1.0 Ehepaare: Wann ist die getrennte Veranlagung sinnvoll

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1.0 Ehepaare: Wann ist die getrennte Veranlagung sinnvoll
1.0 Ehepaare: Wann ist die getrennte Veranlagung sinnvoll?
Normalerweise lassen sich Eheleute gemeinsam veranlagen, weil ihre Steuerlast dadurch sinkt. Der Steuervorteil ist oft so groß, dass
manche Paare überhaupt erst deswegen heiraten. Grundsätzlich gilt: Je unterschiedlicher beide Partner verdienen, desto mehr Steuern
sparen sie durch die Zusammenveranlagung.
Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen es günstiger sein kann, sich getrennt veranlagen zu lassen. Dann muss jeder Ehegatte eine eigene
Steuererklärung abgeben und erhält vom Finanzamt einen eigenen Steuerbescheid. Seine Einkommensteuer wird nach der Grundtabelle
festgesetzt. Erlaubt ist dies für Ehepartner, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben.
2.0 Wie wähle ich die getrennte Veranlagung?
Ein Vorteil der getrennten Veranlagung ist, dass Sie sich nicht im Voraus dafür entscheiden müssen. Sie können abwarten, wie das Jahr
läuft, und währenddessen Ihre "normale" bestmögliche Steuerklassen‐Kombination nutzen. Erst beim Erstellen der Steuererklärung
prüfen Sie, ob die getrennte Veranlagung günstiger ist.
Um sich für die getrennte Veranlagung zu entscheiden, kreuzen Sie im Mantelbogen der Einkommensteuererklärung auf der ersten
Seite "Getrennte Veranlagung" an. Für die Jahre 2009 und 2010 steht das in Zeile 19. Ihr Partner kreuzt dieses Kästchen in seiner Steu‐
ererklärung ebenfalls an. Sie beide geben zwei Erklärungen mit zwei Mantelbögen ab.
3.0 Unter welchen Umständen ist die getrennte Veranlagung günstiger?
In diesen Fällen kann die getrennte Veranlagung Vorteile bringen:
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Wenn beide Partner Nebeneinkünfte von bis zu 410 Euro pro Person erzielen. Bei Zusammenveranlagung gilt diese Grenze für das
Ehepaar zusammen. Bei getrennter Veranlagung darf jeder Partner die 410‐Euro‐Grenze ausreizen.
Ist ein Ehepartner selbstständig (ohne Arbeitgeberleistung für die Zukunftssicherung), dann erhält er den vollen erweiterten Sonder‐
ausgabenabzug.
Bei Abfindungen: Der eine Ehepartner erhält eine Abfindung und hat keine anderen bedeutenden Einkünfte in diesem Jahr. Der andere
Partner hat hohe Einkünfte. Durch die getrennte Veranlagung zahlt der erste Partner weniger Steuern auf die Abfindung, als beide Part‐
ner bei Zusammenveranlagung hätten zahlen müssen.
Bei Verlusten: Ein Ehepartner erleidet im Jahr Verluste, der andere verdient normal. Wenn beide sich getrennt veranlagen lassen, kann
der erste Partner seinen Verlust in spätere Jahre übertragen oder möglicherweise mit Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnen. Der an‐
dere Partner rettet durch die Trennung Steuervergünstigungen wie zum Beispiel Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen.
Bei Zusammenveranlagung hätten sich Einkünfte und Verluste im selben Jahr ausgeglichen und die beiden zuvor genannten Vorteile
wären ungenutzt verpufft.
Bei frisch Verheirateten, wenn einer der Ehepartner noch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend machen kann.
Wenn ein Ehegatte hohe ausländische Einkünfte bezieht. Ausländische Einkünfte sind zwar meistens nicht in Deutschland steuerpflich‐
tig. Jedoch erhöhen sie den persönlichen Steuersatz des Betroffenen (so genannter "Progressionsvorbehalt"). Sie steigern somit indirekt
die Steuerlast. Die getrennte Veranlagung schützt den Partner vor diesem Progressionsvorbehalt.
Wenn einer der Ehegatten Arbeitslosengeld erhält. Auch hier bleibt bei getrennter Veranlagung die Unterstützung des Staats außen vor
(kein Progressionsvorbehalt).
Bei der Kirchensteuer, wenn der Ehegatte mit geringerem Einkommen kirchensteuerpflichtig ist und der andere keiner Konfession
angehört. Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ist das gemeinsam zu versteuernde Einkommen. Mit getrennter Veranlagung
rettet der konfessionslose Partner sein hohes Einkommen vor Papst & Co.
Bei der steuerlichen Förderung der Riesterrenten, wenn ein Ehegatte abhängig beschäftigt und der andere selbstständig ist. Die
getrennte Veranlagung führt oft zu höheren Steuervorteilen.
Steuer‐Tipp: Es handelt sich hier um komplizierte Steuervorgänge, bei denen verschiedene Gesichtspunkte ineinandergreifen. Deshalb
kann nur ein Steuerberater mit letzter Sicherheit sagen, ob sich die getrennte Veranlagung wirklich lohnt. Beziehen Sie dessen Honorar
in Ihre Vorteilsrechnung ein.
4.0 Welche Steuerklassen‐Kombination ist die beste?
Verheiratete zahlen im Lauf des Jahres weniger Steuern im Voraus ans Finanzamt, wenn sie die bestmögliche Steuerklassenkombination
für sich wählen. Zudem erhöhen sie etwaige zukünftige Gelder vom Staat, deren Höhe vom bisherigen Nettogehalt abhängt (Beispiel:
Elterngeld). Doch welche Steuerklassen eignen sich für wen? Welchen Einfluss hat der Verdienstunterschied der Ehepartner?
Für gemeinsam veranlagte Ehepaare stehen die Lohnsteuerklassen III, IV und V zur Verfügung. Bei ihrer Steuererklärung können sich
Eheleute getrennt veranlagen lassen, was in manchen Fällen finanziell sinnvoll ist. Die Wahlmöglichkeiten für Ehepaare im Überblick:
4.1 Steuerklassenkombination IV/IV
Diese Kombination kommt am häufigsten vor. Sie lohnt sich für Ehepaare, bei denen die Partner ungefähr gleich viel verdienen.
4.2 Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor (Faktorverfahren)
Diese Kombination ist seit 2010 möglich. Mit ihr wird der Splittingvorteil für Verheiratete bereits während des Jahres besser berücksich‐
tigt. Dadurch bekommt der geringer verdienende Ehepartner netto mehr ausgezahlt und eine Steuernachzahlung am Jahresende wird
vermieden.
Das Faktorverfahren eignet sich besonders für Ehepaare, bei denen der eine Partner sehr viel (mehr als 70 Prozent), der andere sehr
wenig verdient.
4.3 Steuerklassenkombination III/V
Hier wählt der Höherverdienende die Steuerklasse III, der andere die Steuerklasse V.
Diese Steuerklassenkombination hat einen entscheidenden Schönheitsfehler: Sie ist nur dann optimal, wenn der Ehepartner mit der
Steuerklasse III 60 Prozent und der Partner mit Steuerklasse V 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt. Schon geringe
Abweichungen von diesem Verhältnis führen zu einem zu geringen Lohnsteuerabzug und damit zu Steuernachzahlungen am Ende des
Jahres.
Es gilt die Faustregel: Je größer der Unterschied zwischen den Gehältern beider Ehepartner ist, desto mehr Steuern sind später nachzu‐
zahlen.
Um diesen Nachteil auszugleichen, führte der Gesetzgeber 2010 zusätzlich das so genannte Faktorverfahren ein, siehe oben.
4.4 Sonderfall Elterngeld: Steuerklassenkombination V/III
Hierbei handelt es sich um ein gerichtlich abgesegnetes Gestaltungsmodell, mit dem werdende Eltern ihr späteres Elterngeld optimie‐
ren. Die Höhe des Elterngelds hängt davon ab, wie viel Geld der betreuende Elternteil während der 12 Monate vor Geburt des Kinds
netto verdient hat. Ziel ist es also, das Nettogehalt zu drücken. Dazu wählt der später betreuende Ehepartner die Lohnsteuerklasse III,
auch wenn er der geringer Verdienende ist. Dieses vermeintlich ungünstige Modell kann dem Paar mehrere 1.000 € zusätzliches Eltern‐
geld verschaffen, wie eine Beispielrechnung des Steuer‐Schutzbriefs zeigt.
Eltern dürfen diese Steuerklassenkombination sogar dann noch wählen, wenn die Schwangerschaft bereits festgestellt wurde. Es han‐
delt sich also um keinen Gestaltungsmissbrauch.
4.5 Getrennte Veranlagung
Wenn nach Ablauf des Jahres die Steuererklärung ansteht, können sich die Eheleute außerdem getrennt veranlagen lassen, falls dies
günstiger für sie ist. Diese Wahl ist unabhängig von der Steuerklassen‐Kombination, für die sie sich im Voraus entschieden hatten.
Bei der getrennten Veranlagung wird jeder Partner steuerlich wie ein Lediger behandelt, gibt eine eigene Steuererklärung ab und erhält
vom Finanzamt einen eigenen Steuerbescheid.