Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen

Transcription

Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen
Leistungsmessung
in multinationalen Unternehmen
D I S S E RTATI O N
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenscchaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Bernd Helmar Schedler
aus
Österreich
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Reiner Fickert
und
Prof. Dr. Giorgio Behr
Dissertation Nr. 3057
Zürich, Schulthess Druck, 2005
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne
damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.
St. Gallen, den 19. April 2005
Der Rektor:
Prof. Ernst Mohr, PhD
Danksagung
DANKSAGUNG
Allen voran geht ein herzliches und umfassendes Dankeschön an meine Eltern, die uns
Kindern – neben vielen anderen Dingen – die Bedeutung von Wissen und Bildung
nahe gebracht haben und uns stets liebevoll und bedingungslos gefördert haben. Auch
war das Verfassen dieser Dissertation, gerade in der Endphase, nur durch die Unterstützung und Rücksichtnahme meiner Familie möglich.
Besonderer Dank gilt auch Herrn Prof. Reiner Fickert (Universität St. Gallen). Ohne
sein Zutun und ohne die lehrreichen Jahre am Institut für Accounting, Controlling und
Auditing (vormals Institut für Rechnungslegung und Controlling) wäre diese Arbeit
nicht in der vorliegenden Form zu Stande gekommen.
Herzlicher Dank gilt weiters dem Schweizerischen Nationalfonds, der durch seinen
Beitrag die Forschungsaufenthalte in den USA ermöglicht hat, sowie den Herren Prof.
Giorgio Behr (Universität St. Gallen) und Prof. Gerhard Müller (University of Washington), die bei der Vermittlung der hiefür notwendigen Kontakte in den USA sehr
hilfreich gewesen sind. Den Herren Prof. Tom Johnson (Portland State University)
sowie Prof. Gary Sundem (University of Washington) gebührt mein Dank für die Unterstützung vor Ort. Sie haben geholfen, bei lokalen Unternehmen die Türen für Fachgespräche zu öffnen, und hatten als Ansprechpartner für Forschungsfragen zu Performance Measurement und Activity Based Management, Accounting und anderen Bereichen stets ein offenes Ohr.
Ein grosses Dankeschön geht auch an Prof. Michel Lebas, Prof. Véronique Malleret
und Prof. Yves Pesqueux (HEC Jouy-en-Josas), denen ich die Einsichten in das im
deutschsprachigen Raum wenig bekannte Konzept des Tableau de Bord verdanke.
Des Weiteren geht mein Dank an das gesamte Finanzteam der Firma SAURER, das in
der täglichen Zusammenarbeit kontinuierlich mit praktischen Anregungen und professionellen Hinweisen in vielerlei Hinsicht zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat.
St. Gallen, im April 2005
Bernd Schedler
Inhaltsverzeichnis
Seite 1
INHALTSVERZEICHNIS
1.
EINLEITUNG
5
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
5
1.2 Aufbau der Arbeit
8
2.
LEISTUNG − EIN MEHRDIMENSIONALES KONZEPT
10
2.1 Verhalten und Resultate als Realisierungsbeitrag
10
2.2 Der «Leistungswürfel»
15
2.2.1 Die Dimension der Verantwortungsebene
16
2.2.2 Die Dimension der Form der erbrachten Leistung
17
2.2.3 Die Dimension des Zeitpunktes der Leistungserbringung
19
3.
23
LEISTUNGSMESSUNG ALS MANAGEMENTAUFGABE
3.1 Die Stellung der Leistungsmessung im Leistungsmanagement
24
3.1.1 Leistungsmanagement als strategisch-operative Schnittstelle
24
3.1.2 Leistungsmessung als Teilaufgabe des Leistungsmanagements
28
3.1.3 Abgrenzung zwischen «Management Accounting» und Leistungsmessung
31
3.1.3.1 Vom «Cost Accounting» zum «Strategic Management Accounting»
31
3.1.3.2 Die Unterstützungsfunktion des «Management Accounting»
34
3.2 Zweck der Leistungsmessung
36
3.3 Formen der Leistungsmessung
37
3.3.1 Formale Leistungsmessung
37
3.3.2 Informelle Leistungsmessung
38
3.4 Funktionen der Leistungsmessung
40
3.4.1 Die Beobachtungs- und Lernfunktion
41
3.4.2 Die Kommunikations- und Steuerungsfunktion
42
3.4.3 Die Motivationsfunktion
44
3.4.4 Die Integrationsfunktion
45
3.5 Leistungsindikatoren
48
3.5.1 Leistungsindikatoren als Messobjekte
48
3.5.2 Arten von Leistungsindikatoren
50
3.5.3 Qualitätskriterien von Leistungsindikatoren
51
3.5.3.1 Relevanz
52
Seite 2
Inhaltsverzeichnis
3.5.3.2 Zuverlässigkeit
53
3.5.3.3 Wesentlichkeit
54
3.5.3.4 Konsistenz
56
3.5.3.5 Effektivität
58
3.5.3.6 Zuordenbarkeit
60
3.5.3.7 Vergleichbarkeit
61
3.5.3.8 Vorhersagekraft
63
3.5.3.9 Verfügbarkeit
64
3.5.3.10 Verständlichkeit
66
3.5.3.11 Kosten-Nutzen-Effizienz
67
3.6 Besonderheiten der Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen
68
3.6.1 Das Beziehungsgeflecht zwischen Zentrale und «Reporting Unit»
69
3.6.2 Die geographische Distanz
74
3.6.3 Die kulturelle Distanz und sprachliche Barriere
76
3.6.4 Die Transferpreis- und Steuerproblematik
77
3.6.5 Der Einfluss von Wechselkursen, Inflation und Zinsen
79
3.7 Zusammenfassung der Grundlagen der Leistungsmessung
81
4.
83
SYSTEME DER LEISTUNGSMESSUNG
4.1 Der «Return on Investment» (ROI)-Ansatz
85
4.1.1 Ursprung und Ziele des ROI-Ansatzes
85
4.1.2 Inhalte und Methoden des ROI-Ansatzes
85
4.1.2.1 Der ursprüngliche ROI-Ansatz bei DU PONT
85
4.1.2.2 Der ROI-Ansatz heute
88
4.1.3 Beurteilung des ROI-Ansatzes
90
4.2 Der «Shareholder Value» Ansatz
92
4.2.1 Ursprung und Ziele des «Shareholder Value»-Ansatzes
92
4.2.2 Inhalte und Methoden des «Shareholder Value»-Ansatzes
94
4.2.2.1 Die «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode
94
4.2.2.2 Der Economic Value Added (EVA) gemäss Stewart
102
4.2.3 Beurteilung des «Shareholder Value» Ansatzes
109
4.3 Der «Tableau de Bord» Ansatz
122
4.3.1 Ursprung und Ziele des «Tableau de Bord» Ansatzes
122
4.3.2 Inhalte und Methoden des «Tableau de Bord» Ansatzes
125
4.3.2.1 Kontinuierliche verantwortungsträgerspezifische Anpassung
125
4.3.2.2 Kurzfristige Orientierung und Emanzipation gegenüber dem Rechnungswesen
128
4.3.2.3 Die ziel- und handlungsorientierte Ausgestaltung auf Basis des Leistungsmodells
132
Inhaltsverzeichnis
Seite 3
4.3.2.4 Die grafische Darstellung einer limitierten Anzahl von Kernerfolgsindikatoren
136
4.3.3 Beurteilung des «Tableau de Bord» Ansatzes
139
4.4 Der «Balanced Scorecard»-Ansatz
145
4.4.1 Ursprung und Ziele des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
145
4.4.2 Inhalte und Methoden des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
149
4.4.2.1 Die Strategie im Zentrum
149
4.4.2.2 Die Kundenperspektive
151
4.4.2.3 Die Perspektive der internen Geschäftsprozesse
151
4.4.2.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive
152
4.4.2.5 Die finanzielle Perspektive
153
4.4.2.6 Die «Scorecard» als Instrument des strategischen Managements
155
4.4.3 Beurteilung des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
157
4.5 Gesamtbeurteilung der vorgestellten Systeme
164
4.5.1 Beurteilung anhand der Anwendungsmöglichkeiten im «Leistungswürfel»
164
4.5.2 Beurteilung anhand von Qualitätskriterien
166
4.5.3 Beurteilung anhand der Störanfälligkeit im multinationalen Umfeld
169
4.5.4 Auswirkungen auf die Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen
170
5.
EMPIRISCHE ERHEBUNGEN
175
5.1 Konzeption der empirischen Erhebungen
175
5.1.1 Grundsätzliche Überlegungen
175
5.1.2 Expertenbefragung mittels Fragebogen
178
5.1.2.1 Untersuchungsgesamtheit, Rücklaufquote
178
5.1.2.2 Aufbau und Auswertung
181
5.1.3 Expertenbefragung mittels Fachgespräch
182
5.1.3.1 Durchführung und Gesprächscharakter
182
5.1.3.2 Auswertung
183
5.1.4 Darstellung der Resultate der empirischen Erhebungen
183
5.2 Organisationsform der «Reporting Units»
184
5.3 Verantwortlichkeiten der «Reporting Units»
188
5.3.1 Relative Häufigkeit der einzelnen Verantwortlichkeiten
191
5.3.2 Gemeinsame Nennung von Verantwortlichkeiten
196
5.3.3 Verantwortlichkeiten in Abhängigkeit von der Rechtsform
197
5.4 Indikatoren zur Messung der Leistung von Reporting Units
199
5.4.1 Gesamtüberblick nach Leistungsaspekten
200
5.4.1.1 Profitabilität
202
Seite 4
Inhaltsverzeichnis
5.4.1.2 Wachstum
204
5.4.1.3 Kosteneffizienz
205
5.4.1.4 Liquidität
207
5.4.1.5 Konkurrenten
208
5.4.1.6 Mitarbeiter
210
5.4.1.7 Qualität
211
5.4.1.8 Kunden
213
5.4.1.9 Innovation
214
5.4.1.10 Sonstige Indikatoren
215
5.4.2 Gesamtüberblick nach einzelnen Leistungsindikatoren
216
5.4.3 Leistungsindikatoren, delegierte Verantwortlichkeiten und Organisationsform
219
5.4.4 Kernindikatoren
221
5.5 Zweck der Leistungsmessung
225
5.6 Entwicklungstendenzen
228
6.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
232
6.1 Theorie und Praxis der Leistungsmessung
232
6.2 Leistungsmessung in Grossunternehmen – Quo vadis?
249
7.
ANHANG
253
7.1 Anhang 1: Muster AG
254
7.2 Anhang 2: Fragebogen zur Leistungsmessung
260
8.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
266
9.
BIBLIOGRAPHIE
270
Einleitung
1.
Seite 5
EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Leistung und Leistungsmessung sind zwei zentrale Themenbereiche in der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis: Unternehmen werden zum Zweck der Nutzengenerierung gegründet und Leistung ist der diesbezügliche Realisierungsbeitrag. Aussagen über Wirkung und Gestalt der Leistung werden jedoch erst über die Leistungsmessung möglich.1
Seit der Entstehung divisionalisierter Grossunternehmen im 19. Jahrhundert wurden
die für die Führung dieser Gebilde eingesetzten Techniken und Methoden zusehends
weiterentwickelt und professionalisiert. Dies trifft auch auf die Leistungsmessung zu.
Leistung wurde zunächst vielfach entweder mit Produktivität oder mit finanziellem
Erfolg gleichgesetzt. Gerade in divisionalisierten Grossunternehmen, in denen Manager und Eigentümer immer seltener die selben Personen waren, war es wünschenswert,
ein möglichst standardisiertes Leistungsverständnis zu entwickeln, um so die Ressourcenallokation und andere unternehmerische Entscheidung möglichst nachvollziehbar
zu gestalten. Traditionelle Finanzkennzahlensysteme wie etwa der bei DU PONT gegen Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte ROI-Baum waren genau auf diese formalen Bedürfnisse zugeschnitten.
Die Finanzkennzahlensysteme wurden seither laufend verfeinert und erweitert, aber
auch deren Unzulänglichkeiten thematisiert. Mit der zunehmenden Börsenkapitalisierung von Unternehmen und einem zeitgleich stattfindenden «Mergers & Acquisitions»-Boom werden in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts der mehr oder
weniger willkürlich abgrenzbare Periodenerfolg und darauf beruhende Rentabilitätsaussagen einer harschen Kritik unterzogen. Es wird von verschiedener Seite gefordert,
dass Unternehmen periodenübergreifend als Investment zu betrachten sind, deren Zielsetzung in der Maximierung des Unternehmenswertes aus Sicht der Eigentümer liegt
(«Shareholder Value»). Verschiedene «Shareholder Value»-Konzepte, unter ihnen der
1
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.1 und Abschnitt 3.2.
Seite 6
Einleitung
«Discounted Cash Flow»-Ansatz sowie der «Economic Value Added»-Ansatz, propagieren daher eine wertorientierte Unternehmensführung als Handlungsmaxime.2
Etwa zur gleichen Zeit setzt die Kritik an den traditionellen Finanzkennzahlen von
zweiter Seite auf breiter Basis ein: Die Reengineering Diskussion3 und in deren Gefolge die Fokussierung auf die Unternehmensprozesse löst eine wahre Welle der Kritik
an diesen Finanzansätzen aus. So wird auch im Rechnungswesen die Forderung nach
einer Rückbesinnung auf die eigentlichen Prozesse im Unternehmen (Prozesskostenrechnung, «Activity Based Costing») und damit einhergehend die Forderung nach
Einbeziehung nicht-finanzieller Aspekte in das betriebliche Leistungsverständnis laut.
Basierend auf dem prozessorientierten Managementgedanken und der Erweiterung des
«Management Accounting» zu einem «Strategic Management Accounting»4 wird
schliesslich eine stärkere Ausrichtung der formalen Leistungsmessung5 auf die Strategie und die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen gefordert und ein
mehrdimensionales Leistungsverständnis als Lösung propagiert. Die «Balanced Scorecard» hat in diesem Zusammenhang internationale Beachtung gefunden6, ähnliche
Denkansätze wie etwa das französische Tableau de Bord sind jedoch schon früher
entwickelt worden.
Diese Forderungen – «Shareholder Value»-Orientierung, Prozessorientierung und
mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung – sind in sehr kurzer Folge als
Schlagworte und Modethemen an die Unternehmen herangetragen und in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur zu «Performance Management» und «Performance
Measurement» entsprechend aufgearbeitet worden. Obwohl in der Theorie umfassend
diskutiert, erweckt oft schon ein flüchtiger Blick in die Alltagspraxis von Grossunternehmen den Eindruck, dass noch bei weitem nicht alle Unternehmen einem prozessorientierten, wertfokussierten oder gar mehrdimensionalen Ansatz der Leistungs-
2
3
4
5
6
In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff «Shareholder Value» für alle Ansätze verwendet, die eine explizite Wertorientierung aufweisen.
Für ein wegweisendes Standardwerk hierzu: Hammer/Champy (1993).
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.3.1.
Zur «formalen» Leistungsmessung vergleiche Abschnitt 3.3.
Zu dieser Beobachtung vergleiche beispielsweise: Silk (1998), Marr (2001), Williams (2001), Anonym
(2001), Rigby (2001).
Einleitung
Seite 7
messung verpflichtet sind. Auch herrscht zum Teil Verwirrung darüber, wie diese Ansätze zusammenhängen und welchen Ansprüchen sie gerecht werden können.7
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, basierend auf einem strukturierten Grundverständnis von Leistung und Leistungsmessung, anhand aus Sicht der Entwicklung in der
Leistungsmessung repräsentativ gewählter Systeme der Leistungsmessung deren Stärken und Schwächen sowie deren Einsatzmöglichkeiten, Unterschiede und Zusammenhänge aufzuzeigen. Zudem soll anhand einer empirischen Überprüfung geklärt werden, in welchem Umfang das entsprechende theoretische Gedankengut tatsächlich in
die Praxis der Leistungsmessung in Grossunternehmen Eingang gefunden hat und welche Schlussfolgerungen sich dadurch zu Anspruch und Wirklichkeit in der Leistungsmessung sowie zur deren weiteren Entwicklung ableiten lassen.
Zu diesem Zweck ist zum einen das Phänomen der Leistung zu thematisieren und zu
zeigen wie Leistungsmanagement und Leistungsmessung zusammenhängen, welche
Anforderung an Leistungsindikatoren als Objekte beziehungsweise Instrumente der
Leistungsmessung zu stellen sind und welchen Anforderungen die ausgewählten Systeme der Leistungsmessung aus konzeptioneller Sicht tatsächlich genügen können.
Zum anderen wurde für die empirischen Untersuchungen der Fokus auf die Praxis der
Leistungsmessung in multinationalen Grossunternehmen gelegt, konkret auf die Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Berichtseinheit. Dieser
Untersuchungsfokus lässt sich dadurch begründen, dass gerade Grossunternehmen
wegen Ihrer Grösse besonders stark auf die formale Leistungsmessung angewiesen
sind. Die multinationale Aufstellung wirkt auf die formale Leistungsmessung tendenziell bedeutungssteigernd (z.B. aufgrund der geographischen und kulturellen Distanz)
aber zugleich auch komplexitätserhöhend (z.B. wegen Wechselkurs- oder Transferpricing-Einflüssen).8 Gemäss diesen Überlegungen zeigt sich die grundlegende Ausprägung der formalen Leistungsmessung daher vermutlich dort am deutlichsten, wo
diese tendenziell für das Leistungsmanagement besonders wichtig ist: in der Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit in Grossunternehmen. Die empirische Erhebung mittels Fragebogen wurde daher bewusst auf
diese Leistungsbeziehung ausgerichtet.
7
8
Vergleiche hierzu auch: Fickert (2004), 707f.
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6
Seite 8
Einleitung
1.2 Aufbau der Arbeit
Der Aufbau der vorliegenden Arbeit ist schematisch in Abbildung 1 zusammengefasst.
Nach den einleitenden Ausführungen zu Ziel und Aufbau der Arbeit in Kapitel 1 werden in Kapitel 2 Begriff und Konzept der Leistung untersucht und im Leistungswürfel
der mehrdimensionale Charakter der Leistung zum Ausdruck gebracht. In Kapitel 3
wird anschliessend die Leistungsmessung («Performance Measurement») als Teil des
Leistungsmanagements («Performance Management») dargestellt und die Leistungsindikatoren als Messobjekte thematisiert. Es wird gezeigt, dass Leistungsmessung als
Managementaufgabe zu verstehen ist und nicht mit dem internen Rechnungswesen
gleichgesetzt werden kann. Ebenso werden die Besonderheiten der Leistungsmessung
in einem multinationalen Umfeld umrissen.
Nach diesen grundlegenden Aussagen zur Leistung und zur Leistungsmessung werden
in Kapitel 4 ausgewählte Systeme der Leistungsmessung thematisiert und deren Stärken und Schwächen beurteilt. Diese sind so gewählt, dass sie möglichst die wichtigsten Entwicklungsstufen der formalen Leistungsmessung in Grossunternehmen repräsentieren. Es werden beginnend mit einem traditionellen Finanzkennzahlensystem (am
Beispiel «Return on Investment», ROI) über die explizit wertorientierten «Shareholder
Value»-Systeme (anhand der Beispiele «Discounted Cash Flow» und «Economic
Value Added») bis hin zu den mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung
(anhand der Beispiele «Tableau de Bord» und «Balanced Scorecard») verschiedene
Konzepte vorgestellt und einer konzeptionellen Gesamtwürdigung unterzogen.
In Kapitel 5 werden die Ergebnisse der empirischen Erhebungen in multinationalen
Grossunternehmen präsentiert, die sich auf die Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units konzentrieren. Es wird gezeigt,
welche Verantwortungen tendenziell an die ausländischen Berichtseinheiten delegiert
werden und welche Aspekte der Leistung über die Leistungsindikatoren abgebildet
werden.
Aus dem Vergleich der empirischen Beobachtungen gemäss Kapitel 5 mit der zuvor
dargestellten Entwicklung der Systeme der Leistungsmessung gemäss Kapitel 4 werden in Kapitel 6 Schlussfolgerung über Theorie und Praxis in der Leistungsmessung
gezogen und Erwartungen in Bezug auf deren Weiterentwicklung formuliert.
Einleitung
Seite 9
Abbildung 1: Aufbau der vorliegenden Arbeit9
Kapitel 1:
Einleitung
Ziele, Aufbau
Kapitel
Kapitel2:
2:
Leistung
Leistung
Leistungswürfel
Leistungswürfel
Kapitel
Kapitel3:
3:
Leistungsmessung
Leistungsmessung
Leistungsindikatoren
Leistungsindikatoren
Kapitel
Kapitel4:
4:
Ausgewählte
Systeme
Ausgewählte Systeme
ROI,
ROI,SHV,
SHV,BSC,
BSC,TDB
TDB
Kapitel 5:
Empirische Erhebungen zur Leistungsmessung
Fokus: Unternehmenszentrale Æ ausländische Reporting Unit
Kapitel 6:
Schlussfolgerungen
9
Verwendete Abkürzungen: ROI = Return on Investment, SHV = Shareholder Value, BSC = Balanced
Scorecard, TDB = Tableau de Bord.
Seite 10
2.
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
LEISTUNG − EIN MEHRDIMENSIONALES
KONZEPT
2.1 Verhalten und Resultate als Realisierungsbeitrag
Bevor Leistung gemessen und beurteilt werden kann, muss zunächst eine Vorstellung
darüber vorhanden sein, was Leistung eigentlich ist und anhand welcher Phänomene
sie sich zeigt.
Im allgemeinen Sprachgebrauch10 umfasst der Begriff «Leistung» den Grad einer körperlichen oder psychischen Beanspruchung sowie auch deren Ergebnis. Je nach Anwendungsbereich werden der Leistung dann weitere Bedeutungen zugeordnet. In der
Physik beispielsweise ist Leistung als die in einer Zeitspanne verrichtete Arbeit beziehungsweise als aufgenommene oder abgegebene Energie definiert, die Physiologie
setzt sie mit der Funktionstüchtigkeit eines Organs oder Organsystems gleich.
Diese Definitionen lassen sich grundsätzlich als Analogie auch auf die Leistung eines
Unternehmens übertragen. In der Managementliteratur − sowohl in populärwissenschaftlichen als auch in akademischen Veröffentlichungen − ist die Verwendung des
Begriffes «Leistung» und seines englischen Pendants «Performance»11 jedoch weniger
einheitlich.12 Die Leistung nimmt zwar implizit eine zentrale Position ein, wenn es um
«Performance Management», «Performance Measurement», «Management by Objectives», Planung und Budgetierung, «Balanced Scorecards», leistungsabhängige Entlohnung, Definition von Verantwortungsbereichen oder ähnliche Themen geht, die
jeweils zu Grunde liegende Definition von Leistung wird jedoch nur selten explizit
erwähnt.13
10
11
12
13
Der allgemeine Sprachgebrauch wurde anhand von Lexikoneinträgen sowie anhand der Verwendung des
Begriffes im Internet ermittelt.
Zur Semantik des Begriffes «Performance»: Corvellec (1995), 21ff.
Zu dieser Beobachtung und Beispielen aus der Managementliteratur: Emmanuel et al. (1990), 31.
Zu dieser Beobachtung vergleiche etwa: Meyer/Zucker (1989), 65.
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Seite 11
Dieses Defizit soll hier vermieden werden: In der vorliegenden Arbeit werden unter
dem Begriff der Leistung eines Unternehmens, einer Berichtseinheit oder eines Mitarbeiters sowohl Handlungen als auch die Ergebnisse von Handlungen subsumiert.14
Leistung kann sich demnach nicht nur darin äussern, dass etwas auf eine ganz bestimmte Art und Weise mit einem ganz bestimmten Ergebnis vor Augen getan wird
(verhaltensorientierte Sicht)15, sondern sie kann sich auch im Resultat dieser Aktivitäten zeigen (ergebnisorientierte Sicht).16 Diese Definition umschliesst somit sowohl die
Anstrengungen, die im Hinblick auf das Erreichen von Zielen unternommen werden,
als auch die daraus resultierende Zielerreichung beziehungsweise den Zielerreichungsgrad. Da Leistung, um beeinflussbar zu sein, sinnlich wahrnehmbar sein muss, können
das diesbezügliche Verhalten und dessen Resultate auch als Phänomene der Leistung
bezeichnet werden (siehe Abbildung 2).
Dabei ist Leistung − wie sie hier verstanden wird − nichts Absolutes, sondern ein
kontextabhängiges Konzept. Vergleicht man beispielsweise die Leistung eines
Schwergewichtsboxers mit der Leistung eines Marathonläufers, so stellt man fest, dass
jede Disziplin ihr eigenes Verständnis von Leistung und Erfolg anwendet. Jede Sportart hat ihre eigenen Regeln und Messtechniken und stellt unterschiedliche Anforderungen an die Athleten in Bezug auf körperliche Kraft, Durchhaltevermögen, Konzentration, Geschicklichkeit oder graziöses Auftreten.
Abbildung 2: Phänomene der Leistung
LEISTUNG
Handlungen, Aktivitäten,
Verhalten
14
15
16
Ergebnisse von Handlungen,
Resultate
Vergleich hierzu: Gleich (2001), 36.
Zur Leistung als Verhalten vergleiche etwa: Hannabuss (1987), 150.
Die ergebnisorientierte Sicht der Leistung zeigt sich etwa in der Messung von Leistungsindikatoren wie
z.B. Gewinn, ROI, Free Cash Flow, EVA. Vergleich hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.
Seite 12
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Analog zu diesem Beispiel aus der Welt des Sports verhält es sich auch mit der Leistung von Unternehmen oder Unternehmensteilen: Jedes «Business» hat seine eigenen
Regeln und Messtechniken und kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Auch hier entscheidet das Leistungsverständnis des Messenden (z.B. Manager,
Eigenkapitalgeber, Mitarbeiter, Greenpeace-Aktivist) über die Einstufung als gute oder
schlechte Leistung und über die Beurteilung des Erfolges. Eine umsatzbasierte Reihung in den «Fortune 500» ist genauso wenig ein absoluter Leistungsindikator wie der
in der Bilanz ausgewiesene Gewinn, ein Aktienkurs, ein Mitarbeiterzufriedenheitsindex oder ein Umweltverträglichkeitszertifikat.
In einer kybernetischen Sichtweise kann ein Unternehmen als soziales System interpretiert werden, dessen zentrale Zielsetzung − gleich einem lebenden Organismus − in
der Existenzerhaltung liegt.17 Diese Sichtweise spiegelt sich implizit auch in der gängigen Betrachtung eines Unternehmens als «Going Concern». Die Anspruchsgruppen
des Unternehmens18 − unter ihnen die Eigentümer als sehr einflussreiche Untergruppe
− werden in der Regel von der Erwartungshaltung getragen, dass das Unternehmen
seine Geschäftstätigkeit auch in Zukunft fortsetzen wird, dass dementsprechend unter
dem Gesichtspunkt der langfristigen Geschäftsfortführung gewirtschaftet wird und
dass zusätzlich ein Nutzen generiert wird.19
Folglich kann unternehmerische Leistung in ihrer breitesten Definition als Anstrengung oder Resultat der Anstrengung in Hinblick auf die langfristige Lebensfähigkeit
und die Nutzengenerierung definiert werden: Je besser sich ein Unternehmen an die
sich ständig verändernden Anforderungen des Marktes (z.B. für Kapital, Arbeit, Informationen, Produkte) und der Marktteilnehmer (Anspruchsgruppen) reaktiv anpassen oder diese proaktiv beeinflussen kann, desto stärker ist tendenziell seine Wettbewerbsfähigkeit und desto grösser sind seine Überlebenswahrscheinlichkeit und sein
Erfolg in Bezug auf die Nutzengenerierung.20
17
18
19
20
Zu den Grundlagen des Unternehmens als lebensfähiges System vergleiche etwa: Beer (1979), Beer (1988).
Für ein Beispiel dafür, dass die Lebensfähigkeit auch als Begründung für ein finanzorientiertes Konzept wie
den «Shareholder Value» herangezogen werden kann: Rappaport (1998), 5f. Copeland et al. (2002), 35ff.
Für einen Überblick über die Anspruchsgruppen eines Unternehmens: Janisch (1992), Sauter-Sachs (1992).
Ein Unternehmen, das keinen Nutzen generiert ist «nutzlos» und hat keine Existenzberechtigung. Zum Zusammenhang zwischen «Wirtschaften» und «Wert schaffen» vergleiche: Stührenberg et al. (2003), 1.
Es erstaunt daher nicht, dass bei einer empirischen Befragung deutscher Unternehmen «Wettbewerbsfähigkeit» und «Sicherung des Unternehmens» die Rangfolge der Unternehmensziele anführten. Vergleiche
hierzu: Happel (2002), 280.
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Seite 13
Diese eher abstrakten Überlegungen überzeugen zwar durch ihre Einfachheit, für die
Bewältigung der täglichen Geschäftsaufgaben in einem Unternehmen liefern sie in
dieser generellen Form aber nur wenig konkrete Anhaltspunkte. Leistung im Sinne
einer «Erhaltung der langfristigen Überlebensfähigkeit» kann nicht umfänglich anhand
einer ganz bestimmten Kennzahl gemessen werden und auch für die Nutzengenerierung existiert keine allgemein anerkannte und unumstrittene Kennzahl.21 Für den
praktischen Gebrauch im Unternehmensalltag scheinen sich Führungskräfte daher
doch eines spezifischen Verständnisses darüber bedienen zu müssen, wie den Leistung
aus ihrer Sicht definiert ist und wie Leistung in ihrem konkreten Umfeld erbracht, gemessen und beurteilt werden kann. Visionen und Strategien beschreiben zu diesem
Zweck den Weg zur Lebens- und Entwicklungsfähigkeit eines Unternehmens und verdeutlichen das jeweilige Unternehmensverständnis in Bezug auf die Nutzengenerierung. Folglich drückt Leistung in Form von Anstrengungen oder Resultaten daher
grundsätzlich den Beitrag zur Realisierung von Strategien und Visionen aus (siehe
Abbildung 3).
Je nach Unternehmensverständnis können die Lebensfähigkeit und die Nutzengenerierung eines Unternehmens ihren Ausdruck in Form von «Stakeholder Value», «Shareholder Value»22 oder einzelnen Teilaspekten dieser Konzepte finden.23 Die Erzielung
von Gewinnen, die Maximierung von freien Cash Flows oder die Erzeugung von Mitarbeiterzufriedenheit sind in dieser Sichtweise nur einige Beispiele aus der Vielfalt
von möglichen Unterzielen. Genauso wie sich das Unternehmensverständnis und die
konkreten Strategien und Visionen verschiedener Unternehmen voneinander unter21
22
23
Auch wenn dieser Anspruch von verschiedenen Vertretern des «Shareholder Value» oder des «Stakeholder
Value» immer wieder erhoben wird.
Vergleiche hierzu aber auch Bischoff (1994), 172. Bischoff führt aus, dass die Überlebenssicherung in einem Shareholder Value-Ansatz nur Mittel zur Wertsteigerung ist und kein Selbstzweck, da ein rational handelnder Eigentümer kein Interesse an der Sicherung des Überlebens wertvernichtender Unternehmen hat.
Diese Ausführungen zeigen, dass die Frage, ob der «Shareholder Value» die ultimative Kennzahl ist, die direkt oder indirekt die Interessen aller relevanten Anspruchsgruppen berücksichtigt, oder ob der «Stakeholder Value» die ultimative Handlungsmaxime ist, der sich der «Shareholder Value» unterzuordnen hat, in
der einschlägigen Literatur umstritten ist. Für eine ausführliche Diskussion der verschiedenen Argumentationen vergleiche: Hachmeister (2000), 29ff. Auf breiter Basis akzeptiert wird jedoch, dass eine Nutzengenerierung ohne Lebensfähigkeit nicht möglich ist und umgekehrt. Die Lebensfähigkeit und die Nutzengenerierung werden in Abbildung 3 daher auf die gleiche Stufe gestellt.
Eine Aufzählung und Wertung der diesbezüglichen Ansätze wird an dieser Stelle unterlassen, da die
Diskussion über den eigentlichen Sinn und Zweck eines Unternehmens nicht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht. Zu den wichtigsten Anspruchgruppen dürfen aber die Shareholder, die Kunden und die
Mitarbeiter gezählt werden. Vergleiche hierzu beispielsweise: George (2003), 36ff. Zu den Zusammenhängen zwischen Mitarbeiternutzen («Employee Value»), Kundennutzen («Customer Value»)und «Shareholder Value» vergleiche auch: Payne et al. (2000).
Seite 14
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
scheiden können, genauso kann sich folglich auch das Leistungsverständnis und somit
die Ausgestaltung der Leistungsmessung eines ganz bestimmten Unternehmens vom
Leistungsverständnis anderer Unternehmen unterscheiden.
In der vorliegenden Arbeit bezieht sich Leistung als Resultat oder Realisierungsbeitrag
daher immer auf die Realisierung von Zielen, unabhängig davon wie die individuelle
inhaltliche Ausgestaltung dieser Ziele unternehmensspezifisch vorgenommen wird.
Einen Vorschlag für ein «Framework» zur grundsätzlichen Klassifizierung der Leistung und zur Verdeutlichung des jeweiligen Leistungsverständnisses präsentiert der
«Leistungswürfel» im folgenden Abschnitt.
Abbildung 3: Leistung als Realisierungsbeitrag
LEBENSFÄHIGKEIT,
NUTZENGENERIERUNG
STRATEGIE
LEISTUNG
generelles Ziel,
Unternehmensverständnis
Konkrete Ziele,
Weg zum generellen Ziel
Realisierung der Ziele,
Schritte zum Ziel
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Seite 15
2.2 Der «Leistungswürfel»
Als Ausgangspunkt für ein strukturiertes Leistungsverständnis bietet der «Leistungswürfel» in Abbildung 4 ein dreidimensionales Modell zu einer übersichtsmässigen
Klassifizierung des Begriffes «Leistung».24 Er strukturiert die Leistung eines Unternehmens anhand von drei Dimensionen:
• die Dimension der Verantwortungsebene, der die Leistung zuzuordnen ist (Unternehmensebene, Team- beziehungsweise Prozessebene, individuelle Ebene),
• die Dimension der Form der Leistung (finanzielle, operative und soziale Form) und
• die Dimension des Zeitpunktes der Leistungserbringung (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft).
Abbildung 4: Dimensionen der Leistung − der «Leistungswürfel»
24
Vergleiche hierzu auch Shenar/Dvir (1996). Die Autoren definieren dort ein mehrdimensionales Leistungsmodell («Success Dimensions»), das sich über drei Organisationsebenen (Gesamtunternehmen, Business
Unit, Projekt) und vier Zeithorizonte (sehr kurzfristig, kurzfristig, langfristig, sehr langfristig) erstreckt.
Seite 16
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
2.2.1 Die Dimension der Verantwortungsebene
Die Dimension der Verantwortungsebene bezieht sich auf den Verantwortungsbereich,
der die Leistung erbringt oder zumindest für sie verantwortlich zeichnet, und differenziert zwischen einer individuellen Ebene, einer Team- beziehungsweise Prozessebene
und einer Unternehmensebene.25
Die individuelle Ebene repräsentiert hierbei die Leistung einer einzelnen Person, der
die Verantwortung für einen ganz bestimmten Tätigkeitsbereich zugeordnet werden
kann. Die Teamleistung26 hingegen ist das Ergebnis der Aktivitäten einer Gruppe von
Personen (z.B. eine Abteilung, ein Projektteam oder ein Prozessteam), die für die Abwicklung einer bestimmten Aufgabe oder eines bestimmten Prozesses zuständig ist.
Die Summe aus allen individuellen Leistungen und Teamleistungen führt schliesslich
zur Leistung des Unternehmens beziehungsweise einer Geschäftseinheit27 (Division,
Business Unit, Reporting Unit, etc.).
Die Unternehmensleistung ist, zumindest vereinfacht dargestellt, grundsätzlich das Resultat der Teamleistungen, die Teamleistung wiederum hängt von den Einzelleistungen
ab. Für jede dieser Ebenen können Leistungsindikatoren definiert werden, die so gewählt sein sollten, dass von der Leistung jeder Ebene Rückschlüsse auf die Leistung
der übergeordneten und nachgelagerten Ebene gezogen werden können. Dabei steht
mehr der logisch-konsistente Zusammenhang der Leistungsindikatoren im Vordergrund und nicht die Forderung nach Vollständigkeit oder streng mathematischer Additivität der Leistungsdaten.28 Auch kann für Zwecke der Leistungsbeurteilung eine
strikte, eindeutige Unterscheidung zwischen den verschiedenen Ebenen in manchen
Fällen schwierig, unmöglich oder gar unerwünscht sein. Dies ist zum Beispiel der Fall,
wenn die Leistungsbeurteilung eines Managers (individuelle Ebene) vom Erfolg der
von ihm geführten Geschäftseinheit (Unternehmensebene) abhängen soll.
25
26
27
28
Diese Dreiteilung lehnt sich an die Ausführungen von Rummler/Brache an, die in ihrem Leistungskonzept
zwischen dem «Organizational Level», dem «Process Level» und dem «Job/Performer Level» unterscheiden. Vergleiche hierzu: Rummler/Brache (1990), 15ff.
Zur Teamleistung («Team Performance») und zu den «Team Performance Measurement Systems» vergleiche: MacBryde/Mendibil (2003), 722ff.
Die Leistung einer Geschäftseinheiten wird ebenfalls als Unternehmensleistung bezeichnet, da diese wie ein
«Unternehmen im Unternehmen» geführt werden kann.
Zu dieser Forderung vergleiche etwa: Dixon et al. (1990), 138. Vergleiche hierzu auch die die Ausführungen zur «Konsistenz» von Leistungsindikatoren in Abschnitt 3.5.3.4.
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Seite 17
2.2.2 Die Dimension der Form der erbrachten Leistung
Die zweite Dimension fokussiert sich auf die Form, in welcher die Leistung erbracht
und beobachtbar wird. Diese Dimension soll verdeutlichen, dass die finanzielle Leistung, welche in finanziellen Leistungsindikatoren (z.B. Gewinn, Umsatz, Kosten, Aktienkurs, Free Cash Flow, EVA) oder in «finanznahen» Leistungsindikatoren (z.B.
Marktanteil29) ihren Ausdruck finden kann, nur einer von mehreren Aspekten der unternehmerischen Leistung ist.
Obwohl gerade in Hinblick auf die Verpflichtungen gegenüber den Eigentümern des
Unternehmens die finanzielle Leistung ein dominantes Unternehmensziel sein kann,
sind die Faktoren, welche zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen, in der
Regel nicht strikt finanzieller Natur. Finanzielle Leistung kann daher je nach Unternehmensverständnis sowohl Ausdruck der Lebensfähigkeit und der Nutzengenerierung
selbst sein30, kann aber auch als Mittel zur Finanzierung der verschiedenen anderweitigen Anstrengungen zur Realisierung der Lebensfähigkeit betrachtet werden.31 Während die finanzielle Leistung somit gleichsam eine Art zentralen Aspekt der Leistung
darstellt, beinhaltet ein breiteres, mehrdimensionales Leistungsverständnis weitere
Leistungsaspekte, welche so verschieden sein können wie die Erfolgspotentiale32 und
Erfolgspositionen33, die in der Strategie ihren Ausdruck finden. Im Leistungswürfel
wird als Strukturierungshilfe die finanzielle Form der Leistung von der operativen und
der sozialen Form der Leistung differenziert.34
29
30
31
32
33
34
Der Marktanteil ist zwar ein nicht-finanzieller Leistungsindikator, aber in seinem Charakter mehr resultatals ursachenbezogen. Da er zudem in unmittelbarem Zusammenhang mit finanziellen Resultaten wie Umsatz, Gewinn oder ROI steht, wird er hier als «finanznah» bezeichnet. Zur Unterscheidung von finanziellen,
finanznahen, und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren vergleiche auch die Ausführungen in Abschnitt
3.5.2.
Lebensfähigkeit und Nutzengenerierung werden dann anhand der beobachtbaren finanziellen Resultate
gemessen. Vergleiche hierzu etwa: Bischoff (1994), 172.
Vergleiche hierzu etwa: Espejo et al. (1996), 227.
Der Begriff «Erfolgspotential» geht auf Gälweiler zurück und umschliesst das gesamte Gefüge aller jeweils
produkt- und marktspezifischen erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die spätestens dann bestehen müssen,
wenn es um die Erfolgsrealisierung geht. Vergleiche hierzu: Gälweiler (1990).
Der Begriff «Erfolgsposition» geht auf Pümpin zurück und stellt eine Erweiterung der produkt- und
marktspezifischen «Erfolgspotentiale» gemäss Gälweiler um alle in irgendeiner Form wesentlichen wettbewerbsrelevanten Aspekte dar. Vergleiche hierzu: Pümpin (1992), 31ff.
Die Literatur zu den Erfolgspotentialen führt bei der Unterscheidung der verschiedenen Untergruppen von
Erfolgspotentialen eine feinere Differenzierung durch. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Wesentlichkeit soll diese Differenzierung bei der Klassifizierung der Leistung aber nicht nachvollzogen werden.
Der «Leistungswürfel» bleibt daher bewusst auf die Dreiteilung in eine finanzielle, operative und soziale
Seite 18
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Operative Leistung im Sinne der vorliegenden Arbeit bezieht sich auf die konkreten
ausführenden Aktivitäten und deren direkten materiellen und immateriellen Ergebnisse. Diesbezügliche Leistungsindikatoren haben oftmals nicht-finanziellen Charakter. Zu ihnen zählen etwa die Anzahl der neu entwickelten Produkte, die geleisteten
Arbeitsstunden, die Produktivität sowie die Qualität von Produkten oder Prozessen.
Mit dem Aufkommen von Konzepten wie «Activity Based Management», «Time Based Management» oder «Total Quality Management» haben diese Leistungsaspekte in
den 80er Jahren 20. Jahrhunderts starke Beachtung erfahren.
Die soziale Leistung schliesslich basiert auf der Idee, dass ein Unternehmen auf unterschiedliche Art und Weise die Bedürfnisse mehrerer Anspruchsgruppen zu befriedigen
hat und nicht nur diejenigen der Eigentümer.35 Eine solchermassen umfassende Sichtweise der Leistung weist − im Sinne der vorliegenden Arbeit − etwa auch eine
menschliche, eine kulturelle, eine ethische, oder eine ökologische Komponente auf.36
So besteht die Leistung einer Führungskraft im Unternehmensalltag nicht nur aus
«Hitting the Numbers» (im Sinne des Erreichens von konkreten finanziellen Zielen),
sondern zu einem wesentlichen Bestandteil auch aus dem «richtigen» Verhalten in der
«Unternehmens-Szene». Dies zeigt sich etwa in der Einordnung in soziale Regeln bezüglich Kleidung und Vokabular oder in der Schaffung eines Images als verlässliches
und akzeptiertes Teammitglied.37 Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Quantifizierung der sozialen Leistung nicht immer ein leichtes Unterfangen ist. Als mögliche
Leistungsindikatoren bieten sich beispielsweise die Ergebnisse von Untersuchungen
zur Mitarbeiterzufriedenheit, das Image des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber,
Fluktuationsraten, Abwesenheitsstatistiken oder im Umweltbereich die Anzahl von
ökologischen Störfällen an.
35
36
37
Form der Leistung beschränkt. Zu den Untergruppen von Erfolgspotentialen vergleiche etwa: Sauter (1997),
231.
Dies heisst jedoch nicht, dass alle «Stakeholder» automatisch einen begründeten Anspruch auf
Berücksichtigung haben. Die Wahl der unternehmensspezifisch relevanten Anspruchsgruppen hängt vom
Unternehmens- und Leistungsverständnis der Eigentümer und der Manager ab. Vergleiche hierzu etwa:
Kaplan (1997w), 8.
Zur sozialen Komponente der Unternehmensleistung: Wood (1991), 383ff. Graves/Waddock (1994),
1034ff. Clarkson (1995), 92ff.
Vergleiche hierzu: Jackall (1988), 62.
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Seite 19
Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Leistungsebenen lässt sich, wiederum
vereinfacht, so darstellen, dass ein Unternehmen, welches über ein positives Image in
Bezug auf soziale Faktoren verfügt (gute Bezahlung, interessante und sinnstiftende
Aufgabe, realistische Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten etc.), tendenziell die
besseren Chancen aufweist, auf dem Arbeitsmarkt für gute und innovative Mitarbeiter
und starke Führungskräfte attraktiv zu sein.38 Gut ausgebildete, motivierte und geführte Mitarbeiter wiederum können ein entscheidender Faktor für die operative Leistung und schliesslich den finanziellen Erfolg sein. Der finanzielle Erfolg wiederum
generiert finanzielle Mittel, welche unter anderem in die Mitarbeiter, die Verbesserung
von Prozessen oder technologische Weiterentwicklungen reinvestiert werden können.
Diese gegenseitigen Einflüsse hängen von der spezifischen Situation des jeweiligen
Unternehmens ab und sind in Realität komplexer als der soeben musterhaft beschriebene Kreislauf. Wichtig ist jedoch die Grundaussage, dass die verschiedenen Formen
der Leistung Interdependenzen aufweisen und dass jede Form ihren Beitrag zur langfristigen Lebensfähigkeit des Unternehmens leisten kann.
2.2.3 Die Dimension des Zeitpunktes der Leistungserbringung
Die dritte Dimension des «Leistungswürfels» bezieht sich schliesslich auf den Zeitpunkt, zu welchem die Leistung tatsächlich erbracht wird. Eine Klassifizierung, die
nicht immer einfach vorzunehmen ist.
Die vergangene Leistung bereitet vergleichsweise wenig Schwierigkeiten. Sie orientiert sich vorwiegend an den Resultaten und hat somit einen eher ergebnisorientierten,
statistischen Charakter. Die zu Grunde liegenden Aktivitäten sind bereits historische
Geschehnisse und können nicht mehr verändert werden. So sind die meisten «traditionellen» Kennzahlen des Rechnungswesens39 (z.B. Umsatz, Kosten, Gewinn, ROI) als
Indikatoren für vergangene Leistungen zu klassifizieren. Sie werden üblicherweise von
der Bilanz oder der Erfolgsrechnung abgeleitet, welche ihrerseits − sofern nicht als
38
39
Dieser Zusammenhang zwischen Reputation und Performance gilt jedoch eher im langfristigen Bereich und
nicht generell. Empirische Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass Reputation mehr ein Ergebnis von
finanzieller Performance als umgekehrt finanzielle Performance ein kurzfristiges, direktes Resultat einer
guten Reputation ist. Vergleich hierzu: Rose/Thomsen (2004).
Zum Begriff der «traditionellen» Kennzahlen des Rechnungswesens: Ezzamel (1992) 19ff.
Seite 20
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Planbilanz oder Planerfolgsrechnung vorliegend − auf den historischen Informationen
der doppelten Buchführung beruhen. Aber auch nicht-finanzielle Indikatoren wie etwa
Informationen über Marktanteile oder monatlich geleistete Arbeitsstunden sind − falls
nicht als Plandaten verwendet − die Resultate vergangener Leistungen.
Schwieriger ist die Messung der gegenwärtigen Leistung, da jedes Messergebnis im
Grunde bereits auf ein historisches Ereignis hindeutet. Die gegenwärtige Leistung, wie
sie in dieser Arbeit verstanden wird, ist im Gegensatz zur vergangenen Leistung stärker an den Handlungen und am Verhalten ausgerichtet als an den Resultaten. Gegenwärtige Leistung bezieht sich also auf die während oder unmittelbar nach einer Leistungshandlung beobachtbaren Veränderungen eines Leistungsphänomens.
Zum Zweck der Leistungsmessung ist die Abgrenzung zwischen Vergangenheit und
Gegenwart daher willkürlich vorzunehmen und die jeweilige Situation der untersuchten Leistungseinheit zu berücksichtigen. Es muss, abhängig vom jeweiligen Kontext,
die Zeitspanne definiert werden, welche durch den Begriff «Gegenwart» repräsentiert
werden soll. Die Resultate des letzten Jahres, des letzten Quartals oder des letzten Monats werden dabei wohl meist in den Bereich der vergangenen Leistung fallen, während etwa Indikatoren über die Leistung der letzten Woche, des jeweiligen Arbeitstages oder des gerade hergestellten Produktionsloses eher als gegenwärtige Leistung in
Frage kommen.
Da Finanzinformationen aus der Bilanz und Erfolgsrechnung im Vergleich zu den
ihnen zu Grunde liegenden Leistungshandlungen normalerweise einen relativ langen
Zeithorizont aufweisen, sind sie als Indikatoren der gegenwärtigen Leistung oftmals
weniger geeignet. Hier dominieren folglich mehr nicht-finanzielle Leistungsgrössen
(beispielsweise aus den Bereichen Produktivität oder Qualität), welche als Vorlaufgrössen für zukünftige finanzielle Resultate betrachtet werden können.40 Dieser Zusammenhang darf auch als einer der treibenden Faktoren für die Verbreitung der bereits erwähnten Ansätze des «Activity Based Management», des «Time Based Management» oder des «Total Quality Management»41 in den 80er Jahren und von mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts
40
41
Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zu den «Leading Indicators» in Abschnitt 4.4.2.5.
«Total Quality Management» (TQM) umfasst sowohl die Konformität zu vordefinierten Qualitätsstandards
(im Sinne einer relativen Abwesenheit von Defekten) als auch die Befriedigung von Kundenbedürfnissen.
Vergleiche hierzu Geanuracos/Meiklejohn (1993), 44.
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Seite 21
gesehen werden. Diese Konzepte sind unter anderem darauf ausgerichtet, Leistungsinformationen zur Verfügung zu stellen, welche den operativen Aktivitäten zeitlich
näher gelagert sind als die traditionellen Kennzahlen des Rechnungswesens.
Die wohl am schwierigsten zu erfassende Zeitebene, vor allem aus Sicht der Leistungsmessung, ist die der «zukünftigen Leistung». Diese Ebene orientiert sich an den
zukünftigen Geschehnissen, an der Weiterentwicklung des Unternehmens und seiner
Leistungseinheiten. Diese Leistungsebene hat daher einen dynamischen, unsicheren,
hypothetischen und für subjektive Einschätzungen empfänglichen Charakter.
Eine Messung zukünftiger Ereignisse zu einem zeitlich vorgelagerten Augenblick ist
grundsätzlich nicht möglich, es können bestenfalls potentielle Ereignisse sowie deren
Ausprägung und Eintrittswahrscheinlichkeiten prognostiziert und abgeschätzt werden.
Daraus können Problem resultieren wie sie etwa aus den Bereich der Budgetierung
(z.B. Setzen von unrealistischen Zielsetzungen, subjektiver Charakter von Plandaten)
oder diversen Varianten der mehrperiodigen «Shareholder Value»-Berechnung (z.B.
Prognoseproblem bei der Abschätzung von zukünftigen Cash Flows42) bekannt sind.
Trotz solcher und anderer Einschränkungen kann eine grundsätzliche Klassifizierung
von Leistung, wie sie dem «Leistungswürfel» in Abbildung 4 zugrunde liegt, bei der
Leistungsmessung von Nutzen sein. Ein solches Modell liefert den Ansatz für ein
strukturiertes Verständnis über die möglichen Dimensionen von Leistung und kann
helfen, den Fokus, aber möglicherweise auch die Defizite und Einschränkungen, der
zu untersuchenden Systeme der Leistungsmessung zu veranschaulichen.
Es liefert somit auch den Raster zur Einordnung der vorliegenden Arbeit. Diese ist in
Bezug auf die Verantwortung eindeutig auf der Unternehmensebene angesiedelt. Ausländische Reporting Units können in multinationalen Firmen als Unternehmen im Unternehmen betrachtet werden, unabhängig davon ob sie als selbständige Rechtseinheiten oder als «virtuelle» Berichtseinheiten aufgestellt sind. Für die Untersuchung der
Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit spielen
die Team/Prozess- und Individualleistung eine untergeordnete Rolle.
42
Zum «Prognoseproblem»: Vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.3.
Seite 22
Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept
Bei den Formen der Leistung werden alle Ebenen des Leistungswürfels untersucht.
Gerade mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung wie die «Balanced Scorecard»43 erheben den Anspruch, eben nicht nur finanzielle Leistungsformen zu berücksichtigen, sondern diese durch Messgrössen aus dem operativen und eventuell sozialen
Bereich zu ergänzen. Inwieweit hier auf Stufe Unternehmensebene Theorie und Praxis
übereinstimmen ist Teil der Untersuchungsaufgabe der vorliegenden Arbeit.
Ebenso sind alle Zeitebenen des Leistungswürfels in den in Abschnitt 4 diskutierten
Systemen der Leistungsmessung vertreten. So repräsentieren beispielsweise finanzielle
Leistungsindikatoren wie der «Return on Investment» oder der für eine ganz bestimmte Periode nachträglich ermittelte EVA als «Lagging Indicators»44 die vergangene
Leistung. Die bereits angesprochenen nicht-finanziellen Indikatoren der «Balanced
Scorecard» oder des «Tableau de Bord»45 decken den Gegenwartsteil des Leistungswürfels ab. Konzepte wie die mehrperiodig als «ex ante» Rechnung ausgelegte «Discounted Cash Flow» Methode46 oder die «ex ante» Berechnung des «Market Value
Added»47 ergänzen die Zukunftsperspektive.
43
44
45
46
47
Zur «Balanced Scorecard»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.4.
Zu den «Lagging Indicators»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.4.2.5. Zum «Return on Investment»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.1. Zum «EVA»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.2.
Zum «Tableau de Bord»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.3.
Zur «Discounted Cash Flow»-Methode: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.1.
Zurm «Market Value Added»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.2.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.
Seite 23
LEISTUNGSMESSUNG ALS
MANAGEMENTAUFGABE
In Abschnitt 2 wurde Leistung als mehrdimensionaler Realisierungsbeitrag vorgestellt,
der sich in Form von Verhalten und Resultaten zeigen kann. Genauso wie sich Leistung und Strategie unterscheiden lassen, genauso lassen sich auch die diesbezüglichen
Managementtätigkeiten dem strategischen Management oder dem Leistungsmanagement zuordnen.
Im vorliegenden Kapitel soll zunächst die Gesamtaufgabe des Leistungsmanagements
(«Performance Management»48) vorgestellt werden und die Leistungsmessung («Performance Measurement»49), welche im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht, als eine
von mehreren Teilaufgaben in einem Gesamtmodell des Leistungsmanagements lokalisiert werden. Durch die Abgrenzung zum internen Rechnungswesen wird das «Performance Measurement» nochmals als Führungsaufgabe betont. Nachdem die Leistungsmessung auf diese Weise konzeptionell im Instrumentarium der Unternehmensführung eingeordnete wurde, werden anschliessend der Zweck, die Funktionen, die
Ziele und – mit den Leistungsindikatoren - die Instrumente der Leistungsmessung diskutiert. Da den Leistungsindikatoren als Messobjekte in der Leistungsmessung eine
zentrale Rolle zukommt, werden deren Qualitätskriterien dargelegt. Am Ende des Kapitels wird schliesslich der Einfluss der Multinationalität auf die Leistungsmessung
erörtert.
48
49
Leistungsmanagement wird hier als Synonym für den englischsprachigen Begriff «Performance Management» verwendet. Für eine sozialwissenschaftliche Einordnung des «Performance Managements»: Thorpe/
Beasley (2004).
«Leistungsmessung» wird hier als Synonym für den englischsprachigen Begriff «Performance Measurement» verwendet. Der teilweise in der deutschen Managementliteratur anzutreffenden Gleichsetzung von
«Performance Measurement» mit «mehrdimensionaler Leistungsmessung» wird in der vorliegenden Arbeit
nicht gefolgt. Vergleiche hierzu: Günther/Grüning (2002), 5.
Seite 24
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.1 Die Stellung der Leistungsmessung im Leistungsmanagement
3.1.1
Leistungsmanagement als strategisch-operative Schnittstelle
Der aus dem Englischen entlehnte Begriff «Management» kann mit dem Synonym
«Führung» umschrieben werden und beinhaltet im deutschen Sprachgebrauch zwei
Bedeutungen: Einerseits repräsentiert die «funktionale» Bedeutung des Begriffes (im
Sinne von «Führungstätigkeit») alle Aufgaben beziehungsweise Tätigkeiten, welche
die Leitung eines Unternehmens in allen ihren Bereichen mit sich bringt50, andererseits
steht die «institutionelle» Bedeutung des Begriffes (im Sinne von «Führungskräfte»)
für die Gesamtheit der Träger der Führungstätigkeiten auf den verschiedenen hierarchischen Stufen.51
Die Aufgabe eines Managers besteht darin, Resultate durch die Handlungen anderer
Personen zu erzielen.52 Die Managementtätigkeit ist daher, im Gegensatz zu ausführenden Tätigkeiten, an eine Weisungskompetenz gebunden. Sie lässt sich in abstrakter
Form als kreisförmige Denkweise darstellen, welche sich aus den Grundaufgaben
«Entscheiden» (beziehungsweise «Planen»), «In-Gang-Setzen» und «Kontrollieren»
zusammensetzt (siehe Abbildung 5).53
Folgt man der Klassifizierung von Anthony et al., so können diese Führungsaktivitäten
grundsätzlich auf drei verschiedenen Ebenen stattfinden: auf der «Strategic Planning»Ebene, auf der «Management Control»-Ebene, und auf der «Task Control»-Ebene.54
Dabei bezieht sich die strategische Planung auf die langfristig ausgerichteten, oft unregelmässig stattfindenden Führungstätigkeiten, welche Strategien, Regeln und langfristige Ziele produzieren. Das strategische Management als Oberbegriff umfasst (in Ana-
50
51
52
53
54
Gabler (1992), 2179.
Bleicher (1988), 465.
Anthony et al. (1988), 7.
In Anlehnung an: Ulrich (1984), 54. Bleicher (2004), 55. Diese Darstellung soll jedoch nicht zur Schlussfolgerung verleiten, dass nicht auch Manager ausführende Tätigkeiten wahrzunehmen hätten. Zu einer ähnlichen Darstellung als «Plan–Do–Check–Act»-Kreislauf vergleiche aber auch Wealleans (2001), 122.
Für einen Überblick zu Begriffen «Strategic Planning», «Management Control» und «Task Control» vergleiche: Anthony et al. (1988), 10ff und 42. In der Erstauflage im Jahr 1965 wurde die «Task Control» noch
als «Operational Control» bezeichnet. Vergleiche hierzu Anthony (1965). Zu «Management Control» vergleiche auch: Horngren et al. (2005), 383.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 25
logie zu Abbildung 5) neben der Strategieentwicklung auch die Strategieumsetzung
und die Strategieüberprüfung.55
Die Strategien des strategischen Managements wiederum liefern den Rahmen für die
«Management Control»-Aufgaben, welche periodisch stattfinden und auf die Implementierung der Strategien abzielen. Der Begriff «Management Control» ist hierbei aus
semantischer Sicht etwas unglücklich gewählt, da er sowohl Planungs- als auch Kontrolltätigkeiten umspannt. Ein zentrales Anliegen hierbei ist, mit Fokus auf das jeweilige Geschäftsjahr und auf die verschiedenen Verantwortungsbereiche, die Steuerung
der Effektivität und der Effizienz der Unternehmensaktivitäten innerhalb eines mittelfristigen Zeithorizonts.
Abbildung 5: Kreisförmige Denkvorstellung im Management
ENTSCHEIDEN
Sollwert
bestimmen
Massnahmen
bestimmen
Soll- und IstWerte vergleichen
KONTROLLIEREN
FÜHREN
Istwerte
erfassen
Massnahmen
anordnen
IN-GANG-SETZEN
AUSFÜHREN
55
In Anlehnung an: Pümpin/Geilinger (1988), 8ff.
Seite 26
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Der Begriff Leistungsmanagement («Performance Management»), wie er in der vorliegenden Arbeit verstanden wird, entspricht weitgehend dieser «Management Control»Funktion, stellt jedoch durch die abweichende Begriffswahl mehr die Leistung denn
die Planung und Kontrolle in den Vordergrund. Leistungsmanagement beschäftigt sich
primär mit der aktiven Führung von Leistung. Im Fokus des Leistungsmanagements
steht daher die Realisierung einer vorgegebenen Strategie und die diesbezügliche Führung des Verhaltens und der Resultate von Unternehmen und Unternehmensteilen.56
Der hierfür relevante Zeithorizont ist unternehmensspezifisch und umfasst die anhand
von konkreten Prognosen zur erwarteten Unternehmensentwicklung planbare Zukunft
(üblicherweise etwa die nächsten 1-3 Jahre) sowie die in den Informationen der aktuellen Berichtsperiode abgebildete Vergangenheit. Die durch das Leistungsmanagement
im konkreten Fall abgedeckte Zeitspanne ist dabei abhängig von der Dynamik und
Komplexität des Unternehmensumfeldes, von den angewendeten Managementprozessen, von der zur Verfügung stehenden Infrastruktur sowie vom Willen, Wissen und
der Erfahrung der involvierten Personen.
Das operative Management schliesslich, welches von Anthony als «Task Control» bezeichnet wird, konzentriert sich auf die Führung ganz spezifischer, klar definierter
Aufgaben (z.B. ein Auftrag, eine Aktivität) und hat daher sehr kurzfristigen, auf die
konkrete Ausführung gerichteten Charakter. Mit dem Aufkommen von prozessorientierten Konzepten wie beispielsweise dem «Activity Based Management» verwischen
sich allerdings die Grenzen zwischen «Task Control» und «Management Control» zunehmend: Das Leistungsmanagement, wie es hier verstanden wird, dringt in seinem
Führungsverständnis − etwa durch die Verwendung nicht-finanzieller Kennzahlen −
immer weiter in den operativen Bereich vor. Die Abgrenzung zwischen Leistungsmanagement und operativem Management ist daher nicht immer eindeutig möglich oder
sinnvoll.
Die Unterscheidung zwischen strategischem Management, Leistungsmanagement und
operativem Management verweist daher mehr auf verschiedene Entscheidungshorizonte denn auf konkrete Inhalte oder die hierarchische Stellung. Jede Entscheidung des
Leistungsmanagement besitzt in der Regel auch strategische Relevanz und kann nur
56
Planung und Kontrolle sind in dieser Sichtweise Managementtätigkeiten, welche die Realisierung unterstützen. Die begriffliche Trennung zwischen strategischem Management und Leistungsmanagement reflektiert
auch die bereits in Abschnitt 2.1 vorgenommene Trennung zwischen Strategie und Leistung.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 27
durch Anbindung an operative Prozesse realisiert werden. So ist beispielsweise die
Defektrate im Produktionsprozess das Ergebnis einer operativen Tätigkeit, dennoch
kann sie als Leistungsindikator im Leistungsmanagement verwendet werden und zugleich ein zentrales Erfolgspotential des strategischen Managements verkörpern. Strategisches Management, Leistungsmanagement und operatives Management sind daher
nicht von einander getrennt ablaufende, klar abgrenzbare Managementaufgaben, sondern ergänzen sich gegenseitig und werden in der Unternehmenspraxis von den handelnden Führungspersönlichkeiten zugleich ausgeübt, wenn auch in unterschiedlicher
Ausprägung.57 Nicht Inhalte, sondern der Entscheidungshorizont (und somit die Art
der Verwendung von Inhalten) unterscheidet diese drei Aufgabenbereiche. Das Leistungsmanagement bildet dabei gleichsam die Schnittstelle zwischen strategischem und
operativem Management (siehe Abbildung 6).58
Abbildung 6: Die Interdependenz der Managementaufgaben
strategisches Management
Leistungsmanagement
operatives Management
57
58
Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers sowie auf Angaben in den Fachgesprächen.
Zu einer Anwendung eines ähnlichen Leistungsmanagement-Ansatzes auf die Balanced Scorecard: Kaplan/
Norton (2001), 245.
Seite 28
3.1.2
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Leistungsmessung als Teilaufgabe des Leistungsmanagements
Überträgt man die kreisförmige Managementvorstellung aus Abbildung 5 auf das Leistungsmanagement, bedeutet dies, dass zunächst basierend auf der Strategie und dem
jeweiligen Leistungsverständnis über die Ziele und Teilziele des Unternehmens Klarheit erzielt werden sollte, um in Folge Verantwortlichkeiten definieren sowie geeignete Leistungsindikatoren und deren Sollwerte bestimmen zu können.
Aus diesen Zielsetzungen können Massnahmen abgeleitet und angeordnet werden.
Management und Mitarbeiter bemühen sich, diese Massnahmen durch ihre ausführenden Tätigkeiten in die Tat umzusetzen und so auf die angestrebten Ziele hinzuarbeiten.
Im Rahmen der Leistungsmessung werden die Istwerte der Leistungsindikatoren erfasst und mit den Sollwerten verglichen und einer Leistungsbeurteilung unterzogen.
Diese Aufgaben sind grundsätzlich Managementtätigkeiten, können aber durch das
Rechnungswesen, das Controlling oder aber auch andere Funktionsbereiche koordiniert und unterstützt werden.59 Aus der Synthese der kreisförmigen Denkvorstellung
im Management mit der «Management Control»-Funktion ergibt sich somit ein Kreislauf, welcher als Leistungsmanagement-Modell zusammengefasst werden kann (siehe
Abbildung 7).60
Das Leistungsmanagement umspannt gemäss diesem Kreislaufmodell:
• die Planung von Leistungszielen für den jeweiligen Verantwortungsbereich und die
Einbindung dieser Ziele in den quantitativen Budgetierungsprozess,
• die Zuweisung von Verantwortung (z.B. durch die konkrete Ausgestaltung von Verantwortungsbereichen und die damit verbundene Allokation von Ressourcen und
Kompetenzen oder durch das Anordnen von konkreten Massnahmen),
• die Messung der tatsächlich von den Verantwortungsbereichen erbrachten Leistung
(Leistungsmessung, «Performance Measurement») und das Weiterleiten der so erfassten Leistungsindikatoren an die jeweiligen Adressaten («Reporting»),
59
60
Zum Beitrag des Rechnungswesen beziehungsweise des Controlling vergleiche: Abschnitt 3.1.3.2.
Zum inneren Kreis des Leistungsmanagement vergleich auch: Horngren et al. (2005), 383. Die Autoren
verwenden hier jedoch den Begriff «Management Control».
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 29
• die Analyse und Beurteilung der Leistungsindikatoren und, im Idealfall, die hierauf
basierende Honorierung der Mitarbeiter in Form von leistungsabhängiger Belohnung beziehungsweise Entlohnung und
• das Ziehen von Rückschlüssen über das Zusammenspiel der einzelnen Handlungen
und Resultate in diesem Kreislauf und, im Sinne eines «Continuous Improvement»
oder «Organizational Learning»61, die Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen bei künftigen Managementaufgaben
Abbildung 7: Leistungsmanagement-Modell
61
Für eine Klassifikation der Elemente des «Organizational Learning» siehe: Nevis et al. (1998), 136. Die
Autoren weisen unter anderem explizit auf die Bedeutung der Leistungsmessung und der festgestellten
Leistungslücken («Performance Gaps») als treibende Faktoren der Wissensgenerierung hin.
Seite 30
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Die Leistungsmessung ist somit eine Teilaufgabe des Leistungsmanagements.62 Sie ist
als Führungstätigkeit dem funktionalen Managementbegriff zuzuordnen. Die Leistungsmessung ist demnach keine isolierte, ausführende Tätigkeit, sondern repräsentiert
im Rahmen des Leistungsmanagements eine vom Umfeld des Unternehmens massgeblich geprägte Managementaufgabe. Abbildung 7 beschränkt sich auf die Darstellung des internen Leistungsumfeldes, welches im Vergleich zum externen Umfeld63
tendenziell stärker durch bewusste Führungsmassnahmen direkt beeinflussbar ist. Zu
den zentralen Faktoren des internen Umfeldes zählen:
• die Strategische Planung, da sie in Form von Strategien und langfristigen Zielen die
Leitplanken für das Leistungsmanagement absteckt,
• die Organisationsstruktur, da sie über die Definition von Kompetenz- und Verantwortungsbereichen Raum für die Leistungserbringung schafft,
• die Unternehmenskultur und der Führungsstil des Managements64, da sie als Grundlagen der Leistungsmessung die Wertvorstellungen, die Sprache, die Verhaltensregeln und die Machtverhältnisse im Unternehmen zum Ausdruck bringen,
• die Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens, die sich im verfügbaren intellektuellen und finanziellen Kapital manifestieren, da das Leistungsmanagement und
die ausführende Leistungserbringung wissensbasierte Prozesse sind, deren Aufbau
und Unterhalt finanziert werden müssen. Das «Intellektuellen Kapitals»65 fliesst
zum Beispiel in Form von Mitarbeiterpotential, Kundenbeziehungen, Prozessen
oder Routinen in den Leistungsmanagement-Kreislauf ein, kann aber auch in Form
von geistigem Eigentum66 (Patente, Lizenzen, etc.) greifbar sein.
62
63
64
65
66
Vergleiche hierzu etwa: Rummler/Brache (1990), 167. “Measurement is the key ingredient in performance
management.”
Zum externen Leistungsumfeld eines Unternehmens gehören etwa: wirtschaftliche Faktoren (Wettbewerbssituation, volkswirtschaftliche Entwicklungen etc.), politische Faktoren (politische Länderrisiken, Gesetze
etc.), soziale Faktoren (Wertewandel, Ansprüche der Gesellschaft, etc.) oder ökologische Faktoren (Umweltauflagen, Ressourcenverknappung etc.).
Vergleiche hierzu beispielsweise die empirische Untersuchung von Bayo-Moriones/de Cerio (2002), welche
den Zusammenhang zwischen «High-Committment-Kultur» und Leistung zeigt. Kein signifikanter Zusammenhang besteht jedoch zwischen Unternehmensperformance und CEO-Charisma: Tosi et al. (2004).
Zum Humanvermögen («Intellectual Capital») vergleiche: Hudson (1993), Stewart (1997), Klein (1998).
Kaplan/Norton (2004). Bayer (2004). Vergleiche aber auch die Ausführungen zum «Knowledge Stock»:
Hitt et al. (2003). Wird «Intellectual Capital» solchermassen als Resource verstanden, sollte es nicht als
Kostenfaktor, sondern als Investment betrachtet werden. Als investiertes Kapital kann es somit nicht nur
werterzeugende sondern auch wertvernichtende Wirkung haben. Vergleiche hierzu: Pulic (2004), 62ff.
Zum geistigen Eigentum («Intellectual Property») und dessen Rolle in einem multinationalen Umfeld:
Verlinden et al. (2004).
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 31
3.1.3 Abgrenzung zwischen «Management Accounting» und Leistungsmessung
Der gemeinsame Vorgang des «Messens» sowie die inhaltlichen und geschichtlichen
Zusammenhänge von «Management Accounting» (betriebliches Rechnungswesen)
und Leistungsmessung können zu einem diesbezüglich undifferenzierten Sprachgebrauch verleiten. Auf den folgenden Seiten wird daher kurz dargelegt, wie sich Management Accounting und Leistungsmessung in der Vergangenheit einander inhaltlich
angenähert haben und wie sich die beiden Aufgaben heute noch voneinander unterscheiden lassen.
3.1.3.1 Vom «Cost Accounting» zum «Strategic Management Accounting»
Einige der Methoden und Praktiken, welche heute mit dem betrieblichen Rechnungswesen assoziiert werden, wurden bereits im 19. Jahrhundert von Produktionsbetrieben,
Eisenbahngesellschaften und Handelshäusern eingesetzt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diese Techniken unter dem Begriff «Kostenrechnung» («Cost Accounting») subsumiert.67 Die Ziele und Aufgaben der Kostenrechnung bestanden hierbei
vor allem in der operativen Kontrolle durch Ermittlung von Produkt- oder Prozesskosten.
In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat sich das «Management Accounting»
immer mehr als Weiterentwicklung des bereits existierenden «Cost Accounting»
emanzipiert, und sich durch eine stärkere Ausrichtung auf die betriebliche Entscheidungsfindung von diesem abgehoben.68 Als vermutlich eines der ersten (englischsprachigen) Werke zu einem solchen betrieblichen Rechnungswesen hat sich das 1950 von
William J. Vatter veröffentlichte Buch «Managerial Accounting» mit Themen wie Kosten-Volumen-Zusammenhängen, «Break Even»-Berechnungen, «Standard Costing»,
flexibler Budgetierung, Abweichungsanalyse oder der Ermittlung von Gemeinkostensätzen beschäftigt.69 Vatter umschreibt dabei die Aufgabe des betrieblichen Rech-
67
68
69
Zu dieser Beobachtung: Anthony (1989), 1ff. Vergleiche hierzu aber auch: Johnson/Kaplan (1991), Kapitel
2 und 3.
Zur Entwicklung vom «Cost Accounting» zum «Management Accounting»: Mattessich (1980), 209f. Shank
(1988), 19. Horngren (1989), 22ff.
Vergleiche hierzu: Vatter (1950).
Seite 32
Leistungsmessung als Managementaufgabe
nungswesens als systematische Sammlung von Fakten über die detaillierten, innerhalb
des Unternehmens ablaufenden Operationen. Dies beinhaltet die Prozesse der internen
Kontrolle, die Minimierung von Fehlern, Missbrauch und Verschwendung in den operativen Tätigkeiten, die Erstellung und Handhabung von Budgets, die entscheidungsorientierte Interpretation von Kosten und Umsatzdaten in Bezug auf organisatorische
Verantwortungsbereiche sowie die Handhabung der diesbezüglichen operativen Informationen in systematischen Standardabläufen.70 Dieses Grundverständnis unterscheidet sich nur geringfügig von aktuellen Definitionen zum «Management Accounting», wonach dessen Aufgabe darin liegt, finanzielle und andere Informationen zu
analysieren, zu rapportieren und schliesslich die Aufmerksamkeit des Managements
auf die relevanten Aspekte zu richten.71
Seit den 80er und frühen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts äussern verschiedene Autoren vermehrt ihre Zweifel an der Effektivität und Praktikabilität «traditioneller»
Rechnungswesensysteme, welche gleichzeitig den Anforderungen der Planung, der
Entscheidungsfällung, der Leistungsmessung und der externen Rechnungslegung72
dienen sollen. Die passive Rolle des Rechnungswesens, sein rein interner Fokus, seine
fehlende Genauigkeit, der teilweise irreführende Charakter der erzeugten Informationen und seine zu starke Ausrichtung auf die Anforderungen der externen Berichterstattung sind dabei häufig genannte Kritikpunkte.73
Aus dieser Kritik haben sich in der Folge zwei grundsätzliche Denkrichtungen entwickelt:74 Einerseits die «Accuracy School of Management Accounting», deren implizite Zielsetzung unter anderem darin besteht, durch verfeinerte Rechnungswesensysteme die Genauigkeit der Produktkosten zu erhöhen, und die für Ansätze wie beispielsweise das «Activity Based Costing» verantwortlich zeichnet.75 Andererseits die
70
71
72
73
74
75
Vergleiche hierzu: Vatter (1950), 98.
In Anlehnung an: Horngren et al. (2003), 8f. Horngren et al. (2005), 5f. Die Autoren verwenden hierfür die
Begriffe «Problem Solving», «Score Keeping» und «Attention Directing». Diese Dreiteilung geht auf eine
frühe Klassifizierung der «Management Accounting»-Funktionen durch Simon et al. (1954) zurück.
Die externe Rechnungslegung kann auch als «finanzielles Rechnungswesen» («Financial Accounting»)
bezeichnet werden. Der Begriff «Financial Accounting» (als Gegenstück zum «Management Accounting»)
wird hier aus semantischen Gründen jedoch bewusst nicht verwendet, da jede Form des Rechnungswesen,
die mit Geldeinheiten rechnet, im Grunde als finanzielles Rechnungswesen bezeichnet werden kann. Vergleiche hierzu auch: Solomons (1965), 38.
Als Standardwerke für diese Kritikpunkte vergleiche: Kaplan (1984a). Johnson/Kaplan (1991).
Zu dieser Beobachtung: Kawada/Johnson (1993), 36.
Als Beispiele hierfür siehe etwa: Cooper/Turney (1990). Banker et al. (1990). Cokins et al. (1993).
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 33
Denkrichtung des «Strategic Management Accounting»76, welche mehr eine stärkere
Anbindung des betrieblichen Rechnungswesens an das strategische Management denn
die Berechnung der «wahren» Kosten von Produkten oder Prozessen anstrebt.77 Dabei
werden bewusst die Grenzen des Unternehmens überschritten und − analog zum Vorgehen des strategischen Managements − die klassischen Finanzzahlen durch nicht-finanzielle Informationen über das externe Umfeld des Unternehmens ergänzt (siehe
Abbildung 8).78
Abbildung 8: Die Entwicklung im Management Accounting
- Anbindung an
die Strategie
- Planen
- Entscheiden
- Operative Kontrolle
- Produktkosten
- Prozesskosten
COST
ACCOUNTING
MANAGEMENT
ACCOUNTING
STRATEGIC
MANAGEMENT
ACCOUNTING
- In-Gang-Setzen
- Kontrollieren
76
77
78
- Anbindung an das
externe Umfeld
Zum strategischen Rechnungswesen («Strategic Management Accounting»), welches auch die strategische
Kostenrechnung («Strategic Cost Accounting») umschliesst: Simmonds (1981). Shank/Govindarajan
(1988). Dimnik/Kudar (1989). Tricker (1989). Wilson (1990). Bromwich (1990). Wilson (1990). Bromwich
(1991). Wilson (1991). Teall (1992). Ward (1992). Dixon/Smith (1993). Kawada/Johnson (1993).
Ward/Grundy (1996). Trussel/Bitner (1998). Stenzel/Stenzel (2003), 242ff. Zum im deutschsprachigen
Raum geläufigeren Begriff des «strategischen Controlling» vergleiche: Horvath (1985), 99ff. Der Beitrag
eines solchen strategischen Controlling, welches die finanziellen Analysen basierend auf dem betrieblichen
Rechnungswesen umfasst und um strategische Aspekte ergänzt, zum gesamten Kreislauf des
Leistungsmanagements kann in folgenden Aufgaben gesehen werden: (a) Vorschläge für die Übersetzung
von Strategien in Ziele, Kennzahlen und Anreize generieren und diese kommunizieren, (b) relevante
Informationen erfassen und aufbereiten, (c) die Evaluation von Informationen mit Bezug zu den Strategien
unterstützen, sowie (d) Wissen über die Beziehung zwischen Strategien, Umsätzen und Kosten generieren
und kommunizieren. Für weitere Ausführungen zum «strategischen Controlling» vergleiche auch:
Reichmann (2001), 539ff.
Zu dieser Beobachtung: Shank/Govindarajan (1988), 19. Shank (1989), 48.
Vergleiche hierzu beispielsweise die Forderung nach einem unternehmensübergreifenden «X-Performance
Measurement»: Horváth (2003).
Seite 34
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.1.3.2 Die Unterstützungsfunktion des «Management Accounting»
Die in Abbildung 8 dargestellte Entwicklung von der Kostenrechnung zum «Strategic
Management Accounting» hat mehrere Begleiterscheinungen mit sich gebracht. Einerseits hat sich das betriebliche Rechnungswesen im Verlauf dieser Entwicklung von einem Grundverständnis der Beobachtung und Kontrolle zu einem umfassenderen Controlling-Ansatz der Planung, Entscheidung, Kommunikation, Steuerung, Motivation
und Integration entwickelt. Da Leistung in vielen Unternehmen oftmals primär als finanzielle Leistung interpretiert wurde, war die Unterstützung und Koordination der
Leistungsmessung in der Vergangenheit sinnvollerweise Aufgabe des Finanzbereichs.
Mit der Loslösung von einer rein finanziellen Orientierung hin zu einer Anbindung an
die Strategie («Strategic Management Accounting») und die operativen Prozesse
(«Activity Based Management») haben immer mehr nicht-finanzielle Grössen (z.B.
Defektraten, Lieferzeiten, Kundenzufriedenheit) Einzug in das betriebliche Leistungsverständnis gehalten. Die Grenzen zwischen einem auf finanzielle Informationen ausgerichteten Rechnungswesen und einem breiter gefassten, grundsätzlich auch nichtfinanziell orientierten Verständnis der Leistungsmessung haben sich daher immer
mehr verwischt. Dies verleitet bei wenig differenzierter Betrachtungsweise auch heute
noch dazu, «Performance Measurement», «Management Accounting» und «Controlling» als synonyme Begriffe zu verwenden.
Diesem Sprachgebrauch wird in der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt. Leistungsmessung soll an dieser Stelle nochmals als Führungsaufgabe des Managements hervorgehoben werden. Die Leistungsmessung ist, wie bereits erwähnt, einer von mehreren
Teilschritten des Performance Managements, dessen Ergebnis unter anderem eine
Auswahl von Leistungsindikatoren ist. Diese Leistungsindikatoren informieren den
Manager als Informationsempfänger über die Entwicklung der Unternehmensaktivitäten und dienen in Form von Vorgaben oder als Feed Back der Kommunikation, Steuerung, Motivation und Integration innerhalb des Unternehmens.79 Die funktionsorientierten Fachbereiche oder, falls das Unternehmen über eine prozessorientierte Verantwortungsstruktur verfügt, die Prozessverantwortlichen («Prozessowner») liefern primär die operativen und sozialen Führungsinformationen, die in diese Leistungsindikatoren einfliessen, das betriebliche Rechnungswesen hingegen liefert vorwiegend die
finanziellen Führungsinformationen. Die Koordination und Unterstützung des diesbe79
Vergleiche hierzu die Funktionen der Leistungsmessung in Abschnitt 3.4.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 35
züglichen Informationsmanagements kann der Finanzabteilung, aber grundsätzlich
auch einer anderen Stabsfunktion, übertragen werden.80 Das betriebliche Rechnungswesen («Management Accounting») wird in dieser Sichtweise auf den ursprünglichen,
finanziellen Aufgabenbereich beschränkt. Sein Beitrag zur Leistungsmessung besteht
somit primär in der Lieferung von finanziellen Informationen und Analysen (siehe
Abbildung 9). Die an eine Weisungsbefugnis geknüpfte gestaltungswirksame Entscheidung über grundlegende Inhalte und Prozesse der Leistungsmessung bleibt als
Teilschritt des Leistungsmanagements in der vorliegenden Arbeit somit in jedem Fall
eine Managementaufgabe. Definitive Aussagen über die Ausgestaltung der Systeme
der Leistungsmessung sind gemäss diesem Verständnis nicht Aufgabe eines qualifizierten Buchhalters oder Controllers, sondern liegen im Kompetenzbereich von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung.
Abbildung 9: Manager, Finanzbereich und Fachbereiche in der Leistungsmessung
operative & soziale
Information
Leistungsmessung
als Teilaufgabe:
Leistungsindikatoren
als Ergebnis
80
Zu diesen Controlling-Aufgaben vergleiche: Deyhle et al. (1988), 73.
Informationsmanagement
etc.
Leistungsmanagement
als Gesamtaufgabe
Controlling
(“unterstützen”)
Betriebliches
Rechnungswesen
(“managen”)
Verkauf
(“ausführen”)
Produktion
FINANZBEREICH
(INTERN)
F&E
MANAGER
Personal
FACHBEREICHE,
PROZESSOWNER
finanzielle Information,
Koordination, Beratung
Seite 36
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.2 Zweck der Leistungsmessung
Wie in den Ausführungen zum Leistungsmanagement-Modell dargelegt, verkörpert
die Leistungsmessung eine Teilaufgabe des Leistungsmanagements. Der Zweck der
Leistungsmessung leitet sich dabei aus dem Messvorgang ab (siehe Abbildung 10) und
ist unabhängig von den Zielen und Inhalten des Performance Managements. Eine Messung ist grundsätzlich ein Vorgang, in dessen Verlauf ein quantitativer Vergleich einer
Messgrösse mit einer Einheit oder einem Bezugswert als Bezugsgrösse stattfindet.81
Der Zweck einer Messung ist dabei die Bestimmung eines Messwertes.
Abbildung 10: Der Messvorgang
BEZUGSGRÖSSE
Einheit oder Bezugswert
des Leistungsindikators
MESSGRÖSSE
Ausprägung des
Leistungsindikators
VERGLEICH
MESSWERT
Wert des
Leistungsindikators
81
Brockhaus (1996), Band 14, 537. Vergleiche hierzu aber auch: Klien (1995), 12ff. Klien spricht in
Zusammenhang mit dem Messvorgang auch von einer “systematischen Zuordnung von Zahlen zu Eigenschaften eines Objektes” und unterscheidet davon den Bewertungsvorgang, der zusätzlich einen subjektiven, zielbezogenen Interpretations- und Bewertungsakt erfordert.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 37
In der Leistungsmessung verkörpert der Wert eines Leistungsindikators den zu bestimmenden Messwert. Der Vergleichsvorgang setzt die beobachtbare Ausprägung
eines Leistungsindikators, welche sich in Eigenschaften von Objekten oder Ereignissen äussert, mit dessen Einheit oder Bezugswert in Relation. Der Unternehmensgewinn beispielsweise ist eine anhand der Erfolgsrechnung beobachtbare Eigenschaft des
Objektes Unternehmen beziehungsweise der Unternehmensaktivitäten als Reihe von
Ereignissen. Seine Ausprägung kann durch Vergleich mit einer Geldeinheit in absoluter Höhe ausgedrückt oder aber durch Vergleich zum Budget (budgetierter Gewinn als
Bezugswert) als prozentueller Zielerreichungsgrad beschrieben werden. Die Leistungsmessung ist somit immer durch Bezug zu einer Referenzgrösse charakterisiert und beruht stets auf Vergleich.
3.3 Formen der Leistungsmessung
In Abhängigkeit vom Formalisierungsgrad der Vergleichsprozesse können zwei grundlegende Formen der Leistungsmessung unterschieden werden: die formale Leistungsmessung und die informelle Leistungsmessung (siehe Abbildung 11).
3.3.1
Formale Leistungsmessung
Die vorliegende Arbeit richtet ihr Hauptaugenmerk auf die formale Leistungsmessung.
Diese orientiert sich an konkreten Zielvorgaben, welche sich beispielsweise aus dem
Budget oder aus der langfristigen Planung ableiten lassen. Ihr Fokus ist vorwiegend
quantitativer Natur und die Abläufe und Inhalte der Leistungsmessung sind weitgehend standardisiert. Die diesbezüglichen Vergleichsprozesse laufen meist periodisch
ab und besitzen eher analytischen Charakter. Das zentrale Instrument der formalen
Leistungsmessung sind die Leistungsindikatoren, die zur Quantifizierung einer limitierten Zahl von zentralen Leistungsaspekten herangezogen werden und bei Bedarf
Korrekturmassnahmen auslösen können. Die Informationen aus der formalen Leistungsmessung fliessen in der Regel in die explizite Leistungsbeurteilung ein. Beispiele
für die formale Leistungsmessung sind etwa die Bilanz und Erfolgsrechnung und daraus abgeleitete Kennzahlensysteme oder Leistungsberichte.
Seite 38
3.3.2
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Informelle Leistungsmessung
Die informelle Leistungsmessung hingegen, welche in der vorliegenden Arbeit als
Untersuchungsobjekt weitgehend ausgeklammert wird, orientiert sich an eher diffusen,
nicht näher spezifizierten Erwartungen des Messenden als Bezugsgrössen. Sie ist meist
qualitativer und intuitiver Natur und daher nur wenig oder überhaupt nicht standardisiert.
Dies führt dazu, dass die diesbezüglichen Prozesse der Leistungsmessung meist
unregelmässig stattfinden und inter-subjektiv oft nur schwer nachvollziehbar sind. Der
Messende stützt sich bei seiner subjektiven Einschätzungen vorwiegend auf seine Intuition und auf Eindrücke aus informeller Interaktion mit den von der Leistungsmessung betroffenen Personen.
Der Vorgang der informellen Leistungsmessung ist für den Betroffenen nicht immer
offensichtlich und erkennbar, zum Teil laufen die diesbezüglichen Messprozesse auch
beim Messenden selbst unbewusst ab. Die Folgen dieser Messvorgänge zeigen sich in
der Regel nicht direkt in der expliziten Leistungsbeurteilung, sondern können sich beispielsweise implizit in der Gunst oder Missgunst des Vorgesetzten widerspiegeln oder
zur Einleitung einer formalen, expliziten Leistungsmessung führen.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 39
Abbildung 11: Kriterien der formalen und informellen Leistungsmessung
Kriterium
Formale
Leistungsmessung
Informelle
Leistungsmessung
Fokus
konkrete Zielvorgaben,
eher quantitativ
oft diffuse Erwartungen,
eher qualitativ
Vergleichscharakter
eher analytisch
eher intuitiv
Standardisierung der
Abläufe und Inhalte
eher standardisiert
wenig oder nicht
standardisiert
Periodizität
meist periodisch
stattfindend, bei Bedarf
aber auch ad hoc
unregelmässig stattfindend
Nachvollziehbarkeit
in der Regel inter-subjektiv
nachvollziehbar
inter-subjektiv eher nicht
nachvollziehbar, oft für
den Messenden selbst
nicht zu 100% erklärbar
Instrumente der
Informationsgewinnung
z.B. Leistungsindikatoren
in Leistungsberichten oder
elektronischen «Executive
Information Systems»
z.B. intuitive Trendanalyse, subjektive
Eindrücke aus direkter
Beobachtung, Managementbesuche, Briefwechsel, Telefongespräche
Resultat der Messung
Quantifizierung einiger
zentraler Leistungsaspekte
subjektive Leistungseinschätzung durch den
Vorgesetzten
Mögliche direkte Folgen
Korrekturmassnahmen,
explizite Leistungsbeurteilung, finanzielle
Anreize, Belobigung,
Promotion, Versetzung,
Kündigung, Weiterbildung
Gunst/Missgunst sowie
Vertrauen/Misstrauen des
Vorgesetzten, Einleitung
von formalen Mechanismen der Leistungsmessung
Seite 40
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.4 Funktionen der Leistungsmessung
Der Zweck der Leistungsmessung, wie er in Abschnitt 3.2 vorgestellt wurde, gibt
keine Auskunft über die grundlegenden Ziele, welche die formale Leistungsmessung
im Rahmen des Leistungsmanagements verfolgen kann. Es stellt sich daher die Frage,
welche Funktionen von der Leistungsmessung − unabhängig von den konkreten Zielinhalten eines Unternehmens − wahrgenommen werden können.
Eine abschliessende Antwort auf diese Fragestellung ist wohl nicht möglich. Zu den
vier Grundfunktionen der Leistungsmessung in einem Unternehmen (siehe Abbildung
12) gehören jedoch:
• die Beobachtungs- und Lernfunktion,
• die Kommunikations- und Steuerungsfunktion,
• die Motivationsfunktion und
• die Integrationsfunktion.
Abbildung 12: Funktionen der Leistungsmessung
Beobachtung
und Lernen
Integration
FUNKTIONEN
DER
LEISTUNGSMESSUNG
Kommunikation
und Steuerung
Motivation
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.4.1
Seite 41
Die Beobachtungs- und Lernfunktion
Die Beobachtung und Kontrolle von Handlungen und Ergebnissen − im Sinne einer
überwachenden Managementaktivität − verkörpert eine der traditionellen Funktionen
der Leistungsmessung. Der Prozess der Leistungsmessung ist hierbei primär als Analogie zu einer physikalischen Messung zu verstehen (siehe Abbildung 10): Eine Messgrösse (z.B. der Gewinn) wird mit einer Bezugsgrösse (z.B. dem budgetierten Gewinn)
verglichen und so der Messwert (z.B. die Gewinnabweichung) ermittelt. Der Leistungsmessung kommt hierbei die Aufgabe zu, den Manager als Adressaten der Messinformation aufgrund von Beobachtungen über den Fortschritt und die Resultate der
Aktivitäten in seinem Verantwortungsbereich zu informieren. Im englischen Sprachgebrauch wird diese Funktion mit Begriffen wie «Monitoring» und «Score Keeping»82
umschrieben. Die Leistungsmessung ist hierbei stark ergebnisorientiert und hat meist
historischen Charakter.
Mit der Informationslieferung an den Messenden geht die Beobachtungsfunktion in die
Lernfunktion über. Die aus der Leistungsmessung und deren Analyse83 gewonnenen
Einsichten und Erfahrungen können (im Sinne eines «Feed Back») Korrekturmassnahmen auslösen und (im Sinne eines «Continuous Improvement») in zukünftige
Leistungsmanagementkreisläufe einfliessen. Durch die Beobachtung und durch das
«Assessment» der Leistung trägt die Leistungsmessung somit zum Lernprozess im
Unternehmen bei: Sie fördert die Generierung von «Know How» und «Know why».84
Als Beispiel für die Kontrollfunktion der Leistungsmessung in einer Unternehmung
kann etwa das klassische Berichtswesen («Reporting») mit dem Zweck der Informationsbereitstellung (sowohl für interne als auch für externe Adressaten) genannt werden. In engem Zusammenhang mit der Kontrollfunktion stehen des weiteren die Bilanz
und Erfolgsrechnung sowie darauf aufbauende Analysesysteme.
82
83
84
Zum Begriff des «Score Keeping» vergleiche die Ausführungen in Fussnote 71. Vergleiche hierzu aber
auch Simons (2000), 69. Simons spricht in diesem Zusammenhang von «Information for Control».
Zur Analyseaufgabe: Gladen (2002), 18.
Kim (1998), 42. «Know How» steht für die wissensbasierte Handlungsfähigkeit. «Know why» steht für die
Fähigkeit, eine Erfahrung konzeptionell zu artikulieren. «Know why» als konzeptionelles Verständnis der
Zusammenhänge ist daher eine wichtige Voraussetzung für das «Double Loop Learning» und die damit zusammenhängende Verbesserungen im Leistungsmanagementsystem. Zum Doppelschleifen-Lernen
(«Double Loop Learning»): Argyris/Schön (1999), 35ff. Vergleiche hierzu auch Simons (2000), 70. Simons
spricht in diesem Zusammenhang von «Information for Education and Learning».
Seite 42
3.4.2
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Die Kommunikations- und Steuerungsfunktion
Eine weitere wichtige Aufgabe des Performance Measurement besteht darin, dass
durch die Gestaltung der Messgrössen, der Bezugsgrössen, der Messprozesse und der
Messtechniken vom Messenden selbst Information erzeugt wird: Es werden Zielsetzungen und Erwartungshaltungen kommuniziert und im Idealfall ein zielorientiertes
Verhalten erwirkt. Leistungsmessung hat unter diesem Aspekt nicht nur einen informierenden, sondern auch einen Verhalten induzierenden Charakter und ist daher mehr
verhaltens- als ergebnisorientiert. In der englischsprachigen Literatur wird diese Funktion auch als «Attention Directing» oder «Signaling»85 umschrieben.
Die Kommunikationsfunktion ist dabei auf einen Zusammenhang zurückzuführen,
welcher als «Inseparabilität von Leistung und Leistungsmessung» bezeichnet werden
kann.86 Leistung ist keine absolute, unabhängige Grösse, sondern ein Konzept welches
nicht losgelöst von einem Messvorgang und dessen Regeln existieren kann. So kann
die Leistung eines Unternehmens dann als «gut» gewertet werden, wenn Umsatz und
Gewinn steigen, wenn die Mitarbeiter motiviert und engagiert handeln, wenn die
Kapazitäten ausgelastet sind oder wenn die ökologische Umwelt durch die
Geschäftstätigkeit möglichst wenig belastet wird. Jede dieser Aussagen ist mit einem
Messvorgang, mit einem Vergleich zu einem Standard beziehungsweise zu einer
Referenzgrösse, verbunden. Leistung kann ohne Messvorgang nicht existieren und der
Vergleichsstandard hilft die Leistungsanstrengung des Leistungserbringers zu
kanalisieren.
Wenn folglich ein Führungsverantwortlicher Leistungsindikatoren festlegt, Reportingprozesse und Inhalte von Berichten definiert und Informationen über seine Organisation und seine Mitarbeiter einholt, so konkretisiert er gleichzeitig sein Verständnis von
Leistung (siehe Abbildung 13). Er kommuniziert − bewusst oder unbewusst, implizit
oder explizit − seine Definition von Leistung, seine Zielvorstellungen und seine Erwartungen an die Mitarbeiter und steuert deren Verhalten, gewollt oder ungewollt, in
eine ganz bestimmte Richtung. Ein System der Leistungsmessung zu verändern bedeutet das Verständnis der Mitarbeiter in Bezug auf ihren Beitrag zur Unterneh-
85
86
Zum «Signaling» vergleiche: Simons (2002), 70. Zur Steuerungsfunktion vergleiche aber auch: Gladen
(2002), 22.
Corvellec (1995), 68ff.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 43
mensvision, Mission und Strategie zu verändern.87 Die Kommunikations- und Steuerungsfunktion der Leistungsmessung manifestiert sich in der betriebswirtschaftlichen
Umgangssprache daher auch immer wieder in Phrasen wie “What You Measure Is
What You get”, “What Gets Measured Gets Attention” oder “People Respect What
You Inspect”.
Ein Beispiel für den verhalteninduzierenden Charakter der Leistungsmessung ist etwa
die «Cash Flow»-Definition eines japanischen Maschinenbauunternehmens: Für interne Berichtszwecke definiert das Unternehmen «Cash Flow» als Summe aus Reingewinn nach Steuern, Abschreibungen und Forschungs- und Entwicklungsausgaben.88
Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben, welche im gebräuchlichen Cash Flow
Verständnis keinen «Cash Inflow» sonder vielmehr einen «Cash Outflow» verkörpern,
wurden vom Unternehmen in diesem Fall der Cash Generierung positiv hinzugerechnet, um die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten als Treiber zukünftiger Cash
Flows zu fördern.
Diffuses
Leistungsverständnis
87
88
Zu dieser Feststellung: Hronec (1993), V.
Kawada/Johnson (1993), 34.
Informationsfilter des Messenden
LEISTUNG?
Auswahl von Leistungsindikatoren
Abbildung 13: Leistungsmessung als Kommunikationsinstrument
Konkretisiertes
Leistungsverständnis
Seite 44
3.4.3
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Die Motivationsfunktion
Die betriebliche Leistungsmessung kann durch die Stimulation von Wettbewerb und
Vergleich sowie durch ein leistungsabhängiges Entlohnungs- und Belohnungssystem
auch eine motivationsfördernde Wirkung entfalten.
Wettbewerb ist nicht nur ein wichtiges Standbein des marktwirtschaftlichen Wirtschaftslebens, sondern wird heute oftmals auch in der Ausbildung, im Konsum oder im
Sport als wünschenswertes Verhalten, als Modell der menschlichen Interaktion, betrachtet.89 Im Wirtschaftsleben sind es nicht nur die Unternehmen die untereinander im
Wettbewerb stehen (zum Beispiel um Eigenkapitalgeber, fähige Mitarbeiter, Marktanteile oder ein Spitzenranking unter den «Fortune 500»), sondern dieser Konkurrenzdruck spiegelt sich auch innerhalb der Unternehmen im Wettbewerbsdenken unter den
verschiedenen Unternehmensteilen (z.B. um knappe Finanzmittel) oder unter den
Mitarbeitern (z.B. um knappe Vorgesetztenaufmerksamkeit oder knappe Aufstiegschancen) wieder. Der Wettbewerb − um nicht zu sagen der Wettkampf − dreht
sich dabei um Faktoren wie Ressourcenallokation, Promotion, Geld, Ansehen, Gunst
oder Macht. Wettbewerb ist in diesem Zusammenhang gleichsam das Umfeld, wo die
Leistungsmessung stattfindet und wo sie ihre Relevanz erhält.
Wettbewerb beruht auf Vergleich und Vergleich fördert das Leistungsdenken.90 Im
Sport werden die Leistungen der einzelnen Teilnehmer oder Teams miteinander verglichen. Unternehmen hingegen versuchen ihre Mitarbeiter durch Vergleich zu anderen Unternehmen (externes «Benchmarking»91), durch Vergleich von Unternehmensteilen oder Mitarbeitern des Unternehmens untereinander (internes «Benchmarking»),
oder durch Vergleich von Soll-Werten zu Ist-Werten (Abweichungsanalyse) anzuspornen und zu Bestleistungen zu motivieren. Durch die Anbindung von finanziellen
(Entlohnung) oder nichtfinanziellen (Belohnung) Anreizen an solche Vergleiche wird
die Motivationsfunktion der Leistungsmessung weiter verstärkt.
89
90
91
Zu dieser Beobachtung: Ehrenberg (1991).
Zum Zusammenhang zwischen Wettbewerb, Vergleich und Leistung: Corvellec (1995), 120ff.
Zum «Benchmarking» vergleiche: The Society of Management Accountants of Canada (1993), 8f. Hier
wird das externe «Benchmarking» jedoch weiter unterteilt nach «Competitive Benchmarks» (aus der gleichen Industrie) und «Analoguous Benchmarks» (aus einer anderen Industrie). Für eine ausführliche Diskussion und Typologie vergleiche auch: Zairi/Leonard (1994).
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.4.4
Seite 45
Die Integrationsfunktion
Aufgrund der zunehmenden Überforderung sowohl der Unternehmenszentralen als
auch der Divisionen mit der Flut der anstehenden Entscheidungen, weisen die meisten
Grossunternehmen, welche in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig sind, mehrere
Ebenen von mehr oder weniger autonomen Planungs- und Verwaltungseinheiten auf.92
Unternehmen werden daher in der Regel über Divisionen (z.B. Regionen, Produktlinien), strategische Geschäftseinheiten (in sich geschlossene, homogene ProduktMarkt-Kombinationen) oder rechtlich selbständige Tochtergesellschaften geführt um
die Unternehmenszentrale zu entlasten.
Die damit meist einhergehende Dezentralisierung sowie die Delegation von Kompetenzen und Verantwortung begünstigen die Bildung von verschiedenen Interessen- und
Machtzentren innerhalb eines Unternehmens sowie das Auftreten von «Zentrifugalkräften»: einzelne Unternehmensteile können die Ziele des Gesamtunternehmens aus
den Augen verlieren oder eigennützigen, aus Sicht des Gesamtunternehmens suboptimalen, Zielen und Verhaltensweisen den Vorzug geben.93
In ihrer Form als Integrationsinstrument hat die Leistungsmessung das Potential, diesen Zentrifugalkräften auf mehrere Arten entgegenwirken (siehe Abbildung 14): Wie
bereits unter den Ausführungen zur Kommunikations- und Steuerungsfunktion erläutert wurde, können die Inhalte der Leistungsmessung dazu dienen, den verschiedenen
Unternehmensteilen die von ihnen erwarteten Handlungen und Ergebnisse zu verdeutlichen. Durch die positive oder negative Beurteilung der jeweiligen Aktivitäten der
einzelnen Einheiten oder Individuen (und den damit verbundenen personellen oder
finanziellen Konsequenzen) können die Unternehmensteile auf ein zielkongruentes
Verhalten hin orchestriert werden. Diese Wirkung entspricht der «inhaltlichen» Komponente der Integration.
92
93
Chandler (1991), 34. Chandler unterscheidet hierbei drei Ebenen: Unternehmenszentrale, Division und
Geschäftseinheit.
Dieses Spannungsfeld wird von der «Agency Theory» thematisiert. Vergleiche hierzu die Ausführungen in
Fussnote 195 auf Seite 92.
Seite 46
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Abbildung 14: Komponenten der Integration durch Leistungsmessung
INTEGRATION
inhaltlich
prozessuell
sprachlich
Neben dieser inhaltlichen Komponente verfügt die Leistungsmessung aber auch über
eine «prozessuelle» Komponente der Integration. Sie zielt darauf ab, durch das Anwenden von einheitlichen Verfahren der Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung
den Zusammenhalt in der Unternehmung zu fördern. Dies bedeutet nicht, dass beispielsweise alle Unternehmensteile anhand der gleichen Indikatoren beurteilt werden,
sondern impliziert vielmehr, dass Gleiches mit Gleichem verglichen wird.
Die Konsistenz von Entscheidungen der Unternehmungszentrale über verschiedene
Tochtergesellschaften hinweg ist beispielsweise ein wichtiger Bestandteil der von den
lokalen Managern empfundenen Verfahrensgerechtigkeit («Procedural Justice»), welche ihrerseits wiederum einen positiven Effekt auf das Commitment, das Vertrauen
und die Zufriedenheit der lokalen Manager ausübt.94 Ein konsistentes System der Leistungsmessung, welches ein einheitliches Leistungsverständnis innerhalb des Unternehmens kommuniziert und in seiner Anwendung von den Betroffenen nicht als diskriminierend empfunden wird, kann somit einen wesentlichen Beitrag zur Integration
und zum Zusammenhalt in Grossunternehmen leisten.
Schliesslich kann der Leistungsmessung noch eine «sprachliche Komponente» der Integration zugeordnet werden. Leistungsmessung erfordert die Definition von Leistungsindikatoren. Von verschiedenen Unternehmensteilen gemeinsam verwendete Indikatoren und die Verwendung einheitlicher Bezeichnungen und Definitionen schaffen
94
Zu empirischen Beobachtungen hierzu: Kim/Mauborgne (1991), Kim/Mauborgne (1993). Für einen Überblick zum Thema «Procedural Justice» vergleiche auch: Greenberg (1987), Lind/Tyler (1988).
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 47
eine gemeinsame Informationsbasis, verdeutlichen den gemeinsamen Handlungsauftrag und erhöhen zusätzlich die intersubjektive Aussagekraft der Leistungsinformationen. Zu diesem Zweck erstellte «Reporting Manuals» oder Controlling-Handbücher,
wie sie in vielen Unternehmen heute verwendet werden, tragen daher dazu bei, einen
einheitlichen Sprachgebrauch und ein einheitliches Leistungsverständnis innerhalb des
Unternehmens zu fördern.
Ein weiteres Beispiel für die sprachliche Integration durch Leistungsmessung ist die
im Geschäftsleben häufige Verwendung von standardisierten Begriffen aus der Bilanz
und Erfolgsrechnung, die nicht zuletzt in der «Extensible Business Reporting Language» (XBRL)95 ihren Ausdruck gefunden hat. Dieser Prozess der Standardisierung ist
so weit fortgeschritten, dass beispielsweise «Accounting» als die Geschäftssprache
schlechthin bezeichnet wird96 oder dass Firmen ohne jegliche Form von Rechnungswesensystem als «sprachlos» bezeichnet werden.97
95
96
97
XBRL ist eine unter Federführung des AMERICAN INSTITUTE OF CERTIFIED PUBLIC ACCOUNTANTS (AICPA) entwickelte standardisierte Methode zur Erstellung und Veröffentlichung von Finanzdaten in verschiedenen Formaten sowie zum Austausch und der Analyse von Jahresabschlüssen und den in
ihnen enthaltenen Informationen. Vergleiche hierzu: Debrency/Gray (2001). Hannon (2004).
Vergleich hierzu: Beyer (1963), 15. Johnson (1995), 1.
Vergleiche hierzu: Lay (1960), 33.
Seite 48
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5 Leistungsindikatoren
3.5.1
Leistungsindikatoren als Messobjekte
In den vorangehenden Abschnitten wurde deutlich gemacht, dass Leistungsmessung
ohne Leistungskennzahlen98 nicht möglich ist. Leistungsindikatoren sind Zahlen, die
durch Verdichtung komplizierte Sachverhalte auf einfache Weise abbilden sollen.99
Solche «Performance Measures» beschreiben die Eigenschaften von Messobjekten für
welche eine Messgrösse zu erheben ist. Die Wahl zuverlässiger100 Leistungsindikatoren ist neben dem eigentlichen Messvorgang eine der grundlegenden Aufgaben der
formalen Leistungsmessung. Hierfür bieten sich eine Reihe von Referenzquellen an,
die in Abbildung 15 überblicksmässig dargestellt sind.
Abbildung 15: Referenzquellen für die Auswahl von Leistungsindikatoren
Vision,
Vision,
Strategie,
Strategie,
Leitbild
Leitbild
Pläne,
Pläne,
Budgets
Budgets
VerantwortVerantwortlichkeiten
lichkeiten
LeistungsLeistungsmodell
modell
Proprietäre
Proprietäre
Ziele
Zieledes
des
Messenden
Messenden
BEZUGSGRÖSSEN / LEISTUNGSINDIKATOREN
98
99
100
Die Begriffe «Leistungsindikator», «Kennzahl» und «Performance Measure» werden in der vorliegenden
Arbeit als Synonyme verwendet.
Vergleiche hierzu: Gladen (2002), 15.
Zur «Zuverlässigkeit» vergleiche Abschnitt 3.5.3.2.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 49
Die Strategische Planung und die Budgetierung wurden als wohl wichtigste Quellen
bereits im Leistungsmanagementmodell abgebildet, ebenso die Verantwortungsstruktur.101 Wie dort bereits ausgeführt wurde, sollte die «Performance» und letztlich das
«Performance Measurement» direkt mit dem strategischen Plan verknüpft werden, um
so eine möglichst effektive Implementierung der dort formulierten Ziele zu fördern.
Als diesbezügliche Referenzquellen dienen beispielsweise ausformulierte Visionen,
Leitbilder, Strategien, Jahresbudgets oder Massnahmenpläne. Die Verantwortungsstruktur hingegen ergibt sich direkt aus der Ausgestaltung von Managementressourcen
und Kompetenzstrukturen.
Das Leistungsmodell («Business Model») bezieht sich auf das Verständnis der Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge in einem Unternehmen.102 Es stellt in komprimierter
Form dar, wie das Unternehmen Produkte und Dienstleistungen an seine Endabnehmer
liefert und dabei Wert schafft.103 Erst das Verständnis der wichtigsten Hebelpunkte in
dieser Wirkungskette erleichtert die Wahl der relevanten104 Messobjekte für die Leistungsmessung. Schriftliche Dokumente zu diesen Leistungsmodellen existieren jedoch
in der Unternehmenspraxis in der Regel nicht und basieren mehr auf der informellen
Erfahrung der verantwortlichen Manager. Eine ebenso eher informelle Referenzquelle
für die Wahl der Leistungsindikatoren stellen die proprietären Ziele und Präferenzen
des Messenden dar.105
101
102
103
104
105
Die Rechtsstruktur wird an dieser Stelle nicht aufgezählt, da in den empirischen Erhebungen in Abschnitt 5
gezeigt wird, dass diese für die konkrete Ausgestaltung der Leistungsmessung nur eine untergeordnete
Rolle spielt. Ebenso ausgeklammert sind Kultur und Führungsstil, da diese mehr der informellen Leistungsmessung zuzuordnen sind.
Ein Beispiel für ein solches Leistungsmodell ist in Zusammenhang mit den Ausführungen zur Balanced
Scorecard in Abbildung 51 auf Seite 154 veranschaulicht. Ebenso können der ROI-Baum aber auch das
Shareholder Value-Netzwerk als finanzieller Teilausschnitt des gesamten Leistungsmodells interpretiert
werden. Vergleiche hierzu Abbildung 28 auf Seite 87 sowie Abbildung 31 auf Seite 98.
Geanuracos/Meiklejohn (1993), 129.
Zur Relevanz von Leistungsindikatoren vergleiche Abschnitt 3.5.3.1.
Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zum Informationsfilter des Messenden in Abschnitt 3.4.2. Für
eine stärker formalisierte Einbindung der Präferenzen des Messenden bei der Wahl der Messobjekte vergleiche die Ausführungen zum Tableau de Bord in Abschnitt 4.3.2.1. Vergleiche aber auch Shields/White
(2004): Die Autoren zeigen in einer Untersuchung, dass präferierte und tatsächlich implementierte Kennzahlen in der Unternehmenspraxis auseinanderklaffen können und sprechen in diesem Zusammenhang von
Messlücken («Measurement Gaps»).
Seite 50
3.5.2
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Arten von Leistungsindikatoren
Ein erster Ansatz zur Klassifizierung von Leistung und Leistungsindikatoren wurde
durch den «Leistungswürfel» in Abschnitt 2.2 vorgestellt. Eine abschliessende Aufzählung generischer Indikatorenklassen ist aufgrund der Vielzahl anwendbarer Unterscheidungskriterien nach Ansicht des Verfassers jedoch nicht möglich. So können
Leistungsindikatoren nach thematischen Messinhalten (Profitabilität, Qualität, Mitarbeiter, etc.) geordnet werden, wie in Abbildung 16 dargestellt bietet sich alternativ jedoch auch eine Unterscheidung nach der Finanzlastigkeit (finanzielle, finanznahe oder
nicht-finanzielle Indikatoren), nach statistischen Messeigenschaften (absolute oder
relative Indikatoren), nach dem Messpunkt im Prozess der Leistungserbringung (Indikatoren zu «Input», «Impact», «Output» oder «Outcome»), nach dem Vergleichscharakter (quantitative oder qualitative Indikatoren), nach Adressaten (Indikatoren für interne oder externe Adressaten)106 oder nach anderen Kriterien an.
Abbildung 16: Beispiele für Indikatorenarten und Unterscheidungskriterien
Profitabilität
Profitabilität
(z.B. Gewinn)
(z.B. Gewinn)
Qualität
Qualität
(z.B. Defektrate)
(z.B. Defektrate)
Mitarbeiter
Mitarbeiter
(z.B. Zufriedenheit)
(z.B. Zufriedenheit)
...
...
Finanziell
Finanziell
(z.B. Umsatz)
(z.B. Umsatz)
Interne
Interne
Inhalt
Inhalt
Externe
Externe
...
...
Adressaten
Adressaten
Finanznah
Finanznah
(z.B. Marktanteil)
(z.B. Marktanteil)
FinanzFinanzlastigkeit
lastigkeit
Nicht-finanziell
Nicht-finanziell
(z.B. Anzahl
(z.B. Anzahl
Mitarbeiter)
Mitarbeiter)
Statistische
Statistische
Eigenschaften
Eigenschaften
Absolut
Absolut
(z.B. EBIT)
(z.B. EBIT)
INDIKATORENARTEN
Quantitativ
Quantitativ
z.B. Stück
z.B. Stück
VergleichsVergleichscharakter
charakter
Qualitativ
Qualitativ
z.B. „besser als“
z.B. „besser als“
Messpunkt
Messpunkt
Input/Einsatz
Input/Einsatz
(z.B. Lohn(z.B. Lohnstunden)
stunden)
106
Relativ
Relativ
(z.B. Marge)
(z.B. Marge)
Impact/Wirkung
Impact/Wirkung
(z.B. Arbeits(z.B. Arbeitsproduktivität)
produktivität)
Output/Ausstoss
Output/Ausstoss
(z.B. Herstell(z.B. Herstellmenge)
menge)
Outcome/Resultat
Outcome/Resultat
(z.B. Rein(z.B. Reingewinn)
gewinn)
Zur Diskussion der internen und externen Adressaten: Reichmann (2001), 27ff.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5.3
Seite 51
Qualitätskriterien von Leistungsindikatoren
Für die praktische Anwendung von Leistungsindikatoren erscheint deren qualitative
Eignung für Zweck und Funktion107 der Leistungsmessung wichtiger als deren konzeptionelle Zuordnung zu vordefinierten Indikatorenklassen. In der Managementliteratur wurden wiederholt Anstrengungen unternommen, allgemeine Eigenschaften zu formulieren, welche die Güte eines Messindikators charakterisieren. Aus der Synthese der
in verschiedenen Veröffentlichungen zum «Performance Measurement»108 erhobenen
Forderungen ergibt sich die in Abbildung 17 veranschaulichte Zusammenstellung häufig thematisierter Kriterien für die Qualität von Leistungsindikatoren. Diese Kriterien,
die in der vorliegenden Arbeit unter anderem in Abschnitt 4 zur konzeptionellen Beurteilung der Systeme der Leistungsmessung herangezogen werden, werden in den nun
folgenden Abschnitten 3.5.3.1 bis 3.5.3.11 jeweils kurz erläutert.
Abbildung 17: Kriterien der Qualität eines Leistungsindikators
Relevanz
Kosten-NutzenEffizienz
Zuverlässigkeit
Verständlichkeit
Verfügbarkeit
Wesentlichkeit
QUALITÄT
EINES
INDIKATORS
Vorhersagekraft
Vergleichbarkeit
107
108
Konsistenz
Effektivität
Zuordenbarkeit
Zu Zweck und Funktion der Leistungsmessung vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 3.2 und Abschnitt
3.4.
Als ausgewählte Beispiele für eine explizite Diskussion der Qualitätskriterien vergleiche etwa: Fries/Seghezzi (1994). Rappaport (1995), 183f. Klingebiel (1996), 81. Atkinson et al. (1997). Müller-Stewens
(1998), 38f. Lüthi et al. (1998). Blankenburg (1999), 56ff. Feggeler/Husmann (2000), 44ff. Gleich (2001),
226f. Wealleans (2001), 59ff. In der Regel werden die verschiedenen Qualitätsansprüche an die Leistungsindikatoren jedoch nur implizit und einzeln erwähnt.
Seite 52
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5.3.1 Relevanz
Die Relevanz als zentrales Kriterium bezieht sich auf die Forderung, dass die Information, welche durch einen Leistungsindikator abgebildet wird, von einem Entscheidungsträger gebraucht wird und einen hohen Erklärungsbeitrag leistet.109 In einem
Unternehmen als «brauchbar» einzustufende Leistungsberichte beziehen sich daher
direkt auf die Managementaufgaben des Empfängers und dienen der Eliminierung von
Unsicherheiten in Bezug auf den Status und die Resultate der Unternehmensaktivitäten, für die der Empfänger verantwortlich zeichnet. In Abhängigkeit vom jeweiligen
Adressaten der Leistungsinformation (z.B. Produktmanager, Verkaufsleiter, Leiter Finanzen, Geschäftsführer) können Inhalt und Zeithorizont von Leistungsindikatoren
daher stark variieren.110 Der Messwert eines Leistungsindikators sollte jedoch in der
Regel in der Lage sein, möglichst stufenlos über die Veränderung einer Beobachtungsgrösse Auskunft zu geben. “Reine 0-1-Variablen sind für die laufende Verfolgung kontinuierlicher Veränderungsprozesse wenig geeignet.”111
Brauchbarkeit bedeutet somit, dass die spezifische Eigenschaft eines Objekts oder einer Handlung, auf die sich ein Indikator bezieht, für den Entscheidungsprozess des
Informationsempfängers von Belang sein sollte. Die Eigenschaften eines Objektes
oder einer Handlung sind für eine Entscheidung genau dann von Belang, wenn das
Wissen um deren Quantität, deren Ausmass oder deren Existenz dem Entscheidungsträger hilft, entweder neue Handlungsalternativen zu identifizieren oder aber die effektive oder potentielle Wirkung von bereits bekannten Handlungsmöglichkeiten zu beurteilen (siehe Abbildung 18).112 So bezieht sich beispielsweise die Information «Anzahl retournierte Lieferungen» unter anderem auf Eigenschaften wie «Produktqualität»
oder «Kundenzufriedenheit». Der so festgestellte Status dieser Eigenschaften kann
Auslöser für etwaige Massnahmen zur Qualitätsverbesserung im Produktionsbereich
sein (Handlungsmöglichkeiten werden identifiziert) oder die Umsatzprognosen eines
laufenden Planungs- oder Budgetierungsprozesses beeinflussen (potentielle Folgen der
heutigen Situation werden beurteilt).
109
110
111
112
Zum Erklärungsbeitrag von Leistungsindikatoren: Müller-Stewens (1998), 38. Zur Relevanz vergleiche
aber auch: Axon (2003), 171f. Gleich et al. (2002) sprechen in diesem Zusammenhang von «Empfängerorientierung».
Für praktische Beispiele hierzu: McKinnon (1992), 132ff.
Müller-Stewens (1998). Der Autor verwendet für diese Forderung den Begriff der «Stetigkeit».
Vergleiche hierzu: Staubus (1977), 43.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 53
3.5.3.2 Zuverlässigkeit
Die Zuverlässigkeit («Reliability») eines Leistungsindikators ist diejenige Qualität,
welche seinem Empfänger das Vertrauen vermittelt, dass der Indikator genau dasjenige Phänomen abbildet, welches er abzubilden vorgibt.113 Während die im Abschnitt
3.5.3.1 beschriebene Relevanz eines Leistungsindikators von seinem Einsatzbereich
abhängt, ist die Zuverlässigkeit ein Produkt der Erfassungsqualität (siehe Abbildung
18).114 Sie gibt darüber Auskunft, inwieweit ein Leistungsindikator zur Beobachtung
der interessierenden Entwicklung überhaupt geeignet ist.115
Abbildung 18: Relevanz und Zuverlässigkeit von Leistungsindikatoren
REALE PHÄNOMENE
(als Eigenschaften von Objekten oder Ereignissen beobachtbar)
ZUVERLÄSSIGKEIT der Informationserfassung?
INDIKATOREN
(drücken die Quantität, das Ausmass, die Existenz etc. der Eigenschaften aus)
113
114
115
RELEVANZ
der Indikatoren?
RELEVANZ
der Indikatoren?
Identifikation
neuer Handlungsalternativen
Beurteilung der Wirkung
bekannter Handlungsalternativen
Vergleiche hierzu: Günther/Grüning (2002), 8. Die Autoren verwenden für die Zuverlässigkeit den Begriff
«Validität». Gerade Mängel in der Zuverlässigkeit von externen Finanzkennzahlen und im «Internal Control
System» von Unternehmen sind es auch, die zum 2002 in den USA verabschiedeten «Sarbanes-Oxley Act»
geführt haben. Für eine ausführliche Diskussion des in diesem Zusammenhang besonders relevanten Paragraphen 404 vergleiche: PriceWaterhouseCoopers (2004b).
In Anlehnung an: Staubus (1977), 44 und 200.
Müller-Stewens (1998), 38. Der Autor verwendet den Begriff «Adäquanz» zur Bezeichnung der Zuverlässigkeit. Vergleiche hierzu aber auch die Ausführungen von Rappaport zur «Stichhaltigkeit»: Rappaport
(1995), 183f.
Seite 54
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Vor allem die zuverlässige Quantifizierung von «weichen», eher qualitativen Informationen erweist sich regelmässig als problematisch.116 So kann beispielsweise die Mitarbeitermotivation als ausgesprochen wichtige − beziehungsweise relevante − Einflussgrösse auf den Unternehmenserfolg interpretiert werden. Dennoch fällt es in der Regel
nicht leicht, eine spezifische Messgrösse zu bestimmen, welche es erlaubt, diesen Erfolgsfaktor auf zuverlässige Art und Weise zu repräsentieren und zu quantifizieren.
Die Zuverlässigkeit wird in diesem Fall dadurch beeinträchtigt, dass die Abbildung
eines komplexen, vorwiegend qualitativen Sachverhaltes auf einen einzelnen, quantitativen Indikator reduziert werden soll.
Aber auch die Zuverlässigkeit von «Hard Facts», wie etwa die der Finanzdaten, ist
nicht über jeden Zweifel erhaben. So können beispielsweise bei finanziellen Informationen die störenden Einflüsse von grundlegenden Vorhersagen (z.B. Nutzungsdauern
für Abschreibungszwecke) und Allokationsmechanismen (z.B. «Asset Splitting» zwischen Verantwortungsbereichen, Verteilung von Gemeinkosten auf Kostenträger, Behandlung der Kosten von Kuppelprodukten) als Ursachen der Unzuverlässigkeit genannt werden. Weitere Quellen der Unzuverlässigkeit von Leistungsindikatoren sind
Manipulationen, Fehleinschätzungen oder Anwendungsfehler.
3.5.3.3 Wesentlichkeit
Die Forderung nach Wesentlichkeit eines Leistungsindikators orientiert sich an der
Quantität der gelieferten Informationen und gewichtet sie nach deren Relevanz. Die
Wesentlichkeit zielt somit auf die Eindämmung der wachsenden Informationsflut ab:
Manager brauchen nicht komplette Informationen über die Geschäftstätigkeit ihres
Unternehmens oder Verantwortungsbereiches, sondern die für ihre Entscheidungen
relevanten Informationen in einem ausreichenden Detaillierungsgrad.117
116
117
Vergleiche hierzu: Günther/Grüning (2002), 8f. Diese Problematik zeigt sich aber auch in verschiedenen
Ansätzen des «Human Ressource Accounting» sehr deutlich. Diese Ansätze haben in den 70er Jahren des
20. Jahrhunderts ihren Ursprung, erlangen aber mit den geänderten IFRS-Vorschriften zur möglichst differenzierten Identifizierung und regelmässigen Werthaltigkeitsprüfung von erworbenen Goodwillpositionen
neue Bedeutung. Zum «Human Ressource Accounting»: Flamholtz (1974). Zur Bilanzierung von Humanvermögen: Bayer (2004).
Dies verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen «Relevanz» und «Wesentlichkeit». Manche Autoren
verwenden die beiden Begriffe daher auch als Synonyme. Für eine frühe Quelle hierzu vergleiche etwa:
Solomons (1965), 50f.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 55
Eine massgebliche Aufgabe in Bezug auf die Quantität der bereitgestellten Informationen ist es daher, die optimale Balance zwischen Partition und Verdichtung der Daten
zu finden. Die Leistungsindikatoren sollten dabei in der Gesamtschau ein möglichst
vollständiges und ganzheitliches Bild der Unternehmensentwicklung zeichnen und
Überlappungen vermeiden.118 So ist beispielsweise der Gesamtunternehmenserfolg ein
stark verdichteter Indikator, während der Erfolg, der mit einem ganz bestimmten Kunden in einem ganz bestimmten Produkt-Markt-Segment erzielt wird, ein stärker partitionierter Indikator ist. Eine Aussage darüber, inwieweit dieseLeistungsindikatoren als
wesentlich zu bezeichnen sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung der adressatenund unternehmensspezifischen Erfordernisse machen.
Als generelle Richtlinie lässt sich jedoch festhalten, dass Indikatoren so detailliert erfasst werden sollten, dass sie bei ihrem Adressaten ein unmissverständliches Bild der
tatsächlichen Geschäftsrealität erzeugen und ihm das Treffen von Entscheidungen erleichtern. Dabei lassen empirische Studien vermuten, dass erfahrene Manager sich
durch die Fähigkeit auszeichnen, auch enorme Mengen von Informationen bewältigen
und sich dabei auf die wesentlichen Elemente konzentrieren zu können:119 «Information Overload» existiert demnach weniger, weil Manager zu viele Informationen erhalten, sondern eher weil sie grundsätzlich relevante Informationen in einer Form erhalten, welche das Auffinden dieser Informationen verunmöglicht oder die weitere
Nutzung zu kostspielig macht. Praktische Branchenerfahrung und Kenntnisse über die
tatsächlichen Unternehmenszusammenhänge können ein wichtiger Vorteil bei der erforderlichen Informationsfilterung sein.
118
119
Müller-Stewens (1998) umschreibt diese Eigenschaft mit dem Begriff der «Komplementarität».
Vergleiche hierzu: McKinnon (1992), 210.
Seite 56
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5.3.4 Konsistenz
Die Konsistenz von Leistungsindikatoren bezieht sich auf deren Eigenschaft, über das
gesamte Unternehmen hinweg − implizit oder explizit − logisch zusammenhängende,
gemeinsame Ziele zu formulieren und zu kommunizieren.120 Die Konsistenz hat dabei
sowohl vertikalen als auch horizontalen Charakter (siehe Abbildung 19).121
«Vertikale Konsistenz» hängt davon ab, inwieweit die Leistungsindikatoren über die
hierarchischen Ebenen hinweg logisch miteinander verbunden sind. In Abbildung 19
werden beispielhaft das Unternehmen, die Division, die Geschäftseinheit, die Fabrik
und die Fertigungszelle als mögliche Ebenen genannt. Die Verknüpfung der Beobachtungsindikatoren mit den Planungsebenen sollte es ermöglichen, einen klaren Pfad
zur Vision und zu den Strategien des Unternehmens zu ziehen.122
Obwohl also die Indikatoren auf den unteren hierarchischen Ebenen in der Regel durch
zunehmende Spezifizierung, einen kürzeren Planungshorizont, eine stärkere nicht-finanzielle Ausrichtung und einen ebenfalls stärkeren internen Fokus gekennzeichnet
sind, sollten sie sich in das Gesamtbild de Leistungsmessung im Unternehmen einfügen.123 Dieses Gesamtbild kann beispielsweise in einem unternehmensspezifischen
Leistungsmodell seinen Ausdruck finden.124
Die «horizontale Konsistenz» erhebt die Forderung, dass eine Integration der Leistungsindikatoren auch entlang der Wertschöpfungskette stattfinden sollte. Dabei kann
ihre Tragweite sowohl die Grenzen der einzelnen Funktionsbereiche125 als auch verschiedene Zeithorizonte überschreiten.
120
121
122
123
124
125
Diese Eigenschaft kann auch als «Goal Congruence» (Zielkongruenz, Zielübereinstimmung) bezeichnet
werden und anhand von Begriffen wie «Harmonization», «Alignment», «Coordination» oder «Synchronization» umschrieben werden. Zu dieser Beobachtung: Horngren (1989), 28.
Keegan (1989), 46f. Zur Forderung nach konsistenten Leistungsindikatoren vergleiche auch die Ausführungen zum Tableau de Bord in Abschnitt 4.3 und zur Balanced Scorecard in Abschnitt 4.4.
Müller-Stewens (1998), 39. Der Autor verwendet hierfür den Begriff der «Integriertheit».
Gemäss Beobachtungen von Axon sind jedoch selbst finanzielle Indikatoren in den strategischen und
operativen Planungsprozessen mehrheitlich nicht konsistent angewendet Vergleiche hierzu: Axon (2003),
53.
Zum Leistungsmodell siehe: Abschnitt 3.1.2. Für ein diesbezügliches Beispiel siehe Abbildung 51 auf Seite
154.
Dixon et al. (1990) verwenden hierfür den Begriff der «Functional Silos». Vergleiche hierzu auch Rummler/Brache (1990), 6f. Axon (2003), 162ff.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 57
Abbildung 19: Die Konsistenz von Leistungsindikatoren126
126
In Anlehnung an: Keegan (1989), 46f. Vergleiche hierzu aber auch: Feggeler/Husmann (2000), 39ff. Gleich
(2001), 239. Lattwein (2002), 161ff. Lattwein verwendet für die Konsistenz auch die Bezeichnung der
«vertikalen und horizontalen Durchgängigkeit».
Seite 58
Leistungsmessung als Managementaufgabe
So kann beispielsweise gefordert werden, dass die Leistungsindikatoren im Bereich
Forschung & Entwicklung in die selbe strategische Stossrichtung (z.B. Qualität und
Schnelligkeit der Prozesse) zeigen sollten wie etwa die Indikatoren im Produktionsoder Marketingbereich (= Überschreiten der Funktionsgrenzen), oder dass bei der
Messung von kurzfristigen Einsparungen im F&E-Bereich beispielsweise auch die potentiellen negativen Auswirkungen auf die Produktionskosten (aufgrund eines eventuell unausgereiften Produktdesigns) oder auf die langfristige Umsatzentwicklung (aufgrund des Mangels an innovativen Produkten) mit berücksichtigt werden (= Überschreiten des Zeithorizonts).127 Die Entwicklungen in der Leistungsmessung gehen
dabei dahin, dass sich die Leistungsindikatoren nicht nur auf Informationen zur eigenen Wertschöpfungskette beschränken, sondern dass auch Anknüpfungspunkte zu
vorgelagerten oder nachgelagerten Wertschöpfungsstufen gesucht werden.128
3.5.3.5 Effektivität
Die Konsistenz und die Effektivität von Leistungsindikatoren sind zwei eng miteinander verknüpfte Kriterien, doch letztere orientiert sich stärker am Verhalten als an der
Deklination der Strategie (siehe Abbildung 20): Die Effektivität beschreibt aus Sicht
der von einem Manager angestrebten Unternehmensziele das Ausmass der Wirkung,
welche ein Leistungsindikator auf das Verhalten und die Handlungen von anderen Personen hat.
127
128
Diese Ideen finden sich beispielsweise im Rechnungswesen auch in Konzepten wie dem «Activity Based
Costing», dem «Target Costing» oder dem «Life Cycle Costing» wieder. Zu einer zusammenfassenden Diskussion des «Target Costing» und des «Life Cycle Costing»: Kremin-Buch (1998), 2006ff. Zum «Activity
Based Costing» vergleiche: Kaplan/Cooper (1999), 111ff. Saxe (2000). Horngren et al. (2003), 141ff.
Horngren et al. (2005), 140ff. Für eine konzeptionelle Erweiterung vom produktbezogenen «Life Cycle
Costing» zum noch weiter gefassten kundenbezogenen «Customer LifetimeValue»: Stahl et al. (2003).
Vergleiche hierzu etwa: Shank/Govindarajan (1992). Die Autoren zeigen hier an einem Beispiel, dass Leistungsindikatoren wie Gewinn oder «Return on Assets» erst vor dem Hintergrund der gesamten Wertschöpfungskette einer spezifischen Industrie an Aussagekraft gewinnen.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 59
Abbildung 20: Die Effektivität von Leistungsindikatoren
KONSISTENZ
Strategie
Kernerfolgsfaktoren
Leistungsindikatoren
Verhalten
Resultate
EFFEKTIVITÄT
Diese Verhaltensorientierung manifestiert sich in den Funktionen der Leistungsmessung in der Forderung, dass Leistungsindikatoren nicht nur informieren sondern
auch Verhalten induzieren sollen.129 Ein Leistungsindikator ist somit dann effektiv,
wenn er geeignet ist Verhalten zu induzieren, welches wiederum zu Resultaten führt,
die mit der Strategie und den Zielen des Messenden in Einklang stehen.
Der Wirkungsgrad eines Indikators kann sich dabei sowohl im In-Gang-Setzen von
Handlungen (Verhalten), als auch im Ausmass der aufgrund dieser Handlungen tatsächlich realisierten Ergebnisse zeigen. Im Idealfall sollten die Leistungsindikatoren
im Leistungsmodell eines Unternehmens oder einer Geschäftseinheit daher dort ansetzen, wo die Wirkung auf die Leistung des Gesamtsystems am grössten ist.130 Diese
Schlüsselpunkte können als «Key Success Factors»131, «Leverage Points»132, «Key
Yield Points»133 oder «Points-Clés»134 bezeichnet werden.
129
130
131
132
133
134
Vergleiche hierzu insbesondere die Ausführungen zur Kommunikations- und Steuerungsfunktion (Abschnitte 3.4.2) und zur Motivationsfunktion (Abschnitt 3.4.4). Zu Verhalten und Resultaten als Phänomene
der Leistungsmessung vergleiche Abschnitt 2.1.
Vergleiche hierzu etwa: Atkinson (1999).
Die meisten Konzepte knüpfen dabei zumindest implizit an das Konzept der kritischen Erfolgsfaktoren
(«Critical Success Factors») an, welches ursprünglich in den 60er Jahren als Methode zur Unterscheidung
von verschiedenen Organisationen innerhalb einer bestimmten Industrie entwickelt wurde. Diese Grundidee
wurde von verschiedenen Autoren weiterentwickelt und schliesslich von Rockart und De Long dazu verwendet, um die für die Führung eines Geschäftsbereiches relevanten Kerninformationen zu identifizieren.
Vergleiche hierzu: Rockart/De Long (1988). Geanuracos/Meiklejohn (1993), 47. Axon (2003), 244.
Vergleiche hierzu etwa: Hoffecker/Goldenberg (1994), 13.
Vergleiche hierzu etwa: März (1997).
Vergleiche hierzu etwa: Hardouin (1978) sowie die Ausführungen zum Tableau de Bord in Abschnitt 4.3.
Seite 60
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5.3.6 Zuordenbarkeit
Die Leistung, welche Leistungsindikatoren abbilden, soll aber nicht nur konsistenten
Inhalt auf den einzelnen Verantwortungsebenen besitzen, sondern auch den verschiedenen Verantwortungsbereichen zuordenbar sein. Die Zuordenbarkeit135 beantwortet
die Frage, wessen Leistung durch einen Leistungsindikator gemessen wird beziehungsweise wer für die Erbringung der gemessenen Leistung verantwortlich ist. Die
Zuordnung von Leistung wird dabei meist an die Beeinflussbarkeit und Kontrollierbarkeit der ihr zu Grunde liegenden Ereignisse geknüpft.136
Obwohl die Zuordenbarkeit von Leistungsindikatoren nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Leistungsbeobachtung und Leistungsbeurteilung, sondern auch aus der Perspektive einer leistungsabhängigen Entlohnung erstrebenswert erscheint, ist die Zuordnung von Leistung zu ganz bestimmten Verantwortungsebenen (Unternehmen,
Teams, Individuen) oder Verantwortungsbereichen innerhalb dieser Ebenen nicht immer eindeutig durchführbar. Zuordenbarkeitsprobleme sind beispielsweise auch aus
dem Rechnungswesen im Hinblick auf die Verteilung von Gemeinkosten auf Kostenträger (z.B. auf Geschäftsbereiche, Produkte, Kunden oder Prozesse) bekannt, was
schliesslich auf die Aussagekraft von Gewinn- und Rentabilitätszahlen durchschlägt.
Mangelhafte Zuordenbarkeit von Leistung kann dabei prinzipiell aufgrund von zwei
Ursachen entstehen: Einerseits kann sie auf unzureichendem Wissen über die genauen
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Leistungsentstehung im Unternehmen beruhen (wie etwa im Fall der Gemeinkostenverteilung), andererseits kann sie ein Resultat von Geschehnisse sein, welche nicht oder kaum kontrollierbar beziehungsweise
beeinflussbar sind, aber sich dennoch auf die Leistung auswirken (z.B. Wechselkursschwankungen, Naturkatastrophen).
135
136
Vergleiche hierzu: Müller-Stewens (1998), 39.
Zur Kontrollierbarkeit («Controllability») vergleiche etwa: Merchant (1987), 330ff. Merchant schlägt eine
Dreiteilung der nicht kontrollierbaren Einflüsse vor: (1) unkontrollierbare, aber dennoch relevante Kosten
und Erträge (z.B. Steuern, Zinsausgaben, Wechselkursgewinne/-verluste, administrative Kosten der Unternehmenszentrale), (2) das wirtschaftliche und kompetitive Umfeld und (3) Naturkatastrophen. Dabei sollte
die Leistung eines Verantwortungsbereiches bei der Leistungsmessung gemäss Merchant nur um die Auswirkungen des letzten Punktes bereinigt werden, die ersten beiden Punkte hingegen sollten unbereinigt
bleiben, da sie zwar nicht kontrollierbar, aber dennoch beobachtbar sind und so dass Managementverhalten
beeinflussen sollen. Weitere Beispiele für Quellen zur «Controllability» oder Beeinflussbarkeit: Ezzamel
(1992), 23ff. Rappaport (1995), 184. Horngren et al. (2003), 192f. Horngren et al. (2005), 191ff.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 61
3.5.3.7 Vergleichbarkeit
Die Vergleichbarkeit eines Leistungsindikators ist wichtig, da eine isolierte Information nur selten von Nutzen ist. Die Bedeutung des Vergleichsvorganges für die Leistungsmessung ist bereits aus dem Zweck der Leistungsmessung ersichtlich: Der Vergleich ist ein grundlegender Vorgang in der Leistungsmessung. Die Vergleichbarkeit
kann dabei in drei Teilbereiche gegliedert werden: in einen zwischenperiodischen, in
einen zwischenbetrieblichen und schliesslich in einen innerbetrieblichen Teilbereich
(siehe Abbildung 21).
Erst die Vergleichbarkeit ist es, die einer Leistung ihren Stellenwert gibt und den Einsatz von Instrumenten wie dem «Benchmarking»137 ermöglicht. Der Informationswert
eines Leistungsindikators nimmt in der Regel zu, wenn er im Zeitverlauf auf Basis der
gleichen Grundprinzipien und unter Verwendung der gleichen Sprache angewendet
wird und dadurch signifikante Veränderungen offen gelegt werden («zwischenperiodische Vergleichbarkeit»). Werden ständig neue Leistungskennzahlen verwendet und ist
daher keine Historie für Vergleichszwecke vorhanden, sind Aussagen zur Entwicklung
der Leistung kaum möglich.138 Zudem sollten die Leistungsindikatoren so gestaltet
werden, dass die Messergebnisse reproduzierbar sind: Die Anwendung gleicher
Messtechniken auf gleiche Sachverhalte sollte zu möglichst identischen Messergebnissen führen.139
Weiters hilft die Verwendung der selben Sprache und der selben Definitionen für unterschiedliche Verantwortungsbereiche innerhalb eines Unternehmens, die Leistung
der verschiedenen Einheiten miteinander zu vergleichen («innerbetriebliche Vergleichbarkeit») und in einem nächsten Schritt unternehmensweite Leistungsaussagen
zu machen. Referenzquellen für den Leistungsvergleich können aber auch ausserhalb
des eigenen Unternehmens gesucht werden, indem ein Vergleich der eigenen Leistungsindikatoren mit denen von anderen Unternehmen gesucht wird («zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit»).
137
138
139
Zum «Benchmarking» vergleiche: The Society of Management Accountants of Canada (1993).
Vergleiche hierzu beispielsweise: Wealleans (2001), 60. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von
«Regularity».
Vergleiche hierzu beispielsweise: Wealleans (2001), 64f.
Seite 62
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Abbildung 21: Formen der Vergleichbarkeit
1
Zwischenperiodische
Vergleichbarkeit
2
Zwischenbetriebliche
Vergleichbarkeit
3
Innerbetriebliche
Vergleichbarkeit
Leistung der
gleichen Berichtseinheit in einer
anderen Periode
1
Leistung einer
Berichtseinheit
3
Leistung einer
anderen Berichtseinheit
2
Leistung eines
anderen Unternehmens
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 63
3.5.3.8 Vorhersagekraft
Strategische Entscheidungen und andere Planungsprozesse in einem Unternehmen beruhen auf Vorhersagen und Erwartungen. Von Entscheidungsträgern wird erwartet,
dass sie nicht erst mit Verspätung auf neue Situationen reagieren, sondern diese antizipieren und durch proaktives Handeln zu Gunsten des Unternehmens bewirtschaften.
Es erscheint daher legitim, die Forderung zu erheben, dass Leistungsindikatoren, welche in einer kreisförmigen Managementvorstellung eng mit dem Planungsprozess verbunden sind, einen Beitrag zur Einschätzung zukünftiger Entwicklungen und somit zur
Vorhersagekraft («Predictive Power») innerhalb des Unternehmens leisten sollten.140
So ist es gerade ein Mangel an solcher Vorhersagekraft, der Finanzkennzahlen immer
wieder vorgeworfen wird, da aus diesen Grössen nur schwer Rückschlüsse auf die
künftige Gewinnlage oder Stabilität des Unternehmens gezogen werden können. Dieses Defizit kann auch durch Extrapolation historischer Daten nicht behoben werden.
Nicht-finanzielle Grössen in ihrer Funktion als Vorlaufgrössen für zukünftige finanzielle Resultate wird daher tendenziell ein höheres Mass an Vorhersagekraft beschieden als traditionellen Kennzahlen des Rechnungswesens.141
Bei der Vorhersagekraft handelt es sich um eine Eigenschaft, welche kaum zu operationalisieren und zu quantifizieren ist. In einer allgemeingültigen Definition kann jedoch
konstatiert werden, dass ein Leistungsindikator um so mehr Vorhersagekraft besitzt, je
besser er einen Entscheidungsträger in seiner Aufgabe unterstützt, spezifische, mit
dem Leistungsindikator logisch zusammenhängende zukünftige Phänomene abzuschätzen (z.B. durch Aussagen betreffend das zu erwartende Umsatzwachstum, Aussagen zur Veränderung der Wettbewerbsposition oder zu drohenden Liquiditätsengpässen). Dabei erscheint insbesondere die Anbindung an die frühen Teilresultate im
Leistungsmodell des Unternehmens geeignet, die Vorhersagekraft von Leistungsindikatoren zu erhöhen.
140
141
Vergleiche hierzu auch: Fickert (2004), 708. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von der
«Prognostizierbarkeit» der zukünftigen Performance und des Risikos. Vergleiche aber auch die Ausführungen zum «Predictive Accounting» von Stenzel/Stenzel (2003), 181f.
Vergleiche hierzu die Ausführungen zu den «Leading Indicators» und «Lagging Indicators» in Abschnitt
4.4.2.5. Vergleiche aber auch die Ausführungen zum «Value Reporting» in Fussnote 304 auf Seite 119.
Seite 64
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5.3.9 Verfügbarkeit
Die Verfügbarkeit von Leistungsindikatoren bezieht sich auf einen inhaltlichen und
auf einen zeitlichen Aspekt.
Der inhaltliche Aspekt der Verfügbarkeit besagt, dass nur Indikatoren festgelegt werden sollten, die auch erhebbar sind.142 Restriktionen können hierbei die technischen
Möglichkeiten des Reporting Systems (insbesondere in Hinblick auf die Informationserfassung und die Problematik der Schnittstellen zwischen verschiedenen Informationssystemen) aber auch die Kooperationsbereitschaft beziehungsweise Kooperationsfähigkeit der von der Messung Betroffenen sein. Beispielsweise können die nach Produktgruppen erfassten Tagesumsätze einzelner Filialen für eine Lebensmittelkette von
Interesse sein, jedoch kann die dafür notwendige technische Infrastruktur fehlen.
Der zeitliche Aspekt der Verfügbarkeit kann als «Rechtzeitigkeit», «Aktualität» oder
«Timeliness» bezeichnet werden. Rechtzeitige Verfügbarkeit hängt dabei davon ab, ob
die relevanten Leistungsindikatoren den Entscheidungsträger als ihren Adressaten
frühzeitig erreichen. Obwohl Unternehmen heute in der Regel ausgefeilte Computersysteme zur Datenverarbeitung eingeführt haben, scheint die rechtzeitige Lieferung
von Informationen immer noch eine grosse innerbetriebliche Herausforderung zu
sein.143 Gerade bei börsenkotierten Gesellschaften kann mangelhafte zeitliche Verfügbarkeit von Leistungsinformationen zu Unsicherheit und Volatilität in der Kursentwicklung führen und so den Unternehmenswert negativ beeinflussen.
Als Einflussfaktoren der zeitlichen Verfügbarkeit können im Bereich der Leistungsmessung zum einen die Häufigkeit der Messung von Leistungsindikatoren («Messperiodizität») und zum anderen die Zeitspanne zwischen dem Ende der durch den Leistungsindikator abgebildeten Beobachtungsperiode und dem Zeitpunkt, zu welchem der
Indikator tatsächlich in seiner Endform − z.B. als Bericht in Papierform oder als Information in einem elektronischen «Executive Information System» − vorliegt («Beobachtungslücke»), genannt werden. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 22 graphisch dargestellt.
142
143
Müller-Stewens (1998), 39.
Zu dieser Beobachtung: McKinnon (1992), 133. Diese Beobachtung wird durch die eigenen Erfahrungswerte des Verfassers unterstützt.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 65
Abbildung 22: Messperiodizität und Beobachtungslücke
Informationswert
MESSPERIODIZITÄT
BEOBACHTUNGSLÜCKE
Beispiel für die Entwicklung
des Informationswertes
eines Leistungsindikators
Messpunkt tn
Messpunkt tn+1
Zeitpunkt der
Verfügbarkeit
des Indikators
Während der Informationswert eines Leistungsindikators mit zunehmender Beobachtungslücke sinkt, existiert für einen Indikator in der Regel eine optimale Messperiodizität (online, stündlich, täglich, monatlich, quartalsweise, jährlich, etc.), welche von
der Art der beobachteten Handlungen oder Resultate abhängt und nicht unbedingt
minimiert werden muss.144 Die Beobachtungsperiode, welche ein Leistungsindikator
abbildet, sollte dabei im Optimalfall die kürzeste Zeitspanne sein, in welcher das Management nutzbringend intervenieren kann und in welcher signifikante Leistungsveränderungen wahrscheinlich sind.145
144
145
Vergleiche hierzu auch Axon (2003), 182.
In Anlehnung an: Anthony (1960), 327.
Seite 66
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.5.3.10 Verständlichkeit
Die Verständlichkeit eines Leistungsindikators umfasst Faktoren wie die Sinnhaftigkeit, die Eindeutigkeit, die Einfachheit, die Erklärbarkeit, die Transparenz oder die
Lesbarkeit.146 Leistungsindikatoren sind insbesondere dann ein effektives Führungsinstrument, wenn sie leicht zu kommunizieren sind und eine Sprache verwenden, die
von den involvierten Personen verstanden wird. Eine einfache, aber fokussierte Präsentation einer eingeschränkten Anzahl von Kerninformationen, welche sowohl ein
schnelles Prüfen des Leistungsberichtes erlauben als auch die Möglichkeit zu detaillierter Betrachtung einzelner Elemente bieten, erscheint daher empfehlenswert.147
Dabei sollte bereits der Name des Indikators möglichst klar machen, worum es geht.
Bietet sich kein selbsterklärender Name für einen Indikator an, so sollte zumindest bei
seiner Definition Eindeutigkeit gegeben sein.148 Reporting Manuals, Controlling Handbücher oder sonstige Referenzquellen149 können hier wesentlich zur Verständlichkeit
(und indirekt zur Zuverlässigkeit) beitragen.
Aber auch das Format von Berichten oder quantitativen Information hat einen Einfluss
auf die Verständlichkeit. Im Vergleich zu Tabellen erlauben grafische Darstellungen,
Trends in Zahlenmengen schneller aber weniger genau zu erfassen.150 So haben
Experimente gezeigt, dass zwar einfache Aufgaben mit Hilfe von grafischen Darstellungen besser gelöst werden, komplexe numerische Probleme hingegen besser unter
Verwendung von Zahlenmaterial in Tabellenform bewältigt werden.151 Welche Darstellungsform den Vorzug erhält, wird im Einzelfall jedoch von der Komplexität des
Leistungsindikators, vom Verwendungszweck und wiederum von den persönlichen
Präferenzen der Adressaten abhängen.
146
147
148
149
150
151
Vergleiche hierzu beispielsweise: Wealleans (2001), 59f.
McKinnon (1992), 132f. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zur «Wesentlichkeit» in Abschnitt
3.5.3.3.
Müller-Stewens (1998), 39. Zur «Eindeutigkeit» vergleiche auch: Rappaport (1995), 184.
SIEMENS NIXDORF verwendet beispielsweise das unternehmenseigene Intranet als Referenzquelle für
Scorecard-Informationen. Vergleiche hierzu: März (1997).
Vessey (1991), 219ff. Vergleiche hierzu aber auch Fickert (2004), 710f, der in diesem Zusammenhang zur
Darstellung von Performance-Inhalten in Form von Cockpits rät. Vergleiche aber auch: Dover (2004).
Blocher et al. (1985), 38ff.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 67
3.5.3.11 Kosten-Nutzen-Effizienz
Die optimale Quantität und Qualität von Leistungsindikatoren ist auch unter dem Gesichtspunkt der Kosten-Nutzen-Effizienz zu sehen. Sie besagt, dass die Kosten der Erfassung und Nutzung eines Leistungsindikators nicht höher sein sollten als der Nutzen,
der aus seinem Informationsgehalt gezogen werden kann.
Die Kosten-Nutzen-Effizienz von Leistungsindikatoren kann grundsätzlich auf drei
Arten verbessert werden (siehe Abbildung 23): Erstens können die Kosten der Erfassung durch eine Senkung der damit verbundenen Lohn- und Infrastrukturkosten gesenkt werden. Zweitens können die Kosten der Nutzung gesenkt werden indem beispielsweise die Verständlichkeit des einzelnen Leistungsindikators erhöht und die Gesamtzahl der Indikatoren optimiert wird. Dadurch sinken die Kosten der weiteren Verarbeitung (z.B. für die Analyse oder Beurteilung) der durch die Leistungsindikatoren
gelieferten Informationen. Und drittens kann schliesslich der Nutzwert der Information
erhöht werden (z.B. durch Erhöhung der Relevanz oder der Vorhersagekraft eines Indikators). Allerdings sind die tatsächlichen Kosten-Nutzen-Wirkungen eines Indikators
oder eines gesamten Systems der Leistungsmessung in der Regel sehr komplex und,
gerade in Bezug auf den Nutzwert, nicht in ihrem Gesamtumfang quantifizierbar.
Grundlegende Veränderungen in den Leistungssystemen sind daher oft von den Überzeugungen und Vorlieben der Entscheidungsträger geprägt und nicht nur von rein
quantitativen Kosten-Nutzen-Überlegungen.
Abbildung 23: Steigerung der Kosten-Nutzen-Effizienz von Leistungsindikatoren
Nutzwert der
Information erhöhen
KOSTEN-NUTZEN-EFFIZIENZ DER
LEISTUNGSINFORMATION
STEIGERN
Kosten der
Erfassung senken
Kosten der
Nutzung senken
Seite 68
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.6 Besonderheiten der Leistungsmessung in Multinationalen
Unternehmen
In den vorangehenden Abschnitten wurden Zweck, Form und Funktion der Leistungsmessung erläutert sowie Arten von Leistungsindikatoren und deren Qualitätskriterien dargestellt. Diese Ausführungen haben grundsätzlich auch für länderübergreifend operierende Unternehmen Gültigkeit: Die Koordinationsmechanismen, welche in
Multinationalen Unternehmen angewendet werden, unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von den Mechanismen anderer komplexer Grossunternehmen.152 Multinationale Unternehmen heben sich von nationalen Organisationen im Grunde lediglich
dadurch ab, dass sie über signifikante Investitionen im Ausland verfügen und diese
aktiv führen.153
Die treibenden Faktoren für die insbesondere in den Nachkriegsjahren des 20. Jahrhunderts vermehrt aufkommenden internationalen Unternehmensaktivitäten lassen sich
zu folgenden Kernpunkten zusammenfassen:154
• Stärkere Kundennähe zur besseren Wahrnehmung sich verändernder Kundenbedürfnisse bei einer zunehmend internationalen Kundenstruktur
• Die Verbesserung der Wettbewerbsposition im Hinblick auf die zunehmend
international ausgerichtete Konkurrenz und sich gegenseitig subventionierende
Märkte
• Die Etablierung von «Horchposten» für die frühzeitige Erkennung von technologischen Umbrüchen und radikalen Innovationen
• Die Suche nach Wachstumsmöglichkeiten auf einer globalen Basis, entweder in
Form von zusätzlichen Nischenmärkten oder durch die Realisierung von «economies of scope» oder «economies of scale»
152
153
154
Zu dieser Beobachtung: Martinez/Jarillo (1989), 490ff. Zu den diesbezüglichen Koordinationsmechanismen
siehe Abbildung 26 auf Seite 75. Für eine diesbezügliche Diskussion der Anforderungen an die Leistungsmessung: Barsky/Bremser (1999), 3ff.
Diese Sichtweise folgt der Definition von Bartlett/Ghoshal (1992), 2. In der Literatur werden die Zusätze
wie «multinational», «international», «global» oder «transnational» sowohl als synonyme Bezeichnungen
für Unternehmen mit Niederlassungen in zwei oder mehr Länder als auch als Hinweis auf unterschiedliche
Führungsstile in Bezug auf internationale Aktivitäten benutzt. Vergleiche hierzu etwa: Perlmutter (1969),
11ff. Bartlett/Ghoshal (1992), 11ff.
Für eine diesbezügliche Analyse siehe etwa: Lorange (1989), 108ff. Bartlett (1992), 5ff.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 69
• Die Sicherung der Verfügbarkeit von Schlüsselressourcen (z.B. Mineralstoffe,
Energie) und Zugang zu preisgünstigen Produktionsfaktoren
• Die Risikodiversifikation durch Entwicklung eines entsprechenden Geschäftsportfolios
Aus Sicht der vorliegenden Arbeit und der Leistungsmessung ist insbesondere relevant, dass hinter jedem dieser treibenden Faktoren Ziele und Erwartungen stehen und
dass das Management der Unternehmenszentrale in der Regel daran interessiert ist,
festzustellen, welchen Beitrag die ausländischen Berichtseinheiten zur Erreichung dieser Ziele leistet. Die hierfür notwendigen Informationen liefert die Leistungsmessung.
In den nachfolgenden Abschnitten wird daher dargelegt, wie die formale Leistungsmessung in Grossunternehmen durch den multinationalen Charakter beeinflusst wird
und welchen Stellenwert gerade die formale Leistungsmessung in diesen Unternehmen
als Führungsinstrument hat.
3.6.1
Das Beziehungsgeflecht zwischen Zentrale und «Reporting Unit»
Der bereits in Abschnitt 3.2 vorgestellte Kreislauf des Leistungsmanagements kann
direkt auf die Situation in multinationalen Unternehmen übertragen werden. Dabei
finden die Tätigkeiten des Leistungsmanagements nicht nur in der Unternehmenszentrale mit Perspektive Gesamtunternehmen statt, sondern auch in den ausländischen Berichtseinheiten («Reporting Units») laufen grundsätzlich die selben generischen Managementprozesse ab (siehe Abbildung 24). Die konkrete Ausgestaltung des Leistungsmanagements in den «Reporting Units» wird dabei vom Leistungsmanagement der
Unternehmenszentrale in der Regel massgeblich beeinflusst.
Seite 70
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Abbildung 24: Leistungsmanagement in Multinationalen Unternehmen155
155
Diese Abbildung zeigt das gesamte Beziehungsgeflecht zwischen Unternehmenszentrale und mehreren
Reporting Units. Für einen Detailausschnitt hierzu vergleiche Abbildung 25.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 71
Im Rahmen des Performance Managements kann die unternehmensspezifisch ausgestaltete Einflussnahme der Unternehmenszentrale auf die Reporting Units grundsätzlich stattfinden durch (siehe Abbildung 25):
• die Vorgabe von Strategien, Zielen und Regeln (z.B. in «Mission Statements»,
Strategiepapieren, Budgets, Verhaltensregeln),
• die Definition von Verantwortungsbereichen und die Zuordnung von Verantwortlichkeiten, z.B. durch die Definition von Berichtseinheiten, durch Stellenbeschreibungen oder durch konkrete Weisungen der Geschäftsführung,
• die Zuteilung von finanziellen Mitteln, z.B. in Form von Eigenkapitalausstattung
oder durch die Zuteilung von Finanzrahmen,
• die Informationsanforderungen der Unternehmenszentrale an die Reporting Units,
z.B. durch das Festlegen der Inhalte von Leistungsberichten, durch die Definition
von Leistungsindikatoren, durch die Gestaltung von «Executive Information Systems» und Ad-hoc-Analysen der Unternehmenszentrale oder durch die inhaltliche
Ausgestaltung regelmässig abgehaltener «Business Reviews» (Managementgespräche vor Ort).
• die Gestaltung von Reportingverfahren, z.B. durch das Festlegen der Periodizität
und der Methodenwahl in Reporting Manuals oder Controlling-Handbüchern,
• die Gestaltung von Anreizen, z.B. durch das Unterstreichen von konkreten Leistungszielen durch Anbindung der finanziellen Entlohnung der Verantwortlichen in
den Reporting Units an den jeweiligen Zielerreichungsgrad,
• den Transfer von Know How156 und durch Feed Back, z.B. durch die Besetzung von
Führungsposten in den Reporting Units durch Mitarbeiter aus der Unternehmenszentrale, durch die Anwendung von einheitlichen Techniken und Verfahren, durch
Schulungsmassnahmen, durch die Leistungsbeurteilung oder durch die Promotion
beispielhafter Mitarbeiter.
156
Vergleiche hierzu beispielsweise: Andersson (2003).
Seite 72
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Abbildung 25: Die Beziehung zwischen Zentrale und Reporting Unit
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 73
Diese Einflussnahme erfolgt allerdings nicht unilateral, sondern die Reporting Unit beeinflusst ihrerseits auch das Leistungsmanagement in der Unternehmenszentrale durch:
• die von der Reporting Unit zur Verfügung gestellten Leistungsinformationen, z.B.
über Leistungsindikatoren, Leistungsberichte oder informelle Kontakte,
• durch die an die Unternehmenszentrale zurückfliessenden finanziellen Mittel, z.B.
durch Gewinnrückführungen, durch Gewinnausschüttungen oder durch Royalties
und sonstige Transferzahlungen,
• durch das an die Unternehmenszentrale transferierte Know How und Feed Back,
z.B. durch für Führungsaufgaben in die Zentrale abberufene Mitarbeiter, durch die
Präsentation von neuen Verfahren oder Technologien oder durch Stellungnahmen
zu Weisungen und Vorschlägen der Unternehmenszentrale.
Aus Sicht des Leistungsmanagements der Unternehmenszentrale ist die «Reporting
Unit» also der ausführende Bereich, in der «Reporting Unit» selbst werden aber ebenfalls Managementaufgaben wahrgenommen. Die Leistungsmessung bildet wiederum
eine Teilaufgabe im diesbezüglichen Managementprozess.157
Diese Charakteristika der Beziehung zwischen der Unternehmenszentrale und den Berichtseinheiten treffen im Grunde auf alle divisionalisierten Unternehmen zu. Aus
Sicht der formalen Leistungsmessung lassen sich aber eine Reihe von Faktoren nennen, welche die Bedeutung und Komplexität des Perfromance Measurements im Beziehungsgeflecht eines multinationalen Umfeld verstärken. Zu diesen nachfolgend erörterten Einflussfaktoren gehören:158
• die geographische Distanz,
• die kulturelle Distanz und sprachliche Barriere,
• die Transferpreis- und Steuerproblematik und
• der Einfluss von Wechselkursen, Inflation, und Zinsen.
157
158
Zur Leistungsmessung als Teilaufgabe des Leistungsmanagements vergleiche auch: Abschnitt 3.2.
Vergleiche hierzu: Eichelberger (1991), 6ff. Bergmann (1996), 94ff. Rothlin (1999), 273ff.
Seite 74
3.6.2
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Die geographische Distanz
Die Koordinationsmechanismen in komplexen Grossunternehmen lassen sich prinzipiell in die in formale und informelle Mechanismen einteilen (siehe Abbildung 26). Je
komplexer die von einem Unternehmen verfolgte Strategie ist, z.B. als Resultat von
interdependenten Aktivitäten in verschiedenen Einheiten und verschiedenen Märkten,
desto stärker sollten in der Regel die formalen Koordinationsmechanismen durch informelle Mechanismen unterstützt werden.159
Aber gerade multinationale Unternehmen, welche in einem besonders komplexen Umfeld arbeiten, befinden sich hier in einer zwiespältigen Situation: Einerseits kann der
Einsatz von informellen Koordinationsmechanismen für sie von grossem Vorteil sein,
andererseits werden Mechanismen wie etwa bereichsübergreifende Beziehungen (z.B.
direkter Führungskontakt, die Bildung von Arbeitsgruppen) oder die informelle Kommunikation (z.B. persönlicher Kontakt unter Managern, Meetings) durch die geographische Distanz zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer «Reporting Unit»
erschwert.
Solche informelle Interaktionen sind auf nationaler Ebene in der Regel leichter, weniger zeitintensiv und kostengünstiger zu realisieren als auf internationaler Ebene.
Dem Manager eines Unternehmens mit Sitz in der Schweiz wird es leichter fallen, persönliche Kontakte und regelmässige Arbeitstreffen mit ebenfalls in der Schweiz arbeitenden Führungskräften zu arrangieren als beispielsweise mit in den USA oder in
China tätigen Mitarbeitern.160
Aus dieser Überlegung kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Manager
von multinationalen Unternehmen mit mehreren Standorten tendenziell stärker auf die
formalen Koordinationsmechanismen angewiesen sind als national oder lokal agierende Führungskräfte. Informationen über die Leistungsergebnisse und die Aktivitäten
einer ausländischen «Reporting Unit» werden daher tendenziell stark von der formalen
159
160
Zu dieser Forderung und zu den formalen und informellen Koordinationsmechanismen: Martinez/Jarillo
(1989), 490ff. Dabei haben die Autoren die Leistungsmessung den Sozialisierungsmethoden zugeordnet.
Dieser Zuordnung wird in der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt: Die Leistungsmessung (und mit ihr die
Formulierung von Leistungsindikatoren) wird hier als Instrument der Verhaltens- und Ergebniskontrolle
interpretiert, welches jedoch durchaus sozialisierende Auswirkungen haben kann.
Die Erschwernisse der geografischen Distanz werden mit anderen Faktoren zusammen (z.B. der sprachlichen und kulturellen Distanz) daher auch als «Liability of Foreignness» bezeichnet. Vergleiche hierzu:
Mezias (2002). Goodall/Roberts (2003).
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 75
Leistungsmessung geprägt sein. Die formale Leistungsmessung ist daher gerade im
multinationalen Umfeld ein zentrales Managementinstrument, dessen Bedeutung durch
die Multinationalität im Vergleich zu nationalen Unternehmensaktivitäten in der Regel
noch gesteigert wird. Aus Sicht der Unternehmenszentrale forciert dies die Abhängigkeit von der Leistungsmessung als Hilfsmittel der Koordination, Information, Motivation und Integration im Unternehmen. Dieser Zusammenhang hat die Wahl von
multinationalen Grossunternehmen als Zielgruppe für die empirische Untersuchung
zur Leistungsmessung massgeblich beeinflusst.161
Abbildung 26: Formale und informelle Koordinationsmechanismen162
FORMALE KOORDINATIONSMECHANISMEN
• Bereichsbildung und Gruppierung von Organisationseinheiten, Entwicklung der formalen Organisationsstruktur
• Zentralisierung und Dezentralisierung der Entscheidungsgewalt (durch Bildung einer
formalen Autoritätshierarchie)
• Formalisierung und Standardisierung (z.B. durch schriftliche «Policies», Regeln,
Stellenbeschreibungen, standardisierte Abläufe, Manuals, Charts)
• Planung (z.B. in Form von strategischer Planung, Budgetierung, Aktionsplänen)
• Ergebnis und Verhaltenskontrolle (z.B. durch Systeme der Leistungsmessung, technische Berichte, Verkaufs- und Marketingstatistiken, direkte Überwachung)
INFORMELLE KOORDINATIONSMECHANISMEN
• Laterale und bereichsübergreifende Beziehungen (z.B. durch direkten Führungskontakt, temporäre oder permanente Teams, Arbeitsgruppen, Komitees)
• Informelle Kommunikation (z.B. durch persönliche Kontakte unter Managern, Managementbesuche, Meetings, Konferenzen, Transfer von Managern)
• Sozialisierung und Aufbau einer auf gemeinsamen strategischen Zielen und Wertvorstellungen basierenden Unternehmenskultur (z.B. durch Training, Transfer von
Managern, Karriereplanung, Anreizsysteme)
161
162
Zu den empirischen Erhebungen vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 5.
In Anlehnung an: Martinez/Jarillo (1989), 491.
Seite 76
3.6.3
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Die kulturelle Distanz und sprachliche Barriere
Mit der geographischen Distanz geht auch meist eine kulturelle Distanz einher. Die
kulturelle Distanz kann in unterschiedlichen Wertvorstellungen (Moral, Arbeitsethik)
aber auch in der Sprache, als eines der stärksten Ausdruckmittel einer Kultur, ihren
Niederschlag finden. Gerade in multinationalen Unternehmen, in denen die Kultur der
Unternehmenszentrale und die Unternehmenssprache aus Sicht der ausländischen «Reporting Units» regelmässig zu einer fremdländischen Kultur und zu einer Fremdsprache werden, kann dies die Führungs- und Koordinationsprozesse deutlich erschweren.
Aus dieser Beobachtung kann wiederum die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass
gerade in multinationalen Unternehmen die formale Leistungsmessung einen wichtigen Beitrag zur Überwindung von kulturellen Distanzen und sprachlichen Barrieren
leisten kann, welche in multinationalen Unternehmen tendenziell grösser sind als in
national agierenden Unternehmen. Insbesondere durch die bereits beschriebenen
Funktionen der Kommunikation, Steuerung und Integration kann die Leistungsmessung zu einem zielkongruenten Verhalten oder zumindest zu einem gemeinsamen
Leistungsverständnis in multinationalen Unternehmen beitragen. Die Sprache der Leistungsindikatoren wird zu einem prägenden Element der Kommunikation zwischen
Zentrale und Berichtseinheit.163 Sorgfältig gewählte und klar definierte Leistungsindikatoren helfen, Erwartungen zu kommunizieren und Missverständnissen vorzubeugen.164 Sie können daher für multinationale Unternehmen ein wichtiges Instrument zur
Verringerung der sprachlichen und kulturellen Distanz sein und so die relative Bedeutung der Leistungsmessung als Führungsinstrument steigern.
163
164
Diese Aussage wird durch eigene Beobachtungen des Verfassers bestätigt. So wurde bei SAURER ein länderübergreifendes Reengineering-Projekt durch eine Umgestaltung der intern rapportierten Bilanz und Erfolgsrechnung sowie durch Neudefinition und Neugewichtung von Kennzahlen massgeblich unterstützt. In
diesem Zusammenhang wurde zur Verdeutlichung von Kernprozessen die Erfolgsrechnung für interne Reportingzwecke nach diesen Kernprozessen strukturiert.
Leistungsindikatoren lösen jedoch nicht alle diesbezüglichen Interpretationsprobleme. Vergleiche hierzu
beispielsweise Gray (1999). Gray legt dar, dass kulturelle Unterschiede (z.B. betreffend Optimismus im
Accounting) auch auf Finanzkennzahlen wie den Gewinnausweis einen Einfluss haben können.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.6.4
Seite 77
Die Transferpreis- und Steuerproblematik
Die geographische und die kulturelle Distanz sind Faktoren, welche die Bedeutung der
Leistungsmessung als Führungsinstrument in Multinationalen Unternehmen tendenziell hervorstreichen. Neben diesen bedeutungssteigernden Faktoren gibt es auch
Auswirkungen der Multinationalität, welche die formale Leistungsmessung im Vergleich zu nationalen Unternehmen eher erschweren und deren Aussagekraft beeinträchtigen können. Hierzu zählt beispielsweise die Transferpreis- und Steuerproblematik in multinationalen Unternehmen.
Ein Transferpreise ist derjenige Preis, zu welchem ein Gut oder eine Dienstleistung
zwischen Organisationseinheiten transferiert wird. Die involvierten Organisationseinheiten können Abteilungen, Divisionen oder Tochtergesellschaften des selben Unternehmens sein.165 Die Bestimmung von Transferpreisen birgt ein signifikantes Konfliktpotential, da die festgelegten Preise die finanziellen Resultate der beteiligten Einheiten beeinflussen, welche ihrerseits wiederum für Zwecke der Leistungsbeurteilung
oder als Grundlage für die Berechnung von Steuern auf das Vermögen und das Einkommen herangezogen werden können. Die Transferpreisgestaltung hat durch die
Verschärfung der diesbezüglichen Dokumentationsvorschriften in verschiedenen Ländern (beispielsweise in Deutschland) in jüngster Zeit an Bedeutung gewonnen.166 Gerade in einem multinationalen Umfeld können, neben der Organisationsstruktur und
der Unternehmensstrategie, die mit der Transferpreisproblematik verknüpften Einflussfaktoren daher signifikante Auswirkungen auf die Führung von ausländischen
«Reporting Units» haben.
So haben empirische Studien gezeigt, dass folgende Einflussfaktoren als besonders
wichtige Variablen der internationalen Transferpreisgestaltung eingestuft werden: 167
• der Gewinn des Gesamtunternehmens
• die divergierenden Steuerfüsse und Steuergesetzgebungen in den verschiedenen
Ländern
• die Wettbewerbsposition der ausländischen Einheit
165
166
167
Vergleiche hierzu: Tang (1993), 1.
Für eine ausführliche Diskussion der «Transfer Pricing»-Problematik sowie der diesbezüglichen Gesetzgebung und Dokumentationsvorschriften in verschiedenen Industriestaaten: PriceWaterhouseCoopers (2004a).
Tang (1993), 89.
Seite 78
Leistungsmessung als Managementaufgabe
• die unterschiedlich hohen Zölle und sonstigen Zollbestimmungen
• die Einschränkungen bei der Rückführung von Gewinnen oder Dividenden
Die befragten Unternehmen zeigten in diesem Zusammenhang am meisten Interesse an
der Maximierung des konsolidierten Unternehmensgewinnes, an der Bestimmung der
Leistung von in- und ausländischen Berichtseinheiten und an der Minimierung von
Steuerzahlungen.
Hierbei kann es zu einer Zielantinomie kommen, wenn beispielsweise Gewinne mit
Hilfe der Transferpreisgestaltung vermehrt in steuerbegünstigten Ländern realisiert
werden und die Leistung der «Reporting Units» gleichzeitig anhand von finanziellen
Kennzahlen gemessen wird: Einerseits werden zwar die Einkommenssteuerzahlungen
minimiert und der konsolidierte Unternehmensgewinn erhöht, andererseits werden die
finanziellen Leistungen (z.B. die Umsätze, die Kosten, die Gewinne) der «Reporting
Units» in der Leistungsmessung verzerrt dargestellt.
Soll die Leistungsmessung frei von Einflüssen der Transferpreispolitik bleiben, so erfordert dies entweder die strikte Einhaltung von «Arm's Length»-Preisen, den Einsatz
von Leistungsindikatoren, welche durch die Transferpreispolitik nicht beeinflusst werden (z.B. handlungsorientierte, vermehrt nicht-finanzielle Indikatoren168), oder aber
die Bereinigung der beeinflussten Indikatoren um die Transferpreiseffekte bevor sie
für die interne Leistungsbeurteilung herangezogen werden.169 In jedem Fall, mit Ausnahme der «Arm's Length»-Preise wird die Leistungsmessung erschwert und es werden zusätzliche Ressourcen gebunden.
168
169
Der Zusatz «handlungsorientiert» wurde hier beigefügt, da «ergebnisorientierte» nicht-finanzielle Indikatoren ebenfalls von der Transferpreisgestaltung beeinflusst werden können. Zur Unterscheidung der Leistung
nach Handlungs- und Ergebnisorientierung vergleiche Abbildung 2.
Vom Autor in verschiedenen Unternehmen durchgeführte Fachgespräche lassen die Schlussfolgerung zu,
dass die Bereinigungsvariante die häufiger benutzte Methode ist. In komplexen Organisations- und Verantwortlichkeitsstrukturen kann dies jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden sein, da eine verzerrungsfreie Leistungskonsolidierung gleichsam eine Schattenrechnung erforderlich macht.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
3.6.5
Seite 79
Der Einfluss von Wechselkursen, Inflation und Zinsen
Durch die Multinationalität übt der Einfluss von Wechselkursschwankungen und unterschiedlichen Inflations- und Zinsgefügen eine weiter komplexitätserhöhende Wirkung auf die Leistungsmessung aus, insbesondere auf die finanziellen Resultate ausländischer «Reporting Units». Diese Einflussgrössen sind im Zeitverlauf in verschiedenen Ländern mehr oder weniger grossen Schwankungen unterworfen, welche sich
der Kontrolle durch die Berichtseinheiten in der Regel weitgehend entziehen und bestenfalls durch kostspielige Hedgingmassnahmen abgesichert werden können.170
Es stellt sich somit im Bereich der Wechselkurse die Frage, ob ausländische Reporting
Units für die Auswirkungen von Schwankungen des Wechselkurses zwischen ihrer
Berichtswährung und der Währung der von ihnen durchgeführten Transaktionen
(«Transaction Gains/Losses») verantwortlich sein sollen. Die gleiche Frage stellt sich
auch für die Fremdwährungsgewinne oder -verluste, welche durch die Umrechnung
der Finanzzahlen der «Reporting Unit» von deren eigener Berichtswährung in die Berichtswährung der Zentrale entstehen («Translation Gains/Losses»). Diese Frage wird
relevant, wenn darüber entschieden wird, ob Finanzkennzahlen in Währung der ausländischen Berichtseinheit beurteilt, oder aber zunächst in die Währung der Muttergesellschaft umgerechnet und erst in dieser beurteilt werden.
Sich ändernde Zinsstrukturen, Inflationsraten oder Wechselkurse können ihre verfälschende Wirkung beispielsweise über die verzerrte Darstellung von Zinskosten, Auslandsinvestitionen, Gewinn- oder Rentabilitätswerten entfalten. Bei signifikanten Bewegungen in den Zins-, Inflations- oder Wechselkursgefügen kann dies die Vergleichbarkeit von finanziellen Kennzahlen zwischen verschiedenen Ländern, «Reporting
Units» oder Berichtsperioden deutlich einschränken.
170
Hedgingmassnahmen können das Wechselkursrisiko jedoch nicht vollkommen beseitigen, sondern lediglich
die finanziellen Auswirkungen von Wechselkursschwankungen aufschieben oder dämpfen. Auf den
Finanzmärkten sind Hedginginstrumente im Normalfall nur zur Absicherung von kurz- bis mittelfristigen
Risiken erhältlich. Langfristige Verschiebungen im Wechselkursgefüge können mit diesen Instrumenten
nicht abgefangen werden. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen teilweise bewusst auf solche
Hedgingmassnahmen verzichten, um die firmeninterne Adaption auf neue Gegebenheiten nach Möglichkeit
zu beschleunigen.
Seite 80
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Obwohl im Accountingbereich, insbesondere in der externen Rechnungslegung, Techniken für die Behandlung dieser Problembereiche angeboten werden (z.B. «Inflation
Accounting»), ist eine allgemeingültige Beantwortung dieser Fragestellungen aus
Sicht der internen Leistungsmessung nicht möglich. So lässt sich bei Einsatz moderner
Konsolidierungsanwendungen der Einfluss sich ändernder Wechselkurse auf das Finanzresultat von Berichtseinheiten und Gesamtkonzern mittels Konsolidierung zu
historischen Kursen ohne grossen Aufwand simulieren. Die Zuordnungsproblematik
von Verantwortlichkeiten zu nicht kontrollierbaren Faktoren wird dadurch aber nicht
gelöst und bleibt nach wie vor ein strittiger Punkt, der von den Unternehmen individuell beantwortet werden muss.171
Multinationale Unternehmen sind den Veränderungen von Wechselkursen, unterschiedlichen Inflationsraten und divergierenden Zinsentwicklungen in der Regel stärker ausgesetzt als national agierende Unternehmen und von dieser Thematik daher
stärker betroffen. Dies wiederum kann die Leistungsmessung erschweren und − analog
zur Transferpreis- und Steuerproblematik − zusätzliche Führungsressourcen binden.
Tendenziell scheint die Entwicklung jedoch dahin zu gehen, dass für Zwecke der internen Leistungsmessung, eher auf die explizite, formalisierte Berücksichtigung dieser
Einflussfaktoren (insbesondere der Zinsen und der Inflation) aufgrund von KostenNutzen-Überlegungen verzichtet wird, auch wenn das dafür notwendige Know How in
den Unternehmen vorhanden ist. Zudem wird die Finanzierungsfunktion häufig von
einer zentralen, gruppenweit agierenden Treasuryabteilung wahrgenommen und entzieht sich somit zu einem guten Teil der Entscheidungskompetenz der lokalen Gesellschaften.172
171
172
Vergleiche hierzu die Ausführungen zur «Zuordenbarkeit» und «Controllability» in Abschnitt 3.5.3.6.
Dieser Eindruck wurde vom Autor anhand von Fachgesprächen in verschiedenen Unternehmen gewonnen
und durch eigene Erfahrungen bestätigt.
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Seite 81
3.7 Zusammenfassung der Grundlagen der Leistungsmessung
In den Abschnitten 2 und 3 wurden die Grundlagen der Leistungsmessung vorgestellt.
Unternehmensleistung ist demnach ein mehrdimensionales Phänomen, das sich an
Hand von Verhalten und Resultaten beobachten lässt und letztinstanzlich auf die Lebensfähigkeit und Nutzengenerierung des Unternehmens abzielt. Für ein besseres
Leistungsverständnis kann der Leistungswürfel als Klassifizierungsraster herangezogen werden, der Leistung nach Form (finanziell, operativ, sozial), Verantwortung (Unternehmen, Team/Prozess, Individuum) und Zeitpunkt der Leistungserbringung (Vergangenheit/Gegenwart/Zukunft) differenziert.
Leistungsmessung («Performance Measurement») ist eine Teilaufgabe des umfassenderen Leistungsmanagements («Performance Management»), welches eine Brückenfunktion zwischen strategischem Zielmanagement und operativ-ausführenden Tätigkeiten ausübt. Sowohl Leistungsmanagement als auch Leistungsmessung sind Managementaufgaben. Vor allem der Charakter als Managementaufgabe aber auch das über
Finanzkennzahlen hinausreichende Messverständnis grenzen die Leistungsmessung
vom betrieblichen Rechnungswesen («Management Accounting») ab. Mit der Entwicklung zum «Strategic Management Accounting» verliert der Finanzfokus als Unterscheidungskriterium jedoch zusehends an Bedeutung.
Der Zweck der Leistungsmessung besteht im Vergleich einer Messgrösse zu einer Bezugsgrösse. In der formalen Leistungsmessung, welche im Fokus der vorliegenden
Arbeit steht, kommt den Leistungsindikatoren als Messobjekte zentrale Bedeutung zu.
Die Formale Leistungsmessung orientiert sich an konkreten Zielvorgaben und quantifiziert in standardisierten, periodisch ablaufenden Vergleichen zentrale Leistungsaspekte in Form von Leistungsindikatoren. Für die vorliegende Arbeit werden Indikatoren betreffend Profitabilität und Wertsteigerung, Kosteneffizienz, Liquidität und Stabilität, Wachstum, Innovationskraft, Qualität und «Continuous Improvement», Kunden, Konkurrenten sowie Mitarbeiter voneinander unterschieden.173 Die entsprechenden Zielvorgaben können aus der Strategie, dem Budget, der Verantwortlichkeitsstruktur, dem Leistungsmodell oder den proprietären Zielen des Messenden abgeleitet
sein.
173
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 5.4.
Seite 82
Leistungsmessung als Managementaufgabe
Leistungsmessung dient dabei nicht nur der Beobachtung und Kontrolle, sondern steuert im Idealfall über die inhärente Kommunikation von Vorgaben und Erwartungen
zielkongruentes Verhalten und übt auf die Leistungserbringer einen motivierenden
Einfluss aus. Über die Definition gemeinsamer Inhalte und Prozesse und einen gemeinsamen Sprachgebrauch erzielen Kennzahlensysteme zudem eine integrierende
Wirkung.
Um diesen Anforderung gerecht zu werden, müssen Leistungsindikatoren einer Reihe
von Qualitätskriterien genügen: Sie müssen für die Managemententscheidungen relevant sein und zuverlässig das abbilden, was sie abzubilden vorgeben. Nur durch konsistente Ausrichtung an den Unternehmenszielen über alle Hierarchiestufen hinweg
können sie Verhalten und Resultate effektiv beeinflussen. Dabei sollten die Leistungsaussagen den Verantwortungsbereichen zuordenbar bleiben und historische Vergleiche
sowie nach Möglichkeit internes und externes Benchmarking erlauben. Mit Konzentration auf das Wesentliche sowie durch verständliche Aussagen beugen sie der Informationsflut vor und erleichtern Managemententscheidungen. Die Festlegung von
Messperiodizität, Berichtsgeschwindigkeit und inhaltlicher Ausgestaltung sollte unter
Anwendung von Kosten-Nutzen-Überlegungen erfolgen.
Diese Aussagen gelten auch für die Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen, welche im Zentrum der empirischen Erhebungen in Abschnitt 5 stehen. Die
generischen Prozesse des Leistungsmanagements laufen in länderübergreifend operierenden Unternehmen zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting
Units grundsätzlich gleich ab wie in anderen Unternehmen. Der formalen Leistungsmessung kommt in diesen Unternehmen jedoch gesteigerte Bedeutung zu, da informelle Koordinationsmechanismen aufgrund der geografischen Distanz erschwert werden und kulturelle und sprachliche Unterschiede mit Hilfe der standardisierten «Sprache der Kennzahlen» leichter überwunden werden. Vor allem bei Finanzkennzahlen
können Schwankungen bei Wechselkurs-, Zins- und Inflationsgefügen sowie die Auswirkungen der Transferpreispolitik die Leistungsanalyse erschweren.
Systeme der Leistungsmessung
4.
Seite 83
SYSTEME DER LEISTUNGSMESSUNG
Nachdem in den vorangehenden Abschnitten der konzeptionelle Grundstein für diverse Begriffe um den Themenbereich Leistung und Leistungsmessung gelegt wurde,
werden im Abschnitt 4 nun Ursprung, Ziele, Inhalte und Methoden verschiedener Systeme der Leistungsmessung vorgestellt und deren Vor- und Nachteile gewürdigt.
Ausgewählt wurden dabei einzelne Kennzahlensysteme, die aus Sicht des Verfassers
konzeptionell einen besonders prägenden Einfluss auf die Ausgestaltung der formalen
betrieblichen Leistungsmessung in multinationalen Grossunternehmen entwickeln
konnten (siehe Abbildung 27). Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben,
sollen diese Systeme die Entwicklung der formalen Leistungsmessung im Zeitablauf
möglichst gut repräsentieren. Unter diesen Gesichtpunkten werden in den Abschnitten
4.1 bis 4.4 folgende Ansätze in Bezug auf die Leistungsmessung analysiert und anschliessend einer Gesamtwürdigung unterzogen:
• Der ROI-Ansatz
• Der Shareholder Value Ansatz
• Der Tableau de Bord Ansatz
• Der Balanced Scorecard Ansatz
Der ROI-Ansatz repräsentiert hierbei die frühen standardisierten Kennzahlensysteme,
welche ausschliesslich auf historischen Finanzkennzahlen basieren. Der Shareholder
Value-Ansatz (Discounted Cash Flow, EVA), obwohl ebenso stark finanziell orientiert, ergänzt diese historisch-retroaktive Betrachtung gemäss eigenem Anspruch durch
einen nach vorne gerichteten Blick auf die Wertentwicklung. Der in Frankreich entwickelte Tableau de Bord Ansatz sowie der US-amerikanisch geprägte Balanced
Scorecard Ansatz werden stellvertretend für alle mehrdimensionalen Konzepte behandelt, welche finanziell ausgerichtete Leistungsmessungssysteme durch vermehrt nichtfinanzielle, unternehmensspezifische Komponenten zu verschiedenen Leistungsaspekten erweitern.174
174
Für ein zusammenfassende Übersicht weiterer Systeme der Leistungsmessung vergleiche: Schomann
(2000), 137. Klingebiel (2001), 56ff. Gleich (2001), 46ff. Gleich (2002), 449.
Seite 84
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 27: Ausgewählte Systeme der formalen Leistungsmessung175
Klassische
Finanzkennzahlen
ROI, RONOA, ROx
Discounted Cash Flow
Explizit
wertorientierte
Systeme
Economic Value Added
Balanced Scorecard
Mehrdimensionale
Systeme
1900
175
Tableau de Bord
1950
2000
Die Pfeile repräsentieren den ungefähren Zeitraum, in denen die angeführten Systeme der formalen Leistungsmessung jeweils in Erscheinung treten und breite Anerkennung finden. Die diesbezüglichen frühen
Grundlagen sind jeweils nicht berücksichtigt (z.B. frühe «Residual Income»-Ansätze beim Economic Value
Added). In jeder Kategorie wurden nur einzelne, möglichst repräsentative Systeme aufgeführt. Verwendete
Abkürzungen: ROI = Return on Investment, RONOA = Return on Net Operating Assets, ROx = Platzhalter
für andere Rentabilitätskennzahlen wie z.B. Return on Capital Employed (ROCE).
Systeme der Leistungsmessung
Seite 85
4.1 Der «Return on Investment» (ROI)-Ansatz
4.1.1
Ursprung und Ziele des ROI-Ansatzes
Der ROI-Ansatz geht auf die US-amerikanische DU PONT POWDER COMPANY
zurück. Zwischen etwa 1915 und 1918 entwickelt das Unternehmen, welches zum damaligen Zeitpunkt vorwiegend im Bereich der Sprengmittelerzeugung tätig ist, ein innovatives Reporting System, welches auf den einzelnen Komponenten der Gesamtkapitalrentabilität («Return on Investment», ROI) beruht.176
Der ROI findet in seiner ursprünglichen DU PONT-Version allerdings primär als Entscheidungshilfe bei der Kapitalallokation innerhalb des zunehmend diversifizierten
Unternehmens Verwendung. Erst in späteren Jahren wird der Ansatz von DU PONT
selbst sowie von der zunehmenden Masse der Firmen, die dieses Führungssystem im
Verlauf der Jahre adaptiert haben, als Kennzahl zur Führung von Profit Centern und
Investment Centern verwendet. Die Grundidee des ROI zeigt sich seither in verfeinerter und weiterentwickelter Form in diversen auf die Rentabilität fokussierten Kennzahlensystemen.
4.1.2
Inhalte und Methoden des ROI-Ansatzes
4.1.2.1 Der ursprüngliche ROI-Ansatz bei DU PONT
Die Geschäftsleitung der Firma DU PONT verwendet den ROI in seiner ursprünglichen Form vor allem als Instrument der Kapitalallokation innerhalb des Unternehmens
sowie zur Beurteilung der finanziellen Gesamtentwicklung. Dies bedeutet, dass die
ROI-Informationen zu den einzelnen Geschäftsbereichen zunächst nur der obersten
Führungsebene in der Unternehmenszentrale zugänglich sind, welche sich auch die
alleinige Verantwortung für die finanzielle Profitabilität des Gesamtunternehmens
176
Daher auch die synonyme Bezeichnung «DU PONT»-Ansatz. Zur Entstehung und Geschichte der «DU
PONT POWDER COMPANY» und des ROI-Systems vergleiche: Johnson/Kaplan (1991), 66ff.
Seite 86
Systeme der Leistungsmessung
vorbehält.177 Der ROI als zentrales Kriterium der finanziellen Leistung definiert sich
dabei wie folgt:
ROI =
Gewinn
Gesamtkapital
Die Manager der dezentralen Produktions- oder Verkaufseinheiten hingegen tragen
keine Profit Center- oder Investment Center-Verantwortung im heutigen Sinne. Sie
werden bei DU PONT nicht über finanzielle Grössen wie den Gewinn oder den ROI,
sondern weiterhin über vorwiegend operative Managementinformationen geführt. Für
den Produktionsbereich etwa umfassen die diesbezüglichen Leistungsdaten vorwiegend Daten zur physischen Effizienz der Produktionsprozesse (z.B. betreffend Arbeitsproduktivität oder Materialverbrauch).178
Im Verkaufsbereich verfügt DU PONT zu diesem Zeitpunkt bereits über tägliche Verkaufsberichte, welche die Zentrale mit nur 4-5 Tagen Verspätung über die Gesamtentwicklung aller lokalen Verkäufe informieren und am Monatsende, aufgrund der Verwendung eines für damalige Verhältnisse fortschrittlichen Lochkartensystems, für die
Erstellung von Verkaufs- und Preisanalysen nach geografischen Regionen, Produktgruppen oder Kundengruppen herangezogen werden.179
Diese operativen Leistungsinformationen bilden die Komponenten des seit ca. 1919
systematisch verwendeten ROI-Baumes (siehe Abbildung 28). Die lokalen Manager
sind in diesem System für die operativen Komponenten des Geschäfts verantwortlich,
die Verantwortung für die finanzielle Spitzenkennzahl ROI trägt jedoch ausschliesslich die Geschäftsleitung in der Unternehmenszentrale.
177
178
179
Vergleiche hierzu: Johnson/Kaplan (1991), 68 und 73.
Dies zeigt, dass bereits das ursprüngliche ROI-Modell zumindest implizit durch ein auch um nicht-finanzielle Komponenten ergänztes Leistungsmodell unterlegt war.
Vergleiche hierzu: Johnson/Kaplan (1991), 76f. Bemerkenswert ist, dass Inhalt und zeitliche Verfügbarkeit
vergleichbarer Führungsinformationen, trotz Weiterentwicklungen im Rechnungswesen und trotz zwischenzeitlichem Einsatz von IT-basierten Hilfsmitteln, für manches Unternehmen auch heute noch eine Herausforderung darstellen.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 87
÷
Kapitalumschlag
Anlagevermögen
flüssige
Mittel
+
Umlaufvermögen
Umsatz
RETURN ON
INVESTMENT
x
÷
Umsatzgewinnrate
Investiertes
Kapital
Debitoren
Vorräte
Verwaltungskosten
Vertriebskosten
Selbstkosten
–
Gewinn/Verlust
(+ FK-Zins)
Umsatz
Herstellkosten
der verkauften
Produkte
Abbildung 28: Der ROI-Baum in Anlehnung an DU PONT180
180
In Anlehnung an Kline/Hessler (1960), 801. Allerdings addiert die ursprüngliche DU PONT-Version des
ROI-Baumes keine Fremdkapitalzinsen zum Jahresergebnis.
Weiters werden bei DU PONT in der Gewinn- und Kapitalgrösse keine Abschreibungswirkungen berücksichtigt (das investierte Kapital ist also auf Basis der Anschaffungswerte des Vermögens ausgewiesen).
Dies soll den Anreiz zu kurzfristig orientierten Investitionsverzögerungen verringern. Vergleiche hierzu:
Johnson/Kaplan (1991), 74.
Seite 88
Systeme der Leistungsmessung
Aus heutiger Sicht interessant erscheint auch der damalige Umgang mit diesen Führungsinformationen, der an Aussagekraft von heute üblichen computergestützten Präsentationen nicht massgeblich überboten wird: Die Präsentation der ROI-Entwicklung
findet bei DU PONT im «Chart Room» in der Unternehmenszentrale statt.181 Eigene
«Chart Clerks» werden mit der manuellen Anfertigung grosser Kartontafeln betraut.
Diese Tafeln, welche für jeweils eine Komponente des ROI-Baumes die Entwicklung
im Zeitablauf als Liniendiagramm abbilden182, werden schliesslich an einem mit Rollen ausgestatteten Metallgerüst befestigt, um sie bei Bedarf der versammelten Diskussionsrunde vorführen zu können. Dabei wird von einem «Master Chart» ausgegangen, welcher die Daten für den ROI, die Umsatzgewinnrate und den Kapitalumschlag auf einer Tafel vereint, und im Verlaufe der Diskussion in die einzelne Teilaspekte des ROI vorgestossen. Die Charts beinhalten dabei keine narrativen Erklärungen, da sie nicht Antworten geben, sondern Fragen stimulieren sollen.183
4.1.2.2 Der ROI-Ansatz heute
Aufbauend auf das zur internen Analyse entwickelte System von DU PONT hat sich
der ROI-Gedanke im Bereich der Finanzkennzahlen bis heute in zwei Richtungen
weiterentwickelt.
Einerseits hat sich der ROI als Kennzahl verselbständigt: Geschäftseinheiten werden
heute insbesondere in Grossunternehmen oftmals als Unternehmen im Unternehmen
geführt. Die Reporting Units mit Umsatz- oder Kostenverantwortung gemäss ursprünglichem DU PONT-System sind somit vielfach zu «Profit Centern» oder «Investment Centern» aufgestiegen. Der ROI konnte sich folglich in vielen Unternehmen als
eine der zentralen Spitzenkennzahlen zur finanziellen Führung von Geschäftsbereichen
etablieren. Um die Unternehmenszentrale nicht mit Detailinformationen zu überfluten,
wurde der ROI dabei regelmässig als finaler Indikator sowohl für die operative Effizienz als auch für den daraus resultierenden finanziellen Erfolg einer Geschäftseinheiten propagiert.
181
182
183
Für eine detaillierte Beschreibung des Präsentationsablaufes und der verwendeten Hilfsmittel durch ehemalige DU PONT-Mitarbeiter vergleiche: Kline/Hessler (1960).
Dabei wird jeweils die Entwicklung über die letzten 10 Jahre sowie die Entwicklung im laufenden Jahr
dargestellt.
Vergleiche hierzu: Kline/Hessler (1960), 817.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 89
Andererseits wurde das ROI-System verfeinert oder durch verwandte Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlensysteme ersetzt. Beispielsweise ist neben der im vorherigen
Abschnitt vorgestellten ROI-Definition heute auch die folgende ROI-Berechnung gebräuchlich:
ROI =
Gewinn + Zinsen × (1 − Steuersatz )
Gesamtkapital
Die Berücksichtigung der Zinsen hilft hierbei, Operating- von Finanzierungsentscheidungen zu trennen184 und die tatsächliche Verzinsung des Gesamtkapitales (Eigenkapital und Fremdkapital) zum Ausdruck zu bringen.185 Zu den als inhaltliche Weiterentwicklungen oder Alternativen zum ROI hervorgebrachten Kennzahlen zählen finanzierungsseitig die Rentabilität des eingesetzten Kapitals («Return on Capital Employed»,
ROCE), die Eigenkapitalrentabilität («Return on Equity», ROE), der Gewinn pro Aktie («Earnings per Share», EPS) sowie in der operativen Analyse die Rentabilität auf
das betrieblich eingesetzte Kapital («Return on Net Operating Assets», RONOA).186
Zu Beginn der 70er Jahre setzt im deutschsprachigen Raum, aufbauend auf dem
Grundgedanken des von DU PONT entwickelten ROI-Systems, auch eine eigenständige, stärker theoretisch fundierte Entwicklung von Kennzahlensystemen ein, die über
die pragmatische Ausrichtung des US-amerikanischen DU PONT-Systems hinausgeht
und eine mehrfache Funktionserfüllung, wie etwa die gleichzeitige Berücksichtigung
von Rentabilität und Liquidität beziehungsweise die gleichzeitige Verwendbarkeit bestimmter Teile des Kennzahlensystems zur internen und externen Unternehmensanalyse anstrebt.187 Zu diesen Kennzahlensystemen zählen etwa das erstmals 1969 veröffentlichte ZVEI-Kennzahlensystem188 oder das RL-Kennzahlensystem.189
184
185
186
187
188
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 22.
Das Eigenkapital wird durch die Eigenkapitalrendite (beziehungsweise den Gewinn) verzinst, das
Fremdkapital durch die Fremdkapitalzinsen. Die Verzinsung des Gesamtkapitals findet daher durch den
Gewinn zuzüglich der Fremdkapitalzinsen statt. Die obige Gleichung ist jedoch in Hinsicht auf die Gesamtkapitalverzinsung bestenfalls eine Näherungsrechnung, da das Gesamtkapital neben verzinslichem regelmässig auch unverzinsliches Fremdkapital (z.B. Kreditoren) enthält.
Der RONOA kann analog zum ROI in seine Komponenten zerlegt werden, indem er als Produkt aus Betriebsmarge («EBIT-Margin») und Umschlag des betrieblich eingesetzten Kapitals («Net Operating Assets
Turns») ermittelt wird. Für eine Kurzzusammenfassung verschiedener Finanzkennzahlen vergleiche: Hail
(2002), 53ff.
Reichmann (1995), 30.
Vergleiche hierzu: Betriebswirtschaftlicher Ausschuss des Zentralverbandes Elektrotechnik- u.
Elektronikindustrie (ZVEI) (1989). Siegwart (2002), 38ff.
Seite 90
4.1.3
Systeme der Leistungsmessung
Beurteilung des ROI-Ansatzes
Der ROI-Ansatz kann als «Stammvater» traditioneller Finanzkennzahlensysteme bezeichnet werden. Er erlaubt über den ROI-Baum und seine Komponenten einen guten
und schnellen Einblick in die Zusammenhänge in den Unternehmen. 190
Dennoch wird der ROI-Ansatz insbesondere von den Vertretern des Shareholder Value-Ansatzes seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts mit vehementer Kritik bedacht.191 Es wird argumentiert, dass Leistungsindikatoren, die direkt auf dem Rechnungswesen basieren (z.B. der absolute Gewinnausweis und somit auch der ROI) unter
anderem aus folgenden Gründen ungeeignet sind, die finanzielle Leistung verlässlich
zu messen:192
• alternative handels- und steuerrechtliche Bewertungsverfahren (z.B. bei Warenaufwand und Lagerwert) sowie die Abschreibungs- und Kapitalisierungspolitik beeinflussen das Ergebnis,193
• das Risiko einer Investition («Geschäftsrisiko», «finanzielles Risiko») wird nicht
adäquat berücksichtigt,
• der Zeitwert des Geldes wird vernachlässigt,
• der Einfluss der Inflation wird nicht berücksichtigt,
• die willkürliche Periodenabgrenzung von periodenübergreifenden Aktivitäten und
Geldströmen ist nicht realitätsnah («Cash is a fact, profit an opinion»),
189
190
191
Vergleiche hierzu: Reichmann/Lachnit (1976), 705ff. Reichmann (2001), 65ff.
Vollmuth (1999), 200. Siegwart (2002), 31.
Diese Kritikpunkte gelten grundsätzlich nicht nur für den ROI, sondern auch für verwandte Konzepte wie
die Eigenkapitalrentabilität («Return on Equity», ROE) und den Gewinnes pro Aktie («Earnings per Share»,
EPS). Dabei ist zu beachten, dass der ROE zusätzlich durch die Substituierung von Eigen- durch Fremdkapital beeinflusst werden kann, insofern die Zinskosten für das substituierende Fremdkapital unter der Gesamtkapitalrentabilität vor Substitution liegen (so genannter «Leverage-Effekt»). Diese Einflussmöglichkeit
wird auch deutlich, wenn man den ROE in seine Komponenten zerlegt:
ROE =
192
193
Jahresgewinn
Umsatz
Gesamtkapital
×
×
Umsatz
Gesamtkapital
Eigenkapital
Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 38. Rappaport (1995),44. Black et al. (2001), 50ff. Fabozzi (2003),
145ff. sowie die jeweils dort zitierte Literatur.
Vergleiche hierzu etwa: Bühner (1990), 27ff. Bischoff (1994), 12ff. Bergmann (1996), 141ff. Sauter (1997),
26ff. Rappaport (1998), 21ff. Vollmuth (2001), 27.
Die Kapitalisierungspolitik wird massgeblich durch die Ansatzwahlrechte der handelsrechtlichen Gesetzgebung bestimmt. Vergleiche hierzu etwa: Sauter (1997), 27f.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 91
• ausserhalb der jeweiligen Periode liegende Ereignisse werden nicht berücksichtigt
(z.B. die Veränderung des zukünftigen Wertes eines Unternehmens durch heutige
Massnahmen).
• Der ROI kann daher zu einem Ergebnis führen, welches fallweise von der internen,
wirtschaftlichen Verzinsung abweicht und Anreize zu Fehl- oder Unterinvestitionen
setzt.194
• Der ROI beruht auf historischen Finanzkennzahlen und kann daher für zukunftsorientierte Führungsentscheidungen nur Anregungsinformationen vermitteln.
Abbildung 29: Stärken und Schwächen des ROI-Ansatzes
STÄRKEN
• Der ROI ist als Spitzenkennzahl auch für finanztechnisch nicht versierte Adressaten
leicht verständlich.
• Der ROI erlaubt einen guten Einblick in die Unternehmenszusammenhänge.
• Der ROI kann mit Hilfe des ROI-Baumes übersichtlich in seine Komponenten zerlegt
werden.
• Die Komponenten des ROI sind in der Regel leicht verfügbar, da sie direkt aus der
Bilanz und Erfolgsrechnung abgeleitet werden können.
SCHWÄCHEN
• Risiko einer Investition und Zeitwert des Geldes werden im ROI-Ansatz nicht
berücksichtigt.
• Die willkürliche Periodenabgrenzung beeinträchtigt bei mehrperiodigen Leistungszusammenhängen die Aussagekraft des ROI.
• Der finanziell-rückblickende Charakter des ROI schränkt seine Eignung für vorausschauend-planende Zwecke ein.
• Der ROI beruht auf historischen Finanzkennzahlen und ist daher nur bedingt
entscheidungsrelevant.
194
Zu einer diesbezüglich frühen Kritik am ROI vergleiche etwa: Solomon (1966), 232ff.
Seite 92
Systeme der Leistungsmessung
4.2 Der «Shareholder Value» Ansatz
4.2.1
Ursprung und Ziele des «Shareholder Value»-Ansatzes
In grossen Kapitalgesellschaften treten die Manager in der Regel als Agenten der Eigentümer auf. Die daraus resultierende Trennung von Eigentümerschaft und Kontrolle
begründet die Forderung nach Koordinationsmechanismen, welche sicherstellen, dass
die Manager tatsächlich im Interesse der Eigentümer handeln.195
Aus der Kritik, dass traditionelle Systeme der formalen Leistungsmessung (z.B. ROI),
die sich vorwiegend auf Finanzinformationen aus dem Rechnungswesen abstützen,
diesem Zweck nicht vollumfänglich gerecht werden, und dass diese für die «ex post»Betrachtung der externen Rechnungslegung entwickelten Leistungsindikatoren für bestimmungsfremde und ungeeignete Zwecke (z.B. für die vorausschauende strategische
Planung, die Leistungsmessung oder die Honorierung von Führungskräften) verwendet
werden, ist das Konzept des Shareholder Value entstanden.196 In seinem ursprünglichsten Verständnis umschreibt der Begriff «Shareholder Value» (SHV) dabei den ökonomischen Wert des Eigenkapitals197 eines Unternehmens und propagiert die Wertsteigerung aus Sicht der Eigenkapitalgeber als zentrale Zielsetzung.198 Im SHV-Ansatz wird
daher Unternehmenserfolg (beziehungsweise Leistung) am ökonomischen Wert gemessen, der für die Eigentümer geschaffen wird.
195
196
197
198
Vergleiche hierzu etwa: Rappaport (1998), 3ff. Elschen (1991), 209. Die Trennung von Eigentums- und
Verfügungsgewalt wurde jedoch vor bereits mehr als 60 Jahren von Berle/Means thematisiert. Vergleiche
hierzu: Berle/Means (1932). Diese Rollenteilung in einen Prinzipal (die Eigentümer) und einen beauftragten
Agenten (die Manager) wird seither von der so genannten «Agency-Theorie» behandelt. Vergleiche hierzu
als Referenzwerk: Jensen/Meckling (1976), 305ff. Für eine Quelle, welche die Ursprünge des Shareholder
Value auf den DUPONT-ROI zurückführt: Kippenberger (1996).
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 13ff.
Der ökonomische Wert des Eigenkapitals weicht in der Regel vom Buchwert des Eigenkapitals laut Bilanz
ab. Als Anhaltspunkte für die Ermittlung des ökonomischen Werts des Eigenkapitals können der Marktwert
des Unternehmens (z.B. laut Aktienkurs) oder die nachfolgend beispielhaft vorgestellten Berechnungen herangezogen werden.
Dies lässt sich auch anhand der Übersetzung aus dem Englischen ableiten: «Shareholder» = Anteilseigner,
Aktionär; «Shareholder Value» = Wert des Unternehmens aus Sicht der Eigner, Wert des Eigenkapitals.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 93
Die finanztheoretischen Grundlagen verschiedener Marktwertkonzepte und des SHV
lassen sich bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen199 Obwohl
diese Ideen im Laufe der Jahrzehnte von verschiedenen Autoren verfeinert und weitergeführt wurden, ist der SHV als umfassender Diskussionsrahmen für die Unternehmensführung und die Leistungsmessung in der Managementpraxis allerdings erst mit
der Arbeit von Rappaport200 auf breite Akzeptanz gestossen.201 Die Ausführungen von
Rappaport haben in Folge nicht nur in der betriebswirtschaftlichen Theorie, sondern
auch in der Führungspraxis einen wahren SHV-Boom ausgelöst.
Dieser boomartigen Entwicklung ist eine Reihe von Berechnungsmethoden und Kennzahlen zur Ermittlung der Wertsteigerung zu verdanken, die sich grundsätzlich nach
der Methode ihrer Berechnung («Entity»-Methode versus «Equity»-Methode)202 und
nach der Orientierung der verwendeten Ausgangsdaten («Cash Flow»-Orientierung
versus «Accrual»-Orientierung)203 unterscheiden lassen. So haben neben der insbesondere von Rappaport204 sowie Copeland et al.205 propagierten «Discounted Cash Flow
(DCF)»-Konzeption in den letzten Jahren etwa auch die Konzepte des «Economic
Value Added» (EVA)206 und des «Cash Flow Return on Investment», CFROI)207 besondere praktische Relevanz erlangt.208
199
200
201
202
203
204
205
206
207
208
Für eine Darstellung des Ursprungs und der Inhalte diesbezüglicher Konzepte vergleiche etwa: Bischoff
(1994), 88ff.
Rappaport (1998). US-amerikanische Erstauflage: 1986.
Zu dieser Beobachtung vergleiche auch: Meier-Scherling (1996), 87. Black et al. (2001), 22f.
Die «Entity»-Konzepte berechnen zunächst den Vermögenswert des Unternehmens und subtrahieren in der
Folge den Wert des Fremdkapitals, um so den Wert des Eigenkapitals zu ermitteln. Die «Equity»-Konzepte
setzen in ihren Berechnungen direkt beim Eigenkapital an. Zur «Entity/Equity»-Unterscheidung vergleiche
etwa: Drukarczyk (1998), 178ff. Helbling (1998), 76f. Hostettler/Stern (2004), 27.
Die «Cash Flow»-Konzepte rechnen auf Basis der erwarteten Geldflüsse (Aus- und Einzahlungen). Die
«Accrual»-Konzepte hingegen rechnen auf Basis der erwarteten Periodenerfolge, wobei sich die Periodenzuordnung von Aufwand und Ertrag gemäss «Accrual»-Konzept von der Periodenzuordnung der diesbezüglichen Aus- und Einzahlungen gemäss «Cash Flow»-Konzept unterscheiden können.
Für die Bezeichnung der SHV-Methode nach Rappaport als «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode
vergleiche: Copeland et al. (2002), 171ff. Vergleiche hierzu aber auch die grundlegenden Ausführungen
von Busse von Colbe (1957).
Copeland et al. (2002). Unterstützende Beratungsfirma: MCKINSEY & CO.
Stewart (1991). Unterstützende Beratungsfirma: STERN STEWART & CO.
Lewis (1994). Unterstützende Beratungsfirma: BOSTON CONSULTING GROUP beziehungsweise HOLT
VALUE ASSOCIATES. Vergleiche aber auch: Eidel (1999), 55ff. Madden (2000). Kucher (2000), 54ff.
Black et al. (2001), 78ff. Young/O'Byrne (2001), 381ff. Fabozzi (2003), 33ff. Stührenberg et al. (2003),
41ff.
Zu einer Gegenüberstellung der diesbezüglichen Konzepte und Berechnungsmethoden vergleiche: Hostettler (1998), 47ff. Boemle/Stolz (2002), 129f. Stührenberg et al. (2003), 32ff. Langguth/Chahed (2004). Zu
Seite 94
4.2.2
Systeme der Leistungsmessung
Inhalte und Methoden des «Shareholder Value»-Ansatzes
Die von den verbundenen Beratungsfirmen zum Teil mit Vehemenz ausgetragene Diskussion um die Vor- und Nachteile der einzelnen SHV-Ansätze hat zur Bezeichnung
«Metrics War» geführt.209 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden aus der Fülle
der Verfahren zur «Shareholder Value»-Ermittlung stellvertretend die «Discounted
Cash Flow» (DCF)-Methode und die «Economic Value Added» (EVA)-Methode vorgestellt, um so je einen «Cash Flow»- beziehungsweise «Accrual»-Ansatz210 zu erläutern und anhand der Gemeinsamkeiten die zentralen Aussagen der SHV-Idee zu unterstreichen. Anhand eines Zahlenbeispieles wird gezeigt, dass diese beiden Methoden
grundsätzlich zu identischen Wertaussagen führen. Dabei sollen jedoch nicht primär
die rechnerische Methodik oder detaillierte Bewertungsfragen, sondern vielmehr die
konzeptionellen Ansatzpunkte für die Leistungsmessung im Vordergrund stehen.
4.2.2.1 Die «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode
Der ökonomische Unternehmenswert211 lässt sich gemäss DCF-Methode dadurch
berechnen, dass die für die Zukunft prognostizierten «Free Cash Flows»212 mittels ei-
209
210
211
212
einem schematischen Vergleich zwischen dem CFROI-Verfahren (welches zum «Cash Value Added» führt)
und den DCF-Ansätzen von Rappaport und Copeland et al. vergleiche: Copeland et al. (2002), 15. Zur
empirisch unterlegten Verbreitung der Konzepte: Happel (2002).
Die verschiedenen Ansätze umspannen in der Regel nicht nur die Leistungsmessung, die hier im Zentrum
des Interesses steht, sondern das gesamte wertgerichtete Leistungsmanagement («wertorientiertes Management», "Value Based Management»). So führen etwa Copeland et al. aus, dass wertorientiertes Management über vier Managementprozesse gesteuert werden kann: (a) die Strategieentwicklung, (b) die Zielfestlegung, (c) Aktionspläne/Budgets und (d) Leistungsbeurteilungs-/Anreizsysteme. Vergleiche hierzu Copeland et al. (1998), 136f. sowie die Parallelen zum Leistungsmanagement-Modell in Abschnitt 3.1.2.
Vergleiche hierzu: Young/O'Byrne (2001), 381ff. Hostettler/Stern (2004), 52.
«Cash Flow» Ansätze beziehen sich im vorliegenden Verständnis an den tatsächlichen Geldflüssen, während die «Accrual» Ansätze sich auf Finanzdaten nach Periodenabgrenzung beziehen. Zu einer Gegenüberstellung dieser Ansätze vergleiche auch: Kind (2000), 42ff.
Der Begriff «Unternehmenswert» wird hier als ökonomischer Unternehmensgesamtwert beziehungsweise
ökonomischer Unternehmensvermögenswert verstanden, der sich auf den ökonomischen Wert der Investitionen in das Gesamtkapital (Eigenkapital plus Fremdkapital) bezieht und dem ökonomischen Wert des Gesamtvermögens (Umlaufvermögen plus Anlagevermögen) entspricht. Zum Unternehmensgesamtwert vergleiche etwa: Drukarczyk (1998), 153. Andere Autoren, z.B. Copeland et al. (2002), verwenden den Begriff
«Unternehmenswert» teilweise als Synonym für den ökonomischen Wert des Eigenkapitals.
«Free Cash Flow» (freier Cash Flow) = Cash Flow, der für die Bedienung der Fremdkapitalgeber und der
Eigentümer zur Verfügung steht. Dies entspricht vereinfacht dem Cash Flow aus operativer Tätigkeit abzüglich Cash Flow aus Investitionstätigkeit.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 95
nes zu bestimmenden Diskontsatzes auf ihren Gegenwartswert abdiskontiert und aufsummiert werden (daher auch die Bezeichnung «Discounted Cash Flow»-Methode).213
Zur Herleitung des ökonomischen Wertes des Eigenkapitals (Shareholder Value) aus
dem so berechneten Unternehmenswert muss der ökonomische Wert des Fremdkapitals vom Unternehmenswert abgezogen werden (siehe Abbildung 30). Geschäftsstrategien von Unternehmen oder Unternehmensteilen und die Beiträge zu deren Realisierung (=Leistungen) lassen sich aus Sicht der Eigentümer demnach anhand des ökonomischen Eigenkapitalwertes beurteilen, den sie in der gewählten Prognoseperiode voraussichtlich schaffen werden.214
213
214
215
FCF4
FCF3
Residualwert
FCF8
FCF7
FCF6
FCF2
FCF5
Diskontierung
FCF1
Unternehmenswert
SHV (Wert EK)
Wert FK
Abbildung 30: Berechnungsschema der DCF-Methode215
Zeit
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 5. Rappaport verwendet den Begriff «Free Cash Flow» (freier Cash
Flow) allerdings nicht wörtlich sondern nur sinngemäss. Der Diskontsatz wird in der Regel auf Basis der
gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten berechnet («Weighted Average Cost of Capital, WACC).
Vergleiche hierzu etwa: Klien (1995), 27f. Copeland et al. (2002), 17.
Der SHV in seiner generischen DCF-Form beschäftigt sich daher mit der aufgrund der eingeschlagenen
Geschäftsstrategie erwarteten zukünftigen Leistung. Zukünftige Leistungen lassen sich jedoch nicht messen, sondern bestenfalls prognostizieren beziehungsweise abschätzen. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt 2.2.3 und die Wortwahl («estimating») von Rappaport (1998), 32ff.
Die Prognoseperiode der schematischen Darstellung in Abbildung 30 ist willkürlich gewählt und muss im
konkreten Anwendungsfall individuell festgelegt werden. Die Länge der Prognoseperiode kann den Residualwert massgeblich beeinflussen. Der Residualwert am Ende der Prognoseperiode kann als ewige Rente des
FCF des letzten Prognosejahres berechnet werden. Zum Einfluss der Länge der Prognoseperiode auf den
Residualwert vergleiche: Cheridito/Schnell (2004).
Seite 96
Systeme der Leistungsmessung
Die zentralen Informationen, welche in die diesbezüglichen Berechnungen einfliessen,
sind:
• die prognostizierten Cash Flows: «Free Cash Flows» (freie Cash Flows, FCF), welche sich direkt über den Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit oder indirekt über die
Cash Flows aus operativer Tätigkeit und Investitionstätigkeit sowie die Veränderung der flüssigen Mittel ermitteln lassen,216
• der Diskontzinssatz: Beispielsweise als Schätzung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten auf Basis der Fremd- und Eigenkapitalkosten217 oder in Form
der angestrebten Eigenkapitalrentabilität (Ziel-ROE)218, eventuell ergänzt um Risikozuschläge219,
216
Grundsätzlich repräsentiert der Cash Flow (CF, ∆ Cash) die Veränderung der flüssigen Mittel aufgrund der
Differenz zwischen Ein- und Auszahlungen. Auf den nachfolgenden Seiten gliedert sich dieser CF (1) in
den operativen Cash Flow (CF Operativ), welcher auf Basis des Nettoumlaufvermögens (Umlaufvermögen
minus unverzinsliches FK wie z.B. Kreditoren oder Rückstellungen) berechnet ist, (2) in den Cash Flow aus
Investitionstätigkeit (CF Investition), welcher sich auf die Investitionen in das Anlagevermögen bezieht und
(3) in den Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit (CF Finanzierung), welcher sich auf Zahlungsströme
betreffend das verzinsliche Fremdkapital (CF EK) und das Eigenkapital (CF EK) beschränkt. Diese vereinfachte Dreiteilung entspricht im Detail (z.B. bei den Fremdkapitalzinsen) nicht genau der Definition gemäss
IFRS oder USGAAP. Es gilt jedoch:
Cash Flow = ∆ Cash = CF Operativ + CF Investition + CF Finanzierung
Der freie Cash Flow (FCF), der für die Bedienung der Investoren (Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber)
zur Verfügung steht ist demnach:
FCF = CF Finanzierung = CF EK + CF FK = ∆ Cash − (CF Operativ + CF Investition)
wobei ein aus Sicht des Unternehmens negativer FCF aus Sicht der Shareholder nicht negativ zu beurteilen
ist, da dies beispielsweise auf den Abbau bestehender Verbindlichkeiten (Zahlungen an die Fremdkapitalgeber) oder auf Auszahlungen an die Eigentümer (aufgrund von Ansprüchen auf das Eigenkapital) hinweisen kann. Der freie CF lässt sich zum Zweck der besseren Verständlichkeit durch (einseitigen) Vorzeichenwechsel aber auch wie folgt darstellen:
217
218
219
Free CF = CF Operativ + CF Investition − ∆ Cash
Aus der Summe aller abdiskontierten freien Cash Flows resultiert somit der ökonomische Unternehmenswert auf Basis Nettovermögen. Das Nettovermögen entspricht dabei dem Vermögen abzüglich dem unverzinslichem Fremdkapital (=Nettoumlaufvermögen plus Anlagevermögen minus Rückstellungen). Dieser
Unternehmenswert kann für die Bedienung der Ansprüche der Fremdkapital- und Eigenkapitalgeber herangezogen werden. Der «Shareholder Value» als Anspruch der Eigentümer ergibt sich daher nach Abzug des
Fremdkapitals (=Anspruch der Fremdkapitalgeber) vom Unternehmenswert. Für weiterführende Angaben
zum freien Cash Flow in der Wertsteigerungsanalyse vergleiche etwa: Klien (1995), 26ff.
Für eine übersichtliche Darstellung zur Berechnung der Kapitalkosten nach dem «Capital Asset Pricing
Model» (CAPM) siehe: Gregory (1999), 74ff. Taetzner (2000), 149ff. Copeland et al. (2002), 17. Stührenberg et al. (2003), 17ff. Dies scheint gemäss empirischen Umfragen auch die am weitesten verbreitete Methode zur Abschätzung der Kapitalkosten zu sein. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 21. Vergleiche hierzu aber auch die Kritik von McNulty et al. (2003).
Im nachfolgenden Zahlenbeispiel zur MUSTER AG (vergleiche hierzu Abbildung 32) wird der Ziel-ROE
als einheitlicher Kalkulationszinssatz verwendet, um so zu zeigen, dass bei Anwendung der gleichen Annahmen die DCF-Methode und die EVA-Methode zu identischen Ergebnissen führen.
Für eine Übersicht möglicher Faktoren, die zu Risikozuschlägen führen können: Helbling (1998), 423ff.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 97
• der prognostizierte Residualwert: geschätzter Wert des Unternehmens am Ende der
festgelegten Prognoseperiode (z.B. Liquidationswert oder Fortführungswert).220
Der Zusammenhang dieser Einflussgrössen wird im Shareholder Value-Netzwerk
nochmals verdeutlicht (siehe Abbildung 31). Die Schaffung von Shareholder Value in
Form von Cash Flows zu Gunsten der Eigentümer fungiert hierbei als oberste Zielsetzung des Unternehmens221, wobei die prognostizierten freien Cash Flows die zentralen
Bewertungskomponenten verkörpern, welche sich in der Regel auch über den Residualwert massgeblich auf den Unternehmenswert auswirken.
Die Bewertungskomponenten wiederum hängen von «Werttreibern» ab.222 Im Fall der
freien Cash Flows können beispielsweise die voraussichtliche Wirkungsdauer der
wertsteigernden Geschäftsstrategie beziehungsweise der wertsteigernden Aktivitäten,
das erwartete Umsatzwachstum, die operative Cash Flow-Marge223, die Entwicklung
der Gewinnbesteuerung sowie die Investitionen in das Anlagevermögen224 als treibende Faktoren genannt werden. Der anhand dieser Beziehungen ermittelte SHV dient
gemäss Rappaport der Beantwortung der grundsätzlichen Frage nach dem Eigentümerwert, den der Unternehmensplan schafft, und hilft darüber hinaus, wertschaffende und
wertvernichtende Geschäftseinheiten zu orten und Alternativstrategien zu beurteilen.225
220
221
222
223
224
225
Der Residualwert macht oft den grössten Teil des berechneten Unternehmenswertes aus und kann zum so
genannten «Hockey Stick»-Effekt führen. Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 40ff. Copeland et al.
(2002), 324ff.
Zur Wertmaximierung als oberste Zielsetzung vergleiche auch: Copeland et al. (2002), 330ff.
Vergleiche hierzu: Copeland et al (2002), 132ff. Die Autoren verwenden für die Bewertungskomponenten
und die Werttreiber in der deutschsprachigen Übersetzung den Sammelbegriff «Wertfaktoren».
In der deutschen Ausgabe wurde der Begriff «Operating Profit Margin» mit «betrieblicher Gewinnmarge»
übersetzt, obwohl damit eigentlich die operative Cash Flow-Marge gemeint ist, welche von buchhalterischen Gewinnmarge zu unterscheiden ist. Vergleiche hierzu: Rappaport (1995), xviii. In der vorliegenden
Arbeit wird zur Vermeidung von Verwechslungen der Begriff «operative CF-Marge» verwendet.
Die Investitionen in das Nettoumlaufvermögen sind über die operative CF-Marge bereits in der operativen
Geschäftstätigkeit berücksichtigt.
Rappaport (1998), 77ff.
Seite 98
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 31: Das Shareholder Value-Netzwerk226
Zielsetzung des
Unternehmens
Bewertungskomponenten
Werttreiber
Eigentümer:
Dividenden, Kursgewinne,
Kapitalgewinne
SHAREHOLDER VALUE (DCF EK)
SCHAFFEN
Residualwert
Dauer der
wertbeeinflussenden
Aktivitäten
Führungsentscheidungen
Free Cash Flow
Umsatzwachstum
Operative CF-Marge
Gewinnsteuersatz
Operative
Geschäftstätigkeit
(NUV)
Cash Flow
Fremdkapital
Diskontsatz
Anlagevermögen
Eigenkapital
Fremdkapital
Ziel-ROE
FK-Zins
Interest Tax Shield
Investitionstätigkeit
(AV)
Finanzierungstätigkeit
(verzinsl. FK, EK)
Rappaport überträgt sein SHV-Konzept aber auch auf die Leistungsbewertung und
Entlohnung von Führungskräften: Wird langfristige Wertgenerierung für die Eigentümer als zentrale Aufgabe des Managements akzeptiert, so sollten sich auch die Leistungsbewertung und das Anreizsystem an dieser Zielsetzung ausrichten.227 Grundsätzlich können zwei Quellen als Mass der Wertsteigerung für ein solches Leistungsmessungs- und Anreizsystem dienen: der Aktienmarkt (über den Kurswert der Aktien) und
226
227
In Anlehnung an: Klien (1995), 31. Rappaport (1998), 56. Verwendete Abkürzungen: DCF EK = Discounted Cash Flow Eigenkapital, NUV = Nettoumlaufvermögen, AV = Anlagevermögen, verzinsl. FK = verzinsliches Fremdkaptial, EK = Eigenkapital. Für eine ergänzende Übersicht zu verschiedenen SHV-freundlichen Führungsentscheidungen vergleiche auch Klien (1995), 189f. Für eine Erweiterung zu einem Stakeholder Value-Netzwerk vergleiche: Löhnert (1996), 223. Strack/Villis (2001). Strack/Willis (2001) ergänzen im RAVE-Konzept («Real Asset Value Enhancer») die klassische Kapitalsichtweise («Capital View»)
um eine Mitarbeiterperspektive («Human Resources View», «Workonomics») und eine Kundensichtweise
(«Customer View», «Custonomics»).
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 112ff. Vergleiche aber auch: Copeland et al. (2002), 130ff.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 99
das Unternehmen selbst (über den rechnerisch ermittelten SHV). Systeme, welche die
Eigentümerrendite anhand der ausgeschütteten Dividenden plus den Kurswertsteigerungen auf dem Aktienmarkt messen, sind gemäss Rappaport jedoch in erster Linie für
Führungskräfte auf Ebene Gesamtunternehmen relevant. Für Führungskräfte in Gesellschaften und Geschäftseinheiten bieten langfristige Anreize, die auf finanziellen Performance-Zielen wie beispielsweise der unternehmensintern berechneten Wertsteigerung beruhen, eine sinnvollere und direktere Motivation dafür, entsprechende Geschäftsstrategien zu unterstützen.228 Rappaport fordert daher, Strategie und Leistung
über die Leistungsmessung zu verknüpfen indem die Leistungsmessung an die strategische Planung der SHV-Werte anknüpft.
Ein Beispiel für die Berechnung des Shareholder Value mittels Discounted Cash Flow
Methode auf Basis der Plandaten für die MUSTER AG zeigt Abbildung 32.229 Der
Shareholder Value als Barwert des Eigenkapitals (CHF 118.106) sowie die Wertsteigerung (CHF 86.106) werden in diesem Beispiel sowohl auf direkte als auch auf indirekte Weise ermittelt. Für die zwischenzeitliche (z.B. jährliche) Leistungsbeurteilung
können die jeweils realisierten Ist-Werte nach dem Prinzip einer konventionellen Abweichungsanalyse230 mit den entsprechenden Planwerten verglichen und die Ursachen
für eine eventuelle Abweichung von der geplanten Soll-Wertsteigerung eruiert werden.
Eine absichtlich zu pessimistische Planung der erwarteten Wertsteigerung am Anfang
der Prognoseperiode wird dadurch verhindert, dass dies die Unternehmenszentrale zu
einer anderweitigen, stärker wertsteigernden Allokation der knappen finanziellen Mittel (z.B. in einer anderen Geschäftseinheit) und folglich zu einer Ablehnung der beabsichtigten strategischen Investitionen veranlassen könnte. Eine zu optimistische Planung hingegen wird durch die Anbindung der Honorierung an die Zielerreichung beziehungsweise die Abweichungsanalyse vermieden.231
228
229
230
231
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 116ff. Copeland et al. (2002) zeigen weiters, dass eine hohe Korrelation zwischen Marktwert und Unternehmenswert nach der DCF-Methode besteht. Vergleiche hierzu: Copeland et al. (2002), 112. In der EVA-Berechnung wird der Vergleich zu Kapitalmarktdaten durch die «ex
post»-Methode der MVA-Ermittlung thematisiert. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.2.
Details zur Berechnung und Herleitung der Abbildung 32 sind im Anhang in Abschnitt 7.1 zu finden. Dort
sind die den Berechnungen zu Grunde liegenden Bilanzen und Erfolgsrechnungen sowie die daraus abgeleiteten Cash Flows (in direkt und indirekt ermittelter Form) dargestellt.
Zur Soll-Ist-Analyse in der wertorientierten Leistungsmessung vergleiche auch: Klien (1995), 207ff.
Diese Wirkung wird von Stewart durch seine Forderung, Leistungsmessung und Entlohnung von der
Budgetierung zu trennen («Separate Bonuses from Budget»), angezweifelt. Vergleiche hierzu die Ausführungen auf Seite 107. Vergleiche hierzu aber auch: Palass (1992), 322. Der Autor beschreibt hier das teil-
Seite 100
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 32: DCF der MUSTER AG232
DCF Net Assets (NA)
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
FCF
Diskontfaktor234
Barwert
-21.890
0,92
-20.194
12.942
0,85
11.014
2.774
0,79
2.178
8.886
0,72
6.436
17.829
0,67
11.912
212.250
0,67
141.808
DCF NA
Buchwert NA
Wertsteig. NA
153.154
72.000
81.154
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
8.640
0,92
7.970
-11.192
0,85
-9.525
-1.024
0,79
-804
-7.136
0,72
-5.168
-3.192
0,67
-2.133
-38.000
0,67
-25.389
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
CF EK
Diskontfaktor
Barwert
-13.250
0,92
-12.223
1.750
0,85
1.489
1.750
0,79
1.374
1.750
0,72
1.267
14.637
0,67
9.779
174.250
0,67
116.420
DCF EK (direkt)
Buchwert EK
Wertsteigerung EK
118.106
32.000
86.106
233
DCF FK (verzinslich)
CF FK
Diskontfaktor
Barwert
DCF FK
Buchwert FK
Wertsteigerung FK
-35.047
-40.000
4.953
DCF EK (indirekt)
DCF EK
DCF EK (direkt)
232
233
234
118.106
weise zurückhaltende Budgetierungsverhalten als einen der Problempunkte des SHV-basierten Entlohnungssystems bei BERTELSMANN.
Verwendete Abkürzungen: NA = Nettoaktiven bzw. Net Assets, FK = Fremdkapital, EK = Eigenkapital.
Der Residualwert für die Jahre 6ff. ist als ewige Rente auf Basis des FCF des Jahres 5 berechnet.
Der Diskontfaktor ist auf Basis des Ziel-ROE nach Steuern als Diskontzinssatz berechnet: Ziel-ROE vor
Steuern = 12%, Steuersatz = 30%, Ziel-ROE nach Steuern = 12% x 0,3 = 8,4%. Wird der Shareholder
Value (sowohl nach der DCF- als auch nach der EVA-Methode berechnet) nicht als Massstab der Eigenkapitalwertsteigerung, sondern als Massstab der Gesamtkapitalwertsteigerung verstanden, so kann auch mit
den WACC nach Steuern als Diskontzinssatz gerechnet werden.
Werden jedoch die unterschiedlichen Zahlungsströme anstatt mit einem einheitlichen Diskontzinssatz mit
unterschiedlichen Zinssätzen diskontiert (z.B. WACC nach Steuern für DCF Net Assets, FK-Zins nach
Steuern für DCF FK, Ziel-ROE nach Steuern für DCF-EK), so führen die direkte und die indirekte Methode
der DCF EK-Ermittlung zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 101
Für die jährliche Leistungsmessung und Honorierung können jedoch auch Zwischenziele festgelegt werden, welche sich nicht unbedingt direkt auf den finanziellen SHV
oder die Werttreiber beziehen müssen, sondern auch Vorgaben in Bezug auf Kundenzufriedenheit, Innovation, Qualität oder weitere strategische Faktoren umspannen können.235 Ein zentraler Faktor ist jedoch auch hier die Qualität der erstellten Prognosen,
welche durch Anbindung an das strategische Management (z.B. die Wettbewerbsanalyse nach Porter)236 sowie durch Berechnung verschiedener Szenarien und die Durchführung von Sensitivitätsanalysen erhöht werden kann.237
In einem multinationalen Messumfeld wird die finanzielle Shareholder Value-Analyse
bei der Bewertung ausländischer Tochtergesellschaften durch den Einfluss von Fremdwährungen, unterschiedliche steuer- und bilanzrechtliche Vorschriften sowie Transferpreise erschwert. Copeland et al. empfehlen zur Behandlung dieser Einflüsse folgende Sequenz:238
• Analyse der früheren Leistung in Bezug auf Einflüsse von Währungsschwankungen, Steuern und Transferpreise («Arm's Length Principle»),
• Bereinigung der Einflüsse unterschiedlicher Bilanzierungsrichtlinien,
• Prognose aller freien Cash Flows in der jeweiligen ausländischen Währung,
• Schätzung des lokalen Diskontsatzes (unter Berücksichtigung lokaler Kapitalkosten,
Länderrisiko und Kapitalstruktur)
• Diskontierung dieser Cash Flows in die Währung der Tochtergesellschaft
• und schliesslich Umrechnung des auf Basis dieser Daten ermittelten SHV (in Währung der Tochtergesellschaft) in die Währung der Muttergesellschaft.
235
236
237
238
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 129ff. Vergleiche hierzu aber auch Copeland et al. (2002), 132ff. Die
Autoren nennen ein tiefes Verständnis der Leistungsparameter (Kundenzufriedenheit, Kosten, Investitionen) als Voraussetzung für ein wertorientiertes Management und empfehlen die Kombination finanzieller
und operativer Leistungskriterien, welche auf der jeweiligen Führungsebene die Zuständigkeit und Verfügungsgewalt über Ressourcen widerspiegeln. «Operative Wertfaktoren» sind dabei stärker auf den unteren
Hierarchieebenen angesiedelt. Vergleiche hierzu aber auch die Ausführungen zum RAVE-Konzept in Fussnote 226.
Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 59ff. Copeland et al. (2002), 130ff.
Vergleiche hierzu: Klien (1995), 198ff. Copeland et al. (2002), 358ff.
Zur diesbezüglichen Vorgangsweise vergleiche: Copeland et al. (2002), 401ff.
Seite 102
Systeme der Leistungsmessung
4.2.2.2 Der Economic Value Added (EVA) gemäss Stewart
Der in den USA entwickelte und von Stewart239 vorgestellte «Economic Value
Added» (EVA) entspricht in seiner Grundkonzeption dem bereits seit mehreren Jahrzehnten bekannten Übergewinn.240 In der vereinfachten EVA-Sichtweise schafft ein
Unternehmen nur dann Wert, wenn der (operative) Gewinn die Kosten des zu seiner
Erzielung eingesetzten Kapitals übersteigt. Der EVA wird über die so genannte «Capital Charge Formel»241 daher nach folgender Basisgleichung berechnet:
EVA = Gewinn − kalkulatorische Kapitalkosten
wobei für den Gewinn der so genannte «Net Operating Profit After Taxes» (NOPAT,
Betriebsergebnis nach Steuern)242 herangezogen wird und die Kapitalkosten als Produkt aus dem kalkulatorischen Gesamtkapitalkostensatz243 und dem im betrieblichen
Nettovermögen («Net Operating Assets», NOA)244 gebundenen Kapital berechnet
sind.245
239
240
241
242
243
244
245
Stewart (1991). Der Ansatz wird von der Unternehmensberatung STERN STEWART & CO vermarktet.
EVA ist ein eingetragenes «Trademark».
Der Übergewinn wiederum entspricht weitgehend dem «Residual Income», welches als Ergänzung zum
ROI-Ansatzes bereits in den 60er Jahren (unter anderem bei der GENERAL ELECTRIC COMPANY) verwendet wird, aber auch schon wesentlich früher in der Literatur Erwähnung findet. Zu dieser Beobachtung:
Johnson/Kaplan (1991), 165. Keys et al. (2001), 65ff. Schneider (2001), 2509. Zur Geschichte des «Residual Income» und zum Vergleich mit dem EVA vergleiche auch: Madden (2000), 195ff. Fabozzi (2003), 3f.
Horngren (2003), 789. Horngren et al. (2005), 432ff. Der EVA wird gelegentlich auch als «Super-Profit»
eines Unternehmens bezeichnet. Vergleiche hierzu etwa: Stern (1993), 31. Andere sprechen von einer "variierten «Übergewinn-Kaufmethode» aus der Unternehmensbewertungslehre vor über einem halben Jahrhundert, aufgeplustert um angelsächsische Namensgebungen." Vergleiche hierzu: Schneider (2001), 2509.
Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 16.
Um das Betriebsergebnis laut Erfolgsrechnung in den betrieblich relevanten NOPAT für die EVA-Berechnung überzuleiten, muss eine Bereinigung um nicht-betriebliche beziehungsweise nicht-erfasste Aufwendungen und Erträge vorgenommen werden. Vergleiche hierzu etwa: Hostettler (1998), 150ff. Martin/Petty
(2000), 87ff. Young/O'Byrne (2001), 111. Keys et al. (2001), 70. Aders/Hebertinger (2003), 19. Stührenberg et al. (2003), 56ff. Langguth/Chahed (2004), 401.
Der Kapitalkostensatz verkörpert die erwartete Mindestrendite und wird für die Abdiskontierung der EVAs
zum Market Value Added (MVA) verwendet. Wie bei den DCF-Methoden kann hierfür der gewichtete
durchschnittliche Gesamtkapitalkostensatz («Weighted Average Cost of Capital», WACC) herangezogen
werden. Zu einer Kritik hierzu vergleiche aber auch: Schneider (2001), 2512f.
Wie bei der Berechnung des NOPAT sind bei konsistentem Vorgehen auch bei der Ermittlung der NOA
einige Bereinigungen vorzunehmen. So werden in der Bilanz erfasste nicht-betriebliche Aktiven eliminiert,
nicht-erfasste aber dennoch betrieblich notwendige Positionen (z.B. Leasingobjekte) hingegen werden
wertmässig hinzugezählt. Vergleiche hierzu etwa: Hostettler (1998), 111ff. Die zahlreichen Anpassungen
sind aber zugleich auch ein Ansatzpunkt der Kritik am EVA. Vergleiche hierzu: Schneider (2001), 2509f.
Daher kann der EVA in Anlehnung an Stewart auch folgendermassen beschrieben werden:
EVA = NOPAT − c × NOA
Systeme der Leistungsmessung
Seite 103
Der so hergeleitete EVA einer Periode bestimmt den innerhalb des Betrachtungszeitraumes nach Deckung der Kapitalkosten geschaffenen oder vernichteten (betrieblichen) Unternehmenswert. Werden in einem nächsten Schritt alle zukünftigen betrieblichen Übergewinne (EVAs) auf ihren Gegenwartswert abgezinst und addiert, so ergibt
dies den so genannten «Market Value Added» (MVA).246 Hostettler schlägt darüber
hinaus in Anlehnung an Stewart247 eine «ex post»-Berechnungsform des MVA vor, in
welcher der MVA aus Marktsicht als Mehrwert («Goodwill») des Gesamtunternehmens über das Gesamtvermögen interpretiert wird (siehe Abbildung 33):
MVA (ex ante) = Barwert aller zukünftigen EVAs
MVA (ex post) = Marktwert Gesamtunternehmen − Gesamtvermögen248
Die kapitalmarktorientierte ex post Form der MVA-Berechnung kann sich jedoch im
Ergebnis von der internen Sichtweise der ex ante Berechnung unterscheiden. Dies ist
neben börsenüblichen Schwankungen auch auf unterschiedliche Erwartungshaltungen
von Investoren und Managern in Bezug auf den zukünftigen Erfolg zurückzuführen,
welche unter anderem durch eine asymmetrische Informationsverteilung (z.B. betriebsinterne Geschehnisse und Pläne betreffend) oder durch Fehleinschätzungen zustande kommen können.249 Zudem kann ein guter Teil des Unternehmenswertes auf
teilweise nicht bilanzierten immateriellen Werten beruhen.250
beziehungsweise durch Umformen in eine «Value Spread» und eine Kapitalkomponente
246
247
248
249
EVA = (r − c) × NOA
wobei r = interne Ertragsrate, c = Kapitalkostensatz.
Vergleiche hierzu: Stewart (1991), 192.
Vergleiche hierzu: Stewart (1991), 741.
Dabei setzt sich der Marktwert des Gesamtunternehmens aus dem Marktwert des Eigenkapitals und dem
Marktwert des Fremdkapitals (inklusive Leasingverbindlichkeiten) zusammen:
Marktwert Gesamtunternehmen = Marktwert EK + Marktwert FK
Der MVA wird in dieser Berechnungsform insbesondere durch den anhand von Börsenwerten eruierten
Marktwert des Eigenkapitals (Anzahl Aktien × Aktienkurs) beeinflusst, der die Erfolgserwartungen der Investoren auf dem Aktienmarkt reflektiert. Beurteilen die Investoren die Unternehmensentwicklung aus einer
wertorientierten Sicht positiv, so steigt der Aktienkurs und der Marktwert des Eigenkapitals kommt über
dessen Buchwert zu liegen. Dies führt in der ex post Berechnung zum «Goodwill» in Form des «Market
Value Added». Das Gesamtvermögen als zweite Rechenkomponente umfasst sowohl betriebsnotwendiges
Vermögen (NOA) als auch nicht-betriebsnotwendiges Vermögen:
Gesamtvermögen = nicht-betriebsnotwendiges Vermögen + NOA
Zu einer detaillierten Darstellung der ex post und ex ante Berechnung des MVA vergleiche: Hostettler
(1998), 183ff. Zur MVA-Berechnung vergleiche auch: Ehrbar (1999), 68ff. Doerr et al. (2003), 289.
Vergleiche hierzu auch: Fischer (2002), 166f. Fischer spricht in diesem Zusammenhang von einer «Wertlücke» und führt diese wiederum auf eine Verständnis-, eine Wahrnehmungs-, eine Informations-, eine
Seite 104
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 33: «Ex post» und «ex ante» Form der MVA-Ermittlung
Vermögen
ex ante
Sicht der
Investoren
Residualwert
EVA8
EVA7
EVA6
EVA5
EVA4
EVA2
EVA3
Bewertungs- bzw.
Prognosedifferenzen?
EVA1
? ?
Market Value Added
Diskontierung mit Kapitalkostensatz
Market Value Added
Marktwert EK (lt. Börse)
Marktwert FK
ex post
Sicht der
Manager
Wie die EVA Berechnungen für die MUSTER AG in Abbildung 34 im Vergleich zu
Abbildung 32 zeigen, entspricht der «ex ante»-MVA bei Rechnung auf gleicher Zahlenbasis und unter gleichen Annahmen wertmässig dem Ergebnis laut DCF-Methode.251 Um bei einer Unternehmensbewertung nach der EVA-Methode zu gleichem
Ergebnis zu gelangen wie unter der DCF-Methode, muss daher auch die Berechnung
des Residualwertes (z.B. als ewige Rente auf Basis des EVA des letzten Prognosejahres) stimmig sein. Wie bei der DCF-Berechnung sollte für die Berechnung des Residualwertes auf einen möglichst normalisierten, um Sondereinflüsse bereinigten EVA abgestellt werden.
250
251
Qualitäts- oder eine Berichtslücke zurück. Zur Schliessung dieser Lücken wird von verschiedener Seite der
Ruf nach einem «Value Reporting» laut. Vergleiche hierzu Ruhwedel/Schultze (2004).
Vergleiche hierzu: Speckbacher et al. (2003), 364. Kaplan/Norton (2004).
Vergleiche hierzu aber auch das Zahlenbeispiel zur VALUE AG gemäss Abbildung 37 und Abbildung 38.
Vergleiche hierzu aber auch: Fabozzi (2003), 127ff. Doerr et al. (2003), 287f.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 105
Abbildung 34: EVA der MUSTER AG252
EVA Net Assets (NA)
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
EBIT
Steuern (auf EBIT)
10.420
-3.126
21.260
-6.378
18.400
-5.520
25.760
-7.728
25.470
-7.641
NOPAT
kalk. Zins auf NA253
7.294
-6.048
14.882
-8.499
12.880
-8.662
18.032
-9.511
17.829
-10.280
1.246
0,92
1.149
6.383
0,85
5.432
4.218
0,79
3.311
8.521
0,72
6.171
7.549
0,67
5.044
89.874
0,67
60.046
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
-3.360
-3.360
-3.192
-4.368
-3.024
-3.696
-3.136
-3.864
-3.192
-3.528
0
0,92
0
1.176
0,85
1.001
672
0,79
528
728
0,72
527
336
0,67
224
4.000
0,67
2.672
Jahr 6ff.
EVA NA
Diskontfaktoren
Barwert EVA NA
MVA NA254
Buchwert NA
EV NA255
81.154
72.000
153.154
EVA FK (verzinslich)
256
FK-Zins nach Steuer
kalk. Zins auf FK
EVA FK
Diskontfaktoren
Barwert EVA FK
MVA FK
Buchwert FK
EV FK
Jahr 6ff.
4.953
-40.000
-35.047
EVA EK (indirekt)
DCF EK
118.106
EVA EK (direkt)
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
EAT
kalk. Zins auf EK
3.934
-2.688
11.690
-4.131
9.856
-4.966
14.896
-5.647
14.637
-6.752
EVA EK
Diskontfaktoren
Barwert EVA EK
1.246
0,92
1.149
7.559
0,85
6.432
4.890
0,79
3.839
9.249
0,72
6.698
7.885
0,67
5.268
MVA EK
Buchwert EK
EV EK
252
253
254
255
256
93.874
0,67
62.719
86.106
32.000
118.106
Verwendete Abkürzungen: MVA = Market Value Added, EV = Economic Value, FK = Fremdkapital, EK =
Eigenkapital. Vergleiche hierzu Abbildung 32 sowie die Detailangaben zur Muster AG in Abschnitt 7.1.
Als einheitlicher kalkulatorischer Zins wird in diesem Zahlenbeispiel der Ziel-ROE nach Steuern angesetzt.
Der Market Value Added der Net Assets in der EVA-Methode entspricht der Wertsteigerung der Net Assets
in der DCF-Methode in Abbildung 32.
Der Economic Value (ökonomische Wert) der Net Assets in der EVA-Methode entspricht dem DCF Net
Assets in der DCF-Methode in Abbildung 32.
Der FK-Zins nach Steuern entspricht dem FK-Zins abzüglich «Interest Tax Shield».
Seite 106
Systeme der Leistungsmessung
Die so ermittelten EVAs und MVA-Werte können in verschiedener Form für die Leistungsmessung herangezogen werden (siehe Abbildung 35). Als absolute Kennzahlen
können sie Auskunft darüber geben, ob der betriebliche Erfolg einer Periode die Finanzierungskosten des investierten Kapitals deckt (EVA) beziehungsweise ob der Kapitalmarkt dem Unternehmen als Gesamtprojekt einen wertschaffenden Goodwill zubilligt (MVA) und wie sich dieser Goodwill im Zeitverlauf verändert.
Abbildung 35: Beispiele für Kennzahlen im EVA-Ansatz
LEISTUNGSINDIKATOREN
UNTER EVA
Verhältniskennzahlen
absolute
Kennzahlen
EVA
MVA
Value Spread
In einer
bestimmten
Periode
geschaffener
Wert
Marktwert des
Unternehmens
zu einem
bestimmten
Zeitpunkt
Verzinsung
des investierten Kapitals
über die kalkulatorischen
Kapitalkosten
hinaus
relative EVA
Anteil der
Bruttowertschöpfung,
der den
Investoren
zusteht
EVA-ROS
EVA-Marge im
Umsatz
Systeme der Leistungsmessung
Seite 107
Soll der absolute EVA unabhängig von der Unternehmensgrösse bewertet werden, so
können beispielsweise die «Value Spread», der «relative EVA» oder der «EVA-ROS»
als Verhältniskennzahlen herangezogen werden:257 Während die «Value Spread»258
zeigt, inwieweit die interne Verzinsung des in das betriebliche Vermögen investierten
Kapitals über dem kalkulatorischen Kapitalkostensatz liegt, beschreibt der «relative
Economic Value Added»259 den Anteil des für die Investoren geschaffenen EVA an
der gesamten betrieblichen Wertschöpfung. Der EVA-ROS schliesslich basiert auf der
Idee der Umsatzrentabilität (ROS, Return on Sales), ersetzt dabei allerdings das Betriebsergebnis als Erfolgsgrösse durch den wertorientierten EVA, um so zusätzlich das
investierte Kapital (bzw. dessen Kosten) als Gegengewicht in die Beurteilung der Umsatzentwicklung einzubeziehen.260
Für die Vereinfachung der periodischen Leistungsmessung empfiehlt Stewart jedoch,
auf die absoluten EVAs der jeweiligen Periode abzustellen und die Bonusberechnung
von den sonstigen Budgetvorgaben unabhängig zu machen («Separate Bonuses from
Budget»). Stewart argumentiert, dass die Anbindung von Bonuszahlungen an den
Budgeterreichungsgrad zu einer zu pessimistischen Budgetierungshaltung verleitet und
damit mehr die Budgetverhandlungen denn die Wertsteigerung in den Mittelpunkt des
Managementinteresses stellt.261
257
258
Vergleiche hierzu: Hostettler (1998), 252ff.
value spread =
EVA NOPAT − c × NOA NOPAT c × NOA
=
=
−
=r−c
NOA
NOA
NOA
NOA
Der EVA kann daher auch als Produkt aus «Value Spread» und NOA ermittelt werden. Vergleiche hierzu
die Ausführungen in Fussnote 245 auf Seite 102.
259
relEVA =
EVA
Personalaufwand + c × NOA
Die betriebliche Wertschöpfung wird dabei durch den Input an Arbeit (Personalaufwand) und Kapital (kalkulatorische Kapitalkosten) abgebildet.
EVA
NOPAT − c × NOA
=
Umsatz
Umsatz
260
EVA − ROS =
261
Vergleiche hierzu Stewart (1991), 4ff und 242f. Stewart spricht in diesem Zusammenhang auch vom «Russian Quota Problem», da in einigen Betrieben der ehemaligen Sowjetunion aufgrund des fehlenden Wettbewerbs und des Mangels an Produktivitäts-Benchmarks das Problem bestand, dass Produktionsanlagen bei
Testläufen zur Standardermittlung bewusst nicht mit voller Leistung eingesetzt wurden, um die so ermittelten Soll-Quoten leichter erreichbar zu machen.
Seite 108
Systeme der Leistungsmessung
In Hinblick auf eine anreizverträgliche «Shareholder Value»-Ermittlung schlägt Stewart vor, die Perioden-EVAs anhand folgender Formel in das Anreiz- bzw. Bonussystem einzubinden:
Bonus = M1 × (EVAt − EVAt-1) + M2 × EVAt
Der Bonus setzt sich nach dieser Berechnung aus zwei Komponenten zusammen: Einerseits aus der Veränderung des EVA gegenüber der Vorperiode, andererseits aus der
absoluten Höhe des EVA in der laufenden Periode. Diese beiden Komponenten fliessen durch Multiplikation mit den bereits vor der Leistungsmessung mit den Führungsverantwortlichen vereinbarten Faktoren M1 (für die Veränderung des EVA im Vergleich zur Vorperiode) und M2 (für den absoluten Perioden-EVA) in die Bonusberechnung ein.262 Hierdurch können sowohl Positiv- als auch Negativboni zustande
kommen können. Es empfiehlt sich daher, jährliche Boni nicht vollumfänglich auszuschütten, sondern teilweise auf einem langfristigen Bonuskonto gutzuschreiben, von
welchem ein eventueller Negativbonus (Malus) in Abzug gebracht wird.
Abbildung 36: Beispielhaftes Bonusmodell auf EVA-Basis263
Jahr
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
262
263
EVA
absolut
1.000
4.000
3.000
-1.000
2.000
2.000
∆ EVA
3.000
-1.000
-4.000
3.000
0
M1
M2
0,10
0,10
0,10
0,10
0,10
0,10
0,05
0,05
0,05
0,05
0,05
0,05
Bonus
500
50
-400
400
100
Bonuszahlung
Bonuskonto
125
106
-20
85
89
375
319
-61
254
266
Gehalt
& Bonus
625
606
480
585
589
Die ursprünglichen Bonusverhandlungen reduzieren sich somit auf die Festlegung der Multiplikatoren M1
und M2. M2 wird allerdings nur bei einem positiven EVA wirksam und wird bei negativem EVA auf 0 gesetzt. Dies kann in Hinblick auf den «Market Value Added» unter bestimmten Umständen zu suboptimalen
Managemententscheidungen führen: Für einen rational handelnden Manager kann es aus einer reinen Bonusperspektive in gewissen Situationen von Vorteil sein, eine wertvernichtende EVA-Verteilung einer wertschaffenden vorzuziehen.
In Anlehnung an: Hostettler (1998), 307ff sowie Young/O'Byrne (2001), 135ff. Abbildung 36 zeigt eine
Bonusberechnung für M1 = 10% und M2 = 5%, wobei gemäss Vereinbarung jährlich 25% der Summe aus
dem Periodenbonus und dem Guthaben auf dem Bonuskonto zur Auszahlung gelangen oder (bei einem
Malus) dem Grundgehalt belastet werden. Das Grundgehalt beläuft sich in diesem Zahlenmodell auf 500
Geldeinheiten. Für weitere Ausführungen zu diesem Thema vergleiche auch: Hostettler/Stern (2004), 165ff.
Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass der Malus-Gedanke in der Praxis nur wenig Zuspruch findet. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 38.
Systeme der Leistungsmessung
4.2.3
Seite 109
Beurteilung des «Shareholder Value» Ansatzes
Das zentrale Anliegen des Shareholder Value-Ansatz liegt in der Transformation der
strategischen Planung in eine einzige wertorientierte Spitzenkennzahl: Die SHV-Analyse vertraut zu diesem Zweck auf verschiedenste Arten von Vorhersagen, um Hoffnungen, Befürchtungen und Erwartungen in Bezug auf eine Strategie in einen finanziellen Wert zu übersetzen.264
Diese Grundvorstellung ist jedoch bereits in traditionellen Finanzkennzahlensystemen
wie etwa dem ROI-Baum zu finden. Ein verfahrensbedingter Vorteil der SHV-Methoden gegenüber diesen Systemen besteht jedoch in der Berücksichtigung des Zeitwertes
des Geldes, welcher vereinfacht ausgedrückt besagt, dass eine heute empfangene
Geldeinheit aus Sicht des Empfängers mehr wert ist, als eine erst in Zukunft empfangene Geldeinheit. Der Zeitwert des Geldes, welcher bei ROI-Berechnungen nicht zum
Tragen kommt, ist auch der Grund dafür, dass in den oben vorgestellten SHV-Methoden die zukünftigen freien Cash Flows beziehungsweise EVAs in der mehrperiodigen
Leistungsmessung auf ihren heutigen Gegenwartswert abgezinst werden.
Als weitere verfahrensbedingte Stärke wird in allen gängigen SHV-Ansätzen über den
Kapitalkostensatz das Risiko der Investition in das jeweilige Unternehmen beziehungsweise die jeweilige Geschäftseinheit berücksichtigt.265 Würde man diese Sichtweise auf traditionelle Finanzkennzahlensysteme übertragen, so wäre “statt des Gewinnes der Erwartungswert und die Standardabweichung des Gewinnes zur Performancemessung heranzuziehen.”266 Diese Vorgehensweise ist in traditionellen Finanzkennzahlensystemen jedoch in der Regel nicht üblich.
Die SHV-Konzeptionen trachten durch ihre betont zukunftsorientierte Perspektive danach, die negativen Auswirkungen der aus buchhalterischen Gründen durchgeführten
Periodenabgrenzung zu relativieren. Bei Investitionen, deren sämtliche Ein- und Auszahlungen nicht innerhalb einer Periode abgewickelt werden, kann eine periodenorientierte Berechnung von Finanzkennzahlen zu einer verzerrten Darstellung der Lei-
264
265
266
Vergleiche hierzu: Day/Fahey (1990), 159.
Vergleiche hierzu beispielsweise: Fabozzi (2003), 49ff.
Bischoff (1994), 17. Für den ROI würde dies bedeuten, dass diese Vorgehensweise sowohl auf den Gewinn,
als auch auf das investierte Kapital angewendet werden müsste.
Seite 110
Systeme der Leistungsmessung
stungsinformationen führen.267 In diesem Sinne argumentiert auch Spremann mit seiner Beobachtung, dass die in vielen Grossunternehmen übliche Bildung strategischer
Geschäftseinheiten mit der Schaffung grösserer Projekte zu vergleichen ist, “die weitgehend selbständig, aber doch unter Schutz und Aufsicht der Mutterunternehmung
entwickelt und zur Reife gebracht werden”. In einer solchen der Investitionsrechnung
artverwandten Projektperspektive eignet sich die traditionelle, periodenorientierte Betriebsergebnisrechnung gemäss Spremann nicht zur Leistungsmessung.268
Diese Aussage zur Periodenbezogenheit besitzt allerdings nur dann Gültigkeit, wenn
traditionelle Kennzahlensysteme tatsächlich mit einer auf nur einen kurzen, einperiodigen Planungshorizont beschränkten Sicht zur Anwendung gelangen. Werden hingegen die treibenden Faktoren eines ROI mit gleicher Akribie für die gleiche Prognoseperiode festgestellt wie für eine SHV-Berechnung, so reduziert sich der verfahrensbedingte Vorteil der SHV-Methode auf die Berücksichtigung des Investitionsrisikos und
des Zeitwertes des Geldes im Diskontsatz, da die restlichen Werttreiber im Shareholder Value-Netzwerk269 weitgehend den massgeblichen Einflussfaktoren der traditionellen ROI-Grösse270 entsprechen. Die SHV-Methode besitzt gegenüber einer langfristigen ROI-Planung neben der Zeitwert- und Risikoberücksichtigung keine weiteren
nennenswerten verfahrensspezifischen oder inhaltlichen Vorteile.271
267
268
269
270
271
Als Beispiel hierfür kann etwa der Forschungs- und Entwicklungsaufwand herangezogen werden: Der
F&E-Aufwand senkt den Periodenerfolg und den ROI der aktuellen Betrachtungsperiode, auf Forschungserfolgen und innovativen Produkten beruhende Umsatz- oder Gewinnsteigerungen werden meist erst in
späteren Perioden realisiert.
Vergleiche hierzu: Spremann (1992), 369.
Die Wirkungsdauer der Strategie, das Umsatzwachstum, die operative Marge, die Gewinnsteuer, sowie die
Auswirkungen der Investitions- und Finanzierungstätigkeit. Vergleiche hierzu Abbildung 31 auf Seite 98.
Vergleiche hierzu den ROI-Baum in Abbildung 28 auf Seite 87. Für einen Werttreiber-Baum zum EVA
ähnlich dem ROI-Baum: Bramsemann/Heineke (2003), 578.
Diese Aussage trifft nur für den klassischen ROI und andere Gesamtkapital orientierte Rentabilitätsmodelle
zu. Im Vergleich zu den auf das operative Teilkapital orientierten Rentabilitäts-Modellen (z.B. RONOAModelle) tragen die SHV-Modelle den Finanzierungskosten besser Rechnung. Gemäss persönlichen Beobachtungen des Verfassers können beispielsweise signifikante Kundenvorauszahlungen beim Grossanlagenbau negative NOAs verursachen, die im RONOA-Modell zu einem negativen Rentabilitätswert führen
und in der Leistungsbeurteilung nur schwer interpretiert werden können. Bei der Ermittlung des Free Cash
Flow oder EVA einer Periode wird dies über eine Erhöhung des Free Cash Flow (über eine Reduktion des
Nettoumlaufvermögens) beziehungsweise über eine Reduktion der kalkulatorischen Kapitalkosten (im Fall
negativer NOA über eine negative «Capital Charge» im Sinn einer Kapitalkostengutschrift) berücksichtigt.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 111
Dies zeigt sich auch im fiktiven Rechenbeispiel zur VALUE AG (siehe Abbildung 37
und Abbildung 38). Die VALUE AG wird als kurzfristiges Projekt gegründet und soll
nach drei Jahren wieder liquidiert werden. Die Finanzierung erfolgt vollumfänglich
mit Eigenkapital und am Ende von Jahr 3 wird nach Begleichen aller Verbindlichkeiten das zur Verfügung stehende Vermögen auf die Eigentümer verteilt.
Wie aus den Kennzahlen in Abbildung 38 ersichtlich ist, eignet sich der ROI hauptsächlich um abzuschätzen, ob in der jeweiligen Betrachtungsperiode tatsächlich die für
dieses Beispiel erwartete Rendite von 16% auf das investierte Kapital erwirtschaftet
wurde. Eine Aussage über die Attraktivität der Gesamtinvestition lässt sich jedoch anhand der für die einzelnen Perioden errechneten ROI-Werte oder mittels eines Mehrperiodendurchschnittes nur schwer abschätzen, da der Zeitwert des Geldes nicht berücksichtigt ist.272
Diese Schwäche wird von der DCF-Methode überwunden, welche unter Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes sowie des Investitionsrisikos eine Wertsteigerung von
14,10 für das gesamte Projekt ausweist. In den einzelnen Perioden informiert sie allerdings nur darüber, in welcher absoluten Höhe Free Cash Flows erwirtschaftet wurden,
zeigt aber nicht, ob mit dem in den einzelnen Perioden dafür eingesetzten Kapital tatsächlich die geforderte Mindestrendite von 16% erzielt wurde. Diese Aussage lässt
sich nur für das Gesamtprojekt machen und zeigt sich anhand einer Wertsteigerung,
die grösser als Null ist.
Der EVA beziehungsweise der «Market Value Added» kombiniert die Stärken des
ROI mit denen des SHV: Er relativiert einerseits die in einer Periode erzeugte Wertsteigerung durch das dafür eingesetzte Kapital (ein positiver EVA steht für eine Rendite, die höher als der Kapitalkostensatz von 16% ist), andererseits weist er im «Market Value Added» die Wertsteigerung des Gesamtprojektes unter Berücksichtigung
des Zeitwertes des Geldes aus. Über die kalkulatorischen Kapitalkosten wird das Risiko der Investition auch in den einzelnen Perioden berücksichtigt.
272
Das Investitionsrisiko hingegen ist über die «Hurdle Rate» von 16% definiert.
Seite 112
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 37: Fallbeispiel VALUE AG - Ein Dreijahresprojekt273
Ausgangslage
Jahr 1
Einlage der Investoren (Maschine als Sacheinlage)
jährliche Ausschüttung an Investoren
jährliche Abschreibungen auf die Maschine
Liquidationserlös Maschine am Ende des Jahres 3
Kapitalkostensatz/«Hurdle Rate»
Eigenfinanzierungsgrad
Bilanz
Jahr 0
300
50
100
25
16%
100%
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Cash
Anlagevermögen
0
300
100
200
230
100
315
0
Aktiven
300
300
330
315
erarbeitetes/einbehaltenes EK
einbezahltes Eigenkapital
0
300
0
300
30
300
15
300
Eigenkapital
300
300
330
315
Erfolgsrechnung
Jahr 0
Umsatz
− Lohn/Material
− Abschreibungen
+ Buchgewinn Maschinenverkauf
Periodenerfolg
Cash Flow Statement
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
250
100
100
0
280
100
100
0
220
110
100
25
50
80
35
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Liquidation
Umsatz
− Lohn/Material
250
100
280
100
220
110
CF Operativ
CF Investition
CF Finanzierung274
150
0
-50
180
0
-50
110
25
-50
-315
Veränderung flüssige Mittel
100
130
85
-315
CF Eigenkapital
Ein-/(Aus-)Zahlungen Investoren
273
274
Jahr 0
300
Jahr 1
-50
Jahr 2
-50
Jahr 3
-50
Liquidation
-315
Die Wirkung der Steuern wird in diesem Beispiel zur Vereinfachung ausgeklammert. Die Aussagen zur
VALUE AG haben grundsätzlich auch Gültigkeit für Investitionen, die länger als 3 Jahre dauern und am
Ende der Prognoseperiode nicht liquidiert werden.
Der Cash Flow Finanzierung entspricht in diesem Beispiel dem Cash Flow Eigenkapital, da in der VALUE
AG kein Fremdkapital vorhanden ist.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 113
Abbildung 38: Kennzahlen der VALUE AG
ROI
Jahr 0
Periodenerfolg
Investiertes Kapital (Jahresende)
ROI
DCF
Jahr 0
Freier CF275 bzw. Residualwert276
Diskontfaktor (Basis 16%)
Barwert FCF bzw. Residualwert
314,10
-300,00
14,10
EVA
Jahr 0
Investiertes Kapital (Jahresanfang)
Periodenerfolg
− kalk. Kapitalkosten (Basis 16%)
EVA
Diskontfaktor (Basis 16%)
Barwert EVA
275
276
Jahr 2
Jahr 3
50,00
300,00
16,67%
80,00
330,00
24,24%
35,00
315,00
11,11%
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
50,00
0,86
43,10
Shareholder Value der Investition
− Wert der heutigen Investition
Wertsteigerung
Market Value Added (MVA)
Jahr 1
Jahr 1
50,00
0,74
37,16
Jahr 2
50,00
0,64
32,03
Liquidation
315,00
0,64
201,81
Jahr 3
300,00
300,00
330,00
50,00
48,00
80,00
48,00
35,00
52,80
2,00
0,86
1,72
32,00
0,74
23,78
-17,80
0,64
-11,40
14,10
Der freie Cash Flow (FCF) wird hier dem Cash Flow Finanzierung gleichgesetzt. Zu den verschiedenen
Cash Flow-Begriffen und zur Berücksichtigung der Veränderung in den flüssigen Mitteln vergleiche die
Ausführungen in Fussnote 216 auf Seite 96.
Der Residualwert der VALUE AG ist als Liquidationswert berechnet, da das Unternehmen am Ende des
Jahres 3 nicht weitergeführt wird.
Seite 114
Systeme der Leistungsmessung
Wie Abbildung 38 zeigt, entspricht die EVA-Wertsteigerung von 14,10 der Wertsteigerung gemäss DCF-Berechnung. Wie bereits für die MUSTER AG in Abbildung 32
und Abbildung 34 nachgewiesen, führen beide Methoden in der Gesamtbetrachtung
also zum gleichen Ergebnis.277 Wenn auf Basis der gleichen Ausgangsdaten über die
gleiche Prognoseperiode gerechnet wird, macht es also keinen Unterschied, ob die
Wertsteigerung über die freien Cash Flows oder über den Periodenerfolg (beziehungsweise die EVAs) ermittelt wird.278
Der EVA scheint somit für die Messung der Leistung in den einzelnen Perioden die
aussagekräftigere Messgrösse zu sein.279 Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn bei
der Leistungsbeurteilung auch die Auswirkungen der treibenden Faktoren, die zu einem Perioden-EVA geführt haben, aus Perspektive der Gesamtinvestition betrachtet
werden. Ein positiver EVA der Periode 1, ist nur dann wirklich positiv zu beurteilen,
wenn er nicht auf Kosten der Wertsteigerung in den Folgeperioden erzeugt wurde. Bei
einer einperiodigen Betrachtungsweise ist der EVA nicht mehr und nicht weniger anfällig für suboptimale, kurzfristig orientierte Managemententscheidungen als der ROI
oder andere Finanzkennzahlen.280
Trotz der genannten verfahrensbedingten Vorteile gegenüber dem klassischen ROIKonzept sind die SHV-Konzepte aber nicht frei von Problemen. Die wichtigsten
Kritikpunkte, die im Zusammenhang mit SHV-Berechnungen (sowohl nach der DCFMethode als auch nach der EVA-Methode) zu nennen sind, knüpfen an die Unsicherheit an, welche in Bezug auf die Projektion der zukünftigen freien Cash Flows beziehungsweise EVAs, die Ermittlung des Residualwertes281 sowie die Bestimmung des
277
278
279
280
281
Dies gilt auch bei Betrachtung einer längeren Prognosedauer und unter Annahme der Unternehmensfortführung. Für eine formale Beweisführung hierzu siehe auch: Hostettler (1998), 191ff. Kind (2000), 255ff.
Dies ist auf das so genannte «Lücke-Theorem» zurückzuführen. Lücke hat bereits 1955 gezeigt, dass «Cash
Flow»-orientierte Berechnungen und «Accrual»-orientierte Berechnungen bei gleicher Projektdauer und
unter Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen zum gleichen Bewertungsergebnis führen. Vergleiche
hierzu Lücke (1955), 310ff. Die Gleichung «Summe der Zahlungssalden = Summe der Leistungsüberschüsse über die Kosten» geht aber nur auf, wenn keine Zusatz- oder Anderskosten verrechnet werden. Zur
diesbezüglichen Kritik am EVA vergleiche: Schneider (2001), 2510.
Vergleiche hierzu beispielsweise: Doerr et al. (2003), 287. Langguth/Chahed (2004), 409f.
Diese Aussage gilt analog auch für die einperiodige Abweichungsanalyse des SHV. Vergleiche hierzu aber
auch Biddle et al. (1998). Die Autoren zeigen, dass EVA-Nutzer tendenziell verstärkt Investitionen kürzen,
Vermögenswerte veräussern und bestehendes Vermögen intensiver nutzen.
Vergleiche hierzu beispielsweise: Cheridito/Schneller (2004).
Systeme der Leistungsmessung
Seite 115
Kapitalkostensatzes besteht.282 Problematisch ist dabei einerseits die Tatsache, dass
selbst bei professioneller Anwendung mathematisch-statistischer Prognosetechniken
die Ermittlung des SHV auf der Basis unvollkommener Zukunftsinformationen erfolgt.283 Dies ist darauf zurückzuführen, dass mit zunehmender zeitlicher Entfernung
der Planung vom Bewertungsstichtag die Korrektheit der zu Grunde liegenden Informationen abnimmt und die Prognose von Unternehmensergebnissen immer mehr in
eine «intellektuelle Spekulation» übergeht.284
Die erforderlichen Prognosen und die damit verbundenen Unsicherheiten räumen den
mit der Planung beauftragten Führungskräften einen massgeblichen Ermessensspielraum ein, der nicht unbedingt im Interesse der Eigentümer genutzt werden muss.285
Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn eine überoptimistische Einschätzung der zukünftigen Wertwirkung der heutigen Leistung einen positiven Einfluss auf
die Honorierung der mit der Prognose betrauten Führungskräfte hat.286 In der Regel
besitzen Führungskräfte gegenüber den Eigentümern betreffend das jeweilige Geschäft
und dessen Geschäftsstrategie aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung einen
Wissensvorsprung, welcher eine intersubjektive Kontrolle der gemachten Prognosen
erschwert oder auf das Niveau einer Plausibilitätsüberprüfung287 beschränkt.288 Auch
282
283
284
285
286
287
288
Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 111ff. Sauter (1997), 53ff. Eidel (1999), 79. Superina (2000), 212ff.
Lachnit/Müller (2002).
Zu den diesbezüglichen mathematisch-statistischen Verfahren zählen etwa die Zeitreihenanalyse, die
Regressionsanalyse oder die Diskriminanz- und Clusteranalyse. Vergleiche hierzu: Kleber (1989), 183ff
und 336f. Sauter (1997), 56ff. Kleber entwickelt unter anderem eine Barrieretypologie zu den Grenzen einer
prognoseorientierten Unternehmensbewertung und unterscheidet dabei trägerbezogene (Wissen, Ressourcen, Macht, Motivation) und zeitliche (beschränkte Problemlösungszeit) Barrieren.
Sauter (1997), 92f. Vergleiche hierzu auch Ballow et al. (2004). Die Autoren zeigen auf, dass im Russels
3000 Index nur etwa 42% der «Enterprise Values» über die Perpetualisierung der heutigen NOPLATs erklärbar sind und der Rest (52%) auf Erwartungen zum künftigen Wachstum beruht. Im Extrembeispiel
EBAY setzt sich der Unternehmenswert aus 9% «Current Value» und 91% «Future Value» zusammen.
Dies gilt analog für die Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und Divisionen. Dieser Interessenkonflikt steht im Zentrum der «Agency Theorie». Vergleiche hierzu die Hinweise in Fussnote 195 auf Seite 92.
Dies trifft in gleicher Weise auch auf ein überpessimistisches Budgetierungsverhalten als Absicherungsstrategie seitens der Manager zu. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in Fussnote 231 auf Seite
99.
Zur Plausibilitätsüberprüfung vergleiche etwa: Copeland et al. (2002), 353ff. Die Autoren nennen hier unter
anderem den Vergleich zwischen berechnetem SHV und (Kapital-)Marktwert des Unternehmens, das Hinterfragen besonders erklärungsbedürftiger Prognosen oder die kritische Begutachtung der Realisierbarkeit
der finanziellen Projektionen als Beispiele. Zum Heranziehen des Marktwert und der Informationen aus der
strategischen Planung als Plausibilitätstest vergleiche aber auch: Bischoff (1994), 143ff.
Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Manager plant, seinen Arbeitsplatz oder seine Position im Unternehmen in naher Zukunft zu wechseln. Zu dieser Thematik vergleiche auch: Day/Fahey (1990), 156ff. Bischoff
(1997), 133ff und 142.
Seite 116
Systeme der Leistungsmessung
wenn Prognosen und Erwartungen im Rahmen des strategischen Managements auf
jeden Fall überprüft werden müssen, kann dieser Kontrollprozess im Rahmen der
SHV-Analyse zu einem nicht nur rechnerisch, sondern auch führungspolitisch aufwendigen Vorgang werden, da die Anbindung der Leistungsmessung und Honorierung
an die SHV-Prognose die Führungskräfte zu persönlich Betroffenen macht.289
Die Verwendung computerunterstützter Sensitivitätsanalysen zur SHV-Berechnung
und die damit oft stillschweigend unterstellte «ceteris paribus»-Bedingung birgt zudem
auch die Gefahr, dass das Verständnis für die komplexen Wechselwirkungen zwischen
den einzelnen Wertkomponenten verloren geht und die Wirkung der so hergeleiteten
Erfolgs- und Bewertungsgrössen auf die Einkommens- und Machtverteilung innerhalb
des Unternehmens ignoriert wird. So wird in der unternehmerischen Praxis die Bestimmung des geschäftsspezifischen Kapitalkostensatzes zwischen Unternehmenszentrale und Geschäftsbereichsleitung weniger zu einer Rechenaufgabe, sondern eher zu
einem «Real Hot Political Potatoe»290. Geht der Blick auf die fundamentalen Zusammenhänge verloren, "droht der SHV-Ansatz zu einem «Spiel mit Zahlen» beziehungsweise zu einer «Number Crunching Exercise» eines «Spreadsheet-verliebten Finanzanalysten» zu degenerieren.”291
Das Herunterbrechen des Shareholder Value-Konzeptes auf Geschäftsbereichs- und
Produktebene bereitet in der Unternehmenspraxis erhebliche Schwierigkeiten, vor
allem dann, wenn die Verantwortungsbereiche von der Rechtsstruktur abweichen.292 In
vielen Unternehmen werden keine umfassenden Bilanzen und Erfolgsrechnungen für
Geschäftsfelder oder Produkte erstellt.293 Problematisch ist dabei vor allem die
289
290
291
292
293
Empirische Untersuchungen zeigen daher, dass die Leistungsbeurteilung in den meisten Unternehmen nicht
auf Basis von Unternehmenswertberechnungen sondern auf klassische Art und Weise über individuelle
Zielvereinbarungen erfolgt. Vergleiche hierzu: Happel (2002), 278f. Kurzich/Rautenstrauch (2003), 357.
Aders/Hebertinger (2003), 37.
Reimann (1989), 127.
Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 127f, und die dort zitierte Literatur.
Vergleiche hierzu: Kucher (2000), 66.
Zu dieser Beobachtung: Höfner/Pohl (1993), 52. Bischoff (1994), 159. Young/O'Byrne (2001), 101ff.
Gleich et al. (2002) zeigen zudem in einer empirischen Erhebung bei börsennotierten Unternehmen in
Deutschland, Österreich und der Schweiz, dass Bilanzen bei einer Vielzahl von Unternehmen nur quartalsweise erstellt werden. Vergleiche hierzu aber auch Aders/Hebertinger (2003), 27. Die Autoren zeigen hier,
dass nur 45% der Unternehmen eine Vermögens- beziehungsweise Kapitalzuordnung für rechtlich nicht
selbständige Einheiten vornehmen. Diese Einschränkung betrifft in gleicher Weise aber auch den ROI-Ansatz und andere traditionelle Finanzkennzahlen, die in ihrer Anwendung über eine reine «Cost Center»oder «Revenue Center»-Perspektive hinausgehen. Young/O'Byrne sprechen in diesem Zusammenhang von
Systeme der Leistungsmessung
Seite 117
Bilanzzuordnung von gemeinsam genutzten oder, noch schwieriger, von nicht genutzten Aktiven und Passiven294 oder die Behandlung nicht direkt operativer Einheiten
(wie z.B. der Konzernzentrale). Die Aufteilung von Sachanlagevermögen und Kapitalstrukturen auf einzelne Geschäftsfelder ist aufgrund von Interdependenzen und Verbundwirkungen regelmässig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und kann für
firmeninterne Diskussionen bei der Leistungsbeurteilung Anlass geben.295 Wird die
Kapitalstruktur von einer zentralen Finanzabteilung festgelegt, so können die Geschäftsbereichsleiter in der Regel keinen Einfluss auf die Zusammensetzung von
Fremd- und Eigenkapital und auf die dadurch beeinflussten Kapitalkosten nehmen.296
Gerade in multinationalen Unternehmen mit fluktuierenden Wechselkursen stellt die
Additivität und Konsolidierbarkeit ein weiteres praktisches Problem der SHV-Methoden dar. Wird beispielsweise eine EVA-Kennzahl auf dem durchschnittlich investierten Kapital berechnet und soll der monatliche EVA in einem «Bottom Up»-Prozess
nicht nur auf Ebene Reporting Unit, sondern auch auf Ebene Division und Gesamtunternehmen ermittelt werden, so kann dies zu einer aufwendigen Aufgabe werden, welche durch Konsolidierungsbuchungen und Wechselkurseinflüsse massgeblich erschwert wird.297 Hinzu kommt, dass in einem diversifizierten Konzerngebilde unterschiedliche Länder- und Branchenrisiken zum Tragen kommen, deren Zusammenführen wiederum zu einer plausiblen Gesamtaussage für den Konzern führen sollte.
Werden zudem sowohl monatliche EVA-Werte (zum Beispiel für den Monat März)
sowie «Year-To-Date»-EVA-Werte (z.B. für die Periode Januar bis März) in das Reporting aufgenommen, so müssen die einzelnen EVA-Werte in einem aufwendigen
Verfahren monatlich ermittelt, falls notwendig in Berichtswährung umgerechnet und
aufsummiert werden. Wird dies nicht gemacht, können unterjährige Schwankungen im
294
295
296
297
einem «Controllability Problem». Zu den verschieden «Center»-Begriffen vergleiche Fussnote 441 auf
Seite 190.
Als praktisches Beispiel für ein mit solcher Zuordnungsproblematik behaftetes nicht betrieblich genutztes
Aktivum sind an dieser Stelle leerstehende Industrieliegenschaften zu nennen, deren laufende Kosten an einem von mehreren Geschäftsbereichen genutzten Standort anfallen.
Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers. Vergleiche hierzu aber auch
Aders/Hebertinger (2003), 26.
Dieses Problem kann allerdings durch Verwenden eines einheitlichen Kapitalkostensatzes umgangen werden, der nach dem Risikograd der geplanten Investition weiter differenziert werden kann. Vergleiche
hierzu: Schneider (1988), 1187. Vergleiche aber auch: Stewart (1991), 12. Stewart empfiehlt die Schaffung
einer dezentralen Verantwortung der Geschäftsbereiche für ihre Kapitalstruktur, um so das unternehmerische Denken zu fördern.
Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers.
Seite 118
Systeme der Leistungsmessung
investierten Kapital zu einer massgeblichen Verzerrung des EVA-Ausweises führen.298
Finanztechnisch nicht versierte Führungskräfte (z.B. in den Geschäftseinheiten) können daher aufgrund der Vielfalt der im SHV-Ansatz enthaltenen Finanzgrössen mit der
Interpretation und Umsetzung von SHV-basierten Lösungen überfordert sein.299
Neben der Kritik an der praktischen Umsetzbarkeit des Shareholder Value Ansatzes
wird aber auch von verschiedenen Seiten der Einwand vorgebracht, dass das Konzept
zu sehr auf die Interessen der Anteilseigner («Shareholder») ausgerichtet ist und die
Interessen der übrigen Interessengruppen («Stakeholder») vernachlässigt.300 Daher
fordern die Vertreter dieser Denkrichtung eine Weiterentwicklung vom ShareholderAnsatz zum Stakeholder-Ansatz, dessen Hauptaugenmerk nicht nur auf die Eigner,
sondern auf die Nutzenstiftung für alle Anspruchsgruppen gerichtet ist. Diese Kritik
wird von den Vertretern des Shareholder Value Ansatzes aber mit dem Verweis darauf
zurückgewiesen, dass nicht nur die Anteilseigner, sondern auch die anderen finanziell
interessierten Anspruchsgruppen von der Wertsteigerungspolitik im Sinne des SHV
profitieren (z.B. die Mitarbeiter über Lohnzahlungen, die Kunden über konkurrenzfähige Preise, die Lieferanten und Fremdkapitalgeber über das Begleichen der Verbindlichkeiten, der Staat über das Einheben von Steuern)301 und dass die nicht-finanziellen Anliegen dieser Gruppen als strenge Nebenbedingungen zu beachten sind.302
Weiters wird von den Befürwortern des SHV vorgebracht, dass die Forderung nach einem Stakeholder Value-Konzept die gerade in Grossunternehmen bestehenden Interessengegensätze verniedlicht, die Einbeziehung der Interessen aller Stakeholder nur
mangelhaft rechtfertigt und dass sich aus den vielfältigen, heterogenen Zielsetzungen
der verschiedenen Stakeholder kein operationalisierbarer Stakeholder Value ermitteln
lässt. Diese Streitfrage führt“die Diskussion um das Shareholder Value-Konzept von
der Ebene der Performancemessung auf die Ebene der Unternehmensverfassung.”303
Die akademische Diskussion darüber, welcher der beiden Konzeptionen als normativ-
298
299
300
301
302
303
Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers in Zusammenhang mit der Einführung und Anwendung der EVA-Kennzahl bei SAURER.
Vergleiche hierzu etwa: Stewart (1991), 249.
Vergleiche hierzu etwa: Spremann (1992), 365. Janisch (1992). Löhnert (1996), 229ff. Sauter (1997), 284ff.
Stenzel/Stenzel (2003), 253f. Bleicher (2004), 174.
Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 178ff. Rappaport (1998), 5f. Copeland et al. (1998), 35ff.
Vergleiche hierzu etwa: Klien (1995), 25. Kunz (1998), 36.
Bischoff (1994), 168ff.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 119
theoretische Handlungsmaxime der Vorzug zu geben ist, steht jedoch nicht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit und soll hier nicht weiter verfolgt werden.
Aus Sicht der Leistungsmessung lässt sich jedoch feststellen, dass der SHV-Ansatz in
Reinkultur neben den genannten verfahrensbedingten Problembereichen auch inhaltliche Defizite aufweist. Diese Mängel sind vor allem in der unzureichenden Einbindung
nichtfinanzieller Einflussfaktoren zu suchen. Die SHV-Konzeptionen sind vor allem
auf die Messung der finanziellen Leistung ausgerichtet. Zwar beruhen die diesbezüglichen Prognosen auf der strategischen Planung, welche auch nicht-finanzielle Erwartungshaltungen in ihre langfristigen Prognosen einbindet, allerdings werden diese
Faktoren im SHV-Konzept in der Regel weder explizit aufgeführt noch operationalisiert und können daher in den vorgestellten Grundmodellen auch nur schwer der Leistungsmessung zugeführt werden.
So bricht das SHV-Netzwerk von Rappaport die wertgenerierenden Einflussfaktoren
nur bis auf Ebene der so genannten Werttreiber herunter, die Frage, wie sich beispielsweise die Führungsentscheidungen der operativen Geschäftstätigkeit auf das Umsatzwachstum oder die operative Marge auswirken, bleibt jedoch unbeantwortet.304 Selbst
renommierte Autoren wie Rappaport oder Copeland et al. verweisen zwar auf die
Wichtigkeit der Berücksichtigung operativer Leistungskriterien für die periodische
Leistungsmessung, eine Anleitung dazu, wie ein System der Leistungsmessung gestaltet werden könnte, welches sich grundsätzlich am Shareholder Value orientiert und
dabei weitere Leistungsfaktoren mitberücksichtigt, unterbleibt jedoch.305 Gerade zur
Führung operativer Verantwortungsebenen sowie zur Kommunikation einer einheitlichen strategischen Stossrichtung über das gesamte Unternehmen hinweg scheint es
jedoch unerlässlich, dass nicht nur Umsatzwachstum und Margensteigerung als Ziele
vorgegeben werden, sondern dass in der Leistungsmessung selbst konkrete Angaben
dazu gemacht werden, mit welchen Massnahmen diese Ziele erreicht werden können
und worin der Zielerreichungsbeitrag jeder einzelnen Verantwortungseinheit besteht.
304
305
Zur fehlenden Verknüpfung zwischen Shareholder Value und der operativen Ebene vergleiche auch:
Voggenreiter/Jochen (2002), 616. Hier setzt auch die Forderung nach einem «Value Reporting» an, welche
eine bessere Darlegung der Wertzusammenhänge auch in der externen Berichterstattung fordert. Vergleiche
hierzu: Baetge (2001). Fischer (2002). Gleich et al. (2002), 344. Aders/Hebertinger (2003), 39. Sowie für
eine Gesamtschau verschiedener Ansätze: Ruhwedel/Schultze (2004).
So weist etwa auch Klien darauf hin, dass im Bereich der Strukturierungshilfen zwischen qualitativen und
quantitativen Überlegungen noch Forschungsbedarf besteht. Vergleiche hierzu: Klien (1995), 229.
Seite 120
Systeme der Leistungsmessung
Die Vernachlässigung dieser Komponente führt beim SHV-Ansatz zu der unstimmigen und aus Sicht der Leistungsmessung unbefriedigenden Situation, dass zwar ein
betont zukunftsorientiertes Vorgehen propagiert wird, dass aber im Rahmen der periodischen Leistungsmessung weiterhin auf vorwiegend finanzielle, historisch orientierte
Leistungsindikatoren abgestellt wird, während nicht-finanzielle Vorlaufgrössen der
finanziellen Leistung bei strikter Anwendung der Ansätze weitgehend vernachlässigt
werden. Um auch für Verantwortungsebenen unterhalb der Gesamtunternehmensleitung als Führungsinstrument relevant zu sein, bedarf der SHV-Ansatz daher einer inhaltlichen Erweiterung um nicht-finanzielle Aspekte. An diesen Kritikpunkt knüpfen
die Ansätze der «Balanced Scorecard» und des «Tableau de Bord» an, welche in den
folgenden Abschnitten vorgestellt werden. Diese Kritik wurde von verschiedener Seite
auch dahingehend ausgeweitet, dass wertorientierte Unternehmen dazu aufgefordert
werden, werttreibende Faktoren auch in der externen Berichterstattung explizit zu
kommunizieren («Value Reporting»), um so den Prozess der Erwartungsbildung bei
Investoren und Eigentümern zu erleichtern und die vielfach wahrgenommene Wertlücke zwischen interner und externer Wertbetrachtung zu schliessen.306
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass der SHV-Ansatz (sowohl nach der
DCF-Methode als auch nach der EVA-Methode) für die mehrperiodige, an der gesamten Investitionsdauer orientierten Leistungsmessung aufgrund der Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes und des Investitionsrisikos traditionellen Finanzkennzahlensystemen wie etwa dem ROI-Konzept überlegen ist. Der EVA kann den
risikobezogenen Vorteil auch in der einperiodigen Leistungsmessung geltend machen.
Aus Perspektive der einperiodigen Leistungsmessung sind jedoch neben verschiedenen
verfahrensbedingten Problembereichen insbesondere inhaltliche Mängel festzustellen,
welche sich vor allem in der Vernachlässigung nicht-finanzieller Wertfaktoren manifestieren. Dies erschwert die Kommunikation von Strategien und Leistungszielen, vor
allem gegenüber finanztechnisch nicht versierten Adressaten.
306
Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 41f. Gemäss einer KPMG-Studie sind 82% der befragten Unternehmen der Meinung, dass Ihre Kapitalmarktbewertung zu niedrig ist. Zur Wertlücke vergleiche die Ausführungen in Fussnote 249 auf Seite 103.
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 39: Stärken und Schwächen des «Shareholder Value»-Ansatzes
STÄRKEN
• Der SHV ist zukunftsorientiert und berücksichtigt den Zeitwert des Geldes.
• Das Investitionsrisiko wird über den Diskontierungs- beziehungsweise Kapitalkostensatz berücksichtigt.
• Der langfristige Zeithorizont des SHV-Ansatzes verringert in der mehrperiodigen
Leistungsmessung die Auswirkungen kurzfristig orientierter Massnahmen und
entschärft die Problematik der Periodenabgrenzung.
• Die Grundprinzipien der SHV-Methoden sind finanztechnisch versierten Managern
aus der Kapitalwertmethode der dynamischen Investitionsrechnung (bei den DCFMethoden) beziehungsweise aus der Übergewinnberechnung (bei der EVA-Berechnung) geläufig und daher leicht verständlich.
SCHWÄCHEN
• Die Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Ereignisse und der daraus resultierende Ermessensspielraum des Managements relativiert die Aussagekraft des SHV in der
mehrperiodigen Leistungsmessung.
• Der SHV-Ansatz wird bei zukunftsbezogener Anwendung zu einem aufwendigen
Verfahren der Leistungsmessung, da die Prognosen und Berechnungen im Detail
überprüft und auf ihre Plausibilität hin hinterfragt werden müssen.
• Die Prognose selbst wird durch die SHV-Methoden nicht erleichtert und stützt sich
weitgehend auf die gleichen Werttreiber und Vorhersagen wie traditionelle Finanzkennzahlensysteme.
• Das Herunterbrechen des SHV-Konzepts auf Geschäftseinheits- oder Produktebene
bereitet in der Unternehmenspraxis erhebliche Schwierigkeiten.
• Nicht alle werttreibenden Faktoren sind auf allen Hierarchieebenen beeinflussbar
(z.B. die Kapitalstruktur und die daraus resultierenden Kapitalkosten).
• Die werttreibenden Faktoren ausserhalb des SHV-Netzwerkes werden bei strikter
Anwendung der generischen Ansätze ausgeklammert, was zu einer stark finanzlastigen Sichtweise führt.
• Der nicht-finanzielle Beitrag der einzelnen Geschäftseinheit oder des einzelnen Managers zum Unternehmenserfolg wird nicht direkt ersichtlich.
• Finanztechnisch nicht versierte Mitarbeiter können bei der Interpretation und Umsetzung von SHV-Strategien überfordert sein.
• Das Hauptaugenmerk des SHV-Ansatzes liegt auf den finanziellen Interessen der Eigentümer (Shareholder): die finanziellen und nicht-finanziellen Interessen der anderen Anspruchsgruppen werden nicht explizit thematisiert.
Seite 121
Seite 122
Systeme der Leistungsmessung
4.3 Der «Tableau de Bord» Ansatz
4.3.1
Ursprung und Ziele des «Tableau de Bord» Ansatzes
Der französische Begriff «Tableau de Bord» (TDB) kann als «Armaturenbrett» oder
(etwas freier) als «Cockpit» übersetzt werden. Dementsprechend wird das TDB, ein in
der Managementliteratur ausserhalb Frankreichs trotz seiner frühen Entwicklung wenig bekannter Ansatz der Leistungsmessung, als Instrument der Pilotierung («Pilotage») verstanden, dessen grundsätzliche Aufgabe darin besteht, unter Verwendung
der Logik «Ziele - treibende Faktoren - Indikatoren» eine limitierte Auswahl von kurzfristig verfügbaren und aufeinander abgestimmten Führungsindikatoren für die aktive
Unternehmenssteuerung bereitzustellen.307 Gleich einem Piloten, soll der Manager in
der Lage sein, anhand von Kerninformationen den eingeschlagenen Kurs und die derzeitige Position des Unternehmens beziehungsweise seines Verantwortungsbereiches
möglichst rasch zu bestimmen und gegebenenfalls in Hinblick auf das angestrebte
Endziel Kurskorrekturen einzuleiten.
Das TDB wird hauptsächlich als kurzfristiges Informationsinstrument verstanden,
welches − unter stärkerer Betonung der Relevanz als der Genauigkeit − innert sehr
kurzer Zeit verfügbar sein, sich auf die Schlüsselfaktoren für die Zielerreichung konzentrieren und auf die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Managers abgestimmt
sein soll.308 Es ist als Führungsinstrument mehr auf die rasche Erfolgskontrolle und
unmittelbare Steuerung ausgelegt denn auf die langfristige Planung und Strategieentwicklung (siehe Abbildung 40).
Der Grundstein für den kurzfristig orientierten TDB-Ansatzes wird in Frankreich bereits in wissenschaftlichen Publikationen der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts gelegt, welche erste Analogien zwischen der Steuerung eines Unternehmens über grafisch dargestellte Indikatoren und der Navigation eines Flugzeuges anhand der Instrumententafel ziehen.309 Es dauert jedoch bis in die 40er Jahre bis sich das eigentliche
307
308
309
In Anlehnung an: Hardouin (1978), 15. Capdaspe (1982), 6. Gray/Pesqueux (1993) 62. Der Begriff «treibende Faktoren» wurde sinngemäss als Übersetzung für die französischen Bezeichnungen «Points Clés»
und «Variables Clés», gewählt.
Gray/Pesqueux (1993), 62.
Vergleiche hierzu etwa: Satet/Voraz (1932).
Systeme der Leistungsmessung
Seite 123
Konzept des TDB aus der Unternehmenspraxis entwickelt, und es verstreichen nochmals einige Jahre bis dieses Konzept seit den 60er und 70er Jahren schliesslich von der
Managementliteratur als Thema aufgegriffen, formalisiert und auf breiter Basis bekannt gemacht wird.310
Abbildung 40: Das TDB im Gesamtüberblick der Führungsinstrumente311
VISION, STRATEGIE
Bestimmung, generelle Ziele, Stossrichtung
langfristig
PLANUNG
VORHERSAGE
Investitionsplan
Finanzplan
Operativer
Plan
mittelfristig
BUDGETIERUNG
Investitionsbudget
Finanzbudget
Operatives
Budget
kurzfristig
TABLEAU DE BORD
Resultate
Ziele
Abweichungen
tendenzielle
Resultate
REALISIERUNG
RECHNUNGSWESEN
Routineaufgaben
310
311
Analyseaufgaben
BUGETÄRE
KONTROLLE
exakte
Resultate
Zu dieser Beobachtung: Gray/Pesqueux (1993), 62. Vergleiche hierzu aber auch: Malo (1995), 358ff. Zur
diesbezüglichen Managementliteratur vergleiche etwa: Lauzel (1959). Lauzel/Cibert (1959). De Guerny et
al. (1990, Erstauflage 1963). Moisson (1968). Hardouin (1978). Capdaspe (1979), Saulou (1982a), Saulou
(1982b). Sulzer (1985). Ardoin et al. (1986). Docquin (1988). De Solère (1993). Chiapello/Delmond
(1994). Bescos et al. (1995). Malo (1995). Chiapello/Lebas (1996). Saulou (1996). Zu einem Überblick zur
Geschichte des TDB vergleiche auch: Bourguignon et al. (2001), 6ff. Bourguignon et al. (2004).
In Anlehnung an: Alazard/Sépari (1997), 289. Vergleiche hierzu auch: Ardoin et al. (1986). De Guerny et
al. (1990), 14ff.
Seite 124
Systeme der Leistungsmessung
Im Gegensatz zu anderen Ansätzen der Leistungsmessung ist das «Tableau de Bord»
(TDB) somit nicht direkt auf die Praktiken eines bestimmten Unternehmens oder auf
einzelne Veröffentlichungen zurückzuführen, sondern über mehrere Jahrzehnte hinweg
schrittweise aus der Führungspraxis französischer Unternehmen entstanden. Folglich
handelt es sich um einen Ansatz, für den kein allgemeingültiges generisches Grundmodell besteht und der daher nur anhand der gemeinsamen inhaltlichen und begrifflichen Schnittmenge verschiedener Autoren beschrieben werden kann.312 Zur Verwirrung trägt weiter bei, dass neben dem eigentlichen «Tableau de Bord de Gestion»
(Führungscockpit), in der französischen Managementliteratur Bezeichnungen wie beispielsweise «Tableau de Bord Financier»313 oder «Tableau de Bord Stratégique»314
anzutreffen sind, die auf andere Managementinstrumente hindeuten.
Dabei ist der Ursprung des TDB, im Vergleich zum US-amerikanisch geprägten
«Responsibility Accounting», nicht primär in der Nutzung von Rechnungsweseninformationen zur Steuerung von Grossunternehmen (z.B. Dupont, General Motors in den
USA) und deren dezentralen Verantwortungsbereichen zu suchen, sondern das TDB
gründet in seiner vom Rechnungswesen weitgehend unabhängigen Entwicklung vielmehr auf den operativen Führungssaufgaben von produktionsnahen Ingenieuren. Dieser unterschiedliche Ursprung kann darauf zurückgeführt werden, dass im Frankreich
der 30er und 40er Jahre − im Vergleich zu US-Konzernen − keine Unternehmen ähnlicher Grössenordnung existieren, dass die Delegation und die Überwachung von dezentralen Einheiten zu dieser Zeit daher weniger Bedeutung besitzen, dass die Führungsposten in Frankreich in der Regel mit Ingenieuren besetzt sind und dass folglich
zu diesem Zeitpunkt die Beherrschung der industriellen Prozesse und die Steigerung
der Effizienz im Mittelpunkt des Managementinteresses stehen.315
312
313
314
315
Zu gleichem Schluss kommt auch: Gehrke (2003), 503. Gerade in der deutschsprachigen Managementliteratur wird das Tableau de Bord daher teilweise auf eine unrichtige oder die Grundideen verzerrende Art
und Weise kommentiert, die auf wenig Hintergrundwissen schliessen lässt.
Finanzbericht des Rechnungswesens. Vergleiche hierzu: De Guerny et al. (1990), 12f. De Solère (1993),
37f. Chiapello/Delmond (1994), 52.
Im Grunde ein «Tableau de Bord de Gestion», allerdings mit ausdrücklicher Betonung der Strategie und der
Kernerfolgsfaktoren. Vergleiche hierzu: Docquin (1988).
Gray/Pesqueux (1993), 62. Vergleiche hierzu auch: Chiapello/Lebas (1996), 5.
Systeme der Leistungsmessung
4.3.2
Seite 125
Inhalte und Methoden des «Tableau de Bord» Ansatzes
Das TDB verfügt in Bezug auf die abzubildenden Ereignisse und Ergebnisse über einen ausgesprochen offenen Charakter: In der französischen Managementliteratur existieren keine expliziten Normvorstellungen über konkrete Klassen von Kennzahlen
oder sonstige Inhalte eines TDB. Der TDB-Ansatz zeigt sich vielmehr in einer Art von
Anforderungsprofil, welches die Summe der Eigenschaften der in einem TDB abgebildeten Informationen umschreibt. Zu diesen Eigenschaften gehören:
• die kontinuierliche Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Verantwortungsträgers,
• die Betonung der kurzfristigen Orientierung und die Emanzipation gegenüber dem
Rechnungswesen,
• die ziel- und handlungsorientierte Ausgestaltung der Leistungsmessung auf Basis
des Leistungsmodells und
• die grafische Darstellung einer limitierten Anzahl von Kernerfolgsindikatoren.
4.3.2.1 Kontinuierliche verantwortungsträgerspezifische Anpassung
Das TDB richtet sich in der Regel nach der existierenden Organisation des jeweiligen
Unternehmens:316 Ausgehend von der Verantwortungsstruktur wird für jeden Verantwortungsträger (beziehungsweise für jeden Verantwortungsbereich) ein TDB definiert
(siehe Abbildung 41). Ist ein Verantwortungsträger mit mehreren verschiedenen Entscheidungshorizonten konfrontiert, so kann er über mehrere Tableaux verfügen.317
Der einzelne Entscheidungsträger selbst ist in der Regel in Zusammenarbeit mit seinem Vorgesetzten und dem Controller mit der Formulierung der für seinen Aufgabenbereich relevanten Führungsinformationen betraut: Das TDB wird nach den individuellen Bedürfnisse jedes Verantwortungsträgers massgeschneidert318 und kontinuierlich
an die sich ändernde Realität angepasst. Da das TDB mehr als Instrument der operati-
316
317
318
Hardouin (1978), 16. De Guerny et al. (1990), 25. Saulou (1982a), 47.
Gray/Pesqueux (1993), 62. Chiapello/Lebas (1996), 14.
Vergleich hierzu: Hardouin (1978), 16f. Saulou (1982a), 45. Saulou (1982b), 40. Ardoin (1986), 146f. Chapiello/Lebas (1996), 9ff. Saulou (1996), 70.
Seite 126
Systeme der Leistungsmessung
ven Pilotierung denn als «Konsolidierungshilfe» verstanden wird319, richtet sich der
Inhalt der abgebildeten Kennzahlen folglich nicht nur nach den Erwartungen der übergeordneten Instanz, sondern auch nach dem jeweiligen operativen Prozess, dem jeweiligen Kontext und nach den individuellen Präferenzen des jeweiligen Managers.
Abbildung 41: Mindestens ein TDB für jeden Verantwortungsträger320
TDB CEO/Gesamtunternehmen
R
Z
A
TDB Finanzleiter
TDB Einkaufsleiter
TDB Produktionsleiter
TDB Verkaufsleiter
R
Z
A
TDB Gebietsleiter Y
xxxxxxxxxxxxxxx
TDB
Gebietsleiter X
xxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
R
Z
A
TDB
Vertreter 2
xxxxxxxxxxxxxxx
TDB Vertreter 1
R Z A
xxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
R = Resultat, Z = Ziel, A = Abweichung
319
320
Gray/Pesqueux (1993), 64.
In Anlehnung an Alazard/Sépari (1997), 328. Die abgebildeten Tableaux repräsentieren keinen Normaufbau, sondern sind schematische Darstellungen. Zum Aufbau eines TDB vergleiche Abschnitt 4.3.2.4.
Vergleiche hierzu auch: Herterich (2002), 529.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 127
Auch wenn die Inhalte der Tableaux de Bord über verschiedene Hierarchiestufen hinweg nicht nach dem Prinzip der mathematischen Additivität konsolidiert werden, so
sollten sich die Tableaux de Bord verschiedener Hierarchieebenen aber dennoch nach
dem so genannten «Principe Gigogne»321 (Prinzip der Mehrstufigkeit) in einen gemeinsamen logischen Zusammenhang einpassen. Ein TDB wird gewöhnlich so konzipiert, dass ein Teil der in ihm enthaltenen Informationen in die Tableaux lateraler
oder übergeordneter Verantwortungsbereiche einfliesst (lateraler und vertikaler Informationsfluss) und somit die Koordination und Kontrolle in der Hierarchie erleichtert.
Andere TDB-Indikatoren besitzen aus Sicht des jeweiligen Verantwortungsträgers einen eher proprietären Charakter und dienen primär der Steuerung des eigenen Verantwortungsbereichs und der Selbstkontrolle.
Die Tableaux de Bord sind somit Instrumente zur Handhabung lokaler, vertikaler, horizontaler und unternehmensweiter Informationsflüsse, die in der Synthese ein kohärentes Bild des Unternehmens zeichnen.322 Sie unterstützen im Idealfall:
• die Beobachtung der relevanten Informationen des eigenen Führungsbereichs
• den in der Hierarchie nach dem «Bottom Up»-Prinzip aufsteigenden Informationsfluss von den Verantwortungsbereichen an der Basis bis zur Unternehmensspitze
• den in der Hierarchie nach dem «Top Down»-Prinzip absteigenden Informationsfluss über die Delegation von Verantwortung und über Zielvorgaben
• den lateralen Informationsfluss und das Management von bereichsübergreifenden
Verantwortlichkeiten über gegenseitige Verknüpfung der Tableaux
• die unternehmensweite Verhaltensintegration über eine gemeinsame Informationsbasis und Sprache
Diese Aufgaben löst das einzelne TDB durch die Erarbeitung und Lieferung eines individuellen Sets von Kennzahlen zum Status der für die Zielerreichung kritischen
Variablen, die Beobachtung der in Hinblick auf die Zielerreichung eingeleiteten Massnahmen sowie durch die Evaluation der Leistung des Unternehmens oder eines Unternehmensteiles in Bezug auf konkrete Zielvorgaben.323
321
322
323
Hardouin (1978), 16. Capdaspe (1979), 7. De Guerny et al. (1990), 31ff.
Chiapello/Lebas (1996), 6f. Vergleiche auch: Hardouin (1978) 16. Bescos et al. (1995), 336.
Gray/Pesqueux (1993), 62.
Seite 128
Systeme der Leistungsmessung
4.3.2.2 Kurzfristige Orientierung und Emanzipation gegenüber dem Rechnungswesen
Das TDB ist ein Instrument, welches sich am kurzfristigen Handlungsbedarf orientiert.
Es basiert auf der Idee, dass ein Manager schnell informiert sein muss, um rasch reagieren und Ereignisse antizipieren zu können.324
In Analogie zur Steuerung eines Flugzeuges genügt es daher nicht, nach Ablauf der
Flugzeit (Berichtsperiode) die Zieldestination (Budgets) mit der derzeitigen Position
(tatsächliche Resultate) zu vergleichen, sondern anhand der Anzeigen im Cockpit sollen kontinuierlich die wichtigsten Einflussfaktoren wie etwa die eingeschlagene Richtung (angeordnete Massnahmen), die zurückgelegte Strecke (Effizienz der durchgeführten Massnahmen, Erreichen von Meilensteinen) oder die Wetterlage (Entwicklung
am Markt, Konkurrenzsituation, sonstige Umweltfaktoren) überwacht werden, um
frühzeitig Rückschlüsse auf mögliche Kursabweichungen und eventuelle Korrekturmassnahmen ziehen zu können.
Da dieser Soll-Ist-Vergleich möglichst rasch stattfinden soll, ist das TDB im Gegensatz zu reinen Finanzkennzahlensystemen primär mit den kurzfristigen Informationen
aus den operativen Bereichen verbunden. Diese Konzentration auf die operativen Prozesse begründet in der Regel eine starke Fokussierung auf detaillierte, nicht-finanzielle
Leistungsindikatoren. In Abhängigkeit von der Verantwortungsebene verändert sich in
der Regel jedoch auch die Struktur eines TDB in Bezug auf die Gewichtung von finanziellen und nicht-finanziellen beziehungsweise von verdichteten und detaillierten
Informationen (siehe Abbildung 42). Generell soll das TDB dabei die Informationen
aus dem Rechnungswesen ergänzen, die angewandten Methoden und die Periodizität
der Abläufe können sich jedoch vom Rechnungswesens grundlegend unterscheiden:
Das TDB weist im Direktvergleich in der Regel eine kürzere Messperiodizität auf und
ist stärker zukunftsorientiert.325
324
325
Hardouin (1978), 15.
Vergleich hierzu: Hardouin (1978), 15. Saulou (1982a), 46. Khrouz/Vlasselaer (1992), 77. Chiapello/Delmond (1994), 50. Guedj et al. (1995), 295f und 336. Chiapello/Lebas (1996), 9.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 129
aggregierte
Information
TOP
finanzielle
Information
Tableau de bord
Firmenleitung
nicht-finanzielle
Information
detaillierte
Information
Tableau de bord
operative Ebene
BOTTOM
Die Zusammensetzung
der TDB-Information
hängt von der
Verantwortungsebene ab
Information an alle
zur Förderung des Zusammenhaltes
Abbildung 42: Die Zusammensetzung der TDB-Informationen326
Der Zyklus der TDB-Erstellung richtet sich dabei nach den Anforderungen des jeweiligen Unternehmens beziehungsweise des jeweiligen Verantwortungsbereiches. Die
Tableaux der verschiedenen Hierarchiestufen können, je nach Verfügbarkeit der Daten, unterschiedlich häufig erstellt werden. Die Periodizität sollte aber stets so gewählt
werden, dass sich die einzelnen Tableaux gemäss dem bereits erwähnten «Principe
Gigogne» schliesslich in das TDB des Gesamtunternehmens überleiten lassen und die
seit der letzten Erstellung verstrichene Zeit das Auftreten und Erfassen von Veränderungen und somit Rückschlüsse auf geeignete Korrekturmassnahmen ermöglicht.327
Empirische Ergebnisse aus Frankreich deuten darauf hin, dass das TDB in den oberen
Führungsetagen meist monatlich erstellt wird, im operativen Bereich hingegen sogar
oft nur auf Anfrage durch den Vorgesetzten.328
326
327
328
In Anlehnung an: Chiapello/Lebas (1996), 8. Für das TDB der Firmenleitung bürgert sich in Frankreich
immer mehr der Begriff «Tableau de Bord de l’Entreprise» ein, während der Begriff «Tableau de Bord de
Gestion» sich mehr auf ein TDB der operativen Ebene bezieht. Vergleiche hierzu: Khrouz/Vlasselaer
(1992), 71. Bescos et al. (1995) 334ff und 355ff.
Vergleiche hierzu: Hardouin (1978), 18. Ardoin et al. (1986), 146. Jordan/Fiol (1997b), 11.
Busson-Villa (1996), 223f.
Seite 130
Systeme der Leistungsmessung
Wie bereits aus Abbildung 40 ersichtlich wurde, erfasst das TDB zwar die Realisierung der geplanten Unternehmensentwicklung, im Gegensatz zum Rechnungswesen
(insbesondere im Bereich der finanziellen Rechnungslegung) verzichtet das TDB jedoch auf den Anspruch der Exaktheit und betont mehr das Aufzeigen von Entwicklungstendenzen. Nicht möglichst genaue Informationen sollen abgebildet werden, sondern die Indikatoren sollen möglichst rasch und nur so genau wie notwendig verfügbar
sein.329 Die Indikatoren müssen daher kurzfristig beobachtbar, aber nicht immer perfekt quantifizierbar sein.
Das TDB beinhaltet zu diesem Zweck nicht nur eine Reihe von formalisierten (finanziellen und nicht-finanziellen) Kernkennzahlen, deren Entwicklung im Zeitverlauf
überwacht wird, sondern bietet regelmässig auch Platz für schriftliche Analysen, Interpretationen und Kommentare zu den abgebildeten Informationen, da diese in der
Gesamtschau oft Anhaltspunkte für schwache Signale geben können.330
Als Informationsquellen für ein TDB bieten sich daher gemäss Jordan drei grundsätzliche Alternativen an (siehe Abbildung 43): Zentraler Ausgangspunkt zur Herleitung
von Indikatoren sind die Vision und die Strategie.331 Aus ihnen können (beispielsweise
mittels «OVAR»-Technik332) über die Analyse der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Leistungserbringung konkrete Ziele, Massnahmen und schliesslich Indikatoren für die verschiedenen Verantwortungsbereiche abgeleitet werden. Das TDB liefert
durch dieses «Strategy Deployment» ein Set von Kennzahlen, welches spezifisch für
die Strategie des Unternehmens ist.333
Weitere Referenzquellen sind in den Dokumenten der Planung und Budgetierung zu
finden. Sie leiten sich ebenfalls von der Strategie und Vision ab und zeigen in detaillierter und quantifizierter Form mit welchen mittel- und kurzfristigen Handlungen und
Ergebnissen das angestrebte Ziel erreicht werden soll. Was als Zielvorgaben geplant
und budgetiert wird, wird in der Regel auch kontrolliert. Die wichtigsten Informationen aus diesen Kontrollabläufen sollen als Indikatoren in das TDB einfliessen.
329
330
331
332
333
Vergleiche hierzu etwa: Ardoin et al. (1986), 150. De Guerny et al. (1990), 16. Saulou (1996), 72.
Chiapello/Lebas (1996), 25.
Vergleiche hierzu auch: Hardouin (1978), 16.
OVAR = “Objectifs, Variables d'Action, Responsables”. Vergleiche hierzu: Abschnitt 4.3.2.3.
Chiapello/Lebas (1996), 8.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 131
Abbildung 43: Informationsquellen des «Tableau de Bord»334
Planung:
Investitionsplan,
Finanzplan,
operativer Plan
VISION,
STRATEGIE
Umwelteinflüsse
Budgetierung:
Investitionsbudget,
Finanzbudget,
operatives Budget
Ziele ,
Erfolgsfaktoren,
Massnahmen,
Verantwortlichkeit
Marktentwicklung,
Konkurrenz,
Lieferanten,
Kunden, etc.
Indikatoren
Indikatoren
Indikatoren
TABLEAU DE BORD
Als dritte Informationsquelle bietet sich schliesslich die Unternehmensumwelt an.335
Nicht alle Einflussfaktoren der Leistungserbringung sind innerhalb der Grenzen des
Unternehmens lokalisiert und daher direkt kontrollier- und steuerbar. Durch die Einbeziehung der wichtigsten Umwelteinflüsse würdigt der TDB-Ansatz die Tatsache, dass
kaum kontrollierbare Faktoren aus der gesamten Wertschöpfungskette − wie beispielsweise die volkswirtschaftliche Gesamtentwicklung oder die Entwicklungen in
den Bereichen der Konkurrenten, Kunden und Lieferanten − nicht nur bei der
Strategieformulierung von Bedeutung sind, sondern (auf selektive Weise) auch kontinuierlich beobachtet und dokumentiert werden sollten. Diese Informationsbedürfnisse
werden vom Rechnungswesen traditionellerweise nicht abgedeckt.336
334
335
336
In Anlehnung an: De Guerny et al. (1990), 19ff. Bescos et al. (1995), 342. Guedj et al. (1995), 295ff. Jordan/Fiol (1997b), 7.
Vergleiche hierzu auch: Chiapello/Delmond (1994), 50.
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.3.1.
Seite 132
Systeme der Leistungsmessung
4.3.2.3 Die ziel- und handlungsorientierte Ausgestaltung auf Basis des Leistungsmodells
Zum essentiellen Prinzip des TDB-Ansatzes gehört aber nicht nur die rasche Lieferung
von führungsrelevanten Informationen, sondern ebenso die ausgeprägte Handlungsorientierung.337 Wie japanische Führungsansätze, welche ihr Hauptaugenmerk mehr auf
die Führung von Prozessen als auf die Kontrolle von Resultaten legen, fokussiert auch
der TDB-Ansatz sein Interesse auf die Kernprozesse des betrieblichen Leistungsmodells.338
Der Inhalt des TDB richtet sich daher ausgehend vom Gesamtziel (z.B. laut Strategie)
nach den Schlüsselpunkten der betrieblichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aus
und erfasst diese so rasch wie möglich. Diese «Points-Clés» des Leistungsmodells sind
die treibenden Faktoren für den Grad der Zielerreichung und sollten in Leistungsindikatoren übersetzt werden. Zu jedem Indikator wiederum sollte ein Katalog von auf ihn
einwirkenden Massnahmen zusammengestellt werden.339 Das TDB ermittelt also nicht
nur Kursabweichungen (Zielorientierung), sondern stellt gleichzeitig eine Verbindung
zu eventuellen Ursachen und diesbezüglichen Korrekturmassnahmen her (Handlungsorientierung). Dieser Zusammenhang ist auch aus Abbildung 44 ersichtlich.
Einen strukturierten Ansatz zur entsprechend ziel- und handlungsorientierten Erstellung eines kohärenten TDB liefert beispielsweise die «OVAR»-Methode, welche in
Frankreich an der HEC in Jouy-en-Josas für diesen Zweck entwickelt wurde.340
«OVAR» steht hierbei für «Objectifs, Variables d'Action, Responsables» (Ziele, Massnahmen, Verantwortungsträger) und beschreibt eine Methode, welche über die Erstellung von Matrizen das kausale Leistungsmodell eines Unternehmens und seiner Teile
repräsentiert, Ziele für jeden Manager in der Organisation aus dem Gesamtziel ableitet, jedes Ziel in konkrete Massnahmen übersetzt, und schliesslich für die wichtigsten
Massnahmen Indikatoren definiert.
337
338
339
340
Hardouin (1978), 15. Vergleiche auch: Ardoin et al. (1986), 143. Chiapello/Lebas (1996), 9f.
Zu dieser Beobachtung: Gray/Pesqueux (1993), 64.
Vergleiche hierzu: Hardouin (1978), 16. Sulzer (1985), 56. De Guerny et al. (1990), 35ff.
Zur «OVAR»-Methode: Chiapello/Lebas (1996), 19ff. Fiol (1997). Jordan/Fiol (1997a). Jordan/Fiol
(1997b). Malleret (1997). Vergleiche aber auch: De Guerny et al. (1990), 30.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 133
Abbildung 44: Die Handlungsorientierung des «Tableau de Bord»341
Umwelt
Umwelt
reale Organisation
Vision,
Strategie
Verantwortungsstruktur
Handlungen
Verhalten
Resultate
Planung
Ablaufdiagramm/Leistungsmodell
Investition
Finanz
Operativ
primärer
Einsatzbereich
des TDB
Budgetierung
Tableaux de bord
Tableau de bord
Investition
R Z
Finanz
xxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
Operativ
341
Aktionspläne
In Anlehnung an: Saulou (1982a), 47.
A
Seite 134
Systeme der Leistungsmessung
Bei konsequenter Anwendung der in Abbildung 45 veranschaulichten «OVAR»-Methode werden die generellen Ziele aus der Strategie und Vision somit in konkrete, kohärente Massnahmen dekliniert und gleichzeitig der innerbetriebliche Dialog gefördert. Die Kernaussage dieser für die Erstellung eines TDB typischen Vorgangsweise
ist, dass Leistungsindikatoren erst festgelegt werden können, wenn das Leistungsmodell entwickelt und mit Prioritäten versehen wurde.342 Die Matrixform, wie sie in
Abbildung 45 dargestellt ist, gibt hierfür als Zwischenresultat auf dem Weg zum TDB
einen Gesamtüberblick über das Zusammenspiel der einzelnen Verantwortungsbereiche und fördert das Verständnis dafür, welches die wichtigsten Massnahmen sind,
wie die einzelnen Massnahmen und die gesteckten Ziele zusammenhängen und worin
der Beitrag des einzelnen zur Zielerreichung besteht.
Neben dieser Matrixdarstellung können die einzelnen Massnahmen in detaillierten
Aktionsplänen nochmals ausführlich beschrieben werden. Diese «Plans d'Action», deren Ausarbeitung dem Hauptverantwortlichen («Pilote») einer jeden Massnahme obliegt, identifizieren die involvierten Verantwortungsträger und den von ihnen erwarteten Beitrag zur Zielerreichung, die zu mobilisierenden Ressourcen sowie die erwarteten Resultate.343 Dabei wird grosser Wert darauf gelegt, dass jede Massnahme zum
Zweck der Steuerung und Erfolgskontrolle von mindestens einem Leistungsindikator
im TDB getragen wird.
Diese handlungsorientierten Leistungsindikatoren sind es auch, die neben den Vorgaben aus den Budgets (welche ihrerseits wieder aus der Strategie und der Planung abgeleitet werden) und neben den Umwelteinflüssen, schliesslich den Inhalt der
Tableaux de Bord der verschiedenen Verantwortungsträger prägen. Der primäre Einsatzbereich des TDB definiert sich daher durch:
• die kurzfristige Beobachtung der betrieblichen Handlungen, des Verhaltens und der
erzielten Resultate,
• die geeignete Darstellung dieser Beobachtungen im TDB und
• die Referenz zu den Massnahmen in den Aktionsplänen, die ihrerseits wieder das
Handeln und Verhalten im Unternehmen beeinflussen.
342
343
Chiapello/Lebas (1996), 20ff. Vergleiche hierzu auch: Saulou (1982a), 47.
Vergleiche hierzu: Guedj et al. (1995), 336. Chiapello/Lebas (1996), 22. Fiol (1997), 4ff. Jordan/Fiol
(1997a), 12.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 135
Abbildung 45: Die «OVAR»-Methode344
Massnahme 2
X
Massnahme 3
X
X
X
X
X
X
X
signifikante und direkte Wirkung der Massnahme auf ein Ziel
X
in die Massnahme aktiv involvierter Verantwortlicher
X
Verantwortlicher (“Pilot”) für die Massnahme
Leere Zeilen??
Leere Spalten??
Ist die Massnahme tatsächlich effektiv??
Gibt es wirklich keinen Verantwortlichen??
Gibt es für das Ziel keine Massnahmen??
Leistet der Verantwortliche keinen Beitrag??
In Anlehnung an: Jordan/Fiol (1997a), 7ff.
Ebene 2: Finanzleiter, etc.
X
Ebene 2: Einkaufsleiter
X
Gebietsleiter n
X
Gebietsleiter 2
Verkaufsleiter
Ziel H
Ziel G
X
Verantwortlicher n
Finanzleiter
X
Verantwortliche
X
Massnahme n
Einkaufsleiter
Produktionsleiter
X
Ebene 2: Produktionsleiter
Massnahme 2
X
X
Ziel F
Massnahme 1
X
X
Ziel A
Massnahmen
X
X
Ziele
Ebene 2:
Verkaufsleiter
X
X
Gebietsleiter 1
Massnahme n
344
X
Verkaufsleiter
X
CEO
Ziel B
X
Ziel n
Ziel A
Massnahme 1
Verantwortliche
Ziel D
Massnahmen
Ziel C
Ziele
Ebene 1:
Gesamtunternehmen
X
Seite 136
Systeme der Leistungsmessung
4.3.2.4 Die grafische Darstellung einer limitierten Anzahl von Kernerfolgsindikatoren
Aus den Ausführungen in Abschnitt 4.3.2.3 geht hervor, dass unter dem Gesichtspunkt
der Zielorientierung jeder TDB-Indikator so auszuwählen ist, dass er einerseits den
Status eines bestimmten Teilbereichs des zu führenden Geschäftsbereiches ermittelt,
dass andererseits jedoch alle Indikatoren zusammen wie in einem Cockpit ein Modell
der generellen Funktionsweise des Geschäftssystems liefern. Das TDB basiert dabei
auf der Hypothese, dass Manager nur Variablen zum Status der Kernkomponenten
ihres Verantwortungsbereiches beobachten müssen.345
Dies führt zur Selektion einer limitierten Anzahl von Indikatoren, die so gewählt sein
sollten, dass sie die Realität, die ein Manager zu verstehen wünscht, am besten repräsentieren.346 Mit welcher genauen Anzahl von Indikatoren dieses Ziel erreicht werden
kann, ist in der Literatur allerdings sehr umstritten. Einzelne Autoren schlagen für den
Umfang eines gesamten TDB-Berichtes (der aus mehreren Seiten mit verschiedenen
Tableaux bestehen kann) ca. 30-40 Indikatoren vor.347 Eine andere Faustregel hingegen empfiehlt, sich pro TDB auf die gleichzeitige Darstellung von etwa 5-9 Indikatoren zu beschränken, da eine grössere Zahl von Indikatoren die Aufnahmefähigkeit und
Verarbeitungskapazität des Empfängers überschreitet.348 Diese Faustregel wird durch
empirische Untersuchungen über die praktische Umsetzung des TDB-Konzeptes bestätigt, welche gezeigt haben, dass nur 14 % der befragten französischen Klein- und Mittelunternehmen, die über ein TDB verfügen, mehr als 20 Indikatoren pro TDB verwenden und dass 44% weniger als 10 Indikatoren pro TDB abbilden.349
Die von einem TDB erwartete Schnelligkeit soll also nicht nur aus der Berücksichtigung rasch verfügbarer, vorwiegend nicht-finanzieller Indikatoren resultieren, sondern
auch durch die limitierte Anzahl der erfassten Indikatoren und durch die Form der Präsentation unterstützt werden. Die gebräuchlichsten Formen der Präsentation von
Tableaux sind Tabellen und grafische Darstellungen.350
345
346
347
348
349
350
Chiapello/Lebas (1996), 4ff.
Saulou (1996), 68.
Ardoin et al. (1986), 150. Mascré (1994), 59.
Saulou (1982a), 47. Bouquin (1991), 299. De Solère (1993), 42. Saulou, (1996), 72.
Busson-Villa (1996), 223.
Vergleiche hierzu: Hardouin (1978), 18. Ardoin et al. (1986), 150ff. De Guerny et al. (1990), 62ff. Malo
(1995), 371f. Saulou (1996), 71. Alazard/Sépari (1997), 330f.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 137
Die Inhalte werden dabei anhand von Kennzahlen, Abweichungen (zum Budget), Entwicklungsverläufen (Vergleich zu den Vorperioden), Trendanalysen oder ausformulierten Kommentaren und Korrekturmassnahmen vermittelt. Als grafische Hilfsmittel
bieten sich Diagramme jeder Art sowie Farbcodierungen und Warnanzeigen (in computerisierten «Executive Information Systems») an. Die konkrete Ausgestaltung und
Gewichtung der einzelnen Elemente und der Gesamtumfang des TDB-Berichtes
hängen dabei jedoch von den Präferenzen und technischen Möglichkeiten des Unternehmens beziehungsweise des jeweiligen Managers ab.
Für den TDB-Bericht ist es ist dennoch empfehlenswert:351
• an den Anfang des Berichts eine Gesamtschau der wichtigsten Indikatoren zu stellen (eventuell grafisch als Cockpit aufgearbeitet).
• in der Folge jedem Indikator oder zumindest jedem Teilziel eine eigene Seite (oder
Doppelseite) im TDB-Bericht zu widmen, welche anhand von Tabellen und Grafiken zumindest über die Ziele, Resultate und Abweichungen im Jahresablauf sowie
in der Berichtsperiode informiert und zusätzlich Platz für ergänzende Kommentare
und Vorschläge für mögliche Korrekturmassnahmen bietet.
• die Indikatoren nach ihrer Priorität anzuordnen (Indikatoren zum Gesamtziel,
Indikatoren zum Teilziel, Indikatoren zu den treibenden Faktoren, Indikatoren zu
den Korrekturmassnahmen).
• von den grafischen Hilfsmitteln (z.B. Diagramme, Warnanzeigen, Farbkodierung)
extensiven Gebrauch zu machen.
Ein Beispiel für einen Auszug aus dem TDB-Bericht einer Airline liefert Abbildung
46: Sie zeigt das TDB zum Teilziel «Unternehmenswachstum» mit Indikatoren zum
Teilziel selbst (rechte Seite), zu den treibenden Faktoren (linke Seite) und zum kompetitiven Umfeld (links oben).352
351
352
Vergleiche hierzu: Jordan/Fiol (1997b), 12ff. Saulou (1996), 71.
In Anlehnung an die Fallstudie «Air Pérombia». Vergleiche hierzu: Chiapello et al. (1997).
Konkurrent 1, Mio $
Konkurrent 2, Mio $
Konkurrent 3, Mio $
Konkurrent 4, Mio $
Konkurrent 5, Mio $
Example Air, 44 Mio $
Konkurrent 6, Mio $
Konkurrent 7, Mio $
50%
50%
M
A
Preis
100%
100%
Auslastung
25%
25%
4.) ………………………………...
5.) ………………………………...
6.) ………………………………...
2.) ………………………………...
3.) ………………………………...
Tarif
100%
1.) ………………………………...
geplante Massnahmen: (Details siehe Aktionspläne)
25%
50%
ZRH
SEA
M
J
HOU
Ziel
A
MEX
Resultat
J
BUE
S
Soll
O
SAO
∆
N
……………………………………………………………………………….
……………………………………………………………………………….
……………………………………………………………………………….
……………………………………………………………………………….
Kommentare:
Hauptkonkurrent
Abweichung
Ziel
Resultat
Marktanteile:
Umsatzplus Jän.-Apr. (vgl. 98, %)
F
Anteil Hochtarif-Kunden
Umsatzwachstum:
J
Ist
rollendes Budget
Umsatzplus April (vgl. 98, %)
∆
0
20
40
60
80
100
durchschnittl. Auslastung/Flug
Ziel
Trend
WACHSTUM
Umsatz in Mio $ (kumul.)
Umsatz April (Mio $)
Resultat
Anmerkungen:
…………………………...
…………………………...
…………………………...
…………………………...
……………………………
……………………………
……………………………
120
140
Preis in % von Konkurrenz
treibende Faktoren:
1.)
2.)
3.)
4.)
5.)
6.)
7.)
8.)
Ranking nach Quartals-Umsatz
Example Air, April 05
TDB de l’entreprise
D
Seite 138
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 46: Auszug aus dem «Tableau de Bord»-Bericht einer Airline
Systeme der Leistungsmessung
4.3.3
Seite 139
Beurteilung des «Tableau de Bord» Ansatzes
Der TDB-Ansatz ist ein grundsätzlich multidimensional ausgelegtes System der Leistungsmessung, welches der erst später entwickelten Balanced Scorecard sehr ähnlich
ist.353 Die nur spärliche Erwähnung des TDB in der jüngeren Managementliteratur
innerhalb und ausserhalb Frankreichs legt den Rückschluss nahe, dass dieser Ansatz
weitestgehend von der Balanced Scorecard abgelöst wurde. Dennoch besteht sein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Ansätzen in seiner Offenheit und Flexibilität.
Dies äussert sich auch darin, dass das TDB in Bezug auf seinen Inhalt und Aufbau in
der französischen Managementliteratur in der Regel sehr undogmatisch behandelt
wird: Allgemein anerkannte Normvorstellungen über generische Klassen von Kennzahlen konnten sich nicht etablieren und die meisten Autoren verzichten ausdrücklich
auf diesbezügliche Definitionsversuche, da dies im Widerspruch zur geforderten Ausrichtung an den spezifischen Gegebenheiten eines Unternehmens stehen würde.
Das TDB wird in der Literatur vielmehr als Leistungsmessungssystem behandelt, welches − gleichsam als Unikat − so weit als möglich an die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Unternehmens und jedes einzelnen Managers angepasst ist. Die Kehrseite eines solchen massgeschneiderten TDB zeigt sich jedoch im Aufwand, der für die
Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung eines solchen Führungsinstruments
betrieben werden muss. Gerade in einem dynamischen Umfeld birgt das TDB bei konsequenter Durchführung die Gefahr, dass in einem aufwendigen Verfahren kontinuierliche Anpassungen an wenig repetitive Managementaufgaben notwendig werden und
in der Folge die historische Vergleichsbasis der Daten verloren geht.354 Die verbesserte
Relevanz aufgrund der Anpassung des TDB-Inhaltes an neue Gegebenheiten gefährdet
so zugleich die historische Vergleichbarkeit der Leistungsdaten.
Die Betonung der nicht-finanziellen Kennzahlen ist als Ergebnis der historischen Ursprünge des TDB-Ansatzes zu sehen. Wie bereits dargelegt, war das TDB ursprünglich
primär ein kurzfristiges Kontrollinstrument zur Beherrschung von operativen Prozessen, dessen Informationen in nur sehr eingeschränktem Umfang in der Hierarchie nach
oben weitergeleitet wurden («Bottom Up» Charakter). Aus diesem operativen Führungsinstrument hat sich im Laufe der Jahrzehnte schrittweise ein Werkzeug zur Füh-
353
354
Für eine vergleichende Gegenüberstellung: Gleich (2001), 59ff.
Vergleiche hierzu: Chiapello/Delmond (1994), 54. Saulou (1996), 68.
Seite 140
Systeme der Leistungsmessung
rung von gesamten Unternehmen und Unternehmensteilen (Verantwortungsbereichen)
entwickelt, welches den operativen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zwar nach
wie vor grosse Bedeutung beimisst, durch die Ausrichtung an der Unternehmensstrategie aber viel von seinem ursprünglichen «Bottom Up»-Charakter eingebüsst hat.
Sehr deutlich wird dieser Trend etwa anhand der in Abschnitt 4.3.2.3 vorgestellten
«OVAR»-Methode, die im Grunde eine «Top Down»-Technik zum «Strategy Deployment» ist.
Diese Entwicklung ist allerdings nicht zwingend negativ zu beurteilen. Ein strikt nach
«Bottom Up»-Manier eingesetztes TDB-System würde in einem Grossunternehmen
die Schaffung einer einheitlichen Stossrichtung und die Koordination der einzelnen
Tableaux zu einer aufwendigen, wenn nicht gar unmöglichen Aufgabe machen. Auch
ist positiv anzumerken, dass der einzelne Manager in einem typischen TDB-System −
als Folge der ursprünglichen «Bottom Up»-Orientierung − nach wie vor noch grossen
Einfluss auf die Gestaltung seines persönlichen TDB ausübt, da nur ein Teil der in seinem TDB abzubildenden Informationen von oben vorgegeben ist und entlang den
Strukturpfaden der Führungshierarchie nach oben fliesst. Die Gestaltung des konkreten
Erscheinungsbildes seines «Führungscockpits» sowie die optionale Berücksichtigung
von proprietären Informationen bleiben beim TDB-Ansatz weitgehend im Aufgabenbereich des Einzelnen. Gerade in Unternehmen, die stark auf selbstverantwortliche
Mitarbeiter bauen, dürfte dieses Grundverständnis auf Akzeptanz stossen.
Kritisch anzumerken ist jedoch, dass sich das TDB bei der Deklination der Strategie an
der Verantwortungsstruktur orientiert (jedem Verantwortungsträger sein TDB), diese
gemäss seinem Grundverständnis jedoch nicht hinterfragt. Einzelne Autoren führen
zwar aus, dass es im Verlauf des Einsatzes des TDB durchaus vorkommen kann, dass
als Nebeneffekt eventuell bestehende Schwachpunkte der existierenden Verantwortungsstruktur aufgedeckt werden und dass dies in der Folge zu einer Neukonzeption
des Verantwortungsgeflechtes führen kann355, eine Optimierung von Verantwortungsverteilungen und Abläufen im Verlaufe der TDB-Entwicklung wird in der Regel aber
nicht thematisiert.356
355
356
Vergleiche hierzu etwa: Hardouin (1978), 16. De Guerny et al. (1990), 25f.
Eine Ausnahme in Bezug auf das Hinterfragen der Verantwortungsverteilung stellt die «OVAR»-Methode
dar.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 141
Dieser Schwachpunkt wird dadurch entschärft, dass das TDB nicht nur streng hierarchisch und intern ausgerichtet ist, sondern auch laterale Informationsbedürfnisse und
externe Umwelteinflüsse explizit berücksichtigt. Idealtypische Tableaux sind in der
Hierarchie nicht nur vertikal, sondern − sofern sinnvoll und machbar − auch horizontal
über gemeinsame Inhalte miteinander verknüpft. Dies verdeutlicht, dass der TDB-Ansatz, im Gegensatz zu den anderen bereits vorgestellten Leistungsmessungssystemen,
nicht nur kontrollierbare Faktoren berücksichtigt, sondern auch versucht, den einzelnen Verantwortungsträger über alle für seine Entscheidungen relevanten − sowohl
kontrollierbaren als auch nicht-kontrollierbaren − Entwicklungen auf dem Laufenden
zu halten. Nicht das «Responsibility Accounting» sondern das «Responsibility Management» bestimmt den Charakter des idealtypischen TDB.
Der TDB-Ansatz stellt daher, entsprechend seiner Analogie zu einem Armaturenbrett,
stärker die Informationsgewinnung (zum Zweck der Selbstkontrolle und Positionsbestimmung) in den Mittelpunkt als die Leistungskontrolle. Diese sehr anschauliche
Analogie zu einem Cockpit setzt sich auch in der Forderung nach extensiver Nutzung
grafischer Hilfsmittel zur Präsentation der Tableaux fort. Weiters ist positiv anzumerken, dass traditionelle Kennzahlensysteme − gleichsam als zusätzliche Anzeige im
Führungscockpit − problemlos im TDB-Ansatz integriert werden können.
Diese Offenheit gegenüber anderen Kennzahlensystemen verdeutlicht den eingangs
bereits angesprochenen multidimensionalen Charakter des TDB-Ansatzes. Die Orientierung an den meist nicht-finanziellen «Points-Clés» des betrieblichen Leistungsmodells macht das TDB vom Ansatz her zu einem rasch verfügbaren und zukunftsgerichteten Instrument, welches nicht nur die finanziellen Resultate sonder auch die
Vorlaufgrössen des finanziellen Erfolgs abzubilden vermag.
Diese Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind in der Praxis aber meist nur sehr
schwierig und langfristig erfassbar. Weiters analysieren die Veröffentlichungen zum
TDB und den «Points-Clés», also den kritischen Punkten in diesem Beziehungsgeflecht, in der Regel nur positive, einander unterstützende Kausalzusammenhänge. Negative Wechselwirkungen und Zielantinomien werden bei der Bestimmung der Leistungsindikatoren vernachlässigt oder zumindest nicht explizit erwähnt. Dies kann zu
einem System von Kennzahlen führen, welches Fehlentscheidungen verursachen oder
unerwartetes, suboptimales Managementverhalten induzieren kann.
Seite 142
Systeme der Leistungsmessung
Betreffend die für den TDB-Ansatz kennzeichnenden nicht-finanziellen Indikatoren
soll an dieser Stelle nochmals daran erinnert werden, dass diese tendenziell kostenintensiv in der Beschaffung sind, bei der Einbindung in das TDB Schnittstellenprobleme
aufwerfen, und im Falle der gleichzeitigen Berücksichtigung von finanziellen Leistungsindikatoren in einem gemeinsamen Führungsinstrument den Vorteil ihrer
schnellen Verfügbarkeit einbüssen.357
Eine bei französischen Klein- und Mittelunternehmen durchgeführte Untersuchung hat
gezeigt:358
• dass etwa die Hälfte der befragten Unternehmen über ein TDB verfügt,
• dass das TDB in der Regel hauptsächlich als operatives Führungsinstrument eingesetzt wird, dass aber 76% der Befragten das TDB zumindest gelegentlich auch zum
Zweck der strategischen Führung heranziehen,
• dass das TDB von 27% der Befragten als Mittel zur Kontrolle der Mitarbeiter abgelehnt wird,
• dass in der Praxis eine starke Ausrichtung auf finanzielle Kennzahlen vorherrscht.359
Die angeblich weite Verbreitung des TDB ist teilweise darauf zurückzuführen, dass
der Begriff «TDB» oft als Sammelbegriff für alle möglichen Kennzahlensysteme gebraucht wird, die mit einem systematisch aufgebauten, auf einige wenige Kennzahlen
limitierten Cockpit-Ansatz oft nur wenig gemeinsam haben.360 Dennoch lassen die
oben erwähnten Untersuchungsergebnisse die Schlussfolgerung zu, dass das TDB im
Sinne eines «Tableau de Bord de l’Entreprise» hauptsächlich ein Instrument der
Pilotierung für die Unternehmensleitung, allerdings mit operativer Konnotation, verkörpert. Zumindest deuten die starke Gewichtung finanzieller Kennzahlen und der
häufige Einsatz für strategische Entscheidungen in diese Richtung.
357
358
359
360
Zu den Schnittstellenproblemen (z.B. «Data Warehousing») und zur informationstechnischen Handhabung
des TDB vergleiche auch: Chiapello/Delmond (1994), 55ff. Delmond (1997).
Busson-Villa (1996), 221ff.
Vergleiche hierzu auch: Epstein/Manzoni (1997), 11.
Vergleiche hierzu auch die empirischen Ergebnisse von: Gray/Pesqueux (1993), 67.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 143
Die Ablehnung des TDB für Zwecke der Mitarbeiterkontrolle lässt vermuten, dass das
TDB in der Unternehmenspraxis tatsächlich nicht nur als Kontrollinstrument sondern
auch als ein Instrument der Pilotierung verstanden wird.361 Die untergeordnete Rolle
der nicht-finanziellen Kennzahlen relativiert jedoch die in der Theorie erhobene Forderung nach Abbildung des betrieblichen Leistungsmodells mittels Kennzahlen und auch
die tatsächliche Bedeutung extern orientierter Leistungsindikatoren wird durch die in
der Praxis festgestellte Vernachlässigung von «Benchmarking»-Informationen eher in
Frage gestellt.
Es drängt sich daher im Gesamtüberblick die Schlussfolgerung auf, dass das TDB in
der Praxis grundsätzlich für zwei unterschiedliche Führungszwecke herangezogen
wird: Einerseits als TDB der Unternehmensleitung, welches sich im Grunde nicht wesentlich von anderen Kennzahlensystemen zur Leistungskontrolle unterscheidet. Andererseits als TDB der operativen Ebene, welches ausgeprägt nicht-finanziellen Charakter besitzt und sich stark an den operativen Kausalzusammenhängen und der unmittelbaren Steuerung ausrichtet.362
Zusammenfassend betrachtet besticht das TDB durch seinen undogmatischen, flexiblen Charakter und durch seine anschauliche Präsentation. Die Betonung der Pilotierung gegenüber der Kontrolle und Konsolidierung macht den TDB-Ansatz insbesondere für Unternehmen, die stark auf selbstverantwortliche Mitarbeiter bauen, attraktiv.
Die Realisierung und Pflege eines solchen flexiblen Cockpitsystems kann in der Praxis
jedoch mit grossem zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden sein. Dies
scheint gerade auf der oberen Führungsebene in Bezug auf die Einbindung von nichtfinanziellen und extern orientierten Indikatoren zu einer Diskrepanz zwischen Theorie
und Praxis zu führen.
361
362
Dies kann aber auch als Resultat der durch Klassen- und Positionsbewusstsein stark geprägten französischen gesellschaftlichen Normvorstellungen gewertet werden, welche ein zu enges Kontrollverhalten als
despektierlich einstufen. Vergleiche hierzu: Le Maitre (1996), 110.
Vergleiche hierzu auch: Gray/Pesqueux (1993), 70.
Seite 144
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 47: Stärken und Schwächen des «Tableau de Bord»-Ansatzes
STÄRKEN
• Das TDB ist undogmatisch, sehr flexibel und an die individuellen Bedürfnisse jedes
einzelnen Managers angepasst («Bottom Up»-Charakter).
• Das TDB berücksichtigt die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen.
• Der oft nicht-finanzielle Charakter der abgebildeten Informationen erhöht die
schnelle Verfügbarkeit von Führungsinformationen und gibt Auskunft über die mögliche zukünftige finanzielle Entwicklung des Verantwortungsbereiches.
• Das TDB ist nicht streng hierarchisch und intern ausgerichtet, sondern berücksichtigt
auch laterale, prozessbedingte Informationsbedürfnisse und externe Umwelteinflüsse.
• Die Betonung der grafischen Präsentation von Informationen erhöht die Verständlichkeit.
• Die Analogie zum (Flugzeug-)Cockpit ist anschaulich und verständnisfördernd.
• Andere (z.B. finanzielle) Kennzahlensysteme können in das TDB integriert werden.
SCHWÄCHEN
• Die Ausrichtung des TDB an der Strategie ist erst jüngeren Datums und relativiert
seinen «Bottom Up» Charakter.
• Wird das TDB tatsächlich als «Bottom Up» Instrument eingesetzt, ist die Koordination der einzelnen Tableaux in Bezug auf eine einheitliche Stossrichtung und gemeinsame Sprache sehr aufwendig.
• Die tatsächlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in einem Unternehmen sind
nur schwer erfassbar.
• Die im TDB abgebildeten treibenden Faktoren geben meist nur positive
Interdependenzen wieder, Zielantinomien werden in der Regel vernachlässigt.
• Nicht-finanzielle Informationen sind teilweise sehr kostenintensiv in der Beschaffung
und bei der Einbindung in das TDB mit Schnittstellenproblemen verbunden.
• Die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung eines TDB-Systems ist sehr
aufwendig.
• Die laufende Anpassung gefährdet die historische Vergleichbarkeit.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 145
4.4 Der «Balanced Scorecard»-Ansatz
4.4.1
Ursprung und Ziele des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
Die «Balanced Scorecard» (BSC) verdankt ihren Bekanntheitsgrad einer Reihe von
Veröffentlichung von Kaplan/Norton in den frühen 90er Jahren.363 Eine ursprüngliche
Version dessen, was heute mit der BSC assoziiert wird, beginnt sich allerdings bereits
im Jahre 1988 als Ergebnis eines Beratungsauftrages der Firma KPMG PEAT MARWICK bei APPLE COMPUTER abzuzeichnen. Ziel dieser Untersuchung ist es, einige
unternehmensbezogene Schlüsselprozesse − unter ihnen die Leistungsmessung − neu
zu gestalten.
Dabei wird für das zukünftige System der Leistungsmessung der Firma APPLE COMPUTER das in Abbildung 48 dargestellte Anforderungsprofil entwickelt.364 In diesem
Profil zeigen sich bereits typische Eigenschaften der BSC, wie beispielsweise die
starke Ausrichtung auf die Strategie, die integrative Betrachtungsweise oder der vorausschauende, zukunftsorientierte Charakter.
Auf Basis dieser grundlegenden Vorstellungen wird 1990 eine Forschungsgruppe zusammengestellt, welche aus den Führungskräften von zwölf Grossunternehmen, Beratern der Firma KPMG PEAT MARWICK und dem Harvard Business School Professor Robert S. Kaplan besteht. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, ein generisches
Framework für die Leistungsmessung zu entwerfen365, wobei nicht nur der «Shareholder Value» als Finanzkennzahl, sondern auch seine treibenden Faktoren aus dem
363
364
365
Kaplan/Norton (1992a), 71ff. Kaplan/Norton (1992b), 37ff. Kaplan/Norton (1993a), 143ff. Kaplan/Norton
(1993b) 134ff. Kaplan/Norton (1996a), 75ff.
Hoffecker/Goldenberg (1994), 6. Die Autoren sind Partner bei KPMG PEAT MARWICK. Kaplan hingegen
argumentiert, dass die BSC auf ein in der Halbleiter-Firma ANALOG DEVICES entwickeltes System zur
Bewertung der Gesamtleistung des Unternehmens zurückgeht. Ob diese Entwicklung vor dem Beratungsprojekt bei APPLE COMPUTER stattfand, ist ungeklärt, da Kaplan keine zeitlichen Angaben hierzu macht.
Allerdings lässt die enge Anlehnung der ANALOG DEVICES-Scorecard an die Endfassung des BSC-Konzeptes vermuten, dass die Entwicklung der Scorecard bei ANALOG DEVICES dem Projekt bei APPLE
COMPUTER zeitlich nachgelagert ist. Zur Scorecard von ANALOG DEVICES: Kaplan (1995), 68.
Morrow (1992), 156. Hoffecker/Goldenberg (1994), 6f. Die ersten Ergebnisse dieser Studie wurden vom
Nolan Norton Institute, einer Tochtergesellschaft von KPMG PEAT MARWICK, veröffentlicht. Vergleiche
hierzu: Nolan Norton Institute (1990).
Seite 146
Systeme der Leistungsmessung
nicht-finanziellen Bereich («Quality», «Time» und «Service» als Einflussgrössen des
ultimativen «Value Drivers» Kundenzufriedenheit) eingebunden werden sollen.366
Die Einbindung von Kaplan in diese Arbeitsgruppe geschieht dabei nicht zufällig,
sondern ist vor dem Hintergrund einer Reihe von Forderungen zu sehen, welche dieser
bereits in früheren Veröffentlichungen erhebt: So kritisiert Kaplan beispielsweise die
fehlende Anpassung der Kostenrechnung an neue Fertigungskonzepte wie «Total Quality Management» oder «Just In Time»-Systeme367, bemängelt die Aussagekraft von
finanziellen Leistungsindikatoren und fordert die Berücksichtigung von multiplen
Leistungsindikatoren368 zur Beurteilung der Performance von Divisionen.
Abbildung 48: Angestrebtes Leistungsmessungssystem bei APPLE COMPUTER
ZEITHORIZONT
………………….………..
intern
operativ
PERSPEKTIVE
REICHWEITE
x
x
x
x
x
kurzfristig
FOKUS
………………………………..…...
lokal
viele
ANZAHL INDIKATOREN
CHARAKTER …………………………..…...
VERBINDUNG ZUR STRATEGIE ………..
VERBINDUNG ZUR BELOHNUNG
“real time”
qualitativ
x
dauerhaft
x
x
x
in Konflikt
flexibel
verbunden
stark verbunden
x hoch
gering
x
INTEGRATION ……………………………..…... gering
INTERPRETATIONS-EBENE
………..…...
gering
VORHERSAGEKRAFT
… Apple 1988
x
berichten
funktional
VERANTWORTUNG
informations-basiert
x hoch
gering
EFFIZIENZ
hoch
x
daten-basiert
QUALITÄT
368
wenige
keine Verbindung
ZUVERLÄSSIGKEIT
367
global/integriert
starr
HANDHABBARKEIT
366
strategisch
x
quantitativ
vergänglich
STABILITÄT DER INDIKATOREN
extern
x
historisch
RECHTZEITIGKEIT
langfristig
x
analysieren
unternehmensweit
x hoch
x … zukünftiges System der Leistungsmessung
Vergleiche hierzu: Geanuracos/Meiklejohn (1993), 49f und 52f.
Kaplan (1983). Kaplan (1984b). Kaplan (1986).
Zu den multiplen Leistungsmessungssystemen vergleiche: Kaplan (1984a), 413. Kaplan (1988), 66. Der
Begriff «multipel» kann in diesem Zusammenhang als Synonym für den Begriff «mehrdimensional» verwendet werden.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 147
Kaplan schlägt zu diesem Zweck beispielsweise die Berücksichtigung von nicht-finanziellen Kennzahlen zur Produktinnovation, zur Produktführerschaft, zu den Mitarbeiterfähigkeiten, zur Arbeitsmoral oder zur Kundentreue vor und fordert, dass das Management Accounting an die ganz spezifischen Wertvorstellungen und strategischen
Ziele eines Unternehmens angepasst werden sollte.369 Diese Gedanken werden unter
anderem auch im Buch «Relevance Lost − The Rise and Fall of Management Accounting», einem frühen Standardwerk zur Prozesskostenrechnung, detailliert ausgeführt.370
Die Ideen von Kaplan, die praktische Beratungserfahrung von KPMG PEAT MARWICK und der Input der hinzugezogenen Manager führen schliesslich zur Entwicklung der BSC, welche in der Folge von Kaplan/Norton in einer Reihe von Harvard Business Review-Artikeln sowie in Buchform371 vorgestellt wird. Grundsätzliches Ziel
dieses Ansatzes ist es, ausgehend von der Vision und Strategie eines Unternehmens
ein Set von Leistungsindikatoren zu schaffen, welches dem Top Management einen
schnellen, aber dennoch möglichst umfassenden Überblick über das jeweilige Geschäft
geben soll und langfristige strategische Ziele in kurzfristig messbare Kennzahlen umsetzt.372 Ausgangspunkt der Scorecard ist dabei gemäss Kaplan “die Schaffung eines
langfristigen wirtschaftlichen Wertes als oberste Zielsetzung des Unternehmens.”373
Nach dieser Auffassung sind finanzielle Monats-, Quartals- oder Jahreskennzahlen
noch immer wertvoll für den Bericht der aktuellen Unternehmensentwicklung, sie
sollten jedoch um die treibenden Faktoren der zukünftigen finanziellen Leistung ergänzt werden, welche insbesondere im nicht-finanziellen Bereich zu suchen sind. Die
BSC betrachtet zu diesem Zweck die Unternehmensleistung aus vier Perspektiven
(siehe Abbildung 49): aus der finanziellen Perspektive, aus der Kundenperspektive,
aus der Lern- und Entwicklungsperspektive und aus der Perspektive der internen Geschäftsprozesse.374
369
370
371
372
373
374
Kaplan (1984a), 413f.
Johnson/Kaplan (1991). Die Erstauflage dieses Werkes erschien bereits im Jahr 1987.
Kaplan/Norton (1996b). Zur Übersetzung in die deutsche Sprache: Kaplan/Norton (1997a). Kaplan/Norton
(2001). Zu den frühen Harvard Business Review-Artikeln siehe Fussnote 363.
Kaplan/Norton (1992a), 71. Kaplan/Norton (1993b), 134.
Kaplan (1995), 68. Kaplan/Norton (1997a), 8.
Kaplan/Norton (1992a), 72. Kaplan/Norton (1997a), 9.
“Wie sollen
wir gegenüber unseren
Kunden auftreten, um
unsere Vision
zu verwirklichen?”
Ziele
375
Ziele
Ziele
MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen
Lernen und Entwicklung
“In welchen
Geschäftsprozessen
müssen wir die
besten sein,
um Teilhaber
und Kunden zu
befriedigen?”
MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen
Finanziell
VISION,
STRATEGIE
“Wie können
wir unsere
Veränderungsu. Wachstumspotentiale
fördern, um
unsere Vision
zu verwirklichen?”
MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen
Kunde
“Wie sollen
wir gegenüber Teilhabern auftreten, um
finanziellen
Erfolg zu
haben?”
Ziele
MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen
Interne Geschäftsprozesse
Seite 148
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 49: Die «Balanced Scorecard»375
In Anlehnung an: Kaplan/Norton (1996b), 76. Kaplan/Norton (1997), 9. Für einen zusammenfassenden
Überblick zur konkreten Ausgestaltung der Balanced Scorecard in unterschiedlichen Anwendungsgebieten:
Krey (2003).
Systeme der Leistungsmessung
4.4.2
Seite 149
Inhalte und Methoden des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
4.4.2.1 Die Strategie im Zentrum
Die Beifügung weiterer Perspektiven zur finanziellen Perspektive hat die Funktion,
eine zu sehr finanzlastige Leistungsmessung zu verhindern und eine ausgewogene
Leistungsbeurteilung zu ermöglichen. Daher der Zusatz «Balanced» zum Begriff
«Scorecard», welcher aus der Welt des Sports entliehen ist und an eine Punktetabelle
(«Scorecard») beziehungsweise an eine Anzeigetafel («Scoreboard») erinnern soll.376
Im Zentrum des Interesses stehen hierbei die Vision und die Strategie des jeweiligen
Unternehmens beziehungsweise der jeweiligen Geschäftseinheit. Eine Scorecard kann
gemäss Kaplan/Norton prinzipiell entweder für das gesamte Unternehmen oder aber
für jede Geschäftseinheit erstellt werden, welche idealerweise über ein gewisses Mass
an Autonomie über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg verfügt (z.B. eigene
Entwicklung, eigene produktive Prozesse, eigenes Marketing) und als «strategische
Geschäftseinheit» bezeichnet werden kann.377 Die Strategie und die Vision formulieren für diese Geschäftseinheit die langfristigen Entwicklungsvorstellungen und die
beabsichtigte Stossrichtung und dienen als Ausgangspunkt für die Erstellung einer
BSC. Die Vision formuliert hierbei das langfristig angestrebte Entwicklungsziel des
Unternehmens, die Strategie hingegen wird als ein Set von Hypothesen über die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge interpretiert, welches das spezifische Unternehmen
in Richtung Vision dirigiert.378 Bei der Erstellung der BSC wird so vorgegangen, dass
für jede der in Abbildung 49 angeführten vier generischen Perspektiven ausgehend
von der Strategie eine limitierte Anzahl von konkreten Zielen («Objectives»), Kennzahlen («Measures»), Vorgaben («Targets») und Massnahmen («Initiatives») abgeleitet wird.379
Die ursprünglichen Veröffentlichungen zur BSC konzentrieren sich auf den Aspekt der
Leistungsmessung380 und schlagen die Definition von bis zu insgesamt 25 Kennzahlen
376
377
378
379
380
Eine deutsche (aber nicht sehr etablierte) Übersetzung für BSC lautet «ausgewogener Berichtsbogen». Zu
dieser Beobachtung: Horvath et al. in Kaplan/Norton (1997a), 19 (Anmerkung 1).
Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1993b), 138. Kaplan/Norton (1997b), 9.
Kaplan/Norton (1996a), 84. Kaplan/Norton (1997b), 5.
Kaplan/Norton (1996b), 76. Kaplan/Norton (1997a), 9.
Vergleiche hierzu: Kaplan (1992t). Kaplan (1993p). Die Schnittstelle zur Budgetierung findet hingegen nur
wenig Beachtung. Zu dieser Beobachtung: Oehler (2002), 85.
Seite 150
Systeme der Leistungsmessung
(drei bis sieben Kennzahlen per Perspektive) vor.381 Diese Leistungsindikatoren sollen
durch ihre Anbindung an die Strategie und durch die Berücksichtigung von nicht-finanziellen Informationen zu leistungstreibenden Faktoren eine stärkere Orientierung
an der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens aufweisen als dies bei rein ergebnisorientierten finanziellen Kennzahlensystemen in der Regel der Fall ist. So empfehlen Kaplan/Norton, die Vision oder Strategie einer Einheit über die Analyse der kritischen (meist nicht-finanziellen) Erfolgsfaktoren in Kennzahlen zu übersetzen (siehe
Abbildung 50).382 Diese Umsetzung erfolgt meist in einem «Top Down»-Prozess.383
Abbildung 50: Von der Strategie zu den Leistungsindikatoren
Was ist
unsere Vision
der Zukunft?
Falls unsere
Vision Erfolg
hat, wie verändern wir uns?
VISION,
STRATEGIE
gegenüber den
Teilhabern
gegenüber den
Kunden
Finanziell
Kunden
in Bezug auf
interne
Prozesse
in Bezug auf
unsere Lern- und
Wachstumsfähigkeit
Interne Geschäftsprozesse
Lernen und
Entwicklung
Welches sind die
kritischen Erfolgsfaktoren?
Welches sind die
kritischen Kennzahlen?
BALANCED SCORECARD
381
382
383
Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1992a), 135. Morrow (1992), 157. Kaplan/Norton (1996c), 68.
Kaplan/Norton (1993b), 139. Vergleiche hierzu aber auch: Kaplan/Norton (2001), 245. Die Autoren veranschaulichen hier anhand der Balanced Scorecard explizit den Schnittstellencharakter des Leistungsmanagements zwischen Strategie und betrieblichen Prozessen wie er auch aus Abbildung 6 auf Seite 27 ersichtlich ist. Für konzeptionelle Ansätze zur Ausgestaltung dieses Übersetzungsprozesses: Hoffmann (1999),
87ff. Wunderlin (1999). Grüner (2001), 164ff.
Vergleiche hierzu: Töpfer et al. (2002), 83.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 151
4.4.2.2 Die Kundenperspektive
In der Kundenperspektive etwa werden aus Sicht der eingeschlagenen Strategie diejenigen Leistungsmerkmale erfasst, die nach Meinung des Unternehmens für den Kunden tatsächlich von Bedeutung sind und somit einen konkreten Beitrag zur Schaffung
von Kundennutzen («Value Proposition») leisten können. Diese Kennzahlen können
grundsätzlich auf die Bereitstellung von in Bezug auf Einzigartigkeit, Funktionalität,
Qualität, Preis oder Rechtzeitigkeit besonders attraktiven Produkten und Dienstleistungen, auf die Schaffung von Image und Reputation beim Kunden, sowie auf die generelle Qualität der Kundenbeziehungen abzielen.384
Beispiele für mögliche ursachenorientierte Leistungsindikatoren zur Kundenperspektive sind etwa Lieferzeiten, die Liefertreue, Auftragsbearbeitungszeiten, die Anzahl
Kundenreklamationen, das Niveau der Verkaufspreise im Vergleich zu Konkurrenzprodukten oder die Anzahl Kundenkontakte. In späteren Veröffentlichungen ergänzen
Kaplan/Norton diese ursachenorientierten Leistungsindikatoren durch ergebnisorientierte Indikatoren, welche verstärkt die Resultate der Interaktion mit den Kunden abbilden. Die entsprechenden Kennzahlen können in den Bereichen Marktanteil beziehungsweise Lieferanteil bei einem bestimmten Kunden, Kundenakquisition, Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität («Customer Retention») und Kundenprofitabilität gefunden werden.385
4.4.2.3 Die Perspektive der internen Geschäftsprozesse
Kundennutzen kann gemäss Kaplan/Norton nur erzeugt werden, wenn die zu Grunde
liegenden internen Prozesse und Abläufe beherrscht werden. Die intern orientierten
Leistungsindikatoren sollten daher von Geschäftsprozessen abgeleitet werden, die einen direkten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit ausüben. Als Anknüpfungspunkt
dient hier gemäss Kaplan/Norton die Identifikation und Messung von Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien, welche ihrerseits wiederum zu Einflussfaktoren wie
beispielsweise Durchlaufzeiten, Mitarbeiterfähigkeiten, Qualität oder Produktivität
384
385
Kaplan/Norton (1992a), 73. Zur «Value Proposition»: Kaplan/Norton (1996c), 61f.
Für frühe Beispiele zu ausformulierten «Scorecards» mit Kennzahlen zu allen vier Perspektiven siehe: Kaplan/Norton (1992a), 76. Morrow (1992), 157. Kaplan/Norton (1993b), 136. Kaplan/Norton (1996a), 76.
Kaplan/Norton (1996c), 58ff. Kaplan/Norton (1996b), 63ff. Kaplan/Norton (1997a), 62ff.
Seite 152
Systeme der Leistungsmessung
führen. Dieses Vorgehen dient dazu, die Einschätzungen und Erwartungen der Unternehmensführung in Bezug auf interne Schlüsselprozesse und Kernkompetenzen über
die Leistungsindikatoren (als Steuerungs- und Kommunikationsinstrumente) mit den
Handlungen der einzelnen Mitarbeiter zu verknüpfen und für alle Hierarchieebenen
klare Vorgaben für Handlungen, Entscheidungen und Verbesserungen innerhalb des
Unternehmens zu formulieren.386
Die Kennzahlen dieser Leistungsperspektive hängen hier insbesondere von den konkreten Stärken (bzw. Fähigkeiten) und Schwächen des jeweiligen Unternehmens ab
und können demnach so verschieden sein wie die Unternehmen selbst. Beispiele für
mögliche Leistungsindikatoren sind etwa Durchlaufzeiten, Stückkosten, Kennzahlen
zur Wirtschaftlichkeit und Produktivität, Stehzeiten, Defektraten, Überarbeitungskosten aufgrund von Produktionsfehlern, die Anzahl Arbeitsunfälle oder sonstige Indikatoren zur Termingenauigkeit und Qualität von internen Prozessen.
4.4.2.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive
Die Lern- und Entwicklungsperspektive baut darauf auf, dass sich die beiden in Abschnitt 4.4.2.2 und in Abschnitt 4.4.2.3 diskutierten Perspektiven in ständiger Veränderung befinden. Kaplan/Norton argumentieren unter Benutzung des Stichwortes «Continuous Improvement», dass nur diejenigen Unternehmen ihren Wert steigern können,
die sich ständig erneuern und über ausreichend Innovationskraft verfügen, um ständig
neue Produkte zu entwickeln, Prozesse zu verbessern und somit neuen Kundennutzen
zu schaffen. Auf diese Weise können neue Märkte erschlossen sowie Umsätze und
Margen verbessert werden, was wiederum zum Wachstum des Unternehmens und zur
Steigerung des «Shareholder Value» beiträgt.387 Die ursprünglichen treibenden Faktoren der Innovation und des langfristigen Wachstums sind gemäss Kaplan/Norton in
den Mitarbeitern, in (Informations-) Systemen und in organisatorischen Abläufen zu
suchen.388
386
387
388
Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1992a), 74f.
Kaplan/Norton (1992a), 75f.
Kaplan/Norton (1996c), 64.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 153
Anknüpfungspunkte für Leistungsindikatoren können aus dieser Perspektive daher vor
allem im Bereich der Produkt- und Prozessinnovation, im Forschungs- und Entwicklungsbereich, sowie im Bereich der Verbesserung der Infrastruktur gefunden werden.
Beispiele für Kennzahlen sind etwa die Entwicklungszeiten für neue Produktgenerationen, die Zeit, die in der Produktion bis zur Beherrschung neuer Prozesse oder Technologien benötigt wird, der Anteil neuer Produkte am Gesamtumsatz, der Anteil neuer
Märkte am Gesamtumsatz, Produkteinführungszeiten im Vergleich zur Konkurrenz,
die Anzahl Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern, die Mitarbeiterzufriedenheit,
die Mitarbeiterweiterbildung oder die Verfügbarkeit von kritischen Informationen.
4.4.2.5 Die finanzielle Perspektive
Kaplan/Norton betrachten die finanzielle Perspektive als das Resultat der leistungstreibenden Prozesse, welche in der Kundenperspektive, in der Perspektive der internen
Geschäftprozesse und in der Lern- und Entwicklungsperspektive abgebildet werden.
Diese drei eher nicht-finanziell orientierten Perspektiven repräsentieren die Vorstellungen der Unternehmensleitung in Bezug auf Geschäftszusammenhänge und Kernerfolgsfaktoren und stehen daher mit der finanziellen Perspektive in einem UrsacheWirkungs-Zusammenhang. Der gesamte kausale Geschäftszusammenhang führt gemäss Kaplan/Norton in der Regel wie ein Vektor von den Leistungstreibern («Leading
Indicators») in den nicht-finanziellen Perspektiven zu den Resultaten («Lagging Indicators») in der finanziellen Perspektive (siehe beispielsweise Abbildung 51).389 Die
Einschätzungen, welche dieser Kausalkette zu Grunde liegen, können aber falsch oder
mangelhaft sein. Die finanzielle Perspektive dient hier als finale Prüfgrösse: Verbessert sich zwar die operative Leistung in einem Unternehmen (z.B. gemessen anhand nicht-finanzieller Leistungsindikatoren), spiegeln sich diese operativen Verbesserungen aber nicht in den finanziellen Resultaten und in der Marktstellung eines Unternehmens wieder, so sollte das Management gemäss Kaplan/Norton die eingeschlagene
Strategie, die angenommenen kausalen Zusammenhänge sowie die angeordneten
Massnahmen neu überdenken.390
389
390
Kaplan/Norton (1997b), 6. Für alternative Bezeichnungen für Ergebnis- und Ergebnistreiberkennzahlen
vergleiche: Gleich (2001), 221.
Kaplan/Norton (1992a), 77f. Kaplan/Norton (1997b), 7f.
391
Verlagerung
auf geeigneten
Absatzkanal
Zugang zu
strategischer
Information
Mitarbeiterzufriedenheit
erhöhen
wechselseitige
Unterstützung der
Produktlinien
individuelle
Zielsetzungen
anpassen
Probleme
minimieren
kurze
Reaktionszeiten
gewährleisten
Interne Prozesse
strategische
Fähigkeiten
entwickeln
neue
Produkte
entwickeln
Kunden
Kundensegmente
verstehen
Steigerung der
Kundenzufriedenheit
durch hervorragende
Abläufe
operative Effizienz
verbessern
Finanziell
Steigerung des
Vertrauens der
Kunden in unsere
Finanzberatung
Umsatz-Mix
verbreitern
“Verbesserung der operativen Effizienz durch
Verlagerung der Kunden auf kosteneffektivere
Distributionskanäle”
“Reduktion der Gewinnvolatilität durch Erschliessung
neuer Umsatzquellen auf Basis der heutigen
Kunden”
Erträge
steigern
PRODUKTIVITÄTS-STRATEGIE
UMSATZWACHSTUMS-STRATEGIE
Seite 154
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 51: Die Ursachen-Wirkungs-Kette am Beispiel einer Bank391
Lernen & Entwicklung
Diese Grafik beruht auf dem Beispiel einer Bank. Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1996c), 69ff. Für ein
Beispiel aus dem Produktionsbereich von PHILIPS siehe: Dusch/Möller (1997), 118f. Für ein weiteres Beispiel aus dem Dienstleistungsbereich: Niven (2003), 234f. Für eine Anleitung zur Erstellung der UrsachenWirkungs-Ketten: Horváth & Partner (2001), 179ff. Ittner/Larcker (2004), 77ff.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 155
Als Leistungsindikatoren der finanziellen Perspektive kommen finanzielle Kennzahlen
wie zum Beispiel Cash Flow, Umsatz pro Segment, Umsatzwachstum, Auftragsbestand, Investitionsvolumen in Prozent des Umsatzes, Kosten im Vergleich zur Konkurrenz, Kostensenkungen im Vergleich zur Vorperiode, Gewinn, Margen, Return on Investment, Return on Equity, Shareholder Value oder Economic Value Added in Frage.
Es erschliesst sich grundsätzlich die gesamte Bandbreite von Finanzkennzahlen. Die
konkrete Wahl der Indikatoren sollte dabei nach Meinung von Kaplan/Norton von der
Lebenszyklusphase, in welcher sich die untersuchte Einheit befindet («Rapid Growth»,
«Sustain», «Harvest»), beeinflusst werden und kann sich auf die drei generellen Stossrichtungen «Umsatzwachstum und Umsatzmix», «Kostenreduktion und Produktivitätssteigerung» oder «Kapazitätsausnutzung und Investitionsstrategie» beziehen.392
4.4.2.6 Die «Scorecard» als Instrument des strategischen Managements
Ausgehend von dieser ursprünglichen Fokussierung auf die Leistungsmessung haben
Kaplan/Norton in späteren Veröffentlichungen darauf hingewiesen, dass die BSC nicht
nur ein Ansatz zur Leistungsmessung ist, sondern vielmehr ein umfassenderes Instrument des strategischen Managements darstellt (siehe Abbildung 52).393 So hilft die
BSC gemäss Kaplan/Norton, die Vision und Strategie eines Unternehmens über ein
integriertes Set von Zielen und Kennzahlen klar und verständlich abzubilden und erleichtert dadurch gleichzeitig auch die Konsensfindung auf den obersten Führungsebenen. Über diese Kennzahlen wird nach Meinung der beiden Autoren auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Hierarchieebenen unterstützt: Unternehmensziele,
Divisionsziele und individuelle Ziele einzelner Mitarbeiter394 können auf eine gemeinsame Strategie hin ausgerichtet und durch Anbindung an ein abgestimmtes Anreizsystem noch weiter verdeutlicht werden.395 Über die Bestimmung von Vorgaben und
Meilensteinen als Bezugswerte für die Leistungsmessung können auf diese Weise
strategische Massnahmen initiiert, geplant, konkretisiert, koordiniert und integriert
werden.
392
393
394
395
Kaplan/Norton (1996c), 56ff.
Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1996a).
Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zur Verantwortungsdimension des «Leistungswürfels» in Abschnitt 2.2. Die Erstellung einer Balanced Scorecard sollte daher eher als Koordinations- denn als
Designaufgabe interpretiert werden. Vergleiche hierzu: Lohmann et al. (2004).
Für praktische Beispiele zum «Balanced Gehalt»: Kaplan/Norton (2001), 225ff. Niven (2003), 330ff.
Seite 156
Systeme der Leistungsmessung
Die Verwendung der kurzfristig reagierenden und ebenso schnell erfassbaren nichtfinanziellen Indikatoren führt gemäss Kaplan/Norton dazu, dass Geschäftsstrategien
und deren Implementierung kontinuierlich überprüft, strategisch wichtige Zusammenhänge und Veränderungen erkannt und die so gewonnen Erfahrungen und Erkenntnisse rasch in Anpassungen und Verbesserungen umgesetzt werden können. Durch die
Analyse der Korrelationen und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen BSC-Indikatoren soll das der Strategie des Unternehmens zu Grunde liegende Leistungsmodell
dabei ständig hinterfragt und so einem Lernprozess unterzogen werden − ein Prozess,
der in grossen Unternehmen nach Meinung der beiden Autoren mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.396
Abbildung 52: Die BSC als Instrument des strategischen Managements397
Formulierung der
Vision, Strategie
- Verdeutlichung der
Vision
- Konsensfindung
Feedback und
Lernen
- Artikulation der gemeinsamen Vision
- strategisches Feedback
- Strategieüberprüfung
und Lernen erleichtern
Kommunikation
und Verbindung
BALANCED
SCORECARD
- Kommunikation und
Ausbildung
- Festlegen von Zielen
- Kennzahlen mit
Anreizen verknüpfen
Planung
- Vorgaben bestimmen
- Koordination strategischer Massnahmen
- Ressourcenallokation
- Meilensteine festlegen
396
397
Kaplan/Norton (1996a), 84.
Kaplan/Norton (1996a), 77. Vergleiche hierzu auch die Funktionen der Leistungsmessung in Abschnitt 3.4.
Systeme der Leistungsmessung
4.4.3
Seite 157
Beurteilung des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
Einer der Hauptvorteile der BSC ist darin zu sehen, dass sie als Konzept der Leistungsmessung darauf ausgerichtet ist, ein ausgewogenes Bild der Unternehmensentwicklung zu zeichnen: Die finanziellen Resultate werden durch Informationen zu
leistungstreibenden, in der Regel nicht-finanziellen Vorlaufgrössen aus den Perspektiven Kunden, interne Geschäftsprozesse sowie Lernen und Entwicklung ergänzt. Dabei
wird nicht − wie etwa beim ROI-Baum − ein einheitliches Kennzahlensystem auf verschiedenste Unternehmen angewendet, sondern die Wahl der Leistungsindikatoren
passt sich, zumindest innerhalb der vier generischen Perspektiven, an die spezifischen
Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens an.
In den ursprünglichen Veröffentlichungen zur BSC plädieren Kaplan/Norton jedoch
auf eine Art und Weise für eine Konzentration auf diese vier Perspektiven, die als
dogmatisch bezeichnet werden kann. Unterstützt durch die anschaulichen Ausführungen der beiden Autoren kann dies zu einer unkritischen Übernahme dieser Klassifikation verleiten. Es sind allerdings die Autoren selbst, die in späteren Veröffentlichungen diese vierteilige Klassifikation relativieren: “Es existiert kein mathematisches
Theorem, welches besagt, dass vier Perspektiven sowohl notwendig als auch ausreichend sind.”398
Ursache für diese Weiterentwicklung ist die Kritik an der Einschränkung auf vier Perspektiven und abweichende BSC-Einführungen in der Praxis. So kann kritisiert werden, dass die BSC zwar die Interessen von Eigentümern und Kunden berücksichtigt,
dass jedoch die Interessen anderer Anspruchsgruppen − wie etwa die der Mitarbeiter,
der Lieferanten oder der Gesellschaft − nicht explizit thematisiert werden.399 Diese
Kritik wird dadurch bestärkt, dass beispielsweise Firmen wie ABB oder INFINEON
Balanced Scorecards entwickelt haben, welche die Mitarbeiter als fünfte Perspektive
auflisten400, und andere Firmen401 und Autoren402 ebenso weitere Dimensionen ergänzt
haben.
398
399
400
Kaplan/Norton (1997b), 8.
Kaplan/Norton versuchen diese Kritik zu umgehen, indem sie die Mitarbeiter als treibende Faktoren von
Lern- und Innovationsprozessen sehen und der diesbezüglichen Perspektive zuordnen. Weiters führen die
beiden Autoren aus, dass nicht jede Anspruchsgruppe strategisch relevant ist und automatisch in die BSC
aufgenommen werden muss. Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1997b), 8.
Vergleiche hierzu: Ewing (1995), 8ff. Kötzle/Weiss (2002).638ff.
Seite 158
Systeme der Leistungsmessung
Ungeachtet der Diskussion in Bezug auf die Anzahl und Ausgestaltung der Perspektiven ist jedoch als positiv zu vermerken, dass die BSC die individuelle Vision und
Strategie eines Unternehmens in den Mittelpunkt der Leistungsmessung stellt und dies
auch explizit zum Ausdruck bringt. Reine Finanzkennzahlen wie der ROI oder der
EVA können zwar auch in einem BSC-Modell zentrale Bedeutung erlangen, zu einem
unternehmensübergreifend allgemeingültigen Standardziel werden sie aber nicht erhoben.
Über die Berücksichtigung und Hinterfragung der bereits angesprochenen spezifischen
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verkörpert die BSC im Idealfall eine Art Checklist und anschauliches Kommunikationsinstrument, um die individuelle Unternehmensstrategie für alle Hierarchiestufen bis auf ein integriertes, in sich stimmiges System von Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Massnahmen herunter zu brechen. Problematisch ist dabei, dass die tatsächlichen Kausalzusammenhänge, welche schliesslich zur Unternehmensleistung führen, in der Regel schwer erfassbar und quantifizierbar sind und daher meist nur hypothetischen Charakter besitzen. Wie bereits oben erwähnt, sind Kaplan/Norton selbst der Meinung, dass der diesbezügliche Abklärungsprozess Jahre dauern kann und Feldstudien zeigen, dass die Einführung einer Balanced
Scorecard nicht zwingendermassen zur Verbesserung der Finanzresultate führt.403
Zieht man in Betracht, dass diese Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge keine stabilen
Beziehungen sind, sondern im Zeitablauf auch Veränderungen unterworfen sind, dann
wird die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung einer BSC zu einem langfristigen und kontinuierlichen Projekt, welches zwar Lernprozesse und Verbesserungen unterstützt, dass aber gleichzeitig auch sehr kostspielig in der Nutzung wird.404
401
402
403
404
Vergleiche hierzu Speckbacher et al. (2003). Die Autoren zeigen im Rahmen einer empirischen Erhebung
zur BSC, dass 17% der befragten Unternehmen die BSC aus mehr als vier Perspektiven zusammensetzen,
dass einzelne Firmen aber auch weniger als vier Perspektiven verwenden.
Für ein weiterentwickeltes Konzept vergleiche beispielsweise: Maltz et al. (2003), welche im «Dynamic
Multi-Dimensional Performance Framework» die BSC um die fünfte Perspektive «Zukunft» erweitern.
Vergleiche aber auch: Welge/Lattwein (2002), 459.
Vergleiche hierzu: Davis/Albright (2003). In einer empirischen Studie wird gezeigt, dass die finanzielle
Performance von Bankfilialen nicht signifikant durch die Einführung einer Balanced Scorecard verbessert
wurde. Vergleiche ebenso: Braam/Nijssen (2004).
Für empirische Erhebungen hierzu: Töpfer et al. (2002), 82.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 159
Dabei können gerade die nicht-finanziellen Informationen (z.B. Kundenzufriedenheit,
Mitarbeiterzufriedenheit), welche im generischen Grundmodell immerhin drei der vier
Perspektiven der BSC dominieren, teilweise sehr aufwendig in der Beschaffung und
Verwaltung sein.405 Insbesondere wenn die BSC in einem elektronischen Informationssystem − z.B. als PC-basiertes Führungs-Cockpit406 − abgebildet wird, können
gerade bei den nicht-finanziellen Informationen, welche nicht direkt den bestehenden
Kostenrechnungs- oder Buchhaltungssystemen entnommen werden können, Schnittstellenprobleme zu einem entscheidenden Faktor werden. Wenn die Dateneingabe hier
nicht vorwiegend manuell (und somit zeit- und kostenintensiv) vor sich gehen soll,
dann ist es notwendig, dass die relevanten Datensätze in einer Datenbank abgespeichert und zugänglich sind und dass der Datentransfer zwischen den verschiedenen
Systemen stattfinden kann. Solche «Schnittstellenprobleme», welche dem Themenkreis «Data Warehousing» zuzuordnen sind, sind hauptsächlich technischer Natur, ihre
praktische Bedeutung für das Leistungsmanagement sollte jedoch nicht ignoriert oder
unterschätzt werden.407
Ebenso ist die Kombination von finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren in einem gemeinsamen Leistungsmessungssystem nicht unproblematisch. Es entsteht dadurch einerseits zwar ein umfassenderes Bild der Unternehmensentwicklung
als bei Berücksichtigung rein finanzieller Leistungsindikatoren, andererseits kann der
Vorteil der schnellen Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Indikatoren bei Einbindung
in ein BSC-Gesamtkonzept gefährdet werden: Auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt ist, so erwecken die Veröffentlichungen von Kaplan/Norton den Eindruck, dass
im generischen Grundmodell alle vier Perspektiven der Balanced Scorecard in einem
integrierten System zeitgleich verfügbar gemacht werden sollten. Die nicht-finanziellen Indikatoren unterliegen in der Regel aber kurzfristigeren Schwankungen und sind
oft schneller verfügbar als die Resultate der finanziellen Perspektive. Bestimmt die
finanzielle Perspektive die Periodizität der BSC und werden keine weiteren Leistungsberichte erfasst, so kann dies folglich die zeitliche Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Leistungsindikatoren beeinträchtigen.
405
406
407
Für praktische Erfahrungen hierzu vergleiche beispielsweise: Niedermeyer et al. (2002), 177.
Wie z.B. bei ABB in Schweden. Vergleiche hierzu: Ewing (1995),
Zu dieser Beobachtung: Ewing (1995), 23. Zum «Data Warehousing» siehe etwa: Gilmozzi (1998). Kurz
(1999). Zu den Anforderungen der Leistungsmessung an das «Data Warehousing»: Rödler et al. (2003),
145ff. Zur Rolle der IT für die Balanced Scorecard: Edwards (2001), 3ff. Herde (2004).
Seite 160
Systeme der Leistungsmessung
Dieses Problem kann in der praktischen Anwendung der BSC umgangen werden, indem nicht alle Indikatoren zwingend zeitgleich (z.B. quartalsweise, monatlich, täglich)
aktualisiert werden.408 Es kann daher unter Umständen Sinn machen, die Veränderungen bei den nicht-finanziellen Indikatoren öfter und schneller abzubilden (z.B.
wöchentlich, täglich) als dies bei den Indikatoren der finanziellen Perspektive der Fall
ist. Dies würde bedeuten, dass sich das Managementinteresse kurzfristig auf hauptsächlich nicht-finanzielle «Scorecards» als Führungsinstrumente fokussiert, dass aber
in periodischen Abständen, die sich nach der Verfügbarkeit der Daten richten, die finanzielle Perspektive als Kontrollperspektive ergänzt (bzw. aktualisiert) wird, um die
BSC zu vervollständigen und tatsächlich ausgewogen zu machen.409
Auch propagieren Kaplan/Norton die BSC wiederholt als Instrument des strategischen
Managements, und erwecken dabei den Eindruck, dass es sich bei der BSC nicht um
einen simplen (wenn auch durchdachten) Ansatz zur Zusammenstellung und Verwendung von Kennzahlen für die Leistungsmessung, sondern vielmehr um ein neuartiges
System des strategischen Managements handelt.410 Als Argumente hierfür führen die
beiden Autoren an, dass der BSC-Ansatz (im Sinne einer Konkretisierung) die Formulierung von integrierten Zielen unterstützt, dass diese Ziele mittels strategieorientierten
Kennzahlen kommuniziert und über Zielvorgaben operationalisiert werden und
schliesslich Aussagen über die globalen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen (oder in der strategischen Geschäftseinheit) erlauben.411 Dabei liegt der primäre Einsatzbereich der BSC gemäss Norton/Kaplan aber mehr in der Strategieimplementierung als in der Strategieformulierung.412
408
409
410
411
412
Vergleiche als Beispiel hierzu die Ausführungen zu den «Non-financial Scorecards» bei Siemens-Nixdorf:
März (1997).
Vergleiche hierzu aber auch Günther/Grüning (2002), 10. Die Autoren stellen fest, dass bei «klassischen»
(finanziellen) Messobjekten die Berichtszyklen kürzer sind als bei «modernen» (nicht-finanziellen)
Messobjekten und erklären dies damit, dass diese sich unterjährig weniger stark verändern (z.B. Mitarbeiterzufriedenheit, Kundenzufriedenheit).
Vergleiche hierzu z.B. Kaplan/Norton (1996a), 75: “Recently, we have seen some companies move beyond
our early vision for the scorecard to discover its value as the cornerstone of a new strategic management
system.” Siehe auch Kaplan/Norton (1997b), 5: “Our experience is that the best balanced scorecards are
more than collections of critical indicators or key success factors.”
Vergleiche hierzu: Abbildung 52 auf Seite 156. Vergleiche aber auch: Reichmann (2001), 598.
Kaplan/Norton (1996c), Fussnote 5. Kaplan/Norton (1997b), 10.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 161
Dies ist allerdings keine neue Erkenntnis oder Weiterentwicklung im Bereich der
Leistungsmessung: Jedes Set von Kennzahlen, welches vorgibt, sich an der Strategie
des Unternehmens zu orientieren, wird per Definition zu einem strategischen Instrument. Wie bereits zu den Funktionen der Leistungsmessung ausgeführt wurde, dient
auch jeder Vorgang der Leistungsmessung nicht nur der Beobachtung und Kontrolle
(inklusive «Feed Back»), sondern auch der Kommunikation und Steuerung («Feed
Forward»), der Integration und der Motivation.
Man kann dem BSC-Ansatz zwar zugute halten, dass wohl nur wenige Veröffentlichungen zur Leistungsmessung die individuelle Strategie eines Unternehmens so explizit in den Vordergrund stellen und zugleich ein ähnlich umfassendes, anschauliches
und verständliches Konzept zur Definition von Leistungsindikatoren anbieten. Die
Balanced Scorecard liefert im Bereich der Leistungsmessung daher sicherlich einen
Beitrag zum strategischen Management, ein eigenständiges System des strategischen
Managements ist die BSC allerdings nicht. Ein Konzept, dass sich primär auf die
quantifizierbaren, kontrollierbaren und einem Verantwortungsbereich zuordenbaren
Stärken und Schwächen eines Unternehmens konzentriert und dabei qualitative Aussagen, schwache Signale sowie Chancen und Gefahren im Unternehmensumfeld weitgehend unberücksichtigt lässt, kann diesem Anspruch nicht genügen.
Ein Pluspunkt der BSC ist daher die anschauliche und gut gegliederte Konzeption,
welche es durch ihre offene Konstruktion erlaubt, auch bestehende finanzielle Ansätze
zur Leistungsmessung (z.B. ROI, Free Cash Flow, Economic Value Added) einzubinden.413 In Bezug auf (finanzielle und nicht-finanzielle) Kennzahlen oder Messprozesse
selbst besitzt die BSC allerdings nur wenig Innovationsgehalt. So fordern beispielsweise Gordon/Miller bereits 1976, dass Informationssysteme im Accountingbereich so
ausgelegt sein sollten, dass sie die Bedeutung der strategischen Ziele und der langfristigen Planung unterstreichen. Ein effektives Accountingsystem sollte demnach so
gestaltet sein, dass es ein System von Zielen und Vorgaben verkörpert, welche von
jeder Abteilung erreicht werden müssen und welche es erlauben, die Leistung von
Unternehmensteilen vor dem Hintergrund der Ziele des Gesamtunternehmens zu be413
Am Beispiel des SHV siehe: Horváth & Partner (2001), 336ff. Niedermeyer et al. (2002). Voggenreiter/Jochen (2002). Welge/Lattwein (2002). Ries/Burggraf (2003). Stührenberg et al. (2003), 78 ff. Am Beispiel RONOA siehe: Kaplan/Norton (2001), 111ff. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Unternehmen beim Herunterbrechen von Shareholder Value Spitzenkennzahlen nur zögerlich eine Überleitung
zum Bilanzgrössen oder operativen Erfolgsfaktoren vornehmen. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger
(2003), 30ff.
Seite 162
Systeme der Leistungsmessung
urteilen. Beispiele für mögliche Vorgaben lokalisieren Gordon/Miller etwa in den Bereichen Kosten, Gewinne, Qualität, Kundenzufriedenheit und Marktanteile.414 Von
dieser Forderung ist der Sprung zur rund 15 Jahre später vorgestellten BSC nicht mehr
sehr gross. 415
In der Gesamtschau präsentiert sich die BSC somit als ein anschauliches Konzept zur
Ausrichtung der Leistungsmessung an der Strategie, welches hilft, die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge der Leistungserbringung auch in Form von Leistungsindikatoren abzubilden. Die ausgewogene Berücksichtigung von finanziellen und nicht-finanziellen Informationen beleuchtet die Unternehmensaktivitäten aus verschiedenen Perspektiven, ist in der Realisation aber aufwendig und kein Patentrezept für die umfassende Bewältigung aller unternehmensspezifischen Anforderungen an das Leistungsmanagement.
414
415
Gordon/Miller (1976), 65.
Für andere frühe Konzepte zur Integration von finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsaspekten vergleiche beispielsweise: Cross/Lynch (1991). Nanni et al. (1992). Sowie die Ausführungen zum «Tableau de
Bord» in Abschnitt 4.3.
Systeme der Leistungsmessung
Abbildung 53: Stärken und Schwächen des «Balanced Scorecard»-Ansatzes
STÄRKEN
• Die BSC zeichnet ein ausgewogenes Bild der Unternehmensentwicklung (z.B. über
verschiedene Perspektiven, Leistungstreiber/Resultate, finanzielle/nicht-finanzielle
Indikatoren, interne/externe Leistungsdaten).
• Die BSC ist an die spezifische Situation des jeweiligen Unternehmens angepasst, da
die spezifischen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen berücksichtigt und hinterfragt werden.
• Die BSC orientiert sich explizit an der Vision und Strategie und hilft dem Management, die Strategie für alle Hierarchiestufen bis auf ein integriertes System von Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Massnahmen herunter zu brechen.
• Die BSC ist ein anschauliches, unkompliziertes und gut verständliches Konzept und
daher leicht zu kommunizieren.
• Andere Kennzahlensysteme können in der BSC integriert werden.
SCHWÄCHEN
• Die ursprüngliche Konzentration auf vier generische Perspektiven besitzt stark dogmatischen Charakter und verleitet zu unkritischer Übernahme dieser Klassifikation.
• Die tatsächlichen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge in einem Unternehmen sind
nur schwer erfassbar und besitzen meist nur hypothetischen Charakter .
• Nicht-finanzielle Informationen (z.B. Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit)
sind teilweise sehr kostenintensiv in der Beschaffung und bei Einbindung in die BSC
mit Schnittstellenproblemen verbunden.
• Der Vorteil der schnellen Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Informationen kann
durch die Anbindung an die finanzielle Perspektive gefährdet werden.
• Aus Sicht des strategischen Managements werden externe Umfeldfaktoren (Chancen/Gefahren) zuwenig berücksichtigt oder gar nicht abgebildet.
• Die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung einer BSC ist aufwendig und
mit grossen Kosten verbunden, die Kosten-Nutzen-Effizienz ist bisher empirisch
nicht belegt.
• Der BSC-Ansatz besitzt aus der Perspektive der Leistungsmessung in Bezug auf
Kennzahlen und Messprozesse nur wenig Innovationsgehalt.
Seite 163
Seite 164
Systeme der Leistungsmessung
4.5 Gesamtbeurteilung der vorgestellten Systeme
In den Abschnitten 4.1 bis 4.4 wurden verschiedene, für die Entwicklung der formalen
Leistungsmessung in Grossunternehmen möglichst repräsentativ gewählte Systeme
vorgestellt und deren Schwächen und Stärken einzeln beurteilt. Anhand dieser ausgewählten Systeme wurde gezeigt, wie sich die Ansätze der Leistungsmessung in der
Theorie von klassischen rentabilitätsorientierten Finanzkennzahlensystemen, über verfeinerte wertorientierte Ansätze zu zusehends stärker umfassend entscheidungsorientierten, mehrdimensionalen Konzepten entwickelt haben. In einer vergleichenden Gesamtschau werden nun die Anwendungsmöglichkeiten, die Qualitätsmerkmale sowie
die Störanfälligkeit dieser Ansätze in einem multinationalen Umfeld einander gegenübergestellt. Zusammenfassend werden dann die Gemeinsamkeiten und Unterschiede
sowie der Zusammenhang zwischen den einzelnen Ansätzen gewürdigt.
4.5.1 Beurteilung anhand der Anwendungsmöglichkeiten im «Leistungswürfel»
Die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten der vorgestellten Systeme der Leistungsmessung können unter Beiziehung des in Abschnitt 2.2 diskutierten Leistungswürfels veranschaulicht werden, der die Leistung nach den Dimensionen Verantwortlichkeit, Form und Zeitpunkt der Leistungserbringung unterscheidet.
Erste Unterschiede in den Performance Measurement Ansätzen zeigen sich in Bezug
auf die Anwendbarkeit auf verschiedene Verantwortungsebenen. Während bei Anwendung auf Gesamtunternehmensebene, welche im Zentrum der vorliegenden Arbeit
steht, alle genannten Kennzahlensysteme grundsätzlich als geeignet erscheinen, sind
die Finanzkennzahlen zu Rentabilität und Wertsteigerung auf der Team-, Prozess- und
Einzelpersonebene nur eingeschränkt einsetzbar. Die Zuordnung von Erfolg, investiertem Kapital oder Cash Flow ist bereits auf Prozessebene mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet, kann aber unter Berücksichtigung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gemäss ROI-Baum oder Shareholder Value-Netzwerk mit gewissem
Erfolg bewerkstelligt werden. Ein Herunterbrechen dieser Finanzkennzahlen bis auf
Ebene Einzelperson ist in der Regel jedoch nicht mehr mit vertretbarem Aufwand
machbar. Hier liegt eine der besonderen Stärken der mehrdimensionalen Ansätze, da
gerade diese auf eine benutzergerechte Deklination der Leistungsmessung ausgerichtet
Systeme der Leistungsmessung
Seite 165
und nicht an den engen Rahmen der finanziellen beziehungsweise finanznahen Kennzahlen gebunden sind. Insbesondere das Tableau de Bord mit seiner expliziten Ausrichtung auf den einzelnen Entscheidungsträger hat hier massgeblich Vorteile. Allerdings kommen diese nur in einem Top-Down-Prozess im Sinne eines konsistenten
Herunterbrechens zum Tragen: Ein Konsolidieren ähnlich dem von Finanzkennzahlen
ist bei mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung in der Regel nicht möglich
und somit der Beitrag von Unternehmensteilen zur Gesamtunternehmensleistung bestenfalls indirekt ermittelbar.416
Dieser mehrdimensionale Charakter ist es auch, der es einem Tableau de Bord oder
einer Balanced Scorecard erlaubt, sowohl finanzielle, als auch operative (tendenziell
nicht-finanzielle) und soziale (tendenziell ebenfalls nicht-finanzielle) Leistungskomponenten abzubilden. Diese Leistungsaspekte können mittels Rentabilitäts- oder Wertkennzahlen nur indirekt über nicht-finanzielle Erweiterung des ROI-Baumes beziehungsweise der Werttreiber im SHV-Netzwerk einbezogen werden.
Diese Einschränkungen bei den Rentabilitäts- und Werttreibern, wie sie in den generischen ROI- und SHV-Modellen zum Tragen kommen, schlagen sich auch in den Darstellungsmöglichkeiten in Bezug auf die Zeitdimension nieder. Hier sind die mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung, mit ihrer Betonung der nicht-finanziellen
«Leading Indicators»417, welche möglichst gegenwartsnah am betrieblichen Geschehen
erfasst werden sollen, konzeptionell besser aufgestellt. In Bezug auf die Messbarkeit
beziehungsweise Schätzbarkeit zukünftiger Leistung weist aus Sicht des Verfassers
jedoch keine der Methoden wirklich zuverlässige Lösungsansätze auf. Alle Methoden
können grundsätzlich als Planrechnungen ausgestaltet werden, sind dann aber auch mit
den gleichen Prognoseproblemen behaftet. Auch der meist in Zusammenhang mit der
Balanced Scorecard genannte Vorteil der «Leading Indicators» als Vorlaufgrössen für
die spätere finanzielle Performance kann, mit den bereits oben genannten Einschränkungen, auch bei Berücksichtigung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gemäss
ROI-Baum oder gemäss Shareholder Value Netzwerk geltend gemacht werden.
Die Gesamtschau der verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten im Leistungswürfel
zeigt somit, dass die Stärken der mehrdimensionalen Ansätze in einem umfassenden
416
417
Als Beispiel sei an dieser Stelle die Schwierigkeit beim Konsolidieren von Mitarbeiterzufriedenheitszahlen
einzelner Gesellschaften zu denen von Divisionen oder des Gesamtunternehmens erwähnt.
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.4.2.5.
Seite 166
Systeme der Leistungsmessung
Leistungsverständnis, welches den gesamten Leistungswürfel abdeckt, sowie in der
Deklinierbarkeit der Leistungsmessung über verschiedene Verantwortungsebenen
hinweg liegen. Die Möglichkeit zur Integration der Rentabilitäts- und Wertansätze im
finanziellen Teil der mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung macht daher
keine «Entweder-Oder»-Entscheidung notwendig, sondern legt die Zusammenführung
der methodischen Stärken von Rentabilitäts- und Wertmanagement im finanziellen
Bereich mit dem Strategie- und Prozessverständnis der mehrdimensionalen Systeme
nahe.
4.5.2 Beurteilung anhand von Qualitätskriterien
In Abschnitt 3.5.3 wurden die Qualitätskriterien für Leistungsindikatoren dargelegt.
Diese Kriterien können entsprechend auf die Systeme der Leistungsmessung angewendet werden. Während bei den zuvor diskutierten Anwendungsmöglichkeiten das
breite Leistungsverständnis und die stufengerechte Deklinierbarkeit der mehrdimensionalen Performance Measurement Systeme als klare Vorteile ausgewiesen wurden,
zeigt sich bei der Auswertung nach Qualitätskriterien ein differenziertes Bild.
Finanzkennzahlen weisen in dieser Betrachtungsweise einige wichtige Vorteile gegenüber mehrdimensionalen Systemen auf. Eine wichtige Stärke der klassischen Rentabilitätskennzahlen liegt in deren Verfügbarkeit, Verständlichkeit und Vergleichbarkeit.
Die entsprechenden Finanzinformationen sind, zumindest auf Ebene Gesamtunternehmen, grossteils direkt dem Rechnungswesen zu entnehmen («Verfügbarkeit») und
den meisten Führungsverantwortlichen entsprechend vertraut («Verständlichkeit»).
Die Standardisierung der Accounting-Sprache erleichtert die interne und externe
«Vergleichbarkeit».418
418
Vergleiche hierzu die Ausführungen zu XBRL in Fussnote 95 auf Seite 47. Für eine frühe Quelle zur «Vergleichbarkeit» von Finanzkennzahlen aufgrund von Geldeinheiten als gemeinsamen Nenner: Solomons
(1965), 43.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 167
Wertorientierte Performance Measurement Systeme setzen im direkten Vergleich zu
Rentabilitätskennzahlen hingegen bereits ein höheres Finanzverständnis voraus («Verständlichkeit»). Darüber hinaus sind industrie-, unternehmens- und länderspezifischen
Diskontfaktoren (DCF) beziehungsweise Kapitalkostensätze (EVA) in der Regel nicht
ohne weiteres verfügbar («Verfügbarkeit») und für subjektive Einschätzung besonders
empfänglich («Vergleichbarkeit»).
In der erschwerten «Verfügbarkeit» liegt auch eine der grossen Herausforderungen bei
Balanced Scorecard und Tableau de Bord. Werden ergänzend zu den Finanzkennzahlen nicht-finanzielle Leistungsdaten aus zumeist ganz unterschiedlichen Informationssystemen bedarfsgerecht zusammengeführt, kommt der Schnittstellenproblematik und
den Kosten der Datenerhebung und Datenaufarbeitung eine besondere Rolle zu.419 Gerade im Tableau de Bord, das speziell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Verantwortlichen zugeschnitten ist, hat dies zwar den Vorteil, dass nur Leistungsindikatoren berücksichtigt werden, die von den Entscheidungsträger auch verstanden werden («Verständlichkeit»). Diese individuelle Ausgestaltung geht bei den mehrdimensionalen
Systemen, sowohl bei Balanced Scorecard als auch bei Tableau de Bord, jedoch auf
Kosten der «Vergleichbarkeit» und Aggregierbarkeit.420
Ein weiterer Vorteil der Finanzkennzahlen liegt in deren «Wesentlichkeit». In der Regel streben diese Ansätze danach, Rentabilitäts- und Wertaussagen auf Basis einer
Spitzenkennzahl und weniger ausgewählter treibender Faktoren zu machen. Bei den
mehrdimensionalen Kennzahlen ist die Gefahr eines «Übercontrolling» durch Verwendung zu vieler Messgrössen bei verminderter Prägnanz der Aussagen vergleichsweise grösser421 und das Wesentlichkeitskriterium daher nur mittelmässig erfüllt.
Die Kritik an der «Relevanz» von vergangenheitsorientierten Finanzkennzahlen kann gerade im Hinblick auf die «Activity Based Costing»-Entwicklung in den 80er Jahren
des 20. Jahrhunderts - gleichsam als «klassisch» eingestuft werden.422 Einschränkungen in der verursachungsgerechten Zuweisung von Kosten («Zuordenbarkeit») und die
419
420
421
422
Vergleiche hierzu: Töpfer et al. (2002), 82.
Vergleiche hierzu: Gleich et al. (2002), 340. Paul (2004), 109.
Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 708.
So trägt ein diesbezügliches Standardwerk von Johnson/Kaplan (1991) den Titel «Relevance Lost - The
Rise and Fall of Management Accounting». Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in den Abschnitten
1.1 und 3.1.3.1.
Seite 168
Systeme der Leistungsmessung
daraus resultierenden Verzerrungen in den Leistungsaussagen («Zuverlässigkeit») waren es, die zu einer stärker prozessorientierten Sicht und zur Betonung von nicht-finanziellen Messgrössen geführt haben. Da die mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung gerade in Hinblick auf eine Ergänzung durch solche Indikatoren entwickelt wurden, verfügen sie über ein breiteres Repertoire an Adaptionsmöglichkeiten
an die jeweilige Messsituation und erfüllen daher die Kriterien «Effektivität», «Zuordenbarkeit», «Relevanz» und «Zuverlässigkeit» tendenziell besser.
Die Beurteilung der «Kosten-Nutzen-Effizienz» ergibt aus Sicht des Verfassers jedoch
keine signifikanten Vorteile für eines der beschriebenen Systeme der formalen Leistungsmessung. Durch die mannigfaltigen Anpassungsmöglichkeiten an die firmenspezifischen Performance Management Bedürfnisse kann mittels Balanced Scorecard oder
Tableau de Bord vermutlich ein umfassenderes Leistungsbild mit tendenziell höherem
Nutzwert gezeichnet werden als mit reinen Finanzanalysen.423 Dem stehen aber im
Vergleich zu Rentabilitäts- und Wertkennzahlen vergleichsweise hohe Kosten der Erfassung und Nutzung der Leistungsinformationen gegenüber.424
Aus der Gesamtschau der Qualitätskriterien ergibt sich somit ein durchzogenes Bild,
welches in Abhängigkeit von den konkreten Messbedürfnissen die Vor- und Nachteile
der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung unterschiedlich zur Geltung bringt.
Auf Stufe Gesamtunternehmensebene, auf welcher sich die vorliegende Arbeit bewegt,
haben Finanzkennzahlen jedoch massgebliche Vorteile gegenüber mehrdimensionalen
Systemen der Leistungsmessung. Einerseits sind bei multinationalen Grossunternehmen, gerade im Hinblick auf die regelmässig in der formalen Leistungsmessung technisch und verständnismässig zu verarbeitenden Informationsvolumina, die stärkere
Konzentration auf das Wesentliche sowie die bessere «Vergleichbarkeit» bei guter
«Verfügbarkeit» und vergleichsweise tiefen Erfassungs- und Nutzungskosten wichtige
Argumente zu Gunsten von Finanzkennzahlen. Andererseits entfalten die Schwächen
von Finanzkennzahlen auf Stufe Gesamtunternehmen nicht ihre volle Wirkung: Die
Kriterien der «Zuordenbarkeit» und damit auch die «Relevanz» und «Zuverlässigkeit»
sind hier besser erfüllt als beispielsweise auf Prozess- oder Einzelpersonenebene.
423
424
Für empirische Ergebnisse hierzu: Töpfer et al. (2002).
Für empirische Ergebnisse hierzu: Günther/Grüning (2002), 8.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 169
4.5.3 Beurteilung anhand der Störanfälligkeit im multinationalen Umfeld
Wie in Abschnitt 3.6 dargelegt wurde, ist die Leistungsmessung im multinationalen
Umfeld von Grossunternehmen besonderen Einflüssen ausgesetzt. Geographische und
kulturelle Distanz, sprachliche Barrieren sowie die Einflüsse von Transferpreisgestaltung und unterschiedlichen Steuer-, Währungs-, Zins- und Inflationseinflüssen wurden
als mögliche Störfaktoren genannt, für welche die ausgewählten Systeme der Leistungsmessung unterschiedlich empfänglich sind.
«Accounting» als Sprache kann eine integrative Funktion ausüben.425 Standardisierte,
international anerkannte Finanzkennzahlen bieten nur wenig Raum für kultur- und
sprachbedingte Interpretationen. Zudem stehen in multinationalen Grossunternehmen
üblicherweise bereits stabile Informationskanäle für das Finanzreporting und für Konsolidierungszwecke zur Verfügung, so dass auch die geographische Distanz für die
Datenerhebung nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung sind in diesen Punkten tendenziell
anfälliger für Störeinflüsse. Zum einen sind sie gemäss ihrer Grundkonzeption darauf
ausgerichtet, jeweils an die spezifischen lokalen Bedürfnisse angepasst zu werden, und
daher stärker den Einflüssen von Kultur und Sprache des jeweiligen Landes ausgesetzt. Dies kommt beim trägerbezogenen Tableau de Bord noch stärker zur Geltung als
bei der Balanced Scorecard. Zum anderen verlassen die in den verschiedenen nichtfinanziellen Perspektiven abgebildeten Leistungsaspekte die standardisierten Bahnen
des Finanzreportings und können in den ausländischen Reporting Units aus ganz unterschiedlichen Informationsquellen gespeist sein. Ergeben sich hier Schnittstellenoder Interpretationsprobleme, kann die geographische oder kulturelle Distanz zu einer
zusätzlichen Belastung werden. So können beispielsweise Fragen zu Finanzkennzahlen einer chinesischen Tochterfirma in der Regel vergleichsweise einfach durch die
Konsultation von Reportingdaten und Finanzhandbuch oder durch eine dank Verwendung von international anerkannten Accounting-Begriffen präzise formulierte Rückfrage geklärt werden. Wird aber als Bestandteil der Balanced Scorecard dieser chinesischen Reporting Unit ein Mitarbeiterzufriedenheitsindex erhoben, so können diesbezügliche Abklärungen aufgrund sprachlicher und kultureller Interpretationsspielräume
eine zeitintensive und schwierige Aufgabe werden.
425
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.4.4.
Seite 170
Systeme der Leistungsmessung
Ein unbestrittener Nachteil der Finanzkennzahlen ist hingegen deren prinzipielle Beeinflussbarkeit durch Transferpreisgestaltung und schwankende Wechselkurse. Diese
Einflüsse können zwar durch Auswertung in lokaler Währung teilweise vermieden
oder durch Schattenrechnungen, Simulationen oder Abweichungsanalysen zumindest
dargestellt werden, die entsprechende Analysearbeit ist jedoch mit zusätzlichen Nutzungskosten verbunden.426 Soweit in mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung Finanzkennzahlen berücksichtigt sind, sind sie von eben diesen Störfaktoren
gleichermassen betroffen wie rentabilitäts- oder wertorientierte Finanzkennzahlensysteme. Nicht-finanzielle Leistungsaspekte in Balanced Scorecard oder Tableau de Bord
sind hingegen weniger anfällig auf Transferpreis-, Steuer- oder Währungseinflüsse.
Die Gesamtschau der Störanfälligkeit im multinationalen Umfeld zeigt also, dass
mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung, die in der Regel auch Finanzkennzahlen beinhalten, sowohl mit den Nachteilen der Finanzkennzahlen belastet sind, als
auch mit den ihnen selbst eigenen Nachteilen aus der individuellen Anpassung an die
lokalen Bedürfnisse und die daraus resultierenden Schnittstellenprobleme. Eine Fokussierung auf vorwiegend finanziell ausgerichtete Systeme der Leistungsmessung
scheint daher in multinationalen Grossunternehmen aus Kostensicht das effizientere
Vorgehen zu sein, da die Nutzungskosten für die Finanzindikatoren in beiden Systemtypen anfallen, durch eine stärkere Fokussierung auf die Finanzkennzahlen hingegen zumindest die Erfassungs- und Nutzungskosten in Zusammenhang mit den nichtfinanziellen Auswertungen reduziert werden.
4.5.4 Auswirkungen auf die Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen
Finanzkennzahlensysteme oder mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung
schliessen sich nicht gegenseitig aus. Wie in den Abschnitten zu Balanced Scorecard
und Tableau de Bord ausgeführt wurde, ist es eine massgebliche Stärke der mehrdimensionalen Systeme, dass Finanzkennzahlen jeglicher Art in diese integriert werden
können. Eine mögliche Integration kann dadurch stattfinden, dass Finanzkennzahlen
aus dem Rentabilitäts- oder Shareholderbereich als Spitzenkennzahlen herangezogen
werden, während die zugrunde liegenden Abläufe der Leistungserstellung vermehrt
426
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6.4 und Abschnitt 3.6.5.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 171
durch nicht-finanzielle Kennzahlen zu den verschiedenen Leistungstreibern («Performance Drivers») abgebildet werden. Dieser Zusammenhang kann beispielsweise in
Form einer «Performance Pyramide» dargestellt werden, mit Finanzkennzahlen an der
Leistungsspitze (siehe Abbildung 54).
Wie in den Abschnitten 4.1 und 4.2 dargelegt wurde, haben bei den Finanzkennzahlen
die wertorientierten Kennzahlen (z.B. EVA, Free Cash Flow) gegenüber klassischen
Rentabilitätskennzahlen (z.B. ROI, RONOA) konzeptionelle Vorteile, da sie das Risiko einer Investition sowie (in der mehrperiodingen Leistungsmessung) den Zeitwert
des Geldes berücksichtigen. Bei sachverständiger Interpretation der dargestellten Resultate, wie sie von den Führungskräften in einem multinationalen Grossunternehmen
erwartet werden darf, relativieren sich diese konzeptionellen Stärken der Wertkennzahlen jedoch zusehends.
Abbildung 54: Performance Pyramide427
Finanzielle
Stärke
SPITZENKENNZAHL(EN)
Profitabilität, Rentabilität,
EVA, Freier Cash Flow
Kundenbindung
Marktanteil, Kundenzufriedenheit,
Reklamationen, Neukunden
Verbesserung der internen Prozesse
Qualität, Durchlaufzeit,
Entwicklungszeit, Prozesskosten
PERFORMANCETREIBER
aus
- ROx-Baum
- SHV-Netzwerk
- Balanced Scorecard
- Tableau de Bord
- etc.
Lernprozesse der Organisation sicherstellen
Personalumschlag, Mitarbeiterzufriedenheits-Index, Aus- und Weiterbildung
427
Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 708. Horngren et al. (2005), 388. Vergleiche aber auch: Cross/Lynch
(1992), 21. Hoffecker/Goldenberg (1994), 12.
Seite 172
Systeme der Leistungsmessung
Dem «Metrics War» innerhalb der wertorientierten Kennzahlen kann bei distanzierter
Betrachtung nur wenig abgewonnen werden: Am Beispiel der VALUE AG428 wurde
gezeigt, dass der EVA methodische Vorteile bei der Darstellung und Interpretation von
einzelperiodenbezogenen Ergebnissen hat. Sowohl das Beispiel der VALUE AG als
auch das Beispiel der MUSTER AG429 haben jedoch nachgewiesen, dass beispielsweise die DCF-Methode und die EVA-Methode bei einer mehrperiodigen Betrachtungsweise und bei konsistenter Anwendung zu den gleichen Ergebnissen führen. Die
Wahl einer Wertkennzahl wird daher vermutlich stärker vom Einsatzzweck sowie von
den Präferenzen der Entscheidungsträger getragen sein, als von signifikanten methodischen Vorteilen, die eindeutig und zwingend für eine ganz bestimmte Kennzahl den
Ausschlag geben würden.
Die Stockwerke der Leistungspyramide in Abbildung 54 entsprechen den Perspektiven
der Balanced Scorecard, könnten aber – wie beispielsweise im Tableau de Bord der
Fall – in Bezug auf Anzahl und Inhalt der Ebenen grundsätzlich frei gewählt und zusammengesetzt werden. Soweit dadurch die kritischen Erfolgsfaktoren auf sinnvolle
und den Zielen der Unternehmenszentrale entsprechende Art und Weise abgebildet
werden können, ist es ebenso möglich, die Leistungstreiber aus dem rentabilitätsbezogenen ROI-Baum oder dem wertorientierten Shareholder Value Netzwerk für den
Aufbau der Pyramide heranzuziehen.
Stellt sich an dieser Stelle die konzeptionelle Frage, wie stark das Kennzahlensystem
für die Unternehmenszentrale eines multinationalen Grossunternehmens finanziell
oder mehrdimensional ausgerichtet sein soll, so können zur Beantwortung dieser Frage
die Kernpunkte aus der kritischen Gegenüberstellung der verschiedenen Systeme der
Leistungsmessung in den Abschnitten 4.5.1 bis 4.5.3 herangezogen werden:
• Mehrdimensionale Ansätze decken ein breiteres Leistungsspektrum ab als reine Finanzkennzahlensysteme und bieten so ein differenzierteres Leistungsbild.
• Gerade in diversifizierten Firmen haben Finanzkennzahlen jedoch gegenüber mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung den Vorteil, dass sie unter Nutzung
bestehender Reportingkanäle und aufgrund reduzierter Schnittstellen leichter ver-
428
429
Vergleiche hierzu Abbildung 37 und Abbildung 38 auf Seite 112f.
Zum Rechenbeispiel der MUSTER AG vergleiche Abbildung 32 und Abbildung 34 sowie die Gesamtberechnung in Abschnitt 7.1 des Anhangs.
Systeme der Leistungsmessung
Seite 173
fügbar und mit Geldeinheiten als gemeinsamen Nenner tendenziell besser vergleichbar sind.
• In Form von Spitzenkennzahlen (ROI, EVA, etc.) konzentrieren sich Finanzkennzahlen stärker auf das Wesentliche und verringern so die Gefahr einer Informationsüberflutung und des «Über-Controlling».
• Finanzkennzahlen sind weniger anfällig auf kulturelle und sprachliche Einflüsse,
die Sprache des «Accounting» reduziert tendenziell Verständigungsschwierigkeiten.
• Auf Stufe Unternehmensebene sind Finanzkennzahlen weniger mit Zuordnungsproblemen behaftet als beispielsweise auf Prozess- oder Einzelpersonebene. Diesbezügliche Vorteile nicht-finanzieller Kennzahlen und mehrdimensionaler Systeme
der Leistungsmessung kommen daher auf Ebene Gesamtunternehmen nicht in
vollem Umfang zum Tragen.
• Finanzkennzahlen sind in der Regel auch in mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung enthalten. Diese Systeme sind daher ebenso anfällig auf mögliche
leistungsverzerrende Einflüsse von Wechselkursen, Steuern oder Transferpreisen
und haben bei deren Anwendung somit keinen entscheidenden Vorteil.
• Auf viele verschiedene Leistungsaspekte ausgerichtete Systeme der Leistungsmessung sind gerade in einem multinationalen, heterogenen Umfeld tendenziell mit
hohen Erhebungs- und Interpretationskosten verbunden.
• Mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung sind – vor allem in komplexen
Unternehmensstrukturen (z.B. Matrixorganisationen) nur schwer konsolidierbar und
somit der Beitrag von Unternehmensteilen zur Gesamtunternehmensleistung oft nur
indirekt oder mit eingeschränkter Zuverlässigkeit ermittelbar.
Aus der Gesamtsicht dieser Argumente kann somit die Schlussfolgerung gezogen werden, dass multinationale Grossunternehmen bei der Ausgestaltung der Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Units vorwiegend auf finanzielle Kennzahlen abstellen und Kennzahlen zu operativen oder sozialen Leistungsaspekten nur vereinzelt berücksichtigen. Dies würde wiederum bedeuten, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung wie beispielsweise die Balanced Scorecard, trotz hohem Bekanntheitsgrad, weniger auf Ebene Gesamtunternehmensleitung
eine Rolle spielen, sondern eher auf tieferen Unternehmensebenen, die näher an der
betrieblichen Leistungserstellung angesiedelt sind. Auf die Leistungspyramide angewendet, ergibt dies ein Bild, bei welchem die Pyramide aus Sicht Unternehmenszent-
Seite 174
Systeme der Leistungsmessung
rale gleichsam auf den Kopf gestellt ist («Inverse Performance Pyramide» gemäss
Abbildung 55): Finanzielle Spitzenkennzahlen prägen die formale Leistungsmessung
in der Unternehmenszentrale von multinationalen Grossunternehmen, die operativen
und sozialen, vorwiegend nicht-finanziellen Leistungsaspekte spielen hingegen eine
eher untergeordnete Rolle.
Aufgabe des nun in Abschnitt 5 folgenden Empirieteiles wird es sein, diesen Zusammenhang anhand der tatsächlichen Inhalte der formalen Leistungsmessung zu prüfen und mit weiteren Details zu den von den Unternehmenszentralen erhobenen Leistungsindikatoren soweit zu unterlegen, dass Rückschlüsse auf die effektive Verbreitung und Ausgestaltung der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung gezogen
werden können.
Abbildung 55: Inverse Performance Pyramide der Unternehmenszentrale
PERFORMANCE PYRAMIDE
DER UNTERNEHMENSZENTRALE
Finanzielle
Stärke
Profitabilität, Rentabilität,
EVA, Freier Cash Flow
Kunden,
Konkurrenten
Kunden,
Konkurrenten
Interne Prozesse,
Qualität, Zeit, Innovation
Interne Prozesse,
Qualität, Zeit, Innovation
Lernprozesse,
Mitarbeiter
Lernprozesse,
Mitarbeiter
PERFORMANCE PYRAMIDEN DER REPORTING UNITS
Empirische Erhebungen
Seite 175
5. EMPIRISCHE ERHEBUNGEN
5.1 Konzeption der empirischen Erhebungen
5.1.1 Grundsätzliche Überlegungen
In den Abschnitten 2 und 3 wurden die Leistungsmessung als Aufgabe und die Leistungsindikatoren als Messgrössen begrifflich eingeordnet. In Abschnitt 4 wurden anhand möglichst repräsentativ gewählter Systeme der Leistungsmessung (ROI, SHV,
EVA, Tableau de Bord, Balanced Scorecard) die grundlegenden Entwicklungsschritte
im Bereich des Performance Measurement aufgezeigt, und die jeweiligen konzeptionellen Vor- und Nachteile analysiert. Anhand der nachfolgend beschriebenen empirischen Erhebungen soll nun gezeigt werden, wie die Leistungsmessung in der Unternehmenspraxis ausgestaltet ist und inwieweit die konzeptionelle Weiterentwicklung
der formalen Leistungsmessung, welche in Abschnitt 4 dargestellt wurde, auf Stufe
Unternehmenszentrale tatsächlich Einzug in die betriebliche Praxis gehalten hat.
Aufgrund der Organisationsgrösse und der geographischen Distanz zwischen Zentrale
und dezentralen Organisationseinheiten liegt die Schlussfolgerung nahe, dass in einem
multinationalen Unternehmen direkte, informelle Koordinationsmechanismen tendenziell schwieriger zu realisieren sind als in einem rein lokal agierenden Unternehmen.
Formelle Koordinationsmechanismen, wie etwa die Bildung von Organisationseinheiten oder die Leistungsmessung, gewinnen in einem solchen Führungsumfeld folglich
an Bedeutung.430 Um Trends in der Leistungsmessung dort lokalisieren zu können, wo
das formale Performance Measurement erwartungsgemäss besonders wichtig ist, stehen die von multinationalen Unternehmen auf deren ausländische Reporting Units angewandten Ziele und Inhalte der Leistungsmessung im Mittelpunkt der durchgeführten
empirischen Erhebungen. Zu diesem Zweck wurde für die empirischen Erhebungen in
der vorliegenden Arbeit eine Reporting Unit431 per Definition dann als «ausländisch»
definiert, wenn sich der vorwiegende Teil der für die Geschäftstätigkeit notwendigen
430
431
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6.
Die Begriffe «Reporting Unit» und «Berichtseinheit» werden in der vorliegenden Arbeit als Synonyme
verwendet.
Seite 176
Empirische Erhebungen
Ressourcen (Führungsteam, Mitarbeiter, Aktiven, Kapital, etc.) ausserhalb des Landes
befindet, in welchem die Unternehmenszentrale ihren Sitz hat.
Bei der anfänglichen Konzeptionsphase der empirischen Studie wurde vom Verfasser
zunächst in Erwägung gezogen, für jedes befragte Unternehmen Daten zu den über
alle Reporting Units hinweg verwendeten Leistungsindikatoren zu erheben und
zugleich eine das Gesamtunternehmen umfassende Analyse von Verantwortlichkeiten
durchzuführen. Dieser Forschungsansatz wurde dann allerdings aus praktischen Überlegungen verworfen, da in einem Grossunternehmen eine Vielzahl verschiedener strategischer Geschäftseinheiten bestehen kann, welche unterschiedliche Strategien verfolgen können, deren Verantwortlichkeiten unterschiedlich ausgestaltet sein können,
und deren Leistung dementsprechend unterschiedlich gemessen werden kann. In diversifizierten Grossunternehmen kann dies zu einer Fülle von Variationen in der Leistungsmessung führen, die in der Gesamtschau nur schwer interpretierbar sind.
Um den Zusammenhang zwischen Verantwortlichkeiten und der Wahl der Leistungsindikatoren beurteilen zu können, wäre folglich eine detaillierte Kenntnis aller relevanten Geschäftszusammenhänge notwendig, und zwar nicht nur für jedes Unternehmen, sondern für jedes strategische Geschäftsfeld eines jeden Unternehmens. Da solche Informationen bis in ausgesprochen sensible Datenbereiche der Unternehmen vordringen und in dieser Fülle für einen externen Beobachter in der Regel nur schwer zugänglich und auswertbar gemacht werden, erschien ein solcher Forschungsansatz nicht
realisierbar. Auch hätte zu diesem Zweck eine Datenmenge abgefragt werden müssen,
welche in diesem Ausmass den Respondenten nicht zumutbar gewesen wäre: Fünfzig
und mehr Reporting Units sind bei grösseren multinationalen Gesellschaften keine
Seltenheit. Für jede diese Reporting Units dann separat die Ausgestaltung der Verantwortlichkeiten und des Systems der Leistungsmessung abzufragen hätte den Rahmen
sowohl eines Fragebogens als auch eines alternativen Interviews gesprengt.
Die vergleichende Beobachtung verschiedener strategischer Variablen und deren
Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Leistungsmessung wurden daher von der
vorliegenden Untersuchung weitestgehend ausgeschlossen. Vielmehr wurden die Befragten im Rahmen der empirischen Erhebungen gebeten, sich bei der Beantwortung
von Fragen auf eine einzige, für die Leistungsmessung in ihrem Unternehmen möglichst repräsentative Reporting Unit zu fokussieren, um so die Darstellung der grundlegenden Zusammenhänge zu vereinfachen. So kann zwar kein bis in das letzte Detail
Empirische Erhebungen
Seite 177
genaues, aber anhand des gewählten Beispiels dennoch möglichst repräsentatives Bild
der Leistungsmessung in einem Unternehmen gezeichnet werden. Gleichzeitig wird
verhindert, dass Variationen und Eigenheiten bei weniger repräsentativen Reporting
Units den Gesamteindruck verfälschen.
Die befragten Unternehmen wurden gebeten, sich in Hinblick auf die von ihnen ausgewählte ausländische Berichtseinheit nicht nur zu den zentralen Leistungsindikatoren,
sondern auch zu folgenden, von der jeweiligen Geschäftsfeldstrategie weniger stark
beeinflussten Punkten zu äussern:
• Zur primären Organisationsform der ausländischen Reporting Unit, welche bei der
Leistungsmessung im Vordergrund steht (Rechtseinheiten versus von der Rechtsstruktur unabhängige strategische Geschäftseinheiten)
• Zu den generellen Verantwortlichkeiten und Aufgaben, welche der ausländischen
Reporting Unit übertragen werden
• Zu den generellen Zielen der Leistungsmessung, welche unabhängig von der Strategie der ausländischen Reporting Unit verfolgt werden
• Zu den zukünftigen Weiterentwicklungen, welche für die Leistungsmessung erwartet werden.
Eine solche Fragestellung erlaubt einerseits über die Verbreitung von nicht-finanziellen, multidimensionalen Leistungsindikatoren Rückschlüsse auf die Verbreitung von
mehrdimensionalen Konzepten wie der Balanced Scorecard oder des Tableau de Bord
zu ziehen ohne diese explizit zu nennen und die Untersuchung entsprechend auf diese
Systeme einzuschränken. Ebenso kann aus der Nennung von bestimmten Kennzahlen
die Verbreitung von Shareholder Value Ansätzen (z.B. DCF, EVA) abgeleitet werden
und zugleich der Zusammenhang zwischen Zweck und Inhalt der Leistungsmessung
untersucht werden. Die Fragen nach den Rechts- und Verantwortungsstrukturen ermöglichen einerseits direkte Einsichten in die organisatorische Ausgestaltung der Leistungsmessung, erlauben aber auch die Aussagen zu den Leistungsindikatoren zu plausibilisieren indem Kompetenzen und Verantwortungen diesen gegenüber gestellt werden.
Seite 178
Empirische Erhebungen
5.1.2 Expertenbefragung mittels Fragebogen
5.1.2.1 Untersuchungsgesamtheit, Rücklaufquote
Die nachfolgend dargestellten empirischen Informationen wurden in Form eines
Fragebogens erhoben, welcher im Februar 1999 an 155 ausgewählte multinationale
Unternehmen in der Schweiz und in Deutschland gesandt wurde. Auf eine Zweiterhebung zu einem späteren Zeitpunkt wurde verzichtet, da sich nach Auffassung des
Verfassers einerseits in Bezug auf aktuelle Kennzahlensysteme keine fundamentalen
neuen Entwicklungen ergeben haben und andererseits zu spezifischen Teilaspekten der
vorliegenden Untersuchung die Ergebnisse nachgelagerter empirischer Arbeiten anderer Autoren für Quervergleiche herangezogen werden konnten.
Die Auswahl der befragten Unternehmen erfolgte nach den Kriterien Unternehmensgrösse, Branchenzugehörigkeit und Multinationalität. So wurden zunächst diverse
Firmen-Rankings und Nachschlagewerke konsultiert432 und Grossunternehmen mit
Stammhaus in Deutschland oder in der deutschsprachigen Schweiz eruiert. Tochtergesellschaften von Konzernen mit Hauptsitz ausserhalb Deutschlands oder der
Schweiz wurden dabei nicht berücksichtigt. Als Indiz für die Unternehmensgrösse
wurde in diesem Zusammenhang der Umsatz herangezogen. Die Einschränkung auf
Deutschland und die Deutschschweiz erfolgte, um eine Fokussierung der Umfrageergebnisse auf den deutschsprachigen Raum zu ermöglichen.433 Reine Finanzholdings
wurden von der Untersuchung ausgeklammert, da hier eine geringere Ausrichtung der
Leistungsmessung an den operativen Aufgaben innerhalb des Konzerns vermutet
wurde.
432
433
Germany's Top 300 (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Financial Times 500 (Financial Times), Aktienführer Schweiz (Verlag Finanz- und Wirtschaft), Handelszeitung Top 1000 (Handelszeitung), Fortune Global
500 (Fortune), Hoover's Handbook of World Business (Hoover's).
Österreichische Unternehmen wurden nicht berücksichtigt, da hier im Vergleich zu Deutschland oder der
Schweiz nur eine geringe Zahl multinationaler Grossunternehmen deren Hauptsitz hat.
Empirische Erhebungen
Seite 179
Die Branchenzugehörigkeit war insofern ein Selektionskriterium, als in einem nächsten Schritt durch das Ausscheiden von Finanzdienstleistern wie Banken und Versicherungen eine Einschränkung des Untersuchungsgebiets auf Produktions-, Handels- und
Sachdienstleistungsunternehmen erreicht wurde. Diese Einschränkung wurde vorgenommen, um zu gewährleisten, dass die Homogenität der Untersuchungsgesamtheit
nicht durch die Besonderheiten der Geschäfts- und Finanzstrukturen von Finanzdienstleistern beeinträchtigt wird.
Ebenfalls eliminiert wurden Versorgungsbetriebe der öffentlichen Hand wie etwa
Postbetriebe, Telekommunikationsbetriebe oder Betriebe der Energie- und Wasserversorgung. Betriebe der öffentlichen Hand sind tendenziell eher national ausgerichtet
und entsprechen daher nicht den in Abschnitt 5.1.1 definierten Anforderungen and die
Untersuchungsobjekte. Zudem sollen die Untersuchungsergebnisse vor allem den
Status Quo der Leistungsmessung in ausschliesslich nach privatwirtschaftlichen Kriterien geführten Unternehmen darstellen, was in den oben genannten Branchen nicht
immer sichergestellt ist. Eine weiterführende Selektion nach bestimmten Branchen
wurde nicht durchgeführt. Um den multinationalen Charakter der Untersuchungsgesamtheit zu gewährleisten, wurden aus den verbleibenden Unternehmen nur diejenigen
in die finale Adressliste aufgenommen, die laut verfügbaren Firmeninformationen Eigentümer von Tochtergesellschaften oder Niederlassungen im Ausland waren.
So wurde eine Adressliste mit 155 besonders umsatzstarken, multinationalen Produktions-, Handels- und Sachdienstleistungsunternehmen der Privatwirtschaft mit Hauptsitz in Deutschland oder der Schweiz erstellt. Für diesen eingegrenzten Untersuchungsbereich wurde die Datenerhebung durchgeführt indem ein Fragebogen samt
Begleitschreiben entweder an den Chief Executive Officer (CEO) oder den Chief Financial Officer (CFO) dieser Unternehmen gerichtet wurde.
Von den insgesamt 155 einmalig versandten Fragebögen wurden 38 (24,5%)434 in auswertbarer Form ausgefüllt und zurückgesandt.435 15 Unternehmen (9,7%) sagten die
Teilnahme an der Befragung mit Hinweis auf grundsätzliche Erwägungen, auf die
momentane Kapazitätsauslastung oder auf die zunehmende Fragebogenflut ab. Die
434
435
In den folgenden Auswertungen wird durch den Zusatz «(n=38)» jeweils nochmals explizit auf die Anzahl
der ausgewerteten Fragebogen hingewiesen.
Diese Rücklaufquote ist konsistent mit jenen anderer empirischer Erhebungen auf Ebene «Gesamtunternehmensleitung». Vergleiche hierzu: Maltz et al. (2003), 193.
Seite 180
Empirische Erhebungen
Länderanteile am Gesamtrücklauf entfallen zu rund zwei Dritteln auf die Schweiz
(68,4%) und zu rund einem Drittel auf Deutschland (31,6%). Dabei sind verschiedene
Branchen beziehungsweise Branchengruppen wie Bau, Nahrungs- und Genussmittel,
chemische Produkte, Maschinen, Elektronik, Kommunikation oder Dienstleistungen
vertreten. Da den Respondenten eine «streng vertrauliche» Behandlung ihrer Angaben
zugesichert wurde, wird auf eine Auflistung der an der Befragung teilnehmenden Firmen verzichtet.
Abbildung 56: Untersuchungsgesamtheit und Auswahlkriterien
deutschsprachiger
Raum
Grösse
(Umsatz)
155
umsatzstarke, multinationale
Produktions-, Handels- und
Sachdienstleistungsunternehmen
der Privatwirtschaft
Branchenzugehörigkeit
Multinationalität
Empirische Erhebungen
Seite 181
5.1.2.2 Aufbau und Auswertung
Eine Kopie des Fragebogens ist im Anhang in Abschnitt 7.2 abgebildet. Der Fragebogen setzt sich aus einem Deckblatt und dem eigentlichen Fragenteil zusammen. Das
Deckblatt gibt den Respondenten Ausfüllhinweise436 sowie Raum zur freiwilligen Bekanntgabe persönlicher Daten (Name, Position, Unternehmen). Der Fragenteil selbst
beinhaltet sechs Fragen zu den folgenden fünf Themenbereichen:
• Organisationsform ausländischer Reporting Units (geschlossene Frage mit Ergänzungsmöglichkeiten)
• Aufgaben und Verantwortlichkeiten ausländischer Reporting Units (geschlossene
Frage)
• Zur Messung der Leistung ausländischer Reporting Units eingesetzte Leistungsindikatoren einschliesslich Nennung der diesbezüglichen Kernindikatoren (zwei offene
Fragen)
• Zweck der Leistungsmessung (geschlossene Frage mit Ergänzungsmöglichkeiten)
• Zukünftige Entwicklungstrends in der Leistungsmessung (offene Frage)
Um den Respondenten genügend Freiraum zur Darstellung der individuellen Leistungsindikatoren und Erwartungen betreffend die Zukunft der Leistungsmessung zu
geben, wurde für die diesbezüglichen Themenbereiche die Form der offenen Fragestellung gewählt. Die Form der geschlossenen Fragestellung wurde hingegen in denjenigen Bereichen eingesetzt, wo die Anzahl und Ausprägung der Antwortmöglichkeiten
relativ gering und vorhersehbar erschien (Organisationsform, Aufgaben und Verantwortlichkeiten, Zweck der Leistungsmessung). Den Respondenten wurde jedoch auch
bei den geschlossenen Fragen Raum für individuelle Anmerkungen und Ergänzungen
gegeben.
Die Auswertung der Antworten erfolgte zunächst durch Einsatz des statistischen Verfahrens der univariaten Häufigkeitsverteilung. Die Häufigkeitsverteilungen wurden
anhand der absoluten Belegung der einzelnen Antwortausprägungen (absolute Häufigkeiten) sowie anhand der anteilsmässigen Darstellung dieser Werte (relative Häufig-
436
Unter anderem die Definition einer «ausländischen Reporting Unit» sowie die Anleitung zum Fokus auf
eine einzelne, möglichst repräsentative Reporting Unit.
Seite 182
Empirische Erhebungen
keiten) analysiert. Absolute und relative Häufigkeiten beziehen sich dabei jeweils auf
die Anzahl beziehungsweise den Anteil der Respondenten, die eine bestimmte Antwortausprägung nennen.
In einem nächsten Schritt wurden anschliessend die Nennungen der Respondenten zu
den einzelnen Fragen über Kreuztabellen miteinander kombiniert. Über solche Kreuztabellen wurde untersucht, welche Antwortausprägungen in welchem Ausmass gemeinsam auftreten. Dies ermöglicht die Erläuterungen zu den Zusammenhängen zwischen Organisationsform, Verantwortlichkeiten, Leistungsindikatoren, Zweck der
Leistungsmessung und erwarteten Entwicklungstrends in Abschnitt 5.2 bis Abschnitt
5.6.
5.1.3 Expertenbefragung mittels Fachgespräch
5.1.3.1 Durchführung und Gesprächscharakter
Im Vorfeld der Fragebogenaktion wurden in der Schweiz, in Liechtenstein und in den
USA mehrere Fachgespräche mit Managern auf Konzernleitungsebene durchgeführt.
Ziel dieser Gespräche war es, erste empirische Informationen zum Stand der Leistungsmessung in der Unternehmenspraxis zu sammeln. Bei den kontaktierten Unternehmen handelte es sich um führende multinationale Unternehmen aus verschiedenen
Wirtschaftszweigen (Nahrungs- und Genussmittel, Chemie, Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektronik, Software, Handel und Banken). Auf eine explizite Nennung der
Firmen und Gesprächspartner wird aufgrund der zugesicherten Diskretion verzichtet.
Die Interviews, welche in der Regel zwei bis drei Stunden dauerten, waren grundsätzlich als offene Gespräche ausgelegt, wurden aber anhand eines umfangreichen Interviewleitfadens strukturiert. Aus diesem Leitfaden wurde in gekürzter und leicht abgeänderter Form der in Abschnitt 5.1.2.2 vorgestellte Fragebogen abgeleitet.
Empirische Erhebungen
Seite 183
5.1.3.2 Auswertung
Da bei den Fachgesprächen keine repräsentative Grosserhebung vollzogen wurde, erscheint eine statistische Auswertung der diesbezüglichen Daten nicht angebracht.
Vielmehr werden die in diesen Interviews zur Leistungsmessung erkennbaren Trends
und Praktiken zur Überprüfung der Plausibilität der Fragebogenergebnisse herangezogen. Auch waren die Hinweise und Erläuterungen der interviewten Experten eine geschätzte Hilfestellung bei der Erstellung der Endfassung des in Folge versandten Fragebogens sowie bei der Interpretation der empirischen Ergebnisse wie sie sich später
im Rahmen der Auswertungen präsentierten.
5.1.4 Darstellung der Resultate der empirischen Erhebungen
In den nachfolgenden Abschnitten 5.2 bis 5.6 werden die Ergebnisse der empirischen
Erhebungen dargestellt. Diese basieren primär auf den Erhebungen mittels Fragebogen. Die angegebenen Prozentwerte sind auf ganzzahlige Werte gerundet und beziehen
sich auf den Anteil der Respondenten, welcher im Rahmen der Fragebogenaktion die
jeweiligen Merkmalausprägungen beziehungsweise die Kombinationen von Merkmalausprägungen als Antwort nennt. Wo diese Fragebogenergebnisse durch Beobachtungen und Hinweise aus den Fachgesprächen ergänzt werden, wird dies ausdrücklich
erwähnt. In den Schlussfolgerungen in Abschnitt 6 werden diese Ergebnisse mit den
Resultaten anderer, zum Teil auf ganz bestimmte Systeme der Leistungsmessung ausgerichtete Studien verglichen, plausibilisiert und zu Gesamtaussagen zusammengeführt.
Seite 184
Empirische Erhebungen
5.2 Organisationsform der «Reporting Units»
Die Leistungsmessung wird auf Objekte angewendet, für welche die Leistung erfasst
werden soll. Für die empirischen Erhebungen wurden in der vorliegenden Arbeit die
ausländischen Reporting Units multinationaler Unternehmen als solche Objekte der
Leistungsmessung analysiert.
Als Arbeitshypothese für die empirischen Erhebungen wurde davon ausgegangen, dass
die Wahl der Organisationsform einer Reporting Unit auf die Ausgestaltung der Leistungsmessung keinen Einfluss haben sollte. Um diese Hypothese zu prüfen und gegebenenfalls in der Lage zu sein, eventuell doch bestehende Auswirkungen der Organisationsform auf die Wahl der Leistungsindikatoren interpretieren zu können, erschien
es zunächst notwendig, die rechtliche beziehungsweise organisatorische Eingliederung
ausländischer Berichtseinheiten zu erfassen.
Grundsätzlich kann sich die Leistungsmessung bei der Definition der Berichtseinheiten sowohl an den bestehenden Rechtseinheiten, in der Regel Tochtergesellschaften
mit eigener Rechtskörperschaft, orientieren oder aber von der Rechtsstruktur unabhängige Verantwortungsbereiche definieren (Divisionen, strategische Geschäftseinheiten, «Business Units», etc.).
Abbildung 57 stellt diese grundsätzlichen Möglichkeiten schematisch dar. Bei der
Leistungskonsolidierung nach legalen Tochtergesellschaften entsprechen sich Berichtseinheiten («Reporting Units») und Rechtseinheiten («Legal Units») weitgehend.
Sind die Berichtseinheiten von der Rechtsstruktur unabhängig, so werden über die Definition von Divisionen oder strategischen Geschäftseinheiten gleichsam «virtuelle»
Einheiten im Unternehmen («Unternehmen im Unternehmen», «Virtual Companies»)
geschaffen. Die Leistungsmessung setzt sich bei der virtuellen Struktur über die Grenzen der Rechtseinheiten hinweg und schafft sich ihre eigenen Auswertungs- und Konsolidierungskriterien wie zum Beispiel die Zugehörigkeit zu Produktgruppen, geographischen Märkten, Kundengruppen oder Absatzkanälen.
Empirische Erhebungen
Seite 185
Abbildung 57: Organisatorische Eingliederung von Reporting Units
Alternative 1:
Alternative 2:
LEGALE EINHEITEN
VIRTUELLE EINHEITEN
Berichtseinheit = Rechtseinheit
Berichtseinheit ≠ Rechtseinheit
Berichtseinheit
Rechtseinheit
Seite 186
Empirische Erhebungen
In der Frage nach der Organisationsform wurden die Experten aus der Praxis daher
gebeten, von diesen beiden grundsätzlichen Formen der Leistungskonsolidierung jene
zu nennen, welche für die Leistungsmessung im jeweiligen Unternehmen als wichtig
einzustufen ist. Für die organisatorische Eingliederung von ausländischen Reporting
Units wurden gemäss der schematischen Darstellung in Abbildung 57 somit folgende
Antwortalternativen als geschlossene Frage vorgegeben:
• Die Leistungskonsolidierung nach rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften
(Berichtseinheiten = Rechtseinheiten)
• Die Leistungskonsolidierung nach Divisionen oder strategischen Geschäftseinheiten
(Berichtseinheiten ≠ Rechtseinheiten)
Wie die Ergebnisse der Umfrage zeigen, sind ausländische Reporting Units für den
Zweck der Leistungsmessung sowohl als Divisionen beziehungsweise strategische Reporting Units (45%, n=38)437 als auch als selbständige Rechtseinheiten organisiert
(42%). 13% der Befragten geben in separaten Ergänzungen an, beiden Organisationsformen in der Performance Messung die gleiche Bedeutung zukommen zu lassen.
Eine eindeutige Bevorzugung der einen oder anderen Form der Leistungskonsolidierung ist aus den vorliegenden Fragebogenresultaten somit nicht ersichtlich. Diese Beobachtung wird auch durch die Fachgespräche mit den Experten bestätigt. Komplexe
Matrixkonstruktionen, welche beispielsweise eine Konsolidierung sowohl nach Produkten (Divisionen) als auch nach Märkten (mit den Rechtseinheiten als «Legal
Shells» für die Länderaktivitäten) durchführen, werden in diesen Gesprächen teilweise
als Lösungsansätze zur Koordinierung von überregionalen und lokalen Bedürfnissen
eingesetzt.
437
Die in den Abschnitten 5.1.4 bis 5.6 angegebenen Prozentwerte zeigen, welcher Anteil der mittels Fragebogen erreichten Respondenten den jeweiligen Punkt als Antwort nennt. Die Angaben sind auf ganzzahlige
Prozentwerte gerundet.
Empirische Erhebungen
Seite 187
Andere Firmen bekennen sich wiederum zu einem «Hotel-Konzept»: Rechtseinheiten
werden in den einzelnen Ländern als legale Vehikel verstanden, welche mehrere «Business Units» beherbergen und auf die kosteneffiziente Optimierung der legalen und
steuerlichen Anforderungen ausgerichtet sind. Kosteneffiziente Optimierungen können
in den «Hotel-Konzepten» etwa durch gemeinsame Nutzung von Administrationsstrukturen, Einsparungen bei den Verwaltungsorganen, Senkung der Jahresabschlusskosten oder die Nutzung anderer Synergiemöglichkeiten erzielt werden.438
Aus den Fragebogenergebnissen geht jedoch nicht nur die organisationsbezogene
Gleichwertigkeit von Rechtseinheiten und «virtuellen Einheiten» für die Leistungsmessung hervor. Wird mit Hilfe von Kreuztabellen der Zusammenhang zwischen der
Wahl der Leistungsindikatoren und der Form der Organisatorischen Eingliederung der
ausländischen Berichtseinheiten untersucht, so zeigt sich, dass die Häufigkeit der verschiedenen Leistungsindikatoren – mit einigen wenigen Ausnahmen439 – erstaunlich
gleichmässig über die beiden oben genannten alternativen Formen der Leistungskonsolidierung hinweg verteilt ist.
Diese Beobachtungen lassen den Rückschluss zu, dass die organisatorische Eingliederung der Berichtseinheiten weitgehend irrelevant für den Inhalt der Leistungsmessung ist und die diesbezügliche Arbeitshypothese somit bestätigt ist. Dies legt wiederum die Vermutung nahe, dass weniger die rechtliche Hülle als vielmehr die an die
ausländischen Reporting Units delegierte Verantwortung einen massgeblichen Einfluss
auf die Ausgestaltung der Leistungsmessung ausübt. Dieser Zusammenhang wird im
folgenden Abschnitt untersucht.
438
439
Diese Aussage beruht auf den Ergebnissen der Fachgespräche und den eigenen praktischen Erfahrungen des
Verfassers.
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 5.3.3 und Abschnitt 5.4.3.
Seite 188
Empirische Erhebungen
5.3 Verantwortlichkeiten der «Reporting Units»
Um den Zusammenhang zwischen der Wahl der Leistungsindikatoren und dem Verantwortungsprofil der ausländischen Reporting Units beurteilen zu können, musste
zunächst eruiert werden, welche Verantwortlichkeiten («Responsibilities») den ausländischen Berichtseinheiten in der Regel übertragen wird.
In Form einer geschlossenen Frage wurden die Experten daher gebeten, von 27 Antwortalternativen diejenigen Verantwortlichkeiten anzukreuzen, welche ausländischen
Reporting Units in ihrem Unternehmen in der Regel zugeordnet werden. Einen zu vier
Bereichen zusammengefassten Überblick zu den vorgegebenen Antwortalternativen
gibt Abbildung 58.440
Im Bereich «Produktion, Verkauf, Marketing, Kundendienst» wurden Verantwortlichkeiten aufgelistet, welche eng mit der Herstellung und dem Verkauf von Waren oder
Dienstleistung verbunden sind und vom Kunden möglichst direkt wahrgenommen
werden können. So wurden diesem Bereich neben der Herstellung und dem Verkauf
von Waren oder Dienstleistungen nicht nur der Kundendienst, sondern auch Marketingaufgaben wie die Produktgestaltung, die Preisgestaltung, die Werbung und die
Distribution zugeordnet, welche zusammen den klassischen «Marketing Mix» repräsentieren.
Die Verantwortlichkeiten für die Produktion und die Preisgestaltung wurden weiter
danach aufgeteilt, ob die diesbezüglichen Leistungen für externe oder interne Kunden
des Unternehmens erbracht wurden (Verkäufe an Dritte versus Transferleistungen
innerhalb des Unternehmens, Preisgestaltung gegenüber Dritten versus Transferpreisgestaltung).
440
Vergleiche hierzu auch: Kopie des Fragebogens in Abschnitt 7.2.
Empirische Erhebungen
Seite 189
Abbildung 58: Antwortalternativen zum Verantwortlichkeitsprofil
PRODUKTION, VERKAUF,
MARKETING, KUNDENDIENST
•
Produktion von Waren
•
Verkauf von Waren (an Dritte)
•
Erbringen von Dienstleistungen
•
Preisgestaltung bei Produkten und
Dienstleistungen (verkauft an Dritte)
•
Produktgestaltung
•
Lieferung von Produkten oder Dienstleistungen an andere Reporting Units
•
Transferpreisgestaltung für Lieferungen
an andere Reporting Units
•
Werbung
•
Distribution
•
Kundendienst, After Sales Service
VERMÖGEN, FREMDKAPITAL,
EIGENKAPITAL
•
Beschaffung und Verwaltung von
flüssigen Mitteln (Cash Management)
•
Debitorenverwaltung
•
Lagerhaltung
•
Verwaltung von Produktionsanlagen und
sonstigem materiellem Anlagevermögen
•
Verwaltung von immateriellem Anlagevermögen (Patente, Marken, etc.)
•
Kreditorenverwaltung
•
Beschaffung und Verwaltung von
kurzfristigem Fremdkapital (≤ 1 Jahr)
•
Beschaffung und Verwaltung von
langfristigem Fremdkapital (> 1 Jahr)
•
Beschaffung und Verwaltung von
Eigenkapital
EINKAUF, F&E,
PERSONAL, FÜHRUNG
•
Einkauf
•
Forschung und Entwicklung
•
Personal, Mitarbeiterentwicklung,
Human Resource Management
•
Führung von weiteren Tochtergesellschaften oder Reporting Units
WECHSELKURSE, INFLATION,
ZINSEN, STEUERN
•
Kontrolle der Auswirkungen von
Wechselkursschwankungen auf das
finanzielle Ergebnis der Reporting Unit
•
Kontrolle der Auswirkungen der
Inflationsentwicklung auf das
finanzielle Ergebnis der Reporting Unit
•
Kontrolle der Auswirkungen der
Zinssatzentwicklung auf das
finanzielle Ergebnis der Reporting Unit
•
Kontrolle der Auswirkungen der
Einkommens- und Vermögenssteuern
auf das finanzielle Ergebnis der
Reporting Unit
Seite 190
Empirische Erhebungen
Im Bereich «Einkauf, Forschung & Entwicklung, Personal und Führung» wurden vor
allem jene Verantwortlichkeiten zusammengefasst, welche zwar die Produktion und
den Verkauf von Waren und Dienstleistungen unterstützen, vom Kunden in der Regel
aber nicht direkt wahrgenommen werden können. Die in Abbildung 58 links oben und
links unten angeordneten Felder vertreten zusammen jene Verantwortlichkeiten und
Tätigkeiten, welche dem Umsatz, den Herstellkosten sowie den Verwaltungs- und
Vertriebskosten zu Grunde liegen. Diese beiden Felder verkörpern somit die wichtigsten Ertrags- und Aufwandspositionen in der Erfolgsrechnung. Sie decken – je nach
Ausprägung – Reporting Units mit Umsatzverantwortung («Revenue Center»), mit
Kostenverantwortung («Cost Center») oder mit Erfolgsverantwortung («Profit Center») ab.441
Die zentralen Vermögenspositionen und deren Finanzierung, welche normalerweise
der Bilanz eines Unternehmens (oder der Bilanzzuordnung auf Geschäftsbereiche) zu
entnehmen sind, werden von den Verantwortlichkeiten aus dem Bereich «Vermögen,
Fremdkapital, Eigenkapital» verkörpert (in Abbildung 58 rechts oben positioniert).
Hierzu zählen die Verantwortlichkeiten für das Umlaufvermögen (Cash Management,
Debitorenverwaltung, Lagerhaltung) sowie das materielle und immaterielle Anlagevermögen. Auf der Finanzierungsseite wurden die Verantwortungen für die Beschaffung und Verwaltung von Kreditoren, sonstigem kurzfristigem Fremdkapital,
langfristigem Fremdkapital und Eigenkapital erfasst. Dieses Feld deckt somit zusätzlich die Verantwortlichkeiten von Reporting Units mit Kapitalverantwortung («Investment Center») ab, die sich von der Verantwortung für einzelne Vermögensbestandteile bis hin zur Verantwortung für das gesamte operativ eingesetzten Nettovermögen (z.B. «Net Operating Assets») beziehungsweise finanzierungsseitig bis hin zur
Gesamtkapitalverantwortung (z.B. «Capital Employed») erstrecken kann.442
441
442
Zu den Begriffen «Revenue Center», «Cost Center», «Profit Center» und «Investment Center» vergleiche
Horngren et al. (2003), 191f. sowie Horngren et al. (2005), 384f. In Ergänzung dazu vergleiche aus dem
wertorientierten Management den Begriff des «Value Center»: Kucher (2000), 67. Stührenberg et al.
(2003), 76.
Auf eine genaue Abgrenzung zwischen «Net Operating Assets» und «Capital Employed» wird an dieser
Stelle verzichtet. Gemäss eigenen Beobachtungen des Verfassers werden diese in der Regel unternehmensspezifisch definiert. Das «Capital Employed» entspricht dabei der Summe aus Eigenkapital und Nettoschulden («Net Debt») und dient dazu, die «Net Operating Assets» zu finanzieren. Umstritten kann hierbei jedoch insbesondere die konkrete Zuordnung von Steuerpositionen (z.B. latente Steuern) oder einzelnen Finanzpositionen sein (z.B. Pensionsverbindlichkeiten).
Empirische Erhebungen
Seite 191
Im Feld «Wechselkurse, Inflation, Zinsen, Steuern» wurden schliesslich noch jene
Verantwortlichkeiten zusammengefasst, welche einen massgeblichen Einfluss auf das
finanzielle Ergebnis eines Unternehmens haben können, aber eher den externen Bedingungen des volkswirtschaftlichen Umfeldes als der eigentlichen internen Betriebstätigkeit zuzuschreiben sind. Zusammen mit den Transferpreisen bei Produktion und
Verkauf bilden diese Punkte die wichtigsten finanziellen Störfaktoren in multinationalen Unternehmen ab.443
5.3.1 Relative Häufigkeit der einzelnen Verantwortlichkeiten
Die Antworten der mittels Fragebogen befragten Experten wurden in einem ersten
Schritt danach ausgewertet, welche Verantwortlichkeiten an ausländische Reporting
Units delegiert werden. Abbildung 59 zeigt im Überblick, welcher Prozentanteil der
Respondenten die verschiedenen Verantwortungsausprägungen nennt.444
Zu den wichtigsten Aufgaben und Verantwortlichkeiten der ausländischen Reporting
Units zählen demnach hauptsächlich die Produktion und der Verkauf von Waren oder
Dienstleistungen. Dabei sind die Berichtseinheiten zwar regelmässig für den Verkauf
(100%), aber nicht immer auch für die diesbezügliche Produktion zuständig (97%).
Beinahe ebenso häufig wie die Verkaufsaufgaben werden auch die Debitorenverwaltung, die Preisgestaltung (gegenüber Dritten), die Distribution und der Kundendienst
delegiert. Reporting Units mit Umsatzverantwortung scheinen somit auch für die Wahl
der Absatzkanäle, das Festlegen der Verkaufspreise, das Einbringen der Debitorenforderungen sowie die dem Verkauf nachgelagerte Kundenbetreuung («After Sales Service») zuständig zu sein.
443
444
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in Abbildung 59 nur die am häufigsten beziehungsweise am
seltensten delegierten Verantwortlichkeiten aufgeführt.
Seite 192
Empirische Erhebungen
Abbildung 59: Verantwortlichkeiten der Reporting Units (n=38)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90% 100%
Verkauf von Waren oder
Dienstleistungen
100%
97%
Produktion von Waren oder
Dienstleistungen
97%
Debitorenverwaltung
Kundendienst
89%
Kreditorenverwaltung
89%
Preisgestaltung
(Verkäufe an Dritte)
87%
Einkauf
87%
Verwaltung von materiellem
Anlagevermögen
87%
Lagerverwaltung
84%
Distribution
84%
Personalführung
(meist ohne Kader)
84%
Kontrolle von Zins- oder
Steuereinflüssen
39%
Transferpreisgestaltung
37%
Verwaltung von
immateriellem Vermögen
29%
Beschaffung & Verwaltung
von langfr. Fremdkapital
Beschaffung & Verwaltung
von Eigenkapital
11%
5%
Empirische Erhebungen
Seite 193
Weiter deuten die in Abbildung 59 dargestellten Häufigkeitsverteilungen darauf hin,
dass ausländische Berichtseinheiten, welche Waren oder Dienstleistungen produzieren,
auch mit der Verantwortung für das materielle Anlagevermögen (87%) und mit der
Lagerhaltung (84%) betraut werden. Dieser naheliegende Zusammenhang, der durch
die Ergebnisse in Abschnitt 5.3.2 bestätigt wird, erscheint insofern nachvollziehbar als
er einen typischen Produktionsprozess abbildet, in dessen Verlauf zunächst Vermögen
(z.B. Maschinen) zur Produktion von Waren eingesetzt wird und anschliessend die so
hergestellten Waren bis zum Verkaufszeitpunkt auf Lager gelegt werden. Werden die
Produktionsleistungen jedoch für interne Abnehmer erbracht (Produktion von Transferleistungen445), so tragen ausländische Reporting Units allerdings nur in etwa der
Hälfte dieser Fälle auch Verantwortung für das Festlegen der diesbezüglichen Transferpreise.446
Als unterstützende Aufgaben werden den ausländischen Reporting Units neben Verkaufs- und Produktionsaufgaben zudem häufig der Einkauf und die Personalführung
übertragen. Ähnlich wie Verkauf und Debitorenverwaltung inhaltlich zusammenhängen, hängen auch Einkauf und Kreditorenverwaltung zusammen.447 Es erscheint
daher plausibel, dass der Einkauf und die Kreditorenverwaltung beinahe gleich häufig
an die ausländischen Reporting Units delegiert werden.
In Bezug auf die Personalführung ist anzumerken, dass die Verantwortung für Kaderentscheidungen von den befragten Experten wiederholt von der Personalverantwortung
ausgeschlossen wurde. Die delegierte Personalverantwortung umschliesst folglich insbesondere die Beschaffung und Weiterentwicklung von Arbeitnehmern für Nicht-Kader-Positionen sowie das generelle Personalkostenmanagement
Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die hingegen eher selten an ausländische Reporting Units übertragen werden, sind vor allem im Bereich der Finanzierung angesiedelt.
So werden etwa die Verantwortlichkeiten für die Beschaffung und Verwaltung von
langfristigem Fremdkapital (11 %) oder Eigenkapital (5%) nur in Einzelfällen an aus-
445
446
447
71% der Respondenten zählen die Produktion von Transferleistungen in ihrem Unternehmen zu den Aufgaben von ausländischen Reporting Units.
Nur 37% der Respondenten geben an, dass die Verantwortung für die Transferpreisgestaltung an die Reporting Units delegiert wird.
Dieser Zusammenhang wird wiederum in Abschnitt 5.3.2 bestätigt.
Seite 194
Empirische Erhebungen
ländische Berichtseinheiten delegiert und bilden somit das Schlusslicht in der Liste der
übertragenen Aufgaben.
Relativ selten werden von den befragten Experten des Weiteren die Verwaltung von
immateriellem Vermögen (29%) sowie die Kontrolle der Zins- und Steuereinflüsse
(39%) genannt. Die nur zögernde Delegation der Verantwortung für immaterielle
Werte entspricht in etwa dem Ergebnis früherer empirischer Untersuchungen448 und
lässt sich wohl damit begründen, dass diese Vermögenswerte durch "ihre fehlende
physische Existenz für das Management weniger gut greifbar und darum schwieriger
zu bewirtschaften [sind] als das Sach- und Finanzvermögen."449
Bei den Zins- und Steuereinflüssen hingegen ist die Bewertbarkeit weniger ein Problem: Die Auswirkungen von Änderungen bei diesen Variablen auf das finanzielle Ergebnis der Berichtseinheiten sind in der Regel relativ einfach quantifizierbar. Problematisch ist in diesem Zusammenhang eher das Kriterium der Kontrollierbarkeit
(«Controllability»)450 dieser Einflüsse. Veränderungen in der Zinslandschaft oder in
der Steuergesetzgebung sind für die lokalen Manager in der Regel nicht kontrollieroder beherrschbar, sondern bestenfalls absehbar.
Gerade im Hinblick auf die Zinswirkung zeigt Abbildung 59 zudem eindrücklich, dass
gerade die Beschaffung und Verwaltung von Fremd- und Eigenkapital in den meisten
Fällen der Unternehmenszentrale vorbehalten bleibt. Folglich werden das Zinsmanagement und andere Finanzierungs- und Treasuryaufgaben üblicherweise von der
Unternehmenszentrale aus betreut. Dies bedeutet wiederum, dass die Berichtseinheiten
die Zinskosten zwar über die Höhe des im Vermögen gebundenen Kapitals beeinflussen können, nicht aber über den Preis des Kapitals.
448
449
450
Vergleiche hierzu: Von Rütte/Hoenes (1995), 333ff. Von Rütte/Hoenes stellen im Rahmen ihrer empirischen Erhebungen fest, dass im internationalen Durchschnitt nur etwa ein Drittel der Unternehmen erworbene immaterielle Werte bewerten und dass bei den selbst erarbeiteten immateriellen Werten dieser Anteil
noch weiter auf rund ein Viertel sinkt.
Von Rütte/Hoenes (1995), 327.
Zur «Controllability»: vergleiche Abschnitt 3.5.3.6.
Empirische Erhebungen
Seite 195
Gleiches gilt in Bezug auf die Delegation der Verantwortung für die finanziellen Auswirkungen von Wechselkursschwankungen oder inflationären Entwicklungen, welche
im Vergleich zu anderen Verantwortlichkeiten ebenfalls nicht besonders ausgeprägt ist
(53% beziehungsweise 68%). Auch hier stellt sich die Frage nach der «Controllability» dieser grundsätzlich quantifizierbaren Einflussgrössen.451
Die Ergebnisse der im Vorfeld der Fragebogenaktion durchgeführten Fachgespräche
deuten darauf hin, dass diese volkswirtschaftlichen Faktoren in Anbetracht der angestrebten Einfachheit und Handhabbarkeit der Leistungsmessung bereits im Rahmen
der Budgetierung berücksichtigt werden und zudem Auswertungen möglichst in lokaler Währung erfolgen. Treten im Verlauf der Berichtsperiode keine unvorhersehbar
starken Inflations- oder Währungseinflüsse auf, so erscheint es für die meisten der befragten Experten nicht zwingend notwendig, das erzielte finanzielle Ergebnis über entsprechende Abweichungsanalysen um diesbezügliche Einflussfaktoren zu bereinigen.
Auch die Produktgestaltung, die Forschung & Entwicklung, das Cash Management
sowie die Führung weiterer Berichtseinheiten werden im Vergleich zu anderen Verantwortlichkeiten eher selten dem Verantwortungsbereich der ausländischen Reporting
Units zugeordnet (jeweils 45% der Nennungen). Gründe dafür, dass diese Aufgaben
von den befragten Unternehmen zu einem guten Teil von der Unternehmenszentrale
wahrgenommen werden, können in der Geheimhaltung von wichtigem Know How, in
der Erzielung von Synergieeffekten oder in steuerplanerischen Absichten452 gesucht
werden.
451
452
Auswirkungen von Wechselkursschwankungen können in Form von «Transaction Gains/Losses»
(transaktionsbezogene Verluste) oder als «Translation Gains/Losses» (reine Umrechnungsverluste) ermittelt
werden. Konzepte für die Quantifizierung von Inflationswirkungen bietet das «Inflation Accounting».
Die Preisgestaltung von zentral erbrachten F&E-Leistungen sowie das zentrale Management von Markenund Lizenzrechten kann im Konzernverbund wesentliche Steuerwirkung entfalten.
Seite 196
Empirische Erhebungen
5.3.2 Gemeinsame Nennung von Verantwortlichkeiten
Aus der Analyse der relativen Häufigkeitsverteilung der genannten Verantwortlichkeiten konnten in Abschnitt 5.3.1 erste Rückschlüsse auf die typischen Verantwortungsprofile von ausländischen Reporting Units gezogen werden. Über die Erstellung von Kreuztabellen konnte weiter untersucht werden, welche Verantwortlichkeiten nicht nur einzeln betrachtet am häufigsten vorkommen, sondern auch häufig
gemeinsam genannt werden.
Ausländische Reporting Units sind gemäss diesen Auswertungen keine reinen Vertriebsgesellschaften, sondern Produktions- und Verkaufseinheiten, welche insbesondere auch Verantwortung für das Nettoumlaufvermögen (exklusive Cash) sowie das
Anlagevermögen tragen. Diese Aufgaben schliessen gewöhnlich die zum Verkauf gehörende Preisgestaltung und Debitorenverwaltung, den Einkauf samt Kreditorenverwaltung, die Lagerverwaltung, das Anlagenmanagement und die Personalführung
(ohne Kader)453 mit ein. Die bereits konstatierte Bedeutung der Produktion von Transferleistungen wird bestätigt.
Für Aufgaben wie die Forschung & Entwicklung oder die Verwaltung immaterieller
Werte sind ausländische Reporting Units hingegen nur in eingeschränktem Masse zuständig. Werden diese Aufgaben dennoch übertragen, dann meist gemeinsam. Die
Verantwortung für Forschung und Entwicklung tritt häufig zusammen mit der Verantwortung für die Produktgestaltung auf. Die Verantwortung für Produktgestaltung,
Preisgestaltung, Werbung und Distribution, welche gemeinsam den «Marketing Mix»
verkörpern, treten ebenfalls häufig gemeinsam in Erscheinung. Die Antworten der
Respondenten legen jedoch nahe, dass diese Marketingaufgaben aber nicht zwingendermassen zusammen mit der Verkaufsverantwortung delegiert werden.
Nur selten übertragen werden Aufgaben und Verantwortlichkeiten aus den Bereichen
Cash Management oder langfristige Finanzierung (langfristiges Fremdkapital, Eigenkapital). Reporting Units, welche dennoch Verantwortung für die Beschaffung und
Verwaltung des langfristigen Fremdkapitals tragen, sind in der Regel auch für das Eigenkapital verantwortlich (und umgekehrt).
453
Zum Ausschluss der Kaderverantwortung: Abschnitt 5.3.1.
Empirische Erhebungen
Seite 197
Gleiches gilt für die Verantwortung betreffend die Auswirkungen von Zinsen, Steuern,
Wechselkursen und Inflation. Diese Aufgaben werden in der Regel ebenfalls gemeinsam delegiert, insbesondere dann, wenn eine Reporting Unit auch für die Finanzierung
und das Cash Management zuständig ist. Dass die ausländischen Berichtseinheiten
jedoch gewöhnlich nicht für die Zins- und Steuerwirkung verantwortlich gemacht
werden, wird auch durch die starke Verbreitung der Kennzahl EBIT plausibilisiert.454
Die Verantwortung für das Cash Management sowie die Fremdkapitalbeschaffung
wird tendenziell eher dann an ausländische Reporting Units übertragen, wenn diese als
selbständige Rechtseinheiten organisiert sind. Für die anderen Verantwortungs- beziehungsweise Delegationsbereiche können in Abhängigkeit von der Organisationsform
der Leistungskonsolidierung keine massgeblichen Unterschiede in der Häufigkeit der
Nennungen festgestellt werden. Die Übertragung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten von der Unternehmenszentrale an die ausländischen Tochtergesellschaften ist
also weitgehend davon unabhängig, ob diese als selbständige Rechtseinheiten oder als
von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen organisiert sind. Die Gesamtschau
dieser Ergebnisse legt nahe, dass ausländische Reporting Units vorwiegend als «Investment Center» mit Verantwortung für das im betrieblichen Nettovermögen investierte Kapital geführt werden.
5.3.3 Verantwortlichkeiten in Abhängigkeit von der Rechtsform
Ebenso wie in Abschnitt 5.3.2 die Abhängigkeit der Verantwortlichkeiten untereinander, wurden die Fragebogenergebnisse auch auf die Abhängigkeit der Verantwortlichkeiten von der Organisationsform hin untersucht. Bei den einzelnen Verantwortlichkeiten liessen sich keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeitsverteilung feststellen, die auf einen massgeblichen Einfluss der Organisationsform hindeuten würden. Ob eine Reporting Unit als selbständige Rechtseinheit oder als virtuelle Berichtseinheit aufgestellt ist, erscheint gemäss diesen Resultaten für die Delegation von Verantwortung in der Regel unerheblich.
454
Vergleiche hierzu: Abschnitt 5.4.1.1.
Seite 198
Empirische Erhebungen
Eine Ausnahme von dieser Regel konnte nur in den Bereichen Cash Management und
Fremdkapitalverantwortung festgestellt werden. Diese Verantwortungen werden deutlich häufiger an Reporting Units delegiert, die als selbständige Rechtseinheiten organisiert sind. Während sich bei den anderen Verantwortlichkeiten die Differenz zwischen
relativer Häufigkeit bei selbständigen Rechtseinheiten und relativer Häufigkeit bei
virtuellen Berichtseinheiten im Durchschnitt auf 2.2% (n=38) der Respondenten belief455, wurden in den genannten Ausnahmebereichen folgende Werte festgestellt:
• Cash Management: Bei 29% der Respondenten wird das Cash Management an als
Rechtseinheiten organisierte Reporting Units delegiert, jedoch nur bei 11% der
Respondenten an als von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen (Differenz
18%).
• Kurzfristiges Fremdkapital: Bei 34% der Respondenten werden Beschaffung und
Verwaltung von kurzfristigem Fremdkapital an als Rechtseinheiten organisierte Reporting Units delegiert, jedoch nur bei 24% der Respondenten an als von der
Rechtsstruktur unabhängige Divisionen (Differenz 10%).
• Langfristiges Fremdkapital: Bei 8% der Respondenten werden Beschaffung und
Verwaltung von langfristigem Fremdkapital an als Rechtseinheiten organisierte Reporting Units delegiert, jedoch bei keinem der Respondenten an als von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen (Differenz 8%).
Dieses Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass Cash Management und
Fremdkapitalverantwortung nur selten delegiert werden. Werden diese Aufgaben dennoch delegiert, so ist dies vermutlich zumeist in Unternehmensverbunden mit hoher
rechtlicher und finanzieller Eigenständigkeit und somit hohem Dezentralisierungsgrad
der Fall.
455
Bei einer maximalen Differenz in Höhe von 5% der Respondenten.
Empirische Erhebungen
Seite 199
5.4 Indikatoren zur Messung der Leistung von Reporting Units
In Abschnitt 5.2 wurde gezeigt, dass die Form der organisatorischen Eingliederung
von ausländischen Reporting Units für die Leistungsmessung eine untergeordnete
Rolle spielt. Die Resultate in Abschnitt 5.3 deuten darauf hin, dass die Berichtseinheiten vorwiegend als «Investment Center» mit Verantwortung für das betriebliche
Nettovermögen betrachtet werden, die Kompetenz für Finanzierungsentscheide jedoch
nicht übertragen wird. Im vorliegenden Abschnitt wird nun zunächst gezeigt, welche
Leistungsindikatoren in der Unternehmenspraxis gemäss Fragebogenaktion am meisten verbreitet sind. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Verbreitung und Ausgestaltung
der in Abschnitt 4 diskutierten repräsentativen Systeme der Leistungsmessung.
Zu diesem Zweck wurden die Respondenten gebeten, sich die im eigenen Unternehmen verwendeten standardisierten, periodischen Leistungsberichte der ausländischen
«Reporting Units» (z.B. monatlicher Leistungsbericht an die Unternehmenszentrale
oder Geschäftsleitung) vor Augen zu führen. Vor diesem Hintergrund wurde gefragt,
ob in diesen formalen Leistungsberichten Leistungsindikatoren aus folgenden zehn
Themenfeldern abgebildet sind:456
• Profitabilität und Wertsteigerung
• Kosteneffizienz
• Liquidität und Stabilität
• Wachstum
• Innovationskraft
• Qualitätsmanagement & Continuous Improvement
• Kunden
• Konkurrenten
• Mitarbeiter
• Sonstige wichtige Indikatoren
456
Ein erster Ansatz zur Strukturierung von Leistungsaspekten wurde bereits durch den «Leistungswürfel» in
Abschnitt 2.2 geliefert. Dieses Einordnungsraster wurde für die vorliegende Untersuchung im Bereich der
finanziellen und operativen Form der Leistung weiter differenziert. Die Bildung dieser Leistungsaspekte ist
vor allem durch die Literatur zu den mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung wie dem
«Tableau de Bord » oder der «Balanced Scorecard» geprägt.
Seite 200
Empirische Erhebungen
Zu jedem dieser zehn Leistungsaspekte wurden zum besseren Verständnis der Fragestellung Beispiele für mögliche Indikatoren genannt.457 Wurde die Berücksichtigung
eines Leistungsaspektes für die Wahl der Leistungsindikatoren bejaht, waren die konkret verwendeten Indikatoren im Fragebogen einzutragen. Um nur die wichtigsten Indikatoren zu erfassen, konnten von den Respondenten pro Themenfeld maximal sechs
Indikatoren genannt werden.458 Dies basiert auf der Vorstellung, dass nur eine begrenzte Anzahl von Indikatoren von deren Empfänger gleichzeitig verarbeitet werden
kann.459 Mit der Möglichkeit zur Nennung von maximal 64 Indikatoren wurde den
Respondenten somit ausreichend Platz zur Nennung der wichtigsten Kennzahlen geboten. Um trotz der erwarteten Fülle der Indikatoren dennoch Rückschlüsse auf deren
relative Bedeutung ziehen zu können, wurden die Respondenten in einer Anschlussfrage dazu aufgefordert, aus allen zuvor genannten Indikatoren nochmals die wichtigsten acht Kernindikatoren aufzulisten.
5.4.1 Gesamtüberblick nach Leistungsaspekten
Abbildung 60 zeigt die relative Häufigkeit der verschiedenen Leistungsaspekte. Wie
aus der Darstellung ersichtlich ist, wurde von allen befragten Unternehmen angegeben,
dass die Unternehmenszentrale Kennzahlen zu Profitabilität und Wachstum (jeweils
100%) der ausländischen Reporting Units erhebt. Auch Kennzahlen zu Kosteneffizienz (92%) und Liquidität und Stabilität (87%) kommen in den befragten Unternehmen häufig zum Einsatz, dicht gefolgt von Kennzahlen zu Konkurrenten und Mitarbeitern (jeweils 76%). Weniger stark verbreitet sind jedoch Leistungsindikatoren aus
den Bereichen Qualität, Kunden und Innovation, die nur etwa jeweils von der Hälfte
der Respondenten als Bestandteil der periodischen Leistungsberichte identifiziert wurden. Sonstige Kennzahlen, die nicht zu einem der bereits genannten Leistungsaspekte
zugeordnet werden können, wurden nur etwa von einem Viertel (24%) der Respondenten angeführt.
457
458
459
Die konkreten Kennzahlenbeispiele zu den einzelnen Themenfelder sind der Kopie des Fragebogens in
Abschnitt 7.2 zu entnehmen.
Mit Ausnahme des Themenfeldes «sonstige wichtige Indikatoren». Hier konnten bis zu 10 Indikatoren genannt werden.
Vergleiche hierzu etwa die Ausführungen in Abschnitt 4.3.2.4.
Empirische Erhebungen
Seite 201
Abbildung 60: Relative Häufigkeit der Leistungsaspekte (n=38)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90% 100%
Profitabilität
100%
Wachstum
100%
Kosteneffizienz
92%
87%
Liquidität & Stabilität
Konkurrenten
76%
Mitarbeiter
76%
Qualität
55%
50%
Kunden
45%
Innovation
Sonstige
24%
Seite 202
Empirische Erhebungen
Aus der Grobanalyse der Leistungsaspekte wird somit ersichtlich, dass offensichtlich
Indikatoren aus finanziellen oder zumindest finanznahen Themenfeldern die am meisten eingesetzten Kennzahlen zur formalen Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units in in multinationalen Unternehmen
sind. Primär nicht-finanziell ausgerichtete Themenbereiche wie Mitarbeiter, Qualität,
Kunden, Innovation spielen hingegen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle.
Der Umstand, dass die Möglichkeit zur Nennung sonstiger Indikatoren oder Themenbereiche nur von wenigen Respondenten ausgeschöpft wurde, kann als Anhaltspunkt
dafür gewertet werden, dass die wichtigsten Inhalte der Leistungsmessung durch die
neun explizit zur Auswahl gestellten Leistungsaspekte weitestgehend abgedeckt werden. Die innerhalb der einzelnen Leistungsaspekte am häufigsten genannten Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlengruppen werden nun in den Abschnitten 5.4.1.1
bis 5.4.1.10 überblicksmässig dargestellt.
5.4.1.1 Profitabilität
Von allen befragten Unternehmen wurde zumindest eine Kennzahl zur Profitabilität
als wichtiger Leistungsindikator genannt. Wie aus Abbildung 61 ersichtlich, wurden
hierbei vor allem Kennzahlen zum Gewinn mit Abstand am häufigsten genannt (97%).
Neben Grössen wie dem Reingewinn wird dabei fast ausnahmslos das Betriebsergebnis («EBIT») explizit als zentrale Kennzahl genannt.
Rentabilitätskennzahlen werden immerhin noch von 61% der Respondenten genannt.
Hier dominieren der «Return on Investment» (ROI) mit 26% und der «Return on Net
Operating Assets» (RONOA) mit 24% das Feld, gefolgt von der Eigenkapitalrentabilität (ROE) mit 13%. In Anbetracht der geringen Delegation der Verantwortung für
Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Fremdkapital und Eigenkapital ist die
Anzahl Nennungen des ROI als gesamtkapitalbezogene Kennzahl erstaunlich hoch.
Kennzahlen zum Cash Flow werden von mehr als der Hälfte der Respondenten angeführt (53%). In Zusammenhang mit der Erfassung von Cash Flow-Werten erwähnen
21% der befragten Unternehmen den Free Cash Flow als Leistungsindikator. Häufig
einzeln oder gemeinsam genannte Begriffe wie Cash Flow Betrieb, Cash Flow Investition oder Cash Flow Finanzierung deuten zudem auf die weite Verbreitung einer
Empirische Erhebungen
Seite 203
mehrstufigen Cash Flow-Berechnung hin wie sie zum Bespiel in der externen Rechnungslegung gemäss IFRS-Standards oder US-GAAP verlangt wird.460
Bei den wertorientierten Kennzahlen stellt der «Economic Value Added» (EVA) den
zentralen Leistungsindikator dar, der von 29% der befragten Unternehmen genannt
wird. «Cash Value Added» (CVA) und «Cash Flow Return on Investment» (CFROI)
werden hingegen nur gerade von 5% der Respondenten als Messgrössen genannt. Betrachtet man die Antworten betreffend (Free) Cash Flow, EVA, CVA und CFROI zusammen, so drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass die Verbreitung von wertorientierten Kennzahlenkonzepten etwa im Bereich der Rentabilitätskennzahlen anzusiedeln ist.
Abbildung 61: Häufigste Indikatoren zur Profitabilität (n=38)
PROFITABILITÄT
100%
460
Gewinn, Gewinnmarge, Deckungsbeitrag
97%
Rentabilität
61%
Cash Flow, Cash Flow Marge
53%
Economic Value Added, CFROI, Cash Value Added
37%
Zur mehrstufigen Cash Flow-Rechnung vergleiche: Baetge et al. (2000), 569ff. Förschle et al. (2001), 64f.
KPMG (2003), 171ff.
Seite 204
Empirische Erhebungen
In Bezug auf die in Abschnitt 4 vorgestellten Systeme der Leistungsmessung scheinen
klassische Rentabilitätskennzahlen sich somit nach wie vor hoher Beliebtheit zu erfreuen. Die Anzahl Nennungen von wertorientiert ausgelegten Leistungsindikatoren
bestätigt den Stellenwert der Shareholder Value-Konzepte. Vor allem dem EVA kann
als Einzelkennzahl eine hohe Anwendungshäufigkeit in der Praxis zugesprochen werden.
5.4.1.2 Wachstum
Alle befragten Unternehmen (100%) geben an, anhand von Umsatz- oder Absatzzahlen beziehungsweise anhand von damit eng verbundenen Marktanteilsanalysen das
Wachstum von ausländischen Reporting Units zu überwachen. Als Einzelkennzahl
wird hier das interne Umsatzwachstum am häufigsten erwähnt (82% der Respondenten), gefolgt vom Marktanteil (50%), vom Umsatz pro Kopf (47%) und der Anzahl der
verkauften Einheiten (34%). Finanzielle und finanznahe Kennzahlen dominieren somit
den Bereich der Wachstumskennzahlen. Die Ursachen hierfür sind vermutlich in der
hohen Relevanz und zugleich guten Verfügbarkeit dieser Kennzahlen zu suchen.461
Abbildung 62: Häufigste Indikatoren zum Wachstum (n=38)
WACHSTUM
100%
461
Umsatz, Absatz, Marktanteil
100%
Anzahl Mitarbeiter
24%
Bilanzsumme, Gewinnsteigerung
16%
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.5.3.1 und Abschnitt 3.5.3.9.
Empirische Erhebungen
Seite 205
Die Anzahl der Mitarbeiter oder die Bilanzsumme spielen demgegenüber als Wachstumsindikatoren nur eine untergeordnete Rolle und werden von den Unternehmen
selbst daher auch nicht als Kernkennzahlen genannt.462 Diese Kennzahlen eignen sich
erwartungsgemäss weniger zur Beurteilung der operativen Tätigkeit und haben eher
passiv-statistischen den aktiv-strategischen Charakter.
5.4.1.3 Kosteneffizienz
Im Bereich der Kostenanalyse waren die im Fragebogen genannten Beispiele so ausgelegt, dass zu diesem Leistungsaspekt nicht nur konkrete Leistungsindikatoren genannt werden konnten, sondern auch auf bestimmten Vorgehensweisen beziehungsweise Techniken beruhende allgemeinere Formen der diesbezüglichen Leistungsmessung.463 Diese Vorgehensweise war notwendig, da in Unternehmen, wo Kosten
gemessen werden, in der Regel nicht nur einzelne ausgewählte Kostenposition analysiert werden, sondern ein einheitliches Messprinzip über eine ganze Reihe von Kostenfaktoren, z.B. den Fixkostenbereich und seine Komponenten, gelegt wird.464
So geben 92% der Respondenten an, anhand von mindestens einer Kennzahl die Kosteneffizienz ausländischer Reporting Units zu beurteilen, und zwar am häufigsten in
Form von Analysen der Kostenabweichungen und Gesamtkostenentwicklung (74%)
sowie über Aussagen zu den Kostenstrukturen (50%). Hierbei werden in Bezug auf die
Abweichungsanalyse und die Gesamtkostenkontrolle der Vergleich zum Budget (61%)
sowie der Vergleich zu den Vorjahresdaten (37%) am häufigsten genannt.
Im Bereich der Kostenstrukturen sind alle jene Nennungen zusammengefasst, welche
sich auf die Kosten pro Produkt/Dienstleistung, die Kosten pro Kunde («Customer
Costing»), die Kosten pro Absatzkanal, die Analyse der Gemeinkosten, die Analyse
von Prozess- und Funktionskosten oder die Analyse der Entwicklung von variablen
und fixen Kosten beziehen. Ausser den Kosten pro Produkt/Dienstleistung (29%) kann
hier allerdings keine konkrete Kostenkategorie eine massgebliche Anzahl von expliziten Nennungen auf sich ziehen.
462
463
464
Vergleiche hierzu: Abschnitt 5.4.4.
Vergleiche hierzu die Kopie des Fragebogen in Abschnitt 7.2.
Diese Aussage beruht auf eigenen praktischen Beobachtungen des Verfassers.
Seite 206
Empirische Erhebungen
Abbildung 63: Häufigste Indikatoren zur Kosteneffizienz (n=38)
KOSTENEFFIZIENZ
92%
Kostenabweichungen, Gesamtkostenentwicklung
74%
Kostenstrukturen
50%
Benchmarking (intern und extern)
42%
einzelne Kostenpositionen
37%
Der Benchmarking-Bereich wird vom internen Benchmarking (Vergleich zu den Kosten anderer Reporting Units) bestimmt (34%). Nur 16% der Respondenten geben an,
die eigene Kosteneffizienz auch mit der Kosteneffizienz anderer Unternehmen zu vergleichen (externes Benchmarking). Der Grund hierfür dürfte wohl in der Schwierigkeit
der regelmässigen (z.B. monatlichen) und zugleich kosten-nutzen-effizienten Beschaffung von verlässlichen externen Vergleichsdaten zu suchen sein.
Immerhin 37% der Befragten nennen einzelne Kostenpositionen als wichtige Leistungsindikatoren. Zu den meist genannten Positionen zählen die Verwaltungskosten
(29%) und die Vertriebskosten (16%). Dies erscheint plausibel, da gerade diese beiden
Kostenarten zu einem hohen Grad sowohl Gemein- als auch Fixkostencharakter haben
und somit beliebte Ansatzpunkte für Kostensenkungs- und Flexibilisierungsprogramme sind. Sonstige Positionen, wie etwa die Personalkosten, die Materialkosten,
die Lagerkosten oder die Kapitalkosten, können keinen massgeblichen Anteil der Nennungen auf sich vereinen.
Empirische Erhebungen
Seite 207
5.4.1.4 Liquidität
Neben Profit, Wachstum und Kosten ist die Liquidität in 87% der befragten Unternehmen der viertwichtigste Leistungsaspekt. Wie die anderen genannten Leistungsaspekte ist auch die Liquidität dem finanziellen beziehungsweise dem finanznahen
Leistungsbereich zuzuordnen. Der bereits in Abschnitt 5.4.1.1 unter Profitabilitätsaspekten diskutierte Cash Flow465 nimmt im Bereich der Liquiditätskennzahlen eine
noch zentralere Rolle ein: 66% Prozent der Respondenten führen den Cash Flow als
liquiditätsbezogenen Indikator an. Fasst man die Nennungen in den Leistungsaspekten
«Profitabilität» und «Liquidität» zusammen, so wenden immerhin 79% der Respondenten den Cash Flow als Leistungsmessgrösse an.466
Abbildung 64: Häufigste Indikatoren zur Liquidität (n=38)
LIQUIDITÄT
87%
465
466
Cash Flow
66%
Nettoumlaufvermögen (NUV, net working capital)
42%
Kapital-/Vermögensstruktur
34%
Liquiditätsgrade, Deckungsgrade
24%
Umschlags-/Bindungskennzahlen
13%
Dort mit 53% der Nennungen.
Dieser Prozentwert ist bereinigt um Doppelnennungen. Wird der Cash Flow sowohl als Profitabilitäts- als
auch als Liquiditätskennzahl genannt, wurde nur eine Einfachnennung gewertet.
Seite 208
Empirische Erhebungen
Eine weitere wichtige Kennzahl zur Liquidität verkörpert das Nettoumlaufvermögen,
welches als Einzelkennzahl bei beachtlichen 42% der Unternehmen Eingang in die
regelmässige Leistungsmessung findet. Unter Berücksichtigung, dass ausländische
Reporting Units häufig als «Investment Centers» mit Verantwortung für das operative
Nettovermögen geführt werden, erscheint diese Nennhäufigkeit plausibel. In der
Gruppe der Kennzahlen zur Kapital- und Vermögensstruktur (34%) überrascht der Eigenfinanzierungsgrad mit einer vergleichsweise hohen Anzahl Nennungen (18%).
In der Unternehmensgunst weit abgeschlagen befinden sich jedoch Liquiditätsindikatoren in Form von Liquiditäts- und Deckungsgraden (24%) oder Umschlags- und Bindungskennzahlen (13%). Die Liquiditäts- und Deckungsgrade werden bestimmt vom
Liquiditätsgrad I (flüssige Mittel/kurzfristiges Fremdkapital) sowie vom Anlagendeckungsgrad I (Eigenkapital/Anlagevermögen). Beide Indikatoren vereinen je 13%
der Nennungen auf sich. Zu den wichtigsten Umschlags- und Bindungskennzahlen
gehören die Debitoren- und die Kreditorenfrist (13% und 11%). Kennzahlen wie der
Kapitalumschlag oder der Lagerumschlag erreichen hingegen keine nennenswerte Anzahl von Nennungen.
5.4.1.5 Konkurrenten
Etwa drei Viertel der Respondenten (76%) geben an, eine oder mehrere Kennzahlen
betreffend die Konkurrenten der ausländischen Reporting Units für die standardisierte
Leistungsmessung heranzuziehen. Am häufigsten genannt werden hierbei diverse
Formen des Direktvergleiches («Benchmarking»). Beim Benchmarking führen etwa
drei Viertel der Benchmarking-Anwender explizit aus, dass vor allem finanzielle
Grössen (Umsatz, Gewinn, Rentabilität, Kosten, Preise etc.) im Vordergrund der
Analysen stehen. Als Beispiele für nicht-finanzielle Benchmarks werden vereinzelt der
Imagevergleich sowie der Qualitätsvergleich erwähnt.467 Fasst man die Antworten aus
Abschnitt 5.4.1.3 und mit denen aus Abbildung 65 zusammen, so geben jedoch immerhin 71% der Respondenten an, in der einen oder anderen Form entweder internes oder
externes Benchmarking zu betreiben.
467
Die Ursache für die spärliche Nennung dieser Kennzahlen kann in der geringen «Zuverlässigkeit» und
schwierigen regelmässigen «Verfügbarkeit» von diesbezüglichen Leistungsdaten vermutet werden.
Empirische Erhebungen
Seite 209
Abbildung 65: Häufigste Indikatoren zu den Konkurrenten (n=38)
KONKURRENTEN
76%
externes Benchmarking
63%
Marktanteil Konkurrenz, Auftragseingang
47%
Anzahl/Grösse der Konkurrenten, Rankings
29%
Meist umsatzbezogene Marktanteilsinformationen werden von 45% der Respondenten
als konkurrenzbezogene Leistungsindikatoren eingesetzt. Die Auftragslage als Vorlaufgrösse der zukünftigen Umsätze und Marktanteile spielt jedoch als diesbezügliche
Kennzahl in Form von Einzelnennungen nur eine marginale Rolle. Alle befragten Unternehmen (100%) erfassen hingegen über die regelmässige formale Leistungsmessung
in verschiedener Form Marktanteilsdaten oder ähnliche Informationen (Umsatzdaten,
Absatzdaten, etc.) betreffend die ausländischen Reporting Units. Dies geschieht entweder um Rückschlüsse auf das eigene Wachstum zu ziehen468 oder eben um die eigene Entwicklung mit derjenigen der Konkurrenten zu vergleichen.
Ansonsten wird bei den konkurrenzbezogenen Leistungsindikatoren auf die Anzahl/Grösse der Konkurrenten (16%) sowie auf die Positionierung in Industry Rankings (13%) abgestellt. Hier liegt allerdings mit Blick auf die am weitesten verbreiteten Rankings die Vermutung nahe, dass auch diese Vergleiche stark von Umsatz- und
Gewinnvergleichen dominiert sind und somit eher dem externen Benchmarking zuzuordnen wären. Zieht man die Periodizität von externen Rankings in Betracht, liegt die
Schlussfolgerung nahe, dass solche Vergleiche eher in längeren zeitlichen Abständen
(z.B. jährlich) vorgenommen werden.
468
Vergleiche hierzu: Abschnitt 5.4.1.2.
Seite 210
Empirische Erhebungen
5.4.1.6 Mitarbeiter
Bei den Kennzahlen betreffend die Mitarbeiter treten die nicht-finanziellen Leistungsindikatoren erstmals stärker in den Vordergrund. So nennen 21% der Respondenten die Mitarbeiterzufriedenheit beziehungsweise die Mitarbeitermotivation explizit als Leistungsindikator zur Beurteilung von ausländischen Reporting Units. In der
Kennzahlengruppe zur Mitarbeiterzufriedenheit sind aber auch diejenigen Nennungen
enthalten, welche über die regelmässige Leistungsmessung unter anderem Fluktuationsraten (42%) und Abwesenheitsstatistiken (8%) berücksichtigen.
Ein klassischer Informationsbestandteil eines Leistungsberichts scheint die Anzahl der
Mitarbeiter im Sinne eines «Headcount» oder als «Fulltime Equivalents» zu sein. Zieht
man die Nennungen aus Abschnitt 5.4.1.2 («Wachstum») und jene aus Abbildung 66
zusammen, so wird die Anzahl der Mitarbeiter von 50% der Respondenten als Informationsgrösse erfasst.
Abbildung 66: Häufigste Indikatoren zu den Mitarbeitern (n=38)
MITARBEITER
76%
Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitermotivation
50%
Anzahl der Mitarbeiter, Headcount
42%
Produktivität der Mitarbeiter
42%
Aus- und Weiterbildung
37%
Empirische Erhebungen
Seite 211
Die Produktivität der Mitarbeiter wird von 39% der befragten Unternehmen ausdrücklich erwähnt. Zur Gruppe der Produktivität wurden auch Einzelnennungen wie etwa
die Wertschöpfung pro Mitarbeiter oder die gearbeiteten Stunden pro Mitarbeiter hinzugerechnet, da auch diese mitarbeiterbezogenen Kennzahlen das Verhältnis von Output zu Input thematisieren.
Rund ein Viertel der Respondenten erfasst Kennzahlen betreffend Ausbildung und
Weiterbildung der Mitarbeiter (24%). Diese Kennzahlengruppe umschliesst sowohl
Indikatoren zu den Investitionen in die Mitarbeiterausbildung (finanzielle Input-Kennzahlen) als auch Indikatoren zum Ausbildungsstand (nicht-finanzielle Output-Kennzahlen).
5.4.1.7 Qualität
Während alle bisher dargestellten Leistungsaspekte bei mindestens drei Viertel der
befragten Unternehmen in deren Kennzahlenset Berücksichtigung finden, sackt der
Anteil der Respondenten, welche eine oder mehr Qualitätskennzahlen nennen, auf beinahe die Hälfte (55%) ab.
Wie die Auswertung zeigt, stehen im Qualitätsbereich die nicht-finanziellen Kennzahlen deutlich im Vordergrund. So beurteilen etwa 32% der Respondenten die Qualität der betrieblichen Tätigkeit über die Anzahl von Fehlleistungen in den Reporting
Units. Als Indikatoren hierfür werden meist Defektraten, die Anzahl von Reklamationen oder die Anzahl von Garantieleistungsfällen eingesetzt.
Zertifizierungsergebnisse (wie z.B. ISO 9000) werden von 21% der Respondenten explizit genannt. Weitere 11% geben an, Audits betreffend die Qualität interner Prozesse
sowie die Einhaltung von Sicherheits- und Umweltvorschriften in die Leistungsbeurteilung einzubeziehen. Obwohl dies von den Respondenten nicht ausdrücklich erwähnt
wird, kann hier davon ausgegangen werden, dass ein guter Teil der diesbezüglichen
Messaufgaben von Zentralbereichen wie «Internal Audit» oder «Risikomanagement»
wahrgenommen wird.
Seite 212
Empirische Erhebungen
Abbildung 67: Häufigste Indikatoren zur Qualität (n=38)
QUALITÄT
55%
Defektraten, Anzahl Reklamationen, Anzahl Garantiefälle
32%
Zertifizierungsergebnisse, Audits
32%
Liefertreue, Termingenauigkeit, Durchlaufzeiten, Stehzeiten
29%
Qualitätskosten (Nachbearbeitung, Gewährleistung, etc.)
24%
Im Qualitätsbereich scheinen auch zeitorientierte Kennzahlen («Time Based Measures») weit verbreitet zu sein (29%). Am meisten Nennungen erzielen hier die Liefertreue und die Termingenauigkeit (21%). Die Gruppe der Steh-, Rüst- und Durchlaufzeiten kann jedoch nur 11% der Nennungen auf sich vereinen. Dies erscheint insofern
plausibel, als Lieferzeiten und Termingenauigkeit auf der Verantwortungsstufe «Gesamtunternehmen» näher bei den aus Kundensicht wahrnehmbaren Resultaten angesiedelt sind, den bei den Ihnen zu Grunde liegenden operativen Ursachen, die eher für die
Prozess-/Teamebene relevant sind.
Bei den in Geldeinheiten ausgedrückten Qualitätskosten (24%) werden die Zahlungen
aufgrund von Qualitätsmängeln (Gewährleistungskosten, Garantiekosten), die Kosten
der retournierten Produkte, die Schrott- und Nachbearbeitungskosten sowie die Fehlerkosten als finanzielle Kennzahlen genannt. Nicht-finanzielle Qualitätskosten (z.B.
erlittener Image-Schaden aufgrund von Qualitätsmängeln) wurden von den befragten
Unternehmen nicht genannt.
Empirische Erhebungen
Seite 213
5.4.1.8 Kunden
Die Hälfte der befragten multinationalen Unternehmen gibt an, keinerlei Leistungsindikatoren betreffend die Kunden der ausländischen Reporting Units zu erfassen.
Die Kundenzufriedenheit wird jedoch immerhin von 24% der Respondenten ausdrücklich als wichtiger Leistungsindikator erwähnt. Einige Respondenten spezifizieren
ihre Angaben weiter und führen aus, die Kundenzufriedenheit anhand der Auswertung
von Reklamationen (16%) oder anhand der Kundentreue beziehungsweise Kundenfluktuation (16%) zu messen.
Aber auch finanzielle Kennzahlen wie die Kundenprofitabilität (18%), das Umsatzpotential oder das Umsatzwachstum mit einzelnen Kunden (13%) werden von einigen
Respondenten als wichtige Kennzahlen genannt und regelmässig über standardisierte
Leistungsberichte erfasst. In Summe werden solche kundenbezogenen Finanzdaten
von 26% der befragten Unternehmen erhoben.
Abbildung 68: Häufigste Indikatoren zu den Kunden (n=38)
KUNDEN
50%
Kundenzufriedenheit (Customer Satisfaction)
34%
Kundenprofitabilität, Umsatzpotential der Kunden
26%
Anzahl Kundenkontakte, Anzahl Verkaufspunkte
16%
Brand Awareness, Kaufverhalten
16%
Seite 214
Empirische Erhebungen
Bei den Kundenkontakten werden vor allem die Häufigkeit und der Erfolg dieser
Kontakte gemessen (11%). Einzelne Nennungen beziehen sich auch auf die Zeit, welche in die Kundenakquisition investiert wird, sowie auf die Anzahl der Verkaufsstellen.
Auch der Bekanntheitsgrad von Marken und Produkten («Brand Awareness») wird
wiederholt als Leistungsmessgrösse genannt (16%), wobei in diesem Punkt auch die
Nennungen zum Kaufverhalten (z.B. Eroberungsraten) berücksichtigt sind. Anhand
welcher konkreten Messgrössen die Brand Awareness quantifiziert wird, wurde allerdings von den befragten Unternehmen nicht im Detail erläutert.
Über den gesamten kundenbezogenen Leistungsbereich hinweg scheinen somit vorwiegend nicht-finanzielle Kennzahlen in den Leistungsberichten zwischen ausländischen Reporting Units und Unternehmenszentrale zum Einsatz zu kommen.
5.4.1.9 Innovation
Mehr als die Hälfte der Respondenten (55%) gibt an, keinerlei Kennzahlen betreffend
die Innovationskraft der ausländischen Reporting Units zu erheben.
Wenn doch Kennzahlen zur Innovation erfasst werden, dann sind diese zumeist finanzieller Natur und orientieren sich am Output. So nennen etwa ein Viertel (26%) aller
Respondenten mindestens eine Kennzahl, welche sich auf den anteiligen Umsatz oder
den Cash Flow aus neuen Produkten/Märkten bezieht.
Hingegen nur 21% der befragten Unternehmen orientieren sich auch anhand von Input-Kennzahlen über die Innovationsfreude der ausländischen Reporting Units. Zu den
erfassten Leistungsindikatoren zählen hierbei das generelle Investitionsvolumen beziehungsweise der Cash Flow Investition sowie die Forschung- und Entwicklungsausgaben und sonstigen Investitionen in neue Produkte.
Eine weitere Output-Kennzahl stellt die Anzahl der neuen Produkte dar, welche bei
13% der Respondenten Erwähnung findet.
Empirische Erhebungen
Seite 215
Abbildung 69: Häufigste Indikatoren zur Innovation (n=38)
INNOVATION
45%
Umsatz/Cash Flow aus neuen Produkten oder Märkten
26%
Investitionen und Ausgaben für neue Produkte
21%
Anzahl neue Produkte
13%
5.4.1.10 Sonstige Indikatoren
Etwa drei Viertel der Respondenten geben an, ausser den oben genannten keinerlei
sonstige Indikatoren zur formalen Messung der Leistung von ausländischen Reporting
Units heranzuziehen. Auch zeigt sich bei den sonstigen Nennungen keinerlei signifikante Häufung in eine bestimmte Richtung.
Einzelnennungen hingegen beziehen sich etwa auf die Lieferantenzufriedenheit, die
Verantwortung gegenüber Staat und Öffentlichkeit oder die Konformität mit Strategien und Reglementen. Wie diese Aspekte quantifiziert werden, wird von den Respondenten meist jedoch nicht näher erläutert.
Seite 216
Empirische Erhebungen
5.4.2 Gesamtüberblick nach einzelnen Leistungsindikatoren
In Abschnitt 5.4.1.1 bis Abschnitt 5.4.1.10 wurde eine Auswertung nach Leistungsaspekten präsentiert und innerhalb der verschiedenen Leistungsaspekte die jeweils
wichtigsten Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlengruppen genannt. Die Filterung
nach Leistungsaspekten erlaubt eine schnelle Erfassung der Gewichtung verschiedener
Themenfelder, verwischt aber zugleich die Gesamtschau der einzelnen Leistungsindikatoren. So liegt z.B. der von 37% der Respondenten als Leistungsindikator genannte
EVA innerhalb der Kennzahlen zur «Profitabilität», dem zusammen mit dem «Wachstum» wichtigsten Leistungsaspekt, an vierter Stelle, es lässt sich jedoch aus den Aussagen in Abschnitt 5.4.1.1 nicht ableiten, welche Stellung der EVA über alle genannten Leistungsindikatoren hinweg einnimmt.
Werden die Indikatoren beziehungsweise Indikatorengruppen unabhängig von deren
Zugehörigkeit zu bestimmten Leistungsaspekten nach deren Häufigkeit gereiht, so ergibt sich das in Abbildung 70 dargestellte Bild.
Gesamthaft lässt sich somit unter Einbezug der in den vorangehenden Abschnitten
gemachten Beobachtungen feststellen, dass bei der Leistungsmessung anhand der Anzahl der Nennungen eine eindeutige Vormachtstellung von finanziellen oder finanznahen Indikatoren aus den Bereichen Profitabilität, Wachstum, Kosteneffizienz und Liquidität zu beobachten ist. Diese Kennzahlen sind es auch, die am häufigsten für das
interne oder externe Benchmarking herangezogen werden. Umsatz, Deckungsbeitrag,
Kosten, Gewinn und Cash Flow stehen dabei als klassische Finanzgrössen im Zentrum
der Leistungsmessung, während neuere Finanzkennzahlen aus dem EVA-Umfeld in
der Messpraxis zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Unit offensichtlich
noch weniger weit verbreitet sind und in Abbildung 70 nur im hinteren Feld landen.
Empirische Erhebungen
Seite 217
Abbildung 70: Gesamtüberblick häufigste Leistungsindikatoren (n=38)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90% 100%
100%
Umsatz, Absatz, Marktanteil
Gewinn, Gewinnmarge,
Deckungsbeitrag
97%
79%
Cash Flow, CF-Marge
Kostenabweichungen,
Gesamtkostentwicklung
74%
Internes und externes
Benchmarking
71%
61%
Rentabilität
Kostenstrukturen
50%
Mitarbeiterzufriedenheit,
Motivation
50%
Anzahl der Mitarbeiter
50%
Nettoumlaufvermögen
42%
Produktivität der Mitarbeiter
42%
Einzelne Kostenpositionen
42%
EVA, Economic Profit,
Cash Value Added, CFROI
37%
Kapital-/Vermögensstruktur
34%
Kundenzufriedenheit
34%
Defektraten, Anzahl
Reklamationen/Garantiefälle
32%
Zertifizierungen, Audits
32%
Seite 218
Empirische Erhebungen
Einiger Beliebtheit erfreuen sich auch nicht-finanzielle Indikatoren betreffend die Mitarbeiter, welche von den befragten multinationalen Unternehmen offensichtlich als
zentrale Anspruchsgruppe der ausländischen Reporting Units gewürdigt werden. So
erfassen je 50% der Respondenten die Zufriedenheit oder zumindest Anzahl der Mitarbeiter, wobei vermutlich auch bei der Erhebung der Anzahl Mitarbeiter primär Kostenüberlegungen im Zentrum des Interesses stehen. Ebenso ist die von 42% der befragten Unternehmen als Leistungsindikator genannte «Produktivität der Mitarbeiter»
auf die Messung des effizienten Einsatzes des Produktivfaktors Humankapital und die
daraus resultierende Finanzwirkung ausgerichtet und macht bestenfalls indirekt – über
Interpretation von hoher Produktivität als Zufriedenheitsindikator – eine sozial motivierte Aussage zum «Wohlbefinden» der Mitarbeiter.
Betreffend Qualität, Kunden und Innovation geben etwa die Hälfte der Respondenten
an, im Rahmen der standardisierten Leistungsberichte keinerlei Indikatoren zu diesen
Leistungsaspekten zu ermitteln. Dies deutet darauf hin, dass die Qualitätskontrolle und
das Management der Kundenbeziehungen weitestgehend als operative Kompetenz an
die ausländischen Reporting Units delegiert werden. Mit dieser Delegation einher geht
offensichtlich auch die Delegation der Verantwortung für die Erfassung und Beobachtung diesbezüglicher Leistungsindikatoren. Das Management der Erfolgsfaktoren
und der ihnen zu Grunde liegenden Ursache-Wirkungs-Ketten in diesen operativen
Themenbereichen scheint folglich häufig auf einer tieferen Hierarchiestufe stattzufinden. Es ist daher plausibel, dass diese Kennzahlen auch bei der Einzelauswertung eher
im Hinterfeld angesiedelt sind und auf Stufe Unternehmenszentrale mehr die Resultate
in Form von Umsatz- oder Margeninformationen interessieren.
Im Innovationsbereich, der in den standardisierten Leistungsberichten an die Unternehmenszentrale kaum über Indikatoren vertreten ist, ist in Betracht zu ziehen, dass
die Verantwortung für immaterielle Vermögenswerte oder Aufgaben wie die Forschung und Entwicklung oftmals nicht an Berichtseinheiten im Ausland übertragen
werden. Werden diese Aufgaben und Verantwortlichkeiten nicht übertragen, so drängt
sich auch eine Berücksichtigung dieser Aspekte in der Leistungsmessung nicht auf.
Empirische Erhebungen
Seite 219
5.4.3 Leistungsindikatoren, delegierte Verantwortlichkeiten und Organisationsform
Aus der Häufigkeit der einzelnen Leistungsindikatoren wurde in Abschnitt 5.4.2 die
führende Stellung der klassischen Finanzkennzahlen für die formale Leistungsmessung
zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units abgeleitet. Unter
Einbezug von Kreuztabellenanalysen wurde jedoch zusätzlich untersucht, ob sich aus
dem gemeinsamen Auftreten von einzelnen Leistungsfaktoren weitere Rückschlüsse
auf das verwendete Set von Leistungsindikatoren ziehen lassen beziehungsweise inwiefern die Wahl der Kennzahlen von den an die Reporting Units delegierten Verantwortlichkeiten oder deren Organisationsform abhängt. Die Resultate bestätigen erwartungsgemäss die bereits im vorangehenden Abschnitt festgestellte Dominanz der
klassischen Finanzkennzahlen, verdichten nochmals die Aussage zu den besonders
häufig erhobenen Kernelementen der formalen Leistungsmessung und unterstreichen
die Bedeutung von klassischen Indikatoren zu Umsatz, Kosten, Gewinn und Cash
Flow.
Wie die Kreuztabellenanalyse weiter zeigt, treten die Leistungsindikatoren aus den
Bereichen Qualität, Kunden oder Innovation, sofern sie überhaupt zum Einsatz kommen, verhältnismässig oft zusammen auf. D.h. beispielsweise, dass Unternehmen,
welche die Leistung von ausländischen Tochtergesellschaften unter anderem anhand
von Qualitätskennzahlen beurteilen, relativ häufig auch eine oder mehrere Kennzahlen
betreffend die Leistungsaspekte «Innovationskraft» oder «Kunden» für die Leistungsmessung heranziehen. Auch tendieren gerade diese Unternehmen eher dazu, für die
Leistungsmessung auf nicht-finanzielle Kennzahlen zu den Leistungsaspekten «Mitarbeiter» oder «Konkurrenten» abzustellen.
Die Form der Kreuztabellenanalyse wurde ebenso angewendet, um die gemeinsame
Nennung von delegierten Verantwortlichkeiten und Leistungsindikatoren zu untersuchen. Die gemeinsame Häufigkeitsverteilung von Verantwortlichkeiten und Leistungsindikatoren bestätigt die Resultate, die sich bereits zuvor in der getrennten Analyse abzeichneten und dort entsprechend kommentiert wurden.469 Die Wahl der von
den befragten Unternehmenszentralen auf die ausländischen Reporting Units bevorzugt angewandten Leistungsindikatoren (finanzielle und finanznahe Indikatoren)
scheint genauso wie die Wahl der übertragenen Verantwortlichkeiten weitgehend ein469
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 5.3 und Abschnitt 5.4.2.
Seite 220
Empirische Erhebungen
heitlich und standardisiert zu sein. Ausländische Reporting Units sind für Produktion
und Verkauf zuständig und tragen dabei in der Regel Verantwortung für das betriebliche Nettovermögen. Einzelne Unterschiede in den Verantwortlichkeitsstrukturen führen nur in sehr geringem Umfang zu Unterschieden in den grundlegenden Kennzahlenstrukturen.
In der Analyse der Häufigkeitsverteilungen zeigt sich jedoch, dass die Leistung von
Reporting Units, die für weniger oft delegierte Aspekte wie Forschung & Entwicklung, die Produktgestaltung oder das immaterielle Anlagevermögen verantwortlich
zeichnen, in der Regel nicht anhand von Kennzahlen wie Defektraten, Liefertreue oder
der Kundenzufriedenheit gemessen wird. Dies kann dahingehend interpretiert werden,
dass je umfassender die Kompetenzen einer Reporting Unit ausgestattet sind, desto
weniger werden nicht-finanzielle, operativ ausgelegte Qualitätsindikatoren für die
Leistungsmessung zwischen Zentrale und Reporting Unit eingesetzt. Auch bestärkt
diese Beobachtung die Vermutung, dass die Führung und Kontrolle solcher – meist
operativer - Vorlaufgrössen weitgehend an das Management der ausländischen Reporting Units delegiert wird.
Ebenso wurde der Zusammenhang zwischen Organisationsform der Reporting Units
(Rechtseinheiten versus virtuelle Berichtseinheiten) und angewendeten Kennzahlen
untersucht. Erwartungsgemäss konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede in den
Häufigkeitsverteilungen festgestellt werden. Die Wahl der Leistungsindikatoren erfolgt gemäss diesen Analysen konform zur übertragenen Verantwortung und ist von
der Organisationsform der ausländischen Reporting Units weitgehend unabhängig.
Ausnahmen hierzu verkörpern Kennzahlen zur Liquidität (Kapital- und Vermögensstruktur) und zur Qualität (Liefertreue). Diese werden tendenziell eher auf Reporting
Units angewendet, die als selbständige Rechtseinheiten organisiert sind:
• Liefertreue: Bei 21% (n=38) der Respondenten wird die Liefertreue von als Rechtseinheiten organisierten Reporting Units erhoben, jedoch nur bei 3% der Respondenten von rechtsstrukturunabhängig organisierten Divisionen (Differenz 18%).
• Kapital- und Vermögensstruktur: Bei 21% der Respondenten werden die Kapitalund Vermögensstruktur von als Rechtseinheiten organisierten Reporting Units erhoben, jedoch nur bei 5% der Respondenten von rechtsstrukturunabhängig organisierten Divisionen (Differenz 16%).
Empirische Erhebungen
Seite 221
In Abschnitt 5.3.3 wurde bereits gezeigt, dass die Finanzierungsverantwortung eher an
selbständige Rechtseinheiten delegiert wird. Es erscheint somit plausibel, dass es wiederum gerade diese Rechtseinheiten sind, die auch vermehrt diesbezügliche Leistungsinformationen an die Unternehmenszentrale liefern. Die relative Häufigkeit der
Liefertreue als Kennzahl für selbständige Rechtseinheiten kann hingegen nicht abschliessend plausibilisiert werden. Ein Zusammenhang kann jedoch darin vermutet
werden, dass gerade selbständige Rechtseinheiten gemäss Angaben der Respondenten
Objekt von Zertifizierungsverfahren sind, in welchen die Liefertreue einen gewissen
Stellenwert einnimmt.
5.4.4 Kernindikatoren
Aus dem Ranking der Indikatoren in Abschnitt 5.4.2 lassen sich die am häufigsten auf
ausländische Reporting Units angewendete Leistungsindikatoren ablesen. Wie bereits
dargelegt wurde, konnten die Respondenten über alle Leistungsaspekte hinweg bis zu
64 Kennzahlen im Fragebogen eintragen. Dies hätte bei alleinigem Fokus auf diese
Daten auf die Auswertung der Ergebnisse den Einfluss haben können, dass eine Vielzahl von verschiedenen Indikatoren in den Leistungsberichten der Unternehmen standardmässig vorkommt, dass aber nicht ermittelt werden kann, inwieweit diese von den
Führungsverantwortlichen für die Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung wirklich als zentrale Führungsgrösse wahrgenommen werden.
Um nicht nur eine Auflistung von häufigen und weniger häufigen Leistungsindikatoren als Ergebnis der Umfrage vorweisen zu können, sondern diese Performance Measures auch nach deren Wichtigkeit reihen zu können, wurden die Befragten daher gebeten, in einem nächsten Schritt aus all den genannten Leistungsindikatoren die acht
wichtigsten für die Leistungsmessung in ihrem Unternehmen auszuwählen und nochmals anzuführen.470 Dass bei der Beantwortung dieser Frage unter anderem auch die
subjektiven Einschätzungen der Respondenten zum Tragen kommen, erhöht nach Ansicht des Verfassers die Validität der Aussagen eher als dass es sie einschränkt: Nicht
primär das simple Auflisten von Kennzahlen in standardisierten Leistungsberichten
470
Vergleiche hierzu Frage 4 des in Abschnitt 7.2 abgebildeten Fragebogens.
Seite 222
Empirische Erhebungen
prägt das Leistungsverständnis, sondern vielmehr der effektive, im Unternehmen
wahrgenommene Umgang mit den Leistungsindikatoren.471
Die Beschränkung auf acht Indikatoren war beeinflusst von der in der Managementliteratur anzutreffenden Lehrmeinung, dass eine Führungskraft nur eine limitierte Anzahl von Indikatoren gleichzeitig ins Kalkül ziehen kann.472 Die eingeschränkte Anzahl von als wirklich wichtig empfundenen Leistungsgrössen, wird durch die Untersuchungsergebnisse unter anderem dadurch bestätigt, dass die wenigsten Respondenten tatsächlich den möglichen Rahmen von acht Nennungen ausschöpfen: Befragt nach
den acht wichtigsten Kernindikatoren aus all den zuvor aufgezählten Alternativen
werden von den Respondenten im Schnitt nur etwa sechs Indikatoren aufgezählt.
Abbildung 71 nennt die zehn Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlengruppen, die
von den Respondenten am häufigsten als besonders wichtige Kernindikatoren zur
Messung der Leistung von ausländischen Reporting Units wahrgenommen werden.
Was sich bereits in den Antworten zur allgemeinen Frage nach den insgesamt erhobenen Leistungsindikatoren abgezeichnet hat, kristallisiert sich bei der Frage nach den
Kernindikatoren noch weiter heraus: Die finanziellen Kennzahlen aus den Bereichen
Profitabilität (Gewinn, Cash Flow, Rentabilität, EVA etc.), Wachstum (Umsatz,
Marktanteil) und Kosteneffizienz (Kostenstrukturen, Kostenabweichungen) stehen im
Vordergrund der Leistungsbeurteilung. Dabei sind es vor allem Umsatz, Deckungsbeitrag und Gewinn, die von mehr als drei Vierteln der Respondenten erwähnt werden
und alle anderen Indikatoren in der Anzahl der Nennungen deutlich distanzieren. So
wurden Kennzahlen zum Cash Flow nur noch etwa von der Hälfte der Respondenten
als Kernindikatoren empfunden, Rentabilitätskennzahlen von etwa einem Drittel und
kostenstrukturenbezogene Auswertungen gar nur noch von einem Viertel der befragten
Unternehmen.
471
472
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.4.2 zur Motivations- und Steuerungsfunktion von
Indikatoren.
Rappaport beispielsweise nennt 3-6 Kennzahlen als verarbeitbare Menge. Rappaport (1998), 129. Die Autoren zum Tableau de Bord nennen 5-9 Kennzahlen. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt
4.3.2.4. Zieht man zusätzlich in Betracht, dass beispielsweise zu den vier generischen Perspektiven der
Balanced Scorecard vermutlich nur 1-2 Kennzahlen pro Perspektive als zentrale Elemente wahrgenommen
werden, so erscheint die Einschränkung auf acht Indikatoren vertretbar, zumal eine grössere Anzahl nicht in
selbem Ausmass zu der gewünschten Verdichtung der Aussagen geführt hätte.
Empirische Erhebungen
Seite 223
Ein Vergleich der Ergebnisse von Abbildung 70 mit denen von Abbildung 71 zeigt
zudem, dass umsatzbezogene Kennzahlen zwar häufiger vorkommen als gewinnbezogene, dass die Leistungsindikatoren zum Gewinn, gleichsam als zusätzliche Resultatsverdichtung von Umsatz- und Kostendaten, für die Leistungsmessung jedoch als aussagekräftiger eingestuft werden als jene zum Umsatz.
Abbildung 71: Häufigste Kernindikatoren (n=38)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Gewinn, Gewinnmarge,
Deckungsbeitrag
80%
76%
47%
Cash Flow, CF-Marge
34%
Rentabilität
Kostenstrukturen
26%
Kundenzufriedenheit
26%
EVA, Economic Profit,
Cash Value Added, CFROI
24%
Kostenabweichungen,
Gesamtkostenentwickung
24%
Mitarbeiterproduktivität
70%
90% 100%
82%
Umsatz, Absatz, Marktanteil
Mitarbeiterzufriedenheit,
Motivation
60%
21%
18%
Seite 224
Empirische Erhebungen
Aspekten der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit wird ebenfalls in Form von
Kernindikatoren noch Beachtung geschenkt, Leistungsindikatoren betreffend die
Leistungsaspekte Innovation, Qualität, Liquidität (ausser Cash Flow) und Konkurrenten (ausser Marktanteil) werden jedoch in multinationalen Unternehmen weitgehend
nicht als zentrale Elemente der formalen Leistungsmessung eingestuft.
Es scheint also auf Stufe Gesamtunternehmensleitung eine klare Tendenz zur weitgehenden Favorisierung von finanziellen Kennzahlen vorzuliegen. Nicht-finanzielle
Kennzahlen werden zwar teilweise erfasst, zählen aber mit einigen wenigen Ausnahmen in der Regel nicht zu den bevorzugten Kerninformationen. Instrumente wie die
Balanced Scorecard oder das Tableau de Bord, welche die Bedeutung von nicht-finanziellen Indikatoren als kennzahlenmässigen Erfassung von Vorlaufgrössen des finanziellen Erfolges betonen, scheinen in der Unternehmenspraxis gemäss den vorliegenden Resultaten weniger auf Ebene der Gesamtunternehmens- beziehungsweise Konzernleitung als vermutlich vielmehr auf Ebene der Reporting Units selbst Anwendung
zu finden. Offensichtlich werden nicht-finanzielle Leistungsindikatoren und Vorlaufgrössen daher in der Regel nicht in Form standardisierter Performance Measures an die
Konzernzentrale weitergeleitet, sondern von den Reporting Units – wenn überhaupt –
selbstverantwortlich erhoben und geführt. Eine weitere Erklärung für diese Beobachtung kann auch darin gesehen werden, dass gerade qualitative Informationen, für deren
Beobachtung und Steuerung nicht-finanzielle Kennzahlen sich ganz besonders eignen,
nicht über die formale Leistungsmessung sondern vielmehr über andere, eher informelle Informationskanäle (z.B. über persönliche Kontakte in Business Review Meetings) zur Unternehmenszentrale gelangen.
Eine massgebliche Abhängigkeit der Wahl der Kernkennzahlen von der Organisationsform (Rechtseinheit versus Divisionen) konnte anhand einer zusätzlich durchgeführten
Analyse der Häufigkeitsverteilungen über Kreuztabellenauswertungen nicht festgestellt werden. Auch die an die Reporting Unit delegierten Verantwortlichkeiten treten
aus Sicht der Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung weiter in den Hintergrund
und es zeichnet sich unternehmensübergreifend ein noch einheitlicheres Bild der bevorzugten Kernerfolgsindikatoren ab. Dies bestätigt in Summe somit die Beobachtungen, die bereits in Abschnitt 5.4.3 gemacht wurden.
Empirische Erhebungen
Seite 225
5.5 Zweck der Leistungsmessung
In Ergänzung zu Organisationsform, Verantwortlichkeiten und konkreten Leistungsindikatoren wurden die befragten Unternehmen gebeten, Auskunft über den Zweck der
Leistungsmessung zu geben. Den Respondenten wurden folgende Antwortvorschläge
zur Auswahl gestellt sowie zusätzlich Raum für eigene Ergänzungen gegeben:
• Beobachtung und Kontrolle der Geschäftsaktivitäten sowie Vergleich von Soll- zu
Ist-Leistung
• Kommunikation von Strategien und Zielen sowie und Steuerung zielorientierten
Verhaltens
• Motivation der lokalen Manager
• Integration der ausländischen «Reporting Unit» durch gemeinsame Sprache und
einheitliche Abläufe
• Schaffung einer Grundlage für die Leistungsbeurteilung, Entlohnung und Belohnung
• Unterstützung von Lern- und Verbesserungsprozessen
Wie in Abschnitt 3.4 dargelegt, können diese Elemente als grundsätzliche Funktionen
der Leistungsmessung interpretiert werden.473 Um zu verhindern, dass in der Zweckfrage alle Antwortmöglichkeiten ohne kritisches Abwägen als Zweck der Leistungsmessung bejaht werden, war von den Respondenten mittels einer abstufenden Beurteilung anzugeben, ob die einzelnen Funktionen für das eigene Unternehmen als «sehr
wichtig» oder «weniger wichtig» betrachtet werden.474 Die relative Häufigkeit der Einstufungen als «sehr wichtig» ist den Resultaten in Abbildung 72 zu entnehmen.
Der Zweck der Leistungsmessung liegt also vorwiegend in der Beobachtung (95%)
und Steuerung (89%). Diese beiden Zielsetzungen werden meist gemeinsam als sehr
wichtig eingestuft. Dass gerade die Beobachtung und Kontrolle als dominanter Zweck
der Leistungsmessung wahrgenommen wird, deckt sich mit den Resultaten zu den
473
474
In Abweichung zu Abschnitt 3.4 wurden im Fragebogen «Beobachtung» und «Lernen» separat erfasst. Weiters wurde die Leistungsbeurteilung und Entlohnung als eigener Punkt erfasst, obwohl diese eigentlich der
Motivationsfunktion zuordenbar sind.
Vergleiche hierzu Frage 5 des Fragebogens in Abschnitt 7.2.
Seite 226
Empirische Erhebungen
meist verwendeten Indikatoren: Der eigentlichen Leistungserbringung nachgelagerte
Finanzkennzahlen («Lagging Indicators») eignen sich insbesondere zur Erfüllung einer
Funktion mit historisch-rückblickendem Charakter wie eben der «Beobachtung». Die
beinahe ebenso häufig genannte Funktion der Steuerung hätte jedoch erwarten lassen,
dass bei der Nennung der Leistungsindikatoren nicht-finanzielle Kennzahlen («Leading Indicators») stärker als tatsächlich vorgefunden vertreten sind. Dies lässt darauf
schliessen, dass die Kommunikations- und Steuerungsfunktion in den Unternehmen
offenbar hauptsächlich über die Vorgabe von finanziellen Leistungszielen (z.B. in
Form von Jahresbudgets oder Mehrjahresplänen) erfüllte wird.
Die Motivation von Managern (66%), die Entlohnung (58%), die Integration (55%)
oder die Förderung von Lern- und Verbesserungsprozessen (45%) verkörpern hingegen nach Meinung der Respondenten eher weniger wichtige Aspekte der Leistungsmessung. Zieht man in Betracht, dass Lernprozesse im kreisförmigen Managementprozess eine wichtige Rolle einnehmen475 und dass diesem Aspekt in der generischen
Balanced Scorecard eine eigene Perspektive gewidmet wird, so erstaunt die geringe
Bedeutung, die der Lernfunktion im Unternehmensalltag beigemessen wird. Weiter
zeigt sich, dass bei ausländischen Reporting Units, welche primär nach Divisionen organisiert sind, grösserer Wert auf die motivierende Wirkung von Kennzahlen und die
Entlohnung gelegt wird als dies bei selbständigen Rechtseinheiten der Fall ist. Dies
kann dahingehend interpretiert werden, dass die Bildung von virtuellen Berichtseinheiten in der Regel stärker nach strategischen Überlegungen erfolgt als die Bildung
von legalen Rechtseinheiten, die als «Legal Shells» ganz unterschiedliche Geschäftsbereiche mit unterschiedlichen Zielen beheimaten können. Der Strategien typischerweise innewohnende Leit- und Motivationscharakter dürfte sich daher bei virtuellen
Berichtseinheiten auch stärker auf die Leistungsmessung auswirken als bei legalen
Berichtseinheiten. Signifikante Zusammenhänge zwischen dem Zweck der Leistungsmessung und der Delegation von Verantwortlichkeiten oder der Wahl von Leistungsindikatoren sind aus der Analyse der Häufigkeitsverteilungen hingegen keine ersichtlich.476
475
476
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.1.
Diese Aussagen beruhen auf Ergebnissen von Kreuztabellenanalysen.
Empirische Erhebungen
Seite 227
Abbildung 72: Häufig genannte Funktionen der Leistungsmessung (n=38)477
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Beobachtung und
Kontrolle
89%
Motivation
66%
Leistungsbeurteilung
und Entlohnung
58%
Integration
477
90% 100%
95%
Kommunikation und
Steuerung
Lernen und
Verbessern
80%
55%
45%
Prozentanteil der Respondenten, welcher die jeweilige Funktion als «sehr wichtigen» Zweck der Leistungsmessung einstuft (auf ganze Prozent gerundet).
Seite 228
Empirische Erhebungen
5.6 Entwicklungstendenzen
Als Abschlussfrage wurden die Respondenten zu den Erwartungen betreffend die Zukunft der Leistungsmessung befragt. Die jeweiligen Vorstellungen und Erwartungen
zu einem idealen System der Leistungsmessung sollten anhand von generellen Veränderungen, Ideen, Plänen, Projekten oder Zielen umschrieben werden.478
Die entsprechende Erhebung wurde in Form einer offenen Frage durchgeführt, um die
befragten Unternehmen in den Antwortmöglichkeiten nicht einzuschränken und so ein
möglichst breites Spektrum an Ideen und Erwartungen zusammentragen zu können.
Die Antworten wurden von den Respondenten in Form von Stichworten bis hin zu
ausformulierten Fliesstexten geliefert und drehten sich im Durchschnitt um jeweils ein
bis zwei Aspekte der Leistungsmessung. Im Rahmen der Auswertung wurden die
Antworten nach wiederkehrenden Themenbereichen zusammengefasst und deren Häufigkeit ausgewertet. Die entsprechenden Resultate sind in Abbildung 73 dargestellt.
Ein zentrales Anliegen der Respondenten ist demnach die Entwicklung und Verbesserung von integrierten Kennzahlensystemen. Der Trend geht hierbei einerseits hin zu
stärker nicht-finanziellen Kennzahlen und Vorlaufgrössen («Leading Indicators»),
welche die bereits häufig eingesetzten finanziellen Kennzahlen entlang der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge optimal zu einem Gesamtbild der Unternehmensleistung
ergänzen sollen. So äusserten die befragten Unternehmen beispielsweise Erwartungen
in Richtung vermehrte Nutzung von Konkurrenz-, Kunden-, Mitarbeiter- oder Qualitätsinformationen. Dies entspricht den Leistungsaspekten, welche gemäss den Ergebnissen in Abschnitt 5.4 zum Zeitpunkt der Erhebung in den Leistungskennzahlen noch
weitgehend unberücksichtigt sind.
478
Vergleiche hierzu Frage 6 des Fragebogens in Abschnitt 7.2.
Empirische Erhebungen
Seite 229
Abbildung 73: Entwicklungstendenzen in der Leistungsmessung (n=38)479
0%
10%
20%
30%
Aufbau integriertes
Kennzahlensystem
24%
Stärkere
Wertorientierung
21%
Informationssysteme
Data Warehousing, IT
18%
Verbesserte
Transparenz
18%
Verbesserte
Reportingprozesse
18%
Verfeinerung des
bestehenden Systems
479
50%
39%
Mehrdimensionale
Leistungsindikatoren
Mehr Benchmarking
40%
13%
5%
Angaben in % der Respondenten (auf ganze Prozentwerte gerundet).
60%
70%
80%
90% 100%
Seite 230
Empirische Erhebungen
Explizite Forderungen nach ausgewogenen Performance Measurement Systemen, wie
mittels Balanced Scorecard oder Tableau de Bord propagiert werden, scheinen demnach auch in der Unternehmenspraxis, insbesondere in von der Rechtsstruktur weitgehend unabhängigen Divisionsstrukturen, im Trend zu liegen. Auch zeigt sich, dass
diejenigen Respondenten, die eine Weiterentwicklung integrierter Kennzahlensysteme
prognostizieren, neben Beobachtung und Steuerung insbesondere auch die Entlohnung
und Motivation der Mitarbeiter als Zweck der Leistungsmessung betonen.480
Andererseits wird für die Zukunft der Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units aber auch eine Verschiebung innerhalb der
finanziellen Kennzahlen erwartet. Auch wenn finanzielle Wertkennzahlen (wie z.B.
EVA) in ihrer Verbreitung dem Anschein nach noch hinter den traditionellen Kennzahlen zu Gewinn und Rentabilität zurückliegen, erwartet immerhin etwa jeder fünfte
Respondent für die Zukunft eine Zunahme der Bedeutung wertorientierter Kennzahlensysteme. Insbesondere die Stichworte «Shareholder Value» und «Economic Value
Added» wurden in diesem Zusammenhang häufig in der Formulierung dieser Erwartungen verwendet. Da solche Wertkennzahlensysteme ebenfalls auf Gewinn- oder
Cash Flow-Berechnungen aufbauen, ist hier wohl mehr mit einer Ergänzung und
Weiterentwicklung denn mit einer grundlegenden Ablöse der bereits existierenden Finanzkennzahlensysteme zu rechnen.
Die Fragebogenergebnisse deuten darauf hin, dass die technische Basis für solche
wertorientierte, mehrdimensionale Kennzahlensysteme nach Meinung der befragten
Unternehmen in den Entwicklungen auf den Gebieten der Führungsinformationssysteme («Executive Information Systems», EIS) und dem themenverwandten integrierten Datenmanagement («Data Warehousing») sowie in der vermehrten Nutzung von
Know How beziehungsweise Anwendungen aus dem Gesamtbereich der Informationstechnologien (IT) zu finden sein wird. Der technologische Fortschritt in der Datenerfassung und -verarbeitung soll im gleichen Atemzug verbesserte Transparenz (in
Bezug auf Kosten, Leistungen, Kunden, Prozesse, etc.) und verbesserte Reportingprozesse (in Bezug auf Verfügbarkeit und Integrität der Informationen) mit sich bringen.
480
Diese Erkenntnisse wurden aus der Analyse der entsprechenden Kreuztabellen gewonnen.
Empirische Erhebungen
Seite 231
Interessant erscheint, dass gerade diejenigen Unternehmen, die sich bereits heute mit
Leistungsindikatoren wie z.B. Kostenstrukturen, Durchlaufzeiten, Liefertreue, Defektraten oder Benchmarking beschäftigen, für die Zukunft stärkere Transparenz in der
Leistungsmessung oder mehrdimensionale Leistungsmesssysteme erwarten. Diese Beobachtung kann dahingehend interpretiert werden, dass die Beschäftigung mit mehrdimensionalen Messansätzen gleichsam zum Auslöser noch detaillierterer, weiter in
den nicht-finanziellen Bereich hineinreichender Informationsbedürfnisse werden kann.
Nur etwa 13% der Respondenten sehen hingegen für die nächsten Jahre keine bemerkenswerten Veränderungen im «Performance Measurement» voraus und rechnen
hauptsächlich mit Verfeinerungen und Verbesserungen im Rahmen der bereits bestehenden Systeme der Leistungsmessung.
Seite 232
6.
Schlussfolgerungen
SCHLUSSFOLGERUNGEN
6.1 Theorie und Praxis der Leistungsmessung
In den Abschnitten 2 und 3 wurden die theoretischen Grundlagen für die Leistungsmessung gelegt. Leistung lässt sich demnach am Beispiel des Leistungswürfels als
mehrdimensionales Konzept darstellen, das sich an der Lebensfähigkeit und Nutzengenerierung von Unternehmen orientiert. Die Leistungsmessung ist als Teilaufgabe des
Leistungsmanagements in ihrer Grundkonzeption eine Managementaufgabe mit Gestaltungswirkung, die über das Messverständnis des betrieblichen Rechnungswesens
hinausreicht und auch Leistungsaspekte aus dem nicht-finanziellen Bereich umspannt.
Aufgrund verschiedener Charakteristika (geografische und kulturelle Distanz, Sprachbarrieren, Unternehmensgrösse) sind multinationale Grossunternehmen besonders
stark auf die formale Leistungsmessung angewiesen, insbesondere wenn es um die
Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units geht.
Diese Beziehung stand daher im Fokus der vorliegenden Arbeit. Die formale Leistungsmessung als standardisierte, periodisch stattfindende Quantifizierung ausgewählter Leistungsaspekte kann hierbei der Beobachtung, der Steuerung, der Motivation oder der Integration dienen.
Die theoretische Weiterentwicklung des Performance Measurement wurde anhand repräsentativ gewählter Systeme der Leistungsmessung dargelegt. Als Ausgangspunkt
für die formale Leistungsmessung in Grossunternehmen wurden finanzielle Kennzahlensysteme gewählt. Der in Abschnitt 4.1 kurz umrissene «ROI-Baum» der Firma DU
PONT hat frühe Umsatz-, Kosten- und Gewinnanalysen weiterentwickelt und als rentabilitätsorientiertes Framework über weite Teile des 20. Jahrhunderts einen prägenden
Einfluss auf die finanzielle Leistungsmessung ausgeübt.
Markante Weiterentwicklungen im Grundverständnis der Leistungsmessung mit ähnlicher Breitenwirkung lassen sich erst in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts lokalisieren. Unter dem Schlagwort «Shareholder Value» wurden einerseits die
Finanzkennzahlensysteme selbst um eine (zeit)wertorientierte Perspektive ergänzt. Als
prominente Ansätze hierzu wurden in Abschnitt 4.2 die zentralen Grundlagen der
«DCF-Methode» und der «EVA-Methode» diskutiert.
Schlussfolgerungen
Seite 233
Andererseits wurde mit der Thematisierung von Prozess- und Reengineeringgedanken
die reduzierte Ausrichtung auf finanzielle Spitzenkennzahlen und auf deren vorwiegend finanzielle Wert- und Kostentreiber zusehends als Einschränkung empfunden, die
dem mehrdimensionalen Charakter der Leistung nicht gerecht wird und aufgrund von
Allokationsproblemen und anderen Einschränkungen ein verzerrtes Bild der betrieblichen Leistung zeichnet. Die aus dieser Sicht logische Ergänzung um prozessorientierte, nicht-finanzielle Leistungsaspekte hat zu so genannten mehrdimensionalen
Systemen der formalen Leistungsmessung wie dem französischen «Tableau de Bord»
oder der «Balanced Scorecard» geführt.
Managementkonzepte sind für Beratungsfirmen und betriebswirtschaftliche Bildungsinstitutionen wichtige Imageträger und Marketinginstrumente. Entsprechend werden
verschiedene Ansätze der Leistungsmessung, gerade bei den «Shareholder Value»
Konzepten und bei der «Balanced Scorecard», teilweise mit beinahe dogmatisch anmutender Vehemenz vertreten481 und in einer Vielzahl von Veröffentlichungen deren
universale Vorzüge propagiert. So zitieren etwa Geanuracos/Meiklejohn bereits 1993
einen unabhängigen Unternehmensberater, nach dessen Meinung ein «modernes»
System der Leistungsmessung:
• auf verschiedenen Arten von Indikatoren beruhen sollte, um so möglichst alle Aspekte und Beziehungen eines bestimmten Geschäftes abzubilden,
• sowohl auf die treibenden Faktoren («Result Drivers») als auch auf die Resultate
selbst fokussiert sein sollte,
• anhand von Vergleichen zu Weltklasse-Unternehmen beurteilt werden und auf Verbesserungen ausgerichtet sein sollte,
• sowohl nicht-finanzielle als auch finanzielle Kriterien erfassen sollte,
• auf Gewinn und Cash Flow-Grössen als Indikatoren der Investorenzufriedenheit abstellen sollte,
• die Kundenzufriedenheit abbilden sollte,
• die Mitarbeiterzufriedenheit und Personalentwicklung abbilden sollte,
• die Managementqualitäten hinterfragen sollte,
481
Vergleiche hierzu beispielsweise die Ausführungen zum «Metrics War» in Abschnitt 4.2.2.
Seite 234
Schlussfolgerungen
• auf Informationssystemen beruhen sollte, welche anstatt nur Aktivitäten oder Resultate zu erfassen vor allem Entscheidungsprozesse unterstützen und beobachten.482
Solche und ähnliche idealisierende Aussagen, wie Sie beispielsweise in einer Vielzahl
von Fachartikeln zu finden sind, erwecken bei undifferenzierter Lesart den Eindruck,
dass Unternehmen, die nicht durchgängig über ein wertorientiertes, mehrdimensional
ausbalanciertes System der Leistungsmessung verfügen, nicht im Trend der Zeit liegen
oder gar suboptimal geführt werden. Bereits die konzeptionelle Einzelbeurteilung der
verschiedenen repräsentativen Ansätze in den Abschnitten 4.1 bis 4.4 zeigt jedoch,
dass jedes der vorgestellten Systeme, einschliesslich der mehrdimensionalen Ansätze
jüngeren Datums, ohne Ausnahme mit verschiedenen Problemen und Einschränkungen behaftet sind. Dies drängt eine differenziertere Betrachtungsweise auf.
Unter Beiziehung des Leistungswürfels als «Framework» und unter Anwendung der in
Abschnitt 3.5.3 diskutierten Qualitätsanforderungen an Leistungsindikatoren werden
diese Einschränkungen in einer Gegenüberstellung nochmals bekräftigt: Nachdem zuvor bereits gezeigt wurde, dass der EVA innerhalb der Shareholder Value Ansätze gewisse Vorteile bei der einperiodig ausgelegten Leistungsmessung hat483, die bei konsistenter, mehrperiodiger Anwendungsweise allerdings zusehends relativiert werden,
wird in Abschnitt 4.5.4 dargelegt, dass sich Finanzkennzahlen-Ansätze und deren Vorteile in mehrdimensionale System der Leistungsmessung problemlos integrieren
lassen. Die vergleichende Gesamtschau aus Perspektive der Unternehmenszentrale
einer multinationalen Grossunternehmung zeigt jedoch zugleich, dass es rationale
Gründe dafür gibt, die Leistungsmessung in Bezug auf ausländische Reporting Units
primär finanziell und nur bedingt mehrdimensional auszurichten. Hierzu zählen aus
konzeptionellen Überlegungen vor allem die bessere Verfügbarkeit, die Beschränkung
auf das Wesentliche, die integrative Wirkung der «Accounting»-Sprache, die reduzierte Zuordnungsproblematik bei Anwendung von Finanzkennzahlen auf Gesamtunternehmensebene, die gute Konsolidierbarkeit sowie die relativ geringen Erhebungsund Interpretationskosten. Dieser konzeptionelle Zusammenhang wird anhand der Inversen Performance Pyramide veranschaulicht, die aus Sicht Unternehmenszentrale
eine Fokussierung auf finanzielle Spitzenkennzahlen bei reduzierter Beiziehung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren nahe legt. Die Prüfung und empirische Unterlegung
482
483
Geanuracos/Meiklejohn (1993), 34f.
Vergleiche hierzu das Beispiel der VALUE AG in Abschnitt 4.2.3.
Schlussfolgerungen
Seite 235
dieses Zusammenhanges stand im Mittelpunkt der empirischen Erhebungen in Abschnitt 5.
Zu diesem Zweck wurden zunächst die Organisations- und Verantwortungsstruktur
sowie deren Wechselwirkungen mit der Leistungsmessung untersucht. Die Fragebogenergebnisse legen nahe, dass für die Messung der Leistung ausländischer Reporting
Units deren Organisationsform eine untergeordnete Rolle spielt.484 Massgebend sind
vielmehr die Verantwortlichkeiten, die an diese Berichtseinheiten delegiert werden.
Diese Verantwortlichkeiten sind vor allem in den Bereichen Produktion und Vertrieb
angesiedelt. Forschung & Entwicklung, die Verwaltung von immateriellem Vermögen,
das Cash Management, die Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Kapital,
die Führung von weiteren Reporting Units, die Transferpreisgestaltung sowie die
Kontrolle von Zins- und Steuereinflüssen zählen hingegen in vielen Fällen eher zu den
Verantwortlichkeiten, die der Unternehmenszentrale vorbehalten bleiben. Über die
Unternehmen hinweg zeichnen die Umfrageergebnisse ein weitgehend einheitliches
Verantwortungsbild, wobei nur bedingt kontrollierbare Finanzierungsentscheidungen
und nur bedingt kontrollierbare Störeinflüsse der multinationalen Rahmenbedingungen
offensichtlich der Verantwortung der Reporting Units entzogen oder zumindest nicht
in die Leistungsmessung einbezogen werden. Die empirischen Resultate deuten darauf
hin, dass ausländische Reporting Units grossteils «Investment Center» Charakter aufweisen, wobei schwerpunktmässig das im betrieblichen Nettovermögen investierte
Kapital betrachtet wird.
Die festgestellte Verantwortungsstruktur legt die Erwartung nahe, dass die Kennzahlen, welche die Unternehmenszentralen von ausländischen Reporting Units erheben,
bei kompetenzkonformer Ausgestaltung der Leistungsmessung ebenso vor allem auf
die Leistung in Produktion (Herstellkosten, Prozesse) und Vertrieb (Umsatz, Markt,
Kunden, Vertriebskosten) sowie auf die dadurch erzielten finanziellen Resultate ausgerichtet sein sollten. Dies entspricht der Spitze der Leistungspyramide beziehungsweise
der obersten Ebene der Inversen Leistungspyramide.485 Die empirischen Resultate
bestätigen diese Erwartung: Die Kennzahlen, die als Kernindikatoren genannt werden
und somit in den Unternehmenszentralen am meisten Beachtung erfahren, sind finan484
485
Vergleiche hierzu auch die Untersuchungen von Aders/Hebertinger (2003), 24. Die Autoren zeigen am
Beispiel von Shareholder Value Konzepten unter anderem, dass diese mit exakt dem gleichen Prozentsatz
auf «Legal Entities» und «Management Units» angewendet werden.
Vergleiche hierzu Abbildung 54 auf Seite 171 sowie Abbildung 55 auf Seite 174.
Seite 236
Schlussfolgerungen
zieller Natur und beziehen sich auf Umsatz, Marktanteil, Margen, Gewinn, Cash Flow
und Rentabilität. Die Kundenzufriedenheit, die sich der zweitobersten Ebene der Performance Pyramide zuordnen lässt, ist von den nicht-finanziellen Kennzahlen die am
häufigsten als Kernindikator genannte, Zahlen zu den Mitarbeitern sind jedoch bereits
weiter abgeschlagen. Diese Beobachtungen decken sich auch mit den empirischen Resultaten spezifisch auf die Balanced Scorecard ausgerichteter Erhebungen, welche zeigen, dass die Kunden- und Finanzperspektiven in der Unternehmenspraxis als besonders wichtig betrachtet werden, während die Perspektiven zu den Mitarbeitern oder
den internen Prozessen in der praktischen Umsetzung als vergleichsweise weniger
wichtig eingestuft werden.486
Ein solches Leistungsverständnis prägt jedoch nicht nur die Auswahl der als besonders
wichtig eingestuften Kernindikatoren, sondern lässt sich auch in der breiter ausgelegten Erhebung der grundsätzlich in der formalen Leistungsmessung abgebildeten Leistungsperspektiven beobachten. Klassische Finanzkennzahlen dominieren auch hier das
Bild der Leistungsmessung in Grossunternehmen, während Indikatoren zu Konkurrenten, Mitarbeitern, Qualität, Kunden oder Innovationskraft der ausländischen Reporting Units deutlich weniger oft in standardisierten Leistungsberichten an die Unternehmenszentrale zu finden sind.487 Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 74 unter
Beiziehung des Leistungswürfels schematisch dargestellt, in dem die empirisch festgestellte Ausgestaltung der formalen Leistungsmessung in Grossunternehmen auf Stufe
Unternehmensebene und im Bereich der historisch ausgelegten, resultatsorientierten
Finanzkennzahlen angesiedelt ist und nur geringfügige Überschneidungen mit anderen
Bereichen zeigt.
486
487
Töpfer et al. (2002), 80f.
Vergleiche hierzu auch Schwarz/Axer (2004). Die Autoren kommen in einer Deloitte&Touche Umfrage zu
ähnlichen Ergebnissen. Vergleiche hierzu aber auch Brunner et al. (1999), 156.
Schlussfolgerungen
Seite 237
Abbildung 74: Die Empirischen Ergebnisse im Leistungswürfel
LEISTUNGBERICHTE
ausländischer Reporting Units
an die Unternehmenszentrale
Während also «moderne» Systeme der Leistungsmessung wie die Balanced Scorecard
oder andere mehrdimensionale Ansätze eine massgebliche Ergänzung der finanziellen
Resultate durch andere Leistungsaspekte fordern (z.B. über drei von vier Perspektiven
in der generischen Balanced Scorecard), scheint die Praxis der Leistungsmessung in
den befragten Unternehmenszentralen auf einem anderen Leistungsverständnis zu basieren, welches in diesem Messkontext das Zusammenziehen von tendenziell nichtfinanziell geprägten Leistungsaspekten eher als Ausnahme denn als die Regel versteht.
Dies legt zwei Schlussfolgerungen nahe. Einerseits deutet die untergeordnete Rolle der
nicht-finanzorientierten Leistungsaspekte darauf hin, dass mehrdimensionale Systeme
der Leistungsmessung auf Stufe Unternehmenszentrale nur in einem sehr geringen
Ausmass tatsächlich implementiert sind. Ähnliche Rückschlüsse drängen auch Erhebungen zur Balanced Scorecard, dem wohl prominentesten mehrdimensionalen Performance Measurement System, auf: Verschiedene Untersuchungsergebnisse lassen
Seite 238
Schlussfolgerungen
zwar vermuten, dass die Balanced Scorecard in Europa und den USA und vermehrt
auch in anderen Regionen grundsätzlich grosse generelle Beachtung findet.488 Eine
spezifisch auf die effektive Implementierung der Balanced Scorecard bei börsenkotierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgelegte empirische Erhebung hat hingegen gezeigt, dass – mehr als zehn Jahre nach den ersten Veröffentlichungen von Kaplan/Norton im Harvard Business Review - nur eine Minderheit von 26% der befragten Firmen die BSC auch tatsächlich einsetzt und dies zudem
oft nur in eingeschränkter oder unvollständiger Art und Weise.489 Zusammen mit den
Ergebnissen der vorliegenden Arbeit kann man sich daher nur schwer des Eindruckes
erwehren, dass offensichtliche eine Diskrepanz besteht, zwischen dem, was ein
Grossteil der Unternehmen in der formalen Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit für sich als die geeignete Lösung erachtet, und dem, was in der Managementliteratur und in Managementseminaren als
Anforderung an eine «moderne» Leistungsmessung kommuniziert wird.
Die zweite Schlussfolgerung geht daher dahin, dass wenn mehrdimensionale Systeme
der formalen Leistungsmessung in einem Unternehmen eingesetzt werden, dies in differenzierter, auf die Anwendungssituation angepasster Art und Weise erfolgen sollte:
Obwohl ein Fokus auf nicht-finanzielle, operativ ausgerichtete Performance Measurement Systeme innerhalb der lokalen Reporting Units gerechtfertigt sein kann, bedeutet
dies nicht, dass ein identisches Messverständnis auch auf die Beziehung zwischen
Unternehmenszentrale und lokaler Reporting Unit anzuwenden ist. Wenn in einem
multinationalen Grossunternehmen die Leistungsdaten von verschiedensten Geschäftsbereichen miteinander verglichen, beurteilt und aggregiert werden sollen, verlangt dies eine Konzentration auf das Wesentliche bei vernünftigem Aufwand. Dies
wiederum erfordert einen «entspannteren» Umgang mit generischen Konzepten und
spricht gegen ein zwanghaftes Festhalten an Anzahl und Inhalt von vordefinierten
Leistungsperspektiven (beispielsweise den vier generischen Perspektiven der Balanced
Scorecard490). Je nach Umfeldsituation, Strategie, Verantwortungsstruktur, Führungs-
488
489
490
Vergleiche hierzu: Silk (1998), Marr (2001), Williams (2001), Anonym (2001), Rigby (2001).
Vergleiche hierzu: Speckbacher et al. (2003), 381. Paul (2004), 109. Für frühere empirische Untersuchungen mit ähnlichen Ergebnissen vergleiche auch: Horváth et al. (1999), 289ff. Weber/Sandt (2001). Gleich
(2001), 351. Gleich et al. (2002), 341. Günther/Grüning (2002). Töpfer et al. (2002), 80f.
Vergleiche hierzu auch: Paul (2002), 53. Der Autor hinterfragt hier die ausbalancierte «Kleeblatt»-Darstellung der vier generischen Perspektiven und leitet daraus die Forderung nach einer «Imbalanced» Scorecard ab.
Schlussfolgerungen
Seite 239
stil, vorhandenen Ressourcen und je nach Unternehmensebene kann es Sinn machen,
ganz unterschiedliche Leistungsaspekte in unterschiedlichem Umfang zu erheben.
Die zusammenfassenden Ausführungen in Abschnitt 4.5.4 legen nahe, dass in einem
multinationalen Grossunternehmen auf Stufe Unternehmenszentrale aufgrund konzeptioneller Überlegungen eine tendenziell stärkere Fokussierung auf Finanzkennzahlen
rational begründet werden kann. Die empirischen Resultate in Abschnitt 5 bestätigen
diese Überlegungen. Sie zeigen, dass die befragten Unternehmen dies zumindest so in
der Praxis ihrer standardisierten Leistungsberichte umgesetzt haben. Was die Inverse
Leistungspyramide schematisch darstellt, verdeutlichen und bestätigen die Umfrageergebnisse zu den Kernindikatoren. Die Finanzresultate auf Ebene Unternehmenszentrale verkörpern nicht einen von mehreren ausbalancieren Leistungsaspekten (z.B. einen von vier Leistungsaspekten in der generischen Balanced Scorecard), sondern ein
Schwergewicht der in der Praxis von Grossunternehmen als zentrale Messgrössen eingestuften Leistungsindikatoren bezieht sich auf die finanzielle Leistung. Die Forderung nach einem «Finanzcontrolling»491 als zentrales Instrument der Unternehmensführung, das die Ermittlung, Planung, Kontrolle und Kommunikation der Vermögens-,
Finanz- und Ertragslage einschliesslich deren Segment-Details umfasst, kann auf Basis
dieser empirischen Beobachtungen bekräftigt werden. Aus der spezifischen Sicht der
Unternehmenszentrale in Grossunternehmen entspricht ein solches Verständnis zum
Performance Management offensichtlich mehr den Anforderungen der Unternehmenspraxis als zwanghaft mehrdimensional entlang generischer Leistungsaspekte ausgestaltete Ansätze.
In diesem Zusammenhang liegt auch eine der zentralen Stärken des in Abschnitt 4.3
vorgestellten Tableau de Bord Ansatzes im Vergleich zur Balanced Scorecard und
vielen anderen mehrdimensionalen Ansätzen. Das Tableau de Bord bekennt sich als
Ansatz zwar grundsätzlich zur mehrdimensionalen Leistungsmessung, stellt jedoch die
konkreten Bedürfnisse des Berichtsempfängers in den Mittelpunkt ohne konkrete
Leistungsperspektiven und deren Verhältnis zueinander zu definieren. Auf Stufe Verwaltungsrat oder CEO kann dies beispielsweise zu einem Tableau de Bord führen,
dass vorwiegend an den Finanzresultaten und seinen direkten Einflussgrössen ausgerichtet ist.
491
Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 710.
Seite 240
Schlussfolgerungen
Umgekehrt sollen und können die Fragebogen-Resultate jedoch nicht dahingehend
interpretiert werden, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung auch auf
Ebene der lokalen Reporting Units nicht geeignet oder nur wenig verbreitet sind. Einerseits war dies nicht der Untersuchungsfokus der Fragebogenaktion, so dass solche
Aussagen aus den Ergebnissen nicht abgeleitet werden können. Anderseits kann davon
ausgegangen werden, dass die meisten der Kriterien, die auf Ebene Unternehmenszentrale als Argumente für die prioritäre Anwendung von Finanzkennzahlen angeführt
wurden (Wesentlichkeit, Verfügbarkeit, Konsolidierbarkeit, Integrationswirkung über
sprachliche und kulturelle Barrieren hinweg, Beschaffungs- und Nutzungskosten, etc.),
auf Ebene der lokalen Reporting Unit (oder auf tieferen Ebenen wie z.B. Teams oder
Prozesse) nicht in selbem Umfang zum Tragen kommen.
Vielmehr deuten die vorliegenden Ergebnisse auf einen stufengerechten Zusammenhang hin, wie er modellhaft in Abbildung 75 dargestellt ist. In dieser Darstellung werden die aus Sicht der Leistungsmessung zentralen Komponenten aus den theoretischen
Ausführungen in den Abschnitten 2 und 3, mit einzelnen Grundlagen der mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung aus Abschnitt 4 sowie mit den empirischen Ergebnissen aus Abschnitt 5 zusammengeführt. Den Gesamtzusammenhang gibt
das eingangs vorgestellte Leistungsmanagement-Modell vor.
Vision und Strategie, Organisationsstruktur, Kultur und Führungsstil sowie die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stellen das interne Umfeld und somit die
Vorbedingungen des Leistungsmanagements dar. Um die folgenden Aufgaben des
Leistungsmanagements vornehmen zu können (planen und budgetieren, Verantwortung zuweisen, Leistung messen und berichten, beurteilen und honorieren, lernen und
verbessern) muss bei den verantwortlichen Führungskräften ein Verständnis über die
Leistungszusammenhänge im Unternehmen vorhanden sein. Über ein solches (explizites oder implizites) «Leistungsmodell» scheinen sich alle vorgestellten Ansätze in
der Grundaussage einig zu sein: Ein finanzorientierter Teilausschnitt aus dem Modell
der Gesamtleistung kann beispielsweise im ROI-Baum oder im SHV-Netzwerk gesehen werden, in den mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung bildet das
Leistungsmodell jeweils einen der zentralen Bausteine.492
492
Vergleiche hierzu beim Tableau de Bord das Ablaufdiagramm/Leistungsmodell in Abbildung 44 auf Seite
133 sowie die Ursachen-Wirkungs-Kette bei der Balanced Scorecard in Abbildung 51 auf Seite 154.
Schlussfolgerungen
Seite 241
Auf Basis der empirischen Ergebnisse aus Abschnitt 5 kann die Forderung abgeleitet
werden, dass die Verantwortungszuweisung und die darauf aufbauende Leistungsmessung in Abhängigkeit von der Verantwortungsebene vorgenommen werden sollten: Gemäss Leistungswürfel kann zwischen der Leistung auf Unternehmensebene
(oder Gesamtdivisionsebene) und den tiefer gelegenen Prozess-/Team- oder Individualebenen unterschieden werden. Wie bereits dargelegt wurde, ist die Leistungsbeziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit auf der
Unternehmensebene einzuordnen. Gemäss empirischen Resultaten haben die Reporting Units auf dieser Ebene eine relativ umfassende Gesamtverantwortung, die sich im
festgestellten «Investment Center»-Charakter manifestiert und sich weitgehend an der
Kontrollierbarkeit orientiert. Daher beispielsweise auch der Fokus auf das operative
Nettovermögen und die festgestellte Ausklammerung der Verantwortung für die Finanzstruktur. Weiter reduzierte Verantwortungsstrukturen (z.B. «Cost Center» oder
«Revenue Center») wurden hingegen kaum festgestellt.
Der bei der Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit stark im Zentrum stehende Zweck der Beobachtung und Kontrolle493 deutet zudem darauf hin, dass auf der Unternehmensebene Leistung als Realisierungsbeitrag vor allem in Form von Resultaten oder Ergebnissen von Handlungen wahrgenommen wird. Diese werden im multinationalen Umfeld wiederum von verschiedenen
Störfaktoren beeinflusst (Transferpreise, Steuern, Wechselkurse, geografische und
kulturelle Distanz)494 und sind, wie in jedem anderen Unternehmen, allgemeinen
makroökonomischen, politischen und sozialen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Die
Konstellation von Gesamtverantwortung und resultatorientierter Leistungswahrnehmung lässt aus Sicht Unternehmenszentrale wiederum die festgestellte klare Priorisierung von finanziellen Kennzahlen als aggregierte, auf das Wesentliche reduzierte Spitzenkennzahlen plausibel erscheinen und wurde in Abschnitt 4.5.4 als rational begründbares Vorgehen dargelegt.
493
494
Vergleiche hierzu: Abbildung 72 auf Seite 227. Zur empirisch belegten Dominanz von Kontrolle und Steuerung in der Leistungsmessung vergleiche aber auch: Blankenburg (1999), 122.
Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6.
Seite 242
Schlussfolgerungen
Abbildung 75: Stufengerechte Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen
Vision,
Strategie
Organisationsstruktur
Ressourcen,
Fähigkeiten
Kultur,
Führungsstil
LEISTUNGSMANAGEMENT
LEISTUNGSMODELL DES MANAGEMENTS
Team/Individuum
Unternehmen
PLANUNG, BUDGETIERUNG
VERANTWORTUNGSZUWEISUNG
Kontrollierbarkeit?
Einzelverantwortung, Cost Center,
Revenue Center
geografische und kulturelle
Distanz, Sprachbarriere,
politische und soziale Umwelt
LEISTUNG (REALISIERUNGSBEITRAG)
Verhalten, Handlungen,
Aktivitäten
Resultate,
Ergebnisse von Handlungen
LEISTUNGSMESSUNG (INDIKATOREN)
nicht-finanziell, detailliert,
leading
finanziell,
aggregiert, lagging
Mitarbeiter
Qualität
Konkurrenten
Kosteneffizienz
Profitabilität
Continuous
Improvement
Innovationskraft
Kunden
Stabilität &
Liquidität
Wachstum
Zuordenbarkeit/Verständlichkeit?
HONORIERUNG, VERBESSERUNG
Transferpreise, Steuern,
Wechselkurse, Inflation, Zinsen,
makroökonomische Umwelt
Gesamtverantwortung,
Profit Center, Investment Center
Schlussfolgerungen
Seite 243
Die Verbindung von der Leistungsmessung zur Honorierung sowie zu Lern- und Verbesserungsprozessen ist vor allem von der Zuordenbarkeit (für die Honorierung) und
der Verständlichkeit (für das Lernen) abhängig. Die Resultate der Fragebogenaktion
legen nahe, dass dieser Zusammenhang im Vergleich zu anderen Funktionen der
Leistungsmessung jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt: Leistungsindikatoren
erfüllen zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Unit vor allem eine beobachtende und steuernde Funktion. Der Motivation der lokalen Manager, der Entlohnung,
der Integration oder der Förderung von Lernprozessen wird in der Leistungsmessung
vergleichsweise wenig Bedeutung beigemessen.495 So geben nur 58% der befragten
Unternehmen an, die standardisierte Leistungsmessung als Grundlage für die Leistungsbeurteilung, Entlohnung und Belohnung heranzuziehen. Dies deckt sich auch mit
den Ergebnissen anderen Untersuchungen, die gezeigt haben, dass bei den wertorientierten Finanzkennzahlen nur 53% der Unternehmen ihre Shareholder Value-Spitzenkennzahl in die Leistungsmessung einbeziehen496 und ebenso nur 53% der Unternehmen ihre Balanced Scorecard für diesen Zweck heranziehen.497 Die Gründe hiefür
können darin vermutet werden, dass einerseits zu engmaschig ausgelegte Honorierungssysteme als eine Form des «Übercontrolling»498 die Motivation von Führungskräften untergräbt und eine schnelle Reaktion auf neue Situationen verhindert499 und
andererseits individuellen Zielvereinbarungen zur Mitarbeitersteuerung der Vorzug
gegeben wird.500 Zudem sind gerade mehrdimensionale Ansätze der Leistungsbeurteilung besonders empfänglich für subjektive Einschätzungen und führen tendenziell zu
einer «Verwischung» der Leistungsunterschiede.501
Dies erscheint auch aus Sicht der Darstellung in Abbildung 75 plausibel. Wie weiter
oben bereits dargelegt wurde, kann aus den Ergebnissen der vorliegenden Umfrage
nicht geschlossen werden, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung auf
tieferen Verantwortungsebenen ebenso selten zum Einsatz kommen wie auf der Ebene
«Unternehmensleistung». Dies würde beispielsweise eine Reihe von Ansätzen wie das
Activity Based Management, das Total Quality Management oder das operativ ausge495
496
497
498
499
500
501
Vergleiche hierzu: Abbildung 72 auf Seite 227.
Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 37. Vergleiche hierzu auch: Stührenberg et al. (2003), 69.
Vergleiche hierzu: Speckbacher et al. (2003), 371.
Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 708.
Vergleiche hierzu: Hope/Fraser (1999). Hope/Fraser (2003).
Vergleiche hierzu: Happel (2002), 278f. Kurzich/Rautenstrauch (2003), 357.
Vergleiche hierzu: Moers (2005).
Seite 244
Schlussfolgerungen
legte Produktions-Controlling grundsätzlich in Zweifel ziehen. Vielmehr sollten die
Ergebnisse aus der vorliegenden Studie tendenziell so interpretiert werden, dass je
mehr sich die Leistungsmessung von der Unternehmensebene weg in Richtung Team-,
Prozess- oder Individualebene bewegt, desto spezifischer wird die zugeordnete und
kontrollierbare Verantwortung (Umsätze, Kosten, Aktivitäten), desto stärker rücken
neben Resultaten auch die Handlungen und das Verhalten selbst in den Fokus der
Leistungsmessung und umso detaillierter und stärker nicht-finanziell ausgerichtet werden die für die Leistungsmessung erfassten Leistungsindikatoren.502 Die dafür notwendigen Informationen sind lokal in der Regel besser verfügbar, haben weniger Interpretationsbedarf, müssen nicht über Gesellschaften hinweg konsolidiert werden und
sind für die vor Ort zu treffenden Entscheidungen relevanter als für die resultatorientierte Gesamtschau in der Unternehmenszentrale. Ein solcher Zusammenhang erlaubt,
die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung besser
einzuordnen: Finanzspitzenkennzahlen wie der EVA eignen sich vor allem auf Stufe
«Unternehmensleistung» für die Leistungsmessung, mehrdimensionale Messansätze
wie die Balanced Scorecard eher auf nachgelagerten Verantwortungsebenen (Team-,
Prozess- oder Individualleistung).
Wenn also die Unternehmenszentralen in Grossunternehmen offensichtlich hauptsächlich finanzielle Kennzahlen zur Messung der Leistung von ausländischen Reporting
Units heranziehen, so stellt sich die Frage, ob aus den Untersuchungsergebnissen klare
Präferenzen für ganze bestimmte Spitzenkennzahlen abgeleitet werden können.
Gewinn- (vor allem EBIT) und umsatzbezogene Kennzahlen wurden von den Respondenten auf Stufe Unternehmenszentrale am häufigsten als besonders wichtige Kernindikatoren wahrgenommen503 und am häufigsten als erfasste Leistungsindikatoren
aufgezählt504, jeweils gefolgt von Cash Flow-, Rentabilitäts- oder «neueren» Wertkennzahlen wie dem EVA. Die zentrale Bedeutung des EBIT, als wohl wichtigste Gewinnkennzahl, wird auch durch andere empirische Untersuchungen bestätigt, welche
zeigen, dass die interne Betriebsergebnisrechnung nach wie vor ein etabliertes Basisin-
502
503
504
Vergleiche hierzu auch: Gleich (2001), 413. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von «Leistungsebenendifferenzierung».
Vergleiche hierzu: Abbildung 71 auf Seite 223.
Vergleiche hierzu: Abbildung 70 auf Seite 217.
Schlussfolgerungen
Seite 245
strument ist, welches vorwiegend monatlich genutzt wird.505 Dies ist insofern nicht
verwunderlich, da der EBIT nicht nur als absolute Zahl für sich selbst aussagekräftig
ist, sondern auch einen zentralen Bestandteil bei der Berechnung von RONOA, Free
Cash Flow oder EVA verkörpert.
Gleiches gilt für das von den Respondenten häufig genannte Nettoumlaufvermögen,
das ebenso in die verschiedenen Finanzkennzahlenkonzepte einfliesst: Das im Net
Working Capital investierte Kapital ist sowohl Bestandteil des ROI-Baumes und seiner
Untervarianten wie dem RONOA, als auch ein wichtiger Faktor in den Discounted
Cash Flow-506 und EVA-Konzepten.507 Die häufige Einzelnennung von EBIT und
Nettoumlaufvermögen verwundert insofern nicht, als statistische Untersuchungen nahe
legen, dass gerade grosse, profitable Firmen mit effizientem Management des Umlaufvermögens und einem gewissen Grad an Einzigartigkeit in Bezug auf das Geschäftsmodell zu den erfolgreichsten Firmen gehören.508
In Bezug auf die Verbreitung von Rentabilitäts- (z.B. ROI, RONOA) im Vergleich zu
expliziten Wertansätzen (z.B. DCF, EVA) lässt sich aufgrund solcher Zusammenhänge
bei den Rentabilitäts- und Werttreibern keine eindeutige Antwort herleiten. Im direkten Vergleich dieser Kennzahlenkategorien wird EVA von 29% der Respondenten vor
ROI, RONOA und Free Cash Flow am häufigsten als Indikator genannt, während beispielsweise der CFROI nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Dies entspricht weitgehend auch den Beobachtungen anderer Studien: So liegt die Verbreitung von wertorientierten Kennzahlen wie Free Cash Flow oder EVA im Rahmen anderer empirischer Erhebungen.509 Eine KPMG-Studie bei den DAX 100 Unternehmen legt zwar
nahe, dass die Verbreitung von EVA-Kennzahlen in deutschen Grossunternehmen sogar noch höher sein dürfte und bei etwa 54% liegt.510 Hierbei ist allerdings zu beach505
506
507
508
509
510
Vergleiche hierzu: Rothlin (1999), 180ff. Gleich (2001), 296ff. Gleich et al. (2002), 340f. Happel (2002),
277.
In den DCF-Modellen kommt die liquiditätswirksame Zu- oder Abnahme in Teilen des Umlaufvermögens
als Komponente des Free Cash Flows zum tragen.
Die praktische Bedeutung des Nettoumlaufvermögens wird auch von anderen Studien bestätigt. Vergleiche
hierzu beispielsweise: Vergleiche hierzu: Happel (2002), 278.
Vergleiche hierzu: Johnson/Soenen (2003).
Vergleiche hierzu: Happel (2002), 277. Eine Abweichung zu dieser Untersuchung liegt jedoch in der
Verbreitung des CFROI, der in der vorliegenden Untersuchung nur von einzelnen Unternehmen als Kennzahl genannt wurde, bei Happel jedoch von 38% der Respondenten. Dass der CFROI weniger stark verbreitet ist, legt auch eine KPMG-Untersuchung bei den DAX 100 Unternehmen dar. Vergleiche hierzu
Aders/Hebertinger (2003), 15.
Aders/Hebertinger (2003), 15.
Seite 246
Schlussfolgerungen
ten, dass dies auch wertorientierte Kennzahlen auf Stufe Gesamtkonzern beinhaltet
und dass in der selben Studie dargelegt wird, dass trotz einer Verbreitung von wertorientierten Spitzenkennzahlen in beinahe allen untersuchten Unternehmen nur etwa die
Hälfte der selben Unternehmen diese auch auf strategische Geschäftsfelder oder Management Units anwendet.511 Dies lässt für die Messbeziehung zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Units auf eine entsprechend tiefere EVA-Verbreitung
schliessen, die in der Grössenordnung der vorliegenden Studie liegen dürfte. Ebenso
decken sich die Beobachtungen zu den Rentabilitätszahlen (in Summe von 61% der
Respondenten genannten) in der Grundaussage mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen, die zeigen, dass etwa die Hälfte der befragten Unternehmen Indikatoren
wie ROI, RONOA, ROCE oder ROE als Messinstrumente einsetzen.512
In Abschnitt 4.2.3 wurde dargelegt, dass der EVA in der einperiodigen Leistungsmessung gewisse Vorteile gegenüber der DCF-Methode und gegenüber den Rentabilitätskennzahlen geltend machen kann, insbesondere da das Investitionsrisiko berücksichtigt und der in einer Periode erzeugte ökonomische Wert direkt ersichtlich wird.
Die empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich dies in einer entsprechend
häufigen Verwendung des EVA in der Praxis von Grossunternehmen niederschlägt.
Auf eine umfassende Substitution von Rentabilitätskennzahlen wie ROI oder RONOA
durch wertorientierte Konzepte wie die DCF-Methode oder den EVA kann aus den
Umfrageergebnissen jedoch nicht geschlossen werden. Sowohl verschieden ausgeprägte Rentabilitätskennzahlen (z.B. RONOA) als auch explizite Wertkennzahlen (z.B.
EVA) scheinen in der Unternehmenspraxis von Grossunternehmen zur Messung der
Leistung von ausländischen Reporting Units ihre Berechtigung zu haben. Aufgrund
der aufgezeigten Gemeinsamkeiten bei Ergebnistreibern und grundsätzlicher Stossrichtung erscheint dies auch plausibel.
Dass die Ursache für das Festhalten an herkömmlichen Rentabilitätskennzahlen in einer noch immer geringen Bekanntheit der Wertkonzepte liegt, kann nach beinahe zwei
Jahrzehnten ausgiebiger Diskussion solcher Ansätze ausgeschlossen werden. Die
grössten Implementierungshürden bei der wertorientierten Steuerung sind, dass gemäss empirischen Studien solche Steuerungskonzepte oft als zu komplex und intransparent empfunden werden und in vielen Unternehmen offensichtlich ein Mangel an
511
512
Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 27.
Vergleiche hierzu: Happel (2002), 277.
Schlussfolgerungen
Seite 247
qualifiziertem Personal zur Einführung und Umsetzung herrscht.513 Zudem können
Kennzahlen und Konzepte in den Firmen als effektive Entscheidungs- und Performance Management Systeme auf allen Entscheidungsebenen tatsächlich gelebt oder
aber nur reine Lippenbekenntnisse der obersten Führungsebene sein.514 Expertenbefragungen in Deutschland deuten darauf hin, dass nur wenige Unternehmen tatsächlich
wertorientiert handeln und die Wertorientierung vielfach als solches Lippenbekenntnis
einzustufen ist. Mangelhafte Werttreiberhierarchien und das mangelhafte Übersetzen
finanzieller Zielgrössen in relevante operative Steuerungsgrössen werden als zentrale
Defizite der eingeführten Systeme eingeschätzt.515 Vor allem die Wahl der richtigen
nicht-finanziellen Kennzahlen kann dabei mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden
sein, insbesondere wenn es darum geht, denn Zusammenhang zwischen nicht-finanziellen Messgrössen und den finanziellen Resultaten herzustellen.516
Dies wirft in der praxisbezogenen Gesamtschau der vorliegenden empirischen Resultate ein differenzierteres Licht auf den «Metrics War» in der Theorie zur finanziellen
Leistungsmessung. Die Frage nach der zu bevorzugenden finanziellen Spitzenkennzahl ist in der «Top Down»-Sicht solange weitgehend irrelevant, als es in Folge nicht
gelingt, das entsprechende Gedankengut auf den nachgelagerten Unternehmensebenen
einzubringen. Ebenso kann aus der «Bottom Up»-Sicht argumentiert werden, dass aus
inhaltlicher Sicht die gesamt Diskussion um finanzielle Spitzenkennzahlen auf ein paar
wenige, sehr simple Grundregeln reduziert werden kann. In Unternehmen, in denen die
operativen Einheiten in ihrem täglichen Geschäftsgebaren danach streben
• möglichst hohe EBITs,
• bei möglichst tiefem Vermögens-/Kapitaleinsatz,
• bei möglichst tiefen Steuer- und Finanzierungskosten,
• bei kritischem Abwägen der mit einem Geschäftsbereich oder Investment verbundenen unternehmerischen Risiken und
• mit dem Grundverständnis von möglichst beschleunigten Geldzuflüssen bei zugleich möglichst verzögerten Geldabflüssen
513
514
515
516
Weber et al. (2004), 17f. Bramsemann/Heineke (2003), 580.
Vergleiche hierzu: Malmi/Ikäheimo (2003).
Weber et al. (2004), 17f. Vergleiche hierzu aber auch folgende empirischen Erhebungen: Bramsemann/Heineke (2003), 580. Aders/Hebertinger (2003), 31. Stührenberg et al. (2003), 71.
Vergleiche hierzu: Ittner/Larcker (2004).
Seite 248
Schlussfolgerungen
zu erzielen, ist es von relativ untergeordneter Bedeutung, mit welcher Spitzenkennzahl
die finanzielle Leistung schliesslich gemessen wird. Aufgrund der grundsätzlich gleichen Stossrichtung und der beachtlichen Schnittmenge gemeinsamer Werttreiber wird
ein solchermassen allgemein definiertes Leistungsverständnis sowohl dem Grundgedanken des ROI, als auch dem des RONOA, als auch dem des Discounted (Free) Cash
Flow, als auch dem des EVA als auch dem vieler anderer finanziellen Spitzenkennzahlen gerecht. Ein grosser Teil der im «Metrics War» thematisierten Steuerungsprobleme entsteht erst, wenn der Anspruch erhoben wird, sowohl die strategie- und
wertfokussierte Lenkung von Geschäftsbereichen als auch die damit verbundene Honorierung von Führungskräften an einer einzelnen finanziellen Spitzenkennzahl festzumachen. Es erstaunt daher nicht, dass multinationale Unternehmen genau dies nicht
zu tun scheinen und die standardisierte Leistungsmessung nur in eingeschränktem Umfang für die Leistungsbeurteilung und Honorierung von Führungskräften heranziehen.
Ein simplifiziertes und mystizismenfreies Grundverständnis zur finanziellen Leistung
relativiert die Bedeutung der finanziellen Spitzenkennzahl: Ein im obigen Sinne tatsächlich gelebtes und durch individuelle Zielvereinbarungen gefördertes «Value Based
Management» dürfte mehr bewirken als die blosse Berechnung einer ganz bestimmten
wertorientierten Spitzenkennzahl. Trotz der Verbreitung von Shareholder Value Konzepten, speziell des EVA, erstaunt es daher nicht, dass gemäss der vorliegenden Untersuchung klassische Rentabilitätskennzahlen und deren Komponenten als gut verfügbare und leicht verständliche Finanzkennzahlen in multinationalen Grossunternehmen
nach wie vor ihre Berechtigung haben.
Schlussfolgerungen
Seite 249
6.2 Leistungsmessung in Grossunternehmen – Quo vadis?
Es wurde somit dargelegt, dass die Leistungsmessung in den Unternehmenszentralen
multinationaler Grossfirmen, im Sinne der Inversen Performance Pyramide517, vorwiegend finanzieller Natur ist und dass sich dies rational begründen lässt. Empirische Ergebnisse der vorliegenden Arbeit in Kombination mit denen anderer Untersuchungen
deuten darauf hin, dass nur rund ein Viertel der Unternehmen mehrdimensionale Systeme wie die Balanced Scorecard für die Leistungsmessung einsetzt und dies oft nur in
sehr eingeschränkter Art und Weise.
Weiter wurde gezeigt, dass innerhalb der Finanzkennzahlen der Wertgedanke weit
verbreitet und der EVA die von vielen Unternehmen präferierte Spitzenkennzahl für
die einperiodige Leistungsmessung ist, dass die klassischen Rentabilitätskennzahlen
als einfache, verständliche Indikatoren mit grundsätzlich gleicher Stossrichtung aber
nach wie vor ihre Berechtigung haben. Die Diskussion um die Rolle der finanziellen
Spitzenkennzahlen wurde daher relativiert und stattdessen dafür plädiert, das Augenmerk stärker auf die durchgängige Umsetzung des zu Grunde liegenden Wertgedanken
zu richten. Es wurde damit argumentiert, dass gerade das Herunterbrechen von finanziellen Spitzenkennzahlen auf die Ebene der operativen Steuerung noch immer grosse
Defizite aufweist, ebenso wie die Anbindung der Honorierung von Führungskräften
sowohl an mehrdimensionale als auch an wertorientierte Systeme der Leistungsmessung.
Auf der Basis dieser Ausgangslage erscheint es nachvollziehbar, dass gemäss Fragebogenergebnissen die Wünsche und Erwartungen der Respondenten für die Zukunft
der Leistungsmessung primär in Richtung der Bereiche mit den grössten konzeptionellen Umsetzungsdefiziten und somit primär in Richtung weiteren Auf- oder Ausbau
integrierter, stärker mehrdimensional ausgelegter Kennzahlensysteme geht, welche
verschiedenen Leistungsaspekten Rechnung tragen und den Unternehmenswert weiter
in den Vordergrund rücken:518 Integriertheit im Sinne vertikaler und horizontaler Konsistenz519 erfordert die Ausrichtung am operativen Leistungsmodell und bringt eine
517
518
519
Vergleiche hierzu: Abbildung 55 auf Seite 174.
Vergleiche hierzu: Abbildung 73 auf Seite 229.
Vergleiche hierzu: Abbildung 19 auf Seite 57.
Seite 250
Schlussfolgerungen
Tendenz zur stärkeren Einbindung mehrdimensionaler, nicht-finanzieller Messgrössen
zu Verhalten und Aktivitäten mit sich.520 Die beabsichtigte technische Realisierung
über verbesserte Informationssysteme (z.B. «Data Warehousing») soll dabei die gewünschte Transparenz in den Prozess der betrieblichen Leistungserstellung und in
Folge die Grundlage für weiter verbesserte Reportingprozesse sowie die angestrebte
Anbindung der Honorierung an die standardisierte Leistungsmessung bringen.
Inwieweit diese Erwartungshaltungen der Respondenten, insbesondere in Bezug auf
den Aufbau mehrdimensionale Systeme der formalen Leistungsmessung auf Stufe
Unternehmenszentrale, von Modeerscheinungen getragen sind, soll und kann an dieser
Stelle nicht beurteilt werden. Die in Abbildung 75 dargestellten Zusammenhänge der
Leistungsmessung und die dieser Darstellung zu Grunde liegenden Ausführungen
deuten darauf hin, dass dieser Entwicklung ausgehend vom empirisch feststellbaren
Ist-Zustand jedoch vermutlich enge Grenzen gesetzt sind: Es ist zu erwarten, dass die
bessere Verfügbarkeit, die Beschränkung auf das Wesentliche, die integrative Wirkung
der «Accounting»-Sprache, die reduzierte Zuordnungsproblematik bei Anwendung
von Finanzkennzahlen auf Gesamtunternehmensebene, die gute Konsolidierbarkeit
sowie die relativ geringen Erhebungs- und Interpretationskosten auch weiterhin als
komparative Vorteile von Finanzkennzahlen gegenüber stärker nicht-finanziell ausgerichteten Messsystemen bestehen bleiben werden. Dies veranlasst in Bezug auf die
weitere Zukunft von finanziellen und mehrdimensionalen Ansätzen folgende Thesen
aufzustellen:
• Nach mehr als 10 Jahren Balanced Scorecard sind signifikante weitere Verschiebungen in Richtung stärker mehrdimensionaler Systeme der Leistungsmessung auf
Stufe Unternehmenszentrale nur zu erwarten, wenn im Umfeld der Leistungsmessung neue Impulse gesetzt werden, welche die Nachteile nicht-finanzieller
Kennzahlen relativieren. Dies kann z.B. dann passieren, wenn verbesserte Informationstechnologien (bessere und kostengünstigere Software- und Hardwareleistung,
etc.) sowie das weitere Zusammenrücken verschiedener Informationsmodule (alle
relevanten Unternehmensdaten in einer integrierten Datenbank, Weiterentwicklung
«Data Warehousing», etc.) über die dadurch verbesserte Verfügbarkeit bei gleichen
oder sinkenden Erhebungskosten zusätzlichen Freiraum für die weitere Verbreitung
von nichtfinanziellen Kennzahlen schaffen.
520
Vergleiche hierzu: Abbildung 75 auf Seite 242.
Schlussfolgerungen
Seite 251
• Ein weiterer solcher Impuls ist zu erwarten, falls für nicht-finanzielle Leistungsaspekte standardisierte, international anerkannte Messansätze entwickelt werden, welche die Erhebungs- und Interpretationskosten senken und, im Sinne der Konsolidierbarkeit, auf Basis der Informationen aus den Reporting Units zu einer diesbezüglichen Gesamtunternehmensleistung zusammengeführt werden können. Die
Neuregelungen zur Goodwill-Bilanzierung und damit zusammenhängend die weiteren Entwicklungen in Bezug auf strukturiertere Ansätze zur Quantifizierung von
immateriellen Werten werden in diese Richtung genau zu beobachten sein.521
• Setzen hingegen solche Impulse nicht ein und können anhand von Langzeitstudien
keine massgeblichen Performance-Vorteile von Unternehmen mit mehrdimensionalen Messkonzepten belegt werden, ist im Sinne einer Pendelbewegung durchaus
mit einer zunehmenden Kritik an den Erhebungs- und Nutzungskosten von mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung sowie auf Stufe Gesamtunternehmen mit einer Trendumkehr zu Gunsten einer vermehrten Nutzung von reinen Finanzkennzahlensysteme zu rechnen.
Innerhalb der Finanzkennzahlensysteme zwingen sich in Bezug auf die Spitzenkennzahlen mittelfristig keine signifikanten neuen Trendbewegungen auf. Die wertorientierte Betrachtungsweise scheint sich hier bereits auf breiter Front in Form von Spitzenkennzahlen und deren finanziellen Werttreibern etabliert zu haben. Die Ergebnisse
der vorliegenden Arbeit und die aktuellen Trends in der Wertdiskussion veranlassen
jedoch, folgende Thesen zur Zukunft der wertorientierter Kennzahlensysteme aufzustellen:
• In der wertorientierten Leistungsmessung wird der Fokus weniger auf Entwicklung
und Einführung neuer Spitzenkennzahlen liegen als vielmehr in der Verbesserung
der diesbezüglichen Kommunikation nach innen (Herunterbrechen in operative
Steuergrössen, Honorierung) und aussen («Value Reporting»).
• Der wachsende Druck auf die Unternehmen, im Sinne eines so genannten «Value
Reporting» verstärkt wertrelevante Informationen zu einzelnen Geschäftsfeldern in
die externe Berichterstattung aufzunehmen, erhöht in Wechselwirkung die Anforde-
521
Kaplan/Norton haben als Ahnherren der Balanced Scorecard diesen Trend bereits antizipiert und weisen in
jüngeren Veröffentlichungen den «Intangible Assets» einen besonderen Stellenwert zu. Vergleiche hierzu:
Kaplan/Norton (2004).
Seite 252
Schlussfolgerungen
rungen an die horizontale und vertikale Konsistenz und die Zuverlässigkeit unternehmensintern für die Leistungsmessung eingesetzter Wertindikatoren.
• Die Schliessung der Wertlücke zwischen intern ermitteltem Unternehmenswert und
dem Preis am Kapitalmarkt wird daher weiter zunehmende Beachtung finden.
Mögliche Lösungsansätze werden vor allem von Seiten der internen Leistungsmessung und hier nicht von «besseren» Spitzenkennzahlen, sondern vor allem aus
der verbesserten Quantifizierung von immateriellen Werten und deren Werttreibern
(z.B. in Form der Goodwill-Bilanzierung) abgeleitet werden.
• Das Herunterbrechen wertorientierter Spitzenkennzahlen in operative, auch nichtfinanzielle Steuerungskennzahlen für alle Verantwortungsebenen sowie die Anbindung der Honorierung von Mitarbeitern sind heute noch defizitäre Bereiche des
«Value Based Managements». Die durchgängigere Gestaltung der wertorientierten
Systeme der Leistungsmessung sowie die wertverträglichere Vergütung von Führungskräften wird höhere Anforderungen an die Leistungsmessung stellen, insbesondere in Bezug auf die Zuordnung des investierten Kapitales auf die verschiedenen Entscheidungsebenen sowie in Bezug auf die Lokalisierung und Quantifizierung von finanziellen und nicht-finanziellen Werttreibern im Leistungsmodell.
Trotz nunmehr beinahe zwanzig Jahren Diskussion von «modernen» Ansätzen der
Leistungsmessung wie sie in der Balanced Scorecard, im Shareholder Value oder im
EVA zum Ausdruck kommen, scheint somit noch genügend Handlungsbedarf für die
Gleichziehung von Theorie und Praxis zu herrschen. Abraham Briloff, ein emeritierter
Accounting Professor der New York University, wird im Wall Street Journal wie folgt
zitiert: "Corporate financial statements are like bikinis ... what they show is interesting;
but what they hide is vital."522 Spätestens wenn die oben angeführten Thesen zur Zukunft der formalen Leistungsmessung in die Tat umgesetzt sind, werden wir einem
quantifizierbaren und somit messbaren Gesamtverständnis der zentralen Wert- und
Leistungszusammenhänge in Grossunternehmen jedoch ein weiteres Stück näher sein.
522
Bronchick (2002), A20.
Anhang
7.
Seite 253
ANHANG
Seite 254
Anhang
7.1 Anhang 1: Muster AG
Das Zahlenbeispiel der Muster AG gibt eine Anleitung für die Berechnung des Shareholder Value mittels Discounted Cash Flow.523
Abbildung 76 zeigt zunächst die detaillierte Bilanz und Erfolgsrechnung der MUSTER
AG. Auf Basis dieser Zahlen wird die Berechnung der Free Cash Flows sowohl auf
indirekte (Abbildung 77) als auch direkte Weise (Abbildung 78) vollzogen. Die auf
diesen Cash Flows basierende Ermittlung von Shareholder Value und Wertsteigerung
sind Abbildung 80 dargestellt.
523
Vergleiche hierzu: Rappaport (1995), 190ff. Der Residualwert am Ende der Prognoseperiode wird als
Fortführungswerte in Form einer ewigen Rente ermittelt. Für eine anschauliche Darstellung der Ermittlung
der freien Cash Flows vergleiche auch: Copeland et al. (2002), 18.
Verwendete Abkürzungen: kurzfr. = kurzfristig, langfr. = langfristig, verzinsl. = verzinslich, FK = Fremdkapital, EK = Eigenkapital, NUV = Nettoumlaufvermögen, CF = Cash Flow, Vw. & Vt. = Verwaltung &
Vertrieb, AB = Anfangsbestand, EB = Endbestand.
Anhang
Seite 255
Abbildung 76: MUSTER AG − Erfolgsrechnung, Bilanz
Erfolgsrechnung
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Umsatz
Material
Lohn524
Gemeinkosten
161.500
60.000
35.000
15.000
177.650
66.000
38.500
16.000
195.510
72.000
42.350
17.000
215.080
78.000
46.585
18.000
236.550
84.000
51.244
19.000
Herstellkosten Produktion
Lagerveränderung Fertigfabrikate
110.000
0
120.500
-6.000
131.350
-5.000
142.585
-5.000
154.244
0
Herstellkosten verkaufte Produkte
110.000
114.500
126.350
137.585
154.244
Bruttoergebnis
Verwaltungs- und Vertriebskosten
Abschreibungen
Debitorenverluste
Bildung/Auflösung Rückstellungen
51.500
23.000
6.000
8.080
4.000
63.150
26.000
7.000
8.890
0
69.160
29.000
8.000
9.760
4.000
77.495
32.000
9.000
10.735
0
82.306
35.000
10.000
11.836
0
Erfolg vor Zins u. Steuern (EBIT)
Fremdkapital-Zinsen
10.420
4.800
21.260
4.560
18.400
4.320
25.760
4.480
25.470
4.560
Erfolg vor Steuern (EBT)
Steuern (Steuersatz 30%)
5.620
1.686
16.700
5.010
14.080
4.224
21.280
6.384
20.910
6.273
Erfolg nach Steuern (EAT)
Dividenden
3.934
1.750
11.690
1.750
9.856
1.750
14.896
1.750
14.637
14.637
Einbehaltene Gewinne
2.184
9.940
8.106
13.146
0
Bilanz
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Flüssige Mittel
Debitoren
Materiallager
Lager Fertigfabrikate
Anlagevermögen
5.000
10.000
6.000
14.000
50.000
26.189
11.995
14.000
14.000
54.000
7.137
13.987
22.000
20.000
57.000
7.146
16.084
30.000
25.000
54.000
2.168
20.208
30.000
30.000
55.000
2.168
20.208
30.000
30.000
55.000
Aktiven
85.000
120.184
120.124
132.230
137.376
137.376
Kreditoren
kurzfr. verzinsl. FK
langfr. verzinsl. FK
Rückstellungen
8.000
5.000
35.000
5.000
10.000
10.000
42.000
9.000
12.000
5.000
39.000
5.000
10.000
10.000
36.000
9.000
10.000
10.000
32.000
5.000
10.000
10.000
32.000
5.000
Fremdkapital
53.000
71.000
61.000
65.000
57.000
57.000
Aktienkapital
Gewinnvortrag
20.000
12.000
35.000
14.184
35.000
24.124
35.000
32.230
35.000
45.376
35.000
45.376
Eigenkapital
32.000
49.184
59.124
67.320
80.376
80.376
524
Annahme: Alle Aufwendungen betreffend Lohn, Gemeinkosten und Verwaltung & Vertrieb sind unmittelbar und in voller Höhe liquiditätswirksam.
Seite 256
Anhang
Abbildung 77: MUSTER AG − Cash Flow (indirekte Ermittlung)
Free Cash Flow (indirekt)
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
EBIT
Abschreibungen
Veränderung Rückstellungen525
Veränderung Debitoren526
Veränderung Materiallager
Veränderung Fertigfabrikatelager
Veränderung Kreditoren
Steuern (auf EBIT)527
10.420
6.000
4.000
-1.995
-8.000
0
2.000
-3.126
21.260
7.000
-4.000
-1.992
-8.000
-6.000
2.000
-6.378
18.400
8.000
4.000
-2.097
-8.000
-5.000
-2.000
-5.520
25.760
9.000
-4.000
-4.124
0
-5.000
0
-7.728
25.470
10.000
0
0
0
0
0
-7641
CF Operativ (NUV, Rückstell.)528
9.299
3.890
7.783
13.908
27.829
-10.000
-10.000
-5.000
-10.000
-10.000
-10.000
-10.000
-5.000
-10.000
-10.000
21.189
-19.052
9
-4.978
0
-21.890
12.942
2.774
8.886
17.829
Kauf bzw. Verkauf Anlageverm.
CF Investition (AV)
529
Cash Flow (fl. Mittel)530
Free Cash Flow (Net Assets)531
525
526
527
528
529
530
531
Inklusive Bildung und Auflösung von Rückstellungen.
Inklusive Debitorenverluste.
Die Steuerzahlungen werden hier auf Basis EBIT berechnet und nicht auf Basis EBT wie in der Erfolgsrechnung. Der Grund hierfür ist, dass die Fremdkapitalzinsen, die zwischen EBIT und EBT liegen, nicht
dem CF Operativ, sondern dem CF FK zugeordnet werden. Die Steuern werden sofort liquiditätswirksam
(keine Bildung von Steuerrückstellungen).
Der CF Operativ wird hier auf Basis Nettoumlaufvermögen inklusive Rückstellungen dargestellt. D.h.
heisst alle Veränderungen des EBIT, alle Veränderungen im Umlaufvermögen, alle Veränderungen beim
unverzinslichen kurzfristigen Fremdkapital (z.B. Kreditoren) und alle Veränderungen bei den Abschreibungen und Rückstellungen wirken sich auf den CF Operativ aus.
Der CF Investition bezieht sich ausschliesslich auf Transaktionen im Anlagevermögen. Alle Investitionen
sind als Bruttoinvestitionen berücksichtigt, die Devestitionen erfolgen zum Buchwert (keine Veräusserungsgewinne oder -verluste).
Die Veränderung der flüssigen Mittel kann der Bilanz entnommen und anhand der direkten CF-Ermittlung
in Abbildung 32 in Abschnitt 4.2.2.1 nachvollzogen werden.
Die Formel zur Ermittlung des Free Cash Flow wurde bereits in Fussnote 216 vorgestellt:
FCF = CF Finanzierung = CF EK + CF FK = CF Operativ + CF Investition − ∆ Cash
Der Free Cash Flow wird hier auf Basis Nettovermögen bzw. Net Assets dargestellt. Zum Nettovermögen,
dessen Definition aus dem CF Operativ (Basis NUV, Rückstellungen) und dem CF Investition (Basis Anlagevermögen) abgeleitet werden kann, zählen das Umlaufvermögen (inklusive flüssige Mittel) und das Anlagevermögen abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals (z.B. Kreditoren, Rückstellungen). D.h., der
freie Cash Flow, der aus dem Nettovermögen kommt (beziehungsweise in das Nettovermögen geht), steht
zur Befriedigung der Ansprüche der Geber von verzinslichem Fremdkapital oder Eigenkapital zur Verfügung (beziehungsweise wird durch finanzielle Leistungen der Geber von verzinslichem Fremd- oder Eigenkapitalgebern finanziert).
Anhang
Seite 257
Abbildung 78: MUSTER AG − Cash Flow (direkte Ermittlung)
Free Cash Flow (direkt)
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Umsatz (bar)
Debitorenzahlungen
Materialeinkauf (bar)
Kreditorenzahlungen
Lohnzahlungen
Gemeinkostenzahlungen
Zahlungen Vw. & Vt.
Zahlungen aus Rückstellungen
Steuerzahlungen (auf EBIT)
16.150
135.275
-8.000
-58.000
-35.000
-15.000
-23.000
0
-3.126
17.765
149.003
-9.000
-63.000
-38.500
-16.000
-26.000
-4.000
-6.378
19.551
164.102
-10.000
-72.000
-42.350
-17.000
-29.000
0
-5.520
21.058
178.713
-11.000
-67.000
-46.585
-18.000
-32.000
-4.000
-7.728
23.655
201.059
-12.000
-72.000
-51.244
-19.000
-35.000
0
-7641
CF Operativ (NUV, Rückstell.)
9.299
3.890
7.783
13.908
27.829
Kauf / Verkauf Anlagevermögen
-10.000
-10.000
-5.000
-10.000
-10.000
CF Investition (AV)
-10.000
-10.000
-5.000
-10.000
-10.000
12.000
-4.800
1.440
-8.000
-4.560
1.368
2.000
-4320
1.296
-4.000
-4.480
1.344
0
-4.560
1.368
8.640
-11.192
-1.024
-7.136
-3.192
Veränderung Aktienkapital
Dividenden
15.000
-1.750
0
-1.750
0
-1.750
0
-1.750
0
-14.637
CF EK
13.250
-1.750
-1.750
-1.750
-14.637
Cash Flow (fl. Mittel)535
21.189
-19.052
9
-4.978
0
-21.890
12.942
2.774
8.886
17.829
532
Aufnahme / Rückzahlung Fremdk.
Zinszahlung Fremdkapital
«Interest Tax Shield» (FK-Zins)533
CF FK (verzinsliches FK)534
Free Cash Flow (Net Assets)
532
533
534
535
Für Zusatzinformationen betreffend Umsatz, Debitoren, Material, Kreditoren, Anlagevermögen etc. vergleiche Abbildung 79.
Die «Interest Tax Shield» bezeichnet die steuerschonende Wirkung der Fremdkapitalzinsen und muss hier
berücksichtigt werden, um die kalkulatorischen Steuerzahlung im CF Operativ (berechnet auf Basis EBIT)
in die tatsächlichen Steuerzahlungen (berechnet auf Basis EBT) zu überführen. Manche Autoren ordnen die
«Interest Tax Shield» entsprechend der Praxis in der externen Rechnungslegung dem CF Operativ zu (vergleiche hierzu beispielsweise: Klien (1995), 55f. Kind (2000), 61.). Dieser Vorgehensweise soll hier nicht
gefolgt werden, da die Ursachen der «Interest Tax Shield» nicht in einer primär operativen Entscheidung,
sondern in einer Finanzierungstätigkeit (Zuführung von Fremdkapital) gründen und daher dem CF Finanzierung, genauer dem CF FK, zugeordnet werden sollten.
Der CF FK bezieht sich nur auf Zahlungsströme in Zusammenhang mit dem verzinslichen Fremdkapital.
Das unverzinsliche Fremdkapital ist dem CF Operativ (auf Basis NUV, Rückstellungen) zugeordnet.
Cash Flow = ∆ Cash = CF Operativ + CF Investition + CF Finanzierung
Seite 258
Anhang
Abbildung 79: MUSTER AG − Zusatzinformationen
Umsatz
Jahr 0
Umsatz (bar)
Umsatz (Kredit)
Umsatz
Debitoren
145.000
Jahr 0
AB
Zugang (aus Umsatz)
Debitorenzahlungen
Debitorenverluste
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
16.150
145.350
17.765
159.855
19.551
175.959
21.508
193.572
23.655
212.895
161.500
177.650
195.510
215.080
236.550
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
10.000
145.350
135.275
8.080
11.995
159.855
149.003
8.890
13987
175.959
164.102
9.760
16.084
193.572
178.713
10.735
20.208
212.895
201.059
11.836
EB Debitoren
10.000
11.995
13.987
16.084
20.208
20.208
Material
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
6.000
8.000
60.000
60.000
14.000
9.000
65.000
66.000
22.000
10.000
70.000
72.000
30.000
11.000
67.000
78.000
30.000
12.000
72.000
84.000
6.000
14.000
22.000
30.000
30.000
30.000
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
50.000
10.000
0
6.000
54.000
10.000
0
7.000
57.000
10.000
5.000
8.000
54.000
10.000
0
9.000
55.000
10.000
0
10.000
AB
Kauf (bar)
Kauf (Kredit)
Materialaufwand
EB Material
Anlagevermögen
AB
Investitionen
Devestitionen
Abschreibungen536
EB Anlagevermögen
50.000
54.000
57.000
54.000
55.000
55.000
Kreditoren
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
8.000
60.000
58.000
10.000
65.000
63.000
12.000
70.000
72.000
10.000
67.000
67.000
10.000
72.000
72.000
8.000
10.000
12.000
10.000
10.000
10.000
Jahr 0
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
5.000
4.000
0
0
9.000
0
0
4.000
5.000
4.000
0
0
9.000
0
0
4.000
5.000
0
0
0
9.000
5.000
9.000
5.000
5.000
AB
Zugang (Materialkauf)
Kreditorenzahlungen
EB Kreditoren
Rückstellungen
AB
Bildung
Auflösung
Zahlung aus Rückstell.
EB Rückstellungen
536
5.000
Annahme: Das gesamte Anlagevermögen ist im Verwaltungs- und Vertriebsbereich investiert (z.B. EDV).
Daher werden in der Erfolgsrechnung die Abschreibungen unterhalb des Bruttoergebnisses gezeigt.
Anhang
Seite 259
Abbildung 80: MUSTER AG − DCF
DCF Net Assets (NA)
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
FCF
Diskontfaktor539
Barwert
-21.890
0,92
-20.194
12.942
0,85
11.014
2.774
0,79
2.178
8.886
0,72
6.436
17.829
0,67
11.912
212.250
0,67
141.808
DCF NA
Buchwert NA540
Wertsteig. NA
153.154
72.000
81.154
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
8.640
0,92
7.970
-11.192
0,85
-9.525
-1.024
0,79
-804
-7.136
0,72
-5.168
-3.192
0,67
-2.133
-38.000
0,67
-25.389
Jahr 1
Jahr 2
Jahr 3
Jahr 4
Jahr 5
Jahr 6ff.
CF EK
Diskontfaktor
Barwert
-13.250
0,92
-12.223
1.750
0,85
1.489
1.750
0,79
1.374
1.750
0,72
1.267
14.637
0,67
9.779
174.250
0,67
116.420
DCF EK (direkt)
Buchwert EK
Wertsteigerung EK
118.106
32.000
86.106
537538
DCF FK (verzinslich)
CF FK
Diskontfaktor
Barwert
DCF FK
Buchwert FK
Wertsteigerung FK
-35.047
-40.000
4.953
DCF EK (indirekt)
DCF EK541
DCF EK (direkt)
537
538
539
540
541
118.106
Der DCF NA (Net Assets) kann auch als DCF FCF bezeichnet werden, da sich der FCF bei indirekter Ermittlung aus dem CF Operativ (Basis NUV), dem CF Investition (Basis Anlagevermögen) und dem CF
flüssige Mittel zusammensetzt und diese drei Positionen zusammen das Nettovermögen bilden:
DCF NA = DCF Operativ (Basis NUV) + DCF Investition (Basis AV) − DCF CF (Basis fl. Mittel) = DCF
Finanzierung = DCF EK + DCF FK = DCF FCF
Der Residualwert für die Jahre 6ff. ist als ewige Rente auf Basis des FCF des Jahres 5 berechnet.
Der Diskontfaktor ist auf Basis des Ziel-ROE nach Steuern als Diskontzinssatz berechnet: Ziel-ROE vor
Steuern = 12%, Steuersatz = 30%, Ziel-ROE nach Steuern = 12% x 0,3 = 8,4%. Wird der Shareholder
Value (sowohl nach der DCF- als auch nach der EVA-Methode berechnet) nicht als Massstab der Eigenkapitalwertsteigerung, sondern als Massstab der Gesamtkapitalwertsteigerung verstanden, so kann auch mit
den WACC nach Steuern als Diskontzinssatz gerechnet werden.
Werden jedoch die unterschiedlichen Zahlungsströme anstatt mit einem einheitlichen Diskontzinssatz mit
unterschiedlichen Zinssätzen diskontiert (z.B. WACC nach Steuern für DCF Net Assets, FK-Zins nach
Steuern für DCF FK, Ziel-ROE nach Steuern für DCF-EK), so führen die direkte und die indirekte Methode
der DCF EK-Ermittlung zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Die Muster AG besitzt nur operatives Vermögen, daher: NA = Aktiven – Kreditoren - Rückstellungen
DCF EK = DCF Finanzierung − DCF FK = DCF Net Assets − DCF FK
Seite 260
7.2 Anhang 2: Fragebogen zur Leistungsmessung
Anhang
Anhang
Seite 261
Seite 262
Anhang
Anhang
Seite 263
Seite 264
Anhang
Anhang
Seite 265
Seite 266
8.
Abbildungsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Aufbau der vorliegenden Arbeit ............................................................... 9
Abbildung 2: Phänomene der Leistung ........................................................................ 11
Abbildung 3: Leistung als Realisierungsbeitrag........................................................... 14
Abbildung 4: Dimensionen der Leistung − der «Leistungswürfel» ............................. 15
Abbildung 5: Kreisförmige Denkvorstellung im Management .................................... 25
Abbildung 6: Die Interdependenz der Managementaufgaben ...................................... 27
Abbildung 7: Leistungsmanagement-Modell ............................................................... 29
Abbildung 8: Die Entwicklung im Management Accounting ...................................... 33
Abbildung 9: Manager, Finanzbereich und Fachbereiche in der Leistungsmessung ... 35
Abbildung 10: Der Messvorgang.................................................................................. 36
Abbildung 11: Kriterien der formalen und informellen Leistungsmessung................. 39
Abbildung 12: Funktionen der Leistungsmessung ....................................................... 40
Abbildung 13: Leistungsmessung als Kommunikationsinstrument ............................. 43
Abbildung 14: Komponenten der Integration durch Leistungsmessung ...................... 46
Abbildung 15: Referenzquellen für die Auswahl von Leistungsindikatoren ............... 48
Abbildung 16: Beispiele für Indikatorenarten und Unterscheidungskriterien.............. 50
Abbildung 17: Kriterien der Qualität eines Leistungsindikators.................................. 51
Abbildung 18: Relevanz und Zuverlässigkeit von Leistungsindikatoren..................... 53
Abbildung 19: Die Konsistenz von Leistungsindikatoren............................................ 57
Abbildung 20: Die Effektivität von Leistungsindikatoren ........................................... 59
Abbildungsverzeichnis
Seite 267
Abbildung 21: Formen der Vergleichbarkeit................................................................ 62
Abbildung 22: Messperiodizität und Beobachtungslücke ............................................ 65
Abbildung 23: Steigerung der Kosten-Nutzen-Effizienz von Leistungsindikatoren.... 67
Abbildung 24: Leistungsmanagement in Multinationalen Unternehmen..................... 70
Abbildung 25: Die Beziehung zwischen Zentrale und Reporting Unit........................ 72
Abbildung 26: Formale und informelle Koordinationsmechanismen .......................... 75
Abbildung 27: Ausgewählte Systeme der formalen Leistungsmessung....................... 84
Abbildung 28: Der ROI-Baum in Anlehnung an DU PONT ....................................... 87
Abbildung 29: Stärken und Schwächen des ROI-Ansatzes.......................................... 91
Abbildung 30: Berechnungsschema der DCF-Methode............................................... 95
Abbildung 31: Das Shareholder Value-Netzwerk ........................................................ 98
Abbildung 32: DCF der MUSTER AG ...................................................................... 100
Abbildung 33: «Ex post» und «ex ante» Form der MVA-Ermittlung........................ 104
Abbildung 34: EVA der MUSTER AG...................................................................... 105
Abbildung 35: Beispiele für Kennzahlen im EVA-Ansatz......................................... 106
Abbildung 36: Beispielhaftes Bonusmodell auf EVA-Basis...................................... 108
Abbildung 37: Fallbeispiel VALUE AG - Ein Dreijahresprojekt .............................. 112
Abbildung 38: Kennzahlen der VALUE AG.............................................................. 113
Abbildung 39: Stärken und Schwächen des «Shareholder Value»-Ansatzes............. 121
Abbildung 40: Das TDB im Gesamtüberblick der Führungsinstrumente .................. 123
Abbildung 41: Mindestens ein TDB für jeden Verantwortungsträger ....................... 126
Abbildung 42: Die Zusammensetzung der TDB-Informationen ................................ 129
Seite 268
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 43: Informationsquellen des «Tableau de Bord»...................................... 131
Abbildung 44: Die Handlungsorientierung des «Tableau de Bord» .......................... 133
Abbildung 46: Die «OVAR»-Methode....................................................................... 135
Abbildung 47: Auszug aus dem «Tableau de Bord»-Bericht einer Airline ............... 138
Abbildung 48: Stärken und Schwächen des «Tableau de Bord»-Ansatzes................ 144
Abbildung 49: Angestrebtes Leistungsmessungssystem bei APPLE COMPUTER .. 146
Abbildung 50: Die «Balanced Scorecard».................................................................. 148
Abbildung 51: Von der Strategie zu den Leistungsindikatoren.................................. 150
Abbildung 52: Die Ursachen-Wirkungs-Kette am Beispiel einer Bank..................... 154
Abbildung 53: Die BSC als Instrument des strategischen Managements .................. 156
Abbildung 54: Stärken und Schwächen des «Balanced Scorecard»-Ansatzes........... 163
Abbildung 55: Performance Pyramide ....................................................................... 171
Abbildung 56: Inverse Performance Pyramide der Unternehmenszentrale ............... 174
Abbildung 57: Untersuchungsgesamtheit und Auswahlkriterien ............................... 180
Abbildung 58: Organisatorische Eingliederung von Reporting Units........................ 185
Abbildung 59: Antwortalternativen zum Verantwortlichkeitsprofil .......................... 189
Abbildung 60: Verantwortlichkeiten der Reporting Units (n=38) ............................. 192
Abbildung 61: Relative Häufigkeit der Leistungsaspekte (n=38) .............................. 201
Abbildung 62: Häufigste Indikatoren zur Profitabilität (n=38).................................. 203
Abbildung 63: Häufigste Indikatoren zum Wachstum (n=38) ................................... 204
Abbildung 64: Häufigste Indikatoren zur Kosteneffizienz (n=38)............................. 206
Abbildung 65: Häufigste Indikatoren zur Liquidität (n=38) ...................................... 207
Abbildungsverzeichnis
Seite 269
Abbildung 66: Häufigste Indikatoren zu den Konkurrenten (n=38) .......................... 209
Abbildung 67: Häufigste Indikatoren zu den Mitarbeitern (n=38)............................. 210
Abbildung 68: Häufigste Indikatoren zur Qualität (n=38) ......................................... 212
Abbildung 69: Häufigste Indikatoren zu den Kunden (n=38) .................................... 213
Abbildung 70: Häufigste Indikatoren zur Innovation (n=38)..................................... 215
Abbildung 71: Gesamtüberblick häufigste Leistungsindikatoren (n=38) .................. 217
Abbildung 72: Häufigste Kernindikatoren (n=38) ..................................................... 223
Abbildung 73: Häufig genannte Funktionen der Leistungsmessung (n=38).............. 227
Abbildung 74: Entwicklungstendenzen in der Leistungsmessung (n=38) ................. 229
Abbildung 75: Die Empirischen Ergebnisse im Leistungswürfel .............................. 237
Abbildung 76: Stufengerechte Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen 242
Abbildung 77: MUSTER AG − Erfolgsrechnung, Bilanz.......................................... 255
Abbildung 78: MUSTER AG − Cash Flow (indirekte Ermittlung) ........................... 256
Abbildung 79: MUSTER AG − Cash Flow (direkte Ermittlung)............................... 257
Abbildung 80: MUSTER AG − Zusatzinformationen................................................ 258
Abbildung 81: MUSTER AG − DCF ......................................................................... 259
Seite 270
9.
Bibliographie
BIBLIOGRAPHIE
Aders, C. und Hebertinger, M. (2003). Shareholder-Value-Konzepte - Eine
Untersuchung der DAX 100-Unternehmen. In Ballwieser, W. und Wesner, P. (Hrsg.).
Value Based Management. KPMG, Frankfurt.
Alazard, C. und Sépari, S. (1997). DECF Manuel & Applications: Contrôle de gestion
(3. Aufl.). Dunod, Paris.
Anonym (2001). Balanced Scorecard Is Fast Becoming a Must Have Process for
Corporate Change. Management Services, 45, 8, 5-6.
Andersson, U. (2003). Managing the Transfer of Capabilities Within Multinational
Corporations: the Dual Role of the Subsidiary. Scandinavian Journal of Management,
19, 4, 425-442.
Anthony, R. (1960). Management Accounting. Homewood, Irwin.
Anthony, R. (1965). Planning and Control Systems: A Framework for Analysis.
Graduate School of Business Administration, Harvard University, Boston.
Anthony, R. (1988). The Management Control Function. Harvard Business School
Press, Boston.
Anthony, R. (1989). Reminiscences About Management Accounting. Journal of
Management Accounting Research, 1, Fall, 1-20.
Ardoin, J.-L., et al. (1986). Le contrôle de gestion (2. Aufl.). Publi Union, Paris.
Argyris, C. und Schön, D. A. (1999). Die Lernende Organisation – Grundlagen,
Methoden, Praxis. Klett-Cotta, Stuttgart.
Atkinson, A., et al. (1995). Management Accounting. Prentice Hall, Englewood Cliffs.
Atkinson, A., et al. (1997). A Stakeholder Approach to Strategic Performance
Measurement. Sloan Management Review, 38, Spring, 25-37.
Atkinson, A. (1999). Strategic Performance Measurement and Incentive
Compensation. European Management Journal, 16, 5, 552-561.
Bibliographie
Seite 271
Axon, D. A. (2003). Best Practices in Planning and Management Reporting. Wiley,
Hoboken.
Baetge, J., et al. (2000). Konzernbilanzen (5. Aufl.). IDW, Düsseldorf.
Baetge, J. (2001). Der beste Geschäftsbericht. Manager Magazin, 10, 164-185.
Ballow, J. J., et al. (2004). Managing for Shareholder Value: Intangibles, Future
Value and Investment Decisions. Journal of Business Strategy, 25, 3, 26-34.
Banker, R. D., et al. (1990). Costs of Product and Process Complexity. In Kaplan, R.
S. (Hrsg.). Measures for Manufacturing Excellence, pp. 269-290. Harvard Business
School Press, Boston.
Barsky, N. P. und Bremser, W. G. (1999). Performance Measurement, Budgeting and
Strategic Implementation in the Multinational Enterprise. Managerial Finance, 25, 2,
3-15.
Bartlett, C. A. und Ghoshal, S. (1992). Transnational Management: Text, Cases, and
Readings in Cross-Border Management. Irwin, Homewood.
Bayer, K. (2004). Investitionen ins Humanvermögen – Entwicklung von
Bilanzierungsregeln für den informationsorientierten Jahresabschluss. Verlag Dr.
Kovac, Hamburg.
Bayo-Moriones, A. und de Cerio, J. M. (2002). Human Resource Management,
Strategy and Operational Performance in the Spanish Manufacturing Industry.
Management, 5, 3, 175-199.
Beer, S. (1979). The Heart of Enterprise. Wiley, Chichester.
Beer, S. (1988). Brain of the Firm (2. Aufl.). Wiley, Chichester.
Bergmann, J. (1996). Sharholder Value-orientierte Beurteilung von Teileinheiten im
internationalen Konzern. Shaker, Aachen.
Berle, A. A. und Means, G. C. (1932). The Modern Corporation and Private Property.
Macmillan, New York.
Bescos, P.-L., et al. (1995). Contrôle de gestion et management (3. Aufl.).
Montchrestien, Paris.
Betriebswirtschaftlicher Ausschuss des Zentralverbandes Elektrotechnik- und
Elektronikindustrie (ZVEI). (1989). ZVEI-Kennzahlensystem: Ein Instrument zur
Unternehmenssteuerung (4. Aufl.). Frankfurt.
Seite 272
Bibliographie
Beyer, R. (1963). Profitability Accounting for Planning and Control. The Ronald
Press Company, New York.
Biddle, G. C., et al. (1998). Economic Value Added: Some Empirical EVAdence.
Managerial Finance, 24, 11, 60-71.
Bischoff, J. (1994). Das Shareholder Value-Konzept. Deutscher Universitäts-Verlag,
Wiesbaden.
Black, A., et al. (2001). In Search of Shareholder Value (2. Aufl.). Pearson Education,
Harlow.
Blankenburg, D. A. (1999). Evaluation von Performance Measurement Systemen –
Eine empirische Analyse. Transfer Verlag, Regensburg.
Bleicher, K. (1988). Management. In Woll, A. (Hrsg.). Wirtschaftslexikon, pp. 465467. Oldenbourg, München.
Bleicher, K. (2004). Das Konzept integriertes Management (7. Aufl.). Campus,
Frankfurt.
Blocher, E., et al. (1985). How Best to Communicate Numerical Data. The Internal
Auditor, February, 38-42.
Boemle, M. und Stolz, C. (2002). Unternehmensfinanzierung (13. Aufl.). Verlag SKV,
Zürich.
Bouquin, H. (1991). Le contrôle de gestion. Gestion PUF, Paris.
Braam, G. J. F. und Nijssen J. F. (2004). Performance Effects of Using the Balanced
Scorecard: a Note on the Dutch Experience. Long Range Planning, 37, 4, 335-349.
Bramsemann, U. und Heineke, C. (2003). Implementierung der Wertorientierung in
deutschen Konzernen – Prozess, Hürden und Instrumente. Controller Magazin, 28,
576-582.
Bromwich, M. (1990). The Case for Strategic Management Accounting: The Role of
Accounting Information for Strategy in Competitive Markets. Accounting,
Organizations and Society, 15, 1/2, 27-46.
Bromwich, M. (1991). Accounting Information for Strategic Excellence. In Vedso, L.
(Hrsg.). Okonomistyring og Strategi - Nye Ideer, Nye Erfaringer. Systime, Herning.
Bronchick, J. (2002). We Need Better Stock Analysis Not More Info. Wall Street
Journal, August 6, A20.
Bibliographie
Seite 273
Brunner, J., et al. (1999). Value-Based Performance Management. Wertsteigernde
Unternehmensführung: Strategie – Instrumente – Praxisbeispiele. Gabler, Wiesbaden.
Bühner, R. (1990). Das Management-Wert-Konzept: Strategien zur Schaffung von
mehr Wert im Unternehmen. Schäffer-Poeschel, Stuttgart.
Burguignon, A., et al. (2001). Balanced Scorecard versus French Tableau de Bord:
Beyond Dispute – A Cultural and Ideological Perspective. HEC Les Cahiers de
Recherche, Jouy-en Josas.
Burguignon, A., et al. (2004). The American Balanced Scorecard Versus the French
Tableau de Bord: the Ideological Dimension. Management Accounting Research, 15,
2, 107-134.
Busse von Colbe, W. (1957). Der Zukunftserfolg. Gabler, Wiesbaden.
Busson-Villa, F. (1996). L'utilisation du tableau de bord dans les PME. In Gervais, M.
(Hrsg.). Recherches en contrôle de gestion, pp. 213-228. Economica, Paris.
Capdaspe, R. (1979). Le tableau de bord: essai conceptuel. Travail et Méthodes,
364/365, August/September, 5-9.
Chandler, A. D. (1991). The Functions of the HQ Unit in the Multibusiness Firm.
Strategic Management Journal, 12, Special Issue, Winter, 31-50.
Cheridito, Y. und Schnell, T. (2004). Der Residualwert in der Unternehmensbewertung – Verschiedene Formeln im Vergleich. Der Schweizer Treuhänder, 78, 9,
735-741.
Chiapello, E. und Delmond, M.-H. (1994). Les tableaux de bord de gestion, outils
d'introduction du changement. Revue Française de Gestion, 97, January/February, 4958.
Chiapello, E. und Lebas, M. (1996). The Tableau de Bord - A French Approach to
Management Information. Arbeitspapier präsentiert anlässlich 19th Annual Congress
of the European Accounting Association, Bergen.
Chiapello, E., et al. (1997). Air Pérombia. Arbeitspapier präsentiert anlässlich
Programmes pour dirigeants - HEC Management (28.-30. Mai): Structurer un systeme
de côntrole de gestion, Jouy-en-Josas.
Chiapello, E. und Delmond, M.-H. (1997). Tableaux de bord de gestion. Arbeitspapier
präsentiert anlässlich Programmes pour dirigeants - HEC Management (5./6. Juni):
Tableaux de bord de gestion, HEC, Jouy-en-Josas.
Seite 274
Bibliographie
Clarkson, M. B. E. (1995). A Stakeholder Framework for Analyzing and Evaluating
Corporate Social Performance. Academy of Management Review, 20, 1, 92-117.
Cokins, G., et al. (1993). An ABC Manager's Primer. Institute of Management
Accountants, Montvale.
Cooper, R. und Turney, P. B. B. (1990). Internally Focused Activity-Based Cost
Systems. In Kaplan, R. S. (Hrsg.). Measures for Manufacturing Excellence, pp. 291305. Harvard Business School Press, Boston.
Copeland, T., et al. (1998). Unternehmenswert - Methoden und Strategien für eine
wertorientierte Unternehmensführung (2. Aufl.). Campus, Frankfurt.
Copeland, T., et al. (2002). Unternehmenswert - Methoden und Strategien für eine
wertorientierte Unternehmensführung (3. Aufl.). Campus, Frankfurt.
Corvellec, H. (1995). Stories of Achievements - Narrative Features of Organizational
Performance. Lund University Press, Lund.
Cross, K. F. und Lynch, R. L. (1991). Measure Up! – Yardsticks for Continuous
Improvement. Blackwell Publishers, London.
Cross, K. F. und Lynch, R. L. (1992). For Good Measure. CMA Magazine, April, 2023.
Davis, S. und Albright, T. (2003). An Investigation of the Effect of Balanced Scorecard
Implementation on Financial Performance. Management Accounting Research, 15, 2,
135-153.
Day, G. S. und Fahey, L. (1990). Putting Strategy into Shareholder Value Analysis.
Harvard Business Review, March/April, 156-162.
Debrency, R. und Gray, G. L. (2001). The Production and Use of Semantically Rich
Accounting Reports on the Internet: XML and XBRL. International Journal of
Accounting Information Systems, 2, 1, 47-74.
De Guerny, J., et al. (1990). Principes et mise en place du tableau de bord de gestion
(6. Aufl.). Delmas, Paris.
De Solère, C. (1993). Le tableau de bord - objectifs et conditions de mise en oeuvre.
L'Actualité Fiduciaire, 762, April, 36-44.
Delmond, M.-H. (1997). L'informatisation du tableau de bord. Arbeitspapier
präsentiert anlässlich Programmes pour dirigeants - HEC Management (5./6. Juni):
Tableaux de bord de gestion, HEC, Jouy-en-Josas.
Bibliographie
Seite 275
Deyle, A., et al. (1988). Controller und Controlling. Schweizerische Volksbank, Bern.
Dimnik, T. und Kudar, R. (1989). Don't Throw Out the Baby with the Bathwater!
CMA Magazine, 63, 6, July/August, 12-16.
Dixon, R. und Smith, D. R. (1993). Strategic Management Accounting. Omega
International Journal of Management Science, 21, 6, 605-618.
Dixon, R. J., et al. (1990). The New Performance Challenge: Measuring Operations
for World-Class Competition. Dow Jones-Irwin, Homewood.
Docquin, H. (1988). Le tableau de bord stratégique: une nouvelle vision du contrôle
de gestion. Travail et Méthodes, 462, March, 3-6.
Doerr, H., et al. (2003). Erfahrungen bei der konzernweiten Einführung einex EVAbasierten Investitionsrechnungsmodells. Controlling, 2003, 15, 6, 285-291.
Dover, C. (2004). How Dashboards Can Change Your Culture – Companies Become
Performance-Accountable Organizations. Strategic Finance, 84, October, 42-48.
Drukarczyk, J. (1998). Unternehmensbewertung (2. Aufl.). Verlag Franz Vahlen,
München.
Dusch, M. und Möller, M. (1997). Praktische Anwendung der Balanced Scorecard Ein neuer Ansatz zur Fabriksteuerung in der Philips Bildröhrenfabrik Aachen.
Controlling, 9, 2, März/April, 116-121.
Edwards, J. B. (2001). ERP, Balanced Scorecard, and IT: How Do They Fit Together?
Journal of Coporate Accounting & Finance, 12, 5, 3-12.
Ehrbar, A. (1999). Economic Value Added – Der Schlüssel zur wertsteigernden
Unternehmensführung. Gabler, Wiesbaden.
Ehrenberg, A. (1991). Le culte de la performance. Calman-Levy, Paris.
Eichelberger, D. (1991). Leistungsindikatoren für das strategische Controlling in
multinationalen Unternehmen. Dissertation, Universität Bern, Bern.
Eidel, U. (1999). Moderne Verfahren der Unternehmensbewertung und PerformanceMessung. Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Berlin.
Elschen, R. (1991). Shareholder Value und Agency-Theorie: Anreiz- und
Kontrollsysteme für Zielsetzungen der Anteilseigner. Betriebswirtschaftliche
Forschung und Praxis, 3, 209-219.
Seite 276
Bibliographie
Emmanuel, C., et al. (1990). Accounting for Management Control (2. Aufl.). Chapman
and Hall, London.
Epstein, M. J. und Marzoni, J. F. (1997). The Balanced Scorecard and Tableau de
Bord: A Global Perspective on Translating Strategy into Action. INSEAD Working
Paper Series, Fontainebleau.
Espejo, R., et al. (1996). Organizational Transformation and Learning: A Cybernetic
Approach to Management. Wiley, Chichester.
Ewing, P. (1995). The Balanced Scorecard at ABB-Sweden - A Management System in
a Lean Enterprise. Arbeitspapier präsentiert anlässlich 18th Annual Meeting of the
European Accounting Association, Birmingham.
Ezzamel, M. (1992). Business Unit and Divisional Performance Measurement.
Academic Press, London.
Fabozzi, F. J. (2003). Foundations of Economic Value Added. John Wiley & Sons,
Hoboken.
Feggeler, A. und Husmann, U. (2000). Kennzahlenanwendung in modernen
Unternehmensstrukturen. In Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (Hrsg.).
Erfolgsfaktor Kennzahlen. Wirtschaftsverlag Bachem, Köln.
Fickert, R. (2004). Business Performance und Finanzcontrolling: Controlling-Mix aus
Inhalt, Transparenz, Verständlichkeit, Erfahrungen und Unternehmenskultur. Der
Schweizer Treuhänder, 78, 9, 707-714.
Fiol, M. (1997). La démarche OVAR. Arbeitspapier präsentiert anlässlich Programmes
pour dirigeants - HEC Management (5.-6. Juni): Tableaux de bord de gestion, Jouy-enJosas.
Fischer, T.M. (2002). Wertorientierte Kennzahlen und Publizität der DAX 30Unternehmen. Controlling, 14, 3, 161-168.
Flamholtz, E. (1974). Human Resource Accounting. Dickenson Publishing, Encino.
Förschle, G., et al. (2001). Internationale Rechnungslegung: US-GAAP, HGB und IAS
(5. Aufl.). Economica, Heidelberg.
Fries, S., Seghezzi, H. D. (1994). Entwicklung von Messgrössen für
Geschäftsprozesse. Controlling, 6, 6, 338-345.
Gabler. (1992). Gabler Wirtschaftslexikon. Gabler, Wiesbaden.
Bibliographie
Seite 277
Gälweiler, A. (1990). Strategische Unternehmensführung (2.Aufl.). Campus,
Frankfurt.
Geanuracos, J. und Meiklejohn, I. (1993). Performance Measurement: The New
Agenda - Using Non-Financial Indicators to Improve Profitability. Business
Intelligence, Wimbledon.
Gehrke, I. (2003). Tableau de Bord. Controlling, 15, 9, 503-504.
George, B. (2003). Managing Stakeholders vs. Responding to Shareholders. Strategy
and Leadership, 31, 6, 36-40.
Gilmozzi, S. (1998). Data Warehousing - Turning Data Into Decisions. Controller
Magazin, 23, 1, 30-36.
Gladen, W. (2002). Kennzahlen- und Berichtssysteme (2. Aufl.). Gabler, Wiesbaden.
Gleich, R. (2001). Das System des Performance Measurement – Theoretisches
Grundkonzept, Entwicklungs- und Anwendungsstand. Verlag Franz Vahlen, München.
Gleich, R. (2002). Performance Measurement – Grundlagen, Konzepte und empirische
Erkenntnisse. Controlling, 14, 8/9, 447-454.
Gleich, R., et al. (2002). Corporate Reporting – Empirische Erkenntnisse und Impulse
zur Performancesteigerung. Controlling, 14, 6, 337-345.
Goodall, K. und Roberts, J. (2003). Only Connect: Teamwork in the Multinational.
Journal of World Business. 38, 2, 150-164.
Gordon, L. A. und Miller, D. (1976). A Contingency Framework for the Design of
Accounting Information Systems. Accounting, Organizations and Society, 1, 1, 59-69.
Graves, S. B. und Waddock, S. A. (1994). Institutional Owners and Corporate Social
Performance. Academy of Management Journal, 37, 4, 1034-1046.
Gray, J. und Pesqueux, Y. (1993). Evolutions actuelles des systèmes de tableau de
bord. Revue Francaise de Compatibilité, 242, Februar, 61-70.
Gray, S. (1999). Cultural Perspectives on the Measurement of Corporate Success.
European Management Journal, 13, 3, 269-275.
Greenberg, J. (1987). A Taxonomy of Organizational Justice Theories. Academy of
Management Journal, 12, 9-22.
Gregory, A. (1999). Strategic Valuation of Companies. Pearson Education, London.
Seite 278
Bibliographie
Grüner, A. (2001). Scorecardbasiertes Cockpit Controlling. Deutscher UniversitätsVerlag, Wiesbaden.
Guedj, N., et al. (1995). Le tableau de bord: Condition nécessaire à la pertinence de la
décision. In Guedj, N. (Hrsg.). Le contrôle de gestion - Pour améliorer la performance
de l'entreprise, (2. Aufl.), pp. 283-339. Les Editions d'Organisation, Paris.
Günther, T. und Grüning, M. (2002). Performance Measurement-Systeme im
praktischen Einsatz. Controlling, 14, 1, 5-13.
Hachmeister, D. (2000). Der Discounted Cash Flow als Mass der
Unternehmenswertsteigerung. Peter Lang, Frankfurt.
Hail, L. (2002). Kennzahlenanalyse – Beurteilung von Abschlussinformationen mit
Hilfe finanzieller Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Der Schweizer Treuhänder, 76,
1-2, 53-66.
Hammer, M. und Champy, J. (1993). Reengineering the Corporation. Harper
Business, New York.
Hannabuss, S. (1987). The Concept of Performance: A Semantic Review. In (Hrsg.).
Aslib Proceedings, pp. 149-158.
Hannon, N. (2004). XBRL Grows Fast in Europe. Strategic Finance, 84, October, 5556.
Happel, M. (2002). Shareholder-Value-Ansatz. Implementierungslücke im Controlling
deutscher Unternehmen? Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. Controlling,
14, 4/5, 275-282.
Hardouin, M. (1978). Le tableau de bord de gestion. Travail et Méthodes, 352/353,
August/September, 15-18.
Helbling, C. (1998). Unternehmensbewertung und Steuern (9. Aufl.). IDW-Verlag,
Düsseldorf.
Herde, A. (2004). Erfolgsfaktoren nach der Einführung einer Balanced Scorecard –
Die Integration von Fachkonzept und IT-Umsetzung. Controlling, 16, 4/5, 237-245.
Herterich, K. W. (2002). Tableau de Bord. Controller Magazin, 27, 529-530.
Hitt, M. A., et al. (2003). Strategic Leadership in Global Business Organizations:
Building Trust and Social Capital. Advances in Global Leadership, 3, 9-35.
Hoffecker, J. und Goldenberg, C. (1994). Using the Balanced Scorecard to Develop
Companywide Performance Measures. Journal of Cost Management, 8, 3, Fall, 5-17.
Bibliographie
Seite 279
Hoffmann, O. (1999). Performance Management. Dissertation, Universität St.Gallen,
St.Gallen.
Höfner, K. und Pohl, A. (1993). Wer sind die Werterzeuger, wer sind die
Wertvernichter im Portfolio. Harvard Business Manager, 1, 51-58.
Hope, J. und Fraser, R. (1999). Beyond Budgeting: Building a New Management
Model for the Information Age. Management Accounting, January, 16-21.
Hope, J. und Fraser, R. (2003). Beyond Budgeting: How Managers Can Break Free
from the Annual Performance Trap. Harvard Business School Press, Boston.
Horngren, C. T. (1989). Cost and Management Accounting: Yesterday and Today.
Journal of Management Accounting Review, 1, Fall, 21-32.
Horngren, C. T., et al. (2003). Cost Accounting - A Managerial Emphasis (11. Aufl.).
Prentice Hall, Upper Saddle River.
Horngren, C. T., et al. (2005). Introduction to Management Accounting (13. Aufl.).
Prentice-Hall, Upper Saddle River.
Horváth, P. (1985). Strategisches Controlling: Fallbeispiele aus der Praxis.
Strategische Planung, 1, 99-120.
Horváth, P., et al. (1999). Neue Instrumente in der deutschen Unternehmenspraxis Bericht über die Stuttgarter Studie. In Egger, A., et al. (Hrsg.). Managementinstrumente und -konzepte, Entstehung, Verbreitung und Bedeutung für die
Betriebswirtschaftslehre, pp. 289-328. Schäffer-Poeschel, Stuttgart.
Horváth & Partner (2001). Balanced Scorecard umsetzen (2. Aufl.). SchäfferPoeschel, Stuttgart.
Horváth, P. (2003). X-Engineering – Ohne Balanced Scorecard und Performance
Measurement nicht wirksam. Controlling, 15, 7/8, 373-377.
Hostettler, S. (1998). Economic Value Added (EVA) - Darstellung und Anwendung auf
Schweizer Aktiengesellschaften (3. Aufl.). Paul Haupt, Bern.
Hostettler, S. und Stern, H. J. (2004). Das Value Cockpit – Sieben Schritte zur
wertorientierten Führung für Entscheidungsträger. Wiley-VCH, Weinheim.
Hronec, S. M. (1993). Vital Signs: Using Quality, Time, and Cost Performance
Measurements to Chart Your Company's Future. AMACOM (American Management
Association), New York.
Seite 280
Bibliographie
Hudson, W. J. (1993). Intellectual Capital - How to Build It, Enhance It, Use It. John
Wiley & Sons, New York.
Ittner, C.D. und Larcker, D.F. (2004). Wenn die Zahlen versagen. Harvard Business
Review, Februar, 70-81.
Jackall, R. J. (1988). Moral Mazes - The World of Corporate Managers. Oxford
University Press, New York and Oxford.
Janisch, M. (1992). Das strategische Anspruchsgruppenmanagement - Vom
Shareholder Value zum Stakeholder Value. Dissertation, Universität St.Gallen,
St.Gallen.
Jensen, M. C. und Meckling, W. H. (1976). Theory of the Firm: Managerial Behavior,
Agency Costs and Ownership Structure. Journal of Financial Economics, 3, 305-360.
Johnson, R. und Soenen, L. (2003). Indicators of Successful Companies. European
Management Journal, 21, 3, 364-369.
Johnson, T. H. und Kaplan, R. S. (1991). Relevance Lost - The Rise and Fall of
Management Accounting (2. Aufl.). Harvard Business School Press, Boston.
Johnson, T. H. (1995). Management Accounting: Catalyst for Inquiry or Weapon for
Control. The System Thinker, 6, 9, 1-5.
Jordan, H. und Fiol, M. (1997a). La méthode OVAR I: Elaborer les grilles et établir
des plans d'action. Arbeitspapier präsentiert anlässlich Programmes pour dirigeants HEC Management (28.-30. Mai): Structurer un systeme de côntrole de gestion, Jouyen-Josas, 1997a.
Jordan, H. und Fiol, M. (1997b). La méthode OVAR II: Définir les indicateurs et
élaborer le tableu de bord. Arbeitspapier präsentiert anlässlich Programmes pour
dirigeants - HEC Management (28.-30. Mai): Structurer un systeme de côntrole de
gestion, Jouy-en-Josas, 1997b.
Kaplan, R. S. (1983). Measuring Manufacturing Performance: A New Challenge for
Management Accounting Research. Accounting Review, 58, 4, October, 686-705.
Kaplan, R. S. (1984a). The Evolution of Management Accounting. The Accounting
Review, 59, 3, July, 390-418.
Kaplan, R. S. (1984b). Yesterday's Accounting Undermines Production. Harvard
Business Review, July-August, 95-101.
Kaplan, R. S. (1986). Accounting Lag: The Obsolence of Cost Accounting Systems.
The California Management Review, Winter, 174-199.
Bibliographie
Seite 281
Kaplan, R. S. (1988). One Cost System Isn't Enough. Harvard Business Review, 66, 1,
January/February, 61-66.
Kaplan, R. S. (1995). Das neue Rollenverständnis für den Controller. Controlling, 2,
March/April, 60-70.
Kaplan, R. S. und Cooper, R. (1999). Prozesskostenrechnung als
Managementinstrument. Campus, Frankfurt.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1992a). The Balanced Scorecard - Measures That
Drive Performance. Harvard Business Review, January-February, 71-79.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1992b). In Search of Excellence - Der Massstab muss
neu definiert werden. Harvard Manager, 14, 4, 37-46.
Kaplan, R. S. (1993a). Implementing the Balanced Scorecard at FMC Corporation:
An Interview with Larry D. Brady. Harvard Business Review, September/October,
143-147.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1993b). Putting the Balanced Scorecard to Work.
Harvard Business Review, September/October, 134-142.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1996a). Using the Balanced Scorecard as a Strategic
Management System. Harvard Business Review, 74, 1, January/February, 75-85.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1996b). Translating Strategy into Action: The
Balanced Scorecard. Harvard Business School Press, Boston.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1996c). Linking the Balanced Scorecard to Strategy.
California Management Review, 39, 1, Fall, 53-79.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1997a). Balanced Scorecard - Strategien erfolgreich
umsetzen. Schäfer-Poeschel, Stuttgart.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (1997b). Why Does Business Need a Balanced
Scorecard? Journal of Cost Management, 11, 3, May/June, 5-10.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (2001). Die Strategiefokussierte Organisation –
Führen mit der Balanced Scorecard. Schäffer-Poeschel, Stuttgart.
Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (2004). Measuring the Strategic Readiness of
Intangible Assets. Harvard Business Review, 82, 52-63.
Kawada, M. und Johnson, D. F. (1993). Strategic Management Accounting - Why and
How. Management Accounting, 75, 2, August, 32-38.
Seite 282
Bibliographie
Keegan, D. P., et al. (1989). Are Your Performance Measures Obsolete? Management
Accounting, 70, 12, June, 45-50.
Keys, D. E., et al. (2001). Economic Value Added ® : A Critical Analysis. Journal of
Corporate Accounting. 12, 2, 65-71.
Khrouz, F. und Vlasselaer, M. (1992). Des tableaux de bord pour piloter l'entreprise
en difficulté. Revue Française de Gestion, 89, June/July, 69-77.
Kim, D. H. (1998). The Link between Individual Learning and Organizational
Learning. In Klein, D. A. (Hrsg.). The Strategic Management of Intellectual Capital,
pp. 41-62. Butterworth-Heinemann, Boston.
Kim, W. C. und Mauborgne, R. A. (1991). Implementing Global Strategies: The Role
of Procedural Justice. Strategic Management Journal, 12, 125-143.
Kim, W. C. und Mauborgne, R. A. (1993). Procedural Justice, Attitudes, and
Subsidiary Top Management Compliance with Multinationals' Corporate Strategic
Decisions. Academy of Management Journal, 36, 3, June, 502-526.
Kind, A. (2000). Segment-Rechnung und -Bewertung. Dissertation, Universität St.
Gallen, St. Gallen.
Kippenberger, T. (1996). The History of «Shareholder Value». The Antidote, 1, 3, 810.
Kleber, P. (1989). Prognoseprobleme in der Unternehmensbewertung. Deutscher
Universitäts-Verlag, Wiesbaden.
Klein, D. A. (1998). The Strategic Management of Intellectual Capital: An
Introduction. In Klein, D. A. (Hrsg.). The Strategic Management of Intellectual
Capital, pp. 1-7. Butterworth-Heinemann, Boston.
Klien, W. (1995). Wertsteigerungsanalyse und Messung von Managementleistungen:
Technik, Logik und Anwendung. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden.
Kline, C. A. und Hessler, H. L. (1960). The DU PONT Chart System for Appraising
Operating Performance. In Thomas, W. E. (Hrsg.). Readings in Cost Accounting,
Budgeting and Control, (2. Aufl.), pp. 797-821. South-Western Publishing Company,
Cincinnati.
Klingebiel, N. (1996). Leistungsrechnung/Performance Measurement als bedeutsamer
Bestandteil des internen Rechnungswesens. Krp, 40, 2, 77-84.
Klingebiel, N. (2001). Performance Measurement – Grundlagen, Ansätze, Fallstudien.
Gabler, Wiesbaden.
Bibliographie
Seite 283
Kötzle, A. und Weiss, J. (2002). Integration der Balanced Scorecard in das
Berichtswesen – Systemkonzeption, Leistungsprofil und Erfahrungen bei der Infineon
Technologies AG. Controlling, 14, 11, 633-642.
KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003). International Financial Reporting
Standards – Eine Einführung in die Rechnungslegung nach den Grundsätzen des IASB
(2. Aufl.) Schäffer-Poeschel, Stuttgart.
Kremin-Buch, B. (1998). Strategisches Kostenmanagement – Grundlagen und
moderne Instrumente. Gabler, Wiesbaden.
Krey, A. (2003). «Wunderwaffe» BSC im Spiegel der Branchen. Controller Magazin,
28, 325-333.
Kucher, A. B. (2000). Conglomerate Valuation – Eine Untersuchung von DCF-, EVA-,
CVA-, CFROI-Methoden und Multiples in verschiedenen Branchen. Peter Lang,
Frankfurt.
Kunz, R. M. (1998). Shareholder Value durch Financial Engineering: Stimmrechte,
Einheitsaktien und Aktiensplits. Paul Haupt, Bern.
Kurz, A. (1999). Data Warehousing – Enabling Technology. MITP, Bonn.
Kurzich, M. und Rautenstrauch, T. (2003). Wertorientierte Vergütung: Empirische
Ergebnisse einer Untersuchung bei den im Nemax 50 notierten Unternehmen.
Controller Magazin, 28, 355-358.
Lachnit, L. und Müller, S. (2002). Probleme bei der wertorientierten PerformanceDarstellung von Unternehmen. Der Betrieb, 55, 49, 2553-2559.
Langguth, H. und Chahed, Y. (2004). Wertorientierte Konzepte am Beispiel eines
Braukonzerns. Controlling, 16, 7, 399-411.
Lattwein, J. (2002). Wertorientierte strategische Steuerung - Ganzheitlich-integrativer
Ansatz zur Implementierung. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden.
Lauzel, P. (1959). Le Plan comptable annoté. Foucher, Paris.
Lauzel, P. und Cibert, A. (1959). Des ratios au tableau de bord. EME, Paris.
Lay, C. F. (1960). The Functional Cycles of Accounting and Management. In Thomas,
W. E. (Hrsg.). Readings in Cost Accounting, Budgeting, and Control, (2. Aufl.).
South-Western Publishing Company, Cincinnati.
Seite 284
Bibliographie
Le Maitre, D. (1996). L'évaluation de la performance des responsables de
département dans l'entreprise. In Gervais, M. (Hrsg.). Recherches en contrôle de
gestion, pp. 85-138. Economica, Paris.
Lewis, T. G. (1994). Steigerung des Unternehmenswertes. Moderne Industrie,
Landsberg.
Lind, E. A. und Tyler, T. R. (1988). The Social Psychology of Procedural Justice.
Plenum, New York.
Lohmann, P., et al. (2004). Designing a performance measurement system: A case
study. European Journal of Operational Research, 156, 2, 267-286.
Löhnert, P. (1996). Shareholder Value: Reflexion der Adaptionsmöglichkeiten in
Deutschland - Eine Untersuchung unter Berücksichtigung strategischer Implikationen.
Verlag V. Florentz, München.
Lorange, P. (1989). Challenges to Strategic Planning Processes in Multinational
Corporations. In Negandhi, A. und Savara, A. (Hrsg.). International Strategic
Management, pp. 107-125. D. C. Heath and Company.
Lücke, W. (1955). Investitionsrechnung auf der Grundlage von Ausgaben oder
Kosten? Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, Neue Folge, 310-324.
Lüthi, A., et al. (1998). Herleitung von Indikatoren zur Messung der
Geschäftsprozessqualität. Die Unternehmung, 52, 1, 35-47.
MacBryde, J. und Mendibil, K. (2003). Designing Performance Measurement Systems
for Teams: Theory and Practice. Management Decision, 41, 8, 722-733.
Madden, B. J. (2000). CFROITM Valuation – A Total System Approach To Valuing the
Firm (4. Aufl.). Butterworth-Heinemann, Woburn.
Malleret, V. (1997). La démarche OVAR. In (Hrsg.). HEC - Cours ISA 1997:
Comptabilié et contrôle de gestion - Cas & Lectures. HEC, Jouy-en-Josas.
Malmi, T. und Ikäheimo, S. (2003). Value Based Management Practices - Some
Evidence From the Field. Management Accounting Research, 14, 3, 235-254.
Malo, J. L. (1995). Les tableaux de bord comme signes d'une gestion et d'une
comptabilité "à la française". In L.E.F.d. Comptabilité (Hrsg.). Mélanges en l'honneur
du Professeur Claude Pérochon, pp. 357-376. Foucher, Paris.
Maltz, A. C., et al. (2003). Beyond the Balanced Scorecard: Refining the Search for
Organizational Success Measures. Long Range Planning, 36, 187-204.
Bibliographie
Seite 285
Marr, B. (2001). Scored for Life. Financial Manager, April, 30.
Martin, J.D. und Petty, W. J. (2000). Value Based Management. The Corporate
Response to the Shareholder Revolution. Harvard Business School Press, Boston.
Martinez, J. I. und Jarillo, J. C. (1989). The Evolution of Research on Coordination
Mechanisms in Multinational Corporations. Journal of International Business Studies,
20, 3, Fall, 489-514.
März, T. (1997). Non-financial Scorecards: Anwendungen und Erfahrungen bei
Siemens Nixdorf. Arbeitspapier präsentiert anlässlich eines Seminares der
Weiterbildungsstufe der Universtität St.Gallen zum Thema "Performance
Measurement - Neue Ansätze und erste Erfahrungen", Universität St.Gallen, St.Gallen.
Mascré, V. (1994). Passage du "contrôle" de gestion au pilotage de la performance.
Revue Française de Comptabilité, 260, October, 57-64.
Mattessich, R. (1980). Management Accounting, Past, Present, and Future. In Holzer,
P. H. (Hrsg.). Management Accounting 1980: Proceedings of the University of Illinois
Managment Accounting Symposium, pp. 209-240. Department of Accountancy,
University of Illinois, Urbana-Champaign.
McKinnon, S. M. und Bruns, W. J. (1992). The Information Mosaic. Harvard Business
School Press, Boston.
McNulty, J. J., et al. (2003). Wie hoch sind Ihre Kapitalkosten wirklich? Harvard
Business Manager, März, 68-77.
Meier-Scherling, P. (1996). Shareholder Value Analyse vs. Stakeholder Management:
Unternehmenspolitische Grundkonzeptionen als Ansätze zur Erweiterung der Theorie
der Unternehmung. Dissertation, Universität Freiburg, Freiburg.
Merchant, K. A. (1987). How and Why Firms Disregard the Controllability Principle.
In Bruns, W. J. und Kaplan, R. S. (Hrsg.). Accounting & Management: Field Study
Perspectives, pp. 316-338. Harvard Business School Press, Boston.
Meyer, M. W. und Zucker, L. G. (1989). Permanently Failing Organizations. Sage
Publications, Newbury Park.
Mezias, J. M. (2002). How to Identify Liabilities of Foreignness and Assess their
Effects on Multinational Corporations. Journal of International Management, 8, 3,
265-282.
Moers, F. (2005). Discretion and Bias in Performance Evaluation: The Impact of
Diversity and Subjectivity. Accounting, Organizations and Society, 30, 67-80.
Seite 286
Bibliographie
Moisson, M. (1968). Pratique du tableau de bord de l'entreprise: les clignotants du
patron. Les Editions d'Organisation, Paris.
Morrow, M. (1992). Activity-based Management. Woodhead-Faulkner, New York.
Müller-Stewens, G. (1998). Performance Measurement im Lichte eines
Stakeholderansatzes. In Reinecke, S., et al. (Hrsg.). Marketingcontrolling, pp. 34-43.
Thexis, St.Gallen.
Nanni, A.J., et al. (1992). Integrated Performance Measurement: Management
Accounting to Support the New Manufacturing Realities. Journal of Management
Accounting Research, 4, 1-9.
Nevis, E. C., et al. (1998). Understanding Organizations as Learning Systems. In
Klein, D. A. (Hrsg.). The Strategic Management of Intellectual Capital, pp. 121-139.
Butterworth-Heinemann, Boston.
Niedermeyer, M., et al. (2002). Entwicklung und Implementierung eines Management
Informationssystems unter Integration von wertorientierter Unternehmensführung und
des Balanced Scorecard Ansatzes. Controlling, 14, 3, 169-178
Niven, P.R. (2003). Balanced Scorecard – Schritt für Schritt. Wiley-VCH, Weinheim.
Nolan Norton Institute. (1990). Measuring Performance in the Organisation of the
Future: A Research Study. Nolan Norton, Boston.
Oehler, K (2002). Balanced Scorecard und Budgetierung – (wie) passt das zusammen?
Controlling, 14, 2, 85-92.
Palass, B. (1992). Genuss ohne Reue. Manager Magazin, 12, 314-322.
Paul, J. (2002). 10 Jahre Balanced Scorecard: Was haben wir gelernt? Die Fallen bei
der Implementierung der Scorecard – und wie sie zu umgehen sind. Controller
Magazin, 27, 51-59.
Paul, J. (2004). Wann Kennzahlen schaden. Harvard Business Manager, Juni, 108-111.
Payne, A., et al. (2000). Integrating Employee, Customer and Shareholder Value
Through an Enterprise Performance Model: An Opportunity for Financial Services.
The International Journal of Bank Marketing, 18, 6, 253-278.
Perlmutter, H. V. (1969). A Drama in Three Acts: The Tortuous Evolution of the
Multinational Corporation. Columbia Journal of World Business, 4, 1,
January/February, 9-18.
Bibliographie
Seite 287
PriceWaterhouseCoopers (2004a). International Transfer Pricing 2004/2005.
PriceWaterhouseCoopers.
PriceWaterhouseCoopers (2004b). Sarbanes-Oxley Act: Section 404 - Practical
Guidance for Management. PriceWaterhouseCoopers.
Pulic, A. (2004). Intellectual Capital - Does It Create or Destroy Value? Measuring
Business Excellence, 8, 1, 62-68.
Pümpin, C. und Geilinger, U. W. (1988). Strategische Führung - Aufbau strategischer
Erfolgspositionen in der Praxis. Schweizerische Volksbank, Bern.
Pümpin, C. (1992). Management strategischer Erfolgspositionen: Methodik
dynamischer strategischer Unternehmensführung (4. Aufl.). Paul Haupt, Bern.
Rappaport, A. (1995). Shareholder Value - Wertsteigerung als Massstab für die
Unternehmensführung. Schäfer-Poeschel, Stuttgart.
Rappaport, A. (1998). Creating Shareholder Value (2. Aufl.). Free Press, New York.
Reichmann, T. und Lachnit, L. (1976). Planung, Steuerung und Kontrolle mit Hilfe
von Kennzahlen. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 28, 705-723.
Reichmann, T. (2001). Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten (6.
Aufl.). Verlag Franz Vahlen, München.
Reimann, B. C. (1989). Managing for Value. Blackwell, Oxford.
Ries, A. und Burggraf, M. (2003). Wertorientiertes Controlling – Integration des
Value Based Management in die Balanced Scorecard. Controller Magazin, 28, 334341.
Rigby, D. (2001). Management Tools and Techniques: A Survey. California
Management Review, 43, 2, 139-160.
Rockart, J. und De Long, D. (1988). Executive Support Systems - The Emergence of
Top Management Computer Use. Dow Jones-Irwin, Homewood.
Rödler, E., et al. (2003). Balanced Scorecard and MIS. MITP, Bonn.
Rose, C. und Thomsen, S. (2004). The Impact of Corporate Reputation on
Performance: Some Danish Evidence. European Management Journal, 22, 2, 201-210.
Rothlin, P. (1999). Internationales Controlling – Leistungsbeurteilung von
ausländischen Gruppengesellschaften in schweizerischen multinationalen
Industrieunternehmen. Dissertation, Universität St. Gallen, St. Gallen.
Seite 288
Bibliographie
Ruhwedel, F. und Schultze, W. (2004). Konzeption des Value Reporting und Beitrag
zur Konvergenz im Rechnungswesen. Controlling, 16, 8/9, 489-495.
Rummler, G. A. und Brache, A. P. (1990). Improving Performance - How to Manage
the White Space on the Organizational Chart. Jossey-Bass Publishers, San Francisco.
Satet, R. und Voraz, C. (1932). Les graphiques moyen de direction de l'entreprise.
Editions George Frère, Paris.
Saulou, J.-Y. (1982a). Le tableau de bord du décideur: méthodologie de mise en place.
Travail et Méthodes, 403, November, 45-48.
Saulou, J.-Y. (1982b). Le tableau de bord du décideur: méthodologie de mise en place.
Les éditions d'organisation, Paris.
Saulou, J.-Y. (1996). Le tableau de bord qui aide à décider. L'Essentiel du
Management, 14, April, 68-72.
Sauter-Sachs, S. (1992). Die unternehmerische Umwelt: Konzept aus Sicht des
Zürcher Ansatzes zur Führungslehre. Die Unternehmung, 3, 183-204.
Sauter, U. (1997). Anwendbarkeit des Sharholder Value zur Managementbeurteilung.
Dissertation, Universität St.Gallen, St.Gallen.
Schneider, D. (1988). Grundsätze anreizverträglicher innerbetrieblicher
Erfolgsrechnung zur Steuerung und Kontrolle von Fertigungs- und
Vertriebsentscheidungen. ZfB, 58, 11, 1181/1192.
Schneider, D. (2001). Oh, EVA, EVA, schlimmes Weib: Zur Fragwürdigkeit einer
Zielvorgabe-Kennzahl nach Steuern im Konzerncontrolling. Der Betrieb, 54, 25092514.
Schomann, M. (2000). Wissensorientiertes Performance Measurement. Deutscher
Universitäts-Verlag, Wiesbaden.
Schwarz, G. und Axer, D. (2004). Kennzahlenbasierte Identifikation und Realisierung
von Kostensenkungspotentialen. Controller Magazin, 29, 166-169.
Shank, J. K. und Govindarajan, V. (1988). Making Strategy Explicit in Cost Analysis:
A Case Study. Sloan Management Review, 29, 3, Spring, 19-29.
Shank, J. K. (1989). Strategic Cost Management: New Wine, or Just New Bottles?
Journal of Management Accounting Research, 1, Fall, 47-65.
Shank, J. K. und Govindarajan, V. (1992). Strategic Cost Management: The Value
Chain Perspective. Journal of Management Accounting Research, 4, Fall, 179-197.
Bibliographie
Seite 289
Shenar, A. J. und Dvir, D. (1996). Long-term success dimensions in technology-based
organizations. In Gaynor, G.H. (Hrsg.). Handbook of Technology Management, pp.
836-875. McGraw Hill, New York.
Shields, J. F. und White, L. F. (2004). The Measurement Gap in Paying For
Performance: Actual and Preferred Measures. Advances in Management Accounting,
12, 59-83.
Siegwart, H. (2002). Kennzahlen für die Unternehmungsführung (6. Aufl.). Paul
Haupt, Bern.
Silk, S. (1998). Automating the Balanced Scorecard. Management Accounting, 79, 11,
38-44.
Simmonds, K. (1981). Strategic Management Accounting. Management Accounting
(British), 59, 4, April, 26-29.
Simon, H. A., et al. (1954). Centralization vs. Dezentralization in Organizing the
Controller's Department. Controllership Foundation, New York.
Simons, R. (2000). Performance Measurement & Control Systems for Implementing
Strategy. Prentices Hall, Upper Saddle River.
Solomon, E. (1966). Return on Investment: The Relation of Book-Yield to True Yield.
In Association, A. A. (Hrsg.). Research in Accounting Measurement, pp. 232-244,
Chicago.
Solomons, D. (1965). Divisional Performance: Measurement and Control. Financial
Executives Research Foundation, New York.
Speckbacher, G., et al. (2003). A Descriptive Analysis on the Implementation of
Balanced Scorecards in German-Speaking Countries. Management Accounting
Research, 14, 361-387.
Spremann, K. (1992). Projekt-Denken versus Perioden-Denken. In Spremann, K. und
Zur, E. (Hrsg.). Informationssysteme im Controlling, pp. 363-380. Gabler, Wiesbaden.
Stahl, H. K., et al. (2003). Linking Customer Lifetime Value with Shareholder Value.
Industrial Marketing Management, 32, 4, 267-279.
Staubus, G. J. (1977). Making Accounting Decisions. Scholars Book Company,
Houston.
Stenzel, C. und Stenzel, J. (2003). From Cost to Performance Management – A
Blueprint for Organizational Development. Wiley, Hoboken.
Seite 290
Bibliographie
Stern, J. M. (1993). EVA Share Options That Maximize Value. Corporate Finance,
August, 31-32.
Stewart, G. B. (1991). The Quest for Value. Harper Collins, New York.
Stewart, T. E. (1997). Intellectual Capital - The New Wealth of Organizations.
Doubleday, New York.
Strack, R. und Villis, U. (2001). RAVETM: Die nächste Generation im Shareholder
Value Management. ZfB, 71, 1, 67-84.
Stührenberg, L., et al. (2003). Wertorientierte Unternehmensführung – Theoretische
Konzepte und empirische Befunde. Gabler, Wiesbaden.
Sulzer, J. R. (1985). Comment construire le tableau de bord - Les objectifs et les
méthodes d'élaboration. Dunod, Paris.
Superina, M. (2000). Praxis der Discounted Cash Flow-Bewertungsmethode in der
Schweiz unter Berücksichtigung theoretischer und praktischer Anwendungsprobleme.
Verlag Paul Haupt, Bern.
Taetzner, T. (2000). Das Bewertungskalkül des Shareholder Value-Ansatzes in
kritischer Betrachtung. Peter Lang, Frankfurt.
Tang, R. Y. W. (1993). Transfer Pricing in the 1990s: Tax and Management
Perspectives. Quorum, Westport.
Teall, H. D. (1992). Winning with Strategic Management Control Systems. CMA
Magazine, 66, 2, March, 30-34.
The Society of Management Accountants of Canada. (1993). Implementing
Benchmarking. The Society of Management Accountants of Canada, Hamilton.
Thorpe, R. und Beasley, T. (2004). The Characteristics of Performance Management
Research: Implications and Challenges. International Journal of Productivity and
Performance Management, 53, 4, 334-344.
Töpfer, A., et al. (2002). Balanced Scorecard – Hoher Nutzen trotz zu langer
Einführungszeit. Controlling, 14, 2, 79-84.
Tosi, H. L., et al. (2004). CEO Charisma, Compensation, and Firm Performance. The
Leadership Quarterly, 15, 3, 405-420.
Tricker, R. I. (1989). The Management Accountant as Strategist. Management
Accounting (British), 67, 11, December, 26-28.
Bibliographie
Seite 291
Trussel, J. M. und Bitner, L. N. (1998). Strategic Cost Management: An ActivityBased Management Approach. Management Decision, 36, 7, 441-447.
Ulrich, H. (1984). Management. Paul Haupt, Bern.
Vatter, W. J. (1950). Managerial Accounting. Prentice Hall, New York.
Verlinden, I., et al. (2004). Intellectual Property Rights from a Transfer Pricing
Perspective. PriceWaterhouseCoopers.
Vessey, I. (1991). Cognitive Fit: A Theory-Based Analysis at the Graphs Versus
Tables Literature. Decision Sciences, Spring, 219-240.
Voggenreiter, D. und Jochen, M. (2002). Der kombinierte Einsatz von
Wertmanagement und Balanced Scorecard – Das systematische WerthebelManagement. Controlling, 14, 11, 615-621.
Vollmuth, H.J. (1999). Unternehmenssteuerung mit Kennzahlen. Verlag Franz Vahlen,
München.
Von Rütte, M. und Hoenes, R. C. (1995). Rechnungslegung immaterieller Werte.
Dissertation, Universität St.Gallen, St. Gallen.
Ward, K. (1992). Strategic Management Accounting. Butterworth-Heinemann,
Oxford.
Ward, K. und Grundy, T. (1996). The Strategic Management of Corporate Value.
European Management Journal, 14, 3, June, 321-330.
Wealleans, D. (2001). The Organizational Measurement Manual. Gower, Hampshire.
Weber, J. und Sandt, J. (2001). Erfolg durch Kennzahlen – Neue empirische
Erkenntnisse. Advanced Controlling, 21, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre der
WHU, Vallendar.
Weber, J., et al. (2004). Die Zukunft des Shareholder-Value. Harvard Business
Manager, Juli, 17-20.
Welge, M. K. und Lattwein, J. (2002). Wertorientiertes Performance Controlling mit
der Value Scorecard© - Darstellung eines Referenzkonzeptes in der
Automobilindustrie. Controlling, 14, 8/9, 455-464.
Williams, S. (2001). Drive Your Business Forward with the Balanced Scorecard.
Management Services, 45, 6, 28-30.
Seite 292
Bibliographie
Wilson, R. (1990). Strategic Cost Analysis. Management Accounting (British), 28, 9,
October, 42-43.
Wilson, R. M. S. (1991). Strategic Management Accounting. In Ashton, D., et al.
(Hrsg.). Issues in Management Accounting, pp. 82-105. Prentice Hall, New York.
Wood, D. J. (1991). Social Issues in Management: Theory and Research in Corporate
Social Performance. Journal of Management, 17, 2, 383-406.
Wunderlin, G. (1999). Performance Management. Dissertation, Universität St.Gallen,
St.Gallen.
Young, D. S. und O'Byrne, S. F. (2001). EVA and Value-Based Management – A
Practical Guide to Implementation. McGraw-Hill, New York.
Zairi, M. und Leonard, P. (1994). Practical Benchmarking: The Complete Guide.
Chapman & Hall, London.
Erklärung
LEBENSLAUF
Bernd Schedler, geboren am 5. Juni 1970 in Dornbirn (Österreich), beendet mit der vorliegenden Arbeit sein Studium
an der Universität St.Gallen, das in der Vertiefungsrichtung
Finanz- und Rechnungswesen von einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Accounting, Controlling und Auditing (vormals Institut für Rechnungslegung und Controlling) sowie von Gastaufenthalten an Universitäten in Österreich, den Niederlanden, Frankreich und
den USA begleitet war.
Seit dem 1. Jänner 2000 ist Bernd Schedler in der Konzernzentrale der Firma SAURER tätig, wo er neben seiner
Funktion als Group Controller mit der Finanzleitung für die
Holding- und Managementgesellschaft sowie mit Geschäftsführungs- und Aufsichtsratmandaten in einzelnen
Ländergesellschaften betraut ist. Seine Spezialgebiete sind
Performance Management, Unternehmensbewertung sowie
Transfer Pricing.