Hinweise zur Abmahnung im Wettbewerbsrecht
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Hinweise zur Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Hinweise zur Abmahnung im Wettbewerbsrecht Vor einigen Jahren knöpfte sich der Gesetzgeber die unseriösen Abmahnvereine vor und änderte das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in einigen Punkten. Die Missstände sind seither deutlich reduziert, aber nicht vollständig ausgeräumt. Wie können Unternehmen berechtigte von unberechtigten Abmahnungen unterscheiden? Und wie reagieren sie am besten in einer solchen Situation? Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen sich Abmahnvereine auf Händler stürzten, die etwa die Motorleistung von Automobilen in PS statt in Kilowatt oder die Größe von PCBildschirmen in Zoll statt in Zentimetern angegeben hatten. Das Gesetz über die Einheiten im Messwesen als Grundlage dieses Treibens existiert zwar immer noch. Jedoch hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass die Vereine nicht mehr solche und ähnliche Bagatellen als Wettbewerbsverstöße kostenpflichtig abmahnen können. Trotzdem gibt es nach wie vor Beutelschneiderei mit unseriösen Abmahnungen. Aber viele Abmahnungen sind auch durchaus berechtigt, und denen leistet man lieber Folge, wenn sich das Unternehmen keinen Prozess einhandeln will. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung enthält typischerweise folgendes: Erstens den Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Verhaltens; zweitens die Aufforderung, sich zur Unterlassung dieses Verhaltens zu verpflichten und für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu bezahlen (sog. strafbewehrte Unterlassungserklärung); und drittens das Verlangen, die durch die Abmahnung entstandenen Kosten zu bezahlen. Bei der Prüfung einer solchen Abmahnung geht man zweckmäßigerweise wie folgt vor: Liegt überhaupt ein Wettbewerbsverstoß vor? Diese Frage sollte als erstes geklärt werden. Wer etwa mit Lockvogelangeboten wirbt, die gar nicht vorrätig sind, oder betriebliche Verhältnisse vorspiegelt, die gar nicht gegeben sind, darf sicher sein, dass die daraufhin eingehende Abmahnung berechtigt ist. Aber nicht immer liegt der Fall so klar. Ob beispielsweise die Ankündigung reduzierter Preise für bestimmte Waren eine zulässige Sonderangebotswerbung oder eine verbotene Sonderveranstaltungswerbung ist, kann sehr streitig sein und nur von Fall zu Fall entschieden werden. Solche Zweifelsfragen kann nur ein wettbewerbsrechtlicher Experte beantworten. Erweist sich die Abmahnung als sachlich unbegründet, sollte sie unter Hinweis auf die Rechtslage zurückgewiesen werden. Doch auch dann, wenn ein Wettbewerbsverstoß vorliegen und die Abmahnung damit inhaltlich zutreffen sollte, ist die Prüfung noch nicht zu Ende. Es gilt dann weiter zu fragen: Von wem stammt die Abmahnung? Abmahnen dürfen laut Gesetz Konkurrenten, bestimmte gewerbliche Verbände, Verbraucherverbände, Industrie- und Handelskammern (IHKn) sowie Handwerkskammern. Wachsamkeit ist vor allem in zwei Fällen angebracht. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn ein angeblicher Konkurrent abmahnt, von dem man noch nie etwas gehört hat. Solche Abmahnungen werden regelmäßig über einen Anwalt versandt und sind von einer saftigen Kostenrechnung begleitet, die sich nicht selten auf über EUR 500,- beläuft. Das kann einem zwar durchaus auch bei seriösen Abmahnungen passieren. In den hier angesprochenen Fällen ist der angebliche Konkurrent als Beschwerdeführer aber nur vorgeschoben, um dem Anwalt eine lukrative Einnahmequelle zu verschaffen. Es fehlt dann bereits an der Abmahnbefugnis. Wer als Konkurrent abmahnt oder abmahnen lässt, muss nämlich mit dem 2 Abgemahnten tatsächlich im Wettbewerb stehen, und zwar sowohl vom Waren- bzw. Leistungsangebot her als auch vom räumlichen Tätigkeitsbereich. Ein Hamburger Autohändler kann somit nicht einen Münchner Branchenkollegen abmahnen lassen, ebenso wenig ein Kölner Friseur den Inhaber eines benachbarten Pudelsalons. Bekommt man also die Abmahnung eines bloßen Pseudo-Konkurrenten auf den Tisch, kann man sie schon aus diesem Grund zurückweisen. Zum anderen ist Vorsicht geboten bei Abmahnungen gewisser "Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen", wie es im Gesetzesjargon heißt. Viele dieser Verbände sind durchaus seriös, allen voran die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg, der alle Industrie- und Handelskammern angehören. Leider haben aber auch einige schwarze Schafe unter den Verbänden überlebt, die zwar durchweg wohlklingende Namen tragen, denen aber die Lauterkeit im Wettbewerb eher gleichgültig ist. Ihnen geht es vor allem ums Geld. Sie verlangen in der Regel - in Anlehnung an den derzeitigen Tarif der Wettbewerbszentrale - Abmahnkosten von rund EUR 150,-. Hier macht´s die Menge: Mit Textbausteinen lässt sich eine große Zahl von Allerweltsverstößen, auf die man beim Durchstöbern des Kleinanzeigenteils dutzendweise stößt, mühelos und einträglich verfolgen. Vor allem gewerbliche Immobilienanbieter können als bevorzugte Opfer ein Lied davon singen. Was viele nicht wissen: Gewerbliche Verbände dürfen laut Gesetz nur abmahnen, wenn ihnen eine erhebliche Zahl von Konkurrenten des Abgemahnten angehört. Was eine "erhebliche Zahl" ist, darüber sind sich die Gerichte noch nicht ganz einig. Jedenfalls sollte die betreffende Branche halbwegs repräsentativ vertreten sein. Ein Verband, der etwa Reisebüros in Frankfurt abmahnt, sollte mehr als nur eine Handvoll weiterer Reisebüros aus dem Frankfurter Raum unter seinen Mitgliedern vorweisen können. Der Bundesgerichtshof hat vor kurzem die Überprüfung erleichtert, indem er den Verbänden aufgab, dem Gericht im Streitfall eine Liste mit Namen, Anschriften und Branchenzugehörigkeit der Mitglieder vorzulegen. Das nutzt einem aber wenig, wenn man eine Verbandsabmahnung in Händen hält und wissen will, ob der Verband im konkreten Fall überhaupt abmahnbefugt ist. Dann hilft ein Anruf bei der IHK weiter. Sie sammelt Informationen über solche Verbände und hält im Zweifel Rücksprache mit dem Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) oder der Wettbewerbszentrale. Und noch etwas: Konkurrenten und gewerbliche Verbände können laut Gesetz nur solche Wettbewerbsverstöße verfolgen, die geeignet sind, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen. Einheitliche Regeln dazu, wann das der Fall ist, haben die Gerichte leider noch nicht herausgearbeitet. Fest steht aber, dass reine Lappalien - so etwa die berüchtigten, eingangs erwähnten Kilowatt/PS-Fälle - nach jetzigem Recht nicht mehr abgemahnt werden können. Wird man allerdings von einem Mitbewerber abgemahnt, der durch den beanstandeten Wettbewerbsverstoß unmittelbar verletzt wurde, gilt die Bagatellegrenze nicht. "Unmittelbar verletzt" ist jemand, wenn sich das unerlaubte Verhalten bei ihm aller Wahrscheinlichkeit nach in einem direkten Schaden niederschlägt. Typisches Beispiel: Lockt etwa ein Herrenausstatter Kunden durch unzulässige Werbung in sein Geschäft, so ist sein gesetzestreuer Branchenkollege von schräg gegenüber, dem deshalb Umsatzeinbußen drohen, ein "unmittelbar Verletzter". Bei einem Streit zwischen den beiden ist also die Frage, ob die Werbung den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen droht, ohne Belang. Wie reagiert man richtig? Wettbewerbssachen sind vor allem eines: eilig. Gesetzte Fristen betragen oft nur wenige Tage oder gar Stunden und müssen ernstgenommen werden. Wirft man die Abmahnung einfach in den Papierkorb, bekommt man möglicherweise schon wenig später vom Gerichtsvollzieher ein gerichtliches Verbot in Form einer einstweiligen Verfügung zugestellt. Selbst einer Bitte um Fristverlängerung wird der Gegner häufig unter Hinweis auf die Dringlichkeit der Sache nicht entsprechen. Ebenso wenig zu empfehlen ist es, aus Bequemlichkeit oder Angst vor Scherereien ohne weitere Prüfung die - typischerweise vor- 3 formulierte - Verpflichtungserklärung zu unterschreiben und die Abmahnkosten zu bezahlen. Wenn man nämlich nicht aufpasst und den angeblichen Verstoß versehentlich noch einmal begeht, wird eine Vertragsstrafe fällig, die in der Regel zwischen EUR 2.000,- und EUR 5.000,- beträgt, im Einzelfall vielleicht sogar noch mehr. Bevor man dieses Risiko in Kauf nimmt, sich also zur Vermeidung eines Prozesses "unterwirft", sollte man unbedingt klären, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt ist. Erster Ansprechpartner ist dabei die IHK. Für die etwaige Auseinandersetzung mit dem Gegner bedarf es dann eines in Wettbewerbssachen erfahrenen Anwalts. So wird er etwa prüfen, ob - auch bei einer an sich berechtigten Abmahnung - die vom Gegner verlangte Unterlassungserklärung nicht zu weit gefasst ist und sich auch auf Handlungen erstreckt, die man gar nicht begangen hat und die unter Umständen sogar zulässig sind. In bestimmten Fällen wird der Anwalt ferner den Rat erteilen, lieber den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu riskieren, als die strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Das kann unter dem Strich zwar zunächst etwas teurer kommen, aber aus bestimmten Gründen von Vorteil sein bei besonders "wiederholungsträchtigen" Verstößen, die auf Fehler außenstehender Dritter - so zum Beispiel bei der Anzeigenannahme der Zeitung zurückzuführen sind. Ein wettbewerbsrechtlicher Laie wäre mit solchen Fragen zwangsläufig überfordert; er käme nicht einmal auf die Idee, sie überhaupt zu stellen. Fazit: Bei Abmahnungen schnell handeln, Fristen beachten, nicht unüberlegt Erklärungen unterschreiben, grundsätzlich sachkundigen Rat einholen und im Zweifel als erstes: Ihre IHK fragen. Trier, August 2003 Hinweise zur Abmahnung im Wettbewerbsrecht Herausgegeben von der Industrie- und Handelskammer Trier. Abteilung Recht und Fair Play Rolf Ersfeld 06 51/ 97 77-4 10