Aufbewahrungspflichten für Gewerbetreibende

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Aufbewahrungspflichten für Gewerbetreibende
Aufbewahrungspflichten für Gewerbetreibende
Ein Merkblatt der Industrie- und Handelskammer Hannover
1.
Wer ist aufgewahrungspflichtig?
Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der steuerlichen und handelsrechtlichen
Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Jeder, der nach Steuer- oder Handelsrecht
zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, ist daher auch
aufbewahrungspflichtig. Auch Gewerbetreibende, die ihren Gewinn durch EinnahmeÜberschussrechnung ermitteln, sind verpflichtet, ihre Gewinnermittlung sowie die zu
Grunde liegenden Belege aufzubewahren.
(Ein Merkblatt, das die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für Gewerbetreibende
zusammenfasst, finden Sie auf der Website der IHK Hannover in der Rubrik „Steuern“
unter „Sonstiges Steuerrecht“, „Gewinnermittlung/Bilanzsteuerrecht“.)
Die Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht bezieht sich dabei auf
den einzelnen Betrieb, bei dem die gesetzlichen Merkmale zutreffen. Dies gilt auch dann,
wenn mehrere Personen an dem Betrieb beteiligt sind. Zur Aufbewahrung von
Unterlagen sind daher verpflichtet:
o bei Einzelunternehmen der Geschäftsinhaber,
o bei der GbR oder OHG die Gesellschafter,
o bei der KG die persönlich haftenden und die zur Geschäftsführung berufenen
Gesellschafter,
o bei der (atypisch) stillen Gesellschaft nur der Inhaber des Handelsgeschäfts,
o bei der GmbH der/die Geschäftsführer,
o bei der AG, bei Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften die Vorstände.
Auch Steuerpflichtige, die nicht Gewerbetreibende, Selbständige oder Land- und
Forstwirte sind, und Privatpersonen kann eine Aufbewahrungspflicht treffen:
Erzielen Steuerpflichtige aus sogenannten Überschusseinkünften (nichtselbständige
Arbeit, Kapitaleinkünfte, Vermietung und Verpachtung, sonstige Einkünfte) positive
Einkünfte von mehr als 500.000 Euro im Jahr, so unterliegen sie besonderen
Aufbewahrungsvorschriften (§ 147a AO).
Für Privatpersonen gilt unter bestimmten Voraussetzungen eine zweijährige
Aufbewahrungsfrist: Beziehen sie Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück
(zum Beispiel Bauleistungen, planerische Leistungen, Bauüberwachung, Renovierung,
Gartengestaltung), so haben sie Rechnungen, Zahlungsbelege und andere
beweiskräftige Unterlagen, die sie diesbezüglich erhalten, aufzubewahren. Der leistende
Unternehmer hat sie nach dem Umsatzsteuergesetz in der Rechnung auf diese
Aufbewahrungspflicht hinzuweisen.
2.
Was ist aufzubewahren?
Aus steuerlichen Gründen sind sämtliche Unterlagen aufzubewahren, die für die
Besteuerung von Bedeutung sind. § 147 Abs. 1 AO nennt dabei insbesondere die
folgenden Unterlagen:
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(Handels-)Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse (Bilanz und
Gewinn- und Verlustrechnung), Lageberichte, Eröffnungsbilanz und die zum
Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und
Organisationsunterlagen
empfangene Handels- und Geschäftsbriefe,
Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe,
Buchungsbelege
Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen
Zollanmeldung beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage
verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben,
sonstige steuerrelevante Unterlagen.
Das Problem, das sich in der Praxis stellt, ist die richtige Einordnung der Unterlagen.
Nicht jeder Brief ist ein Handels- oder Geschäftsbrief und nicht jeder Beleg ein
Buchungsbeleg.
Zu den (Handels-)Büchern und Aufzeichnungen gehören Journal (Grundbuch) und
Hauptbuch sowie Nebenbücher. Letztere werden bei der doppelten Buchführung in Form
von Konten geführt. Bei der Offene-Posten-Buchhaltung ersetzen Belege die sonst zu
führenden Konten. Es kommt darauf an, dass die Bücher für die Besteuerung in
irgendeiner Form von Bedeutung sind. Inventare sind Aufzeichnungen über die
körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und
Schulden. Das Inventar kann auf verschiedene Art und Weise ermittelt werden. Je nach
angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen,
Verfahrensbeschreibungen und ähnliche Aufzeichnungen aufgewahrt werden. Soweit für
das Verständnis der Aufzeichnungen erforderlich, sind auch Arbeitsanweisungen und
Organisationsvorschriften aufzubewahren – dazu gehören beispielsweise Unterlagen, die
die Technik eines DV-gestützten Buchführungssystems erläutern.
Als Handels-/Geschäftsbrief ist sämtliche Korrespondenz anzusehen, mit deren Hilfe ein
Geschäft vorbereitet, durchgeführt oder rückabgewickelt wird. Korrespondenz, die nicht
zum Abschluss eines Geschäfts geführt hat, ist kein Handels-/Geschäftsbrief (zum
Beispiel Werbeflyer, Prospekte, nicht erfolgreiche Angebote). Buchungsbelege dienen als
Nachweis, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender
Vorgang zu Grunde liegt. Oft sind externe Buchungsbelege auch gleichzeitig
Handels-/Geschäftsbriefe. Sonstige Unterlagen können beispielsweise
Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege oder Bewertungen von Eigenleistungen sein. Ihre
Relevanz für die Besteuerung ist im Einzelfall zu prüfen.
Eine spezielle Regelung zur Aufbewahrung von Rechnungen findet sich im
Umsatzsteuergesetz (§ 14b UStG). Danach hat der Unternehmer ein Doppel der
Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung
ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger
oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat,
aufzubewahren. Dies gilt unter anderem auch für den Fall, dass die Steuerschuld auf
den Leistungsempfänger verlagert ist.
Nicht aufbewahrungspflichtig sind betriebsinterne Aufzeichnungen wie Kalender,
Arbeits- und Fahrberichte, die keine steuerliche Relevanz haben. Diese Unterlagen
können zeitnah vernichtet werden und müssen dem Außenprüfer oder Steuerfahnder
nicht vorgelegt werden.
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3.
Wie lange sind die Unterlagen aufzubewahren?
Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschlüsse, Inventare,
Lageberichte, Eröffnungsbilanz, Buchungsbelege, bestimmte Zollunterlagen (vgl. oben
Ziffer 2) und Rechnungen beträgt zehn Jahre. Alle anderen aufbewahrungspflichtigen
Unterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren. Erfüllen Unterlagen die Kriterien mehrerer
Kategorien, ist beispielsweise ein Handels-/Geschäftsbrief gleichzeitig Rechnung oder
Buchungsbeleg, so gilt die längere Aufbewahrungsfrist (im Beispiel: zehn Jahre).
Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen in den
Büchern gemacht wurden, die Handels-/Geschäftsbriefe empfangen oder abgesandt
wurden, die Buchungsbelege oder sonstigen Unterlagen entstanden sind oder die
entsprechenden Aufzeichnungen vorgenommen wurden. Bei Vertragsunterlagen beginnt
die Frist nach Ablauf des Vertrages.
Die Aufbewahrungsfrist kann sich unter bestimmten Voraussetzungen jedoch auch
verlängern. Dies ist dann der Fall, wenn die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind,
deren Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, bei der eine Steuerfestsetzung oder
deren Änderung/Aufhebung also noch zulässig ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist
kann durch eine Reihe von Ereignissen hinausgeschoben oder gehemmt sein,
beispielsweise durch eine verspätete Abgabe der Steuererklärung, einen Einspruch oder
eine Klage oder durch eine Außenprüfung.
Unterlagen sind nach Ablauf der Festsetzungsfrist auch dann länger aufzubewahren,
wenn und soweit sie für folgende Sachverhalte von Bedeutung sind:
o begonnene Außenprüfung,
o vorläufige Steuerfestsetzung,
o anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen,
o schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes
Rechtsbehelfsverfahren,
o zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen an das Finanzamt.
Unabhängig von Aufbewahrungspflichten nach Handels- und Steuerrecht kann es aus
anderen Gründen erforderlich und angebracht sein, Unterlagen länger aufzubewahren –
beispielsweise aus Beweiszwecken oder auch aufgrund von Spezialvorschriften für
einzelne Berufe, Branchen etc.
4.
In welcher Form sind die Unterlagen aufzubewahren?
Für die Aufbewahrung sind gesetzlich die folgenden Formen vorgeschrieben:
o Jahresabschlüsse, die Eröffnungsbilanz und bestimmte Zollunterlagen (vgl. oben
Ziffer 2) sind im Original aufzubewahren (durch Allgemeinverfügung des
Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 8. März 2004, III B 7 – S 01317 – 3/04,
hat die Finanzverwaltung hiervon Abstand genommen, so dass es bei diesen
Unterlagen nun auch gestattet ist, sie als Wiedergabe auf einem Bild oder
Datenträger aufzubewahren – ausgenommen sind hiervon lediglich amtliche
Urkunden jeder Art sowie Unterlagen mit Urspruchsbescheinigungen);
o Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege sind so aufzubewahren,
dass sie bildlich mit dem Original übereinstimmen;
o Sonstige Unterlagen sind so aufzubewahren, dass sie inhaltlich mit dem Original
übereinstimmen.
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4.1 Aufbewahrung im Original
Die Aufbewahrung der Unterlagen im Original muss gesichert und geordnet
vorgenommen werden. „Gesichert“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die
Unterlagen so aufzubewahren sind, dass sie insbesondere vor Risiken wie Feuer, Wasser
und Feuchtigkeit geschützt werden. Es muss dafür Sorge getragen sein, dass die
Gefährdung der Unterlagen durch diese Risiken minimiert wird, zum Beispiel indem in
den Räumen, in denen die Unterlagen aufbewahrt werden ein Rauchverbot besteht,
keine feuergefährlichen Güter aufbewahrt werden, die Räumlichkeiten nicht
hochwassergefährdet sind und ausreichend belüftet werden, um ein Vermodern der
Unterlagen zu verhindern.
Auch ist darauf zu achten, dass die Unterlagen durch Ausbleichen nicht unleserlich
werden. Die Gefahr besteht insbesondere beispielsweise bei Thermopapier, so dass in
diesen Fällen rechtzeitig Kopien der Unterlagen gefertigt und zu den Originalen geheftet
werden sollten.
Um ein Abhandenkommen der Unterlagen möglichst auszuschließen, sollten sie darüber
hinaus in Räumlichkeiten aufbewahrt werden, die einer Zugangskontrolle unterliegen.
„Geordnet“ meint, dass die Unterlagen so aufzubewahren sind, dass es einem
sachverständigen Dritten möglich ist, sie innerhalb angemessener Zeit zu prüfen. Dazu
empfiehlt es sich, ein verbindliches Regelwerk zu installieren, das festlegt, welche
Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden, wer dafür zuständig ist,
wie die Aus- und Rückgabe von Archivmaterial zu handhaben ist und wer – nach Ablauf
der Aufbewahrungsfrist – die Vernichtung der Unterlagen veranlassen kann.
4.2 Aufbewahrung auf einem Bildträger oder anderen Datenträger
4.2.1 Bildliche Wiedergabe
Die bildliche Wiedergabe von Unterlagen erfordert die originalgetreue Übertragung des
Bildes auf das gewählte Speichermedium, die gesicherte und geordnete Aufbewahrung
der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe des Bildes bei Bedarf.
Begründet wird das das Erfordernis einer bildlichen Wiedergabe mit der Beweisfunktion
der zu archivierenden Unterlagen. Sie muss daher alle auf dem Original angebrachten
Sicht-, Kontroll- und sonstige Bearbeitungsvermerke enthalten, kann aber auch in einem
anderen Größenformat als das Original erfolgen. Auch die Farbe kann im Einzelfall
Beweiskraft besitzen, wenn zum Beispiel allein anhand der Farbe erkennbar ist, ob es
sich um ein Original oder eine Kopie handelt.
Aus spezialgesetzlichen Regelungen kann sich ergeben, dass ausnahmsweise keine
bildliche Wiedergabe ausreichend, sondern die Aufbewahrung im Original erforderlich
ist. So kann bei Eingangsrechnungen nur beim Vorliegen der Originalrechnung ein
Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Wird das Original der Rechnung nicht
aufbewahrt, ist der Nachweis, dass das Original der Rechnung beim Vorsteuerabzug
vorgelegen hat, schwierig.
Auch für Ausfuhrbelege, bei denen die Originale mit Dienststempelaufdrucken versehen
sind, ist die Aufbewahrung im Original vorgeschrieben, da nach Auffassung der
Finanzverwaltung bei bildlicher Wiedergabe nicht hinreichend sicher festgestellt werden
kann, ob der Stempelaufdruck von einem Originalstempel stammt. Dies gilt auch dann,
wenn die Stempelaufdrucke keine speziellen Pigmentierungen enthalten. Einzelheiten
hierzu regelt die zwischen dem Bundesfinanzministerium und den obersten
Finanzbehörden der Länder abgestimmte Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz
vom 7. Mai 2007 (S 7134 A – St 442).
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4.2.2 Inhaltliche Wiedergabe
Im Gegensatz zur bildlichen Wiedergabe erforderliche die inhaltliche Wiedergabe
lediglich, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das
Speichermedium übernommen werden. Der Inhalt darf während der Aufbewahrung nicht
verändert werden, und die Wiedergabe des Inhalts muss während der
Aufbewahrungsfrist jederzeit möglich sein.
4.3 Beweiskraft
Vor einer Vernichtung der Originalunterlagen sollte sichergestellt werden, dass die
Aufbewahrung der Originale nicht aufgrund anderer steuerlicher Vorschriften
(beispielsweise zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs, § 62 Abs. 2 UStDV) oder
anderen Beweisgründen erforderlich ist. Insbesondere für den Vorsteuerabzug ist es
nämlich erforderlich, dass die Rechnung entweder in Papierform vorliegt oder – für den
Fall einer elektronischen Rechnung – mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
beziehungsweise Signatur mit Anbieter-Akkreditierung versehen ist.
Auch aus anderen Beweisgründen kann es notwendig sein, die Originale
aufzubewahren. So lassen sich beispielsweise in einem Prozess Rechtsansprüche zum
Teil nur durch Vorlage des Originals belegen. Grundsätzlich genügt zwar auch die
Möglichkeit einer bildlichen Wiedergabe für Zwecke der Beweissicherung, da sie der
freien richterlichen Würdigung unterliegen. Als Urkundsbeweis im besonderen
gerichtlichen Verfahren sind sie jedoch nicht zulässig, da als bildliche Wiedergabe
gespeicherte Daten nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung gelten.
4.4 Exkurs: Originär digitale Unterlagen (insbesondere E-Mails)
Unterlagen, die steuerlich relevant und zugleich originär digital sind, müssen so
aufbewahrt werden, dass sie maschinell auswertbar sind. Diese „originär digitalen
Unterlagen“ müssen elektronisch aufbewahrt, das heißt archiviert werden, wenn sie auf
dem Produktivsystem, mit dem gearbeitet wird, nicht mehr vorgehalten können (gemäß
GoBS – Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme). Das
bedeutet, dass für diese Unterlagen die bildliche Wiedergabe auf Papier, Mikrofilm oder
als Image in einem optischen Archiv oder die inhaltliche Wiedergabe auf einem
beliebigen Datenträger für sich allein nicht mehr ausreicht.
Die Archivierung muss auf nicht änderbaren Datenträgern revisionssicher erfolgen. Der
Originalzustand der ins Archiv übermittelten Daten ist dabei sicher zu stellen. Da ab dem
1. Januar 2002 alle Eingangsrechnungen, die mit einer qualifizierten elektronischen
Signatur versehen sind, auch zum Vorsteuerabzug berechtigen, sind diese Dokumente
einschließlich Signatur, Schlüssel und Zertifikaten zu speichern.
E-Mails, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, müssen nach den allgemeinen
Vorschriften aufbewahrt werden. Sie stellen originär digitale Dokumente dar, so dass sie
für den Datenzugriff im Originalformat maschinell auswertbar vorgehalten werden
müssen. Dies gilt zum Beispiel für eine per E-Mail übermittelte Reisekostenabrechnung in
einem Tabellenkalkulationsformat. Nach den GoBS sind auch E-Mails als originär digitale
Dokumente mit einem unveränderlichen Index zu versehen, unter dem das archivierte
digitale Dokument bearbeitet und verwaltet werden kann. Signierte E-Mail-Dokumente
sind zusammen mit der Signatur aufzubewahren. Anhänge von E-Mails sind wie Anlagen
von Handels-/Geschäftsbriefen zu behandeln: Sie sind dann aufbewahrungspflichtig,
wenn die E-Mail ohne sie nicht verständlich oder als Dokumentation des
Geschäftsvorgangs sonst unzureichend ist.
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5.
Wo sind die Unterlagen aufzubewahren?
Nach den steuerrechtlichen Vorschriften sind die Unterlagen grundsätzlich im Inland
aufzubewahren (§ 146 Abs. 2 AO). Das Handelsrecht schreibt keinen bestimmten Ort
vor, sondern legt nur fest, dass die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt
werden können (§ 239 Abs. 4 HGB). Auf schriftlichen Antrag kann das zuständige
Finanzamt allerdings auch bewilligen, dass die elektronische Bücher und sonstige
erforderliche Aufzeichnungen in einem anderen Staat der Europäischen Union geführt
und aufbewahrt werden können (§ 146 Abs. 2a AO). Unter bestimmten
Voraussetzungen ist dies auch in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums
(Island, Liechtenstein, Norwegen) möglich.
Bei der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige
Unternehmer verpflichtet sind, alle Rechnungen im Inland aufzubewahren. Werden die
Rechnungen jedoch elektronisch aufbewahrt und ist eine vollständige Fernabfrage der
Daten gewährleistet, so ist auch hier eine Aufbewahrung im übrigen
Gemeinschaftsgebiet zulässig. Das Finanzamt ist jedoch darüber zu informieren, dass die
Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden.
6.
Was passiert bei einem Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten?
Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten haben grundsätzlich dieselben
Rechtsfolgen wie ein Verstoß gegen Dokumentationspflichten. Die Buchführung
entspricht nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO, so dass die Finanzbehörde
berechtigt ist, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Werden gleichzeitig
Steuerstraftatbestände oder sonstige Straftatbestände verwirklicht, so kann die
Verletzung von Aufbewahrungspflichten auch zu Geld- oder Freiheitsstrafen führen.
Zwar kann auch höhere Gewalt (zum Beispiel Hochwasser, Feuer oder sonstige
Katastrophen) zum Verlust von Unterlagen und damit einem Verstoß gegen
Aufbewahrungspflichten führen. Jedoch kommt in diesen Fällen in aller Regel ein Erlass
etwaiger Steuern aus Billigkeitsgründen in Betracht.
7.
Wie sind die zu erwartenden Kosten für die Aufbewahrung zu berücksichtigen?
Für die zu erwartenden Aufwendung für die Aufbewahrung der Unterlagen ist in
Handels- und Steuerbilanz eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden,
weil hierfür eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht. Details zur Rückstellung für
Aufbewahrungskosten und insbesondere zur Berechnung der berücksichtigungsfähigen
Kosten enthält eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 27. Juni 2007
(S 2137 – 106 – StO 222/221).
8.
Beispiele
Folgende Beispiele verdeutlichen die Fristberechnung:
Beispiel 1:
Den Jahresabschluss für das Kalenderjahr 2009 haben Sie am 18. Juni 2010
aufgestellt. Wie lange müssen Sie den Jahresabschluss und die ihm zu Grunde liegenden
Unterlagen aufbewahren und wann können Sie die Unterlagen hierzu vernichten?
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Für den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) und die hierzu
erforderlichen Unterlagen gilt eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Sie beginnt mit
Ablauf des Jahres, in dem der Jahresabschluss aufgestellt wurde (hier: mit Ablauf des
31. Dezember 2010). Ab dem 1. Januar 2021 können die Unterlagen dann
grundsätzlich vernichtet werden.
Beispiel 2:
Ein Kunde bestellt bei Ihnen am 23. Februar 2010 Waren. Sie liefern die Waren und
schicken ihm am 9. März 2010 die Rechnung mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen.
Nachdem die Frist verstrichen ist, schicken Sie dem Kunden am 1. Juni 2010 eine
Mahnung, auf die er noch im selben Monat bezahlt. Aus dem Kontoauszug für Juni
2010 ergibt sich die Zahlung, die Sie entsprechend buchen.
Für Handels-/Geschäftsbriefe, zu denen auch Bestellunterlagen und Mahnungen zählen,
gilt eine Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren. Für Buchungsbelege wie Rechnungen
und Kontoauszüge gilt eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Die Frist beginnt
jeweils mit Ablauf des Jahres, in dem der Handels-/Geschäftsbrief empfangen oder
abgesandt wurde beziehungsweise der Buchungsbeleg entstanden ist (hier in allen
Fällen: 31. Dezember 2010). Die Bestellunterlagen und Mahnungen können daher
grundsätzlich ab dem 1. Januar 2017, die Rechnungen und Kontoauszüge grundsätzlich
ab dem 1. Januar 2021 vernichtet werden.
Hinweis
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Industrie- und Handelskammer Hannover – nur
erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit
größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung auf die inhaltliche Richtigkeit
nicht übernommen werden.
Stand: September 2010
Autor
Thorsten Kropp
Abteilung Handel und Dienstleistungen
Tel. (0511) 3107-230
Fax (0511) 3107-435
[email protected]
Industrie- und Handelskammer Hannover
Schiffgraben 49
30175 Hannover
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