Aufbewahrungspflichten für Gewerbetreibende
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Aufbewahrungspflichten für Gewerbetreibende
Aufbewahrungspflichten für Gewerbetreibende Ein Merkblatt der Industrie- und Handelskammer Hannover 1. Wer ist aufgewahrungspflichtig? Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Jeder, der nach Steuer- oder Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, ist daher auch aufbewahrungspflichtig. Auch Gewerbetreibende, die ihren Gewinn durch EinnahmeÜberschussrechnung ermitteln, sind verpflichtet, ihre Gewinnermittlung sowie die zu Grunde liegenden Belege aufzubewahren. (Ein Merkblatt, das die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für Gewerbetreibende zusammenfasst, finden Sie auf der Website der IHK Hannover in der Rubrik „Steuern“ unter „Sonstiges Steuerrecht“, „Gewinnermittlung/Bilanzsteuerrecht“.) Die Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht bezieht sich dabei auf den einzelnen Betrieb, bei dem die gesetzlichen Merkmale zutreffen. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Personen an dem Betrieb beteiligt sind. Zur Aufbewahrung von Unterlagen sind daher verpflichtet: o bei Einzelunternehmen der Geschäftsinhaber, o bei der GbR oder OHG die Gesellschafter, o bei der KG die persönlich haftenden und die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter, o bei der (atypisch) stillen Gesellschaft nur der Inhaber des Handelsgeschäfts, o bei der GmbH der/die Geschäftsführer, o bei der AG, bei Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften die Vorstände. Auch Steuerpflichtige, die nicht Gewerbetreibende, Selbständige oder Land- und Forstwirte sind, und Privatpersonen kann eine Aufbewahrungspflicht treffen: Erzielen Steuerpflichtige aus sogenannten Überschusseinkünften (nichtselbständige Arbeit, Kapitaleinkünfte, Vermietung und Verpachtung, sonstige Einkünfte) positive Einkünfte von mehr als 500.000 Euro im Jahr, so unterliegen sie besonderen Aufbewahrungsvorschriften (§ 147a AO). Für Privatpersonen gilt unter bestimmten Voraussetzungen eine zweijährige Aufbewahrungsfrist: Beziehen sie Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (zum Beispiel Bauleistungen, planerische Leistungen, Bauüberwachung, Renovierung, Gartengestaltung), so haben sie Rechnungen, Zahlungsbelege und andere beweiskräftige Unterlagen, die sie diesbezüglich erhalten, aufzubewahren. Der leistende Unternehmer hat sie nach dem Umsatzsteuergesetz in der Rechnung auf diese Aufbewahrungspflicht hinzuweisen. 2. Was ist aufzubewahren? Aus steuerlichen Gründen sind sämtliche Unterlagen aufzubewahren, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. § 147 Abs. 1 AO nennt dabei insbesondere die folgenden Unterlagen: Seite 1 von 7 o o o o o o (Handels-)Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung), Lageberichte, Eröffnungsbilanz und die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen empfangene Handels- und Geschäftsbriefe, Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe, Buchungsbelege Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, sonstige steuerrelevante Unterlagen. Das Problem, das sich in der Praxis stellt, ist die richtige Einordnung der Unterlagen. Nicht jeder Brief ist ein Handels- oder Geschäftsbrief und nicht jeder Beleg ein Buchungsbeleg. Zu den (Handels-)Büchern und Aufzeichnungen gehören Journal (Grundbuch) und Hauptbuch sowie Nebenbücher. Letztere werden bei der doppelten Buchführung in Form von Konten geführt. Bei der Offene-Posten-Buchhaltung ersetzen Belege die sonst zu führenden Konten. Es kommt darauf an, dass die Bücher für die Besteuerung in irgendeiner Form von Bedeutung sind. Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Das Inventar kann auf verschiedene Art und Weise ermittelt werden. Je nach angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen, Verfahrensbeschreibungen und ähnliche Aufzeichnungen aufgewahrt werden. Soweit für das Verständnis der Aufzeichnungen erforderlich, sind auch Arbeitsanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren – dazu gehören beispielsweise Unterlagen, die die Technik eines DV-gestützten Buchführungssystems erläutern. Als Handels-/Geschäftsbrief ist sämtliche Korrespondenz anzusehen, mit deren Hilfe ein Geschäft vorbereitet, durchgeführt oder rückabgewickelt wird. Korrespondenz, die nicht zum Abschluss eines Geschäfts geführt hat, ist kein Handels-/Geschäftsbrief (zum Beispiel Werbeflyer, Prospekte, nicht erfolgreiche Angebote). Buchungsbelege dienen als Nachweis, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Vorgang zu Grunde liegt. Oft sind externe Buchungsbelege auch gleichzeitig Handels-/Geschäftsbriefe. Sonstige Unterlagen können beispielsweise Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege oder Bewertungen von Eigenleistungen sein. Ihre Relevanz für die Besteuerung ist im Einzelfall zu prüfen. Eine spezielle Regelung zur Aufbewahrung von Rechnungen findet sich im Umsatzsteuergesetz (§ 14b UStG). Danach hat der Unternehmer ein Doppel der Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren. Dies gilt unter anderem auch für den Fall, dass die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert ist. Nicht aufbewahrungspflichtig sind betriebsinterne Aufzeichnungen wie Kalender, Arbeits- und Fahrberichte, die keine steuerliche Relevanz haben. Diese Unterlagen können zeitnah vernichtet werden und müssen dem Außenprüfer oder Steuerfahnder nicht vorgelegt werden. Seite 2 von 7 3. Wie lange sind die Unterlagen aufzubewahren? Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschlüsse, Inventare, Lageberichte, Eröffnungsbilanz, Buchungsbelege, bestimmte Zollunterlagen (vgl. oben Ziffer 2) und Rechnungen beträgt zehn Jahre. Alle anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren. Erfüllen Unterlagen die Kriterien mehrerer Kategorien, ist beispielsweise ein Handels-/Geschäftsbrief gleichzeitig Rechnung oder Buchungsbeleg, so gilt die längere Aufbewahrungsfrist (im Beispiel: zehn Jahre). Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen in den Büchern gemacht wurden, die Handels-/Geschäftsbriefe empfangen oder abgesandt wurden, die Buchungsbelege oder sonstigen Unterlagen entstanden sind oder die entsprechenden Aufzeichnungen vorgenommen wurden. Bei Vertragsunterlagen beginnt die Frist nach Ablauf des Vertrages. Die Aufbewahrungsfrist kann sich unter bestimmten Voraussetzungen jedoch auch verlängern. Dies ist dann der Fall, wenn die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, deren Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, bei der eine Steuerfestsetzung oder deren Änderung/Aufhebung also noch zulässig ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann durch eine Reihe von Ereignissen hinausgeschoben oder gehemmt sein, beispielsweise durch eine verspätete Abgabe der Steuererklärung, einen Einspruch oder eine Klage oder durch eine Außenprüfung. Unterlagen sind nach Ablauf der Festsetzungsfrist auch dann länger aufzubewahren, wenn und soweit sie für folgende Sachverhalte von Bedeutung sind: o begonnene Außenprüfung, o vorläufige Steuerfestsetzung, o anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen, o schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren, o zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen an das Finanzamt. Unabhängig von Aufbewahrungspflichten nach Handels- und Steuerrecht kann es aus anderen Gründen erforderlich und angebracht sein, Unterlagen länger aufzubewahren – beispielsweise aus Beweiszwecken oder auch aufgrund von Spezialvorschriften für einzelne Berufe, Branchen etc. 4. In welcher Form sind die Unterlagen aufzubewahren? Für die Aufbewahrung sind gesetzlich die folgenden Formen vorgeschrieben: o Jahresabschlüsse, die Eröffnungsbilanz und bestimmte Zollunterlagen (vgl. oben Ziffer 2) sind im Original aufzubewahren (durch Allgemeinverfügung des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 8. März 2004, III B 7 – S 01317 – 3/04, hat die Finanzverwaltung hiervon Abstand genommen, so dass es bei diesen Unterlagen nun auch gestattet ist, sie als Wiedergabe auf einem Bild oder Datenträger aufzubewahren – ausgenommen sind hiervon lediglich amtliche Urkunden jeder Art sowie Unterlagen mit Urspruchsbescheinigungen); o Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege sind so aufzubewahren, dass sie bildlich mit dem Original übereinstimmen; o Sonstige Unterlagen sind so aufzubewahren, dass sie inhaltlich mit dem Original übereinstimmen. Seite 3 von 7 4.1 Aufbewahrung im Original Die Aufbewahrung der Unterlagen im Original muss gesichert und geordnet vorgenommen werden. „Gesichert“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Unterlagen so aufzubewahren sind, dass sie insbesondere vor Risiken wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt werden. Es muss dafür Sorge getragen sein, dass die Gefährdung der Unterlagen durch diese Risiken minimiert wird, zum Beispiel indem in den Räumen, in denen die Unterlagen aufbewahrt werden ein Rauchverbot besteht, keine feuergefährlichen Güter aufbewahrt werden, die Räumlichkeiten nicht hochwassergefährdet sind und ausreichend belüftet werden, um ein Vermodern der Unterlagen zu verhindern. Auch ist darauf zu achten, dass die Unterlagen durch Ausbleichen nicht unleserlich werden. Die Gefahr besteht insbesondere beispielsweise bei Thermopapier, so dass in diesen Fällen rechtzeitig Kopien der Unterlagen gefertigt und zu den Originalen geheftet werden sollten. Um ein Abhandenkommen der Unterlagen möglichst auszuschließen, sollten sie darüber hinaus in Räumlichkeiten aufbewahrt werden, die einer Zugangskontrolle unterliegen. „Geordnet“ meint, dass die Unterlagen so aufzubewahren sind, dass es einem sachverständigen Dritten möglich ist, sie innerhalb angemessener Zeit zu prüfen. Dazu empfiehlt es sich, ein verbindliches Regelwerk zu installieren, das festlegt, welche Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden, wer dafür zuständig ist, wie die Aus- und Rückgabe von Archivmaterial zu handhaben ist und wer – nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist – die Vernichtung der Unterlagen veranlassen kann. 4.2 Aufbewahrung auf einem Bildträger oder anderen Datenträger 4.2.1 Bildliche Wiedergabe Die bildliche Wiedergabe von Unterlagen erfordert die originalgetreue Übertragung des Bildes auf das gewählte Speichermedium, die gesicherte und geordnete Aufbewahrung der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe des Bildes bei Bedarf. Begründet wird das das Erfordernis einer bildlichen Wiedergabe mit der Beweisfunktion der zu archivierenden Unterlagen. Sie muss daher alle auf dem Original angebrachten Sicht-, Kontroll- und sonstige Bearbeitungsvermerke enthalten, kann aber auch in einem anderen Größenformat als das Original erfolgen. Auch die Farbe kann im Einzelfall Beweiskraft besitzen, wenn zum Beispiel allein anhand der Farbe erkennbar ist, ob es sich um ein Original oder eine Kopie handelt. Aus spezialgesetzlichen Regelungen kann sich ergeben, dass ausnahmsweise keine bildliche Wiedergabe ausreichend, sondern die Aufbewahrung im Original erforderlich ist. So kann bei Eingangsrechnungen nur beim Vorliegen der Originalrechnung ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Wird das Original der Rechnung nicht aufbewahrt, ist der Nachweis, dass das Original der Rechnung beim Vorsteuerabzug vorgelegen hat, schwierig. Auch für Ausfuhrbelege, bei denen die Originale mit Dienststempelaufdrucken versehen sind, ist die Aufbewahrung im Original vorgeschrieben, da nach Auffassung der Finanzverwaltung bei bildlicher Wiedergabe nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann, ob der Stempelaufdruck von einem Originalstempel stammt. Dies gilt auch dann, wenn die Stempelaufdrucke keine speziellen Pigmentierungen enthalten. Einzelheiten hierzu regelt die zwischen dem Bundesfinanzministerium und den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmte Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 7. Mai 2007 (S 7134 A – St 442). Seite 4 von 7 4.2.2 Inhaltliche Wiedergabe Im Gegensatz zur bildlichen Wiedergabe erforderliche die inhaltliche Wiedergabe lediglich, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das Speichermedium übernommen werden. Der Inhalt darf während der Aufbewahrung nicht verändert werden, und die Wiedergabe des Inhalts muss während der Aufbewahrungsfrist jederzeit möglich sein. 4.3 Beweiskraft Vor einer Vernichtung der Originalunterlagen sollte sichergestellt werden, dass die Aufbewahrung der Originale nicht aufgrund anderer steuerlicher Vorschriften (beispielsweise zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs, § 62 Abs. 2 UStDV) oder anderen Beweisgründen erforderlich ist. Insbesondere für den Vorsteuerabzug ist es nämlich erforderlich, dass die Rechnung entweder in Papierform vorliegt oder – für den Fall einer elektronischen Rechnung – mit einer qualifizierten elektronischen Signatur beziehungsweise Signatur mit Anbieter-Akkreditierung versehen ist. Auch aus anderen Beweisgründen kann es notwendig sein, die Originale aufzubewahren. So lassen sich beispielsweise in einem Prozess Rechtsansprüche zum Teil nur durch Vorlage des Originals belegen. Grundsätzlich genügt zwar auch die Möglichkeit einer bildlichen Wiedergabe für Zwecke der Beweissicherung, da sie der freien richterlichen Würdigung unterliegen. Als Urkundsbeweis im besonderen gerichtlichen Verfahren sind sie jedoch nicht zulässig, da als bildliche Wiedergabe gespeicherte Daten nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung gelten. 4.4 Exkurs: Originär digitale Unterlagen (insbesondere E-Mails) Unterlagen, die steuerlich relevant und zugleich originär digital sind, müssen so aufbewahrt werden, dass sie maschinell auswertbar sind. Diese „originär digitalen Unterlagen“ müssen elektronisch aufbewahrt, das heißt archiviert werden, wenn sie auf dem Produktivsystem, mit dem gearbeitet wird, nicht mehr vorgehalten können (gemäß GoBS – Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme). Das bedeutet, dass für diese Unterlagen die bildliche Wiedergabe auf Papier, Mikrofilm oder als Image in einem optischen Archiv oder die inhaltliche Wiedergabe auf einem beliebigen Datenträger für sich allein nicht mehr ausreicht. Die Archivierung muss auf nicht änderbaren Datenträgern revisionssicher erfolgen. Der Originalzustand der ins Archiv übermittelten Daten ist dabei sicher zu stellen. Da ab dem 1. Januar 2002 alle Eingangsrechnungen, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, auch zum Vorsteuerabzug berechtigen, sind diese Dokumente einschließlich Signatur, Schlüssel und Zertifikaten zu speichern. E-Mails, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, müssen nach den allgemeinen Vorschriften aufbewahrt werden. Sie stellen originär digitale Dokumente dar, so dass sie für den Datenzugriff im Originalformat maschinell auswertbar vorgehalten werden müssen. Dies gilt zum Beispiel für eine per E-Mail übermittelte Reisekostenabrechnung in einem Tabellenkalkulationsformat. Nach den GoBS sind auch E-Mails als originär digitale Dokumente mit einem unveränderlichen Index zu versehen, unter dem das archivierte digitale Dokument bearbeitet und verwaltet werden kann. Signierte E-Mail-Dokumente sind zusammen mit der Signatur aufzubewahren. Anhänge von E-Mails sind wie Anlagen von Handels-/Geschäftsbriefen zu behandeln: Sie sind dann aufbewahrungspflichtig, wenn die E-Mail ohne sie nicht verständlich oder als Dokumentation des Geschäftsvorgangs sonst unzureichend ist. Seite 5 von 7 5. Wo sind die Unterlagen aufzubewahren? Nach den steuerrechtlichen Vorschriften sind die Unterlagen grundsätzlich im Inland aufzubewahren (§ 146 Abs. 2 AO). Das Handelsrecht schreibt keinen bestimmten Ort vor, sondern legt nur fest, dass die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB). Auf schriftlichen Antrag kann das zuständige Finanzamt allerdings auch bewilligen, dass die elektronische Bücher und sonstige erforderliche Aufzeichnungen in einem anderen Staat der Europäischen Union geführt und aufbewahrt werden können (§ 146 Abs. 2a AO). Unter bestimmten Voraussetzungen ist dies auch in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein, Norwegen) möglich. Bei der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige Unternehmer verpflichtet sind, alle Rechnungen im Inland aufzubewahren. Werden die Rechnungen jedoch elektronisch aufbewahrt und ist eine vollständige Fernabfrage der Daten gewährleistet, so ist auch hier eine Aufbewahrung im übrigen Gemeinschaftsgebiet zulässig. Das Finanzamt ist jedoch darüber zu informieren, dass die Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden. 6. Was passiert bei einem Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten? Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten haben grundsätzlich dieselben Rechtsfolgen wie ein Verstoß gegen Dokumentationspflichten. Die Buchführung entspricht nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO, so dass die Finanzbehörde berechtigt ist, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Werden gleichzeitig Steuerstraftatbestände oder sonstige Straftatbestände verwirklicht, so kann die Verletzung von Aufbewahrungspflichten auch zu Geld- oder Freiheitsstrafen führen. Zwar kann auch höhere Gewalt (zum Beispiel Hochwasser, Feuer oder sonstige Katastrophen) zum Verlust von Unterlagen und damit einem Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten führen. Jedoch kommt in diesen Fällen in aller Regel ein Erlass etwaiger Steuern aus Billigkeitsgründen in Betracht. 7. Wie sind die zu erwartenden Kosten für die Aufbewahrung zu berücksichtigen? Für die zu erwartenden Aufwendung für die Aufbewahrung der Unterlagen ist in Handels- und Steuerbilanz eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, weil hierfür eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht. Details zur Rückstellung für Aufbewahrungskosten und insbesondere zur Berechnung der berücksichtigungsfähigen Kosten enthält eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 27. Juni 2007 (S 2137 – 106 – StO 222/221). 8. Beispiele Folgende Beispiele verdeutlichen die Fristberechnung: Beispiel 1: Den Jahresabschluss für das Kalenderjahr 2009 haben Sie am 18. Juni 2010 aufgestellt. Wie lange müssen Sie den Jahresabschluss und die ihm zu Grunde liegenden Unterlagen aufbewahren und wann können Sie die Unterlagen hierzu vernichten? Seite 6 von 7 Für den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) und die hierzu erforderlichen Unterlagen gilt eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Jahresabschluss aufgestellt wurde (hier: mit Ablauf des 31. Dezember 2010). Ab dem 1. Januar 2021 können die Unterlagen dann grundsätzlich vernichtet werden. Beispiel 2: Ein Kunde bestellt bei Ihnen am 23. Februar 2010 Waren. Sie liefern die Waren und schicken ihm am 9. März 2010 die Rechnung mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen. Nachdem die Frist verstrichen ist, schicken Sie dem Kunden am 1. Juni 2010 eine Mahnung, auf die er noch im selben Monat bezahlt. Aus dem Kontoauszug für Juni 2010 ergibt sich die Zahlung, die Sie entsprechend buchen. Für Handels-/Geschäftsbriefe, zu denen auch Bestellunterlagen und Mahnungen zählen, gilt eine Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren. Für Buchungsbelege wie Rechnungen und Kontoauszüge gilt eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Die Frist beginnt jeweils mit Ablauf des Jahres, in dem der Handels-/Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt wurde beziehungsweise der Buchungsbeleg entstanden ist (hier in allen Fällen: 31. Dezember 2010). Die Bestellunterlagen und Mahnungen können daher grundsätzlich ab dem 1. Januar 2017, die Rechnungen und Kontoauszüge grundsätzlich ab dem 1. Januar 2021 vernichtet werden. Hinweis Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Industrie- und Handelskammer Hannover – nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung auf die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Stand: September 2010 Autor Thorsten Kropp Abteilung Handel und Dienstleistungen Tel. (0511) 3107-230 Fax (0511) 3107-435 [email protected] Industrie- und Handelskammer Hannover Schiffgraben 49 30175 Hannover www.hannover.ihk.de Seite 7 von 7