Der Froschkönig

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Der Froschkönig
Der Froschkönig
In alten Zeiten, als das Wünschen noch
geholfen hat, lebte einmal ein König, der
hatte wunderschöne Töchter. Die jüngste
aber war die allerschönste. Nahe beim
Schloss war ein großer, dunkler Wald,
und mitten drin ein Brunnen. Wenn es
sehr heiß war, ging die jüngste Prinzessin
in den Wald, setzte sich an den Rand des
kühlen Brunnens und spielte am liebsten
mit einer goldenen Kugel. Da geschah es
einmal, dass ihr die Kugel in den tiefen
Brunnen fiel.
Die Prinzessin war untröstlich. Als sie immer
lauter weinte, rief ihr plötzlich jemand
zu: „Was hast du nur, Königstochter? Du
schreist ja zum Erbarmen.“ Sie sah sich
um und erblickte einen dicken, hässlichen
Brunnen gefallen.“ „Weine nicht“, antwortete der Frosch. „Was gibst du mir, wenn
ich dein Spielzeug heraufhole?“ „Alles, was
du haben willst“, sagte sie, „meine Kleider,
meine Perlen und Edelsteine, sogar meine
goldene Krone.“ Der Frosch antwortete:
„Das alles mag ich nicht. Aber wenn du
mich lieb haben willst und ich dein Freund
sein darf, wenn ich am Tisch neben dir
sitzen, von deinem goldenen Tellerlein
essen, aus deinem Becherlein trinken und
in deinem Bettlein schlafen darf, dann will
ich dir die goldene Kugel heraufholen.“
„Ach ja“, sagte sie, „das verspreche ich dir
alles, wenn du mir nur die Kugel wieder
bringst.“ Sie dachte, der dumme Frosch
wird doch im Wasser weiter quaken und
kann nie mit einem Menschen wie ein
Freund zusammen leben. Der Frosch
tauchte in den Brunnen hinab, kam nach
einem Weilchen wieder herauf gerudert,
Frosch. „Ach, du bist es, alter Wasserpatscher.
Mir ist meine goldene Kugel in den
hatte die Kugel im Maul und warf sie ins
Gras. Die Königstochter war voll Freude,
oder der eiserne Heinrich
hob ihr schönes Spielzeug auf und rannte
damit fort. „Warte“, rief der Frosch, „ich
kann nicht so schnell laufen wie du.“
Aber sie hörte nicht darauf, lief heim ins
Schloss und hatte den Frosch bald
vergessen.
Am andern Tag, als sie mit dem König
und allen Hofleuten vor ihrem goldenen
Tellerlein beim Essen saß, da kam, plitsch
platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen. Oben angelangt
klopfte es an die Tür und rief. „Königstochter, jüngste, mach mir auf.“ Als sie
aber aufmachte, saß der Frosch vor der
Tür.
Da warf sie voller Angst die Tür schnell
zu und setzte sich wieder an den Tisch.
Der König merkte, dass sie Herzklopfen
hatte, und sprach: „Kind, was fürchtest
du dich? Steht etwa ein Riese vor der
Tür?“ „Ach nein“, sagte sie, „es ist ein
beim Spielen meine goldene Kugel
in den Brunnen. Als ich weinte, hat sie mir
der Frosch heraufgeholt. Und weil er das
unbedingt wollte, versprach ich ihm, er
dürfe mein Freund werden. Ich dachte nie,
dass er aus dem Wasser käme. Nun aber
steht er draußen.“
Da klopfte es zum zweiten Mal, und eine
Stimme rief: „Königstochter, jüngste, mach mir auf!
Weißt du nicht, was gestern du zu mir
gesagt bei dem kühlen Brunnenwasser? Königstochter, jüngste, mach mir auf!“
Da sagte der König: „Was du versprochen
hast, musst du auch halten!“ Sie ging und
öffnete die Tür. Da hüpfte der Frosch herein, ihr nach bis zu ihrem Stuhl. Dort rief
er: „Heb mich hinauf zu dir!“
Sie wollte nicht recht, bis es der König
befahl. Als der Frosch auf dem Stuhl war,
garstiger Frosch.“ „Was will der von dir?“
„Lieber Vater, gestern fiel mir im Wald
wollte er auf den Tisch, und als er da saß,
sprach er: „Nun schieb mir dein goldenes
Tellerlein näher, damit wir zusammen
essen können.“ Der Frosch ließ sich‘s gut
schmecken, ihr aber blieb fast jeder Bissen
im Halse stecken.
Endlich sprach der Frosch: „Ich habe
mich satt gegessen und bin müde. Trag
mich in dein seidenes Bettchen!“ Die
Königstochter weinte und ekelte sich vor
dem kalten Frosch. Der König aber wurde
zornig und sprach:
„Wer dir geholfen hat, als du in Not warst,
den sollst du nun nicht verachten!“ Da
packte sie den Frosch mit zwei Fingern,
trug ihn in ihre Kammer und setzte ihn
dort in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag,
kam er gekrochen und sprach: „Ich will
im Bett schlafen wie du. Heb mich hinauf,
oder ich sag‘s deinem Vater!“ Da wurde
sie bitterböse und warf ihn gegen die Wand.
„Nun wirst du Ruhe geben“, sagte sie,
„du garstiger Frosch!“ Als er aber herab-
dem Willen des Königs ihr lieber Mann.
Er erzählte, er sei von einer bösen Hexe
verzaubert worden, und niemand hätte
ihn aus dem Brunnen erlösen können als
die Prinzessin, mit der er morgen auf sein
Schloss gehen wolle.
Und wirklich, am anderen Morgen kam
ein Wagen mit acht weißen Pferden in
goldenem Geschirr. Hinten auf dem
Wagen stand der Diener des jungen
Königs, der treue Heinrich. Als sein Herr
in einen Frosch verwandelt worden war,
hatte er drei eiserne Bänder um sein Herz
legen lassen, damit es ihm nicht vor
Traurigkeit zerspringen würde. Als der
Wagen mit dem jungen Königspaar und
dem treuen Heinrich hinten drauf ein
Stück weit gefahren war, hörte der
Königssohn, dass etwas hinter ihm
krachte. Er drehte sich um und rief: „Heinrich, der Wagen bricht!“
fiel, war er kein Frosch mehr, sondern
ein junger Königssohn. Er wurde nach
„Nein, Herr, der Wagen nicht, es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen, als Ihr in dem Brunnen saßt und in einen
Frosch verzaubert wart.“
Noch einmal und noch einmal krachte es
auf dem Weg, und der Königssohn meinte
immer, der Wagen breche. Doch es waren
nur die Bänder, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr
nun erlöst und glücklich war.
Ende
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