
„ ... Inzwischen ist die Strom-“Entsorgung“ in erheblichen Teilen des
E.DIS-Gebietes in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zu einer
anspruchsvollen Aufgabe geworden.
Um es genauer zu sagen: der Abtransport von regenerativ erzeugtem Strom
aus Regionen, in denen wegen der erheblichen Höhe der Einspeisungen
nicht mehr verbraucht wird...“
Wir sind empört! Dieser Hetzkampagne gegen Erneuerbare Energien
muss Einhalt geboten werden!
Der Einspeisung von regenerativ erzeugtem Strom wird im ErneuerbarenEnergien-Gesetz aus umweltpolitischer
Sicht zu Recht ein unbedingter Vorrang erteilt. Die Stromerzeugung in fossilen Kraftwerken muss zugunsten Erneuerbarer Energien gedrosselt werden.
Strom aus Erneuerbaren Energien
(EE) aufgenommen werden kann.
Aus Gründen der Versorgungssicherheit müssen umfassende Investitionen getätigt werden, um die dezentrale Aufgabe des Energie-Einsammelns genau so gut bewältigen zu
können wie die Aufgabe des Energie-Verteilens.
Sollte zeitweilig ein Überangebot
an regenerativem Strom entstehen,
so könnten Stromspeicher zur AnNetzbetreiber sind zudem gesetzlich
wendung kommen. (siehe Artikel
(und moralisch) verpflichtet, das Netz
„Standortfaktor: Sicherheit der
so zu ertüchtigen, dass der erzeugte
Stromversorgung“ Seite 22. Ein
Stromspeichergesetz (Solarbrief 2/
04) könnte die rechtliche Grundlage
Quelle
für ein solches Vorhaben liefern. (SJ)
E.DIS Kundenzeitschrift 01/05 Seite 7: „Mehr als 2000
Megawatt Windenergie im E.DIS-Netz, Download unter
www.e-dis.de/html/0138_kundenzeitschrift.html
Wirtschaftsminister Clement verbreitet Pessimismus zu Erneuerbaren Energien
Man fühlt sich an den tiefgründigen
Scherz erinnert, wonach ein Optimist
das Glas halb voll, ein Pessimist hingegen das selbe Glas als halb leer ansieht:
Nach den Worten von Wirtschaftsminister Clement wird der Ausbau der
Erneuerbaren Energien deutlich teurer
als geplant. Allein die Kosten für die
Einspeisung von Ökostrom würden von
heute 1,4 Milliarden auf 5,4 Milliarden
Euro im Jahr 2015 steigen.
Warum so pessimistisch? Natürlich
werden die Kosten für die Einspeisung
von Strom aus Erneuerbaren Strom steigen - aus dem einfachen Grund, weil
immer mehr Strom aus Erneuerbaren
Energien eingespeist wird.
Auf der anderen Seite - und das ist
wohl der eigentliche Grund für die Verdrossenheit von Kohlefreund Wolfgang
Clement - auf der anderen Seite also
wird die Erzeugung von Strom aus
Kohle und Atom im gleichem Maße
zurückgehen!!! Sogar die Zahl der
konventionellen Kraftwerke wird
sich verringern!
Wie sagt der Volksmund so treffend: „Dem Einen sin Uhl ist dem
Anderen sin Nachtigall!“ Der Solarenergie-Förderverein Deutschland
e.V. begrüßt ausdrücklich diesen Er-
Größte Windkraftanlage der Welt
Anfang Februar wurde in Brunsbüttel eine 5-MW-Windkraftanlage der Firma REpower AG in Betrieb genommen. Sie ist die derzeit größte und leistungsstärkste Windkraftanlage der
Welt. Die Brunsbütteler Anlage kann
jährlich ca. 17 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Diese Strommenge reicht aus, um 4500 Privathaushalte jährlich mit Strom zu versorgen.
Sie spart ca. 10.000 Tonnen klimaschädliches CO2 pro Jahr ein. Als
Prototyp für Offshore-Anlagen (Anlagen auf hoher See) soll sie künftig
Erfahrungen im 5-Megawatt-Bereich
liefern. Sie ist eine von drei Windkraftanlagen der 5-MW-Klasse in
Deutschland, die seit Ende 2004 von
jeweils verschiedenen deutschen Anla-
folg des Erneuerbare-Energiengenherstellern in Betrieb genommen
Gesetzes.(vF)
worden ist. (SJ)
Quelle
REpower Systems AG, www.repower5m.de
42
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Nachrichten / Kommentare
(Fast) jede 10. Kilowattstunde
aus Erneuerbaren Energien
Nach einer Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums ist der Anteil
der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch im Jahr 2004 um fast ein
Fünftel auf 9,3 % gegenüber 7,9 % im
Vorjahr angewachsen.
Diese Entwicklung ist vor allem auf
den deutlichen Zuwachs der Windenergie zurückzuführen. Die Windkraft
hat im Jahr 2004 erstmals die Wasserkraft überholt. Sie trägt mittlerweile mit
44% zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien bei, die Stromerzeugung
aus Wasserkraft hat sich bei rund 38 %
stabilisiert.
Jedoch auch in anderen Bereichen
sind enorme Zuwachsraten zu verzeichnen. Eine besonders dynamische Entwicklung gab es bei Solarstromanlagen, die mit einem Zubau von 300 Megawatt in 2004 die in Deutschland gesamt installierte Leistung auf mittlerweile 700 Megawatt anwachsen ließ.
Ebenso stabilisiert habe sich der ther-
Anteil am Endenergieverbrauch 2004 in %
Strom
2004
2003
Wasserkraft
3,5
3,5
Windenergie
4,2
3,2
Biomasse
1,6
1,2
Photovoltaik
0,1
0,1
Gesamt
< 0,1
9,3
2004
2003
3,9
3,8
0,2
0,2
0,0
0,11
0,11
7,9
4,2
4,1
Solarthermie
Geothermie
Wärme
Kraftstoff
2004
2003
1,6
0,9
1,6
0,9
Quelle: Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik (AGEE-Stat), Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), Arbeitsgruppe Energiebilanzen (AGEB): erste vorläufige Abschätzungen, Stand Februar 2005
mische Solarmarkt, der mit einer bisher installierten Kollektorfläche von
mehr als sechs Millionen Quadratmetern zu Buche schlägt.
Auch die Stromerzeugung aus fester
Biomasse und aus Biogas konnte mit
rund 50 % einen starken Anstieg verzeichnen. Das gleiche gilt für den
Absatz von Biokraftstoffen, der von
650.000 auf nunmehr rund eine Million Tonnen ebenfalls um etwa 50 %
zunahm. (SJ)
Quelle
BMU-Pressemitteilung 039/05 vom 22.02.2005
Steigende Strompreise - eine Chance für Strom aus Erneuerbaren Energien.
Nach einem Bericht auf den Internetseiten von www.oekonews.at sind
die Strompreise an den europäischen
Märkten im Februar dieses Jahres stark
gestiegen. Über mehrere Tage lagen die
Großhandelsnotierungen am Spotmarkt
der Strombörse in Leipzig bei ca. sechs
Cent je Kilowattstunde. Dieser Wert
ist fast doppelt so hoch wie im Mittel
des Jahres 2004. Neben den gestiegenen Energiepreisen für Öl und Gas
spielte aber auch die verstärkte Nach-
frage aus Frankreich eine bedeutende
Rolle. Bedingt durch die kühle Witterung im Februar musste mehr geheizt
werden; in Frankreich geschieht dies
in vielen Landesteilen mit Strom. So
musste Deutschland in der Kälteperiode Strom an Frankreich liefern, entsprechend kam es auch auf dem deutschen Markt zu einer Verknappung
Interessant ist, dass Strom aus Windkraft bei diesen Preisen bereits günsti-
ger ist als Strom aus Kohle oder Atom:
denn nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz wird Strom aus Windkraftanlagen an guten Standorten nach fünf
Jahren mit ca. 5,4 Cent je Kilowattstunde vergütet (siehe EEG, § 10).
Da davon auszugehen ist, dass Strom
in den nächsten Jahren teurer wird, wird
regenerativ erzeugter Strom, vor allem
aus Windkraft immer konkurrenzfähiger werden. (PHJ)
Solaranlagen auf Asbestdächern
In der am 01.01.05 in Kraft getretenen neuen Gefahrstoff-Verordnung
(GefStoffV) ist in § 18 ein Asbestverarbeitungsverbot festgeschrieben.
Die Installation von Solaranlagen auf
Asbest-Zementdächern muss deshalb
im Einzel-Genehmigungsverfahren bei
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
den zuständigen Baubehörden beantragt
werden. Die Genehmigung erfolgt nach
GefStoffV, auf dessen Grundlage nur
solche emissionsarme Verfahren bei der
Anbringung der Solaranlage möglich
sein können, die behördlich und berufsgenossenschaftlich anerkannt sind
(z. B. Einsatz einer Spezialbohrmaschine mit Absaugung, festgeschriebene
Anzahl von Bohrlöchern).
Zuwiderhandlungen können strafrechtlich verfolgt werden. Höchststrafe: 5 Jahre Gefängnis. (SJ)
43
Leserbriefe
Zu „Psychologie der
Wirtschaftsreformen“
E-Mail von Carl-Josef Kutzbach
Es gibt noch ein weiteres Argument
gegen „billige Energie“: Je billiger die
Energie, desto billiger werden weite
Transporte, desto mehr Arbeitsplätze
können an Orten produziert und veredelt werden, die niedrigere Löhne haben. Das bedeutet aber gleichzeitig Arbeitsplatzverluste hier, sowie zunehmende Belastung der Bürger und der
Umwelt durch Verkehr. Arbeitsplatzverluste bedeuten aber, dass die Binnenkonjunktur lahmt, denn wer nichts
verdient, kann weniger einkaufen. Billige Energie verschärft also die gegenwärtige Krise.
Abrechnungsgebühren
Leserbrief von Friedhelm Hillienhoff
Meine jahrelange Auseinandersetzung mit dem E-Werk „Wesertal“ - jetzt
E.ON Westfalen-Weser - hat jetzt durch
Ihre Infos zu einer Einigung geführt,
die ich Ihnen gern zugänglich machen
möchte: Im Jahr 2001 hatte ich dem EWerk mitgeteilt, dass ich wegen des
hohen Verrechnungspreises (54,- DM
pro Jahr) einen eigenen Zähler einbauen lassen und die Rechnung selbst aufstellen wollte. Die Antwort von „Wesertal“: Wir stehen auf dem Standpunkt,
dass uns durch die Pflicht der Abnahme des eingespeisten Stromes und der
Vergütung neben den reinen Zählerkosten auch Kosten der Abrechnung und
der internen Verwaltung dieser Anlagen entstehen. Diese Kosten ... entfallen nicht, wenn der Einspeiser einen
eigenen Zähler einbaut.“
Weiterer Schriftverkehr brachte keinerlei Bewegung, bis ich Anfang 2005
Ihren Artikel „Abrechnungsgebühren“
von Susanne Jung (Solarbrief 4/2004)
zur Begründung meines Anliegens an
E.ON schickte. Die (verblüffende) Antwort: „ ... aus dem uns freundlich von
Ihnen überlassenem Artikel geht eindeutig hervor, dass wir berechtigt sind,
von Ihnen Mess- und Verrechnungskosten zu verlangen, wenn wir entsprechende Dienstleistungen erbringen. Da
wir diese unbestreitbar erbracht haben,
sehen wir keine Veranlassung...“
Stromkabel jemand anderer verantwortlich ist? Das klingt besorgniserregend.
Nach meinem Widerspruch und klärenden Telefonaten mit E.ON kamen
heute die entscheidenden Sätze: „ ...
werden wir zustimmen ... Damit entfallen ab dem Zeitpunkt des Zählertausches unsere Ihnen in Rechnung gestellten Mess- und Verrechnungskosten.“
Mitgliederzahlen im
Rechenschaftsbericht
Für Ihren Anteil an diesem Ergebnis
möchte ich Ihnen meinen Dank sagen
und grüße Sie freundlich.
Reaktion auf den EVUKommentar zur Strombezug-Endabrechnung
Von Gertrud von Ciriacy
„Ihrer Jahresverbrauchsabrechnung
hängen Sie eine „Zusatzinformation zur
Rechnung“ an. Bitte lassen Sie mich
wissen, was ich damit anfangen soll.
Ich habe im Jahr 2004 einen Gesamtbetrag von 728,10 Euro an Sie zu
zahlen. Sie informieren mich, dass dieser Betrag 401,19 Euro beinhaltet: für
Netznutzung/Messung/KWK-Gesetz/
Konzessionsabgabe/EEG. Es verbleiben
Ihnen also 326,91 Euro.
Ich nehme an, dass Sie mein Mitleid
erregen wollen, weil Ihnen von mir angeblich nur eine so geringe Summe übrig bleibt.
Aber was gehen mich Ihre Kosten
an? Wenn ich beim Bäcker kaufe, wird
er mir auch nicht auf dem Kassenzettel
ausdrucken, was ihn das Mehl oder die
Hefe kostet? Sind Sie Kaufleute, oder
was sind Sie? Was geht den Kunden
Ihre Kalkulation an? Was interessiert
es mich, wem und wofür Sie Konzessionen zahlen? Oder Netznutzung?
Wem gehört denn Ihr Netz? Ich hätte
gedacht, es gehört Ihrem Unternehmen.
Heißt das stattdessen, dass für Ihre
Mit freundlichen Grüßen“
E-Mail von Dietrich Gärtner
Im Rechenschaftsbericht heißt es:
„Zu den Haupt-Austrittsgründen gehören finanzielle Probleme. Austritte aus
Protest gegen die Vereinslinie sind extrem selten.“ Darf ich hinzufügen, dass
ich i erheblichem Maße gegen die Vereinslinie unseres SFV bin und dass ich
beabsichtige, aber nicht als Protestler
auszutreten. Der SFV bietet ohne jede
Linie eine Fülle von Informationen; Informationen sind kein Schulterklopfen
als Bestätigung, dass man ja selbst
schon immer alles richtig wußte.
Schließlich kann man nur als Mitglied
feststellen, ob man überhaupt eine Linie hat.
Ich bin im Verein, weil ich die Solarenergie schlicht und einfach fördern
möchte, und das, weil ich sie für die
Zukunft in hohem Maße für sinnvoll
halte. Gewiss kann ich mich irren. Darum wünsche ich mir, dass es im Verein
auch immer offene und erklärende Worte gibt. Man kann sie als einfacher
Mensch aber nicht erzwingen. Darüber
hinaus habe ich von unserem Vorstand
und den Stellvertretern den Eindruck,
dass sie durchaus etwas aufbauen; dann
aber wieder dagegen arbeiten und das
Geschaffene auch wieder zerstören. So
wird „Sein (Herrn W. v. Fabeck) unermüdliches ganztägiges Engagement für
die Einführung Erneuerbarer Energien“
gelobt. Auch für mich ist seine Arbeit
unbestritten. Aber im Solarbrief sehen
wir „Wolf v. Fabeck am Steuer seines
Pflanzenölautos“. Auch ich halte das
für sinnreicher als die Autos, die unsere anderen SFV-Vorstände und Stellvertreter vermutlich fahren. Doch hat
ein Pflanzenölauto wohl auch nichts
mit der Solarenergieförderung zu tun.
„Ein Elektroauto, das Ökostrom
Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.
44
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Leserbriefe
tankt, ist an Energieeffizienz nicht zu
übertreffen - auch nicht vom Brennstoffzellenantrieb. Es verursacht weder
Schadstoffemissionen noch Treibhausgase, macht kaum Lärm und beschert
ein angenehmes Fahrgefühl.“
„Mit einer Energieversorgung aus
erneuerbaren Quellen sieht die Welt anders aus: Kein Antriebskonzept benötigt hier so wenig Primärenergie wie
das Elektroauto mit Akku.“
So halte ich es mehr mit der Photovoltaik und stimme so nicht mit der
Vereinslinie überein. Wie könnte die
Photovoltaik boomen, wenn sie zur
Luftreinhaltung durch den Verkehr und
damit gleichzeitig zur Schonung der
Reste der fossilen Energieressourcen
verwendet würde. Für mich eine wunderbare Symbiose, die Photovoltaik und
die Windenergie mit dem Elektroauto.
Und wie hieß es schon 1998: „Nach
einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums könnten heute 10 Millionen
PKW in Deutschland elektrisch fahren,
ohne dass nennenswerte Einschränkungen der Mobilität in Kauf genommen
werden müssten.“
Anmerkungen des SFV:
Unser in der Satzung festgelegtes
Vereinsziel ist es, „Umweltschutz durch
Förderung des Einsatzes von Erneuerbaren Energien, insbesondere der Sonnenenergie, sowie durch umweltschonende Nutzung und Einsparung von
Energie“ zu betreiben. Wir wollen eine
vollständige Umstrukturierung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien durchsetzen.
Dass unsere Bemühungen um die
Einführung der Pflanzenöltechnik im
Fahrzeugbau diesem Vereinsziel widersprechen, können wir nicht erkennen.
Es gibt vielfältige Wege, „nach Rom
zu gelangen.“ Ob nun die Nutzung von
Pflanzenöl oder die Nutzung von elektrischer (regenerativer) Energie im Verkehr günstiger ist, können wir nur beurteilen, wenn wir möglichst viel Informationen sammeln.
Freiflächenanlagen
Von Gunter Brandt, GUT e.V.
Nach mir vorliegenden Zahlen sind
mehr als 5 % der Landfläche Deutschlands technisch überbaut durch Wohngebäude, Gewerbebauten, Fabriken und
Fabrikanlagen, Parkplätze und Verkehrswege oder dergleichen.
Unterstellen wir eine mittlere Einstrahlung von 1.000 kWh/m² und Jahr
und einen mittleren Erntewirkungsgrad
heutiger PV-Anlagen von 10 % (in Zukunft kontinuierlich ansteigend bis zum
dann technisch-ökonomischen Optimum welches innerhalb der nächsten 3
Jahrzehnte = 1 Generation asymptotisch bei 20% ankommen dürfte), dann
lassen sich heute jährlich 100 kWh und
innerhalb einer weiteren Generation
voraussichtlich 200 kWh/m² ernten. Die
bereits der Umwelt abgerungenen technischen Flächen betragen in Deutschland also in erster Näherung >15.000
km², das sind 15 Milliarden m².
Werden als PV-würdig gegenwärtig
auch nur 10 % dieser Flächen angenommen (Tendenz steigend), so ergibt
sich ein PV-Flächen-Potenzial auf bereits nichtbiologisch genutzten Flächen
von 1,5 Milliarden m².
Mit PV-Generatoren heutiger Fertigung besteht dort ein Nutzungspotenzial von 150 Milliarden Watt = 150180 Gigawatt bzw. von ca. 150 Milliarden kWh/a. Das sind ca. 1/3 des heutigen deutschen Stromverbrauchs.
Gegenwärtig sind in Deutschland
aber kaum 1 Gigawatt installiert. Solange also auf technischen Flächen ein
vielfaches Potenzial gegenüber dem
jetzt genutzten besteht, sollte es verwehrt werden, Freiflächen für PV-Anwendungen in Beschlag zu nehmen und
damit die natürlichen Ressourcen weiter zu belasten.
Es ist daher meiner Ansicht nach eines der großen Webfehler des EEGGesetzes, dass Freiflächenanlagen nicht
von der Förderung ausgenommen wurden. Damit wurde ein wesentliches
Steuerungsinstrument vertan, mit dem
vornehmlich die Nutzung bereits „denaturierter“ Flächen und damit die Verbesserung ihrer ökologische Bilanz hätte vorangetrieben werden können. So
gibt es beispielsweise eine Vielzahl unbeschatteter Groß-Parkplatzflächen, die
städtebaulich äußerst unbefriedigend
genutzt und für PV-Anwendungen prädestiniert sind. Durch aufgeständerte
PV-Generatoren ergäbe sich sogar ein
Doppelnutzen: Energiegewinnung und
Schutzfunktion der geparkten Fahrzeuge und Nutzer vor der Witterung (Eis,
Schnee, Regen, Sonne).
Freiflächen-PV-Anlagen haben nach
meiner Uberzeugung nur in Wüstengebieten eine Berechtigung, wo z. B. im
Schatten aufgeständerter PV-Anlagen
Landbebauung oder Weidewirtschaft
ermöglicht werden kann. Bewässerung
würde ermöglicht mit Wasser aus Entsalzungsanlagen, die durch hybride Solaranlagen (Photothermisch-photovoltaisch) betrieben werden könnten. Stattdessen werden heute z. B. in arabischen Ländern fossile Brennstoffe für
die
Wasseraufbereitung
ver(sch)wendet.
Freiflächenanlagen
E-Mail von Günter Wind
Für die Argumente betreffend Freiflächenanlagen erhalten Sie von mir einen 5 min dauernden Applaus!
Fernwärme-Grundpreis
E-Mail zum Artikel Seite 29
von Alf Hänle
Zu Recht haben Sie auf den besagten
Umstand hingewiesen, der aber natürlich auch auf „Grundpreise“/ Anschlusswertberechnungen in Gaslieferverträgen sinngemäss Verwendung finden kann. Weiterhin, wenn Sie schreiben: „Vermutlich haben der Wärmelieferant und sein Anwaltsbüro eingesehen, dass für eine wärmegedämmte
Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Leserbriefe
Wohnung nur eine geringere Grundgebühr verlangt werden darf.“ so muss
man sagen: Von Einsicht keine Spur!
Aber wir wissen, dass die Fernwärme-Lieferer grundsätzlich die Grundkosten zu hoch ansetzen, nämlich mittels der vertraglichen Vereinbarung des
Wärmebedarfs nach DIN; dieser führt
nämlich grundsätzlich zu einem etwa
60 % zu hohen Leistungsanteil. Das
haben entsprechende Untersuchungen
einschlägiger Universitätsinstitute
schon vor langer Zeit bewiesen.
Deshalb akzeptieren z. B. aber die
hiesigen Stadtwerke Stuttgart klaglos
eine Kürzung der Grundpreise durch
den Kunden allein auf Grund des Hinweises auf diesen Fakt, wenn mit einem Gutachten (z. B dem Heizspiegel
Leute/Hengstenberg, Berlin) gedroht
wird.
Und ähnlich läuft es ja auch beim
Strom. Die Stadt Stuttgart hat deshalb
jetzt alle Fernwärmeverträge gekündigt
und macht auf Block-Heizkraftwerke.
Dadurch bleiben leider alle Leitungskosten des Fernwärmenetzes in Zukunft
an den übrigen Privatverbrauchern hängen.
Kommentar zum Artikel
„Emissionshandel...“,
Seite 8
E-Mail von Burkhard Petersen
Der SFV ist einer der nützlichsten
Vereine zur Verbreitung regenerativer
Energien, deswegen ist es schade, wenn
er in dieser Sache m. E. daneben liegt.
Also einfach mal entlang Ihrer Spiegelstriche:
(Anm. d. Red.:SFV-Text: kursiv):
Emissionshandel
- begreift Klimaschutz als eine Last
und erkennt nicht die wirtschaftliche
Chance zum Einstieg in innovative
Technologien.
Ja, endlich begreift das die „Weltgemeinschaft“ und die wirtschaftliche
Chance liegt doch darin, eine tatsäch-
lich absehbare Verknappung so früh
wie möglich zu monetarisieren, zum
Zweck der Förderung von Alternativen
- in erster Linie die Alternative des
Effizienzfortschritts.
- orientiert sich international jeweils
an der geringsten Minderungsbereitschaft und kommt deshalb zu völlig unzureichenden Reduktionszielen.
Ok., aber zum Preis, das erstmals
überhaupt ein internationaler Vertrag
abgeschlossen wurde; und jeder hat sein
Ziel so gesetzt, wie er es konnte und
wollte und - getrieben von seinen Umweltbewegungen - musste. Was verspricht mehr Erfolg, ein Erfolg der ersten Phase bis 2012 und damit ein Erfolg des Instruments, oder die Definition eines Ziels, über dessen „hinreichenden“ Inhalt auch wir keine Gewissheit
beanspruchen dürfen.
- ist nicht ausreichend international
kontrollierbar, da die Entdeckung von
Verstößen den kontrollierenden Institutionen und Staaten selber zum Nachteil gereichen würde.
So wie ich die Diskussion mitbekommen habe, gibt es zu keinem anderen
Instrument so große Anstrengungen des
Monitoring wie zum Emissionshandel.
Jeder Staat hat ein Mindestinteresse an
objektiver Statistik, selbst damit ist ein
Mindestmaß an Transparenz gegeben.
- ist nicht fehlertolerant (bereits geringe Fehler können seine Wirkung zunichte machen).
Da fehlt mir erstens der Nachweis
und zweitens der Vergleich.
- ist nicht nachhaltig. Verstöße können international nicht wirksam geahndet, die weitere Teilnahme nicht kooperativer Staaten kann nicht erzwungen werden.
Damit wirbt der Emissionshandel
doch nun ausdrücklich, dass ab einem
bestimmten Zeitpunkt Sanktionen verhängt werden (auf so was hat man sich
in Kyoto geeinigt, das ist doch großartig!). Und bitte Vorsicht mit Erzwingungen.
- blockiert, erschwert und konterkariert andere Anstrengungen zur CO2Minderung.
Warum? Mir sind keine Aussagen
bekannt, dass nun mit dem Emissionshandel die Ökosteuer oder das EEG
abgeschafft werden soll. Im Gegenteil
- mit den begleitenden Instrumenten
kann es doch bald so sein, dass ein
Emittend zu uns kommt, um sich mit x
Euro/MW an der PV-Anlage zu beteiligen, um so der Strafzahlung wegen
überschrittener Emissionskontingente
zu entgehen.
- mit seinem planwirtschaftlichen
Ansatz wird er der möglichen Dynamik
einer Innovationsoffensive nicht gerecht.
Das ärgert mich immer etwas, wenn
die Argumente gegen ein (neues) Instrument aus jeder beliebigen Ecke geholt werden. Mit dem Emissionshandel
versucht die Internationale Gemeinschaft eine Perspektive mit gewisser
Planungssicherheit (Planwirtschaft - positiv besetzt) auszustatten, wieder
falsch. Und wenn man in Deutschland
bei den regenerativen Energien (in Ansätzen) von einer Innovationsoffensive
sprechen will, wie anders ist sie denn
zustande gekommen, als durch ein
„planwirtschaftliches“ Instrument, nämlich konventionelle Energieträger zu
verteuern?
- entspricht nicht dem Willen der
Mehrheit, die sich eine nationale Vorreiterrolle wünscht (Emnid-Umfrage
Sept. 02).
Vergessen Sie Umfragen!
- verursacht einen ungeheuren Verwaltungsaufwand.
Wer spricht heute noch vom Verwaltungsaufwand der Stromsteuer, der
Verrechnung mit Sozialabgaben in der
großen Industrie, etc.? Vielleicht ist es
doch nicht verkehrt, der Verwaltung
der erdnahen Atmosphäre und der Stabilisierung ihres CO2-Gehalts einen „geheuren“ Aufwand beizumessen.
Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.
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Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Leserbriefe
Zum Artikel: Stromspeichergesetz
E-Mail von Herbert Kuhn
Im Solarbrief 2/04 ist ein Artikel abgedruckt, der leider nicht das ansonsten übliche hohe Niveau des Solarbriefs erreicht. Es handelt sich um den
Artikel Stromspeichergesetz zur Bereitstellung von „Wetterausgleichsenergie“.
Für solch ein Gesetz fehlen die technischen Voraussetzungen und die energiewirtschaftliche Notwendigkeit.
Zum besseren Verständnis möchte ich
kurz auf die derzeitigen Verhältnisse
eingehen: Extrem kurze Schwankungen
im Leistungsbedarf werden über die
Schwungmasse der Turbinen und Generatoren in den Kraftwerken abgepuffert. Dann wird der Regelanteil der
Wasserkraft herangezogen. Dann wer-
den laufende Kraftwerke hochgefahren
und oder schnellanlaufende Kraftwerke in Betrieb genommen. Da dies sehr
gut funktioniert, stellt sich die Frage,
warum dies in Zukunft geändert werden soll. Geothermiekraftwerke und
Windräder haben eine Schwungmasse,
auf Wasserkraft setzen wir sowieso und
den Rest übernimmt die Biomasse.
Dies ist erheblich besser und wirtschaftlicher, als wenn viele kleine
„Stromspeicheranlagen“ entstehen.
Dies könnten derzeit sowieso nur
Schwungräder und Batterieanlagen
sein, beide haben keine guten Nutzungsgrade und erheblichen Materialbedarf
und sind somit auch aus ökologischen
Gründen abzulehnen.
Selbstverständlich ist es gut, wenn
die Reserveleistung von vielen kleinen
dezentralen Anbietern bereitgestellt
wird, aber eine Stromspeicherung ist
an sich schon fast nicht möglich und
dezentral eigentlich Unsinn.
Es kann sein, dass es bei einer weitgehenden Umstellung auf regenerative
Stromerzeugung und gleichzeitigem
Einsparen von Energie zu Zeiten mit
Stromüberschuss kommt. Auch dies ist
kein Problem. Dieser Strom kann dann
entweder über die Grenzen verkauft (oft
wohl zu Spitzenlastzeiten) oder in Wasserstoff umgewandelt werden.
Anmerkung des SFV:
Lesen Sie zu diesem Thema bitte den
Artikel „Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren Energien - Was noch getan
werden muss“ auf Seite 22 des Solarbriefes.
Mitgliederversammlung
des SFV 2005
Termin:
Ort:
12. November 2005 19.00 Uhr
Bischöfliche Akademie des Bistums Aachen,
Leonhardstr. 18-20, 52064 Aachen
Aktuelle
Solarbriefe können im Internet
unter www.sfv.de
als pdf-Datei kostenlos heruntergeladen werden.
Wenn Sie künftig den Solarbrief nur noch als Computerversion lesen möchten,
so können Sie den Papierbrief abbestellen.
Senden Sie uns hierzu eine E-Mail an [email protected]
Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Das SFV-Team
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G 8058
Postvertriebsstück
Entgelt bezahlt
Absender: Solarenergie-Förderverein
Deutschland e.V. (SFV)
Bundesgeschäftsstelle
Herzogstraße 6
52070 Aachen
Die Energiewende ist möglich!
Die y-Achse zeigt den Primärenergieverbrauch Europas bezogen auf den Verbrauch im Jahr 1990 (100 %).
Bis zum Jahr 2050 kann der Primärenergieverbrauch durch Energieeinsparung (Ökologische Steuerreform),
Wirkungsgradverbesserung und Solararchitektur auf ca 45 % verringert werden. Das Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) kann bewirken, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien bis auf 100 Prozent des
verbleibenden Rests zunehmen.
In Anlehnung an die Studie „Long-Term integration of renewable energies into the European energy system.“
Beteiligte Forschungsinstitute: Centre de Recherche sur l’environment et le Dévelopement (CIRED) Paris,
Faculte Polytechnique de Mons (Belgien), Roskilde University (Dänemark), Wuppertal-Institut, Zentrum für
Europäische Wirtschaftsforschung (Mannheim).
Erschienen im: Physica Verlag Heidelberg, 1997, 268 Seiten, ca. 45 Euro, ISDN 3-7908-1104-1.
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Solarbrief 1/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.