Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen
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Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen
Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen D I S S E RTATI O N der Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenscchaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Bernd Helmar Schedler aus Österreich Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Reiner Fickert und Prof. Dr. Giorgio Behr Dissertation Nr. 3057 Zürich, Schulthess Druck, 2005 Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 19. April 2005 Der Rektor: Prof. Ernst Mohr, PhD Danksagung DANKSAGUNG Allen voran geht ein herzliches und umfassendes Dankeschön an meine Eltern, die uns Kindern – neben vielen anderen Dingen – die Bedeutung von Wissen und Bildung nahe gebracht haben und uns stets liebevoll und bedingungslos gefördert haben. Auch war das Verfassen dieser Dissertation, gerade in der Endphase, nur durch die Unterstützung und Rücksichtnahme meiner Familie möglich. Besonderer Dank gilt auch Herrn Prof. Reiner Fickert (Universität St. Gallen). Ohne sein Zutun und ohne die lehrreichen Jahre am Institut für Accounting, Controlling und Auditing (vormals Institut für Rechnungslegung und Controlling) wäre diese Arbeit nicht in der vorliegenden Form zu Stande gekommen. Herzlicher Dank gilt weiters dem Schweizerischen Nationalfonds, der durch seinen Beitrag die Forschungsaufenthalte in den USA ermöglicht hat, sowie den Herren Prof. Giorgio Behr (Universität St. Gallen) und Prof. Gerhard Müller (University of Washington), die bei der Vermittlung der hiefür notwendigen Kontakte in den USA sehr hilfreich gewesen sind. Den Herren Prof. Tom Johnson (Portland State University) sowie Prof. Gary Sundem (University of Washington) gebührt mein Dank für die Unterstützung vor Ort. Sie haben geholfen, bei lokalen Unternehmen die Türen für Fachgespräche zu öffnen, und hatten als Ansprechpartner für Forschungsfragen zu Performance Measurement und Activity Based Management, Accounting und anderen Bereichen stets ein offenes Ohr. Ein grosses Dankeschön geht auch an Prof. Michel Lebas, Prof. Véronique Malleret und Prof. Yves Pesqueux (HEC Jouy-en-Josas), denen ich die Einsichten in das im deutschsprachigen Raum wenig bekannte Konzept des Tableau de Bord verdanke. Des Weiteren geht mein Dank an das gesamte Finanzteam der Firma SAURER, das in der täglichen Zusammenarbeit kontinuierlich mit praktischen Anregungen und professionellen Hinweisen in vielerlei Hinsicht zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat. St. Gallen, im April 2005 Bernd Schedler Inhaltsverzeichnis Seite 1 INHALTSVERZEICHNIS 1. EINLEITUNG 5 1.1 Problemstellung und Zielsetzung 5 1.2 Aufbau der Arbeit 8 2. LEISTUNG − EIN MEHRDIMENSIONALES KONZEPT 10 2.1 Verhalten und Resultate als Realisierungsbeitrag 10 2.2 Der «Leistungswürfel» 15 2.2.1 Die Dimension der Verantwortungsebene 16 2.2.2 Die Dimension der Form der erbrachten Leistung 17 2.2.3 Die Dimension des Zeitpunktes der Leistungserbringung 19 3. 23 LEISTUNGSMESSUNG ALS MANAGEMENTAUFGABE 3.1 Die Stellung der Leistungsmessung im Leistungsmanagement 24 3.1.1 Leistungsmanagement als strategisch-operative Schnittstelle 24 3.1.2 Leistungsmessung als Teilaufgabe des Leistungsmanagements 28 3.1.3 Abgrenzung zwischen «Management Accounting» und Leistungsmessung 31 3.1.3.1 Vom «Cost Accounting» zum «Strategic Management Accounting» 31 3.1.3.2 Die Unterstützungsfunktion des «Management Accounting» 34 3.2 Zweck der Leistungsmessung 36 3.3 Formen der Leistungsmessung 37 3.3.1 Formale Leistungsmessung 37 3.3.2 Informelle Leistungsmessung 38 3.4 Funktionen der Leistungsmessung 40 3.4.1 Die Beobachtungs- und Lernfunktion 41 3.4.2 Die Kommunikations- und Steuerungsfunktion 42 3.4.3 Die Motivationsfunktion 44 3.4.4 Die Integrationsfunktion 45 3.5 Leistungsindikatoren 48 3.5.1 Leistungsindikatoren als Messobjekte 48 3.5.2 Arten von Leistungsindikatoren 50 3.5.3 Qualitätskriterien von Leistungsindikatoren 51 3.5.3.1 Relevanz 52 Seite 2 Inhaltsverzeichnis 3.5.3.2 Zuverlässigkeit 53 3.5.3.3 Wesentlichkeit 54 3.5.3.4 Konsistenz 56 3.5.3.5 Effektivität 58 3.5.3.6 Zuordenbarkeit 60 3.5.3.7 Vergleichbarkeit 61 3.5.3.8 Vorhersagekraft 63 3.5.3.9 Verfügbarkeit 64 3.5.3.10 Verständlichkeit 66 3.5.3.11 Kosten-Nutzen-Effizienz 67 3.6 Besonderheiten der Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen 68 3.6.1 Das Beziehungsgeflecht zwischen Zentrale und «Reporting Unit» 69 3.6.2 Die geographische Distanz 74 3.6.3 Die kulturelle Distanz und sprachliche Barriere 76 3.6.4 Die Transferpreis- und Steuerproblematik 77 3.6.5 Der Einfluss von Wechselkursen, Inflation und Zinsen 79 3.7 Zusammenfassung der Grundlagen der Leistungsmessung 81 4. 83 SYSTEME DER LEISTUNGSMESSUNG 4.1 Der «Return on Investment» (ROI)-Ansatz 85 4.1.1 Ursprung und Ziele des ROI-Ansatzes 85 4.1.2 Inhalte und Methoden des ROI-Ansatzes 85 4.1.2.1 Der ursprüngliche ROI-Ansatz bei DU PONT 85 4.1.2.2 Der ROI-Ansatz heute 88 4.1.3 Beurteilung des ROI-Ansatzes 90 4.2 Der «Shareholder Value» Ansatz 92 4.2.1 Ursprung und Ziele des «Shareholder Value»-Ansatzes 92 4.2.2 Inhalte und Methoden des «Shareholder Value»-Ansatzes 94 4.2.2.1 Die «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode 94 4.2.2.2 Der Economic Value Added (EVA) gemäss Stewart 102 4.2.3 Beurteilung des «Shareholder Value» Ansatzes 109 4.3 Der «Tableau de Bord» Ansatz 122 4.3.1 Ursprung und Ziele des «Tableau de Bord» Ansatzes 122 4.3.2 Inhalte und Methoden des «Tableau de Bord» Ansatzes 125 4.3.2.1 Kontinuierliche verantwortungsträgerspezifische Anpassung 125 4.3.2.2 Kurzfristige Orientierung und Emanzipation gegenüber dem Rechnungswesen 128 4.3.2.3 Die ziel- und handlungsorientierte Ausgestaltung auf Basis des Leistungsmodells 132 Inhaltsverzeichnis Seite 3 4.3.2.4 Die grafische Darstellung einer limitierten Anzahl von Kernerfolgsindikatoren 136 4.3.3 Beurteilung des «Tableau de Bord» Ansatzes 139 4.4 Der «Balanced Scorecard»-Ansatz 145 4.4.1 Ursprung und Ziele des «Balanced Scorecard»-Ansatzes 145 4.4.2 Inhalte und Methoden des «Balanced Scorecard»-Ansatzes 149 4.4.2.1 Die Strategie im Zentrum 149 4.4.2.2 Die Kundenperspektive 151 4.4.2.3 Die Perspektive der internen Geschäftsprozesse 151 4.4.2.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive 152 4.4.2.5 Die finanzielle Perspektive 153 4.4.2.6 Die «Scorecard» als Instrument des strategischen Managements 155 4.4.3 Beurteilung des «Balanced Scorecard»-Ansatzes 157 4.5 Gesamtbeurteilung der vorgestellten Systeme 164 4.5.1 Beurteilung anhand der Anwendungsmöglichkeiten im «Leistungswürfel» 164 4.5.2 Beurteilung anhand von Qualitätskriterien 166 4.5.3 Beurteilung anhand der Störanfälligkeit im multinationalen Umfeld 169 4.5.4 Auswirkungen auf die Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen 170 5. EMPIRISCHE ERHEBUNGEN 175 5.1 Konzeption der empirischen Erhebungen 175 5.1.1 Grundsätzliche Überlegungen 175 5.1.2 Expertenbefragung mittels Fragebogen 178 5.1.2.1 Untersuchungsgesamtheit, Rücklaufquote 178 5.1.2.2 Aufbau und Auswertung 181 5.1.3 Expertenbefragung mittels Fachgespräch 182 5.1.3.1 Durchführung und Gesprächscharakter 182 5.1.3.2 Auswertung 183 5.1.4 Darstellung der Resultate der empirischen Erhebungen 183 5.2 Organisationsform der «Reporting Units» 184 5.3 Verantwortlichkeiten der «Reporting Units» 188 5.3.1 Relative Häufigkeit der einzelnen Verantwortlichkeiten 191 5.3.2 Gemeinsame Nennung von Verantwortlichkeiten 196 5.3.3 Verantwortlichkeiten in Abhängigkeit von der Rechtsform 197 5.4 Indikatoren zur Messung der Leistung von Reporting Units 199 5.4.1 Gesamtüberblick nach Leistungsaspekten 200 5.4.1.1 Profitabilität 202 Seite 4 Inhaltsverzeichnis 5.4.1.2 Wachstum 204 5.4.1.3 Kosteneffizienz 205 5.4.1.4 Liquidität 207 5.4.1.5 Konkurrenten 208 5.4.1.6 Mitarbeiter 210 5.4.1.7 Qualität 211 5.4.1.8 Kunden 213 5.4.1.9 Innovation 214 5.4.1.10 Sonstige Indikatoren 215 5.4.2 Gesamtüberblick nach einzelnen Leistungsindikatoren 216 5.4.3 Leistungsindikatoren, delegierte Verantwortlichkeiten und Organisationsform 219 5.4.4 Kernindikatoren 221 5.5 Zweck der Leistungsmessung 225 5.6 Entwicklungstendenzen 228 6. SCHLUSSFOLGERUNGEN 232 6.1 Theorie und Praxis der Leistungsmessung 232 6.2 Leistungsmessung in Grossunternehmen – Quo vadis? 249 7. ANHANG 253 7.1 Anhang 1: Muster AG 254 7.2 Anhang 2: Fragebogen zur Leistungsmessung 260 8. ABBILDUNGSVERZEICHNIS 266 9. BIBLIOGRAPHIE 270 Einleitung 1. Seite 5 EINLEITUNG 1.1 Problemstellung und Zielsetzung Leistung und Leistungsmessung sind zwei zentrale Themenbereiche in der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis: Unternehmen werden zum Zweck der Nutzengenerierung gegründet und Leistung ist der diesbezügliche Realisierungsbeitrag. Aussagen über Wirkung und Gestalt der Leistung werden jedoch erst über die Leistungsmessung möglich.1 Seit der Entstehung divisionalisierter Grossunternehmen im 19. Jahrhundert wurden die für die Führung dieser Gebilde eingesetzten Techniken und Methoden zusehends weiterentwickelt und professionalisiert. Dies trifft auch auf die Leistungsmessung zu. Leistung wurde zunächst vielfach entweder mit Produktivität oder mit finanziellem Erfolg gleichgesetzt. Gerade in divisionalisierten Grossunternehmen, in denen Manager und Eigentümer immer seltener die selben Personen waren, war es wünschenswert, ein möglichst standardisiertes Leistungsverständnis zu entwickeln, um so die Ressourcenallokation und andere unternehmerische Entscheidung möglichst nachvollziehbar zu gestalten. Traditionelle Finanzkennzahlensysteme wie etwa der bei DU PONT gegen Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte ROI-Baum waren genau auf diese formalen Bedürfnisse zugeschnitten. Die Finanzkennzahlensysteme wurden seither laufend verfeinert und erweitert, aber auch deren Unzulänglichkeiten thematisiert. Mit der zunehmenden Börsenkapitalisierung von Unternehmen und einem zeitgleich stattfindenden «Mergers & Acquisitions»-Boom werden in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts der mehr oder weniger willkürlich abgrenzbare Periodenerfolg und darauf beruhende Rentabilitätsaussagen einer harschen Kritik unterzogen. Es wird von verschiedener Seite gefordert, dass Unternehmen periodenübergreifend als Investment zu betrachten sind, deren Zielsetzung in der Maximierung des Unternehmenswertes aus Sicht der Eigentümer liegt («Shareholder Value»). Verschiedene «Shareholder Value»-Konzepte, unter ihnen der 1 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.1 und Abschnitt 3.2. Seite 6 Einleitung «Discounted Cash Flow»-Ansatz sowie der «Economic Value Added»-Ansatz, propagieren daher eine wertorientierte Unternehmensführung als Handlungsmaxime.2 Etwa zur gleichen Zeit setzt die Kritik an den traditionellen Finanzkennzahlen von zweiter Seite auf breiter Basis ein: Die Reengineering Diskussion3 und in deren Gefolge die Fokussierung auf die Unternehmensprozesse löst eine wahre Welle der Kritik an diesen Finanzansätzen aus. So wird auch im Rechnungswesen die Forderung nach einer Rückbesinnung auf die eigentlichen Prozesse im Unternehmen (Prozesskostenrechnung, «Activity Based Costing») und damit einhergehend die Forderung nach Einbeziehung nicht-finanzieller Aspekte in das betriebliche Leistungsverständnis laut. Basierend auf dem prozessorientierten Managementgedanken und der Erweiterung des «Management Accounting» zu einem «Strategic Management Accounting»4 wird schliesslich eine stärkere Ausrichtung der formalen Leistungsmessung5 auf die Strategie und die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen gefordert und ein mehrdimensionales Leistungsverständnis als Lösung propagiert. Die «Balanced Scorecard» hat in diesem Zusammenhang internationale Beachtung gefunden6, ähnliche Denkansätze wie etwa das französische Tableau de Bord sind jedoch schon früher entwickelt worden. Diese Forderungen – «Shareholder Value»-Orientierung, Prozessorientierung und mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung – sind in sehr kurzer Folge als Schlagworte und Modethemen an die Unternehmen herangetragen und in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur zu «Performance Management» und «Performance Measurement» entsprechend aufgearbeitet worden. Obwohl in der Theorie umfassend diskutiert, erweckt oft schon ein flüchtiger Blick in die Alltagspraxis von Grossunternehmen den Eindruck, dass noch bei weitem nicht alle Unternehmen einem prozessorientierten, wertfokussierten oder gar mehrdimensionalen Ansatz der Leistungs- 2 3 4 5 6 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff «Shareholder Value» für alle Ansätze verwendet, die eine explizite Wertorientierung aufweisen. Für ein wegweisendes Standardwerk hierzu: Hammer/Champy (1993). Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.3.1. Zur «formalen» Leistungsmessung vergleiche Abschnitt 3.3. Zu dieser Beobachtung vergleiche beispielsweise: Silk (1998), Marr (2001), Williams (2001), Anonym (2001), Rigby (2001). Einleitung Seite 7 messung verpflichtet sind. Auch herrscht zum Teil Verwirrung darüber, wie diese Ansätze zusammenhängen und welchen Ansprüchen sie gerecht werden können.7 Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, basierend auf einem strukturierten Grundverständnis von Leistung und Leistungsmessung, anhand aus Sicht der Entwicklung in der Leistungsmessung repräsentativ gewählter Systeme der Leistungsmessung deren Stärken und Schwächen sowie deren Einsatzmöglichkeiten, Unterschiede und Zusammenhänge aufzuzeigen. Zudem soll anhand einer empirischen Überprüfung geklärt werden, in welchem Umfang das entsprechende theoretische Gedankengut tatsächlich in die Praxis der Leistungsmessung in Grossunternehmen Eingang gefunden hat und welche Schlussfolgerungen sich dadurch zu Anspruch und Wirklichkeit in der Leistungsmessung sowie zur deren weiteren Entwicklung ableiten lassen. Zu diesem Zweck ist zum einen das Phänomen der Leistung zu thematisieren und zu zeigen wie Leistungsmanagement und Leistungsmessung zusammenhängen, welche Anforderung an Leistungsindikatoren als Objekte beziehungsweise Instrumente der Leistungsmessung zu stellen sind und welchen Anforderungen die ausgewählten Systeme der Leistungsmessung aus konzeptioneller Sicht tatsächlich genügen können. Zum anderen wurde für die empirischen Untersuchungen der Fokus auf die Praxis der Leistungsmessung in multinationalen Grossunternehmen gelegt, konkret auf die Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Berichtseinheit. Dieser Untersuchungsfokus lässt sich dadurch begründen, dass gerade Grossunternehmen wegen Ihrer Grösse besonders stark auf die formale Leistungsmessung angewiesen sind. Die multinationale Aufstellung wirkt auf die formale Leistungsmessung tendenziell bedeutungssteigernd (z.B. aufgrund der geographischen und kulturellen Distanz) aber zugleich auch komplexitätserhöhend (z.B. wegen Wechselkurs- oder Transferpricing-Einflüssen).8 Gemäss diesen Überlegungen zeigt sich die grundlegende Ausprägung der formalen Leistungsmessung daher vermutlich dort am deutlichsten, wo diese tendenziell für das Leistungsmanagement besonders wichtig ist: in der Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit in Grossunternehmen. Die empirische Erhebung mittels Fragebogen wurde daher bewusst auf diese Leistungsbeziehung ausgerichtet. 7 8 Vergleiche hierzu auch: Fickert (2004), 707f. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6 Seite 8 Einleitung 1.2 Aufbau der Arbeit Der Aufbau der vorliegenden Arbeit ist schematisch in Abbildung 1 zusammengefasst. Nach den einleitenden Ausführungen zu Ziel und Aufbau der Arbeit in Kapitel 1 werden in Kapitel 2 Begriff und Konzept der Leistung untersucht und im Leistungswürfel der mehrdimensionale Charakter der Leistung zum Ausdruck gebracht. In Kapitel 3 wird anschliessend die Leistungsmessung («Performance Measurement») als Teil des Leistungsmanagements («Performance Management») dargestellt und die Leistungsindikatoren als Messobjekte thematisiert. Es wird gezeigt, dass Leistungsmessung als Managementaufgabe zu verstehen ist und nicht mit dem internen Rechnungswesen gleichgesetzt werden kann. Ebenso werden die Besonderheiten der Leistungsmessung in einem multinationalen Umfeld umrissen. Nach diesen grundlegenden Aussagen zur Leistung und zur Leistungsmessung werden in Kapitel 4 ausgewählte Systeme der Leistungsmessung thematisiert und deren Stärken und Schwächen beurteilt. Diese sind so gewählt, dass sie möglichst die wichtigsten Entwicklungsstufen der formalen Leistungsmessung in Grossunternehmen repräsentieren. Es werden beginnend mit einem traditionellen Finanzkennzahlensystem (am Beispiel «Return on Investment», ROI) über die explizit wertorientierten «Shareholder Value»-Systeme (anhand der Beispiele «Discounted Cash Flow» und «Economic Value Added») bis hin zu den mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung (anhand der Beispiele «Tableau de Bord» und «Balanced Scorecard») verschiedene Konzepte vorgestellt und einer konzeptionellen Gesamtwürdigung unterzogen. In Kapitel 5 werden die Ergebnisse der empirischen Erhebungen in multinationalen Grossunternehmen präsentiert, die sich auf die Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units konzentrieren. Es wird gezeigt, welche Verantwortungen tendenziell an die ausländischen Berichtseinheiten delegiert werden und welche Aspekte der Leistung über die Leistungsindikatoren abgebildet werden. Aus dem Vergleich der empirischen Beobachtungen gemäss Kapitel 5 mit der zuvor dargestellten Entwicklung der Systeme der Leistungsmessung gemäss Kapitel 4 werden in Kapitel 6 Schlussfolgerung über Theorie und Praxis in der Leistungsmessung gezogen und Erwartungen in Bezug auf deren Weiterentwicklung formuliert. Einleitung Seite 9 Abbildung 1: Aufbau der vorliegenden Arbeit9 Kapitel 1: Einleitung Ziele, Aufbau Kapitel Kapitel2: 2: Leistung Leistung Leistungswürfel Leistungswürfel Kapitel Kapitel3: 3: Leistungsmessung Leistungsmessung Leistungsindikatoren Leistungsindikatoren Kapitel Kapitel4: 4: Ausgewählte Systeme Ausgewählte Systeme ROI, ROI,SHV, SHV,BSC, BSC,TDB TDB Kapitel 5: Empirische Erhebungen zur Leistungsmessung Fokus: Unternehmenszentrale Æ ausländische Reporting Unit Kapitel 6: Schlussfolgerungen 9 Verwendete Abkürzungen: ROI = Return on Investment, SHV = Shareholder Value, BSC = Balanced Scorecard, TDB = Tableau de Bord. Seite 10 2. Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept LEISTUNG − EIN MEHRDIMENSIONALES KONZEPT 2.1 Verhalten und Resultate als Realisierungsbeitrag Bevor Leistung gemessen und beurteilt werden kann, muss zunächst eine Vorstellung darüber vorhanden sein, was Leistung eigentlich ist und anhand welcher Phänomene sie sich zeigt. Im allgemeinen Sprachgebrauch10 umfasst der Begriff «Leistung» den Grad einer körperlichen oder psychischen Beanspruchung sowie auch deren Ergebnis. Je nach Anwendungsbereich werden der Leistung dann weitere Bedeutungen zugeordnet. In der Physik beispielsweise ist Leistung als die in einer Zeitspanne verrichtete Arbeit beziehungsweise als aufgenommene oder abgegebene Energie definiert, die Physiologie setzt sie mit der Funktionstüchtigkeit eines Organs oder Organsystems gleich. Diese Definitionen lassen sich grundsätzlich als Analogie auch auf die Leistung eines Unternehmens übertragen. In der Managementliteratur − sowohl in populärwissenschaftlichen als auch in akademischen Veröffentlichungen − ist die Verwendung des Begriffes «Leistung» und seines englischen Pendants «Performance»11 jedoch weniger einheitlich.12 Die Leistung nimmt zwar implizit eine zentrale Position ein, wenn es um «Performance Management», «Performance Measurement», «Management by Objectives», Planung und Budgetierung, «Balanced Scorecards», leistungsabhängige Entlohnung, Definition von Verantwortungsbereichen oder ähnliche Themen geht, die jeweils zu Grunde liegende Definition von Leistung wird jedoch nur selten explizit erwähnt.13 10 11 12 13 Der allgemeine Sprachgebrauch wurde anhand von Lexikoneinträgen sowie anhand der Verwendung des Begriffes im Internet ermittelt. Zur Semantik des Begriffes «Performance»: Corvellec (1995), 21ff. Zu dieser Beobachtung und Beispielen aus der Managementliteratur: Emmanuel et al. (1990), 31. Zu dieser Beobachtung vergleiche etwa: Meyer/Zucker (1989), 65. Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Seite 11 Dieses Defizit soll hier vermieden werden: In der vorliegenden Arbeit werden unter dem Begriff der Leistung eines Unternehmens, einer Berichtseinheit oder eines Mitarbeiters sowohl Handlungen als auch die Ergebnisse von Handlungen subsumiert.14 Leistung kann sich demnach nicht nur darin äussern, dass etwas auf eine ganz bestimmte Art und Weise mit einem ganz bestimmten Ergebnis vor Augen getan wird (verhaltensorientierte Sicht)15, sondern sie kann sich auch im Resultat dieser Aktivitäten zeigen (ergebnisorientierte Sicht).16 Diese Definition umschliesst somit sowohl die Anstrengungen, die im Hinblick auf das Erreichen von Zielen unternommen werden, als auch die daraus resultierende Zielerreichung beziehungsweise den Zielerreichungsgrad. Da Leistung, um beeinflussbar zu sein, sinnlich wahrnehmbar sein muss, können das diesbezügliche Verhalten und dessen Resultate auch als Phänomene der Leistung bezeichnet werden (siehe Abbildung 2). Dabei ist Leistung − wie sie hier verstanden wird − nichts Absolutes, sondern ein kontextabhängiges Konzept. Vergleicht man beispielsweise die Leistung eines Schwergewichtsboxers mit der Leistung eines Marathonläufers, so stellt man fest, dass jede Disziplin ihr eigenes Verständnis von Leistung und Erfolg anwendet. Jede Sportart hat ihre eigenen Regeln und Messtechniken und stellt unterschiedliche Anforderungen an die Athleten in Bezug auf körperliche Kraft, Durchhaltevermögen, Konzentration, Geschicklichkeit oder graziöses Auftreten. Abbildung 2: Phänomene der Leistung LEISTUNG Handlungen, Aktivitäten, Verhalten 14 15 16 Ergebnisse von Handlungen, Resultate Vergleich hierzu: Gleich (2001), 36. Zur Leistung als Verhalten vergleiche etwa: Hannabuss (1987), 150. Die ergebnisorientierte Sicht der Leistung zeigt sich etwa in der Messung von Leistungsindikatoren wie z.B. Gewinn, ROI, Free Cash Flow, EVA. Vergleich hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4. Seite 12 Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Analog zu diesem Beispiel aus der Welt des Sports verhält es sich auch mit der Leistung von Unternehmen oder Unternehmensteilen: Jedes «Business» hat seine eigenen Regeln und Messtechniken und kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Auch hier entscheidet das Leistungsverständnis des Messenden (z.B. Manager, Eigenkapitalgeber, Mitarbeiter, Greenpeace-Aktivist) über die Einstufung als gute oder schlechte Leistung und über die Beurteilung des Erfolges. Eine umsatzbasierte Reihung in den «Fortune 500» ist genauso wenig ein absoluter Leistungsindikator wie der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn, ein Aktienkurs, ein Mitarbeiterzufriedenheitsindex oder ein Umweltverträglichkeitszertifikat. In einer kybernetischen Sichtweise kann ein Unternehmen als soziales System interpretiert werden, dessen zentrale Zielsetzung − gleich einem lebenden Organismus − in der Existenzerhaltung liegt.17 Diese Sichtweise spiegelt sich implizit auch in der gängigen Betrachtung eines Unternehmens als «Going Concern». Die Anspruchsgruppen des Unternehmens18 − unter ihnen die Eigentümer als sehr einflussreiche Untergruppe − werden in der Regel von der Erwartungshaltung getragen, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit auch in Zukunft fortsetzen wird, dass dementsprechend unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Geschäftsfortführung gewirtschaftet wird und dass zusätzlich ein Nutzen generiert wird.19 Folglich kann unternehmerische Leistung in ihrer breitesten Definition als Anstrengung oder Resultat der Anstrengung in Hinblick auf die langfristige Lebensfähigkeit und die Nutzengenerierung definiert werden: Je besser sich ein Unternehmen an die sich ständig verändernden Anforderungen des Marktes (z.B. für Kapital, Arbeit, Informationen, Produkte) und der Marktteilnehmer (Anspruchsgruppen) reaktiv anpassen oder diese proaktiv beeinflussen kann, desto stärker ist tendenziell seine Wettbewerbsfähigkeit und desto grösser sind seine Überlebenswahrscheinlichkeit und sein Erfolg in Bezug auf die Nutzengenerierung.20 17 18 19 20 Zu den Grundlagen des Unternehmens als lebensfähiges System vergleiche etwa: Beer (1979), Beer (1988). Für ein Beispiel dafür, dass die Lebensfähigkeit auch als Begründung für ein finanzorientiertes Konzept wie den «Shareholder Value» herangezogen werden kann: Rappaport (1998), 5f. Copeland et al. (2002), 35ff. Für einen Überblick über die Anspruchsgruppen eines Unternehmens: Janisch (1992), Sauter-Sachs (1992). Ein Unternehmen, das keinen Nutzen generiert ist «nutzlos» und hat keine Existenzberechtigung. Zum Zusammenhang zwischen «Wirtschaften» und «Wert schaffen» vergleiche: Stührenberg et al. (2003), 1. Es erstaunt daher nicht, dass bei einer empirischen Befragung deutscher Unternehmen «Wettbewerbsfähigkeit» und «Sicherung des Unternehmens» die Rangfolge der Unternehmensziele anführten. Vergleiche hierzu: Happel (2002), 280. Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Seite 13 Diese eher abstrakten Überlegungen überzeugen zwar durch ihre Einfachheit, für die Bewältigung der täglichen Geschäftsaufgaben in einem Unternehmen liefern sie in dieser generellen Form aber nur wenig konkrete Anhaltspunkte. Leistung im Sinne einer «Erhaltung der langfristigen Überlebensfähigkeit» kann nicht umfänglich anhand einer ganz bestimmten Kennzahl gemessen werden und auch für die Nutzengenerierung existiert keine allgemein anerkannte und unumstrittene Kennzahl.21 Für den praktischen Gebrauch im Unternehmensalltag scheinen sich Führungskräfte daher doch eines spezifischen Verständnisses darüber bedienen zu müssen, wie den Leistung aus ihrer Sicht definiert ist und wie Leistung in ihrem konkreten Umfeld erbracht, gemessen und beurteilt werden kann. Visionen und Strategien beschreiben zu diesem Zweck den Weg zur Lebens- und Entwicklungsfähigkeit eines Unternehmens und verdeutlichen das jeweilige Unternehmensverständnis in Bezug auf die Nutzengenerierung. Folglich drückt Leistung in Form von Anstrengungen oder Resultaten daher grundsätzlich den Beitrag zur Realisierung von Strategien und Visionen aus (siehe Abbildung 3). Je nach Unternehmensverständnis können die Lebensfähigkeit und die Nutzengenerierung eines Unternehmens ihren Ausdruck in Form von «Stakeholder Value», «Shareholder Value»22 oder einzelnen Teilaspekten dieser Konzepte finden.23 Die Erzielung von Gewinnen, die Maximierung von freien Cash Flows oder die Erzeugung von Mitarbeiterzufriedenheit sind in dieser Sichtweise nur einige Beispiele aus der Vielfalt von möglichen Unterzielen. Genauso wie sich das Unternehmensverständnis und die konkreten Strategien und Visionen verschiedener Unternehmen voneinander unter21 22 23 Auch wenn dieser Anspruch von verschiedenen Vertretern des «Shareholder Value» oder des «Stakeholder Value» immer wieder erhoben wird. Vergleiche hierzu aber auch Bischoff (1994), 172. Bischoff führt aus, dass die Überlebenssicherung in einem Shareholder Value-Ansatz nur Mittel zur Wertsteigerung ist und kein Selbstzweck, da ein rational handelnder Eigentümer kein Interesse an der Sicherung des Überlebens wertvernichtender Unternehmen hat. Diese Ausführungen zeigen, dass die Frage, ob der «Shareholder Value» die ultimative Kennzahl ist, die direkt oder indirekt die Interessen aller relevanten Anspruchsgruppen berücksichtigt, oder ob der «Stakeholder Value» die ultimative Handlungsmaxime ist, der sich der «Shareholder Value» unterzuordnen hat, in der einschlägigen Literatur umstritten ist. Für eine ausführliche Diskussion der verschiedenen Argumentationen vergleiche: Hachmeister (2000), 29ff. Auf breiter Basis akzeptiert wird jedoch, dass eine Nutzengenerierung ohne Lebensfähigkeit nicht möglich ist und umgekehrt. Die Lebensfähigkeit und die Nutzengenerierung werden in Abbildung 3 daher auf die gleiche Stufe gestellt. Eine Aufzählung und Wertung der diesbezüglichen Ansätze wird an dieser Stelle unterlassen, da die Diskussion über den eigentlichen Sinn und Zweck eines Unternehmens nicht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht. Zu den wichtigsten Anspruchgruppen dürfen aber die Shareholder, die Kunden und die Mitarbeiter gezählt werden. Vergleiche hierzu beispielsweise: George (2003), 36ff. Zu den Zusammenhängen zwischen Mitarbeiternutzen («Employee Value»), Kundennutzen («Customer Value»)und «Shareholder Value» vergleiche auch: Payne et al. (2000). Seite 14 Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept scheiden können, genauso kann sich folglich auch das Leistungsverständnis und somit die Ausgestaltung der Leistungsmessung eines ganz bestimmten Unternehmens vom Leistungsverständnis anderer Unternehmen unterscheiden. In der vorliegenden Arbeit bezieht sich Leistung als Resultat oder Realisierungsbeitrag daher immer auf die Realisierung von Zielen, unabhängig davon wie die individuelle inhaltliche Ausgestaltung dieser Ziele unternehmensspezifisch vorgenommen wird. Einen Vorschlag für ein «Framework» zur grundsätzlichen Klassifizierung der Leistung und zur Verdeutlichung des jeweiligen Leistungsverständnisses präsentiert der «Leistungswürfel» im folgenden Abschnitt. Abbildung 3: Leistung als Realisierungsbeitrag LEBENSFÄHIGKEIT, NUTZENGENERIERUNG STRATEGIE LEISTUNG generelles Ziel, Unternehmensverständnis Konkrete Ziele, Weg zum generellen Ziel Realisierung der Ziele, Schritte zum Ziel Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Seite 15 2.2 Der «Leistungswürfel» Als Ausgangspunkt für ein strukturiertes Leistungsverständnis bietet der «Leistungswürfel» in Abbildung 4 ein dreidimensionales Modell zu einer übersichtsmässigen Klassifizierung des Begriffes «Leistung».24 Er strukturiert die Leistung eines Unternehmens anhand von drei Dimensionen: • die Dimension der Verantwortungsebene, der die Leistung zuzuordnen ist (Unternehmensebene, Team- beziehungsweise Prozessebene, individuelle Ebene), • die Dimension der Form der Leistung (finanzielle, operative und soziale Form) und • die Dimension des Zeitpunktes der Leistungserbringung (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft). Abbildung 4: Dimensionen der Leistung − der «Leistungswürfel» 24 Vergleiche hierzu auch Shenar/Dvir (1996). Die Autoren definieren dort ein mehrdimensionales Leistungsmodell («Success Dimensions»), das sich über drei Organisationsebenen (Gesamtunternehmen, Business Unit, Projekt) und vier Zeithorizonte (sehr kurzfristig, kurzfristig, langfristig, sehr langfristig) erstreckt. Seite 16 Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept 2.2.1 Die Dimension der Verantwortungsebene Die Dimension der Verantwortungsebene bezieht sich auf den Verantwortungsbereich, der die Leistung erbringt oder zumindest für sie verantwortlich zeichnet, und differenziert zwischen einer individuellen Ebene, einer Team- beziehungsweise Prozessebene und einer Unternehmensebene.25 Die individuelle Ebene repräsentiert hierbei die Leistung einer einzelnen Person, der die Verantwortung für einen ganz bestimmten Tätigkeitsbereich zugeordnet werden kann. Die Teamleistung26 hingegen ist das Ergebnis der Aktivitäten einer Gruppe von Personen (z.B. eine Abteilung, ein Projektteam oder ein Prozessteam), die für die Abwicklung einer bestimmten Aufgabe oder eines bestimmten Prozesses zuständig ist. Die Summe aus allen individuellen Leistungen und Teamleistungen führt schliesslich zur Leistung des Unternehmens beziehungsweise einer Geschäftseinheit27 (Division, Business Unit, Reporting Unit, etc.). Die Unternehmensleistung ist, zumindest vereinfacht dargestellt, grundsätzlich das Resultat der Teamleistungen, die Teamleistung wiederum hängt von den Einzelleistungen ab. Für jede dieser Ebenen können Leistungsindikatoren definiert werden, die so gewählt sein sollten, dass von der Leistung jeder Ebene Rückschlüsse auf die Leistung der übergeordneten und nachgelagerten Ebene gezogen werden können. Dabei steht mehr der logisch-konsistente Zusammenhang der Leistungsindikatoren im Vordergrund und nicht die Forderung nach Vollständigkeit oder streng mathematischer Additivität der Leistungsdaten.28 Auch kann für Zwecke der Leistungsbeurteilung eine strikte, eindeutige Unterscheidung zwischen den verschiedenen Ebenen in manchen Fällen schwierig, unmöglich oder gar unerwünscht sein. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Leistungsbeurteilung eines Managers (individuelle Ebene) vom Erfolg der von ihm geführten Geschäftseinheit (Unternehmensebene) abhängen soll. 25 26 27 28 Diese Dreiteilung lehnt sich an die Ausführungen von Rummler/Brache an, die in ihrem Leistungskonzept zwischen dem «Organizational Level», dem «Process Level» und dem «Job/Performer Level» unterscheiden. Vergleiche hierzu: Rummler/Brache (1990), 15ff. Zur Teamleistung («Team Performance») und zu den «Team Performance Measurement Systems» vergleiche: MacBryde/Mendibil (2003), 722ff. Die Leistung einer Geschäftseinheiten wird ebenfalls als Unternehmensleistung bezeichnet, da diese wie ein «Unternehmen im Unternehmen» geführt werden kann. Zu dieser Forderung vergleiche etwa: Dixon et al. (1990), 138. Vergleiche hierzu auch die die Ausführungen zur «Konsistenz» von Leistungsindikatoren in Abschnitt 3.5.3.4. Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Seite 17 2.2.2 Die Dimension der Form der erbrachten Leistung Die zweite Dimension fokussiert sich auf die Form, in welcher die Leistung erbracht und beobachtbar wird. Diese Dimension soll verdeutlichen, dass die finanzielle Leistung, welche in finanziellen Leistungsindikatoren (z.B. Gewinn, Umsatz, Kosten, Aktienkurs, Free Cash Flow, EVA) oder in «finanznahen» Leistungsindikatoren (z.B. Marktanteil29) ihren Ausdruck finden kann, nur einer von mehreren Aspekten der unternehmerischen Leistung ist. Obwohl gerade in Hinblick auf die Verpflichtungen gegenüber den Eigentümern des Unternehmens die finanzielle Leistung ein dominantes Unternehmensziel sein kann, sind die Faktoren, welche zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen, in der Regel nicht strikt finanzieller Natur. Finanzielle Leistung kann daher je nach Unternehmensverständnis sowohl Ausdruck der Lebensfähigkeit und der Nutzengenerierung selbst sein30, kann aber auch als Mittel zur Finanzierung der verschiedenen anderweitigen Anstrengungen zur Realisierung der Lebensfähigkeit betrachtet werden.31 Während die finanzielle Leistung somit gleichsam eine Art zentralen Aspekt der Leistung darstellt, beinhaltet ein breiteres, mehrdimensionales Leistungsverständnis weitere Leistungsaspekte, welche so verschieden sein können wie die Erfolgspotentiale32 und Erfolgspositionen33, die in der Strategie ihren Ausdruck finden. Im Leistungswürfel wird als Strukturierungshilfe die finanzielle Form der Leistung von der operativen und der sozialen Form der Leistung differenziert.34 29 30 31 32 33 34 Der Marktanteil ist zwar ein nicht-finanzieller Leistungsindikator, aber in seinem Charakter mehr resultatals ursachenbezogen. Da er zudem in unmittelbarem Zusammenhang mit finanziellen Resultaten wie Umsatz, Gewinn oder ROI steht, wird er hier als «finanznah» bezeichnet. Zur Unterscheidung von finanziellen, finanznahen, und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren vergleiche auch die Ausführungen in Abschnitt 3.5.2. Lebensfähigkeit und Nutzengenerierung werden dann anhand der beobachtbaren finanziellen Resultate gemessen. Vergleiche hierzu etwa: Bischoff (1994), 172. Vergleiche hierzu etwa: Espejo et al. (1996), 227. Der Begriff «Erfolgspotential» geht auf Gälweiler zurück und umschliesst das gesamte Gefüge aller jeweils produkt- und marktspezifischen erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die spätestens dann bestehen müssen, wenn es um die Erfolgsrealisierung geht. Vergleiche hierzu: Gälweiler (1990). Der Begriff «Erfolgsposition» geht auf Pümpin zurück und stellt eine Erweiterung der produkt- und marktspezifischen «Erfolgspotentiale» gemäss Gälweiler um alle in irgendeiner Form wesentlichen wettbewerbsrelevanten Aspekte dar. Vergleiche hierzu: Pümpin (1992), 31ff. Die Literatur zu den Erfolgspotentialen führt bei der Unterscheidung der verschiedenen Untergruppen von Erfolgspotentialen eine feinere Differenzierung durch. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Wesentlichkeit soll diese Differenzierung bei der Klassifizierung der Leistung aber nicht nachvollzogen werden. Der «Leistungswürfel» bleibt daher bewusst auf die Dreiteilung in eine finanzielle, operative und soziale Seite 18 Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Operative Leistung im Sinne der vorliegenden Arbeit bezieht sich auf die konkreten ausführenden Aktivitäten und deren direkten materiellen und immateriellen Ergebnisse. Diesbezügliche Leistungsindikatoren haben oftmals nicht-finanziellen Charakter. Zu ihnen zählen etwa die Anzahl der neu entwickelten Produkte, die geleisteten Arbeitsstunden, die Produktivität sowie die Qualität von Produkten oder Prozessen. Mit dem Aufkommen von Konzepten wie «Activity Based Management», «Time Based Management» oder «Total Quality Management» haben diese Leistungsaspekte in den 80er Jahren 20. Jahrhunderts starke Beachtung erfahren. Die soziale Leistung schliesslich basiert auf der Idee, dass ein Unternehmen auf unterschiedliche Art und Weise die Bedürfnisse mehrerer Anspruchsgruppen zu befriedigen hat und nicht nur diejenigen der Eigentümer.35 Eine solchermassen umfassende Sichtweise der Leistung weist − im Sinne der vorliegenden Arbeit − etwa auch eine menschliche, eine kulturelle, eine ethische, oder eine ökologische Komponente auf.36 So besteht die Leistung einer Führungskraft im Unternehmensalltag nicht nur aus «Hitting the Numbers» (im Sinne des Erreichens von konkreten finanziellen Zielen), sondern zu einem wesentlichen Bestandteil auch aus dem «richtigen» Verhalten in der «Unternehmens-Szene». Dies zeigt sich etwa in der Einordnung in soziale Regeln bezüglich Kleidung und Vokabular oder in der Schaffung eines Images als verlässliches und akzeptiertes Teammitglied.37 Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Quantifizierung der sozialen Leistung nicht immer ein leichtes Unterfangen ist. Als mögliche Leistungsindikatoren bieten sich beispielsweise die Ergebnisse von Untersuchungen zur Mitarbeiterzufriedenheit, das Image des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber, Fluktuationsraten, Abwesenheitsstatistiken oder im Umweltbereich die Anzahl von ökologischen Störfällen an. 35 36 37 Form der Leistung beschränkt. Zu den Untergruppen von Erfolgspotentialen vergleiche etwa: Sauter (1997), 231. Dies heisst jedoch nicht, dass alle «Stakeholder» automatisch einen begründeten Anspruch auf Berücksichtigung haben. Die Wahl der unternehmensspezifisch relevanten Anspruchsgruppen hängt vom Unternehmens- und Leistungsverständnis der Eigentümer und der Manager ab. Vergleiche hierzu etwa: Kaplan (1997w), 8. Zur sozialen Komponente der Unternehmensleistung: Wood (1991), 383ff. Graves/Waddock (1994), 1034ff. Clarkson (1995), 92ff. Vergleiche hierzu: Jackall (1988), 62. Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Seite 19 Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Leistungsebenen lässt sich, wiederum vereinfacht, so darstellen, dass ein Unternehmen, welches über ein positives Image in Bezug auf soziale Faktoren verfügt (gute Bezahlung, interessante und sinnstiftende Aufgabe, realistische Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten etc.), tendenziell die besseren Chancen aufweist, auf dem Arbeitsmarkt für gute und innovative Mitarbeiter und starke Führungskräfte attraktiv zu sein.38 Gut ausgebildete, motivierte und geführte Mitarbeiter wiederum können ein entscheidender Faktor für die operative Leistung und schliesslich den finanziellen Erfolg sein. Der finanzielle Erfolg wiederum generiert finanzielle Mittel, welche unter anderem in die Mitarbeiter, die Verbesserung von Prozessen oder technologische Weiterentwicklungen reinvestiert werden können. Diese gegenseitigen Einflüsse hängen von der spezifischen Situation des jeweiligen Unternehmens ab und sind in Realität komplexer als der soeben musterhaft beschriebene Kreislauf. Wichtig ist jedoch die Grundaussage, dass die verschiedenen Formen der Leistung Interdependenzen aufweisen und dass jede Form ihren Beitrag zur langfristigen Lebensfähigkeit des Unternehmens leisten kann. 2.2.3 Die Dimension des Zeitpunktes der Leistungserbringung Die dritte Dimension des «Leistungswürfels» bezieht sich schliesslich auf den Zeitpunkt, zu welchem die Leistung tatsächlich erbracht wird. Eine Klassifizierung, die nicht immer einfach vorzunehmen ist. Die vergangene Leistung bereitet vergleichsweise wenig Schwierigkeiten. Sie orientiert sich vorwiegend an den Resultaten und hat somit einen eher ergebnisorientierten, statistischen Charakter. Die zu Grunde liegenden Aktivitäten sind bereits historische Geschehnisse und können nicht mehr verändert werden. So sind die meisten «traditionellen» Kennzahlen des Rechnungswesens39 (z.B. Umsatz, Kosten, Gewinn, ROI) als Indikatoren für vergangene Leistungen zu klassifizieren. Sie werden üblicherweise von der Bilanz oder der Erfolgsrechnung abgeleitet, welche ihrerseits − sofern nicht als 38 39 Dieser Zusammenhang zwischen Reputation und Performance gilt jedoch eher im langfristigen Bereich und nicht generell. Empirische Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass Reputation mehr ein Ergebnis von finanzieller Performance als umgekehrt finanzielle Performance ein kurzfristiges, direktes Resultat einer guten Reputation ist. Vergleich hierzu: Rose/Thomsen (2004). Zum Begriff der «traditionellen» Kennzahlen des Rechnungswesens: Ezzamel (1992) 19ff. Seite 20 Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Planbilanz oder Planerfolgsrechnung vorliegend − auf den historischen Informationen der doppelten Buchführung beruhen. Aber auch nicht-finanzielle Indikatoren wie etwa Informationen über Marktanteile oder monatlich geleistete Arbeitsstunden sind − falls nicht als Plandaten verwendet − die Resultate vergangener Leistungen. Schwieriger ist die Messung der gegenwärtigen Leistung, da jedes Messergebnis im Grunde bereits auf ein historisches Ereignis hindeutet. Die gegenwärtige Leistung, wie sie in dieser Arbeit verstanden wird, ist im Gegensatz zur vergangenen Leistung stärker an den Handlungen und am Verhalten ausgerichtet als an den Resultaten. Gegenwärtige Leistung bezieht sich also auf die während oder unmittelbar nach einer Leistungshandlung beobachtbaren Veränderungen eines Leistungsphänomens. Zum Zweck der Leistungsmessung ist die Abgrenzung zwischen Vergangenheit und Gegenwart daher willkürlich vorzunehmen und die jeweilige Situation der untersuchten Leistungseinheit zu berücksichtigen. Es muss, abhängig vom jeweiligen Kontext, die Zeitspanne definiert werden, welche durch den Begriff «Gegenwart» repräsentiert werden soll. Die Resultate des letzten Jahres, des letzten Quartals oder des letzten Monats werden dabei wohl meist in den Bereich der vergangenen Leistung fallen, während etwa Indikatoren über die Leistung der letzten Woche, des jeweiligen Arbeitstages oder des gerade hergestellten Produktionsloses eher als gegenwärtige Leistung in Frage kommen. Da Finanzinformationen aus der Bilanz und Erfolgsrechnung im Vergleich zu den ihnen zu Grunde liegenden Leistungshandlungen normalerweise einen relativ langen Zeithorizont aufweisen, sind sie als Indikatoren der gegenwärtigen Leistung oftmals weniger geeignet. Hier dominieren folglich mehr nicht-finanzielle Leistungsgrössen (beispielsweise aus den Bereichen Produktivität oder Qualität), welche als Vorlaufgrössen für zukünftige finanzielle Resultate betrachtet werden können.40 Dieser Zusammenhang darf auch als einer der treibenden Faktoren für die Verbreitung der bereits erwähnten Ansätze des «Activity Based Management», des «Time Based Management» oder des «Total Quality Management»41 in den 80er Jahren und von mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts 40 41 Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zu den «Leading Indicators» in Abschnitt 4.4.2.5. «Total Quality Management» (TQM) umfasst sowohl die Konformität zu vordefinierten Qualitätsstandards (im Sinne einer relativen Abwesenheit von Defekten) als auch die Befriedigung von Kundenbedürfnissen. Vergleiche hierzu Geanuracos/Meiklejohn (1993), 44. Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Seite 21 gesehen werden. Diese Konzepte sind unter anderem darauf ausgerichtet, Leistungsinformationen zur Verfügung zu stellen, welche den operativen Aktivitäten zeitlich näher gelagert sind als die traditionellen Kennzahlen des Rechnungswesens. Die wohl am schwierigsten zu erfassende Zeitebene, vor allem aus Sicht der Leistungsmessung, ist die der «zukünftigen Leistung». Diese Ebene orientiert sich an den zukünftigen Geschehnissen, an der Weiterentwicklung des Unternehmens und seiner Leistungseinheiten. Diese Leistungsebene hat daher einen dynamischen, unsicheren, hypothetischen und für subjektive Einschätzungen empfänglichen Charakter. Eine Messung zukünftiger Ereignisse zu einem zeitlich vorgelagerten Augenblick ist grundsätzlich nicht möglich, es können bestenfalls potentielle Ereignisse sowie deren Ausprägung und Eintrittswahrscheinlichkeiten prognostiziert und abgeschätzt werden. Daraus können Problem resultieren wie sie etwa aus den Bereich der Budgetierung (z.B. Setzen von unrealistischen Zielsetzungen, subjektiver Charakter von Plandaten) oder diversen Varianten der mehrperiodigen «Shareholder Value»-Berechnung (z.B. Prognoseproblem bei der Abschätzung von zukünftigen Cash Flows42) bekannt sind. Trotz solcher und anderer Einschränkungen kann eine grundsätzliche Klassifizierung von Leistung, wie sie dem «Leistungswürfel» in Abbildung 4 zugrunde liegt, bei der Leistungsmessung von Nutzen sein. Ein solches Modell liefert den Ansatz für ein strukturiertes Verständnis über die möglichen Dimensionen von Leistung und kann helfen, den Fokus, aber möglicherweise auch die Defizite und Einschränkungen, der zu untersuchenden Systeme der Leistungsmessung zu veranschaulichen. Es liefert somit auch den Raster zur Einordnung der vorliegenden Arbeit. Diese ist in Bezug auf die Verantwortung eindeutig auf der Unternehmensebene angesiedelt. Ausländische Reporting Units können in multinationalen Firmen als Unternehmen im Unternehmen betrachtet werden, unabhängig davon ob sie als selbständige Rechtseinheiten oder als «virtuelle» Berichtseinheiten aufgestellt sind. Für die Untersuchung der Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit spielen die Team/Prozess- und Individualleistung eine untergeordnete Rolle. 42 Zum «Prognoseproblem»: Vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.3. Seite 22 Leistung – Ein mehrdimensionales Konzept Bei den Formen der Leistung werden alle Ebenen des Leistungswürfels untersucht. Gerade mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung wie die «Balanced Scorecard»43 erheben den Anspruch, eben nicht nur finanzielle Leistungsformen zu berücksichtigen, sondern diese durch Messgrössen aus dem operativen und eventuell sozialen Bereich zu ergänzen. Inwieweit hier auf Stufe Unternehmensebene Theorie und Praxis übereinstimmen ist Teil der Untersuchungsaufgabe der vorliegenden Arbeit. Ebenso sind alle Zeitebenen des Leistungswürfels in den in Abschnitt 4 diskutierten Systemen der Leistungsmessung vertreten. So repräsentieren beispielsweise finanzielle Leistungsindikatoren wie der «Return on Investment» oder der für eine ganz bestimmte Periode nachträglich ermittelte EVA als «Lagging Indicators»44 die vergangene Leistung. Die bereits angesprochenen nicht-finanziellen Indikatoren der «Balanced Scorecard» oder des «Tableau de Bord»45 decken den Gegenwartsteil des Leistungswürfels ab. Konzepte wie die mehrperiodig als «ex ante» Rechnung ausgelegte «Discounted Cash Flow» Methode46 oder die «ex ante» Berechnung des «Market Value Added»47 ergänzen die Zukunftsperspektive. 43 44 45 46 47 Zur «Balanced Scorecard»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.4. Zu den «Lagging Indicators»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.4.2.5. Zum «Return on Investment»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.1. Zum «EVA»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.2. Zum «Tableau de Bord»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.3. Zur «Discounted Cash Flow»-Methode: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.1. Zurm «Market Value Added»: vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.2. Leistungsmessung als Managementaufgabe 3. Seite 23 LEISTUNGSMESSUNG ALS MANAGEMENTAUFGABE In Abschnitt 2 wurde Leistung als mehrdimensionaler Realisierungsbeitrag vorgestellt, der sich in Form von Verhalten und Resultaten zeigen kann. Genauso wie sich Leistung und Strategie unterscheiden lassen, genauso lassen sich auch die diesbezüglichen Managementtätigkeiten dem strategischen Management oder dem Leistungsmanagement zuordnen. Im vorliegenden Kapitel soll zunächst die Gesamtaufgabe des Leistungsmanagements («Performance Management»48) vorgestellt werden und die Leistungsmessung («Performance Measurement»49), welche im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht, als eine von mehreren Teilaufgaben in einem Gesamtmodell des Leistungsmanagements lokalisiert werden. Durch die Abgrenzung zum internen Rechnungswesen wird das «Performance Measurement» nochmals als Führungsaufgabe betont. Nachdem die Leistungsmessung auf diese Weise konzeptionell im Instrumentarium der Unternehmensführung eingeordnete wurde, werden anschliessend der Zweck, die Funktionen, die Ziele und – mit den Leistungsindikatoren - die Instrumente der Leistungsmessung diskutiert. Da den Leistungsindikatoren als Messobjekte in der Leistungsmessung eine zentrale Rolle zukommt, werden deren Qualitätskriterien dargelegt. Am Ende des Kapitels wird schliesslich der Einfluss der Multinationalität auf die Leistungsmessung erörtert. 48 49 Leistungsmanagement wird hier als Synonym für den englischsprachigen Begriff «Performance Management» verwendet. Für eine sozialwissenschaftliche Einordnung des «Performance Managements»: Thorpe/ Beasley (2004). «Leistungsmessung» wird hier als Synonym für den englischsprachigen Begriff «Performance Measurement» verwendet. Der teilweise in der deutschen Managementliteratur anzutreffenden Gleichsetzung von «Performance Measurement» mit «mehrdimensionaler Leistungsmessung» wird in der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt. Vergleiche hierzu: Günther/Grüning (2002), 5. Seite 24 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.1 Die Stellung der Leistungsmessung im Leistungsmanagement 3.1.1 Leistungsmanagement als strategisch-operative Schnittstelle Der aus dem Englischen entlehnte Begriff «Management» kann mit dem Synonym «Führung» umschrieben werden und beinhaltet im deutschen Sprachgebrauch zwei Bedeutungen: Einerseits repräsentiert die «funktionale» Bedeutung des Begriffes (im Sinne von «Führungstätigkeit») alle Aufgaben beziehungsweise Tätigkeiten, welche die Leitung eines Unternehmens in allen ihren Bereichen mit sich bringt50, andererseits steht die «institutionelle» Bedeutung des Begriffes (im Sinne von «Führungskräfte») für die Gesamtheit der Träger der Führungstätigkeiten auf den verschiedenen hierarchischen Stufen.51 Die Aufgabe eines Managers besteht darin, Resultate durch die Handlungen anderer Personen zu erzielen.52 Die Managementtätigkeit ist daher, im Gegensatz zu ausführenden Tätigkeiten, an eine Weisungskompetenz gebunden. Sie lässt sich in abstrakter Form als kreisförmige Denkweise darstellen, welche sich aus den Grundaufgaben «Entscheiden» (beziehungsweise «Planen»), «In-Gang-Setzen» und «Kontrollieren» zusammensetzt (siehe Abbildung 5).53 Folgt man der Klassifizierung von Anthony et al., so können diese Führungsaktivitäten grundsätzlich auf drei verschiedenen Ebenen stattfinden: auf der «Strategic Planning»Ebene, auf der «Management Control»-Ebene, und auf der «Task Control»-Ebene.54 Dabei bezieht sich die strategische Planung auf die langfristig ausgerichteten, oft unregelmässig stattfindenden Führungstätigkeiten, welche Strategien, Regeln und langfristige Ziele produzieren. Das strategische Management als Oberbegriff umfasst (in Ana- 50 51 52 53 54 Gabler (1992), 2179. Bleicher (1988), 465. Anthony et al. (1988), 7. In Anlehnung an: Ulrich (1984), 54. Bleicher (2004), 55. Diese Darstellung soll jedoch nicht zur Schlussfolgerung verleiten, dass nicht auch Manager ausführende Tätigkeiten wahrzunehmen hätten. Zu einer ähnlichen Darstellung als «Plan–Do–Check–Act»-Kreislauf vergleiche aber auch Wealleans (2001), 122. Für einen Überblick zu Begriffen «Strategic Planning», «Management Control» und «Task Control» vergleiche: Anthony et al. (1988), 10ff und 42. In der Erstauflage im Jahr 1965 wurde die «Task Control» noch als «Operational Control» bezeichnet. Vergleiche hierzu Anthony (1965). Zu «Management Control» vergleiche auch: Horngren et al. (2005), 383. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 25 logie zu Abbildung 5) neben der Strategieentwicklung auch die Strategieumsetzung und die Strategieüberprüfung.55 Die Strategien des strategischen Managements wiederum liefern den Rahmen für die «Management Control»-Aufgaben, welche periodisch stattfinden und auf die Implementierung der Strategien abzielen. Der Begriff «Management Control» ist hierbei aus semantischer Sicht etwas unglücklich gewählt, da er sowohl Planungs- als auch Kontrolltätigkeiten umspannt. Ein zentrales Anliegen hierbei ist, mit Fokus auf das jeweilige Geschäftsjahr und auf die verschiedenen Verantwortungsbereiche, die Steuerung der Effektivität und der Effizienz der Unternehmensaktivitäten innerhalb eines mittelfristigen Zeithorizonts. Abbildung 5: Kreisförmige Denkvorstellung im Management ENTSCHEIDEN Sollwert bestimmen Massnahmen bestimmen Soll- und IstWerte vergleichen KONTROLLIEREN FÜHREN Istwerte erfassen Massnahmen anordnen IN-GANG-SETZEN AUSFÜHREN 55 In Anlehnung an: Pümpin/Geilinger (1988), 8ff. Seite 26 Leistungsmessung als Managementaufgabe Der Begriff Leistungsmanagement («Performance Management»), wie er in der vorliegenden Arbeit verstanden wird, entspricht weitgehend dieser «Management Control»Funktion, stellt jedoch durch die abweichende Begriffswahl mehr die Leistung denn die Planung und Kontrolle in den Vordergrund. Leistungsmanagement beschäftigt sich primär mit der aktiven Führung von Leistung. Im Fokus des Leistungsmanagements steht daher die Realisierung einer vorgegebenen Strategie und die diesbezügliche Führung des Verhaltens und der Resultate von Unternehmen und Unternehmensteilen.56 Der hierfür relevante Zeithorizont ist unternehmensspezifisch und umfasst die anhand von konkreten Prognosen zur erwarteten Unternehmensentwicklung planbare Zukunft (üblicherweise etwa die nächsten 1-3 Jahre) sowie die in den Informationen der aktuellen Berichtsperiode abgebildete Vergangenheit. Die durch das Leistungsmanagement im konkreten Fall abgedeckte Zeitspanne ist dabei abhängig von der Dynamik und Komplexität des Unternehmensumfeldes, von den angewendeten Managementprozessen, von der zur Verfügung stehenden Infrastruktur sowie vom Willen, Wissen und der Erfahrung der involvierten Personen. Das operative Management schliesslich, welches von Anthony als «Task Control» bezeichnet wird, konzentriert sich auf die Führung ganz spezifischer, klar definierter Aufgaben (z.B. ein Auftrag, eine Aktivität) und hat daher sehr kurzfristigen, auf die konkrete Ausführung gerichteten Charakter. Mit dem Aufkommen von prozessorientierten Konzepten wie beispielsweise dem «Activity Based Management» verwischen sich allerdings die Grenzen zwischen «Task Control» und «Management Control» zunehmend: Das Leistungsmanagement, wie es hier verstanden wird, dringt in seinem Führungsverständnis − etwa durch die Verwendung nicht-finanzieller Kennzahlen − immer weiter in den operativen Bereich vor. Die Abgrenzung zwischen Leistungsmanagement und operativem Management ist daher nicht immer eindeutig möglich oder sinnvoll. Die Unterscheidung zwischen strategischem Management, Leistungsmanagement und operativem Management verweist daher mehr auf verschiedene Entscheidungshorizonte denn auf konkrete Inhalte oder die hierarchische Stellung. Jede Entscheidung des Leistungsmanagement besitzt in der Regel auch strategische Relevanz und kann nur 56 Planung und Kontrolle sind in dieser Sichtweise Managementtätigkeiten, welche die Realisierung unterstützen. Die begriffliche Trennung zwischen strategischem Management und Leistungsmanagement reflektiert auch die bereits in Abschnitt 2.1 vorgenommene Trennung zwischen Strategie und Leistung. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 27 durch Anbindung an operative Prozesse realisiert werden. So ist beispielsweise die Defektrate im Produktionsprozess das Ergebnis einer operativen Tätigkeit, dennoch kann sie als Leistungsindikator im Leistungsmanagement verwendet werden und zugleich ein zentrales Erfolgspotential des strategischen Managements verkörpern. Strategisches Management, Leistungsmanagement und operatives Management sind daher nicht von einander getrennt ablaufende, klar abgrenzbare Managementaufgaben, sondern ergänzen sich gegenseitig und werden in der Unternehmenspraxis von den handelnden Führungspersönlichkeiten zugleich ausgeübt, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.57 Nicht Inhalte, sondern der Entscheidungshorizont (und somit die Art der Verwendung von Inhalten) unterscheidet diese drei Aufgabenbereiche. Das Leistungsmanagement bildet dabei gleichsam die Schnittstelle zwischen strategischem und operativem Management (siehe Abbildung 6).58 Abbildung 6: Die Interdependenz der Managementaufgaben strategisches Management Leistungsmanagement operatives Management 57 58 Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers sowie auf Angaben in den Fachgesprächen. Zu einer Anwendung eines ähnlichen Leistungsmanagement-Ansatzes auf die Balanced Scorecard: Kaplan/ Norton (2001), 245. Seite 28 3.1.2 Leistungsmessung als Managementaufgabe Leistungsmessung als Teilaufgabe des Leistungsmanagements Überträgt man die kreisförmige Managementvorstellung aus Abbildung 5 auf das Leistungsmanagement, bedeutet dies, dass zunächst basierend auf der Strategie und dem jeweiligen Leistungsverständnis über die Ziele und Teilziele des Unternehmens Klarheit erzielt werden sollte, um in Folge Verantwortlichkeiten definieren sowie geeignete Leistungsindikatoren und deren Sollwerte bestimmen zu können. Aus diesen Zielsetzungen können Massnahmen abgeleitet und angeordnet werden. Management und Mitarbeiter bemühen sich, diese Massnahmen durch ihre ausführenden Tätigkeiten in die Tat umzusetzen und so auf die angestrebten Ziele hinzuarbeiten. Im Rahmen der Leistungsmessung werden die Istwerte der Leistungsindikatoren erfasst und mit den Sollwerten verglichen und einer Leistungsbeurteilung unterzogen. Diese Aufgaben sind grundsätzlich Managementtätigkeiten, können aber durch das Rechnungswesen, das Controlling oder aber auch andere Funktionsbereiche koordiniert und unterstützt werden.59 Aus der Synthese der kreisförmigen Denkvorstellung im Management mit der «Management Control»-Funktion ergibt sich somit ein Kreislauf, welcher als Leistungsmanagement-Modell zusammengefasst werden kann (siehe Abbildung 7).60 Das Leistungsmanagement umspannt gemäss diesem Kreislaufmodell: • die Planung von Leistungszielen für den jeweiligen Verantwortungsbereich und die Einbindung dieser Ziele in den quantitativen Budgetierungsprozess, • die Zuweisung von Verantwortung (z.B. durch die konkrete Ausgestaltung von Verantwortungsbereichen und die damit verbundene Allokation von Ressourcen und Kompetenzen oder durch das Anordnen von konkreten Massnahmen), • die Messung der tatsächlich von den Verantwortungsbereichen erbrachten Leistung (Leistungsmessung, «Performance Measurement») und das Weiterleiten der so erfassten Leistungsindikatoren an die jeweiligen Adressaten («Reporting»), 59 60 Zum Beitrag des Rechnungswesen beziehungsweise des Controlling vergleiche: Abschnitt 3.1.3.2. Zum inneren Kreis des Leistungsmanagement vergleich auch: Horngren et al. (2005), 383. Die Autoren verwenden hier jedoch den Begriff «Management Control». Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 29 • die Analyse und Beurteilung der Leistungsindikatoren und, im Idealfall, die hierauf basierende Honorierung der Mitarbeiter in Form von leistungsabhängiger Belohnung beziehungsweise Entlohnung und • das Ziehen von Rückschlüssen über das Zusammenspiel der einzelnen Handlungen und Resultate in diesem Kreislauf und, im Sinne eines «Continuous Improvement» oder «Organizational Learning»61, die Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen bei künftigen Managementaufgaben Abbildung 7: Leistungsmanagement-Modell 61 Für eine Klassifikation der Elemente des «Organizational Learning» siehe: Nevis et al. (1998), 136. Die Autoren weisen unter anderem explizit auf die Bedeutung der Leistungsmessung und der festgestellten Leistungslücken («Performance Gaps») als treibende Faktoren der Wissensgenerierung hin. Seite 30 Leistungsmessung als Managementaufgabe Die Leistungsmessung ist somit eine Teilaufgabe des Leistungsmanagements.62 Sie ist als Führungstätigkeit dem funktionalen Managementbegriff zuzuordnen. Die Leistungsmessung ist demnach keine isolierte, ausführende Tätigkeit, sondern repräsentiert im Rahmen des Leistungsmanagements eine vom Umfeld des Unternehmens massgeblich geprägte Managementaufgabe. Abbildung 7 beschränkt sich auf die Darstellung des internen Leistungsumfeldes, welches im Vergleich zum externen Umfeld63 tendenziell stärker durch bewusste Führungsmassnahmen direkt beeinflussbar ist. Zu den zentralen Faktoren des internen Umfeldes zählen: • die Strategische Planung, da sie in Form von Strategien und langfristigen Zielen die Leitplanken für das Leistungsmanagement absteckt, • die Organisationsstruktur, da sie über die Definition von Kompetenz- und Verantwortungsbereichen Raum für die Leistungserbringung schafft, • die Unternehmenskultur und der Führungsstil des Managements64, da sie als Grundlagen der Leistungsmessung die Wertvorstellungen, die Sprache, die Verhaltensregeln und die Machtverhältnisse im Unternehmen zum Ausdruck bringen, • die Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens, die sich im verfügbaren intellektuellen und finanziellen Kapital manifestieren, da das Leistungsmanagement und die ausführende Leistungserbringung wissensbasierte Prozesse sind, deren Aufbau und Unterhalt finanziert werden müssen. Das «Intellektuellen Kapitals»65 fliesst zum Beispiel in Form von Mitarbeiterpotential, Kundenbeziehungen, Prozessen oder Routinen in den Leistungsmanagement-Kreislauf ein, kann aber auch in Form von geistigem Eigentum66 (Patente, Lizenzen, etc.) greifbar sein. 62 63 64 65 66 Vergleiche hierzu etwa: Rummler/Brache (1990), 167. “Measurement is the key ingredient in performance management.” Zum externen Leistungsumfeld eines Unternehmens gehören etwa: wirtschaftliche Faktoren (Wettbewerbssituation, volkswirtschaftliche Entwicklungen etc.), politische Faktoren (politische Länderrisiken, Gesetze etc.), soziale Faktoren (Wertewandel, Ansprüche der Gesellschaft, etc.) oder ökologische Faktoren (Umweltauflagen, Ressourcenverknappung etc.). Vergleiche hierzu beispielsweise die empirische Untersuchung von Bayo-Moriones/de Cerio (2002), welche den Zusammenhang zwischen «High-Committment-Kultur» und Leistung zeigt. Kein signifikanter Zusammenhang besteht jedoch zwischen Unternehmensperformance und CEO-Charisma: Tosi et al. (2004). Zum Humanvermögen («Intellectual Capital») vergleiche: Hudson (1993), Stewart (1997), Klein (1998). Kaplan/Norton (2004). Bayer (2004). Vergleiche aber auch die Ausführungen zum «Knowledge Stock»: Hitt et al. (2003). Wird «Intellectual Capital» solchermassen als Resource verstanden, sollte es nicht als Kostenfaktor, sondern als Investment betrachtet werden. Als investiertes Kapital kann es somit nicht nur werterzeugende sondern auch wertvernichtende Wirkung haben. Vergleiche hierzu: Pulic (2004), 62ff. Zum geistigen Eigentum («Intellectual Property») und dessen Rolle in einem multinationalen Umfeld: Verlinden et al. (2004). Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 31 3.1.3 Abgrenzung zwischen «Management Accounting» und Leistungsmessung Der gemeinsame Vorgang des «Messens» sowie die inhaltlichen und geschichtlichen Zusammenhänge von «Management Accounting» (betriebliches Rechnungswesen) und Leistungsmessung können zu einem diesbezüglich undifferenzierten Sprachgebrauch verleiten. Auf den folgenden Seiten wird daher kurz dargelegt, wie sich Management Accounting und Leistungsmessung in der Vergangenheit einander inhaltlich angenähert haben und wie sich die beiden Aufgaben heute noch voneinander unterscheiden lassen. 3.1.3.1 Vom «Cost Accounting» zum «Strategic Management Accounting» Einige der Methoden und Praktiken, welche heute mit dem betrieblichen Rechnungswesen assoziiert werden, wurden bereits im 19. Jahrhundert von Produktionsbetrieben, Eisenbahngesellschaften und Handelshäusern eingesetzt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diese Techniken unter dem Begriff «Kostenrechnung» («Cost Accounting») subsumiert.67 Die Ziele und Aufgaben der Kostenrechnung bestanden hierbei vor allem in der operativen Kontrolle durch Ermittlung von Produkt- oder Prozesskosten. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat sich das «Management Accounting» immer mehr als Weiterentwicklung des bereits existierenden «Cost Accounting» emanzipiert, und sich durch eine stärkere Ausrichtung auf die betriebliche Entscheidungsfindung von diesem abgehoben.68 Als vermutlich eines der ersten (englischsprachigen) Werke zu einem solchen betrieblichen Rechnungswesen hat sich das 1950 von William J. Vatter veröffentlichte Buch «Managerial Accounting» mit Themen wie Kosten-Volumen-Zusammenhängen, «Break Even»-Berechnungen, «Standard Costing», flexibler Budgetierung, Abweichungsanalyse oder der Ermittlung von Gemeinkostensätzen beschäftigt.69 Vatter umschreibt dabei die Aufgabe des betrieblichen Rech- 67 68 69 Zu dieser Beobachtung: Anthony (1989), 1ff. Vergleiche hierzu aber auch: Johnson/Kaplan (1991), Kapitel 2 und 3. Zur Entwicklung vom «Cost Accounting» zum «Management Accounting»: Mattessich (1980), 209f. Shank (1988), 19. Horngren (1989), 22ff. Vergleiche hierzu: Vatter (1950). Seite 32 Leistungsmessung als Managementaufgabe nungswesens als systematische Sammlung von Fakten über die detaillierten, innerhalb des Unternehmens ablaufenden Operationen. Dies beinhaltet die Prozesse der internen Kontrolle, die Minimierung von Fehlern, Missbrauch und Verschwendung in den operativen Tätigkeiten, die Erstellung und Handhabung von Budgets, die entscheidungsorientierte Interpretation von Kosten und Umsatzdaten in Bezug auf organisatorische Verantwortungsbereiche sowie die Handhabung der diesbezüglichen operativen Informationen in systematischen Standardabläufen.70 Dieses Grundverständnis unterscheidet sich nur geringfügig von aktuellen Definitionen zum «Management Accounting», wonach dessen Aufgabe darin liegt, finanzielle und andere Informationen zu analysieren, zu rapportieren und schliesslich die Aufmerksamkeit des Managements auf die relevanten Aspekte zu richten.71 Seit den 80er und frühen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts äussern verschiedene Autoren vermehrt ihre Zweifel an der Effektivität und Praktikabilität «traditioneller» Rechnungswesensysteme, welche gleichzeitig den Anforderungen der Planung, der Entscheidungsfällung, der Leistungsmessung und der externen Rechnungslegung72 dienen sollen. Die passive Rolle des Rechnungswesens, sein rein interner Fokus, seine fehlende Genauigkeit, der teilweise irreführende Charakter der erzeugten Informationen und seine zu starke Ausrichtung auf die Anforderungen der externen Berichterstattung sind dabei häufig genannte Kritikpunkte.73 Aus dieser Kritik haben sich in der Folge zwei grundsätzliche Denkrichtungen entwickelt:74 Einerseits die «Accuracy School of Management Accounting», deren implizite Zielsetzung unter anderem darin besteht, durch verfeinerte Rechnungswesensysteme die Genauigkeit der Produktkosten zu erhöhen, und die für Ansätze wie beispielsweise das «Activity Based Costing» verantwortlich zeichnet.75 Andererseits die 70 71 72 73 74 75 Vergleiche hierzu: Vatter (1950), 98. In Anlehnung an: Horngren et al. (2003), 8f. Horngren et al. (2005), 5f. Die Autoren verwenden hierfür die Begriffe «Problem Solving», «Score Keeping» und «Attention Directing». Diese Dreiteilung geht auf eine frühe Klassifizierung der «Management Accounting»-Funktionen durch Simon et al. (1954) zurück. Die externe Rechnungslegung kann auch als «finanzielles Rechnungswesen» («Financial Accounting») bezeichnet werden. Der Begriff «Financial Accounting» (als Gegenstück zum «Management Accounting») wird hier aus semantischen Gründen jedoch bewusst nicht verwendet, da jede Form des Rechnungswesen, die mit Geldeinheiten rechnet, im Grunde als finanzielles Rechnungswesen bezeichnet werden kann. Vergleiche hierzu auch: Solomons (1965), 38. Als Standardwerke für diese Kritikpunkte vergleiche: Kaplan (1984a). Johnson/Kaplan (1991). Zu dieser Beobachtung: Kawada/Johnson (1993), 36. Als Beispiele hierfür siehe etwa: Cooper/Turney (1990). Banker et al. (1990). Cokins et al. (1993). Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 33 Denkrichtung des «Strategic Management Accounting»76, welche mehr eine stärkere Anbindung des betrieblichen Rechnungswesens an das strategische Management denn die Berechnung der «wahren» Kosten von Produkten oder Prozessen anstrebt.77 Dabei werden bewusst die Grenzen des Unternehmens überschritten und − analog zum Vorgehen des strategischen Managements − die klassischen Finanzzahlen durch nicht-finanzielle Informationen über das externe Umfeld des Unternehmens ergänzt (siehe Abbildung 8).78 Abbildung 8: Die Entwicklung im Management Accounting - Anbindung an die Strategie - Planen - Entscheiden - Operative Kontrolle - Produktkosten - Prozesskosten COST ACCOUNTING MANAGEMENT ACCOUNTING STRATEGIC MANAGEMENT ACCOUNTING - In-Gang-Setzen - Kontrollieren 76 77 78 - Anbindung an das externe Umfeld Zum strategischen Rechnungswesen («Strategic Management Accounting»), welches auch die strategische Kostenrechnung («Strategic Cost Accounting») umschliesst: Simmonds (1981). Shank/Govindarajan (1988). Dimnik/Kudar (1989). Tricker (1989). Wilson (1990). Bromwich (1990). Wilson (1990). Bromwich (1991). Wilson (1991). Teall (1992). Ward (1992). Dixon/Smith (1993). Kawada/Johnson (1993). Ward/Grundy (1996). Trussel/Bitner (1998). Stenzel/Stenzel (2003), 242ff. Zum im deutschsprachigen Raum geläufigeren Begriff des «strategischen Controlling» vergleiche: Horvath (1985), 99ff. Der Beitrag eines solchen strategischen Controlling, welches die finanziellen Analysen basierend auf dem betrieblichen Rechnungswesen umfasst und um strategische Aspekte ergänzt, zum gesamten Kreislauf des Leistungsmanagements kann in folgenden Aufgaben gesehen werden: (a) Vorschläge für die Übersetzung von Strategien in Ziele, Kennzahlen und Anreize generieren und diese kommunizieren, (b) relevante Informationen erfassen und aufbereiten, (c) die Evaluation von Informationen mit Bezug zu den Strategien unterstützen, sowie (d) Wissen über die Beziehung zwischen Strategien, Umsätzen und Kosten generieren und kommunizieren. Für weitere Ausführungen zum «strategischen Controlling» vergleiche auch: Reichmann (2001), 539ff. Zu dieser Beobachtung: Shank/Govindarajan (1988), 19. Shank (1989), 48. Vergleiche hierzu beispielsweise die Forderung nach einem unternehmensübergreifenden «X-Performance Measurement»: Horváth (2003). Seite 34 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.1.3.2 Die Unterstützungsfunktion des «Management Accounting» Die in Abbildung 8 dargestellte Entwicklung von der Kostenrechnung zum «Strategic Management Accounting» hat mehrere Begleiterscheinungen mit sich gebracht. Einerseits hat sich das betriebliche Rechnungswesen im Verlauf dieser Entwicklung von einem Grundverständnis der Beobachtung und Kontrolle zu einem umfassenderen Controlling-Ansatz der Planung, Entscheidung, Kommunikation, Steuerung, Motivation und Integration entwickelt. Da Leistung in vielen Unternehmen oftmals primär als finanzielle Leistung interpretiert wurde, war die Unterstützung und Koordination der Leistungsmessung in der Vergangenheit sinnvollerweise Aufgabe des Finanzbereichs. Mit der Loslösung von einer rein finanziellen Orientierung hin zu einer Anbindung an die Strategie («Strategic Management Accounting») und die operativen Prozesse («Activity Based Management») haben immer mehr nicht-finanzielle Grössen (z.B. Defektraten, Lieferzeiten, Kundenzufriedenheit) Einzug in das betriebliche Leistungsverständnis gehalten. Die Grenzen zwischen einem auf finanzielle Informationen ausgerichteten Rechnungswesen und einem breiter gefassten, grundsätzlich auch nichtfinanziell orientierten Verständnis der Leistungsmessung haben sich daher immer mehr verwischt. Dies verleitet bei wenig differenzierter Betrachtungsweise auch heute noch dazu, «Performance Measurement», «Management Accounting» und «Controlling» als synonyme Begriffe zu verwenden. Diesem Sprachgebrauch wird in der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt. Leistungsmessung soll an dieser Stelle nochmals als Führungsaufgabe des Managements hervorgehoben werden. Die Leistungsmessung ist, wie bereits erwähnt, einer von mehreren Teilschritten des Performance Managements, dessen Ergebnis unter anderem eine Auswahl von Leistungsindikatoren ist. Diese Leistungsindikatoren informieren den Manager als Informationsempfänger über die Entwicklung der Unternehmensaktivitäten und dienen in Form von Vorgaben oder als Feed Back der Kommunikation, Steuerung, Motivation und Integration innerhalb des Unternehmens.79 Die funktionsorientierten Fachbereiche oder, falls das Unternehmen über eine prozessorientierte Verantwortungsstruktur verfügt, die Prozessverantwortlichen («Prozessowner») liefern primär die operativen und sozialen Führungsinformationen, die in diese Leistungsindikatoren einfliessen, das betriebliche Rechnungswesen hingegen liefert vorwiegend die finanziellen Führungsinformationen. Die Koordination und Unterstützung des diesbe79 Vergleiche hierzu die Funktionen der Leistungsmessung in Abschnitt 3.4. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 35 züglichen Informationsmanagements kann der Finanzabteilung, aber grundsätzlich auch einer anderen Stabsfunktion, übertragen werden.80 Das betriebliche Rechnungswesen («Management Accounting») wird in dieser Sichtweise auf den ursprünglichen, finanziellen Aufgabenbereich beschränkt. Sein Beitrag zur Leistungsmessung besteht somit primär in der Lieferung von finanziellen Informationen und Analysen (siehe Abbildung 9). Die an eine Weisungsbefugnis geknüpfte gestaltungswirksame Entscheidung über grundlegende Inhalte und Prozesse der Leistungsmessung bleibt als Teilschritt des Leistungsmanagements in der vorliegenden Arbeit somit in jedem Fall eine Managementaufgabe. Definitive Aussagen über die Ausgestaltung der Systeme der Leistungsmessung sind gemäss diesem Verständnis nicht Aufgabe eines qualifizierten Buchhalters oder Controllers, sondern liegen im Kompetenzbereich von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Abbildung 9: Manager, Finanzbereich und Fachbereiche in der Leistungsmessung operative & soziale Information Leistungsmessung als Teilaufgabe: Leistungsindikatoren als Ergebnis 80 Zu diesen Controlling-Aufgaben vergleiche: Deyhle et al. (1988), 73. Informationsmanagement etc. Leistungsmanagement als Gesamtaufgabe Controlling (“unterstützen”) Betriebliches Rechnungswesen (“managen”) Verkauf (“ausführen”) Produktion FINANZBEREICH (INTERN) F&E MANAGER Personal FACHBEREICHE, PROZESSOWNER finanzielle Information, Koordination, Beratung Seite 36 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.2 Zweck der Leistungsmessung Wie in den Ausführungen zum Leistungsmanagement-Modell dargelegt, verkörpert die Leistungsmessung eine Teilaufgabe des Leistungsmanagements. Der Zweck der Leistungsmessung leitet sich dabei aus dem Messvorgang ab (siehe Abbildung 10) und ist unabhängig von den Zielen und Inhalten des Performance Managements. Eine Messung ist grundsätzlich ein Vorgang, in dessen Verlauf ein quantitativer Vergleich einer Messgrösse mit einer Einheit oder einem Bezugswert als Bezugsgrösse stattfindet.81 Der Zweck einer Messung ist dabei die Bestimmung eines Messwertes. Abbildung 10: Der Messvorgang BEZUGSGRÖSSE Einheit oder Bezugswert des Leistungsindikators MESSGRÖSSE Ausprägung des Leistungsindikators VERGLEICH MESSWERT Wert des Leistungsindikators 81 Brockhaus (1996), Band 14, 537. Vergleiche hierzu aber auch: Klien (1995), 12ff. Klien spricht in Zusammenhang mit dem Messvorgang auch von einer “systematischen Zuordnung von Zahlen zu Eigenschaften eines Objektes” und unterscheidet davon den Bewertungsvorgang, der zusätzlich einen subjektiven, zielbezogenen Interpretations- und Bewertungsakt erfordert. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 37 In der Leistungsmessung verkörpert der Wert eines Leistungsindikators den zu bestimmenden Messwert. Der Vergleichsvorgang setzt die beobachtbare Ausprägung eines Leistungsindikators, welche sich in Eigenschaften von Objekten oder Ereignissen äussert, mit dessen Einheit oder Bezugswert in Relation. Der Unternehmensgewinn beispielsweise ist eine anhand der Erfolgsrechnung beobachtbare Eigenschaft des Objektes Unternehmen beziehungsweise der Unternehmensaktivitäten als Reihe von Ereignissen. Seine Ausprägung kann durch Vergleich mit einer Geldeinheit in absoluter Höhe ausgedrückt oder aber durch Vergleich zum Budget (budgetierter Gewinn als Bezugswert) als prozentueller Zielerreichungsgrad beschrieben werden. Die Leistungsmessung ist somit immer durch Bezug zu einer Referenzgrösse charakterisiert und beruht stets auf Vergleich. 3.3 Formen der Leistungsmessung In Abhängigkeit vom Formalisierungsgrad der Vergleichsprozesse können zwei grundlegende Formen der Leistungsmessung unterschieden werden: die formale Leistungsmessung und die informelle Leistungsmessung (siehe Abbildung 11). 3.3.1 Formale Leistungsmessung Die vorliegende Arbeit richtet ihr Hauptaugenmerk auf die formale Leistungsmessung. Diese orientiert sich an konkreten Zielvorgaben, welche sich beispielsweise aus dem Budget oder aus der langfristigen Planung ableiten lassen. Ihr Fokus ist vorwiegend quantitativer Natur und die Abläufe und Inhalte der Leistungsmessung sind weitgehend standardisiert. Die diesbezüglichen Vergleichsprozesse laufen meist periodisch ab und besitzen eher analytischen Charakter. Das zentrale Instrument der formalen Leistungsmessung sind die Leistungsindikatoren, die zur Quantifizierung einer limitierten Zahl von zentralen Leistungsaspekten herangezogen werden und bei Bedarf Korrekturmassnahmen auslösen können. Die Informationen aus der formalen Leistungsmessung fliessen in der Regel in die explizite Leistungsbeurteilung ein. Beispiele für die formale Leistungsmessung sind etwa die Bilanz und Erfolgsrechnung und daraus abgeleitete Kennzahlensysteme oder Leistungsberichte. Seite 38 3.3.2 Leistungsmessung als Managementaufgabe Informelle Leistungsmessung Die informelle Leistungsmessung hingegen, welche in der vorliegenden Arbeit als Untersuchungsobjekt weitgehend ausgeklammert wird, orientiert sich an eher diffusen, nicht näher spezifizierten Erwartungen des Messenden als Bezugsgrössen. Sie ist meist qualitativer und intuitiver Natur und daher nur wenig oder überhaupt nicht standardisiert. Dies führt dazu, dass die diesbezüglichen Prozesse der Leistungsmessung meist unregelmässig stattfinden und inter-subjektiv oft nur schwer nachvollziehbar sind. Der Messende stützt sich bei seiner subjektiven Einschätzungen vorwiegend auf seine Intuition und auf Eindrücke aus informeller Interaktion mit den von der Leistungsmessung betroffenen Personen. Der Vorgang der informellen Leistungsmessung ist für den Betroffenen nicht immer offensichtlich und erkennbar, zum Teil laufen die diesbezüglichen Messprozesse auch beim Messenden selbst unbewusst ab. Die Folgen dieser Messvorgänge zeigen sich in der Regel nicht direkt in der expliziten Leistungsbeurteilung, sondern können sich beispielsweise implizit in der Gunst oder Missgunst des Vorgesetzten widerspiegeln oder zur Einleitung einer formalen, expliziten Leistungsmessung führen. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 39 Abbildung 11: Kriterien der formalen und informellen Leistungsmessung Kriterium Formale Leistungsmessung Informelle Leistungsmessung Fokus konkrete Zielvorgaben, eher quantitativ oft diffuse Erwartungen, eher qualitativ Vergleichscharakter eher analytisch eher intuitiv Standardisierung der Abläufe und Inhalte eher standardisiert wenig oder nicht standardisiert Periodizität meist periodisch stattfindend, bei Bedarf aber auch ad hoc unregelmässig stattfindend Nachvollziehbarkeit in der Regel inter-subjektiv nachvollziehbar inter-subjektiv eher nicht nachvollziehbar, oft für den Messenden selbst nicht zu 100% erklärbar Instrumente der Informationsgewinnung z.B. Leistungsindikatoren in Leistungsberichten oder elektronischen «Executive Information Systems» z.B. intuitive Trendanalyse, subjektive Eindrücke aus direkter Beobachtung, Managementbesuche, Briefwechsel, Telefongespräche Resultat der Messung Quantifizierung einiger zentraler Leistungsaspekte subjektive Leistungseinschätzung durch den Vorgesetzten Mögliche direkte Folgen Korrekturmassnahmen, explizite Leistungsbeurteilung, finanzielle Anreize, Belobigung, Promotion, Versetzung, Kündigung, Weiterbildung Gunst/Missgunst sowie Vertrauen/Misstrauen des Vorgesetzten, Einleitung von formalen Mechanismen der Leistungsmessung Seite 40 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.4 Funktionen der Leistungsmessung Der Zweck der Leistungsmessung, wie er in Abschnitt 3.2 vorgestellt wurde, gibt keine Auskunft über die grundlegenden Ziele, welche die formale Leistungsmessung im Rahmen des Leistungsmanagements verfolgen kann. Es stellt sich daher die Frage, welche Funktionen von der Leistungsmessung − unabhängig von den konkreten Zielinhalten eines Unternehmens − wahrgenommen werden können. Eine abschliessende Antwort auf diese Fragestellung ist wohl nicht möglich. Zu den vier Grundfunktionen der Leistungsmessung in einem Unternehmen (siehe Abbildung 12) gehören jedoch: • die Beobachtungs- und Lernfunktion, • die Kommunikations- und Steuerungsfunktion, • die Motivationsfunktion und • die Integrationsfunktion. Abbildung 12: Funktionen der Leistungsmessung Beobachtung und Lernen Integration FUNKTIONEN DER LEISTUNGSMESSUNG Kommunikation und Steuerung Motivation Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.4.1 Seite 41 Die Beobachtungs- und Lernfunktion Die Beobachtung und Kontrolle von Handlungen und Ergebnissen − im Sinne einer überwachenden Managementaktivität − verkörpert eine der traditionellen Funktionen der Leistungsmessung. Der Prozess der Leistungsmessung ist hierbei primär als Analogie zu einer physikalischen Messung zu verstehen (siehe Abbildung 10): Eine Messgrösse (z.B. der Gewinn) wird mit einer Bezugsgrösse (z.B. dem budgetierten Gewinn) verglichen und so der Messwert (z.B. die Gewinnabweichung) ermittelt. Der Leistungsmessung kommt hierbei die Aufgabe zu, den Manager als Adressaten der Messinformation aufgrund von Beobachtungen über den Fortschritt und die Resultate der Aktivitäten in seinem Verantwortungsbereich zu informieren. Im englischen Sprachgebrauch wird diese Funktion mit Begriffen wie «Monitoring» und «Score Keeping»82 umschrieben. Die Leistungsmessung ist hierbei stark ergebnisorientiert und hat meist historischen Charakter. Mit der Informationslieferung an den Messenden geht die Beobachtungsfunktion in die Lernfunktion über. Die aus der Leistungsmessung und deren Analyse83 gewonnenen Einsichten und Erfahrungen können (im Sinne eines «Feed Back») Korrekturmassnahmen auslösen und (im Sinne eines «Continuous Improvement») in zukünftige Leistungsmanagementkreisläufe einfliessen. Durch die Beobachtung und durch das «Assessment» der Leistung trägt die Leistungsmessung somit zum Lernprozess im Unternehmen bei: Sie fördert die Generierung von «Know How» und «Know why».84 Als Beispiel für die Kontrollfunktion der Leistungsmessung in einer Unternehmung kann etwa das klassische Berichtswesen («Reporting») mit dem Zweck der Informationsbereitstellung (sowohl für interne als auch für externe Adressaten) genannt werden. In engem Zusammenhang mit der Kontrollfunktion stehen des weiteren die Bilanz und Erfolgsrechnung sowie darauf aufbauende Analysesysteme. 82 83 84 Zum Begriff des «Score Keeping» vergleiche die Ausführungen in Fussnote 71. Vergleiche hierzu aber auch Simons (2000), 69. Simons spricht in diesem Zusammenhang von «Information for Control». Zur Analyseaufgabe: Gladen (2002), 18. Kim (1998), 42. «Know How» steht für die wissensbasierte Handlungsfähigkeit. «Know why» steht für die Fähigkeit, eine Erfahrung konzeptionell zu artikulieren. «Know why» als konzeptionelles Verständnis der Zusammenhänge ist daher eine wichtige Voraussetzung für das «Double Loop Learning» und die damit zusammenhängende Verbesserungen im Leistungsmanagementsystem. Zum Doppelschleifen-Lernen («Double Loop Learning»): Argyris/Schön (1999), 35ff. Vergleiche hierzu auch Simons (2000), 70. Simons spricht in diesem Zusammenhang von «Information for Education and Learning». Seite 42 3.4.2 Leistungsmessung als Managementaufgabe Die Kommunikations- und Steuerungsfunktion Eine weitere wichtige Aufgabe des Performance Measurement besteht darin, dass durch die Gestaltung der Messgrössen, der Bezugsgrössen, der Messprozesse und der Messtechniken vom Messenden selbst Information erzeugt wird: Es werden Zielsetzungen und Erwartungshaltungen kommuniziert und im Idealfall ein zielorientiertes Verhalten erwirkt. Leistungsmessung hat unter diesem Aspekt nicht nur einen informierenden, sondern auch einen Verhalten induzierenden Charakter und ist daher mehr verhaltens- als ergebnisorientiert. In der englischsprachigen Literatur wird diese Funktion auch als «Attention Directing» oder «Signaling»85 umschrieben. Die Kommunikationsfunktion ist dabei auf einen Zusammenhang zurückzuführen, welcher als «Inseparabilität von Leistung und Leistungsmessung» bezeichnet werden kann.86 Leistung ist keine absolute, unabhängige Grösse, sondern ein Konzept welches nicht losgelöst von einem Messvorgang und dessen Regeln existieren kann. So kann die Leistung eines Unternehmens dann als «gut» gewertet werden, wenn Umsatz und Gewinn steigen, wenn die Mitarbeiter motiviert und engagiert handeln, wenn die Kapazitäten ausgelastet sind oder wenn die ökologische Umwelt durch die Geschäftstätigkeit möglichst wenig belastet wird. Jede dieser Aussagen ist mit einem Messvorgang, mit einem Vergleich zu einem Standard beziehungsweise zu einer Referenzgrösse, verbunden. Leistung kann ohne Messvorgang nicht existieren und der Vergleichsstandard hilft die Leistungsanstrengung des Leistungserbringers zu kanalisieren. Wenn folglich ein Führungsverantwortlicher Leistungsindikatoren festlegt, Reportingprozesse und Inhalte von Berichten definiert und Informationen über seine Organisation und seine Mitarbeiter einholt, so konkretisiert er gleichzeitig sein Verständnis von Leistung (siehe Abbildung 13). Er kommuniziert − bewusst oder unbewusst, implizit oder explizit − seine Definition von Leistung, seine Zielvorstellungen und seine Erwartungen an die Mitarbeiter und steuert deren Verhalten, gewollt oder ungewollt, in eine ganz bestimmte Richtung. Ein System der Leistungsmessung zu verändern bedeutet das Verständnis der Mitarbeiter in Bezug auf ihren Beitrag zur Unterneh- 85 86 Zum «Signaling» vergleiche: Simons (2002), 70. Zur Steuerungsfunktion vergleiche aber auch: Gladen (2002), 22. Corvellec (1995), 68ff. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 43 mensvision, Mission und Strategie zu verändern.87 Die Kommunikations- und Steuerungsfunktion der Leistungsmessung manifestiert sich in der betriebswirtschaftlichen Umgangssprache daher auch immer wieder in Phrasen wie “What You Measure Is What You get”, “What Gets Measured Gets Attention” oder “People Respect What You Inspect”. Ein Beispiel für den verhalteninduzierenden Charakter der Leistungsmessung ist etwa die «Cash Flow»-Definition eines japanischen Maschinenbauunternehmens: Für interne Berichtszwecke definiert das Unternehmen «Cash Flow» als Summe aus Reingewinn nach Steuern, Abschreibungen und Forschungs- und Entwicklungsausgaben.88 Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben, welche im gebräuchlichen Cash Flow Verständnis keinen «Cash Inflow» sonder vielmehr einen «Cash Outflow» verkörpern, wurden vom Unternehmen in diesem Fall der Cash Generierung positiv hinzugerechnet, um die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten als Treiber zukünftiger Cash Flows zu fördern. Diffuses Leistungsverständnis 87 88 Zu dieser Feststellung: Hronec (1993), V. Kawada/Johnson (1993), 34. Informationsfilter des Messenden LEISTUNG? Auswahl von Leistungsindikatoren Abbildung 13: Leistungsmessung als Kommunikationsinstrument Konkretisiertes Leistungsverständnis Seite 44 3.4.3 Leistungsmessung als Managementaufgabe Die Motivationsfunktion Die betriebliche Leistungsmessung kann durch die Stimulation von Wettbewerb und Vergleich sowie durch ein leistungsabhängiges Entlohnungs- und Belohnungssystem auch eine motivationsfördernde Wirkung entfalten. Wettbewerb ist nicht nur ein wichtiges Standbein des marktwirtschaftlichen Wirtschaftslebens, sondern wird heute oftmals auch in der Ausbildung, im Konsum oder im Sport als wünschenswertes Verhalten, als Modell der menschlichen Interaktion, betrachtet.89 Im Wirtschaftsleben sind es nicht nur die Unternehmen die untereinander im Wettbewerb stehen (zum Beispiel um Eigenkapitalgeber, fähige Mitarbeiter, Marktanteile oder ein Spitzenranking unter den «Fortune 500»), sondern dieser Konkurrenzdruck spiegelt sich auch innerhalb der Unternehmen im Wettbewerbsdenken unter den verschiedenen Unternehmensteilen (z.B. um knappe Finanzmittel) oder unter den Mitarbeitern (z.B. um knappe Vorgesetztenaufmerksamkeit oder knappe Aufstiegschancen) wieder. Der Wettbewerb − um nicht zu sagen der Wettkampf − dreht sich dabei um Faktoren wie Ressourcenallokation, Promotion, Geld, Ansehen, Gunst oder Macht. Wettbewerb ist in diesem Zusammenhang gleichsam das Umfeld, wo die Leistungsmessung stattfindet und wo sie ihre Relevanz erhält. Wettbewerb beruht auf Vergleich und Vergleich fördert das Leistungsdenken.90 Im Sport werden die Leistungen der einzelnen Teilnehmer oder Teams miteinander verglichen. Unternehmen hingegen versuchen ihre Mitarbeiter durch Vergleich zu anderen Unternehmen (externes «Benchmarking»91), durch Vergleich von Unternehmensteilen oder Mitarbeitern des Unternehmens untereinander (internes «Benchmarking»), oder durch Vergleich von Soll-Werten zu Ist-Werten (Abweichungsanalyse) anzuspornen und zu Bestleistungen zu motivieren. Durch die Anbindung von finanziellen (Entlohnung) oder nichtfinanziellen (Belohnung) Anreizen an solche Vergleiche wird die Motivationsfunktion der Leistungsmessung weiter verstärkt. 89 90 91 Zu dieser Beobachtung: Ehrenberg (1991). Zum Zusammenhang zwischen Wettbewerb, Vergleich und Leistung: Corvellec (1995), 120ff. Zum «Benchmarking» vergleiche: The Society of Management Accountants of Canada (1993), 8f. Hier wird das externe «Benchmarking» jedoch weiter unterteilt nach «Competitive Benchmarks» (aus der gleichen Industrie) und «Analoguous Benchmarks» (aus einer anderen Industrie). Für eine ausführliche Diskussion und Typologie vergleiche auch: Zairi/Leonard (1994). Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.4.4 Seite 45 Die Integrationsfunktion Aufgrund der zunehmenden Überforderung sowohl der Unternehmenszentralen als auch der Divisionen mit der Flut der anstehenden Entscheidungen, weisen die meisten Grossunternehmen, welche in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig sind, mehrere Ebenen von mehr oder weniger autonomen Planungs- und Verwaltungseinheiten auf.92 Unternehmen werden daher in der Regel über Divisionen (z.B. Regionen, Produktlinien), strategische Geschäftseinheiten (in sich geschlossene, homogene ProduktMarkt-Kombinationen) oder rechtlich selbständige Tochtergesellschaften geführt um die Unternehmenszentrale zu entlasten. Die damit meist einhergehende Dezentralisierung sowie die Delegation von Kompetenzen und Verantwortung begünstigen die Bildung von verschiedenen Interessen- und Machtzentren innerhalb eines Unternehmens sowie das Auftreten von «Zentrifugalkräften»: einzelne Unternehmensteile können die Ziele des Gesamtunternehmens aus den Augen verlieren oder eigennützigen, aus Sicht des Gesamtunternehmens suboptimalen, Zielen und Verhaltensweisen den Vorzug geben.93 In ihrer Form als Integrationsinstrument hat die Leistungsmessung das Potential, diesen Zentrifugalkräften auf mehrere Arten entgegenwirken (siehe Abbildung 14): Wie bereits unter den Ausführungen zur Kommunikations- und Steuerungsfunktion erläutert wurde, können die Inhalte der Leistungsmessung dazu dienen, den verschiedenen Unternehmensteilen die von ihnen erwarteten Handlungen und Ergebnisse zu verdeutlichen. Durch die positive oder negative Beurteilung der jeweiligen Aktivitäten der einzelnen Einheiten oder Individuen (und den damit verbundenen personellen oder finanziellen Konsequenzen) können die Unternehmensteile auf ein zielkongruentes Verhalten hin orchestriert werden. Diese Wirkung entspricht der «inhaltlichen» Komponente der Integration. 92 93 Chandler (1991), 34. Chandler unterscheidet hierbei drei Ebenen: Unternehmenszentrale, Division und Geschäftseinheit. Dieses Spannungsfeld wird von der «Agency Theory» thematisiert. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Fussnote 195 auf Seite 92. Seite 46 Leistungsmessung als Managementaufgabe Abbildung 14: Komponenten der Integration durch Leistungsmessung INTEGRATION inhaltlich prozessuell sprachlich Neben dieser inhaltlichen Komponente verfügt die Leistungsmessung aber auch über eine «prozessuelle» Komponente der Integration. Sie zielt darauf ab, durch das Anwenden von einheitlichen Verfahren der Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung den Zusammenhalt in der Unternehmung zu fördern. Dies bedeutet nicht, dass beispielsweise alle Unternehmensteile anhand der gleichen Indikatoren beurteilt werden, sondern impliziert vielmehr, dass Gleiches mit Gleichem verglichen wird. Die Konsistenz von Entscheidungen der Unternehmungszentrale über verschiedene Tochtergesellschaften hinweg ist beispielsweise ein wichtiger Bestandteil der von den lokalen Managern empfundenen Verfahrensgerechtigkeit («Procedural Justice»), welche ihrerseits wiederum einen positiven Effekt auf das Commitment, das Vertrauen und die Zufriedenheit der lokalen Manager ausübt.94 Ein konsistentes System der Leistungsmessung, welches ein einheitliches Leistungsverständnis innerhalb des Unternehmens kommuniziert und in seiner Anwendung von den Betroffenen nicht als diskriminierend empfunden wird, kann somit einen wesentlichen Beitrag zur Integration und zum Zusammenhalt in Grossunternehmen leisten. Schliesslich kann der Leistungsmessung noch eine «sprachliche Komponente» der Integration zugeordnet werden. Leistungsmessung erfordert die Definition von Leistungsindikatoren. Von verschiedenen Unternehmensteilen gemeinsam verwendete Indikatoren und die Verwendung einheitlicher Bezeichnungen und Definitionen schaffen 94 Zu empirischen Beobachtungen hierzu: Kim/Mauborgne (1991), Kim/Mauborgne (1993). Für einen Überblick zum Thema «Procedural Justice» vergleiche auch: Greenberg (1987), Lind/Tyler (1988). Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 47 eine gemeinsame Informationsbasis, verdeutlichen den gemeinsamen Handlungsauftrag und erhöhen zusätzlich die intersubjektive Aussagekraft der Leistungsinformationen. Zu diesem Zweck erstellte «Reporting Manuals» oder Controlling-Handbücher, wie sie in vielen Unternehmen heute verwendet werden, tragen daher dazu bei, einen einheitlichen Sprachgebrauch und ein einheitliches Leistungsverständnis innerhalb des Unternehmens zu fördern. Ein weiteres Beispiel für die sprachliche Integration durch Leistungsmessung ist die im Geschäftsleben häufige Verwendung von standardisierten Begriffen aus der Bilanz und Erfolgsrechnung, die nicht zuletzt in der «Extensible Business Reporting Language» (XBRL)95 ihren Ausdruck gefunden hat. Dieser Prozess der Standardisierung ist so weit fortgeschritten, dass beispielsweise «Accounting» als die Geschäftssprache schlechthin bezeichnet wird96 oder dass Firmen ohne jegliche Form von Rechnungswesensystem als «sprachlos» bezeichnet werden.97 95 96 97 XBRL ist eine unter Federführung des AMERICAN INSTITUTE OF CERTIFIED PUBLIC ACCOUNTANTS (AICPA) entwickelte standardisierte Methode zur Erstellung und Veröffentlichung von Finanzdaten in verschiedenen Formaten sowie zum Austausch und der Analyse von Jahresabschlüssen und den in ihnen enthaltenen Informationen. Vergleiche hierzu: Debrency/Gray (2001). Hannon (2004). Vergleich hierzu: Beyer (1963), 15. Johnson (1995), 1. Vergleiche hierzu: Lay (1960), 33. Seite 48 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5 Leistungsindikatoren 3.5.1 Leistungsindikatoren als Messobjekte In den vorangehenden Abschnitten wurde deutlich gemacht, dass Leistungsmessung ohne Leistungskennzahlen98 nicht möglich ist. Leistungsindikatoren sind Zahlen, die durch Verdichtung komplizierte Sachverhalte auf einfache Weise abbilden sollen.99 Solche «Performance Measures» beschreiben die Eigenschaften von Messobjekten für welche eine Messgrösse zu erheben ist. Die Wahl zuverlässiger100 Leistungsindikatoren ist neben dem eigentlichen Messvorgang eine der grundlegenden Aufgaben der formalen Leistungsmessung. Hierfür bieten sich eine Reihe von Referenzquellen an, die in Abbildung 15 überblicksmässig dargestellt sind. Abbildung 15: Referenzquellen für die Auswahl von Leistungsindikatoren Vision, Vision, Strategie, Strategie, Leitbild Leitbild Pläne, Pläne, Budgets Budgets VerantwortVerantwortlichkeiten lichkeiten LeistungsLeistungsmodell modell Proprietäre Proprietäre Ziele Zieledes des Messenden Messenden BEZUGSGRÖSSEN / LEISTUNGSINDIKATOREN 98 99 100 Die Begriffe «Leistungsindikator», «Kennzahl» und «Performance Measure» werden in der vorliegenden Arbeit als Synonyme verwendet. Vergleiche hierzu: Gladen (2002), 15. Zur «Zuverlässigkeit» vergleiche Abschnitt 3.5.3.2. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 49 Die Strategische Planung und die Budgetierung wurden als wohl wichtigste Quellen bereits im Leistungsmanagementmodell abgebildet, ebenso die Verantwortungsstruktur.101 Wie dort bereits ausgeführt wurde, sollte die «Performance» und letztlich das «Performance Measurement» direkt mit dem strategischen Plan verknüpft werden, um so eine möglichst effektive Implementierung der dort formulierten Ziele zu fördern. Als diesbezügliche Referenzquellen dienen beispielsweise ausformulierte Visionen, Leitbilder, Strategien, Jahresbudgets oder Massnahmenpläne. Die Verantwortungsstruktur hingegen ergibt sich direkt aus der Ausgestaltung von Managementressourcen und Kompetenzstrukturen. Das Leistungsmodell («Business Model») bezieht sich auf das Verständnis der Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge in einem Unternehmen.102 Es stellt in komprimierter Form dar, wie das Unternehmen Produkte und Dienstleistungen an seine Endabnehmer liefert und dabei Wert schafft.103 Erst das Verständnis der wichtigsten Hebelpunkte in dieser Wirkungskette erleichtert die Wahl der relevanten104 Messobjekte für die Leistungsmessung. Schriftliche Dokumente zu diesen Leistungsmodellen existieren jedoch in der Unternehmenspraxis in der Regel nicht und basieren mehr auf der informellen Erfahrung der verantwortlichen Manager. Eine ebenso eher informelle Referenzquelle für die Wahl der Leistungsindikatoren stellen die proprietären Ziele und Präferenzen des Messenden dar.105 101 102 103 104 105 Die Rechtsstruktur wird an dieser Stelle nicht aufgezählt, da in den empirischen Erhebungen in Abschnitt 5 gezeigt wird, dass diese für die konkrete Ausgestaltung der Leistungsmessung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ebenso ausgeklammert sind Kultur und Führungsstil, da diese mehr der informellen Leistungsmessung zuzuordnen sind. Ein Beispiel für ein solches Leistungsmodell ist in Zusammenhang mit den Ausführungen zur Balanced Scorecard in Abbildung 51 auf Seite 154 veranschaulicht. Ebenso können der ROI-Baum aber auch das Shareholder Value-Netzwerk als finanzieller Teilausschnitt des gesamten Leistungsmodells interpretiert werden. Vergleiche hierzu Abbildung 28 auf Seite 87 sowie Abbildung 31 auf Seite 98. Geanuracos/Meiklejohn (1993), 129. Zur Relevanz von Leistungsindikatoren vergleiche Abschnitt 3.5.3.1. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zum Informationsfilter des Messenden in Abschnitt 3.4.2. Für eine stärker formalisierte Einbindung der Präferenzen des Messenden bei der Wahl der Messobjekte vergleiche die Ausführungen zum Tableau de Bord in Abschnitt 4.3.2.1. Vergleiche aber auch Shields/White (2004): Die Autoren zeigen in einer Untersuchung, dass präferierte und tatsächlich implementierte Kennzahlen in der Unternehmenspraxis auseinanderklaffen können und sprechen in diesem Zusammenhang von Messlücken («Measurement Gaps»). Seite 50 3.5.2 Leistungsmessung als Managementaufgabe Arten von Leistungsindikatoren Ein erster Ansatz zur Klassifizierung von Leistung und Leistungsindikatoren wurde durch den «Leistungswürfel» in Abschnitt 2.2 vorgestellt. Eine abschliessende Aufzählung generischer Indikatorenklassen ist aufgrund der Vielzahl anwendbarer Unterscheidungskriterien nach Ansicht des Verfassers jedoch nicht möglich. So können Leistungsindikatoren nach thematischen Messinhalten (Profitabilität, Qualität, Mitarbeiter, etc.) geordnet werden, wie in Abbildung 16 dargestellt bietet sich alternativ jedoch auch eine Unterscheidung nach der Finanzlastigkeit (finanzielle, finanznahe oder nicht-finanzielle Indikatoren), nach statistischen Messeigenschaften (absolute oder relative Indikatoren), nach dem Messpunkt im Prozess der Leistungserbringung (Indikatoren zu «Input», «Impact», «Output» oder «Outcome»), nach dem Vergleichscharakter (quantitative oder qualitative Indikatoren), nach Adressaten (Indikatoren für interne oder externe Adressaten)106 oder nach anderen Kriterien an. Abbildung 16: Beispiele für Indikatorenarten und Unterscheidungskriterien Profitabilität Profitabilität (z.B. Gewinn) (z.B. Gewinn) Qualität Qualität (z.B. Defektrate) (z.B. Defektrate) Mitarbeiter Mitarbeiter (z.B. Zufriedenheit) (z.B. Zufriedenheit) ... ... Finanziell Finanziell (z.B. Umsatz) (z.B. Umsatz) Interne Interne Inhalt Inhalt Externe Externe ... ... Adressaten Adressaten Finanznah Finanznah (z.B. Marktanteil) (z.B. Marktanteil) FinanzFinanzlastigkeit lastigkeit Nicht-finanziell Nicht-finanziell (z.B. Anzahl (z.B. Anzahl Mitarbeiter) Mitarbeiter) Statistische Statistische Eigenschaften Eigenschaften Absolut Absolut (z.B. EBIT) (z.B. EBIT) INDIKATORENARTEN Quantitativ Quantitativ z.B. Stück z.B. Stück VergleichsVergleichscharakter charakter Qualitativ Qualitativ z.B. „besser als“ z.B. „besser als“ Messpunkt Messpunkt Input/Einsatz Input/Einsatz (z.B. Lohn(z.B. Lohnstunden) stunden) 106 Relativ Relativ (z.B. Marge) (z.B. Marge) Impact/Wirkung Impact/Wirkung (z.B. Arbeits(z.B. Arbeitsproduktivität) produktivität) Output/Ausstoss Output/Ausstoss (z.B. Herstell(z.B. Herstellmenge) menge) Outcome/Resultat Outcome/Resultat (z.B. Rein(z.B. Reingewinn) gewinn) Zur Diskussion der internen und externen Adressaten: Reichmann (2001), 27ff. Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5.3 Seite 51 Qualitätskriterien von Leistungsindikatoren Für die praktische Anwendung von Leistungsindikatoren erscheint deren qualitative Eignung für Zweck und Funktion107 der Leistungsmessung wichtiger als deren konzeptionelle Zuordnung zu vordefinierten Indikatorenklassen. In der Managementliteratur wurden wiederholt Anstrengungen unternommen, allgemeine Eigenschaften zu formulieren, welche die Güte eines Messindikators charakterisieren. Aus der Synthese der in verschiedenen Veröffentlichungen zum «Performance Measurement»108 erhobenen Forderungen ergibt sich die in Abbildung 17 veranschaulichte Zusammenstellung häufig thematisierter Kriterien für die Qualität von Leistungsindikatoren. Diese Kriterien, die in der vorliegenden Arbeit unter anderem in Abschnitt 4 zur konzeptionellen Beurteilung der Systeme der Leistungsmessung herangezogen werden, werden in den nun folgenden Abschnitten 3.5.3.1 bis 3.5.3.11 jeweils kurz erläutert. Abbildung 17: Kriterien der Qualität eines Leistungsindikators Relevanz Kosten-NutzenEffizienz Zuverlässigkeit Verständlichkeit Verfügbarkeit Wesentlichkeit QUALITÄT EINES INDIKATORS Vorhersagekraft Vergleichbarkeit 107 108 Konsistenz Effektivität Zuordenbarkeit Zu Zweck und Funktion der Leistungsmessung vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 3.2 und Abschnitt 3.4. Als ausgewählte Beispiele für eine explizite Diskussion der Qualitätskriterien vergleiche etwa: Fries/Seghezzi (1994). Rappaport (1995), 183f. Klingebiel (1996), 81. Atkinson et al. (1997). Müller-Stewens (1998), 38f. Lüthi et al. (1998). Blankenburg (1999), 56ff. Feggeler/Husmann (2000), 44ff. Gleich (2001), 226f. Wealleans (2001), 59ff. In der Regel werden die verschiedenen Qualitätsansprüche an die Leistungsindikatoren jedoch nur implizit und einzeln erwähnt. Seite 52 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5.3.1 Relevanz Die Relevanz als zentrales Kriterium bezieht sich auf die Forderung, dass die Information, welche durch einen Leistungsindikator abgebildet wird, von einem Entscheidungsträger gebraucht wird und einen hohen Erklärungsbeitrag leistet.109 In einem Unternehmen als «brauchbar» einzustufende Leistungsberichte beziehen sich daher direkt auf die Managementaufgaben des Empfängers und dienen der Eliminierung von Unsicherheiten in Bezug auf den Status und die Resultate der Unternehmensaktivitäten, für die der Empfänger verantwortlich zeichnet. In Abhängigkeit vom jeweiligen Adressaten der Leistungsinformation (z.B. Produktmanager, Verkaufsleiter, Leiter Finanzen, Geschäftsführer) können Inhalt und Zeithorizont von Leistungsindikatoren daher stark variieren.110 Der Messwert eines Leistungsindikators sollte jedoch in der Regel in der Lage sein, möglichst stufenlos über die Veränderung einer Beobachtungsgrösse Auskunft zu geben. “Reine 0-1-Variablen sind für die laufende Verfolgung kontinuierlicher Veränderungsprozesse wenig geeignet.”111 Brauchbarkeit bedeutet somit, dass die spezifische Eigenschaft eines Objekts oder einer Handlung, auf die sich ein Indikator bezieht, für den Entscheidungsprozess des Informationsempfängers von Belang sein sollte. Die Eigenschaften eines Objektes oder einer Handlung sind für eine Entscheidung genau dann von Belang, wenn das Wissen um deren Quantität, deren Ausmass oder deren Existenz dem Entscheidungsträger hilft, entweder neue Handlungsalternativen zu identifizieren oder aber die effektive oder potentielle Wirkung von bereits bekannten Handlungsmöglichkeiten zu beurteilen (siehe Abbildung 18).112 So bezieht sich beispielsweise die Information «Anzahl retournierte Lieferungen» unter anderem auf Eigenschaften wie «Produktqualität» oder «Kundenzufriedenheit». Der so festgestellte Status dieser Eigenschaften kann Auslöser für etwaige Massnahmen zur Qualitätsverbesserung im Produktionsbereich sein (Handlungsmöglichkeiten werden identifiziert) oder die Umsatzprognosen eines laufenden Planungs- oder Budgetierungsprozesses beeinflussen (potentielle Folgen der heutigen Situation werden beurteilt). 109 110 111 112 Zum Erklärungsbeitrag von Leistungsindikatoren: Müller-Stewens (1998), 38. Zur Relevanz vergleiche aber auch: Axon (2003), 171f. Gleich et al. (2002) sprechen in diesem Zusammenhang von «Empfängerorientierung». Für praktische Beispiele hierzu: McKinnon (1992), 132ff. Müller-Stewens (1998). Der Autor verwendet für diese Forderung den Begriff der «Stetigkeit». Vergleiche hierzu: Staubus (1977), 43. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 53 3.5.3.2 Zuverlässigkeit Die Zuverlässigkeit («Reliability») eines Leistungsindikators ist diejenige Qualität, welche seinem Empfänger das Vertrauen vermittelt, dass der Indikator genau dasjenige Phänomen abbildet, welches er abzubilden vorgibt.113 Während die im Abschnitt 3.5.3.1 beschriebene Relevanz eines Leistungsindikators von seinem Einsatzbereich abhängt, ist die Zuverlässigkeit ein Produkt der Erfassungsqualität (siehe Abbildung 18).114 Sie gibt darüber Auskunft, inwieweit ein Leistungsindikator zur Beobachtung der interessierenden Entwicklung überhaupt geeignet ist.115 Abbildung 18: Relevanz und Zuverlässigkeit von Leistungsindikatoren REALE PHÄNOMENE (als Eigenschaften von Objekten oder Ereignissen beobachtbar) ZUVERLÄSSIGKEIT der Informationserfassung? INDIKATOREN (drücken die Quantität, das Ausmass, die Existenz etc. der Eigenschaften aus) 113 114 115 RELEVANZ der Indikatoren? RELEVANZ der Indikatoren? Identifikation neuer Handlungsalternativen Beurteilung der Wirkung bekannter Handlungsalternativen Vergleiche hierzu: Günther/Grüning (2002), 8. Die Autoren verwenden für die Zuverlässigkeit den Begriff «Validität». Gerade Mängel in der Zuverlässigkeit von externen Finanzkennzahlen und im «Internal Control System» von Unternehmen sind es auch, die zum 2002 in den USA verabschiedeten «Sarbanes-Oxley Act» geführt haben. Für eine ausführliche Diskussion des in diesem Zusammenhang besonders relevanten Paragraphen 404 vergleiche: PriceWaterhouseCoopers (2004b). In Anlehnung an: Staubus (1977), 44 und 200. Müller-Stewens (1998), 38. Der Autor verwendet den Begriff «Adäquanz» zur Bezeichnung der Zuverlässigkeit. Vergleiche hierzu aber auch die Ausführungen von Rappaport zur «Stichhaltigkeit»: Rappaport (1995), 183f. Seite 54 Leistungsmessung als Managementaufgabe Vor allem die zuverlässige Quantifizierung von «weichen», eher qualitativen Informationen erweist sich regelmässig als problematisch.116 So kann beispielsweise die Mitarbeitermotivation als ausgesprochen wichtige − beziehungsweise relevante − Einflussgrösse auf den Unternehmenserfolg interpretiert werden. Dennoch fällt es in der Regel nicht leicht, eine spezifische Messgrösse zu bestimmen, welche es erlaubt, diesen Erfolgsfaktor auf zuverlässige Art und Weise zu repräsentieren und zu quantifizieren. Die Zuverlässigkeit wird in diesem Fall dadurch beeinträchtigt, dass die Abbildung eines komplexen, vorwiegend qualitativen Sachverhaltes auf einen einzelnen, quantitativen Indikator reduziert werden soll. Aber auch die Zuverlässigkeit von «Hard Facts», wie etwa die der Finanzdaten, ist nicht über jeden Zweifel erhaben. So können beispielsweise bei finanziellen Informationen die störenden Einflüsse von grundlegenden Vorhersagen (z.B. Nutzungsdauern für Abschreibungszwecke) und Allokationsmechanismen (z.B. «Asset Splitting» zwischen Verantwortungsbereichen, Verteilung von Gemeinkosten auf Kostenträger, Behandlung der Kosten von Kuppelprodukten) als Ursachen der Unzuverlässigkeit genannt werden. Weitere Quellen der Unzuverlässigkeit von Leistungsindikatoren sind Manipulationen, Fehleinschätzungen oder Anwendungsfehler. 3.5.3.3 Wesentlichkeit Die Forderung nach Wesentlichkeit eines Leistungsindikators orientiert sich an der Quantität der gelieferten Informationen und gewichtet sie nach deren Relevanz. Die Wesentlichkeit zielt somit auf die Eindämmung der wachsenden Informationsflut ab: Manager brauchen nicht komplette Informationen über die Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens oder Verantwortungsbereiches, sondern die für ihre Entscheidungen relevanten Informationen in einem ausreichenden Detaillierungsgrad.117 116 117 Vergleiche hierzu: Günther/Grüning (2002), 8f. Diese Problematik zeigt sich aber auch in verschiedenen Ansätzen des «Human Ressource Accounting» sehr deutlich. Diese Ansätze haben in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ihren Ursprung, erlangen aber mit den geänderten IFRS-Vorschriften zur möglichst differenzierten Identifizierung und regelmässigen Werthaltigkeitsprüfung von erworbenen Goodwillpositionen neue Bedeutung. Zum «Human Ressource Accounting»: Flamholtz (1974). Zur Bilanzierung von Humanvermögen: Bayer (2004). Dies verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen «Relevanz» und «Wesentlichkeit». Manche Autoren verwenden die beiden Begriffe daher auch als Synonyme. Für eine frühe Quelle hierzu vergleiche etwa: Solomons (1965), 50f. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 55 Eine massgebliche Aufgabe in Bezug auf die Quantität der bereitgestellten Informationen ist es daher, die optimale Balance zwischen Partition und Verdichtung der Daten zu finden. Die Leistungsindikatoren sollten dabei in der Gesamtschau ein möglichst vollständiges und ganzheitliches Bild der Unternehmensentwicklung zeichnen und Überlappungen vermeiden.118 So ist beispielsweise der Gesamtunternehmenserfolg ein stark verdichteter Indikator, während der Erfolg, der mit einem ganz bestimmten Kunden in einem ganz bestimmten Produkt-Markt-Segment erzielt wird, ein stärker partitionierter Indikator ist. Eine Aussage darüber, inwieweit dieseLeistungsindikatoren als wesentlich zu bezeichnen sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung der adressatenund unternehmensspezifischen Erfordernisse machen. Als generelle Richtlinie lässt sich jedoch festhalten, dass Indikatoren so detailliert erfasst werden sollten, dass sie bei ihrem Adressaten ein unmissverständliches Bild der tatsächlichen Geschäftsrealität erzeugen und ihm das Treffen von Entscheidungen erleichtern. Dabei lassen empirische Studien vermuten, dass erfahrene Manager sich durch die Fähigkeit auszeichnen, auch enorme Mengen von Informationen bewältigen und sich dabei auf die wesentlichen Elemente konzentrieren zu können:119 «Information Overload» existiert demnach weniger, weil Manager zu viele Informationen erhalten, sondern eher weil sie grundsätzlich relevante Informationen in einer Form erhalten, welche das Auffinden dieser Informationen verunmöglicht oder die weitere Nutzung zu kostspielig macht. Praktische Branchenerfahrung und Kenntnisse über die tatsächlichen Unternehmenszusammenhänge können ein wichtiger Vorteil bei der erforderlichen Informationsfilterung sein. 118 119 Müller-Stewens (1998) umschreibt diese Eigenschaft mit dem Begriff der «Komplementarität». Vergleiche hierzu: McKinnon (1992), 210. Seite 56 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5.3.4 Konsistenz Die Konsistenz von Leistungsindikatoren bezieht sich auf deren Eigenschaft, über das gesamte Unternehmen hinweg − implizit oder explizit − logisch zusammenhängende, gemeinsame Ziele zu formulieren und zu kommunizieren.120 Die Konsistenz hat dabei sowohl vertikalen als auch horizontalen Charakter (siehe Abbildung 19).121 «Vertikale Konsistenz» hängt davon ab, inwieweit die Leistungsindikatoren über die hierarchischen Ebenen hinweg logisch miteinander verbunden sind. In Abbildung 19 werden beispielhaft das Unternehmen, die Division, die Geschäftseinheit, die Fabrik und die Fertigungszelle als mögliche Ebenen genannt. Die Verknüpfung der Beobachtungsindikatoren mit den Planungsebenen sollte es ermöglichen, einen klaren Pfad zur Vision und zu den Strategien des Unternehmens zu ziehen.122 Obwohl also die Indikatoren auf den unteren hierarchischen Ebenen in der Regel durch zunehmende Spezifizierung, einen kürzeren Planungshorizont, eine stärkere nicht-finanzielle Ausrichtung und einen ebenfalls stärkeren internen Fokus gekennzeichnet sind, sollten sie sich in das Gesamtbild de Leistungsmessung im Unternehmen einfügen.123 Dieses Gesamtbild kann beispielsweise in einem unternehmensspezifischen Leistungsmodell seinen Ausdruck finden.124 Die «horizontale Konsistenz» erhebt die Forderung, dass eine Integration der Leistungsindikatoren auch entlang der Wertschöpfungskette stattfinden sollte. Dabei kann ihre Tragweite sowohl die Grenzen der einzelnen Funktionsbereiche125 als auch verschiedene Zeithorizonte überschreiten. 120 121 122 123 124 125 Diese Eigenschaft kann auch als «Goal Congruence» (Zielkongruenz, Zielübereinstimmung) bezeichnet werden und anhand von Begriffen wie «Harmonization», «Alignment», «Coordination» oder «Synchronization» umschrieben werden. Zu dieser Beobachtung: Horngren (1989), 28. Keegan (1989), 46f. Zur Forderung nach konsistenten Leistungsindikatoren vergleiche auch die Ausführungen zum Tableau de Bord in Abschnitt 4.3 und zur Balanced Scorecard in Abschnitt 4.4. Müller-Stewens (1998), 39. Der Autor verwendet hierfür den Begriff der «Integriertheit». Gemäss Beobachtungen von Axon sind jedoch selbst finanzielle Indikatoren in den strategischen und operativen Planungsprozessen mehrheitlich nicht konsistent angewendet Vergleiche hierzu: Axon (2003), 53. Zum Leistungsmodell siehe: Abschnitt 3.1.2. Für ein diesbezügliches Beispiel siehe Abbildung 51 auf Seite 154. Dixon et al. (1990) verwenden hierfür den Begriff der «Functional Silos». Vergleiche hierzu auch Rummler/Brache (1990), 6f. Axon (2003), 162ff. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 57 Abbildung 19: Die Konsistenz von Leistungsindikatoren126 126 In Anlehnung an: Keegan (1989), 46f. Vergleiche hierzu aber auch: Feggeler/Husmann (2000), 39ff. Gleich (2001), 239. Lattwein (2002), 161ff. Lattwein verwendet für die Konsistenz auch die Bezeichnung der «vertikalen und horizontalen Durchgängigkeit». Seite 58 Leistungsmessung als Managementaufgabe So kann beispielsweise gefordert werden, dass die Leistungsindikatoren im Bereich Forschung & Entwicklung in die selbe strategische Stossrichtung (z.B. Qualität und Schnelligkeit der Prozesse) zeigen sollten wie etwa die Indikatoren im Produktionsoder Marketingbereich (= Überschreiten der Funktionsgrenzen), oder dass bei der Messung von kurzfristigen Einsparungen im F&E-Bereich beispielsweise auch die potentiellen negativen Auswirkungen auf die Produktionskosten (aufgrund eines eventuell unausgereiften Produktdesigns) oder auf die langfristige Umsatzentwicklung (aufgrund des Mangels an innovativen Produkten) mit berücksichtigt werden (= Überschreiten des Zeithorizonts).127 Die Entwicklungen in der Leistungsmessung gehen dabei dahin, dass sich die Leistungsindikatoren nicht nur auf Informationen zur eigenen Wertschöpfungskette beschränken, sondern dass auch Anknüpfungspunkte zu vorgelagerten oder nachgelagerten Wertschöpfungsstufen gesucht werden.128 3.5.3.5 Effektivität Die Konsistenz und die Effektivität von Leistungsindikatoren sind zwei eng miteinander verknüpfte Kriterien, doch letztere orientiert sich stärker am Verhalten als an der Deklination der Strategie (siehe Abbildung 20): Die Effektivität beschreibt aus Sicht der von einem Manager angestrebten Unternehmensziele das Ausmass der Wirkung, welche ein Leistungsindikator auf das Verhalten und die Handlungen von anderen Personen hat. 127 128 Diese Ideen finden sich beispielsweise im Rechnungswesen auch in Konzepten wie dem «Activity Based Costing», dem «Target Costing» oder dem «Life Cycle Costing» wieder. Zu einer zusammenfassenden Diskussion des «Target Costing» und des «Life Cycle Costing»: Kremin-Buch (1998), 2006ff. Zum «Activity Based Costing» vergleiche: Kaplan/Cooper (1999), 111ff. Saxe (2000). Horngren et al. (2003), 141ff. Horngren et al. (2005), 140ff. Für eine konzeptionelle Erweiterung vom produktbezogenen «Life Cycle Costing» zum noch weiter gefassten kundenbezogenen «Customer LifetimeValue»: Stahl et al. (2003). Vergleiche hierzu etwa: Shank/Govindarajan (1992). Die Autoren zeigen hier an einem Beispiel, dass Leistungsindikatoren wie Gewinn oder «Return on Assets» erst vor dem Hintergrund der gesamten Wertschöpfungskette einer spezifischen Industrie an Aussagekraft gewinnen. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 59 Abbildung 20: Die Effektivität von Leistungsindikatoren KONSISTENZ Strategie Kernerfolgsfaktoren Leistungsindikatoren Verhalten Resultate EFFEKTIVITÄT Diese Verhaltensorientierung manifestiert sich in den Funktionen der Leistungsmessung in der Forderung, dass Leistungsindikatoren nicht nur informieren sondern auch Verhalten induzieren sollen.129 Ein Leistungsindikator ist somit dann effektiv, wenn er geeignet ist Verhalten zu induzieren, welches wiederum zu Resultaten führt, die mit der Strategie und den Zielen des Messenden in Einklang stehen. Der Wirkungsgrad eines Indikators kann sich dabei sowohl im In-Gang-Setzen von Handlungen (Verhalten), als auch im Ausmass der aufgrund dieser Handlungen tatsächlich realisierten Ergebnisse zeigen. Im Idealfall sollten die Leistungsindikatoren im Leistungsmodell eines Unternehmens oder einer Geschäftseinheit daher dort ansetzen, wo die Wirkung auf die Leistung des Gesamtsystems am grössten ist.130 Diese Schlüsselpunkte können als «Key Success Factors»131, «Leverage Points»132, «Key Yield Points»133 oder «Points-Clés»134 bezeichnet werden. 129 130 131 132 133 134 Vergleiche hierzu insbesondere die Ausführungen zur Kommunikations- und Steuerungsfunktion (Abschnitte 3.4.2) und zur Motivationsfunktion (Abschnitt 3.4.4). Zu Verhalten und Resultaten als Phänomene der Leistungsmessung vergleiche Abschnitt 2.1. Vergleiche hierzu etwa: Atkinson (1999). Die meisten Konzepte knüpfen dabei zumindest implizit an das Konzept der kritischen Erfolgsfaktoren («Critical Success Factors») an, welches ursprünglich in den 60er Jahren als Methode zur Unterscheidung von verschiedenen Organisationen innerhalb einer bestimmten Industrie entwickelt wurde. Diese Grundidee wurde von verschiedenen Autoren weiterentwickelt und schliesslich von Rockart und De Long dazu verwendet, um die für die Führung eines Geschäftsbereiches relevanten Kerninformationen zu identifizieren. Vergleiche hierzu: Rockart/De Long (1988). Geanuracos/Meiklejohn (1993), 47. Axon (2003), 244. Vergleiche hierzu etwa: Hoffecker/Goldenberg (1994), 13. Vergleiche hierzu etwa: März (1997). Vergleiche hierzu etwa: Hardouin (1978) sowie die Ausführungen zum Tableau de Bord in Abschnitt 4.3. Seite 60 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5.3.6 Zuordenbarkeit Die Leistung, welche Leistungsindikatoren abbilden, soll aber nicht nur konsistenten Inhalt auf den einzelnen Verantwortungsebenen besitzen, sondern auch den verschiedenen Verantwortungsbereichen zuordenbar sein. Die Zuordenbarkeit135 beantwortet die Frage, wessen Leistung durch einen Leistungsindikator gemessen wird beziehungsweise wer für die Erbringung der gemessenen Leistung verantwortlich ist. Die Zuordnung von Leistung wird dabei meist an die Beeinflussbarkeit und Kontrollierbarkeit der ihr zu Grunde liegenden Ereignisse geknüpft.136 Obwohl die Zuordenbarkeit von Leistungsindikatoren nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Leistungsbeobachtung und Leistungsbeurteilung, sondern auch aus der Perspektive einer leistungsabhängigen Entlohnung erstrebenswert erscheint, ist die Zuordnung von Leistung zu ganz bestimmten Verantwortungsebenen (Unternehmen, Teams, Individuen) oder Verantwortungsbereichen innerhalb dieser Ebenen nicht immer eindeutig durchführbar. Zuordenbarkeitsprobleme sind beispielsweise auch aus dem Rechnungswesen im Hinblick auf die Verteilung von Gemeinkosten auf Kostenträger (z.B. auf Geschäftsbereiche, Produkte, Kunden oder Prozesse) bekannt, was schliesslich auf die Aussagekraft von Gewinn- und Rentabilitätszahlen durchschlägt. Mangelhafte Zuordenbarkeit von Leistung kann dabei prinzipiell aufgrund von zwei Ursachen entstehen: Einerseits kann sie auf unzureichendem Wissen über die genauen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Leistungsentstehung im Unternehmen beruhen (wie etwa im Fall der Gemeinkostenverteilung), andererseits kann sie ein Resultat von Geschehnisse sein, welche nicht oder kaum kontrollierbar beziehungsweise beeinflussbar sind, aber sich dennoch auf die Leistung auswirken (z.B. Wechselkursschwankungen, Naturkatastrophen). 135 136 Vergleiche hierzu: Müller-Stewens (1998), 39. Zur Kontrollierbarkeit («Controllability») vergleiche etwa: Merchant (1987), 330ff. Merchant schlägt eine Dreiteilung der nicht kontrollierbaren Einflüsse vor: (1) unkontrollierbare, aber dennoch relevante Kosten und Erträge (z.B. Steuern, Zinsausgaben, Wechselkursgewinne/-verluste, administrative Kosten der Unternehmenszentrale), (2) das wirtschaftliche und kompetitive Umfeld und (3) Naturkatastrophen. Dabei sollte die Leistung eines Verantwortungsbereiches bei der Leistungsmessung gemäss Merchant nur um die Auswirkungen des letzten Punktes bereinigt werden, die ersten beiden Punkte hingegen sollten unbereinigt bleiben, da sie zwar nicht kontrollierbar, aber dennoch beobachtbar sind und so dass Managementverhalten beeinflussen sollen. Weitere Beispiele für Quellen zur «Controllability» oder Beeinflussbarkeit: Ezzamel (1992), 23ff. Rappaport (1995), 184. Horngren et al. (2003), 192f. Horngren et al. (2005), 191ff. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 61 3.5.3.7 Vergleichbarkeit Die Vergleichbarkeit eines Leistungsindikators ist wichtig, da eine isolierte Information nur selten von Nutzen ist. Die Bedeutung des Vergleichsvorganges für die Leistungsmessung ist bereits aus dem Zweck der Leistungsmessung ersichtlich: Der Vergleich ist ein grundlegender Vorgang in der Leistungsmessung. Die Vergleichbarkeit kann dabei in drei Teilbereiche gegliedert werden: in einen zwischenperiodischen, in einen zwischenbetrieblichen und schliesslich in einen innerbetrieblichen Teilbereich (siehe Abbildung 21). Erst die Vergleichbarkeit ist es, die einer Leistung ihren Stellenwert gibt und den Einsatz von Instrumenten wie dem «Benchmarking»137 ermöglicht. Der Informationswert eines Leistungsindikators nimmt in der Regel zu, wenn er im Zeitverlauf auf Basis der gleichen Grundprinzipien und unter Verwendung der gleichen Sprache angewendet wird und dadurch signifikante Veränderungen offen gelegt werden («zwischenperiodische Vergleichbarkeit»). Werden ständig neue Leistungskennzahlen verwendet und ist daher keine Historie für Vergleichszwecke vorhanden, sind Aussagen zur Entwicklung der Leistung kaum möglich.138 Zudem sollten die Leistungsindikatoren so gestaltet werden, dass die Messergebnisse reproduzierbar sind: Die Anwendung gleicher Messtechniken auf gleiche Sachverhalte sollte zu möglichst identischen Messergebnissen führen.139 Weiters hilft die Verwendung der selben Sprache und der selben Definitionen für unterschiedliche Verantwortungsbereiche innerhalb eines Unternehmens, die Leistung der verschiedenen Einheiten miteinander zu vergleichen («innerbetriebliche Vergleichbarkeit») und in einem nächsten Schritt unternehmensweite Leistungsaussagen zu machen. Referenzquellen für den Leistungsvergleich können aber auch ausserhalb des eigenen Unternehmens gesucht werden, indem ein Vergleich der eigenen Leistungsindikatoren mit denen von anderen Unternehmen gesucht wird («zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit»). 137 138 139 Zum «Benchmarking» vergleiche: The Society of Management Accountants of Canada (1993). Vergleiche hierzu beispielsweise: Wealleans (2001), 60. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von «Regularity». Vergleiche hierzu beispielsweise: Wealleans (2001), 64f. Seite 62 Leistungsmessung als Managementaufgabe Abbildung 21: Formen der Vergleichbarkeit 1 Zwischenperiodische Vergleichbarkeit 2 Zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit 3 Innerbetriebliche Vergleichbarkeit Leistung der gleichen Berichtseinheit in einer anderen Periode 1 Leistung einer Berichtseinheit 3 Leistung einer anderen Berichtseinheit 2 Leistung eines anderen Unternehmens Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 63 3.5.3.8 Vorhersagekraft Strategische Entscheidungen und andere Planungsprozesse in einem Unternehmen beruhen auf Vorhersagen und Erwartungen. Von Entscheidungsträgern wird erwartet, dass sie nicht erst mit Verspätung auf neue Situationen reagieren, sondern diese antizipieren und durch proaktives Handeln zu Gunsten des Unternehmens bewirtschaften. Es erscheint daher legitim, die Forderung zu erheben, dass Leistungsindikatoren, welche in einer kreisförmigen Managementvorstellung eng mit dem Planungsprozess verbunden sind, einen Beitrag zur Einschätzung zukünftiger Entwicklungen und somit zur Vorhersagekraft («Predictive Power») innerhalb des Unternehmens leisten sollten.140 So ist es gerade ein Mangel an solcher Vorhersagekraft, der Finanzkennzahlen immer wieder vorgeworfen wird, da aus diesen Grössen nur schwer Rückschlüsse auf die künftige Gewinnlage oder Stabilität des Unternehmens gezogen werden können. Dieses Defizit kann auch durch Extrapolation historischer Daten nicht behoben werden. Nicht-finanzielle Grössen in ihrer Funktion als Vorlaufgrössen für zukünftige finanzielle Resultate wird daher tendenziell ein höheres Mass an Vorhersagekraft beschieden als traditionellen Kennzahlen des Rechnungswesens.141 Bei der Vorhersagekraft handelt es sich um eine Eigenschaft, welche kaum zu operationalisieren und zu quantifizieren ist. In einer allgemeingültigen Definition kann jedoch konstatiert werden, dass ein Leistungsindikator um so mehr Vorhersagekraft besitzt, je besser er einen Entscheidungsträger in seiner Aufgabe unterstützt, spezifische, mit dem Leistungsindikator logisch zusammenhängende zukünftige Phänomene abzuschätzen (z.B. durch Aussagen betreffend das zu erwartende Umsatzwachstum, Aussagen zur Veränderung der Wettbewerbsposition oder zu drohenden Liquiditätsengpässen). Dabei erscheint insbesondere die Anbindung an die frühen Teilresultate im Leistungsmodell des Unternehmens geeignet, die Vorhersagekraft von Leistungsindikatoren zu erhöhen. 140 141 Vergleiche hierzu auch: Fickert (2004), 708. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von der «Prognostizierbarkeit» der zukünftigen Performance und des Risikos. Vergleiche aber auch die Ausführungen zum «Predictive Accounting» von Stenzel/Stenzel (2003), 181f. Vergleiche hierzu die Ausführungen zu den «Leading Indicators» und «Lagging Indicators» in Abschnitt 4.4.2.5. Vergleiche aber auch die Ausführungen zum «Value Reporting» in Fussnote 304 auf Seite 119. Seite 64 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5.3.9 Verfügbarkeit Die Verfügbarkeit von Leistungsindikatoren bezieht sich auf einen inhaltlichen und auf einen zeitlichen Aspekt. Der inhaltliche Aspekt der Verfügbarkeit besagt, dass nur Indikatoren festgelegt werden sollten, die auch erhebbar sind.142 Restriktionen können hierbei die technischen Möglichkeiten des Reporting Systems (insbesondere in Hinblick auf die Informationserfassung und die Problematik der Schnittstellen zwischen verschiedenen Informationssystemen) aber auch die Kooperationsbereitschaft beziehungsweise Kooperationsfähigkeit der von der Messung Betroffenen sein. Beispielsweise können die nach Produktgruppen erfassten Tagesumsätze einzelner Filialen für eine Lebensmittelkette von Interesse sein, jedoch kann die dafür notwendige technische Infrastruktur fehlen. Der zeitliche Aspekt der Verfügbarkeit kann als «Rechtzeitigkeit», «Aktualität» oder «Timeliness» bezeichnet werden. Rechtzeitige Verfügbarkeit hängt dabei davon ab, ob die relevanten Leistungsindikatoren den Entscheidungsträger als ihren Adressaten frühzeitig erreichen. Obwohl Unternehmen heute in der Regel ausgefeilte Computersysteme zur Datenverarbeitung eingeführt haben, scheint die rechtzeitige Lieferung von Informationen immer noch eine grosse innerbetriebliche Herausforderung zu sein.143 Gerade bei börsenkotierten Gesellschaften kann mangelhafte zeitliche Verfügbarkeit von Leistungsinformationen zu Unsicherheit und Volatilität in der Kursentwicklung führen und so den Unternehmenswert negativ beeinflussen. Als Einflussfaktoren der zeitlichen Verfügbarkeit können im Bereich der Leistungsmessung zum einen die Häufigkeit der Messung von Leistungsindikatoren («Messperiodizität») und zum anderen die Zeitspanne zwischen dem Ende der durch den Leistungsindikator abgebildeten Beobachtungsperiode und dem Zeitpunkt, zu welchem der Indikator tatsächlich in seiner Endform − z.B. als Bericht in Papierform oder als Information in einem elektronischen «Executive Information System» − vorliegt («Beobachtungslücke»), genannt werden. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 22 graphisch dargestellt. 142 143 Müller-Stewens (1998), 39. Zu dieser Beobachtung: McKinnon (1992), 133. Diese Beobachtung wird durch die eigenen Erfahrungswerte des Verfassers unterstützt. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 65 Abbildung 22: Messperiodizität und Beobachtungslücke Informationswert MESSPERIODIZITÄT BEOBACHTUNGSLÜCKE Beispiel für die Entwicklung des Informationswertes eines Leistungsindikators Messpunkt tn Messpunkt tn+1 Zeitpunkt der Verfügbarkeit des Indikators Während der Informationswert eines Leistungsindikators mit zunehmender Beobachtungslücke sinkt, existiert für einen Indikator in der Regel eine optimale Messperiodizität (online, stündlich, täglich, monatlich, quartalsweise, jährlich, etc.), welche von der Art der beobachteten Handlungen oder Resultate abhängt und nicht unbedingt minimiert werden muss.144 Die Beobachtungsperiode, welche ein Leistungsindikator abbildet, sollte dabei im Optimalfall die kürzeste Zeitspanne sein, in welcher das Management nutzbringend intervenieren kann und in welcher signifikante Leistungsveränderungen wahrscheinlich sind.145 144 145 Vergleiche hierzu auch Axon (2003), 182. In Anlehnung an: Anthony (1960), 327. Seite 66 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.5.3.10 Verständlichkeit Die Verständlichkeit eines Leistungsindikators umfasst Faktoren wie die Sinnhaftigkeit, die Eindeutigkeit, die Einfachheit, die Erklärbarkeit, die Transparenz oder die Lesbarkeit.146 Leistungsindikatoren sind insbesondere dann ein effektives Führungsinstrument, wenn sie leicht zu kommunizieren sind und eine Sprache verwenden, die von den involvierten Personen verstanden wird. Eine einfache, aber fokussierte Präsentation einer eingeschränkten Anzahl von Kerninformationen, welche sowohl ein schnelles Prüfen des Leistungsberichtes erlauben als auch die Möglichkeit zu detaillierter Betrachtung einzelner Elemente bieten, erscheint daher empfehlenswert.147 Dabei sollte bereits der Name des Indikators möglichst klar machen, worum es geht. Bietet sich kein selbsterklärender Name für einen Indikator an, so sollte zumindest bei seiner Definition Eindeutigkeit gegeben sein.148 Reporting Manuals, Controlling Handbücher oder sonstige Referenzquellen149 können hier wesentlich zur Verständlichkeit (und indirekt zur Zuverlässigkeit) beitragen. Aber auch das Format von Berichten oder quantitativen Information hat einen Einfluss auf die Verständlichkeit. Im Vergleich zu Tabellen erlauben grafische Darstellungen, Trends in Zahlenmengen schneller aber weniger genau zu erfassen.150 So haben Experimente gezeigt, dass zwar einfache Aufgaben mit Hilfe von grafischen Darstellungen besser gelöst werden, komplexe numerische Probleme hingegen besser unter Verwendung von Zahlenmaterial in Tabellenform bewältigt werden.151 Welche Darstellungsform den Vorzug erhält, wird im Einzelfall jedoch von der Komplexität des Leistungsindikators, vom Verwendungszweck und wiederum von den persönlichen Präferenzen der Adressaten abhängen. 146 147 148 149 150 151 Vergleiche hierzu beispielsweise: Wealleans (2001), 59f. McKinnon (1992), 132f. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zur «Wesentlichkeit» in Abschnitt 3.5.3.3. Müller-Stewens (1998), 39. Zur «Eindeutigkeit» vergleiche auch: Rappaport (1995), 184. SIEMENS NIXDORF verwendet beispielsweise das unternehmenseigene Intranet als Referenzquelle für Scorecard-Informationen. Vergleiche hierzu: März (1997). Vessey (1991), 219ff. Vergleiche hierzu aber auch Fickert (2004), 710f, der in diesem Zusammenhang zur Darstellung von Performance-Inhalten in Form von Cockpits rät. Vergleiche aber auch: Dover (2004). Blocher et al. (1985), 38ff. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 67 3.5.3.11 Kosten-Nutzen-Effizienz Die optimale Quantität und Qualität von Leistungsindikatoren ist auch unter dem Gesichtspunkt der Kosten-Nutzen-Effizienz zu sehen. Sie besagt, dass die Kosten der Erfassung und Nutzung eines Leistungsindikators nicht höher sein sollten als der Nutzen, der aus seinem Informationsgehalt gezogen werden kann. Die Kosten-Nutzen-Effizienz von Leistungsindikatoren kann grundsätzlich auf drei Arten verbessert werden (siehe Abbildung 23): Erstens können die Kosten der Erfassung durch eine Senkung der damit verbundenen Lohn- und Infrastrukturkosten gesenkt werden. Zweitens können die Kosten der Nutzung gesenkt werden indem beispielsweise die Verständlichkeit des einzelnen Leistungsindikators erhöht und die Gesamtzahl der Indikatoren optimiert wird. Dadurch sinken die Kosten der weiteren Verarbeitung (z.B. für die Analyse oder Beurteilung) der durch die Leistungsindikatoren gelieferten Informationen. Und drittens kann schliesslich der Nutzwert der Information erhöht werden (z.B. durch Erhöhung der Relevanz oder der Vorhersagekraft eines Indikators). Allerdings sind die tatsächlichen Kosten-Nutzen-Wirkungen eines Indikators oder eines gesamten Systems der Leistungsmessung in der Regel sehr komplex und, gerade in Bezug auf den Nutzwert, nicht in ihrem Gesamtumfang quantifizierbar. Grundlegende Veränderungen in den Leistungssystemen sind daher oft von den Überzeugungen und Vorlieben der Entscheidungsträger geprägt und nicht nur von rein quantitativen Kosten-Nutzen-Überlegungen. Abbildung 23: Steigerung der Kosten-Nutzen-Effizienz von Leistungsindikatoren Nutzwert der Information erhöhen KOSTEN-NUTZEN-EFFIZIENZ DER LEISTUNGSINFORMATION STEIGERN Kosten der Erfassung senken Kosten der Nutzung senken Seite 68 Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.6 Besonderheiten der Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen In den vorangehenden Abschnitten wurden Zweck, Form und Funktion der Leistungsmessung erläutert sowie Arten von Leistungsindikatoren und deren Qualitätskriterien dargestellt. Diese Ausführungen haben grundsätzlich auch für länderübergreifend operierende Unternehmen Gültigkeit: Die Koordinationsmechanismen, welche in Multinationalen Unternehmen angewendet werden, unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von den Mechanismen anderer komplexer Grossunternehmen.152 Multinationale Unternehmen heben sich von nationalen Organisationen im Grunde lediglich dadurch ab, dass sie über signifikante Investitionen im Ausland verfügen und diese aktiv führen.153 Die treibenden Faktoren für die insbesondere in den Nachkriegsjahren des 20. Jahrhunderts vermehrt aufkommenden internationalen Unternehmensaktivitäten lassen sich zu folgenden Kernpunkten zusammenfassen:154 • Stärkere Kundennähe zur besseren Wahrnehmung sich verändernder Kundenbedürfnisse bei einer zunehmend internationalen Kundenstruktur • Die Verbesserung der Wettbewerbsposition im Hinblick auf die zunehmend international ausgerichtete Konkurrenz und sich gegenseitig subventionierende Märkte • Die Etablierung von «Horchposten» für die frühzeitige Erkennung von technologischen Umbrüchen und radikalen Innovationen • Die Suche nach Wachstumsmöglichkeiten auf einer globalen Basis, entweder in Form von zusätzlichen Nischenmärkten oder durch die Realisierung von «economies of scope» oder «economies of scale» 152 153 154 Zu dieser Beobachtung: Martinez/Jarillo (1989), 490ff. Zu den diesbezüglichen Koordinationsmechanismen siehe Abbildung 26 auf Seite 75. Für eine diesbezügliche Diskussion der Anforderungen an die Leistungsmessung: Barsky/Bremser (1999), 3ff. Diese Sichtweise folgt der Definition von Bartlett/Ghoshal (1992), 2. In der Literatur werden die Zusätze wie «multinational», «international», «global» oder «transnational» sowohl als synonyme Bezeichnungen für Unternehmen mit Niederlassungen in zwei oder mehr Länder als auch als Hinweis auf unterschiedliche Führungsstile in Bezug auf internationale Aktivitäten benutzt. Vergleiche hierzu etwa: Perlmutter (1969), 11ff. Bartlett/Ghoshal (1992), 11ff. Für eine diesbezügliche Analyse siehe etwa: Lorange (1989), 108ff. Bartlett (1992), 5ff. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 69 • Die Sicherung der Verfügbarkeit von Schlüsselressourcen (z.B. Mineralstoffe, Energie) und Zugang zu preisgünstigen Produktionsfaktoren • Die Risikodiversifikation durch Entwicklung eines entsprechenden Geschäftsportfolios Aus Sicht der vorliegenden Arbeit und der Leistungsmessung ist insbesondere relevant, dass hinter jedem dieser treibenden Faktoren Ziele und Erwartungen stehen und dass das Management der Unternehmenszentrale in der Regel daran interessiert ist, festzustellen, welchen Beitrag die ausländischen Berichtseinheiten zur Erreichung dieser Ziele leistet. Die hierfür notwendigen Informationen liefert die Leistungsmessung. In den nachfolgenden Abschnitten wird daher dargelegt, wie die formale Leistungsmessung in Grossunternehmen durch den multinationalen Charakter beeinflusst wird und welchen Stellenwert gerade die formale Leistungsmessung in diesen Unternehmen als Führungsinstrument hat. 3.6.1 Das Beziehungsgeflecht zwischen Zentrale und «Reporting Unit» Der bereits in Abschnitt 3.2 vorgestellte Kreislauf des Leistungsmanagements kann direkt auf die Situation in multinationalen Unternehmen übertragen werden. Dabei finden die Tätigkeiten des Leistungsmanagements nicht nur in der Unternehmenszentrale mit Perspektive Gesamtunternehmen statt, sondern auch in den ausländischen Berichtseinheiten («Reporting Units») laufen grundsätzlich die selben generischen Managementprozesse ab (siehe Abbildung 24). Die konkrete Ausgestaltung des Leistungsmanagements in den «Reporting Units» wird dabei vom Leistungsmanagement der Unternehmenszentrale in der Regel massgeblich beeinflusst. Seite 70 Leistungsmessung als Managementaufgabe Abbildung 24: Leistungsmanagement in Multinationalen Unternehmen155 155 Diese Abbildung zeigt das gesamte Beziehungsgeflecht zwischen Unternehmenszentrale und mehreren Reporting Units. Für einen Detailausschnitt hierzu vergleiche Abbildung 25. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 71 Im Rahmen des Performance Managements kann die unternehmensspezifisch ausgestaltete Einflussnahme der Unternehmenszentrale auf die Reporting Units grundsätzlich stattfinden durch (siehe Abbildung 25): • die Vorgabe von Strategien, Zielen und Regeln (z.B. in «Mission Statements», Strategiepapieren, Budgets, Verhaltensregeln), • die Definition von Verantwortungsbereichen und die Zuordnung von Verantwortlichkeiten, z.B. durch die Definition von Berichtseinheiten, durch Stellenbeschreibungen oder durch konkrete Weisungen der Geschäftsführung, • die Zuteilung von finanziellen Mitteln, z.B. in Form von Eigenkapitalausstattung oder durch die Zuteilung von Finanzrahmen, • die Informationsanforderungen der Unternehmenszentrale an die Reporting Units, z.B. durch das Festlegen der Inhalte von Leistungsberichten, durch die Definition von Leistungsindikatoren, durch die Gestaltung von «Executive Information Systems» und Ad-hoc-Analysen der Unternehmenszentrale oder durch die inhaltliche Ausgestaltung regelmässig abgehaltener «Business Reviews» (Managementgespräche vor Ort). • die Gestaltung von Reportingverfahren, z.B. durch das Festlegen der Periodizität und der Methodenwahl in Reporting Manuals oder Controlling-Handbüchern, • die Gestaltung von Anreizen, z.B. durch das Unterstreichen von konkreten Leistungszielen durch Anbindung der finanziellen Entlohnung der Verantwortlichen in den Reporting Units an den jeweiligen Zielerreichungsgrad, • den Transfer von Know How156 und durch Feed Back, z.B. durch die Besetzung von Führungsposten in den Reporting Units durch Mitarbeiter aus der Unternehmenszentrale, durch die Anwendung von einheitlichen Techniken und Verfahren, durch Schulungsmassnahmen, durch die Leistungsbeurteilung oder durch die Promotion beispielhafter Mitarbeiter. 156 Vergleiche hierzu beispielsweise: Andersson (2003). Seite 72 Leistungsmessung als Managementaufgabe Abbildung 25: Die Beziehung zwischen Zentrale und Reporting Unit Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 73 Diese Einflussnahme erfolgt allerdings nicht unilateral, sondern die Reporting Unit beeinflusst ihrerseits auch das Leistungsmanagement in der Unternehmenszentrale durch: • die von der Reporting Unit zur Verfügung gestellten Leistungsinformationen, z.B. über Leistungsindikatoren, Leistungsberichte oder informelle Kontakte, • durch die an die Unternehmenszentrale zurückfliessenden finanziellen Mittel, z.B. durch Gewinnrückführungen, durch Gewinnausschüttungen oder durch Royalties und sonstige Transferzahlungen, • durch das an die Unternehmenszentrale transferierte Know How und Feed Back, z.B. durch für Führungsaufgaben in die Zentrale abberufene Mitarbeiter, durch die Präsentation von neuen Verfahren oder Technologien oder durch Stellungnahmen zu Weisungen und Vorschlägen der Unternehmenszentrale. Aus Sicht des Leistungsmanagements der Unternehmenszentrale ist die «Reporting Unit» also der ausführende Bereich, in der «Reporting Unit» selbst werden aber ebenfalls Managementaufgaben wahrgenommen. Die Leistungsmessung bildet wiederum eine Teilaufgabe im diesbezüglichen Managementprozess.157 Diese Charakteristika der Beziehung zwischen der Unternehmenszentrale und den Berichtseinheiten treffen im Grunde auf alle divisionalisierten Unternehmen zu. Aus Sicht der formalen Leistungsmessung lassen sich aber eine Reihe von Faktoren nennen, welche die Bedeutung und Komplexität des Perfromance Measurements im Beziehungsgeflecht eines multinationalen Umfeld verstärken. Zu diesen nachfolgend erörterten Einflussfaktoren gehören:158 • die geographische Distanz, • die kulturelle Distanz und sprachliche Barriere, • die Transferpreis- und Steuerproblematik und • der Einfluss von Wechselkursen, Inflation, und Zinsen. 157 158 Zur Leistungsmessung als Teilaufgabe des Leistungsmanagements vergleiche auch: Abschnitt 3.2. Vergleiche hierzu: Eichelberger (1991), 6ff. Bergmann (1996), 94ff. Rothlin (1999), 273ff. Seite 74 3.6.2 Leistungsmessung als Managementaufgabe Die geographische Distanz Die Koordinationsmechanismen in komplexen Grossunternehmen lassen sich prinzipiell in die in formale und informelle Mechanismen einteilen (siehe Abbildung 26). Je komplexer die von einem Unternehmen verfolgte Strategie ist, z.B. als Resultat von interdependenten Aktivitäten in verschiedenen Einheiten und verschiedenen Märkten, desto stärker sollten in der Regel die formalen Koordinationsmechanismen durch informelle Mechanismen unterstützt werden.159 Aber gerade multinationale Unternehmen, welche in einem besonders komplexen Umfeld arbeiten, befinden sich hier in einer zwiespältigen Situation: Einerseits kann der Einsatz von informellen Koordinationsmechanismen für sie von grossem Vorteil sein, andererseits werden Mechanismen wie etwa bereichsübergreifende Beziehungen (z.B. direkter Führungskontakt, die Bildung von Arbeitsgruppen) oder die informelle Kommunikation (z.B. persönlicher Kontakt unter Managern, Meetings) durch die geographische Distanz zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer «Reporting Unit» erschwert. Solche informelle Interaktionen sind auf nationaler Ebene in der Regel leichter, weniger zeitintensiv und kostengünstiger zu realisieren als auf internationaler Ebene. Dem Manager eines Unternehmens mit Sitz in der Schweiz wird es leichter fallen, persönliche Kontakte und regelmässige Arbeitstreffen mit ebenfalls in der Schweiz arbeitenden Führungskräften zu arrangieren als beispielsweise mit in den USA oder in China tätigen Mitarbeitern.160 Aus dieser Überlegung kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Manager von multinationalen Unternehmen mit mehreren Standorten tendenziell stärker auf die formalen Koordinationsmechanismen angewiesen sind als national oder lokal agierende Führungskräfte. Informationen über die Leistungsergebnisse und die Aktivitäten einer ausländischen «Reporting Unit» werden daher tendenziell stark von der formalen 159 160 Zu dieser Forderung und zu den formalen und informellen Koordinationsmechanismen: Martinez/Jarillo (1989), 490ff. Dabei haben die Autoren die Leistungsmessung den Sozialisierungsmethoden zugeordnet. Dieser Zuordnung wird in der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt: Die Leistungsmessung (und mit ihr die Formulierung von Leistungsindikatoren) wird hier als Instrument der Verhaltens- und Ergebniskontrolle interpretiert, welches jedoch durchaus sozialisierende Auswirkungen haben kann. Die Erschwernisse der geografischen Distanz werden mit anderen Faktoren zusammen (z.B. der sprachlichen und kulturellen Distanz) daher auch als «Liability of Foreignness» bezeichnet. Vergleiche hierzu: Mezias (2002). Goodall/Roberts (2003). Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 75 Leistungsmessung geprägt sein. Die formale Leistungsmessung ist daher gerade im multinationalen Umfeld ein zentrales Managementinstrument, dessen Bedeutung durch die Multinationalität im Vergleich zu nationalen Unternehmensaktivitäten in der Regel noch gesteigert wird. Aus Sicht der Unternehmenszentrale forciert dies die Abhängigkeit von der Leistungsmessung als Hilfsmittel der Koordination, Information, Motivation und Integration im Unternehmen. Dieser Zusammenhang hat die Wahl von multinationalen Grossunternehmen als Zielgruppe für die empirische Untersuchung zur Leistungsmessung massgeblich beeinflusst.161 Abbildung 26: Formale und informelle Koordinationsmechanismen162 FORMALE KOORDINATIONSMECHANISMEN • Bereichsbildung und Gruppierung von Organisationseinheiten, Entwicklung der formalen Organisationsstruktur • Zentralisierung und Dezentralisierung der Entscheidungsgewalt (durch Bildung einer formalen Autoritätshierarchie) • Formalisierung und Standardisierung (z.B. durch schriftliche «Policies», Regeln, Stellenbeschreibungen, standardisierte Abläufe, Manuals, Charts) • Planung (z.B. in Form von strategischer Planung, Budgetierung, Aktionsplänen) • Ergebnis und Verhaltenskontrolle (z.B. durch Systeme der Leistungsmessung, technische Berichte, Verkaufs- und Marketingstatistiken, direkte Überwachung) INFORMELLE KOORDINATIONSMECHANISMEN • Laterale und bereichsübergreifende Beziehungen (z.B. durch direkten Führungskontakt, temporäre oder permanente Teams, Arbeitsgruppen, Komitees) • Informelle Kommunikation (z.B. durch persönliche Kontakte unter Managern, Managementbesuche, Meetings, Konferenzen, Transfer von Managern) • Sozialisierung und Aufbau einer auf gemeinsamen strategischen Zielen und Wertvorstellungen basierenden Unternehmenskultur (z.B. durch Training, Transfer von Managern, Karriereplanung, Anreizsysteme) 161 162 Zu den empirischen Erhebungen vergleiche die Ausführungen in Abschnitt 5. In Anlehnung an: Martinez/Jarillo (1989), 491. Seite 76 3.6.3 Leistungsmessung als Managementaufgabe Die kulturelle Distanz und sprachliche Barriere Mit der geographischen Distanz geht auch meist eine kulturelle Distanz einher. Die kulturelle Distanz kann in unterschiedlichen Wertvorstellungen (Moral, Arbeitsethik) aber auch in der Sprache, als eines der stärksten Ausdruckmittel einer Kultur, ihren Niederschlag finden. Gerade in multinationalen Unternehmen, in denen die Kultur der Unternehmenszentrale und die Unternehmenssprache aus Sicht der ausländischen «Reporting Units» regelmässig zu einer fremdländischen Kultur und zu einer Fremdsprache werden, kann dies die Führungs- und Koordinationsprozesse deutlich erschweren. Aus dieser Beobachtung kann wiederum die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass gerade in multinationalen Unternehmen die formale Leistungsmessung einen wichtigen Beitrag zur Überwindung von kulturellen Distanzen und sprachlichen Barrieren leisten kann, welche in multinationalen Unternehmen tendenziell grösser sind als in national agierenden Unternehmen. Insbesondere durch die bereits beschriebenen Funktionen der Kommunikation, Steuerung und Integration kann die Leistungsmessung zu einem zielkongruenten Verhalten oder zumindest zu einem gemeinsamen Leistungsverständnis in multinationalen Unternehmen beitragen. Die Sprache der Leistungsindikatoren wird zu einem prägenden Element der Kommunikation zwischen Zentrale und Berichtseinheit.163 Sorgfältig gewählte und klar definierte Leistungsindikatoren helfen, Erwartungen zu kommunizieren und Missverständnissen vorzubeugen.164 Sie können daher für multinationale Unternehmen ein wichtiges Instrument zur Verringerung der sprachlichen und kulturellen Distanz sein und so die relative Bedeutung der Leistungsmessung als Führungsinstrument steigern. 163 164 Diese Aussage wird durch eigene Beobachtungen des Verfassers bestätigt. So wurde bei SAURER ein länderübergreifendes Reengineering-Projekt durch eine Umgestaltung der intern rapportierten Bilanz und Erfolgsrechnung sowie durch Neudefinition und Neugewichtung von Kennzahlen massgeblich unterstützt. In diesem Zusammenhang wurde zur Verdeutlichung von Kernprozessen die Erfolgsrechnung für interne Reportingzwecke nach diesen Kernprozessen strukturiert. Leistungsindikatoren lösen jedoch nicht alle diesbezüglichen Interpretationsprobleme. Vergleiche hierzu beispielsweise Gray (1999). Gray legt dar, dass kulturelle Unterschiede (z.B. betreffend Optimismus im Accounting) auch auf Finanzkennzahlen wie den Gewinnausweis einen Einfluss haben können. Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.6.4 Seite 77 Die Transferpreis- und Steuerproblematik Die geographische und die kulturelle Distanz sind Faktoren, welche die Bedeutung der Leistungsmessung als Führungsinstrument in Multinationalen Unternehmen tendenziell hervorstreichen. Neben diesen bedeutungssteigernden Faktoren gibt es auch Auswirkungen der Multinationalität, welche die formale Leistungsmessung im Vergleich zu nationalen Unternehmen eher erschweren und deren Aussagekraft beeinträchtigen können. Hierzu zählt beispielsweise die Transferpreis- und Steuerproblematik in multinationalen Unternehmen. Ein Transferpreise ist derjenige Preis, zu welchem ein Gut oder eine Dienstleistung zwischen Organisationseinheiten transferiert wird. Die involvierten Organisationseinheiten können Abteilungen, Divisionen oder Tochtergesellschaften des selben Unternehmens sein.165 Die Bestimmung von Transferpreisen birgt ein signifikantes Konfliktpotential, da die festgelegten Preise die finanziellen Resultate der beteiligten Einheiten beeinflussen, welche ihrerseits wiederum für Zwecke der Leistungsbeurteilung oder als Grundlage für die Berechnung von Steuern auf das Vermögen und das Einkommen herangezogen werden können. Die Transferpreisgestaltung hat durch die Verschärfung der diesbezüglichen Dokumentationsvorschriften in verschiedenen Ländern (beispielsweise in Deutschland) in jüngster Zeit an Bedeutung gewonnen.166 Gerade in einem multinationalen Umfeld können, neben der Organisationsstruktur und der Unternehmensstrategie, die mit der Transferpreisproblematik verknüpften Einflussfaktoren daher signifikante Auswirkungen auf die Führung von ausländischen «Reporting Units» haben. So haben empirische Studien gezeigt, dass folgende Einflussfaktoren als besonders wichtige Variablen der internationalen Transferpreisgestaltung eingestuft werden: 167 • der Gewinn des Gesamtunternehmens • die divergierenden Steuerfüsse und Steuergesetzgebungen in den verschiedenen Ländern • die Wettbewerbsposition der ausländischen Einheit 165 166 167 Vergleiche hierzu: Tang (1993), 1. Für eine ausführliche Diskussion der «Transfer Pricing»-Problematik sowie der diesbezüglichen Gesetzgebung und Dokumentationsvorschriften in verschiedenen Industriestaaten: PriceWaterhouseCoopers (2004a). Tang (1993), 89. Seite 78 Leistungsmessung als Managementaufgabe • die unterschiedlich hohen Zölle und sonstigen Zollbestimmungen • die Einschränkungen bei der Rückführung von Gewinnen oder Dividenden Die befragten Unternehmen zeigten in diesem Zusammenhang am meisten Interesse an der Maximierung des konsolidierten Unternehmensgewinnes, an der Bestimmung der Leistung von in- und ausländischen Berichtseinheiten und an der Minimierung von Steuerzahlungen. Hierbei kann es zu einer Zielantinomie kommen, wenn beispielsweise Gewinne mit Hilfe der Transferpreisgestaltung vermehrt in steuerbegünstigten Ländern realisiert werden und die Leistung der «Reporting Units» gleichzeitig anhand von finanziellen Kennzahlen gemessen wird: Einerseits werden zwar die Einkommenssteuerzahlungen minimiert und der konsolidierte Unternehmensgewinn erhöht, andererseits werden die finanziellen Leistungen (z.B. die Umsätze, die Kosten, die Gewinne) der «Reporting Units» in der Leistungsmessung verzerrt dargestellt. Soll die Leistungsmessung frei von Einflüssen der Transferpreispolitik bleiben, so erfordert dies entweder die strikte Einhaltung von «Arm's Length»-Preisen, den Einsatz von Leistungsindikatoren, welche durch die Transferpreispolitik nicht beeinflusst werden (z.B. handlungsorientierte, vermehrt nicht-finanzielle Indikatoren168), oder aber die Bereinigung der beeinflussten Indikatoren um die Transferpreiseffekte bevor sie für die interne Leistungsbeurteilung herangezogen werden.169 In jedem Fall, mit Ausnahme der «Arm's Length»-Preise wird die Leistungsmessung erschwert und es werden zusätzliche Ressourcen gebunden. 168 169 Der Zusatz «handlungsorientiert» wurde hier beigefügt, da «ergebnisorientierte» nicht-finanzielle Indikatoren ebenfalls von der Transferpreisgestaltung beeinflusst werden können. Zur Unterscheidung der Leistung nach Handlungs- und Ergebnisorientierung vergleiche Abbildung 2. Vom Autor in verschiedenen Unternehmen durchgeführte Fachgespräche lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Bereinigungsvariante die häufiger benutzte Methode ist. In komplexen Organisations- und Verantwortlichkeitsstrukturen kann dies jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden sein, da eine verzerrungsfreie Leistungskonsolidierung gleichsam eine Schattenrechnung erforderlich macht. Leistungsmessung als Managementaufgabe 3.6.5 Seite 79 Der Einfluss von Wechselkursen, Inflation und Zinsen Durch die Multinationalität übt der Einfluss von Wechselkursschwankungen und unterschiedlichen Inflations- und Zinsgefügen eine weiter komplexitätserhöhende Wirkung auf die Leistungsmessung aus, insbesondere auf die finanziellen Resultate ausländischer «Reporting Units». Diese Einflussgrössen sind im Zeitverlauf in verschiedenen Ländern mehr oder weniger grossen Schwankungen unterworfen, welche sich der Kontrolle durch die Berichtseinheiten in der Regel weitgehend entziehen und bestenfalls durch kostspielige Hedgingmassnahmen abgesichert werden können.170 Es stellt sich somit im Bereich der Wechselkurse die Frage, ob ausländische Reporting Units für die Auswirkungen von Schwankungen des Wechselkurses zwischen ihrer Berichtswährung und der Währung der von ihnen durchgeführten Transaktionen («Transaction Gains/Losses») verantwortlich sein sollen. Die gleiche Frage stellt sich auch für die Fremdwährungsgewinne oder -verluste, welche durch die Umrechnung der Finanzzahlen der «Reporting Unit» von deren eigener Berichtswährung in die Berichtswährung der Zentrale entstehen («Translation Gains/Losses»). Diese Frage wird relevant, wenn darüber entschieden wird, ob Finanzkennzahlen in Währung der ausländischen Berichtseinheit beurteilt, oder aber zunächst in die Währung der Muttergesellschaft umgerechnet und erst in dieser beurteilt werden. Sich ändernde Zinsstrukturen, Inflationsraten oder Wechselkurse können ihre verfälschende Wirkung beispielsweise über die verzerrte Darstellung von Zinskosten, Auslandsinvestitionen, Gewinn- oder Rentabilitätswerten entfalten. Bei signifikanten Bewegungen in den Zins-, Inflations- oder Wechselkursgefügen kann dies die Vergleichbarkeit von finanziellen Kennzahlen zwischen verschiedenen Ländern, «Reporting Units» oder Berichtsperioden deutlich einschränken. 170 Hedgingmassnahmen können das Wechselkursrisiko jedoch nicht vollkommen beseitigen, sondern lediglich die finanziellen Auswirkungen von Wechselkursschwankungen aufschieben oder dämpfen. Auf den Finanzmärkten sind Hedginginstrumente im Normalfall nur zur Absicherung von kurz- bis mittelfristigen Risiken erhältlich. Langfristige Verschiebungen im Wechselkursgefüge können mit diesen Instrumenten nicht abgefangen werden. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen teilweise bewusst auf solche Hedgingmassnahmen verzichten, um die firmeninterne Adaption auf neue Gegebenheiten nach Möglichkeit zu beschleunigen. Seite 80 Leistungsmessung als Managementaufgabe Obwohl im Accountingbereich, insbesondere in der externen Rechnungslegung, Techniken für die Behandlung dieser Problembereiche angeboten werden (z.B. «Inflation Accounting»), ist eine allgemeingültige Beantwortung dieser Fragestellungen aus Sicht der internen Leistungsmessung nicht möglich. So lässt sich bei Einsatz moderner Konsolidierungsanwendungen der Einfluss sich ändernder Wechselkurse auf das Finanzresultat von Berichtseinheiten und Gesamtkonzern mittels Konsolidierung zu historischen Kursen ohne grossen Aufwand simulieren. Die Zuordnungsproblematik von Verantwortlichkeiten zu nicht kontrollierbaren Faktoren wird dadurch aber nicht gelöst und bleibt nach wie vor ein strittiger Punkt, der von den Unternehmen individuell beantwortet werden muss.171 Multinationale Unternehmen sind den Veränderungen von Wechselkursen, unterschiedlichen Inflationsraten und divergierenden Zinsentwicklungen in der Regel stärker ausgesetzt als national agierende Unternehmen und von dieser Thematik daher stärker betroffen. Dies wiederum kann die Leistungsmessung erschweren und − analog zur Transferpreis- und Steuerproblematik − zusätzliche Führungsressourcen binden. Tendenziell scheint die Entwicklung jedoch dahin zu gehen, dass für Zwecke der internen Leistungsmessung, eher auf die explizite, formalisierte Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren (insbesondere der Zinsen und der Inflation) aufgrund von KostenNutzen-Überlegungen verzichtet wird, auch wenn das dafür notwendige Know How in den Unternehmen vorhanden ist. Zudem wird die Finanzierungsfunktion häufig von einer zentralen, gruppenweit agierenden Treasuryabteilung wahrgenommen und entzieht sich somit zu einem guten Teil der Entscheidungskompetenz der lokalen Gesellschaften.172 171 172 Vergleiche hierzu die Ausführungen zur «Zuordenbarkeit» und «Controllability» in Abschnitt 3.5.3.6. Dieser Eindruck wurde vom Autor anhand von Fachgesprächen in verschiedenen Unternehmen gewonnen und durch eigene Erfahrungen bestätigt. Leistungsmessung als Managementaufgabe Seite 81 3.7 Zusammenfassung der Grundlagen der Leistungsmessung In den Abschnitten 2 und 3 wurden die Grundlagen der Leistungsmessung vorgestellt. Unternehmensleistung ist demnach ein mehrdimensionales Phänomen, das sich an Hand von Verhalten und Resultaten beobachten lässt und letztinstanzlich auf die Lebensfähigkeit und Nutzengenerierung des Unternehmens abzielt. Für ein besseres Leistungsverständnis kann der Leistungswürfel als Klassifizierungsraster herangezogen werden, der Leistung nach Form (finanziell, operativ, sozial), Verantwortung (Unternehmen, Team/Prozess, Individuum) und Zeitpunkt der Leistungserbringung (Vergangenheit/Gegenwart/Zukunft) differenziert. Leistungsmessung («Performance Measurement») ist eine Teilaufgabe des umfassenderen Leistungsmanagements («Performance Management»), welches eine Brückenfunktion zwischen strategischem Zielmanagement und operativ-ausführenden Tätigkeiten ausübt. Sowohl Leistungsmanagement als auch Leistungsmessung sind Managementaufgaben. Vor allem der Charakter als Managementaufgabe aber auch das über Finanzkennzahlen hinausreichende Messverständnis grenzen die Leistungsmessung vom betrieblichen Rechnungswesen («Management Accounting») ab. Mit der Entwicklung zum «Strategic Management Accounting» verliert der Finanzfokus als Unterscheidungskriterium jedoch zusehends an Bedeutung. Der Zweck der Leistungsmessung besteht im Vergleich einer Messgrösse zu einer Bezugsgrösse. In der formalen Leistungsmessung, welche im Fokus der vorliegenden Arbeit steht, kommt den Leistungsindikatoren als Messobjekte zentrale Bedeutung zu. Die Formale Leistungsmessung orientiert sich an konkreten Zielvorgaben und quantifiziert in standardisierten, periodisch ablaufenden Vergleichen zentrale Leistungsaspekte in Form von Leistungsindikatoren. Für die vorliegende Arbeit werden Indikatoren betreffend Profitabilität und Wertsteigerung, Kosteneffizienz, Liquidität und Stabilität, Wachstum, Innovationskraft, Qualität und «Continuous Improvement», Kunden, Konkurrenten sowie Mitarbeiter voneinander unterschieden.173 Die entsprechenden Zielvorgaben können aus der Strategie, dem Budget, der Verantwortlichkeitsstruktur, dem Leistungsmodell oder den proprietären Zielen des Messenden abgeleitet sein. 173 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 5.4. Seite 82 Leistungsmessung als Managementaufgabe Leistungsmessung dient dabei nicht nur der Beobachtung und Kontrolle, sondern steuert im Idealfall über die inhärente Kommunikation von Vorgaben und Erwartungen zielkongruentes Verhalten und übt auf die Leistungserbringer einen motivierenden Einfluss aus. Über die Definition gemeinsamer Inhalte und Prozesse und einen gemeinsamen Sprachgebrauch erzielen Kennzahlensysteme zudem eine integrierende Wirkung. Um diesen Anforderung gerecht zu werden, müssen Leistungsindikatoren einer Reihe von Qualitätskriterien genügen: Sie müssen für die Managemententscheidungen relevant sein und zuverlässig das abbilden, was sie abzubilden vorgeben. Nur durch konsistente Ausrichtung an den Unternehmenszielen über alle Hierarchiestufen hinweg können sie Verhalten und Resultate effektiv beeinflussen. Dabei sollten die Leistungsaussagen den Verantwortungsbereichen zuordenbar bleiben und historische Vergleiche sowie nach Möglichkeit internes und externes Benchmarking erlauben. Mit Konzentration auf das Wesentliche sowie durch verständliche Aussagen beugen sie der Informationsflut vor und erleichtern Managemententscheidungen. Die Festlegung von Messperiodizität, Berichtsgeschwindigkeit und inhaltlicher Ausgestaltung sollte unter Anwendung von Kosten-Nutzen-Überlegungen erfolgen. Diese Aussagen gelten auch für die Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen, welche im Zentrum der empirischen Erhebungen in Abschnitt 5 stehen. Die generischen Prozesse des Leistungsmanagements laufen in länderübergreifend operierenden Unternehmen zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units grundsätzlich gleich ab wie in anderen Unternehmen. Der formalen Leistungsmessung kommt in diesen Unternehmen jedoch gesteigerte Bedeutung zu, da informelle Koordinationsmechanismen aufgrund der geografischen Distanz erschwert werden und kulturelle und sprachliche Unterschiede mit Hilfe der standardisierten «Sprache der Kennzahlen» leichter überwunden werden. Vor allem bei Finanzkennzahlen können Schwankungen bei Wechselkurs-, Zins- und Inflationsgefügen sowie die Auswirkungen der Transferpreispolitik die Leistungsanalyse erschweren. Systeme der Leistungsmessung 4. Seite 83 SYSTEME DER LEISTUNGSMESSUNG Nachdem in den vorangehenden Abschnitten der konzeptionelle Grundstein für diverse Begriffe um den Themenbereich Leistung und Leistungsmessung gelegt wurde, werden im Abschnitt 4 nun Ursprung, Ziele, Inhalte und Methoden verschiedener Systeme der Leistungsmessung vorgestellt und deren Vor- und Nachteile gewürdigt. Ausgewählt wurden dabei einzelne Kennzahlensysteme, die aus Sicht des Verfassers konzeptionell einen besonders prägenden Einfluss auf die Ausgestaltung der formalen betrieblichen Leistungsmessung in multinationalen Grossunternehmen entwickeln konnten (siehe Abbildung 27). Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollen diese Systeme die Entwicklung der formalen Leistungsmessung im Zeitablauf möglichst gut repräsentieren. Unter diesen Gesichtpunkten werden in den Abschnitten 4.1 bis 4.4 folgende Ansätze in Bezug auf die Leistungsmessung analysiert und anschliessend einer Gesamtwürdigung unterzogen: • Der ROI-Ansatz • Der Shareholder Value Ansatz • Der Tableau de Bord Ansatz • Der Balanced Scorecard Ansatz Der ROI-Ansatz repräsentiert hierbei die frühen standardisierten Kennzahlensysteme, welche ausschliesslich auf historischen Finanzkennzahlen basieren. Der Shareholder Value-Ansatz (Discounted Cash Flow, EVA), obwohl ebenso stark finanziell orientiert, ergänzt diese historisch-retroaktive Betrachtung gemäss eigenem Anspruch durch einen nach vorne gerichteten Blick auf die Wertentwicklung. Der in Frankreich entwickelte Tableau de Bord Ansatz sowie der US-amerikanisch geprägte Balanced Scorecard Ansatz werden stellvertretend für alle mehrdimensionalen Konzepte behandelt, welche finanziell ausgerichtete Leistungsmessungssysteme durch vermehrt nichtfinanzielle, unternehmensspezifische Komponenten zu verschiedenen Leistungsaspekten erweitern.174 174 Für ein zusammenfassende Übersicht weiterer Systeme der Leistungsmessung vergleiche: Schomann (2000), 137. Klingebiel (2001), 56ff. Gleich (2001), 46ff. Gleich (2002), 449. Seite 84 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 27: Ausgewählte Systeme der formalen Leistungsmessung175 Klassische Finanzkennzahlen ROI, RONOA, ROx Discounted Cash Flow Explizit wertorientierte Systeme Economic Value Added Balanced Scorecard Mehrdimensionale Systeme 1900 175 Tableau de Bord 1950 2000 Die Pfeile repräsentieren den ungefähren Zeitraum, in denen die angeführten Systeme der formalen Leistungsmessung jeweils in Erscheinung treten und breite Anerkennung finden. Die diesbezüglichen frühen Grundlagen sind jeweils nicht berücksichtigt (z.B. frühe «Residual Income»-Ansätze beim Economic Value Added). In jeder Kategorie wurden nur einzelne, möglichst repräsentative Systeme aufgeführt. Verwendete Abkürzungen: ROI = Return on Investment, RONOA = Return on Net Operating Assets, ROx = Platzhalter für andere Rentabilitätskennzahlen wie z.B. Return on Capital Employed (ROCE). Systeme der Leistungsmessung Seite 85 4.1 Der «Return on Investment» (ROI)-Ansatz 4.1.1 Ursprung und Ziele des ROI-Ansatzes Der ROI-Ansatz geht auf die US-amerikanische DU PONT POWDER COMPANY zurück. Zwischen etwa 1915 und 1918 entwickelt das Unternehmen, welches zum damaligen Zeitpunkt vorwiegend im Bereich der Sprengmittelerzeugung tätig ist, ein innovatives Reporting System, welches auf den einzelnen Komponenten der Gesamtkapitalrentabilität («Return on Investment», ROI) beruht.176 Der ROI findet in seiner ursprünglichen DU PONT-Version allerdings primär als Entscheidungshilfe bei der Kapitalallokation innerhalb des zunehmend diversifizierten Unternehmens Verwendung. Erst in späteren Jahren wird der Ansatz von DU PONT selbst sowie von der zunehmenden Masse der Firmen, die dieses Führungssystem im Verlauf der Jahre adaptiert haben, als Kennzahl zur Führung von Profit Centern und Investment Centern verwendet. Die Grundidee des ROI zeigt sich seither in verfeinerter und weiterentwickelter Form in diversen auf die Rentabilität fokussierten Kennzahlensystemen. 4.1.2 Inhalte und Methoden des ROI-Ansatzes 4.1.2.1 Der ursprüngliche ROI-Ansatz bei DU PONT Die Geschäftsleitung der Firma DU PONT verwendet den ROI in seiner ursprünglichen Form vor allem als Instrument der Kapitalallokation innerhalb des Unternehmens sowie zur Beurteilung der finanziellen Gesamtentwicklung. Dies bedeutet, dass die ROI-Informationen zu den einzelnen Geschäftsbereichen zunächst nur der obersten Führungsebene in der Unternehmenszentrale zugänglich sind, welche sich auch die alleinige Verantwortung für die finanzielle Profitabilität des Gesamtunternehmens 176 Daher auch die synonyme Bezeichnung «DU PONT»-Ansatz. Zur Entstehung und Geschichte der «DU PONT POWDER COMPANY» und des ROI-Systems vergleiche: Johnson/Kaplan (1991), 66ff. Seite 86 Systeme der Leistungsmessung vorbehält.177 Der ROI als zentrales Kriterium der finanziellen Leistung definiert sich dabei wie folgt: ROI = Gewinn Gesamtkapital Die Manager der dezentralen Produktions- oder Verkaufseinheiten hingegen tragen keine Profit Center- oder Investment Center-Verantwortung im heutigen Sinne. Sie werden bei DU PONT nicht über finanzielle Grössen wie den Gewinn oder den ROI, sondern weiterhin über vorwiegend operative Managementinformationen geführt. Für den Produktionsbereich etwa umfassen die diesbezüglichen Leistungsdaten vorwiegend Daten zur physischen Effizienz der Produktionsprozesse (z.B. betreffend Arbeitsproduktivität oder Materialverbrauch).178 Im Verkaufsbereich verfügt DU PONT zu diesem Zeitpunkt bereits über tägliche Verkaufsberichte, welche die Zentrale mit nur 4-5 Tagen Verspätung über die Gesamtentwicklung aller lokalen Verkäufe informieren und am Monatsende, aufgrund der Verwendung eines für damalige Verhältnisse fortschrittlichen Lochkartensystems, für die Erstellung von Verkaufs- und Preisanalysen nach geografischen Regionen, Produktgruppen oder Kundengruppen herangezogen werden.179 Diese operativen Leistungsinformationen bilden die Komponenten des seit ca. 1919 systematisch verwendeten ROI-Baumes (siehe Abbildung 28). Die lokalen Manager sind in diesem System für die operativen Komponenten des Geschäfts verantwortlich, die Verantwortung für die finanzielle Spitzenkennzahl ROI trägt jedoch ausschliesslich die Geschäftsleitung in der Unternehmenszentrale. 177 178 179 Vergleiche hierzu: Johnson/Kaplan (1991), 68 und 73. Dies zeigt, dass bereits das ursprüngliche ROI-Modell zumindest implizit durch ein auch um nicht-finanzielle Komponenten ergänztes Leistungsmodell unterlegt war. Vergleiche hierzu: Johnson/Kaplan (1991), 76f. Bemerkenswert ist, dass Inhalt und zeitliche Verfügbarkeit vergleichbarer Führungsinformationen, trotz Weiterentwicklungen im Rechnungswesen und trotz zwischenzeitlichem Einsatz von IT-basierten Hilfsmitteln, für manches Unternehmen auch heute noch eine Herausforderung darstellen. Systeme der Leistungsmessung Seite 87 ÷ Kapitalumschlag Anlagevermögen flüssige Mittel + Umlaufvermögen Umsatz RETURN ON INVESTMENT x ÷ Umsatzgewinnrate Investiertes Kapital Debitoren Vorräte Verwaltungskosten Vertriebskosten Selbstkosten – Gewinn/Verlust (+ FK-Zins) Umsatz Herstellkosten der verkauften Produkte Abbildung 28: Der ROI-Baum in Anlehnung an DU PONT180 180 In Anlehnung an Kline/Hessler (1960), 801. Allerdings addiert die ursprüngliche DU PONT-Version des ROI-Baumes keine Fremdkapitalzinsen zum Jahresergebnis. Weiters werden bei DU PONT in der Gewinn- und Kapitalgrösse keine Abschreibungswirkungen berücksichtigt (das investierte Kapital ist also auf Basis der Anschaffungswerte des Vermögens ausgewiesen). Dies soll den Anreiz zu kurzfristig orientierten Investitionsverzögerungen verringern. Vergleiche hierzu: Johnson/Kaplan (1991), 74. Seite 88 Systeme der Leistungsmessung Aus heutiger Sicht interessant erscheint auch der damalige Umgang mit diesen Führungsinformationen, der an Aussagekraft von heute üblichen computergestützten Präsentationen nicht massgeblich überboten wird: Die Präsentation der ROI-Entwicklung findet bei DU PONT im «Chart Room» in der Unternehmenszentrale statt.181 Eigene «Chart Clerks» werden mit der manuellen Anfertigung grosser Kartontafeln betraut. Diese Tafeln, welche für jeweils eine Komponente des ROI-Baumes die Entwicklung im Zeitablauf als Liniendiagramm abbilden182, werden schliesslich an einem mit Rollen ausgestatteten Metallgerüst befestigt, um sie bei Bedarf der versammelten Diskussionsrunde vorführen zu können. Dabei wird von einem «Master Chart» ausgegangen, welcher die Daten für den ROI, die Umsatzgewinnrate und den Kapitalumschlag auf einer Tafel vereint, und im Verlaufe der Diskussion in die einzelne Teilaspekte des ROI vorgestossen. Die Charts beinhalten dabei keine narrativen Erklärungen, da sie nicht Antworten geben, sondern Fragen stimulieren sollen.183 4.1.2.2 Der ROI-Ansatz heute Aufbauend auf das zur internen Analyse entwickelte System von DU PONT hat sich der ROI-Gedanke im Bereich der Finanzkennzahlen bis heute in zwei Richtungen weiterentwickelt. Einerseits hat sich der ROI als Kennzahl verselbständigt: Geschäftseinheiten werden heute insbesondere in Grossunternehmen oftmals als Unternehmen im Unternehmen geführt. Die Reporting Units mit Umsatz- oder Kostenverantwortung gemäss ursprünglichem DU PONT-System sind somit vielfach zu «Profit Centern» oder «Investment Centern» aufgestiegen. Der ROI konnte sich folglich in vielen Unternehmen als eine der zentralen Spitzenkennzahlen zur finanziellen Führung von Geschäftsbereichen etablieren. Um die Unternehmenszentrale nicht mit Detailinformationen zu überfluten, wurde der ROI dabei regelmässig als finaler Indikator sowohl für die operative Effizienz als auch für den daraus resultierenden finanziellen Erfolg einer Geschäftseinheiten propagiert. 181 182 183 Für eine detaillierte Beschreibung des Präsentationsablaufes und der verwendeten Hilfsmittel durch ehemalige DU PONT-Mitarbeiter vergleiche: Kline/Hessler (1960). Dabei wird jeweils die Entwicklung über die letzten 10 Jahre sowie die Entwicklung im laufenden Jahr dargestellt. Vergleiche hierzu: Kline/Hessler (1960), 817. Systeme der Leistungsmessung Seite 89 Andererseits wurde das ROI-System verfeinert oder durch verwandte Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlensysteme ersetzt. Beispielsweise ist neben der im vorherigen Abschnitt vorgestellten ROI-Definition heute auch die folgende ROI-Berechnung gebräuchlich: ROI = Gewinn + Zinsen × (1 − Steuersatz ) Gesamtkapital Die Berücksichtigung der Zinsen hilft hierbei, Operating- von Finanzierungsentscheidungen zu trennen184 und die tatsächliche Verzinsung des Gesamtkapitales (Eigenkapital und Fremdkapital) zum Ausdruck zu bringen.185 Zu den als inhaltliche Weiterentwicklungen oder Alternativen zum ROI hervorgebrachten Kennzahlen zählen finanzierungsseitig die Rentabilität des eingesetzten Kapitals («Return on Capital Employed», ROCE), die Eigenkapitalrentabilität («Return on Equity», ROE), der Gewinn pro Aktie («Earnings per Share», EPS) sowie in der operativen Analyse die Rentabilität auf das betrieblich eingesetzte Kapital («Return on Net Operating Assets», RONOA).186 Zu Beginn der 70er Jahre setzt im deutschsprachigen Raum, aufbauend auf dem Grundgedanken des von DU PONT entwickelten ROI-Systems, auch eine eigenständige, stärker theoretisch fundierte Entwicklung von Kennzahlensystemen ein, die über die pragmatische Ausrichtung des US-amerikanischen DU PONT-Systems hinausgeht und eine mehrfache Funktionserfüllung, wie etwa die gleichzeitige Berücksichtigung von Rentabilität und Liquidität beziehungsweise die gleichzeitige Verwendbarkeit bestimmter Teile des Kennzahlensystems zur internen und externen Unternehmensanalyse anstrebt.187 Zu diesen Kennzahlensystemen zählen etwa das erstmals 1969 veröffentlichte ZVEI-Kennzahlensystem188 oder das RL-Kennzahlensystem.189 184 185 186 187 188 Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 22. Das Eigenkapital wird durch die Eigenkapitalrendite (beziehungsweise den Gewinn) verzinst, das Fremdkapital durch die Fremdkapitalzinsen. Die Verzinsung des Gesamtkapitals findet daher durch den Gewinn zuzüglich der Fremdkapitalzinsen statt. Die obige Gleichung ist jedoch in Hinsicht auf die Gesamtkapitalverzinsung bestenfalls eine Näherungsrechnung, da das Gesamtkapital neben verzinslichem regelmässig auch unverzinsliches Fremdkapital (z.B. Kreditoren) enthält. Der RONOA kann analog zum ROI in seine Komponenten zerlegt werden, indem er als Produkt aus Betriebsmarge («EBIT-Margin») und Umschlag des betrieblich eingesetzten Kapitals («Net Operating Assets Turns») ermittelt wird. Für eine Kurzzusammenfassung verschiedener Finanzkennzahlen vergleiche: Hail (2002), 53ff. Reichmann (1995), 30. Vergleiche hierzu: Betriebswirtschaftlicher Ausschuss des Zentralverbandes Elektrotechnik- u. Elektronikindustrie (ZVEI) (1989). Siegwart (2002), 38ff. Seite 90 4.1.3 Systeme der Leistungsmessung Beurteilung des ROI-Ansatzes Der ROI-Ansatz kann als «Stammvater» traditioneller Finanzkennzahlensysteme bezeichnet werden. Er erlaubt über den ROI-Baum und seine Komponenten einen guten und schnellen Einblick in die Zusammenhänge in den Unternehmen. 190 Dennoch wird der ROI-Ansatz insbesondere von den Vertretern des Shareholder Value-Ansatzes seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts mit vehementer Kritik bedacht.191 Es wird argumentiert, dass Leistungsindikatoren, die direkt auf dem Rechnungswesen basieren (z.B. der absolute Gewinnausweis und somit auch der ROI) unter anderem aus folgenden Gründen ungeeignet sind, die finanzielle Leistung verlässlich zu messen:192 • alternative handels- und steuerrechtliche Bewertungsverfahren (z.B. bei Warenaufwand und Lagerwert) sowie die Abschreibungs- und Kapitalisierungspolitik beeinflussen das Ergebnis,193 • das Risiko einer Investition («Geschäftsrisiko», «finanzielles Risiko») wird nicht adäquat berücksichtigt, • der Zeitwert des Geldes wird vernachlässigt, • der Einfluss der Inflation wird nicht berücksichtigt, • die willkürliche Periodenabgrenzung von periodenübergreifenden Aktivitäten und Geldströmen ist nicht realitätsnah («Cash is a fact, profit an opinion»), 189 190 191 Vergleiche hierzu: Reichmann/Lachnit (1976), 705ff. Reichmann (2001), 65ff. Vollmuth (1999), 200. Siegwart (2002), 31. Diese Kritikpunkte gelten grundsätzlich nicht nur für den ROI, sondern auch für verwandte Konzepte wie die Eigenkapitalrentabilität («Return on Equity», ROE) und den Gewinnes pro Aktie («Earnings per Share», EPS). Dabei ist zu beachten, dass der ROE zusätzlich durch die Substituierung von Eigen- durch Fremdkapital beeinflusst werden kann, insofern die Zinskosten für das substituierende Fremdkapital unter der Gesamtkapitalrentabilität vor Substitution liegen (so genannter «Leverage-Effekt»). Diese Einflussmöglichkeit wird auch deutlich, wenn man den ROE in seine Komponenten zerlegt: ROE = 192 193 Jahresgewinn Umsatz Gesamtkapital × × Umsatz Gesamtkapital Eigenkapital Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 38. Rappaport (1995),44. Black et al. (2001), 50ff. Fabozzi (2003), 145ff. sowie die jeweils dort zitierte Literatur. Vergleiche hierzu etwa: Bühner (1990), 27ff. Bischoff (1994), 12ff. Bergmann (1996), 141ff. Sauter (1997), 26ff. Rappaport (1998), 21ff. Vollmuth (2001), 27. Die Kapitalisierungspolitik wird massgeblich durch die Ansatzwahlrechte der handelsrechtlichen Gesetzgebung bestimmt. Vergleiche hierzu etwa: Sauter (1997), 27f. Systeme der Leistungsmessung Seite 91 • ausserhalb der jeweiligen Periode liegende Ereignisse werden nicht berücksichtigt (z.B. die Veränderung des zukünftigen Wertes eines Unternehmens durch heutige Massnahmen). • Der ROI kann daher zu einem Ergebnis führen, welches fallweise von der internen, wirtschaftlichen Verzinsung abweicht und Anreize zu Fehl- oder Unterinvestitionen setzt.194 • Der ROI beruht auf historischen Finanzkennzahlen und kann daher für zukunftsorientierte Führungsentscheidungen nur Anregungsinformationen vermitteln. Abbildung 29: Stärken und Schwächen des ROI-Ansatzes STÄRKEN • Der ROI ist als Spitzenkennzahl auch für finanztechnisch nicht versierte Adressaten leicht verständlich. • Der ROI erlaubt einen guten Einblick in die Unternehmenszusammenhänge. • Der ROI kann mit Hilfe des ROI-Baumes übersichtlich in seine Komponenten zerlegt werden. • Die Komponenten des ROI sind in der Regel leicht verfügbar, da sie direkt aus der Bilanz und Erfolgsrechnung abgeleitet werden können. SCHWÄCHEN • Risiko einer Investition und Zeitwert des Geldes werden im ROI-Ansatz nicht berücksichtigt. • Die willkürliche Periodenabgrenzung beeinträchtigt bei mehrperiodigen Leistungszusammenhängen die Aussagekraft des ROI. • Der finanziell-rückblickende Charakter des ROI schränkt seine Eignung für vorausschauend-planende Zwecke ein. • Der ROI beruht auf historischen Finanzkennzahlen und ist daher nur bedingt entscheidungsrelevant. 194 Zu einer diesbezüglich frühen Kritik am ROI vergleiche etwa: Solomon (1966), 232ff. Seite 92 Systeme der Leistungsmessung 4.2 Der «Shareholder Value» Ansatz 4.2.1 Ursprung und Ziele des «Shareholder Value»-Ansatzes In grossen Kapitalgesellschaften treten die Manager in der Regel als Agenten der Eigentümer auf. Die daraus resultierende Trennung von Eigentümerschaft und Kontrolle begründet die Forderung nach Koordinationsmechanismen, welche sicherstellen, dass die Manager tatsächlich im Interesse der Eigentümer handeln.195 Aus der Kritik, dass traditionelle Systeme der formalen Leistungsmessung (z.B. ROI), die sich vorwiegend auf Finanzinformationen aus dem Rechnungswesen abstützen, diesem Zweck nicht vollumfänglich gerecht werden, und dass diese für die «ex post»Betrachtung der externen Rechnungslegung entwickelten Leistungsindikatoren für bestimmungsfremde und ungeeignete Zwecke (z.B. für die vorausschauende strategische Planung, die Leistungsmessung oder die Honorierung von Führungskräften) verwendet werden, ist das Konzept des Shareholder Value entstanden.196 In seinem ursprünglichsten Verständnis umschreibt der Begriff «Shareholder Value» (SHV) dabei den ökonomischen Wert des Eigenkapitals197 eines Unternehmens und propagiert die Wertsteigerung aus Sicht der Eigenkapitalgeber als zentrale Zielsetzung.198 Im SHV-Ansatz wird daher Unternehmenserfolg (beziehungsweise Leistung) am ökonomischen Wert gemessen, der für die Eigentümer geschaffen wird. 195 196 197 198 Vergleiche hierzu etwa: Rappaport (1998), 3ff. Elschen (1991), 209. Die Trennung von Eigentums- und Verfügungsgewalt wurde jedoch vor bereits mehr als 60 Jahren von Berle/Means thematisiert. Vergleiche hierzu: Berle/Means (1932). Diese Rollenteilung in einen Prinzipal (die Eigentümer) und einen beauftragten Agenten (die Manager) wird seither von der so genannten «Agency-Theorie» behandelt. Vergleiche hierzu als Referenzwerk: Jensen/Meckling (1976), 305ff. Für eine Quelle, welche die Ursprünge des Shareholder Value auf den DUPONT-ROI zurückführt: Kippenberger (1996). Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 13ff. Der ökonomische Wert des Eigenkapitals weicht in der Regel vom Buchwert des Eigenkapitals laut Bilanz ab. Als Anhaltspunkte für die Ermittlung des ökonomischen Werts des Eigenkapitals können der Marktwert des Unternehmens (z.B. laut Aktienkurs) oder die nachfolgend beispielhaft vorgestellten Berechnungen herangezogen werden. Dies lässt sich auch anhand der Übersetzung aus dem Englischen ableiten: «Shareholder» = Anteilseigner, Aktionär; «Shareholder Value» = Wert des Unternehmens aus Sicht der Eigner, Wert des Eigenkapitals. Systeme der Leistungsmessung Seite 93 Die finanztheoretischen Grundlagen verschiedener Marktwertkonzepte und des SHV lassen sich bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen199 Obwohl diese Ideen im Laufe der Jahrzehnte von verschiedenen Autoren verfeinert und weitergeführt wurden, ist der SHV als umfassender Diskussionsrahmen für die Unternehmensführung und die Leistungsmessung in der Managementpraxis allerdings erst mit der Arbeit von Rappaport200 auf breite Akzeptanz gestossen.201 Die Ausführungen von Rappaport haben in Folge nicht nur in der betriebswirtschaftlichen Theorie, sondern auch in der Führungspraxis einen wahren SHV-Boom ausgelöst. Dieser boomartigen Entwicklung ist eine Reihe von Berechnungsmethoden und Kennzahlen zur Ermittlung der Wertsteigerung zu verdanken, die sich grundsätzlich nach der Methode ihrer Berechnung («Entity»-Methode versus «Equity»-Methode)202 und nach der Orientierung der verwendeten Ausgangsdaten («Cash Flow»-Orientierung versus «Accrual»-Orientierung)203 unterscheiden lassen. So haben neben der insbesondere von Rappaport204 sowie Copeland et al.205 propagierten «Discounted Cash Flow (DCF)»-Konzeption in den letzten Jahren etwa auch die Konzepte des «Economic Value Added» (EVA)206 und des «Cash Flow Return on Investment», CFROI)207 besondere praktische Relevanz erlangt.208 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 Für eine Darstellung des Ursprungs und der Inhalte diesbezüglicher Konzepte vergleiche etwa: Bischoff (1994), 88ff. Rappaport (1998). US-amerikanische Erstauflage: 1986. Zu dieser Beobachtung vergleiche auch: Meier-Scherling (1996), 87. Black et al. (2001), 22f. Die «Entity»-Konzepte berechnen zunächst den Vermögenswert des Unternehmens und subtrahieren in der Folge den Wert des Fremdkapitals, um so den Wert des Eigenkapitals zu ermitteln. Die «Equity»-Konzepte setzen in ihren Berechnungen direkt beim Eigenkapital an. Zur «Entity/Equity»-Unterscheidung vergleiche etwa: Drukarczyk (1998), 178ff. Helbling (1998), 76f. Hostettler/Stern (2004), 27. Die «Cash Flow»-Konzepte rechnen auf Basis der erwarteten Geldflüsse (Aus- und Einzahlungen). Die «Accrual»-Konzepte hingegen rechnen auf Basis der erwarteten Periodenerfolge, wobei sich die Periodenzuordnung von Aufwand und Ertrag gemäss «Accrual»-Konzept von der Periodenzuordnung der diesbezüglichen Aus- und Einzahlungen gemäss «Cash Flow»-Konzept unterscheiden können. Für die Bezeichnung der SHV-Methode nach Rappaport als «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode vergleiche: Copeland et al. (2002), 171ff. Vergleiche hierzu aber auch die grundlegenden Ausführungen von Busse von Colbe (1957). Copeland et al. (2002). Unterstützende Beratungsfirma: MCKINSEY & CO. Stewart (1991). Unterstützende Beratungsfirma: STERN STEWART & CO. Lewis (1994). Unterstützende Beratungsfirma: BOSTON CONSULTING GROUP beziehungsweise HOLT VALUE ASSOCIATES. Vergleiche aber auch: Eidel (1999), 55ff. Madden (2000). Kucher (2000), 54ff. Black et al. (2001), 78ff. Young/O'Byrne (2001), 381ff. Fabozzi (2003), 33ff. Stührenberg et al. (2003), 41ff. Zu einer Gegenüberstellung der diesbezüglichen Konzepte und Berechnungsmethoden vergleiche: Hostettler (1998), 47ff. Boemle/Stolz (2002), 129f. Stührenberg et al. (2003), 32ff. Langguth/Chahed (2004). Zu Seite 94 4.2.2 Systeme der Leistungsmessung Inhalte und Methoden des «Shareholder Value»-Ansatzes Die von den verbundenen Beratungsfirmen zum Teil mit Vehemenz ausgetragene Diskussion um die Vor- und Nachteile der einzelnen SHV-Ansätze hat zur Bezeichnung «Metrics War» geführt.209 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden aus der Fülle der Verfahren zur «Shareholder Value»-Ermittlung stellvertretend die «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode und die «Economic Value Added» (EVA)-Methode vorgestellt, um so je einen «Cash Flow»- beziehungsweise «Accrual»-Ansatz210 zu erläutern und anhand der Gemeinsamkeiten die zentralen Aussagen der SHV-Idee zu unterstreichen. Anhand eines Zahlenbeispieles wird gezeigt, dass diese beiden Methoden grundsätzlich zu identischen Wertaussagen führen. Dabei sollen jedoch nicht primär die rechnerische Methodik oder detaillierte Bewertungsfragen, sondern vielmehr die konzeptionellen Ansatzpunkte für die Leistungsmessung im Vordergrund stehen. 4.2.2.1 Die «Discounted Cash Flow» (DCF)-Methode Der ökonomische Unternehmenswert211 lässt sich gemäss DCF-Methode dadurch berechnen, dass die für die Zukunft prognostizierten «Free Cash Flows»212 mittels ei- 209 210 211 212 einem schematischen Vergleich zwischen dem CFROI-Verfahren (welches zum «Cash Value Added» führt) und den DCF-Ansätzen von Rappaport und Copeland et al. vergleiche: Copeland et al. (2002), 15. Zur empirisch unterlegten Verbreitung der Konzepte: Happel (2002). Die verschiedenen Ansätze umspannen in der Regel nicht nur die Leistungsmessung, die hier im Zentrum des Interesses steht, sondern das gesamte wertgerichtete Leistungsmanagement («wertorientiertes Management», "Value Based Management»). So führen etwa Copeland et al. aus, dass wertorientiertes Management über vier Managementprozesse gesteuert werden kann: (a) die Strategieentwicklung, (b) die Zielfestlegung, (c) Aktionspläne/Budgets und (d) Leistungsbeurteilungs-/Anreizsysteme. Vergleiche hierzu Copeland et al. (1998), 136f. sowie die Parallelen zum Leistungsmanagement-Modell in Abschnitt 3.1.2. Vergleiche hierzu: Young/O'Byrne (2001), 381ff. Hostettler/Stern (2004), 52. «Cash Flow» Ansätze beziehen sich im vorliegenden Verständnis an den tatsächlichen Geldflüssen, während die «Accrual» Ansätze sich auf Finanzdaten nach Periodenabgrenzung beziehen. Zu einer Gegenüberstellung dieser Ansätze vergleiche auch: Kind (2000), 42ff. Der Begriff «Unternehmenswert» wird hier als ökonomischer Unternehmensgesamtwert beziehungsweise ökonomischer Unternehmensvermögenswert verstanden, der sich auf den ökonomischen Wert der Investitionen in das Gesamtkapital (Eigenkapital plus Fremdkapital) bezieht und dem ökonomischen Wert des Gesamtvermögens (Umlaufvermögen plus Anlagevermögen) entspricht. Zum Unternehmensgesamtwert vergleiche etwa: Drukarczyk (1998), 153. Andere Autoren, z.B. Copeland et al. (2002), verwenden den Begriff «Unternehmenswert» teilweise als Synonym für den ökonomischen Wert des Eigenkapitals. «Free Cash Flow» (freier Cash Flow) = Cash Flow, der für die Bedienung der Fremdkapitalgeber und der Eigentümer zur Verfügung steht. Dies entspricht vereinfacht dem Cash Flow aus operativer Tätigkeit abzüglich Cash Flow aus Investitionstätigkeit. Systeme der Leistungsmessung Seite 95 nes zu bestimmenden Diskontsatzes auf ihren Gegenwartswert abdiskontiert und aufsummiert werden (daher auch die Bezeichnung «Discounted Cash Flow»-Methode).213 Zur Herleitung des ökonomischen Wertes des Eigenkapitals (Shareholder Value) aus dem so berechneten Unternehmenswert muss der ökonomische Wert des Fremdkapitals vom Unternehmenswert abgezogen werden (siehe Abbildung 30). Geschäftsstrategien von Unternehmen oder Unternehmensteilen und die Beiträge zu deren Realisierung (=Leistungen) lassen sich aus Sicht der Eigentümer demnach anhand des ökonomischen Eigenkapitalwertes beurteilen, den sie in der gewählten Prognoseperiode voraussichtlich schaffen werden.214 213 214 215 FCF4 FCF3 Residualwert FCF8 FCF7 FCF6 FCF2 FCF5 Diskontierung FCF1 Unternehmenswert SHV (Wert EK) Wert FK Abbildung 30: Berechnungsschema der DCF-Methode215 Zeit Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 5. Rappaport verwendet den Begriff «Free Cash Flow» (freier Cash Flow) allerdings nicht wörtlich sondern nur sinngemäss. Der Diskontsatz wird in der Regel auf Basis der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten berechnet («Weighted Average Cost of Capital, WACC). Vergleiche hierzu etwa: Klien (1995), 27f. Copeland et al. (2002), 17. Der SHV in seiner generischen DCF-Form beschäftigt sich daher mit der aufgrund der eingeschlagenen Geschäftsstrategie erwarteten zukünftigen Leistung. Zukünftige Leistungen lassen sich jedoch nicht messen, sondern bestenfalls prognostizieren beziehungsweise abschätzen. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt 2.2.3 und die Wortwahl («estimating») von Rappaport (1998), 32ff. Die Prognoseperiode der schematischen Darstellung in Abbildung 30 ist willkürlich gewählt und muss im konkreten Anwendungsfall individuell festgelegt werden. Die Länge der Prognoseperiode kann den Residualwert massgeblich beeinflussen. Der Residualwert am Ende der Prognoseperiode kann als ewige Rente des FCF des letzten Prognosejahres berechnet werden. Zum Einfluss der Länge der Prognoseperiode auf den Residualwert vergleiche: Cheridito/Schnell (2004). Seite 96 Systeme der Leistungsmessung Die zentralen Informationen, welche in die diesbezüglichen Berechnungen einfliessen, sind: • die prognostizierten Cash Flows: «Free Cash Flows» (freie Cash Flows, FCF), welche sich direkt über den Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit oder indirekt über die Cash Flows aus operativer Tätigkeit und Investitionstätigkeit sowie die Veränderung der flüssigen Mittel ermitteln lassen,216 • der Diskontzinssatz: Beispielsweise als Schätzung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten auf Basis der Fremd- und Eigenkapitalkosten217 oder in Form der angestrebten Eigenkapitalrentabilität (Ziel-ROE)218, eventuell ergänzt um Risikozuschläge219, 216 Grundsätzlich repräsentiert der Cash Flow (CF, ∆ Cash) die Veränderung der flüssigen Mittel aufgrund der Differenz zwischen Ein- und Auszahlungen. Auf den nachfolgenden Seiten gliedert sich dieser CF (1) in den operativen Cash Flow (CF Operativ), welcher auf Basis des Nettoumlaufvermögens (Umlaufvermögen minus unverzinsliches FK wie z.B. Kreditoren oder Rückstellungen) berechnet ist, (2) in den Cash Flow aus Investitionstätigkeit (CF Investition), welcher sich auf die Investitionen in das Anlagevermögen bezieht und (3) in den Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit (CF Finanzierung), welcher sich auf Zahlungsströme betreffend das verzinsliche Fremdkapital (CF EK) und das Eigenkapital (CF EK) beschränkt. Diese vereinfachte Dreiteilung entspricht im Detail (z.B. bei den Fremdkapitalzinsen) nicht genau der Definition gemäss IFRS oder USGAAP. Es gilt jedoch: Cash Flow = ∆ Cash = CF Operativ + CF Investition + CF Finanzierung Der freie Cash Flow (FCF), der für die Bedienung der Investoren (Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber) zur Verfügung steht ist demnach: FCF = CF Finanzierung = CF EK + CF FK = ∆ Cash − (CF Operativ + CF Investition) wobei ein aus Sicht des Unternehmens negativer FCF aus Sicht der Shareholder nicht negativ zu beurteilen ist, da dies beispielsweise auf den Abbau bestehender Verbindlichkeiten (Zahlungen an die Fremdkapitalgeber) oder auf Auszahlungen an die Eigentümer (aufgrund von Ansprüchen auf das Eigenkapital) hinweisen kann. Der freie CF lässt sich zum Zweck der besseren Verständlichkeit durch (einseitigen) Vorzeichenwechsel aber auch wie folgt darstellen: 217 218 219 Free CF = CF Operativ + CF Investition − ∆ Cash Aus der Summe aller abdiskontierten freien Cash Flows resultiert somit der ökonomische Unternehmenswert auf Basis Nettovermögen. Das Nettovermögen entspricht dabei dem Vermögen abzüglich dem unverzinslichem Fremdkapital (=Nettoumlaufvermögen plus Anlagevermögen minus Rückstellungen). Dieser Unternehmenswert kann für die Bedienung der Ansprüche der Fremdkapital- und Eigenkapitalgeber herangezogen werden. Der «Shareholder Value» als Anspruch der Eigentümer ergibt sich daher nach Abzug des Fremdkapitals (=Anspruch der Fremdkapitalgeber) vom Unternehmenswert. Für weiterführende Angaben zum freien Cash Flow in der Wertsteigerungsanalyse vergleiche etwa: Klien (1995), 26ff. Für eine übersichtliche Darstellung zur Berechnung der Kapitalkosten nach dem «Capital Asset Pricing Model» (CAPM) siehe: Gregory (1999), 74ff. Taetzner (2000), 149ff. Copeland et al. (2002), 17. Stührenberg et al. (2003), 17ff. Dies scheint gemäss empirischen Umfragen auch die am weitesten verbreitete Methode zur Abschätzung der Kapitalkosten zu sein. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 21. Vergleiche hierzu aber auch die Kritik von McNulty et al. (2003). Im nachfolgenden Zahlenbeispiel zur MUSTER AG (vergleiche hierzu Abbildung 32) wird der Ziel-ROE als einheitlicher Kalkulationszinssatz verwendet, um so zu zeigen, dass bei Anwendung der gleichen Annahmen die DCF-Methode und die EVA-Methode zu identischen Ergebnissen führen. Für eine Übersicht möglicher Faktoren, die zu Risikozuschlägen führen können: Helbling (1998), 423ff. Systeme der Leistungsmessung Seite 97 • der prognostizierte Residualwert: geschätzter Wert des Unternehmens am Ende der festgelegten Prognoseperiode (z.B. Liquidationswert oder Fortführungswert).220 Der Zusammenhang dieser Einflussgrössen wird im Shareholder Value-Netzwerk nochmals verdeutlicht (siehe Abbildung 31). Die Schaffung von Shareholder Value in Form von Cash Flows zu Gunsten der Eigentümer fungiert hierbei als oberste Zielsetzung des Unternehmens221, wobei die prognostizierten freien Cash Flows die zentralen Bewertungskomponenten verkörpern, welche sich in der Regel auch über den Residualwert massgeblich auf den Unternehmenswert auswirken. Die Bewertungskomponenten wiederum hängen von «Werttreibern» ab.222 Im Fall der freien Cash Flows können beispielsweise die voraussichtliche Wirkungsdauer der wertsteigernden Geschäftsstrategie beziehungsweise der wertsteigernden Aktivitäten, das erwartete Umsatzwachstum, die operative Cash Flow-Marge223, die Entwicklung der Gewinnbesteuerung sowie die Investitionen in das Anlagevermögen224 als treibende Faktoren genannt werden. Der anhand dieser Beziehungen ermittelte SHV dient gemäss Rappaport der Beantwortung der grundsätzlichen Frage nach dem Eigentümerwert, den der Unternehmensplan schafft, und hilft darüber hinaus, wertschaffende und wertvernichtende Geschäftseinheiten zu orten und Alternativstrategien zu beurteilen.225 220 221 222 223 224 225 Der Residualwert macht oft den grössten Teil des berechneten Unternehmenswertes aus und kann zum so genannten «Hockey Stick»-Effekt führen. Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 40ff. Copeland et al. (2002), 324ff. Zur Wertmaximierung als oberste Zielsetzung vergleiche auch: Copeland et al. (2002), 330ff. Vergleiche hierzu: Copeland et al (2002), 132ff. Die Autoren verwenden für die Bewertungskomponenten und die Werttreiber in der deutschsprachigen Übersetzung den Sammelbegriff «Wertfaktoren». In der deutschen Ausgabe wurde der Begriff «Operating Profit Margin» mit «betrieblicher Gewinnmarge» übersetzt, obwohl damit eigentlich die operative Cash Flow-Marge gemeint ist, welche von buchhalterischen Gewinnmarge zu unterscheiden ist. Vergleiche hierzu: Rappaport (1995), xviii. In der vorliegenden Arbeit wird zur Vermeidung von Verwechslungen der Begriff «operative CF-Marge» verwendet. Die Investitionen in das Nettoumlaufvermögen sind über die operative CF-Marge bereits in der operativen Geschäftstätigkeit berücksichtigt. Rappaport (1998), 77ff. Seite 98 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 31: Das Shareholder Value-Netzwerk226 Zielsetzung des Unternehmens Bewertungskomponenten Werttreiber Eigentümer: Dividenden, Kursgewinne, Kapitalgewinne SHAREHOLDER VALUE (DCF EK) SCHAFFEN Residualwert Dauer der wertbeeinflussenden Aktivitäten Führungsentscheidungen Free Cash Flow Umsatzwachstum Operative CF-Marge Gewinnsteuersatz Operative Geschäftstätigkeit (NUV) Cash Flow Fremdkapital Diskontsatz Anlagevermögen Eigenkapital Fremdkapital Ziel-ROE FK-Zins Interest Tax Shield Investitionstätigkeit (AV) Finanzierungstätigkeit (verzinsl. FK, EK) Rappaport überträgt sein SHV-Konzept aber auch auf die Leistungsbewertung und Entlohnung von Führungskräften: Wird langfristige Wertgenerierung für die Eigentümer als zentrale Aufgabe des Managements akzeptiert, so sollten sich auch die Leistungsbewertung und das Anreizsystem an dieser Zielsetzung ausrichten.227 Grundsätzlich können zwei Quellen als Mass der Wertsteigerung für ein solches Leistungsmessungs- und Anreizsystem dienen: der Aktienmarkt (über den Kurswert der Aktien) und 226 227 In Anlehnung an: Klien (1995), 31. Rappaport (1998), 56. Verwendete Abkürzungen: DCF EK = Discounted Cash Flow Eigenkapital, NUV = Nettoumlaufvermögen, AV = Anlagevermögen, verzinsl. FK = verzinsliches Fremdkaptial, EK = Eigenkapital. Für eine ergänzende Übersicht zu verschiedenen SHV-freundlichen Führungsentscheidungen vergleiche auch Klien (1995), 189f. Für eine Erweiterung zu einem Stakeholder Value-Netzwerk vergleiche: Löhnert (1996), 223. Strack/Villis (2001). Strack/Willis (2001) ergänzen im RAVE-Konzept («Real Asset Value Enhancer») die klassische Kapitalsichtweise («Capital View») um eine Mitarbeiterperspektive («Human Resources View», «Workonomics») und eine Kundensichtweise («Customer View», «Custonomics»). Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 112ff. Vergleiche aber auch: Copeland et al. (2002), 130ff. Systeme der Leistungsmessung Seite 99 das Unternehmen selbst (über den rechnerisch ermittelten SHV). Systeme, welche die Eigentümerrendite anhand der ausgeschütteten Dividenden plus den Kurswertsteigerungen auf dem Aktienmarkt messen, sind gemäss Rappaport jedoch in erster Linie für Führungskräfte auf Ebene Gesamtunternehmen relevant. Für Führungskräfte in Gesellschaften und Geschäftseinheiten bieten langfristige Anreize, die auf finanziellen Performance-Zielen wie beispielsweise der unternehmensintern berechneten Wertsteigerung beruhen, eine sinnvollere und direktere Motivation dafür, entsprechende Geschäftsstrategien zu unterstützen.228 Rappaport fordert daher, Strategie und Leistung über die Leistungsmessung zu verknüpfen indem die Leistungsmessung an die strategische Planung der SHV-Werte anknüpft. Ein Beispiel für die Berechnung des Shareholder Value mittels Discounted Cash Flow Methode auf Basis der Plandaten für die MUSTER AG zeigt Abbildung 32.229 Der Shareholder Value als Barwert des Eigenkapitals (CHF 118.106) sowie die Wertsteigerung (CHF 86.106) werden in diesem Beispiel sowohl auf direkte als auch auf indirekte Weise ermittelt. Für die zwischenzeitliche (z.B. jährliche) Leistungsbeurteilung können die jeweils realisierten Ist-Werte nach dem Prinzip einer konventionellen Abweichungsanalyse230 mit den entsprechenden Planwerten verglichen und die Ursachen für eine eventuelle Abweichung von der geplanten Soll-Wertsteigerung eruiert werden. Eine absichtlich zu pessimistische Planung der erwarteten Wertsteigerung am Anfang der Prognoseperiode wird dadurch verhindert, dass dies die Unternehmenszentrale zu einer anderweitigen, stärker wertsteigernden Allokation der knappen finanziellen Mittel (z.B. in einer anderen Geschäftseinheit) und folglich zu einer Ablehnung der beabsichtigten strategischen Investitionen veranlassen könnte. Eine zu optimistische Planung hingegen wird durch die Anbindung der Honorierung an die Zielerreichung beziehungsweise die Abweichungsanalyse vermieden.231 228 229 230 231 Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 116ff. Copeland et al. (2002) zeigen weiters, dass eine hohe Korrelation zwischen Marktwert und Unternehmenswert nach der DCF-Methode besteht. Vergleiche hierzu: Copeland et al. (2002), 112. In der EVA-Berechnung wird der Vergleich zu Kapitalmarktdaten durch die «ex post»-Methode der MVA-Ermittlung thematisiert. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.2.2.2. Details zur Berechnung und Herleitung der Abbildung 32 sind im Anhang in Abschnitt 7.1 zu finden. Dort sind die den Berechnungen zu Grunde liegenden Bilanzen und Erfolgsrechnungen sowie die daraus abgeleiteten Cash Flows (in direkt und indirekt ermittelter Form) dargestellt. Zur Soll-Ist-Analyse in der wertorientierten Leistungsmessung vergleiche auch: Klien (1995), 207ff. Diese Wirkung wird von Stewart durch seine Forderung, Leistungsmessung und Entlohnung von der Budgetierung zu trennen («Separate Bonuses from Budget»), angezweifelt. Vergleiche hierzu die Ausführungen auf Seite 107. Vergleiche hierzu aber auch: Palass (1992), 322. Der Autor beschreibt hier das teil- Seite 100 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 32: DCF der MUSTER AG232 DCF Net Assets (NA) Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. FCF Diskontfaktor234 Barwert -21.890 0,92 -20.194 12.942 0,85 11.014 2.774 0,79 2.178 8.886 0,72 6.436 17.829 0,67 11.912 212.250 0,67 141.808 DCF NA Buchwert NA Wertsteig. NA 153.154 72.000 81.154 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. 8.640 0,92 7.970 -11.192 0,85 -9.525 -1.024 0,79 -804 -7.136 0,72 -5.168 -3.192 0,67 -2.133 -38.000 0,67 -25.389 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. CF EK Diskontfaktor Barwert -13.250 0,92 -12.223 1.750 0,85 1.489 1.750 0,79 1.374 1.750 0,72 1.267 14.637 0,67 9.779 174.250 0,67 116.420 DCF EK (direkt) Buchwert EK Wertsteigerung EK 118.106 32.000 86.106 233 DCF FK (verzinslich) CF FK Diskontfaktor Barwert DCF FK Buchwert FK Wertsteigerung FK -35.047 -40.000 4.953 DCF EK (indirekt) DCF EK DCF EK (direkt) 232 233 234 118.106 weise zurückhaltende Budgetierungsverhalten als einen der Problempunkte des SHV-basierten Entlohnungssystems bei BERTELSMANN. Verwendete Abkürzungen: NA = Nettoaktiven bzw. Net Assets, FK = Fremdkapital, EK = Eigenkapital. Der Residualwert für die Jahre 6ff. ist als ewige Rente auf Basis des FCF des Jahres 5 berechnet. Der Diskontfaktor ist auf Basis des Ziel-ROE nach Steuern als Diskontzinssatz berechnet: Ziel-ROE vor Steuern = 12%, Steuersatz = 30%, Ziel-ROE nach Steuern = 12% x 0,3 = 8,4%. Wird der Shareholder Value (sowohl nach der DCF- als auch nach der EVA-Methode berechnet) nicht als Massstab der Eigenkapitalwertsteigerung, sondern als Massstab der Gesamtkapitalwertsteigerung verstanden, so kann auch mit den WACC nach Steuern als Diskontzinssatz gerechnet werden. Werden jedoch die unterschiedlichen Zahlungsströme anstatt mit einem einheitlichen Diskontzinssatz mit unterschiedlichen Zinssätzen diskontiert (z.B. WACC nach Steuern für DCF Net Assets, FK-Zins nach Steuern für DCF FK, Ziel-ROE nach Steuern für DCF-EK), so führen die direkte und die indirekte Methode der DCF EK-Ermittlung zu unterschiedlichen Ergebnissen. Systeme der Leistungsmessung Seite 101 Für die jährliche Leistungsmessung und Honorierung können jedoch auch Zwischenziele festgelegt werden, welche sich nicht unbedingt direkt auf den finanziellen SHV oder die Werttreiber beziehen müssen, sondern auch Vorgaben in Bezug auf Kundenzufriedenheit, Innovation, Qualität oder weitere strategische Faktoren umspannen können.235 Ein zentraler Faktor ist jedoch auch hier die Qualität der erstellten Prognosen, welche durch Anbindung an das strategische Management (z.B. die Wettbewerbsanalyse nach Porter)236 sowie durch Berechnung verschiedener Szenarien und die Durchführung von Sensitivitätsanalysen erhöht werden kann.237 In einem multinationalen Messumfeld wird die finanzielle Shareholder Value-Analyse bei der Bewertung ausländischer Tochtergesellschaften durch den Einfluss von Fremdwährungen, unterschiedliche steuer- und bilanzrechtliche Vorschriften sowie Transferpreise erschwert. Copeland et al. empfehlen zur Behandlung dieser Einflüsse folgende Sequenz:238 • Analyse der früheren Leistung in Bezug auf Einflüsse von Währungsschwankungen, Steuern und Transferpreise («Arm's Length Principle»), • Bereinigung der Einflüsse unterschiedlicher Bilanzierungsrichtlinien, • Prognose aller freien Cash Flows in der jeweiligen ausländischen Währung, • Schätzung des lokalen Diskontsatzes (unter Berücksichtigung lokaler Kapitalkosten, Länderrisiko und Kapitalstruktur) • Diskontierung dieser Cash Flows in die Währung der Tochtergesellschaft • und schliesslich Umrechnung des auf Basis dieser Daten ermittelten SHV (in Währung der Tochtergesellschaft) in die Währung der Muttergesellschaft. 235 236 237 238 Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 129ff. Vergleiche hierzu aber auch Copeland et al. (2002), 132ff. Die Autoren nennen ein tiefes Verständnis der Leistungsparameter (Kundenzufriedenheit, Kosten, Investitionen) als Voraussetzung für ein wertorientiertes Management und empfehlen die Kombination finanzieller und operativer Leistungskriterien, welche auf der jeweiligen Führungsebene die Zuständigkeit und Verfügungsgewalt über Ressourcen widerspiegeln. «Operative Wertfaktoren» sind dabei stärker auf den unteren Hierarchieebenen angesiedelt. Vergleiche hierzu aber auch die Ausführungen zum RAVE-Konzept in Fussnote 226. Vergleiche hierzu: Rappaport (1998), 59ff. Copeland et al. (2002), 130ff. Vergleiche hierzu: Klien (1995), 198ff. Copeland et al. (2002), 358ff. Zur diesbezüglichen Vorgangsweise vergleiche: Copeland et al. (2002), 401ff. Seite 102 Systeme der Leistungsmessung 4.2.2.2 Der Economic Value Added (EVA) gemäss Stewart Der in den USA entwickelte und von Stewart239 vorgestellte «Economic Value Added» (EVA) entspricht in seiner Grundkonzeption dem bereits seit mehreren Jahrzehnten bekannten Übergewinn.240 In der vereinfachten EVA-Sichtweise schafft ein Unternehmen nur dann Wert, wenn der (operative) Gewinn die Kosten des zu seiner Erzielung eingesetzten Kapitals übersteigt. Der EVA wird über die so genannte «Capital Charge Formel»241 daher nach folgender Basisgleichung berechnet: EVA = Gewinn − kalkulatorische Kapitalkosten wobei für den Gewinn der so genannte «Net Operating Profit After Taxes» (NOPAT, Betriebsergebnis nach Steuern)242 herangezogen wird und die Kapitalkosten als Produkt aus dem kalkulatorischen Gesamtkapitalkostensatz243 und dem im betrieblichen Nettovermögen («Net Operating Assets», NOA)244 gebundenen Kapital berechnet sind.245 239 240 241 242 243 244 245 Stewart (1991). Der Ansatz wird von der Unternehmensberatung STERN STEWART & CO vermarktet. EVA ist ein eingetragenes «Trademark». Der Übergewinn wiederum entspricht weitgehend dem «Residual Income», welches als Ergänzung zum ROI-Ansatzes bereits in den 60er Jahren (unter anderem bei der GENERAL ELECTRIC COMPANY) verwendet wird, aber auch schon wesentlich früher in der Literatur Erwähnung findet. Zu dieser Beobachtung: Johnson/Kaplan (1991), 165. Keys et al. (2001), 65ff. Schneider (2001), 2509. Zur Geschichte des «Residual Income» und zum Vergleich mit dem EVA vergleiche auch: Madden (2000), 195ff. Fabozzi (2003), 3f. Horngren (2003), 789. Horngren et al. (2005), 432ff. Der EVA wird gelegentlich auch als «Super-Profit» eines Unternehmens bezeichnet. Vergleiche hierzu etwa: Stern (1993), 31. Andere sprechen von einer "variierten «Übergewinn-Kaufmethode» aus der Unternehmensbewertungslehre vor über einem halben Jahrhundert, aufgeplustert um angelsächsische Namensgebungen." Vergleiche hierzu: Schneider (2001), 2509. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 16. Um das Betriebsergebnis laut Erfolgsrechnung in den betrieblich relevanten NOPAT für die EVA-Berechnung überzuleiten, muss eine Bereinigung um nicht-betriebliche beziehungsweise nicht-erfasste Aufwendungen und Erträge vorgenommen werden. Vergleiche hierzu etwa: Hostettler (1998), 150ff. Martin/Petty (2000), 87ff. Young/O'Byrne (2001), 111. Keys et al. (2001), 70. Aders/Hebertinger (2003), 19. Stührenberg et al. (2003), 56ff. Langguth/Chahed (2004), 401. Der Kapitalkostensatz verkörpert die erwartete Mindestrendite und wird für die Abdiskontierung der EVAs zum Market Value Added (MVA) verwendet. Wie bei den DCF-Methoden kann hierfür der gewichtete durchschnittliche Gesamtkapitalkostensatz («Weighted Average Cost of Capital», WACC) herangezogen werden. Zu einer Kritik hierzu vergleiche aber auch: Schneider (2001), 2512f. Wie bei der Berechnung des NOPAT sind bei konsistentem Vorgehen auch bei der Ermittlung der NOA einige Bereinigungen vorzunehmen. So werden in der Bilanz erfasste nicht-betriebliche Aktiven eliminiert, nicht-erfasste aber dennoch betrieblich notwendige Positionen (z.B. Leasingobjekte) hingegen werden wertmässig hinzugezählt. Vergleiche hierzu etwa: Hostettler (1998), 111ff. Die zahlreichen Anpassungen sind aber zugleich auch ein Ansatzpunkt der Kritik am EVA. Vergleiche hierzu: Schneider (2001), 2509f. Daher kann der EVA in Anlehnung an Stewart auch folgendermassen beschrieben werden: EVA = NOPAT − c × NOA Systeme der Leistungsmessung Seite 103 Der so hergeleitete EVA einer Periode bestimmt den innerhalb des Betrachtungszeitraumes nach Deckung der Kapitalkosten geschaffenen oder vernichteten (betrieblichen) Unternehmenswert. Werden in einem nächsten Schritt alle zukünftigen betrieblichen Übergewinne (EVAs) auf ihren Gegenwartswert abgezinst und addiert, so ergibt dies den so genannten «Market Value Added» (MVA).246 Hostettler schlägt darüber hinaus in Anlehnung an Stewart247 eine «ex post»-Berechnungsform des MVA vor, in welcher der MVA aus Marktsicht als Mehrwert («Goodwill») des Gesamtunternehmens über das Gesamtvermögen interpretiert wird (siehe Abbildung 33): MVA (ex ante) = Barwert aller zukünftigen EVAs MVA (ex post) = Marktwert Gesamtunternehmen − Gesamtvermögen248 Die kapitalmarktorientierte ex post Form der MVA-Berechnung kann sich jedoch im Ergebnis von der internen Sichtweise der ex ante Berechnung unterscheiden. Dies ist neben börsenüblichen Schwankungen auch auf unterschiedliche Erwartungshaltungen von Investoren und Managern in Bezug auf den zukünftigen Erfolg zurückzuführen, welche unter anderem durch eine asymmetrische Informationsverteilung (z.B. betriebsinterne Geschehnisse und Pläne betreffend) oder durch Fehleinschätzungen zustande kommen können.249 Zudem kann ein guter Teil des Unternehmenswertes auf teilweise nicht bilanzierten immateriellen Werten beruhen.250 beziehungsweise durch Umformen in eine «Value Spread» und eine Kapitalkomponente 246 247 248 249 EVA = (r − c) × NOA wobei r = interne Ertragsrate, c = Kapitalkostensatz. Vergleiche hierzu: Stewart (1991), 192. Vergleiche hierzu: Stewart (1991), 741. Dabei setzt sich der Marktwert des Gesamtunternehmens aus dem Marktwert des Eigenkapitals und dem Marktwert des Fremdkapitals (inklusive Leasingverbindlichkeiten) zusammen: Marktwert Gesamtunternehmen = Marktwert EK + Marktwert FK Der MVA wird in dieser Berechnungsform insbesondere durch den anhand von Börsenwerten eruierten Marktwert des Eigenkapitals (Anzahl Aktien × Aktienkurs) beeinflusst, der die Erfolgserwartungen der Investoren auf dem Aktienmarkt reflektiert. Beurteilen die Investoren die Unternehmensentwicklung aus einer wertorientierten Sicht positiv, so steigt der Aktienkurs und der Marktwert des Eigenkapitals kommt über dessen Buchwert zu liegen. Dies führt in der ex post Berechnung zum «Goodwill» in Form des «Market Value Added». Das Gesamtvermögen als zweite Rechenkomponente umfasst sowohl betriebsnotwendiges Vermögen (NOA) als auch nicht-betriebsnotwendiges Vermögen: Gesamtvermögen = nicht-betriebsnotwendiges Vermögen + NOA Zu einer detaillierten Darstellung der ex post und ex ante Berechnung des MVA vergleiche: Hostettler (1998), 183ff. Zur MVA-Berechnung vergleiche auch: Ehrbar (1999), 68ff. Doerr et al. (2003), 289. Vergleiche hierzu auch: Fischer (2002), 166f. Fischer spricht in diesem Zusammenhang von einer «Wertlücke» und führt diese wiederum auf eine Verständnis-, eine Wahrnehmungs-, eine Informations-, eine Seite 104 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 33: «Ex post» und «ex ante» Form der MVA-Ermittlung Vermögen ex ante Sicht der Investoren Residualwert EVA8 EVA7 EVA6 EVA5 EVA4 EVA2 EVA3 Bewertungs- bzw. Prognosedifferenzen? EVA1 ? ? Market Value Added Diskontierung mit Kapitalkostensatz Market Value Added Marktwert EK (lt. Börse) Marktwert FK ex post Sicht der Manager Wie die EVA Berechnungen für die MUSTER AG in Abbildung 34 im Vergleich zu Abbildung 32 zeigen, entspricht der «ex ante»-MVA bei Rechnung auf gleicher Zahlenbasis und unter gleichen Annahmen wertmässig dem Ergebnis laut DCF-Methode.251 Um bei einer Unternehmensbewertung nach der EVA-Methode zu gleichem Ergebnis zu gelangen wie unter der DCF-Methode, muss daher auch die Berechnung des Residualwertes (z.B. als ewige Rente auf Basis des EVA des letzten Prognosejahres) stimmig sein. Wie bei der DCF-Berechnung sollte für die Berechnung des Residualwertes auf einen möglichst normalisierten, um Sondereinflüsse bereinigten EVA abgestellt werden. 250 251 Qualitäts- oder eine Berichtslücke zurück. Zur Schliessung dieser Lücken wird von verschiedener Seite der Ruf nach einem «Value Reporting» laut. Vergleiche hierzu Ruhwedel/Schultze (2004). Vergleiche hierzu: Speckbacher et al. (2003), 364. Kaplan/Norton (2004). Vergleiche hierzu aber auch das Zahlenbeispiel zur VALUE AG gemäss Abbildung 37 und Abbildung 38. Vergleiche hierzu aber auch: Fabozzi (2003), 127ff. Doerr et al. (2003), 287f. Systeme der Leistungsmessung Seite 105 Abbildung 34: EVA der MUSTER AG252 EVA Net Assets (NA) Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 EBIT Steuern (auf EBIT) 10.420 -3.126 21.260 -6.378 18.400 -5.520 25.760 -7.728 25.470 -7.641 NOPAT kalk. Zins auf NA253 7.294 -6.048 14.882 -8.499 12.880 -8.662 18.032 -9.511 17.829 -10.280 1.246 0,92 1.149 6.383 0,85 5.432 4.218 0,79 3.311 8.521 0,72 6.171 7.549 0,67 5.044 89.874 0,67 60.046 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. -3.360 -3.360 -3.192 -4.368 -3.024 -3.696 -3.136 -3.864 -3.192 -3.528 0 0,92 0 1.176 0,85 1.001 672 0,79 528 728 0,72 527 336 0,67 224 4.000 0,67 2.672 Jahr 6ff. EVA NA Diskontfaktoren Barwert EVA NA MVA NA254 Buchwert NA EV NA255 81.154 72.000 153.154 EVA FK (verzinslich) 256 FK-Zins nach Steuer kalk. Zins auf FK EVA FK Diskontfaktoren Barwert EVA FK MVA FK Buchwert FK EV FK Jahr 6ff. 4.953 -40.000 -35.047 EVA EK (indirekt) DCF EK 118.106 EVA EK (direkt) Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 EAT kalk. Zins auf EK 3.934 -2.688 11.690 -4.131 9.856 -4.966 14.896 -5.647 14.637 -6.752 EVA EK Diskontfaktoren Barwert EVA EK 1.246 0,92 1.149 7.559 0,85 6.432 4.890 0,79 3.839 9.249 0,72 6.698 7.885 0,67 5.268 MVA EK Buchwert EK EV EK 252 253 254 255 256 93.874 0,67 62.719 86.106 32.000 118.106 Verwendete Abkürzungen: MVA = Market Value Added, EV = Economic Value, FK = Fremdkapital, EK = Eigenkapital. Vergleiche hierzu Abbildung 32 sowie die Detailangaben zur Muster AG in Abschnitt 7.1. Als einheitlicher kalkulatorischer Zins wird in diesem Zahlenbeispiel der Ziel-ROE nach Steuern angesetzt. Der Market Value Added der Net Assets in der EVA-Methode entspricht der Wertsteigerung der Net Assets in der DCF-Methode in Abbildung 32. Der Economic Value (ökonomische Wert) der Net Assets in der EVA-Methode entspricht dem DCF Net Assets in der DCF-Methode in Abbildung 32. Der FK-Zins nach Steuern entspricht dem FK-Zins abzüglich «Interest Tax Shield». Seite 106 Systeme der Leistungsmessung Die so ermittelten EVAs und MVA-Werte können in verschiedener Form für die Leistungsmessung herangezogen werden (siehe Abbildung 35). Als absolute Kennzahlen können sie Auskunft darüber geben, ob der betriebliche Erfolg einer Periode die Finanzierungskosten des investierten Kapitals deckt (EVA) beziehungsweise ob der Kapitalmarkt dem Unternehmen als Gesamtprojekt einen wertschaffenden Goodwill zubilligt (MVA) und wie sich dieser Goodwill im Zeitverlauf verändert. Abbildung 35: Beispiele für Kennzahlen im EVA-Ansatz LEISTUNGSINDIKATOREN UNTER EVA Verhältniskennzahlen absolute Kennzahlen EVA MVA Value Spread In einer bestimmten Periode geschaffener Wert Marktwert des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt Verzinsung des investierten Kapitals über die kalkulatorischen Kapitalkosten hinaus relative EVA Anteil der Bruttowertschöpfung, der den Investoren zusteht EVA-ROS EVA-Marge im Umsatz Systeme der Leistungsmessung Seite 107 Soll der absolute EVA unabhängig von der Unternehmensgrösse bewertet werden, so können beispielsweise die «Value Spread», der «relative EVA» oder der «EVA-ROS» als Verhältniskennzahlen herangezogen werden:257 Während die «Value Spread»258 zeigt, inwieweit die interne Verzinsung des in das betriebliche Vermögen investierten Kapitals über dem kalkulatorischen Kapitalkostensatz liegt, beschreibt der «relative Economic Value Added»259 den Anteil des für die Investoren geschaffenen EVA an der gesamten betrieblichen Wertschöpfung. Der EVA-ROS schliesslich basiert auf der Idee der Umsatzrentabilität (ROS, Return on Sales), ersetzt dabei allerdings das Betriebsergebnis als Erfolgsgrösse durch den wertorientierten EVA, um so zusätzlich das investierte Kapital (bzw. dessen Kosten) als Gegengewicht in die Beurteilung der Umsatzentwicklung einzubeziehen.260 Für die Vereinfachung der periodischen Leistungsmessung empfiehlt Stewart jedoch, auf die absoluten EVAs der jeweiligen Periode abzustellen und die Bonusberechnung von den sonstigen Budgetvorgaben unabhängig zu machen («Separate Bonuses from Budget»). Stewart argumentiert, dass die Anbindung von Bonuszahlungen an den Budgeterreichungsgrad zu einer zu pessimistischen Budgetierungshaltung verleitet und damit mehr die Budgetverhandlungen denn die Wertsteigerung in den Mittelpunkt des Managementinteresses stellt.261 257 258 Vergleiche hierzu: Hostettler (1998), 252ff. value spread = EVA NOPAT − c × NOA NOPAT c × NOA = = − =r−c NOA NOA NOA NOA Der EVA kann daher auch als Produkt aus «Value Spread» und NOA ermittelt werden. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Fussnote 245 auf Seite 102. 259 relEVA = EVA Personalaufwand + c × NOA Die betriebliche Wertschöpfung wird dabei durch den Input an Arbeit (Personalaufwand) und Kapital (kalkulatorische Kapitalkosten) abgebildet. EVA NOPAT − c × NOA = Umsatz Umsatz 260 EVA − ROS = 261 Vergleiche hierzu Stewart (1991), 4ff und 242f. Stewart spricht in diesem Zusammenhang auch vom «Russian Quota Problem», da in einigen Betrieben der ehemaligen Sowjetunion aufgrund des fehlenden Wettbewerbs und des Mangels an Produktivitäts-Benchmarks das Problem bestand, dass Produktionsanlagen bei Testläufen zur Standardermittlung bewusst nicht mit voller Leistung eingesetzt wurden, um die so ermittelten Soll-Quoten leichter erreichbar zu machen. Seite 108 Systeme der Leistungsmessung In Hinblick auf eine anreizverträgliche «Shareholder Value»-Ermittlung schlägt Stewart vor, die Perioden-EVAs anhand folgender Formel in das Anreiz- bzw. Bonussystem einzubinden: Bonus = M1 × (EVAt − EVAt-1) + M2 × EVAt Der Bonus setzt sich nach dieser Berechnung aus zwei Komponenten zusammen: Einerseits aus der Veränderung des EVA gegenüber der Vorperiode, andererseits aus der absoluten Höhe des EVA in der laufenden Periode. Diese beiden Komponenten fliessen durch Multiplikation mit den bereits vor der Leistungsmessung mit den Führungsverantwortlichen vereinbarten Faktoren M1 (für die Veränderung des EVA im Vergleich zur Vorperiode) und M2 (für den absoluten Perioden-EVA) in die Bonusberechnung ein.262 Hierdurch können sowohl Positiv- als auch Negativboni zustande kommen können. Es empfiehlt sich daher, jährliche Boni nicht vollumfänglich auszuschütten, sondern teilweise auf einem langfristigen Bonuskonto gutzuschreiben, von welchem ein eventueller Negativbonus (Malus) in Abzug gebracht wird. Abbildung 36: Beispielhaftes Bonusmodell auf EVA-Basis263 Jahr Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 262 263 EVA absolut 1.000 4.000 3.000 -1.000 2.000 2.000 ∆ EVA 3.000 -1.000 -4.000 3.000 0 M1 M2 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 Bonus 500 50 -400 400 100 Bonuszahlung Bonuskonto 125 106 -20 85 89 375 319 -61 254 266 Gehalt & Bonus 625 606 480 585 589 Die ursprünglichen Bonusverhandlungen reduzieren sich somit auf die Festlegung der Multiplikatoren M1 und M2. M2 wird allerdings nur bei einem positiven EVA wirksam und wird bei negativem EVA auf 0 gesetzt. Dies kann in Hinblick auf den «Market Value Added» unter bestimmten Umständen zu suboptimalen Managemententscheidungen führen: Für einen rational handelnden Manager kann es aus einer reinen Bonusperspektive in gewissen Situationen von Vorteil sein, eine wertvernichtende EVA-Verteilung einer wertschaffenden vorzuziehen. In Anlehnung an: Hostettler (1998), 307ff sowie Young/O'Byrne (2001), 135ff. Abbildung 36 zeigt eine Bonusberechnung für M1 = 10% und M2 = 5%, wobei gemäss Vereinbarung jährlich 25% der Summe aus dem Periodenbonus und dem Guthaben auf dem Bonuskonto zur Auszahlung gelangen oder (bei einem Malus) dem Grundgehalt belastet werden. Das Grundgehalt beläuft sich in diesem Zahlenmodell auf 500 Geldeinheiten. Für weitere Ausführungen zu diesem Thema vergleiche auch: Hostettler/Stern (2004), 165ff. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass der Malus-Gedanke in der Praxis nur wenig Zuspruch findet. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 38. Systeme der Leistungsmessung 4.2.3 Seite 109 Beurteilung des «Shareholder Value» Ansatzes Das zentrale Anliegen des Shareholder Value-Ansatz liegt in der Transformation der strategischen Planung in eine einzige wertorientierte Spitzenkennzahl: Die SHV-Analyse vertraut zu diesem Zweck auf verschiedenste Arten von Vorhersagen, um Hoffnungen, Befürchtungen und Erwartungen in Bezug auf eine Strategie in einen finanziellen Wert zu übersetzen.264 Diese Grundvorstellung ist jedoch bereits in traditionellen Finanzkennzahlensystemen wie etwa dem ROI-Baum zu finden. Ein verfahrensbedingter Vorteil der SHV-Methoden gegenüber diesen Systemen besteht jedoch in der Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes, welcher vereinfacht ausgedrückt besagt, dass eine heute empfangene Geldeinheit aus Sicht des Empfängers mehr wert ist, als eine erst in Zukunft empfangene Geldeinheit. Der Zeitwert des Geldes, welcher bei ROI-Berechnungen nicht zum Tragen kommt, ist auch der Grund dafür, dass in den oben vorgestellten SHV-Methoden die zukünftigen freien Cash Flows beziehungsweise EVAs in der mehrperiodigen Leistungsmessung auf ihren heutigen Gegenwartswert abgezinst werden. Als weitere verfahrensbedingte Stärke wird in allen gängigen SHV-Ansätzen über den Kapitalkostensatz das Risiko der Investition in das jeweilige Unternehmen beziehungsweise die jeweilige Geschäftseinheit berücksichtigt.265 Würde man diese Sichtweise auf traditionelle Finanzkennzahlensysteme übertragen, so wäre “statt des Gewinnes der Erwartungswert und die Standardabweichung des Gewinnes zur Performancemessung heranzuziehen.”266 Diese Vorgehensweise ist in traditionellen Finanzkennzahlensystemen jedoch in der Regel nicht üblich. Die SHV-Konzeptionen trachten durch ihre betont zukunftsorientierte Perspektive danach, die negativen Auswirkungen der aus buchhalterischen Gründen durchgeführten Periodenabgrenzung zu relativieren. Bei Investitionen, deren sämtliche Ein- und Auszahlungen nicht innerhalb einer Periode abgewickelt werden, kann eine periodenorientierte Berechnung von Finanzkennzahlen zu einer verzerrten Darstellung der Lei- 264 265 266 Vergleiche hierzu: Day/Fahey (1990), 159. Vergleiche hierzu beispielsweise: Fabozzi (2003), 49ff. Bischoff (1994), 17. Für den ROI würde dies bedeuten, dass diese Vorgehensweise sowohl auf den Gewinn, als auch auf das investierte Kapital angewendet werden müsste. Seite 110 Systeme der Leistungsmessung stungsinformationen führen.267 In diesem Sinne argumentiert auch Spremann mit seiner Beobachtung, dass die in vielen Grossunternehmen übliche Bildung strategischer Geschäftseinheiten mit der Schaffung grösserer Projekte zu vergleichen ist, “die weitgehend selbständig, aber doch unter Schutz und Aufsicht der Mutterunternehmung entwickelt und zur Reife gebracht werden”. In einer solchen der Investitionsrechnung artverwandten Projektperspektive eignet sich die traditionelle, periodenorientierte Betriebsergebnisrechnung gemäss Spremann nicht zur Leistungsmessung.268 Diese Aussage zur Periodenbezogenheit besitzt allerdings nur dann Gültigkeit, wenn traditionelle Kennzahlensysteme tatsächlich mit einer auf nur einen kurzen, einperiodigen Planungshorizont beschränkten Sicht zur Anwendung gelangen. Werden hingegen die treibenden Faktoren eines ROI mit gleicher Akribie für die gleiche Prognoseperiode festgestellt wie für eine SHV-Berechnung, so reduziert sich der verfahrensbedingte Vorteil der SHV-Methode auf die Berücksichtigung des Investitionsrisikos und des Zeitwertes des Geldes im Diskontsatz, da die restlichen Werttreiber im Shareholder Value-Netzwerk269 weitgehend den massgeblichen Einflussfaktoren der traditionellen ROI-Grösse270 entsprechen. Die SHV-Methode besitzt gegenüber einer langfristigen ROI-Planung neben der Zeitwert- und Risikoberücksichtigung keine weiteren nennenswerten verfahrensspezifischen oder inhaltlichen Vorteile.271 267 268 269 270 271 Als Beispiel hierfür kann etwa der Forschungs- und Entwicklungsaufwand herangezogen werden: Der F&E-Aufwand senkt den Periodenerfolg und den ROI der aktuellen Betrachtungsperiode, auf Forschungserfolgen und innovativen Produkten beruhende Umsatz- oder Gewinnsteigerungen werden meist erst in späteren Perioden realisiert. Vergleiche hierzu: Spremann (1992), 369. Die Wirkungsdauer der Strategie, das Umsatzwachstum, die operative Marge, die Gewinnsteuer, sowie die Auswirkungen der Investitions- und Finanzierungstätigkeit. Vergleiche hierzu Abbildung 31 auf Seite 98. Vergleiche hierzu den ROI-Baum in Abbildung 28 auf Seite 87. Für einen Werttreiber-Baum zum EVA ähnlich dem ROI-Baum: Bramsemann/Heineke (2003), 578. Diese Aussage trifft nur für den klassischen ROI und andere Gesamtkapital orientierte Rentabilitätsmodelle zu. Im Vergleich zu den auf das operative Teilkapital orientierten Rentabilitäts-Modellen (z.B. RONOAModelle) tragen die SHV-Modelle den Finanzierungskosten besser Rechnung. Gemäss persönlichen Beobachtungen des Verfassers können beispielsweise signifikante Kundenvorauszahlungen beim Grossanlagenbau negative NOAs verursachen, die im RONOA-Modell zu einem negativen Rentabilitätswert führen und in der Leistungsbeurteilung nur schwer interpretiert werden können. Bei der Ermittlung des Free Cash Flow oder EVA einer Periode wird dies über eine Erhöhung des Free Cash Flow (über eine Reduktion des Nettoumlaufvermögens) beziehungsweise über eine Reduktion der kalkulatorischen Kapitalkosten (im Fall negativer NOA über eine negative «Capital Charge» im Sinn einer Kapitalkostengutschrift) berücksichtigt. Systeme der Leistungsmessung Seite 111 Dies zeigt sich auch im fiktiven Rechenbeispiel zur VALUE AG (siehe Abbildung 37 und Abbildung 38). Die VALUE AG wird als kurzfristiges Projekt gegründet und soll nach drei Jahren wieder liquidiert werden. Die Finanzierung erfolgt vollumfänglich mit Eigenkapital und am Ende von Jahr 3 wird nach Begleichen aller Verbindlichkeiten das zur Verfügung stehende Vermögen auf die Eigentümer verteilt. Wie aus den Kennzahlen in Abbildung 38 ersichtlich ist, eignet sich der ROI hauptsächlich um abzuschätzen, ob in der jeweiligen Betrachtungsperiode tatsächlich die für dieses Beispiel erwartete Rendite von 16% auf das investierte Kapital erwirtschaftet wurde. Eine Aussage über die Attraktivität der Gesamtinvestition lässt sich jedoch anhand der für die einzelnen Perioden errechneten ROI-Werte oder mittels eines Mehrperiodendurchschnittes nur schwer abschätzen, da der Zeitwert des Geldes nicht berücksichtigt ist.272 Diese Schwäche wird von der DCF-Methode überwunden, welche unter Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes sowie des Investitionsrisikos eine Wertsteigerung von 14,10 für das gesamte Projekt ausweist. In den einzelnen Perioden informiert sie allerdings nur darüber, in welcher absoluten Höhe Free Cash Flows erwirtschaftet wurden, zeigt aber nicht, ob mit dem in den einzelnen Perioden dafür eingesetzten Kapital tatsächlich die geforderte Mindestrendite von 16% erzielt wurde. Diese Aussage lässt sich nur für das Gesamtprojekt machen und zeigt sich anhand einer Wertsteigerung, die grösser als Null ist. Der EVA beziehungsweise der «Market Value Added» kombiniert die Stärken des ROI mit denen des SHV: Er relativiert einerseits die in einer Periode erzeugte Wertsteigerung durch das dafür eingesetzte Kapital (ein positiver EVA steht für eine Rendite, die höher als der Kapitalkostensatz von 16% ist), andererseits weist er im «Market Value Added» die Wertsteigerung des Gesamtprojektes unter Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes aus. Über die kalkulatorischen Kapitalkosten wird das Risiko der Investition auch in den einzelnen Perioden berücksichtigt. 272 Das Investitionsrisiko hingegen ist über die «Hurdle Rate» von 16% definiert. Seite 112 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 37: Fallbeispiel VALUE AG - Ein Dreijahresprojekt273 Ausgangslage Jahr 1 Einlage der Investoren (Maschine als Sacheinlage) jährliche Ausschüttung an Investoren jährliche Abschreibungen auf die Maschine Liquidationserlös Maschine am Ende des Jahres 3 Kapitalkostensatz/«Hurdle Rate» Eigenfinanzierungsgrad Bilanz Jahr 0 300 50 100 25 16% 100% Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Cash Anlagevermögen 0 300 100 200 230 100 315 0 Aktiven 300 300 330 315 erarbeitetes/einbehaltenes EK einbezahltes Eigenkapital 0 300 0 300 30 300 15 300 Eigenkapital 300 300 330 315 Erfolgsrechnung Jahr 0 Umsatz − Lohn/Material − Abschreibungen + Buchgewinn Maschinenverkauf Periodenerfolg Cash Flow Statement Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 250 100 100 0 280 100 100 0 220 110 100 25 50 80 35 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Liquidation Umsatz − Lohn/Material 250 100 280 100 220 110 CF Operativ CF Investition CF Finanzierung274 150 0 -50 180 0 -50 110 25 -50 -315 Veränderung flüssige Mittel 100 130 85 -315 CF Eigenkapital Ein-/(Aus-)Zahlungen Investoren 273 274 Jahr 0 300 Jahr 1 -50 Jahr 2 -50 Jahr 3 -50 Liquidation -315 Die Wirkung der Steuern wird in diesem Beispiel zur Vereinfachung ausgeklammert. Die Aussagen zur VALUE AG haben grundsätzlich auch Gültigkeit für Investitionen, die länger als 3 Jahre dauern und am Ende der Prognoseperiode nicht liquidiert werden. Der Cash Flow Finanzierung entspricht in diesem Beispiel dem Cash Flow Eigenkapital, da in der VALUE AG kein Fremdkapital vorhanden ist. Systeme der Leistungsmessung Seite 113 Abbildung 38: Kennzahlen der VALUE AG ROI Jahr 0 Periodenerfolg Investiertes Kapital (Jahresende) ROI DCF Jahr 0 Freier CF275 bzw. Residualwert276 Diskontfaktor (Basis 16%) Barwert FCF bzw. Residualwert 314,10 -300,00 14,10 EVA Jahr 0 Investiertes Kapital (Jahresanfang) Periodenerfolg − kalk. Kapitalkosten (Basis 16%) EVA Diskontfaktor (Basis 16%) Barwert EVA 275 276 Jahr 2 Jahr 3 50,00 300,00 16,67% 80,00 330,00 24,24% 35,00 315,00 11,11% Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 50,00 0,86 43,10 Shareholder Value der Investition − Wert der heutigen Investition Wertsteigerung Market Value Added (MVA) Jahr 1 Jahr 1 50,00 0,74 37,16 Jahr 2 50,00 0,64 32,03 Liquidation 315,00 0,64 201,81 Jahr 3 300,00 300,00 330,00 50,00 48,00 80,00 48,00 35,00 52,80 2,00 0,86 1,72 32,00 0,74 23,78 -17,80 0,64 -11,40 14,10 Der freie Cash Flow (FCF) wird hier dem Cash Flow Finanzierung gleichgesetzt. Zu den verschiedenen Cash Flow-Begriffen und zur Berücksichtigung der Veränderung in den flüssigen Mitteln vergleiche die Ausführungen in Fussnote 216 auf Seite 96. Der Residualwert der VALUE AG ist als Liquidationswert berechnet, da das Unternehmen am Ende des Jahres 3 nicht weitergeführt wird. Seite 114 Systeme der Leistungsmessung Wie Abbildung 38 zeigt, entspricht die EVA-Wertsteigerung von 14,10 der Wertsteigerung gemäss DCF-Berechnung. Wie bereits für die MUSTER AG in Abbildung 32 und Abbildung 34 nachgewiesen, führen beide Methoden in der Gesamtbetrachtung also zum gleichen Ergebnis.277 Wenn auf Basis der gleichen Ausgangsdaten über die gleiche Prognoseperiode gerechnet wird, macht es also keinen Unterschied, ob die Wertsteigerung über die freien Cash Flows oder über den Periodenerfolg (beziehungsweise die EVAs) ermittelt wird.278 Der EVA scheint somit für die Messung der Leistung in den einzelnen Perioden die aussagekräftigere Messgrösse zu sein.279 Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn bei der Leistungsbeurteilung auch die Auswirkungen der treibenden Faktoren, die zu einem Perioden-EVA geführt haben, aus Perspektive der Gesamtinvestition betrachtet werden. Ein positiver EVA der Periode 1, ist nur dann wirklich positiv zu beurteilen, wenn er nicht auf Kosten der Wertsteigerung in den Folgeperioden erzeugt wurde. Bei einer einperiodigen Betrachtungsweise ist der EVA nicht mehr und nicht weniger anfällig für suboptimale, kurzfristig orientierte Managemententscheidungen als der ROI oder andere Finanzkennzahlen.280 Trotz der genannten verfahrensbedingten Vorteile gegenüber dem klassischen ROIKonzept sind die SHV-Konzepte aber nicht frei von Problemen. Die wichtigsten Kritikpunkte, die im Zusammenhang mit SHV-Berechnungen (sowohl nach der DCFMethode als auch nach der EVA-Methode) zu nennen sind, knüpfen an die Unsicherheit an, welche in Bezug auf die Projektion der zukünftigen freien Cash Flows beziehungsweise EVAs, die Ermittlung des Residualwertes281 sowie die Bestimmung des 277 278 279 280 281 Dies gilt auch bei Betrachtung einer längeren Prognosedauer und unter Annahme der Unternehmensfortführung. Für eine formale Beweisführung hierzu siehe auch: Hostettler (1998), 191ff. Kind (2000), 255ff. Dies ist auf das so genannte «Lücke-Theorem» zurückzuführen. Lücke hat bereits 1955 gezeigt, dass «Cash Flow»-orientierte Berechnungen und «Accrual»-orientierte Berechnungen bei gleicher Projektdauer und unter Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen zum gleichen Bewertungsergebnis führen. Vergleiche hierzu Lücke (1955), 310ff. Die Gleichung «Summe der Zahlungssalden = Summe der Leistungsüberschüsse über die Kosten» geht aber nur auf, wenn keine Zusatz- oder Anderskosten verrechnet werden. Zur diesbezüglichen Kritik am EVA vergleiche: Schneider (2001), 2510. Vergleiche hierzu beispielsweise: Doerr et al. (2003), 287. Langguth/Chahed (2004), 409f. Diese Aussage gilt analog auch für die einperiodige Abweichungsanalyse des SHV. Vergleiche hierzu aber auch Biddle et al. (1998). Die Autoren zeigen, dass EVA-Nutzer tendenziell verstärkt Investitionen kürzen, Vermögenswerte veräussern und bestehendes Vermögen intensiver nutzen. Vergleiche hierzu beispielsweise: Cheridito/Schneller (2004). Systeme der Leistungsmessung Seite 115 Kapitalkostensatzes besteht.282 Problematisch ist dabei einerseits die Tatsache, dass selbst bei professioneller Anwendung mathematisch-statistischer Prognosetechniken die Ermittlung des SHV auf der Basis unvollkommener Zukunftsinformationen erfolgt.283 Dies ist darauf zurückzuführen, dass mit zunehmender zeitlicher Entfernung der Planung vom Bewertungsstichtag die Korrektheit der zu Grunde liegenden Informationen abnimmt und die Prognose von Unternehmensergebnissen immer mehr in eine «intellektuelle Spekulation» übergeht.284 Die erforderlichen Prognosen und die damit verbundenen Unsicherheiten räumen den mit der Planung beauftragten Führungskräften einen massgeblichen Ermessensspielraum ein, der nicht unbedingt im Interesse der Eigentümer genutzt werden muss.285 Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn eine überoptimistische Einschätzung der zukünftigen Wertwirkung der heutigen Leistung einen positiven Einfluss auf die Honorierung der mit der Prognose betrauten Führungskräfte hat.286 In der Regel besitzen Führungskräfte gegenüber den Eigentümern betreffend das jeweilige Geschäft und dessen Geschäftsstrategie aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung einen Wissensvorsprung, welcher eine intersubjektive Kontrolle der gemachten Prognosen erschwert oder auf das Niveau einer Plausibilitätsüberprüfung287 beschränkt.288 Auch 282 283 284 285 286 287 288 Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 111ff. Sauter (1997), 53ff. Eidel (1999), 79. Superina (2000), 212ff. Lachnit/Müller (2002). Zu den diesbezüglichen mathematisch-statistischen Verfahren zählen etwa die Zeitreihenanalyse, die Regressionsanalyse oder die Diskriminanz- und Clusteranalyse. Vergleiche hierzu: Kleber (1989), 183ff und 336f. Sauter (1997), 56ff. Kleber entwickelt unter anderem eine Barrieretypologie zu den Grenzen einer prognoseorientierten Unternehmensbewertung und unterscheidet dabei trägerbezogene (Wissen, Ressourcen, Macht, Motivation) und zeitliche (beschränkte Problemlösungszeit) Barrieren. Sauter (1997), 92f. Vergleiche hierzu auch Ballow et al. (2004). Die Autoren zeigen auf, dass im Russels 3000 Index nur etwa 42% der «Enterprise Values» über die Perpetualisierung der heutigen NOPLATs erklärbar sind und der Rest (52%) auf Erwartungen zum künftigen Wachstum beruht. Im Extrembeispiel EBAY setzt sich der Unternehmenswert aus 9% «Current Value» und 91% «Future Value» zusammen. Dies gilt analog für die Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und Divisionen. Dieser Interessenkonflikt steht im Zentrum der «Agency Theorie». Vergleiche hierzu die Hinweise in Fussnote 195 auf Seite 92. Dies trifft in gleicher Weise auch auf ein überpessimistisches Budgetierungsverhalten als Absicherungsstrategie seitens der Manager zu. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in Fussnote 231 auf Seite 99. Zur Plausibilitätsüberprüfung vergleiche etwa: Copeland et al. (2002), 353ff. Die Autoren nennen hier unter anderem den Vergleich zwischen berechnetem SHV und (Kapital-)Marktwert des Unternehmens, das Hinterfragen besonders erklärungsbedürftiger Prognosen oder die kritische Begutachtung der Realisierbarkeit der finanziellen Projektionen als Beispiele. Zum Heranziehen des Marktwert und der Informationen aus der strategischen Planung als Plausibilitätstest vergleiche aber auch: Bischoff (1994), 143ff. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Manager plant, seinen Arbeitsplatz oder seine Position im Unternehmen in naher Zukunft zu wechseln. Zu dieser Thematik vergleiche auch: Day/Fahey (1990), 156ff. Bischoff (1997), 133ff und 142. Seite 116 Systeme der Leistungsmessung wenn Prognosen und Erwartungen im Rahmen des strategischen Managements auf jeden Fall überprüft werden müssen, kann dieser Kontrollprozess im Rahmen der SHV-Analyse zu einem nicht nur rechnerisch, sondern auch führungspolitisch aufwendigen Vorgang werden, da die Anbindung der Leistungsmessung und Honorierung an die SHV-Prognose die Führungskräfte zu persönlich Betroffenen macht.289 Die Verwendung computerunterstützter Sensitivitätsanalysen zur SHV-Berechnung und die damit oft stillschweigend unterstellte «ceteris paribus»-Bedingung birgt zudem auch die Gefahr, dass das Verständnis für die komplexen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Wertkomponenten verloren geht und die Wirkung der so hergeleiteten Erfolgs- und Bewertungsgrössen auf die Einkommens- und Machtverteilung innerhalb des Unternehmens ignoriert wird. So wird in der unternehmerischen Praxis die Bestimmung des geschäftsspezifischen Kapitalkostensatzes zwischen Unternehmenszentrale und Geschäftsbereichsleitung weniger zu einer Rechenaufgabe, sondern eher zu einem «Real Hot Political Potatoe»290. Geht der Blick auf die fundamentalen Zusammenhänge verloren, "droht der SHV-Ansatz zu einem «Spiel mit Zahlen» beziehungsweise zu einer «Number Crunching Exercise» eines «Spreadsheet-verliebten Finanzanalysten» zu degenerieren.”291 Das Herunterbrechen des Shareholder Value-Konzeptes auf Geschäftsbereichs- und Produktebene bereitet in der Unternehmenspraxis erhebliche Schwierigkeiten, vor allem dann, wenn die Verantwortungsbereiche von der Rechtsstruktur abweichen.292 In vielen Unternehmen werden keine umfassenden Bilanzen und Erfolgsrechnungen für Geschäftsfelder oder Produkte erstellt.293 Problematisch ist dabei vor allem die 289 290 291 292 293 Empirische Untersuchungen zeigen daher, dass die Leistungsbeurteilung in den meisten Unternehmen nicht auf Basis von Unternehmenswertberechnungen sondern auf klassische Art und Weise über individuelle Zielvereinbarungen erfolgt. Vergleiche hierzu: Happel (2002), 278f. Kurzich/Rautenstrauch (2003), 357. Aders/Hebertinger (2003), 37. Reimann (1989), 127. Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 127f, und die dort zitierte Literatur. Vergleiche hierzu: Kucher (2000), 66. Zu dieser Beobachtung: Höfner/Pohl (1993), 52. Bischoff (1994), 159. Young/O'Byrne (2001), 101ff. Gleich et al. (2002) zeigen zudem in einer empirischen Erhebung bei börsennotierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, dass Bilanzen bei einer Vielzahl von Unternehmen nur quartalsweise erstellt werden. Vergleiche hierzu aber auch Aders/Hebertinger (2003), 27. Die Autoren zeigen hier, dass nur 45% der Unternehmen eine Vermögens- beziehungsweise Kapitalzuordnung für rechtlich nicht selbständige Einheiten vornehmen. Diese Einschränkung betrifft in gleicher Weise aber auch den ROI-Ansatz und andere traditionelle Finanzkennzahlen, die in ihrer Anwendung über eine reine «Cost Center»oder «Revenue Center»-Perspektive hinausgehen. Young/O'Byrne sprechen in diesem Zusammenhang von Systeme der Leistungsmessung Seite 117 Bilanzzuordnung von gemeinsam genutzten oder, noch schwieriger, von nicht genutzten Aktiven und Passiven294 oder die Behandlung nicht direkt operativer Einheiten (wie z.B. der Konzernzentrale). Die Aufteilung von Sachanlagevermögen und Kapitalstrukturen auf einzelne Geschäftsfelder ist aufgrund von Interdependenzen und Verbundwirkungen regelmässig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und kann für firmeninterne Diskussionen bei der Leistungsbeurteilung Anlass geben.295 Wird die Kapitalstruktur von einer zentralen Finanzabteilung festgelegt, so können die Geschäftsbereichsleiter in der Regel keinen Einfluss auf die Zusammensetzung von Fremd- und Eigenkapital und auf die dadurch beeinflussten Kapitalkosten nehmen.296 Gerade in multinationalen Unternehmen mit fluktuierenden Wechselkursen stellt die Additivität und Konsolidierbarkeit ein weiteres praktisches Problem der SHV-Methoden dar. Wird beispielsweise eine EVA-Kennzahl auf dem durchschnittlich investierten Kapital berechnet und soll der monatliche EVA in einem «Bottom Up»-Prozess nicht nur auf Ebene Reporting Unit, sondern auch auf Ebene Division und Gesamtunternehmen ermittelt werden, so kann dies zu einer aufwendigen Aufgabe werden, welche durch Konsolidierungsbuchungen und Wechselkurseinflüsse massgeblich erschwert wird.297 Hinzu kommt, dass in einem diversifizierten Konzerngebilde unterschiedliche Länder- und Branchenrisiken zum Tragen kommen, deren Zusammenführen wiederum zu einer plausiblen Gesamtaussage für den Konzern führen sollte. Werden zudem sowohl monatliche EVA-Werte (zum Beispiel für den Monat März) sowie «Year-To-Date»-EVA-Werte (z.B. für die Periode Januar bis März) in das Reporting aufgenommen, so müssen die einzelnen EVA-Werte in einem aufwendigen Verfahren monatlich ermittelt, falls notwendig in Berichtswährung umgerechnet und aufsummiert werden. Wird dies nicht gemacht, können unterjährige Schwankungen im 294 295 296 297 einem «Controllability Problem». Zu den verschieden «Center»-Begriffen vergleiche Fussnote 441 auf Seite 190. Als praktisches Beispiel für ein mit solcher Zuordnungsproblematik behaftetes nicht betrieblich genutztes Aktivum sind an dieser Stelle leerstehende Industrieliegenschaften zu nennen, deren laufende Kosten an einem von mehreren Geschäftsbereichen genutzten Standort anfallen. Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers. Vergleiche hierzu aber auch Aders/Hebertinger (2003), 26. Dieses Problem kann allerdings durch Verwenden eines einheitlichen Kapitalkostensatzes umgangen werden, der nach dem Risikograd der geplanten Investition weiter differenziert werden kann. Vergleiche hierzu: Schneider (1988), 1187. Vergleiche aber auch: Stewart (1991), 12. Stewart empfiehlt die Schaffung einer dezentralen Verantwortung der Geschäftsbereiche für ihre Kapitalstruktur, um so das unternehmerische Denken zu fördern. Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers. Seite 118 Systeme der Leistungsmessung investierten Kapital zu einer massgeblichen Verzerrung des EVA-Ausweises führen.298 Finanztechnisch nicht versierte Führungskräfte (z.B. in den Geschäftseinheiten) können daher aufgrund der Vielfalt der im SHV-Ansatz enthaltenen Finanzgrössen mit der Interpretation und Umsetzung von SHV-basierten Lösungen überfordert sein.299 Neben der Kritik an der praktischen Umsetzbarkeit des Shareholder Value Ansatzes wird aber auch von verschiedenen Seiten der Einwand vorgebracht, dass das Konzept zu sehr auf die Interessen der Anteilseigner («Shareholder») ausgerichtet ist und die Interessen der übrigen Interessengruppen («Stakeholder») vernachlässigt.300 Daher fordern die Vertreter dieser Denkrichtung eine Weiterentwicklung vom ShareholderAnsatz zum Stakeholder-Ansatz, dessen Hauptaugenmerk nicht nur auf die Eigner, sondern auf die Nutzenstiftung für alle Anspruchsgruppen gerichtet ist. Diese Kritik wird von den Vertretern des Shareholder Value Ansatzes aber mit dem Verweis darauf zurückgewiesen, dass nicht nur die Anteilseigner, sondern auch die anderen finanziell interessierten Anspruchsgruppen von der Wertsteigerungspolitik im Sinne des SHV profitieren (z.B. die Mitarbeiter über Lohnzahlungen, die Kunden über konkurrenzfähige Preise, die Lieferanten und Fremdkapitalgeber über das Begleichen der Verbindlichkeiten, der Staat über das Einheben von Steuern)301 und dass die nicht-finanziellen Anliegen dieser Gruppen als strenge Nebenbedingungen zu beachten sind.302 Weiters wird von den Befürwortern des SHV vorgebracht, dass die Forderung nach einem Stakeholder Value-Konzept die gerade in Grossunternehmen bestehenden Interessengegensätze verniedlicht, die Einbeziehung der Interessen aller Stakeholder nur mangelhaft rechtfertigt und dass sich aus den vielfältigen, heterogenen Zielsetzungen der verschiedenen Stakeholder kein operationalisierbarer Stakeholder Value ermitteln lässt. Diese Streitfrage führt“die Diskussion um das Shareholder Value-Konzept von der Ebene der Performancemessung auf die Ebene der Unternehmensverfassung.”303 Die akademische Diskussion darüber, welcher der beiden Konzeptionen als normativ- 298 299 300 301 302 303 Diese Feststellung beruht auf persönlichen Beobachtungen des Verfassers in Zusammenhang mit der Einführung und Anwendung der EVA-Kennzahl bei SAURER. Vergleiche hierzu etwa: Stewart (1991), 249. Vergleiche hierzu etwa: Spremann (1992), 365. Janisch (1992). Löhnert (1996), 229ff. Sauter (1997), 284ff. Stenzel/Stenzel (2003), 253f. Bleicher (2004), 174. Vergleiche hierzu: Bischoff (1994), 178ff. Rappaport (1998), 5f. Copeland et al. (1998), 35ff. Vergleiche hierzu etwa: Klien (1995), 25. Kunz (1998), 36. Bischoff (1994), 168ff. Systeme der Leistungsmessung Seite 119 theoretische Handlungsmaxime der Vorzug zu geben ist, steht jedoch nicht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit und soll hier nicht weiter verfolgt werden. Aus Sicht der Leistungsmessung lässt sich jedoch feststellen, dass der SHV-Ansatz in Reinkultur neben den genannten verfahrensbedingten Problembereichen auch inhaltliche Defizite aufweist. Diese Mängel sind vor allem in der unzureichenden Einbindung nichtfinanzieller Einflussfaktoren zu suchen. Die SHV-Konzeptionen sind vor allem auf die Messung der finanziellen Leistung ausgerichtet. Zwar beruhen die diesbezüglichen Prognosen auf der strategischen Planung, welche auch nicht-finanzielle Erwartungshaltungen in ihre langfristigen Prognosen einbindet, allerdings werden diese Faktoren im SHV-Konzept in der Regel weder explizit aufgeführt noch operationalisiert und können daher in den vorgestellten Grundmodellen auch nur schwer der Leistungsmessung zugeführt werden. So bricht das SHV-Netzwerk von Rappaport die wertgenerierenden Einflussfaktoren nur bis auf Ebene der so genannten Werttreiber herunter, die Frage, wie sich beispielsweise die Führungsentscheidungen der operativen Geschäftstätigkeit auf das Umsatzwachstum oder die operative Marge auswirken, bleibt jedoch unbeantwortet.304 Selbst renommierte Autoren wie Rappaport oder Copeland et al. verweisen zwar auf die Wichtigkeit der Berücksichtigung operativer Leistungskriterien für die periodische Leistungsmessung, eine Anleitung dazu, wie ein System der Leistungsmessung gestaltet werden könnte, welches sich grundsätzlich am Shareholder Value orientiert und dabei weitere Leistungsfaktoren mitberücksichtigt, unterbleibt jedoch.305 Gerade zur Führung operativer Verantwortungsebenen sowie zur Kommunikation einer einheitlichen strategischen Stossrichtung über das gesamte Unternehmen hinweg scheint es jedoch unerlässlich, dass nicht nur Umsatzwachstum und Margensteigerung als Ziele vorgegeben werden, sondern dass in der Leistungsmessung selbst konkrete Angaben dazu gemacht werden, mit welchen Massnahmen diese Ziele erreicht werden können und worin der Zielerreichungsbeitrag jeder einzelnen Verantwortungseinheit besteht. 304 305 Zur fehlenden Verknüpfung zwischen Shareholder Value und der operativen Ebene vergleiche auch: Voggenreiter/Jochen (2002), 616. Hier setzt auch die Forderung nach einem «Value Reporting» an, welche eine bessere Darlegung der Wertzusammenhänge auch in der externen Berichterstattung fordert. Vergleiche hierzu: Baetge (2001). Fischer (2002). Gleich et al. (2002), 344. Aders/Hebertinger (2003), 39. Sowie für eine Gesamtschau verschiedener Ansätze: Ruhwedel/Schultze (2004). So weist etwa auch Klien darauf hin, dass im Bereich der Strukturierungshilfen zwischen qualitativen und quantitativen Überlegungen noch Forschungsbedarf besteht. Vergleiche hierzu: Klien (1995), 229. Seite 120 Systeme der Leistungsmessung Die Vernachlässigung dieser Komponente führt beim SHV-Ansatz zu der unstimmigen und aus Sicht der Leistungsmessung unbefriedigenden Situation, dass zwar ein betont zukunftsorientiertes Vorgehen propagiert wird, dass aber im Rahmen der periodischen Leistungsmessung weiterhin auf vorwiegend finanzielle, historisch orientierte Leistungsindikatoren abgestellt wird, während nicht-finanzielle Vorlaufgrössen der finanziellen Leistung bei strikter Anwendung der Ansätze weitgehend vernachlässigt werden. Um auch für Verantwortungsebenen unterhalb der Gesamtunternehmensleitung als Führungsinstrument relevant zu sein, bedarf der SHV-Ansatz daher einer inhaltlichen Erweiterung um nicht-finanzielle Aspekte. An diesen Kritikpunkt knüpfen die Ansätze der «Balanced Scorecard» und des «Tableau de Bord» an, welche in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden. Diese Kritik wurde von verschiedener Seite auch dahingehend ausgeweitet, dass wertorientierte Unternehmen dazu aufgefordert werden, werttreibende Faktoren auch in der externen Berichterstattung explizit zu kommunizieren («Value Reporting»), um so den Prozess der Erwartungsbildung bei Investoren und Eigentümern zu erleichtern und die vielfach wahrgenommene Wertlücke zwischen interner und externer Wertbetrachtung zu schliessen.306 Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass der SHV-Ansatz (sowohl nach der DCF-Methode als auch nach der EVA-Methode) für die mehrperiodige, an der gesamten Investitionsdauer orientierten Leistungsmessung aufgrund der Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes und des Investitionsrisikos traditionellen Finanzkennzahlensystemen wie etwa dem ROI-Konzept überlegen ist. Der EVA kann den risikobezogenen Vorteil auch in der einperiodigen Leistungsmessung geltend machen. Aus Perspektive der einperiodigen Leistungsmessung sind jedoch neben verschiedenen verfahrensbedingten Problembereichen insbesondere inhaltliche Mängel festzustellen, welche sich vor allem in der Vernachlässigung nicht-finanzieller Wertfaktoren manifestieren. Dies erschwert die Kommunikation von Strategien und Leistungszielen, vor allem gegenüber finanztechnisch nicht versierten Adressaten. 306 Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 41f. Gemäss einer KPMG-Studie sind 82% der befragten Unternehmen der Meinung, dass Ihre Kapitalmarktbewertung zu niedrig ist. Zur Wertlücke vergleiche die Ausführungen in Fussnote 249 auf Seite 103. Systeme der Leistungsmessung Abbildung 39: Stärken und Schwächen des «Shareholder Value»-Ansatzes STÄRKEN • Der SHV ist zukunftsorientiert und berücksichtigt den Zeitwert des Geldes. • Das Investitionsrisiko wird über den Diskontierungs- beziehungsweise Kapitalkostensatz berücksichtigt. • Der langfristige Zeithorizont des SHV-Ansatzes verringert in der mehrperiodigen Leistungsmessung die Auswirkungen kurzfristig orientierter Massnahmen und entschärft die Problematik der Periodenabgrenzung. • Die Grundprinzipien der SHV-Methoden sind finanztechnisch versierten Managern aus der Kapitalwertmethode der dynamischen Investitionsrechnung (bei den DCFMethoden) beziehungsweise aus der Übergewinnberechnung (bei der EVA-Berechnung) geläufig und daher leicht verständlich. SCHWÄCHEN • Die Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Ereignisse und der daraus resultierende Ermessensspielraum des Managements relativiert die Aussagekraft des SHV in der mehrperiodigen Leistungsmessung. • Der SHV-Ansatz wird bei zukunftsbezogener Anwendung zu einem aufwendigen Verfahren der Leistungsmessung, da die Prognosen und Berechnungen im Detail überprüft und auf ihre Plausibilität hin hinterfragt werden müssen. • Die Prognose selbst wird durch die SHV-Methoden nicht erleichtert und stützt sich weitgehend auf die gleichen Werttreiber und Vorhersagen wie traditionelle Finanzkennzahlensysteme. • Das Herunterbrechen des SHV-Konzepts auf Geschäftseinheits- oder Produktebene bereitet in der Unternehmenspraxis erhebliche Schwierigkeiten. • Nicht alle werttreibenden Faktoren sind auf allen Hierarchieebenen beeinflussbar (z.B. die Kapitalstruktur und die daraus resultierenden Kapitalkosten). • Die werttreibenden Faktoren ausserhalb des SHV-Netzwerkes werden bei strikter Anwendung der generischen Ansätze ausgeklammert, was zu einer stark finanzlastigen Sichtweise führt. • Der nicht-finanzielle Beitrag der einzelnen Geschäftseinheit oder des einzelnen Managers zum Unternehmenserfolg wird nicht direkt ersichtlich. • Finanztechnisch nicht versierte Mitarbeiter können bei der Interpretation und Umsetzung von SHV-Strategien überfordert sein. • Das Hauptaugenmerk des SHV-Ansatzes liegt auf den finanziellen Interessen der Eigentümer (Shareholder): die finanziellen und nicht-finanziellen Interessen der anderen Anspruchsgruppen werden nicht explizit thematisiert. Seite 121 Seite 122 Systeme der Leistungsmessung 4.3 Der «Tableau de Bord» Ansatz 4.3.1 Ursprung und Ziele des «Tableau de Bord» Ansatzes Der französische Begriff «Tableau de Bord» (TDB) kann als «Armaturenbrett» oder (etwas freier) als «Cockpit» übersetzt werden. Dementsprechend wird das TDB, ein in der Managementliteratur ausserhalb Frankreichs trotz seiner frühen Entwicklung wenig bekannter Ansatz der Leistungsmessung, als Instrument der Pilotierung («Pilotage») verstanden, dessen grundsätzliche Aufgabe darin besteht, unter Verwendung der Logik «Ziele - treibende Faktoren - Indikatoren» eine limitierte Auswahl von kurzfristig verfügbaren und aufeinander abgestimmten Führungsindikatoren für die aktive Unternehmenssteuerung bereitzustellen.307 Gleich einem Piloten, soll der Manager in der Lage sein, anhand von Kerninformationen den eingeschlagenen Kurs und die derzeitige Position des Unternehmens beziehungsweise seines Verantwortungsbereiches möglichst rasch zu bestimmen und gegebenenfalls in Hinblick auf das angestrebte Endziel Kurskorrekturen einzuleiten. Das TDB wird hauptsächlich als kurzfristiges Informationsinstrument verstanden, welches − unter stärkerer Betonung der Relevanz als der Genauigkeit − innert sehr kurzer Zeit verfügbar sein, sich auf die Schlüsselfaktoren für die Zielerreichung konzentrieren und auf die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Managers abgestimmt sein soll.308 Es ist als Führungsinstrument mehr auf die rasche Erfolgskontrolle und unmittelbare Steuerung ausgelegt denn auf die langfristige Planung und Strategieentwicklung (siehe Abbildung 40). Der Grundstein für den kurzfristig orientierten TDB-Ansatzes wird in Frankreich bereits in wissenschaftlichen Publikationen der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts gelegt, welche erste Analogien zwischen der Steuerung eines Unternehmens über grafisch dargestellte Indikatoren und der Navigation eines Flugzeuges anhand der Instrumententafel ziehen.309 Es dauert jedoch bis in die 40er Jahre bis sich das eigentliche 307 308 309 In Anlehnung an: Hardouin (1978), 15. Capdaspe (1982), 6. Gray/Pesqueux (1993) 62. Der Begriff «treibende Faktoren» wurde sinngemäss als Übersetzung für die französischen Bezeichnungen «Points Clés» und «Variables Clés», gewählt. Gray/Pesqueux (1993), 62. Vergleiche hierzu etwa: Satet/Voraz (1932). Systeme der Leistungsmessung Seite 123 Konzept des TDB aus der Unternehmenspraxis entwickelt, und es verstreichen nochmals einige Jahre bis dieses Konzept seit den 60er und 70er Jahren schliesslich von der Managementliteratur als Thema aufgegriffen, formalisiert und auf breiter Basis bekannt gemacht wird.310 Abbildung 40: Das TDB im Gesamtüberblick der Führungsinstrumente311 VISION, STRATEGIE Bestimmung, generelle Ziele, Stossrichtung langfristig PLANUNG VORHERSAGE Investitionsplan Finanzplan Operativer Plan mittelfristig BUDGETIERUNG Investitionsbudget Finanzbudget Operatives Budget kurzfristig TABLEAU DE BORD Resultate Ziele Abweichungen tendenzielle Resultate REALISIERUNG RECHNUNGSWESEN Routineaufgaben 310 311 Analyseaufgaben BUGETÄRE KONTROLLE exakte Resultate Zu dieser Beobachtung: Gray/Pesqueux (1993), 62. Vergleiche hierzu aber auch: Malo (1995), 358ff. Zur diesbezüglichen Managementliteratur vergleiche etwa: Lauzel (1959). Lauzel/Cibert (1959). De Guerny et al. (1990, Erstauflage 1963). Moisson (1968). Hardouin (1978). Capdaspe (1979), Saulou (1982a), Saulou (1982b). Sulzer (1985). Ardoin et al. (1986). Docquin (1988). De Solère (1993). Chiapello/Delmond (1994). Bescos et al. (1995). Malo (1995). Chiapello/Lebas (1996). Saulou (1996). Zu einem Überblick zur Geschichte des TDB vergleiche auch: Bourguignon et al. (2001), 6ff. Bourguignon et al. (2004). In Anlehnung an: Alazard/Sépari (1997), 289. Vergleiche hierzu auch: Ardoin et al. (1986). De Guerny et al. (1990), 14ff. Seite 124 Systeme der Leistungsmessung Im Gegensatz zu anderen Ansätzen der Leistungsmessung ist das «Tableau de Bord» (TDB) somit nicht direkt auf die Praktiken eines bestimmten Unternehmens oder auf einzelne Veröffentlichungen zurückzuführen, sondern über mehrere Jahrzehnte hinweg schrittweise aus der Führungspraxis französischer Unternehmen entstanden. Folglich handelt es sich um einen Ansatz, für den kein allgemeingültiges generisches Grundmodell besteht und der daher nur anhand der gemeinsamen inhaltlichen und begrifflichen Schnittmenge verschiedener Autoren beschrieben werden kann.312 Zur Verwirrung trägt weiter bei, dass neben dem eigentlichen «Tableau de Bord de Gestion» (Führungscockpit), in der französischen Managementliteratur Bezeichnungen wie beispielsweise «Tableau de Bord Financier»313 oder «Tableau de Bord Stratégique»314 anzutreffen sind, die auf andere Managementinstrumente hindeuten. Dabei ist der Ursprung des TDB, im Vergleich zum US-amerikanisch geprägten «Responsibility Accounting», nicht primär in der Nutzung von Rechnungsweseninformationen zur Steuerung von Grossunternehmen (z.B. Dupont, General Motors in den USA) und deren dezentralen Verantwortungsbereichen zu suchen, sondern das TDB gründet in seiner vom Rechnungswesen weitgehend unabhängigen Entwicklung vielmehr auf den operativen Führungssaufgaben von produktionsnahen Ingenieuren. Dieser unterschiedliche Ursprung kann darauf zurückgeführt werden, dass im Frankreich der 30er und 40er Jahre − im Vergleich zu US-Konzernen − keine Unternehmen ähnlicher Grössenordnung existieren, dass die Delegation und die Überwachung von dezentralen Einheiten zu dieser Zeit daher weniger Bedeutung besitzen, dass die Führungsposten in Frankreich in der Regel mit Ingenieuren besetzt sind und dass folglich zu diesem Zeitpunkt die Beherrschung der industriellen Prozesse und die Steigerung der Effizienz im Mittelpunkt des Managementinteresses stehen.315 312 313 314 315 Zu gleichem Schluss kommt auch: Gehrke (2003), 503. Gerade in der deutschsprachigen Managementliteratur wird das Tableau de Bord daher teilweise auf eine unrichtige oder die Grundideen verzerrende Art und Weise kommentiert, die auf wenig Hintergrundwissen schliessen lässt. Finanzbericht des Rechnungswesens. Vergleiche hierzu: De Guerny et al. (1990), 12f. De Solère (1993), 37f. Chiapello/Delmond (1994), 52. Im Grunde ein «Tableau de Bord de Gestion», allerdings mit ausdrücklicher Betonung der Strategie und der Kernerfolgsfaktoren. Vergleiche hierzu: Docquin (1988). Gray/Pesqueux (1993), 62. Vergleiche hierzu auch: Chiapello/Lebas (1996), 5. Systeme der Leistungsmessung 4.3.2 Seite 125 Inhalte und Methoden des «Tableau de Bord» Ansatzes Das TDB verfügt in Bezug auf die abzubildenden Ereignisse und Ergebnisse über einen ausgesprochen offenen Charakter: In der französischen Managementliteratur existieren keine expliziten Normvorstellungen über konkrete Klassen von Kennzahlen oder sonstige Inhalte eines TDB. Der TDB-Ansatz zeigt sich vielmehr in einer Art von Anforderungsprofil, welches die Summe der Eigenschaften der in einem TDB abgebildeten Informationen umschreibt. Zu diesen Eigenschaften gehören: • die kontinuierliche Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Verantwortungsträgers, • die Betonung der kurzfristigen Orientierung und die Emanzipation gegenüber dem Rechnungswesen, • die ziel- und handlungsorientierte Ausgestaltung der Leistungsmessung auf Basis des Leistungsmodells und • die grafische Darstellung einer limitierten Anzahl von Kernerfolgsindikatoren. 4.3.2.1 Kontinuierliche verantwortungsträgerspezifische Anpassung Das TDB richtet sich in der Regel nach der existierenden Organisation des jeweiligen Unternehmens:316 Ausgehend von der Verantwortungsstruktur wird für jeden Verantwortungsträger (beziehungsweise für jeden Verantwortungsbereich) ein TDB definiert (siehe Abbildung 41). Ist ein Verantwortungsträger mit mehreren verschiedenen Entscheidungshorizonten konfrontiert, so kann er über mehrere Tableaux verfügen.317 Der einzelne Entscheidungsträger selbst ist in der Regel in Zusammenarbeit mit seinem Vorgesetzten und dem Controller mit der Formulierung der für seinen Aufgabenbereich relevanten Führungsinformationen betraut: Das TDB wird nach den individuellen Bedürfnisse jedes Verantwortungsträgers massgeschneidert318 und kontinuierlich an die sich ändernde Realität angepasst. Da das TDB mehr als Instrument der operati- 316 317 318 Hardouin (1978), 16. De Guerny et al. (1990), 25. Saulou (1982a), 47. Gray/Pesqueux (1993), 62. Chiapello/Lebas (1996), 14. Vergleich hierzu: Hardouin (1978), 16f. Saulou (1982a), 45. Saulou (1982b), 40. Ardoin (1986), 146f. Chapiello/Lebas (1996), 9ff. Saulou (1996), 70. Seite 126 Systeme der Leistungsmessung ven Pilotierung denn als «Konsolidierungshilfe» verstanden wird319, richtet sich der Inhalt der abgebildeten Kennzahlen folglich nicht nur nach den Erwartungen der übergeordneten Instanz, sondern auch nach dem jeweiligen operativen Prozess, dem jeweiligen Kontext und nach den individuellen Präferenzen des jeweiligen Managers. Abbildung 41: Mindestens ein TDB für jeden Verantwortungsträger320 TDB CEO/Gesamtunternehmen R Z A TDB Finanzleiter TDB Einkaufsleiter TDB Produktionsleiter TDB Verkaufsleiter R Z A TDB Gebietsleiter Y xxxxxxxxxxxxxxx TDB Gebietsleiter X xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx R Z A TDB Vertreter 2 xxxxxxxxxxxxxxx TDB Vertreter 1 R Z A xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx R = Resultat, Z = Ziel, A = Abweichung 319 320 Gray/Pesqueux (1993), 64. In Anlehnung an Alazard/Sépari (1997), 328. Die abgebildeten Tableaux repräsentieren keinen Normaufbau, sondern sind schematische Darstellungen. Zum Aufbau eines TDB vergleiche Abschnitt 4.3.2.4. Vergleiche hierzu auch: Herterich (2002), 529. Systeme der Leistungsmessung Seite 127 Auch wenn die Inhalte der Tableaux de Bord über verschiedene Hierarchiestufen hinweg nicht nach dem Prinzip der mathematischen Additivität konsolidiert werden, so sollten sich die Tableaux de Bord verschiedener Hierarchieebenen aber dennoch nach dem so genannten «Principe Gigogne»321 (Prinzip der Mehrstufigkeit) in einen gemeinsamen logischen Zusammenhang einpassen. Ein TDB wird gewöhnlich so konzipiert, dass ein Teil der in ihm enthaltenen Informationen in die Tableaux lateraler oder übergeordneter Verantwortungsbereiche einfliesst (lateraler und vertikaler Informationsfluss) und somit die Koordination und Kontrolle in der Hierarchie erleichtert. Andere TDB-Indikatoren besitzen aus Sicht des jeweiligen Verantwortungsträgers einen eher proprietären Charakter und dienen primär der Steuerung des eigenen Verantwortungsbereichs und der Selbstkontrolle. Die Tableaux de Bord sind somit Instrumente zur Handhabung lokaler, vertikaler, horizontaler und unternehmensweiter Informationsflüsse, die in der Synthese ein kohärentes Bild des Unternehmens zeichnen.322 Sie unterstützen im Idealfall: • die Beobachtung der relevanten Informationen des eigenen Führungsbereichs • den in der Hierarchie nach dem «Bottom Up»-Prinzip aufsteigenden Informationsfluss von den Verantwortungsbereichen an der Basis bis zur Unternehmensspitze • den in der Hierarchie nach dem «Top Down»-Prinzip absteigenden Informationsfluss über die Delegation von Verantwortung und über Zielvorgaben • den lateralen Informationsfluss und das Management von bereichsübergreifenden Verantwortlichkeiten über gegenseitige Verknüpfung der Tableaux • die unternehmensweite Verhaltensintegration über eine gemeinsame Informationsbasis und Sprache Diese Aufgaben löst das einzelne TDB durch die Erarbeitung und Lieferung eines individuellen Sets von Kennzahlen zum Status der für die Zielerreichung kritischen Variablen, die Beobachtung der in Hinblick auf die Zielerreichung eingeleiteten Massnahmen sowie durch die Evaluation der Leistung des Unternehmens oder eines Unternehmensteiles in Bezug auf konkrete Zielvorgaben.323 321 322 323 Hardouin (1978), 16. Capdaspe (1979), 7. De Guerny et al. (1990), 31ff. Chiapello/Lebas (1996), 6f. Vergleiche auch: Hardouin (1978) 16. Bescos et al. (1995), 336. Gray/Pesqueux (1993), 62. Seite 128 Systeme der Leistungsmessung 4.3.2.2 Kurzfristige Orientierung und Emanzipation gegenüber dem Rechnungswesen Das TDB ist ein Instrument, welches sich am kurzfristigen Handlungsbedarf orientiert. Es basiert auf der Idee, dass ein Manager schnell informiert sein muss, um rasch reagieren und Ereignisse antizipieren zu können.324 In Analogie zur Steuerung eines Flugzeuges genügt es daher nicht, nach Ablauf der Flugzeit (Berichtsperiode) die Zieldestination (Budgets) mit der derzeitigen Position (tatsächliche Resultate) zu vergleichen, sondern anhand der Anzeigen im Cockpit sollen kontinuierlich die wichtigsten Einflussfaktoren wie etwa die eingeschlagene Richtung (angeordnete Massnahmen), die zurückgelegte Strecke (Effizienz der durchgeführten Massnahmen, Erreichen von Meilensteinen) oder die Wetterlage (Entwicklung am Markt, Konkurrenzsituation, sonstige Umweltfaktoren) überwacht werden, um frühzeitig Rückschlüsse auf mögliche Kursabweichungen und eventuelle Korrekturmassnahmen ziehen zu können. Da dieser Soll-Ist-Vergleich möglichst rasch stattfinden soll, ist das TDB im Gegensatz zu reinen Finanzkennzahlensystemen primär mit den kurzfristigen Informationen aus den operativen Bereichen verbunden. Diese Konzentration auf die operativen Prozesse begründet in der Regel eine starke Fokussierung auf detaillierte, nicht-finanzielle Leistungsindikatoren. In Abhängigkeit von der Verantwortungsebene verändert sich in der Regel jedoch auch die Struktur eines TDB in Bezug auf die Gewichtung von finanziellen und nicht-finanziellen beziehungsweise von verdichteten und detaillierten Informationen (siehe Abbildung 42). Generell soll das TDB dabei die Informationen aus dem Rechnungswesen ergänzen, die angewandten Methoden und die Periodizität der Abläufe können sich jedoch vom Rechnungswesens grundlegend unterscheiden: Das TDB weist im Direktvergleich in der Regel eine kürzere Messperiodizität auf und ist stärker zukunftsorientiert.325 324 325 Hardouin (1978), 15. Vergleich hierzu: Hardouin (1978), 15. Saulou (1982a), 46. Khrouz/Vlasselaer (1992), 77. Chiapello/Delmond (1994), 50. Guedj et al. (1995), 295f und 336. Chiapello/Lebas (1996), 9. Systeme der Leistungsmessung Seite 129 aggregierte Information TOP finanzielle Information Tableau de bord Firmenleitung nicht-finanzielle Information detaillierte Information Tableau de bord operative Ebene BOTTOM Die Zusammensetzung der TDB-Information hängt von der Verantwortungsebene ab Information an alle zur Förderung des Zusammenhaltes Abbildung 42: Die Zusammensetzung der TDB-Informationen326 Der Zyklus der TDB-Erstellung richtet sich dabei nach den Anforderungen des jeweiligen Unternehmens beziehungsweise des jeweiligen Verantwortungsbereiches. Die Tableaux der verschiedenen Hierarchiestufen können, je nach Verfügbarkeit der Daten, unterschiedlich häufig erstellt werden. Die Periodizität sollte aber stets so gewählt werden, dass sich die einzelnen Tableaux gemäss dem bereits erwähnten «Principe Gigogne» schliesslich in das TDB des Gesamtunternehmens überleiten lassen und die seit der letzten Erstellung verstrichene Zeit das Auftreten und Erfassen von Veränderungen und somit Rückschlüsse auf geeignete Korrekturmassnahmen ermöglicht.327 Empirische Ergebnisse aus Frankreich deuten darauf hin, dass das TDB in den oberen Führungsetagen meist monatlich erstellt wird, im operativen Bereich hingegen sogar oft nur auf Anfrage durch den Vorgesetzten.328 326 327 328 In Anlehnung an: Chiapello/Lebas (1996), 8. Für das TDB der Firmenleitung bürgert sich in Frankreich immer mehr der Begriff «Tableau de Bord de l’Entreprise» ein, während der Begriff «Tableau de Bord de Gestion» sich mehr auf ein TDB der operativen Ebene bezieht. Vergleiche hierzu: Khrouz/Vlasselaer (1992), 71. Bescos et al. (1995) 334ff und 355ff. Vergleiche hierzu: Hardouin (1978), 18. Ardoin et al. (1986), 146. Jordan/Fiol (1997b), 11. Busson-Villa (1996), 223f. Seite 130 Systeme der Leistungsmessung Wie bereits aus Abbildung 40 ersichtlich wurde, erfasst das TDB zwar die Realisierung der geplanten Unternehmensentwicklung, im Gegensatz zum Rechnungswesen (insbesondere im Bereich der finanziellen Rechnungslegung) verzichtet das TDB jedoch auf den Anspruch der Exaktheit und betont mehr das Aufzeigen von Entwicklungstendenzen. Nicht möglichst genaue Informationen sollen abgebildet werden, sondern die Indikatoren sollen möglichst rasch und nur so genau wie notwendig verfügbar sein.329 Die Indikatoren müssen daher kurzfristig beobachtbar, aber nicht immer perfekt quantifizierbar sein. Das TDB beinhaltet zu diesem Zweck nicht nur eine Reihe von formalisierten (finanziellen und nicht-finanziellen) Kernkennzahlen, deren Entwicklung im Zeitverlauf überwacht wird, sondern bietet regelmässig auch Platz für schriftliche Analysen, Interpretationen und Kommentare zu den abgebildeten Informationen, da diese in der Gesamtschau oft Anhaltspunkte für schwache Signale geben können.330 Als Informationsquellen für ein TDB bieten sich daher gemäss Jordan drei grundsätzliche Alternativen an (siehe Abbildung 43): Zentraler Ausgangspunkt zur Herleitung von Indikatoren sind die Vision und die Strategie.331 Aus ihnen können (beispielsweise mittels «OVAR»-Technik332) über die Analyse der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Leistungserbringung konkrete Ziele, Massnahmen und schliesslich Indikatoren für die verschiedenen Verantwortungsbereiche abgeleitet werden. Das TDB liefert durch dieses «Strategy Deployment» ein Set von Kennzahlen, welches spezifisch für die Strategie des Unternehmens ist.333 Weitere Referenzquellen sind in den Dokumenten der Planung und Budgetierung zu finden. Sie leiten sich ebenfalls von der Strategie und Vision ab und zeigen in detaillierter und quantifizierter Form mit welchen mittel- und kurzfristigen Handlungen und Ergebnissen das angestrebte Ziel erreicht werden soll. Was als Zielvorgaben geplant und budgetiert wird, wird in der Regel auch kontrolliert. Die wichtigsten Informationen aus diesen Kontrollabläufen sollen als Indikatoren in das TDB einfliessen. 329 330 331 332 333 Vergleiche hierzu etwa: Ardoin et al. (1986), 150. De Guerny et al. (1990), 16. Saulou (1996), 72. Chiapello/Lebas (1996), 25. Vergleiche hierzu auch: Hardouin (1978), 16. OVAR = “Objectifs, Variables d'Action, Responsables”. Vergleiche hierzu: Abschnitt 4.3.2.3. Chiapello/Lebas (1996), 8. Systeme der Leistungsmessung Seite 131 Abbildung 43: Informationsquellen des «Tableau de Bord»334 Planung: Investitionsplan, Finanzplan, operativer Plan VISION, STRATEGIE Umwelteinflüsse Budgetierung: Investitionsbudget, Finanzbudget, operatives Budget Ziele , Erfolgsfaktoren, Massnahmen, Verantwortlichkeit Marktentwicklung, Konkurrenz, Lieferanten, Kunden, etc. Indikatoren Indikatoren Indikatoren TABLEAU DE BORD Als dritte Informationsquelle bietet sich schliesslich die Unternehmensumwelt an.335 Nicht alle Einflussfaktoren der Leistungserbringung sind innerhalb der Grenzen des Unternehmens lokalisiert und daher direkt kontrollier- und steuerbar. Durch die Einbeziehung der wichtigsten Umwelteinflüsse würdigt der TDB-Ansatz die Tatsache, dass kaum kontrollierbare Faktoren aus der gesamten Wertschöpfungskette − wie beispielsweise die volkswirtschaftliche Gesamtentwicklung oder die Entwicklungen in den Bereichen der Konkurrenten, Kunden und Lieferanten − nicht nur bei der Strategieformulierung von Bedeutung sind, sondern (auf selektive Weise) auch kontinuierlich beobachtet und dokumentiert werden sollten. Diese Informationsbedürfnisse werden vom Rechnungswesen traditionellerweise nicht abgedeckt.336 334 335 336 In Anlehnung an: De Guerny et al. (1990), 19ff. Bescos et al. (1995), 342. Guedj et al. (1995), 295ff. Jordan/Fiol (1997b), 7. Vergleiche hierzu auch: Chiapello/Delmond (1994), 50. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.3.1. Seite 132 Systeme der Leistungsmessung 4.3.2.3 Die ziel- und handlungsorientierte Ausgestaltung auf Basis des Leistungsmodells Zum essentiellen Prinzip des TDB-Ansatzes gehört aber nicht nur die rasche Lieferung von führungsrelevanten Informationen, sondern ebenso die ausgeprägte Handlungsorientierung.337 Wie japanische Führungsansätze, welche ihr Hauptaugenmerk mehr auf die Führung von Prozessen als auf die Kontrolle von Resultaten legen, fokussiert auch der TDB-Ansatz sein Interesse auf die Kernprozesse des betrieblichen Leistungsmodells.338 Der Inhalt des TDB richtet sich daher ausgehend vom Gesamtziel (z.B. laut Strategie) nach den Schlüsselpunkten der betrieblichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aus und erfasst diese so rasch wie möglich. Diese «Points-Clés» des Leistungsmodells sind die treibenden Faktoren für den Grad der Zielerreichung und sollten in Leistungsindikatoren übersetzt werden. Zu jedem Indikator wiederum sollte ein Katalog von auf ihn einwirkenden Massnahmen zusammengestellt werden.339 Das TDB ermittelt also nicht nur Kursabweichungen (Zielorientierung), sondern stellt gleichzeitig eine Verbindung zu eventuellen Ursachen und diesbezüglichen Korrekturmassnahmen her (Handlungsorientierung). Dieser Zusammenhang ist auch aus Abbildung 44 ersichtlich. Einen strukturierten Ansatz zur entsprechend ziel- und handlungsorientierten Erstellung eines kohärenten TDB liefert beispielsweise die «OVAR»-Methode, welche in Frankreich an der HEC in Jouy-en-Josas für diesen Zweck entwickelt wurde.340 «OVAR» steht hierbei für «Objectifs, Variables d'Action, Responsables» (Ziele, Massnahmen, Verantwortungsträger) und beschreibt eine Methode, welche über die Erstellung von Matrizen das kausale Leistungsmodell eines Unternehmens und seiner Teile repräsentiert, Ziele für jeden Manager in der Organisation aus dem Gesamtziel ableitet, jedes Ziel in konkrete Massnahmen übersetzt, und schliesslich für die wichtigsten Massnahmen Indikatoren definiert. 337 338 339 340 Hardouin (1978), 15. Vergleiche auch: Ardoin et al. (1986), 143. Chiapello/Lebas (1996), 9f. Zu dieser Beobachtung: Gray/Pesqueux (1993), 64. Vergleiche hierzu: Hardouin (1978), 16. Sulzer (1985), 56. De Guerny et al. (1990), 35ff. Zur «OVAR»-Methode: Chiapello/Lebas (1996), 19ff. Fiol (1997). Jordan/Fiol (1997a). Jordan/Fiol (1997b). Malleret (1997). Vergleiche aber auch: De Guerny et al. (1990), 30. Systeme der Leistungsmessung Seite 133 Abbildung 44: Die Handlungsorientierung des «Tableau de Bord»341 Umwelt Umwelt reale Organisation Vision, Strategie Verantwortungsstruktur Handlungen Verhalten Resultate Planung Ablaufdiagramm/Leistungsmodell Investition Finanz Operativ primärer Einsatzbereich des TDB Budgetierung Tableaux de bord Tableau de bord Investition R Z Finanz xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx Operativ 341 Aktionspläne In Anlehnung an: Saulou (1982a), 47. A Seite 134 Systeme der Leistungsmessung Bei konsequenter Anwendung der in Abbildung 45 veranschaulichten «OVAR»-Methode werden die generellen Ziele aus der Strategie und Vision somit in konkrete, kohärente Massnahmen dekliniert und gleichzeitig der innerbetriebliche Dialog gefördert. Die Kernaussage dieser für die Erstellung eines TDB typischen Vorgangsweise ist, dass Leistungsindikatoren erst festgelegt werden können, wenn das Leistungsmodell entwickelt und mit Prioritäten versehen wurde.342 Die Matrixform, wie sie in Abbildung 45 dargestellt ist, gibt hierfür als Zwischenresultat auf dem Weg zum TDB einen Gesamtüberblick über das Zusammenspiel der einzelnen Verantwortungsbereiche und fördert das Verständnis dafür, welches die wichtigsten Massnahmen sind, wie die einzelnen Massnahmen und die gesteckten Ziele zusammenhängen und worin der Beitrag des einzelnen zur Zielerreichung besteht. Neben dieser Matrixdarstellung können die einzelnen Massnahmen in detaillierten Aktionsplänen nochmals ausführlich beschrieben werden. Diese «Plans d'Action», deren Ausarbeitung dem Hauptverantwortlichen («Pilote») einer jeden Massnahme obliegt, identifizieren die involvierten Verantwortungsträger und den von ihnen erwarteten Beitrag zur Zielerreichung, die zu mobilisierenden Ressourcen sowie die erwarteten Resultate.343 Dabei wird grosser Wert darauf gelegt, dass jede Massnahme zum Zweck der Steuerung und Erfolgskontrolle von mindestens einem Leistungsindikator im TDB getragen wird. Diese handlungsorientierten Leistungsindikatoren sind es auch, die neben den Vorgaben aus den Budgets (welche ihrerseits wieder aus der Strategie und der Planung abgeleitet werden) und neben den Umwelteinflüssen, schliesslich den Inhalt der Tableaux de Bord der verschiedenen Verantwortungsträger prägen. Der primäre Einsatzbereich des TDB definiert sich daher durch: • die kurzfristige Beobachtung der betrieblichen Handlungen, des Verhaltens und der erzielten Resultate, • die geeignete Darstellung dieser Beobachtungen im TDB und • die Referenz zu den Massnahmen in den Aktionsplänen, die ihrerseits wieder das Handeln und Verhalten im Unternehmen beeinflussen. 342 343 Chiapello/Lebas (1996), 20ff. Vergleiche hierzu auch: Saulou (1982a), 47. Vergleiche hierzu: Guedj et al. (1995), 336. Chiapello/Lebas (1996), 22. Fiol (1997), 4ff. Jordan/Fiol (1997a), 12. Systeme der Leistungsmessung Seite 135 Abbildung 45: Die «OVAR»-Methode344 Massnahme 2 X Massnahme 3 X X X X X X X signifikante und direkte Wirkung der Massnahme auf ein Ziel X in die Massnahme aktiv involvierter Verantwortlicher X Verantwortlicher (“Pilot”) für die Massnahme Leere Zeilen?? Leere Spalten?? Ist die Massnahme tatsächlich effektiv?? Gibt es wirklich keinen Verantwortlichen?? Gibt es für das Ziel keine Massnahmen?? Leistet der Verantwortliche keinen Beitrag?? In Anlehnung an: Jordan/Fiol (1997a), 7ff. Ebene 2: Finanzleiter, etc. X Ebene 2: Einkaufsleiter X Gebietsleiter n X Gebietsleiter 2 Verkaufsleiter Ziel H Ziel G X Verantwortlicher n Finanzleiter X Verantwortliche X Massnahme n Einkaufsleiter Produktionsleiter X Ebene 2: Produktionsleiter Massnahme 2 X X Ziel F Massnahme 1 X X Ziel A Massnahmen X X Ziele Ebene 2: Verkaufsleiter X X Gebietsleiter 1 Massnahme n 344 X Verkaufsleiter X CEO Ziel B X Ziel n Ziel A Massnahme 1 Verantwortliche Ziel D Massnahmen Ziel C Ziele Ebene 1: Gesamtunternehmen X Seite 136 Systeme der Leistungsmessung 4.3.2.4 Die grafische Darstellung einer limitierten Anzahl von Kernerfolgsindikatoren Aus den Ausführungen in Abschnitt 4.3.2.3 geht hervor, dass unter dem Gesichtspunkt der Zielorientierung jeder TDB-Indikator so auszuwählen ist, dass er einerseits den Status eines bestimmten Teilbereichs des zu führenden Geschäftsbereiches ermittelt, dass andererseits jedoch alle Indikatoren zusammen wie in einem Cockpit ein Modell der generellen Funktionsweise des Geschäftssystems liefern. Das TDB basiert dabei auf der Hypothese, dass Manager nur Variablen zum Status der Kernkomponenten ihres Verantwortungsbereiches beobachten müssen.345 Dies führt zur Selektion einer limitierten Anzahl von Indikatoren, die so gewählt sein sollten, dass sie die Realität, die ein Manager zu verstehen wünscht, am besten repräsentieren.346 Mit welcher genauen Anzahl von Indikatoren dieses Ziel erreicht werden kann, ist in der Literatur allerdings sehr umstritten. Einzelne Autoren schlagen für den Umfang eines gesamten TDB-Berichtes (der aus mehreren Seiten mit verschiedenen Tableaux bestehen kann) ca. 30-40 Indikatoren vor.347 Eine andere Faustregel hingegen empfiehlt, sich pro TDB auf die gleichzeitige Darstellung von etwa 5-9 Indikatoren zu beschränken, da eine grössere Zahl von Indikatoren die Aufnahmefähigkeit und Verarbeitungskapazität des Empfängers überschreitet.348 Diese Faustregel wird durch empirische Untersuchungen über die praktische Umsetzung des TDB-Konzeptes bestätigt, welche gezeigt haben, dass nur 14 % der befragten französischen Klein- und Mittelunternehmen, die über ein TDB verfügen, mehr als 20 Indikatoren pro TDB verwenden und dass 44% weniger als 10 Indikatoren pro TDB abbilden.349 Die von einem TDB erwartete Schnelligkeit soll also nicht nur aus der Berücksichtigung rasch verfügbarer, vorwiegend nicht-finanzieller Indikatoren resultieren, sondern auch durch die limitierte Anzahl der erfassten Indikatoren und durch die Form der Präsentation unterstützt werden. Die gebräuchlichsten Formen der Präsentation von Tableaux sind Tabellen und grafische Darstellungen.350 345 346 347 348 349 350 Chiapello/Lebas (1996), 4ff. Saulou (1996), 68. Ardoin et al. (1986), 150. Mascré (1994), 59. Saulou (1982a), 47. Bouquin (1991), 299. De Solère (1993), 42. Saulou, (1996), 72. Busson-Villa (1996), 223. Vergleiche hierzu: Hardouin (1978), 18. Ardoin et al. (1986), 150ff. De Guerny et al. (1990), 62ff. Malo (1995), 371f. Saulou (1996), 71. Alazard/Sépari (1997), 330f. Systeme der Leistungsmessung Seite 137 Die Inhalte werden dabei anhand von Kennzahlen, Abweichungen (zum Budget), Entwicklungsverläufen (Vergleich zu den Vorperioden), Trendanalysen oder ausformulierten Kommentaren und Korrekturmassnahmen vermittelt. Als grafische Hilfsmittel bieten sich Diagramme jeder Art sowie Farbcodierungen und Warnanzeigen (in computerisierten «Executive Information Systems») an. Die konkrete Ausgestaltung und Gewichtung der einzelnen Elemente und der Gesamtumfang des TDB-Berichtes hängen dabei jedoch von den Präferenzen und technischen Möglichkeiten des Unternehmens beziehungsweise des jeweiligen Managers ab. Für den TDB-Bericht ist es ist dennoch empfehlenswert:351 • an den Anfang des Berichts eine Gesamtschau der wichtigsten Indikatoren zu stellen (eventuell grafisch als Cockpit aufgearbeitet). • in der Folge jedem Indikator oder zumindest jedem Teilziel eine eigene Seite (oder Doppelseite) im TDB-Bericht zu widmen, welche anhand von Tabellen und Grafiken zumindest über die Ziele, Resultate und Abweichungen im Jahresablauf sowie in der Berichtsperiode informiert und zusätzlich Platz für ergänzende Kommentare und Vorschläge für mögliche Korrekturmassnahmen bietet. • die Indikatoren nach ihrer Priorität anzuordnen (Indikatoren zum Gesamtziel, Indikatoren zum Teilziel, Indikatoren zu den treibenden Faktoren, Indikatoren zu den Korrekturmassnahmen). • von den grafischen Hilfsmitteln (z.B. Diagramme, Warnanzeigen, Farbkodierung) extensiven Gebrauch zu machen. Ein Beispiel für einen Auszug aus dem TDB-Bericht einer Airline liefert Abbildung 46: Sie zeigt das TDB zum Teilziel «Unternehmenswachstum» mit Indikatoren zum Teilziel selbst (rechte Seite), zu den treibenden Faktoren (linke Seite) und zum kompetitiven Umfeld (links oben).352 351 352 Vergleiche hierzu: Jordan/Fiol (1997b), 12ff. Saulou (1996), 71. In Anlehnung an die Fallstudie «Air Pérombia». Vergleiche hierzu: Chiapello et al. (1997). Konkurrent 1, Mio $ Konkurrent 2, Mio $ Konkurrent 3, Mio $ Konkurrent 4, Mio $ Konkurrent 5, Mio $ Example Air, 44 Mio $ Konkurrent 6, Mio $ Konkurrent 7, Mio $ 50% 50% M A Preis 100% 100% Auslastung 25% 25% 4.) ………………………………... 5.) ………………………………... 6.) ………………………………... 2.) ………………………………... 3.) ………………………………... Tarif 100% 1.) ………………………………... geplante Massnahmen: (Details siehe Aktionspläne) 25% 50% ZRH SEA M J HOU Ziel A MEX Resultat J BUE S Soll O SAO ∆ N ………………………………………………………………………………. ………………………………………………………………………………. ………………………………………………………………………………. ………………………………………………………………………………. Kommentare: Hauptkonkurrent Abweichung Ziel Resultat Marktanteile: Umsatzplus Jän.-Apr. (vgl. 98, %) F Anteil Hochtarif-Kunden Umsatzwachstum: J Ist rollendes Budget Umsatzplus April (vgl. 98, %) ∆ 0 20 40 60 80 100 durchschnittl. Auslastung/Flug Ziel Trend WACHSTUM Umsatz in Mio $ (kumul.) Umsatz April (Mio $) Resultat Anmerkungen: …………………………... …………………………... …………………………... …………………………... …………………………… …………………………… …………………………… 120 140 Preis in % von Konkurrenz treibende Faktoren: 1.) 2.) 3.) 4.) 5.) 6.) 7.) 8.) Ranking nach Quartals-Umsatz Example Air, April 05 TDB de l’entreprise D Seite 138 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 46: Auszug aus dem «Tableau de Bord»-Bericht einer Airline Systeme der Leistungsmessung 4.3.3 Seite 139 Beurteilung des «Tableau de Bord» Ansatzes Der TDB-Ansatz ist ein grundsätzlich multidimensional ausgelegtes System der Leistungsmessung, welches der erst später entwickelten Balanced Scorecard sehr ähnlich ist.353 Die nur spärliche Erwähnung des TDB in der jüngeren Managementliteratur innerhalb und ausserhalb Frankreichs legt den Rückschluss nahe, dass dieser Ansatz weitestgehend von der Balanced Scorecard abgelöst wurde. Dennoch besteht sein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Ansätzen in seiner Offenheit und Flexibilität. Dies äussert sich auch darin, dass das TDB in Bezug auf seinen Inhalt und Aufbau in der französischen Managementliteratur in der Regel sehr undogmatisch behandelt wird: Allgemein anerkannte Normvorstellungen über generische Klassen von Kennzahlen konnten sich nicht etablieren und die meisten Autoren verzichten ausdrücklich auf diesbezügliche Definitionsversuche, da dies im Widerspruch zur geforderten Ausrichtung an den spezifischen Gegebenheiten eines Unternehmens stehen würde. Das TDB wird in der Literatur vielmehr als Leistungsmessungssystem behandelt, welches − gleichsam als Unikat − so weit als möglich an die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Unternehmens und jedes einzelnen Managers angepasst ist. Die Kehrseite eines solchen massgeschneiderten TDB zeigt sich jedoch im Aufwand, der für die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung eines solchen Führungsinstruments betrieben werden muss. Gerade in einem dynamischen Umfeld birgt das TDB bei konsequenter Durchführung die Gefahr, dass in einem aufwendigen Verfahren kontinuierliche Anpassungen an wenig repetitive Managementaufgaben notwendig werden und in der Folge die historische Vergleichsbasis der Daten verloren geht.354 Die verbesserte Relevanz aufgrund der Anpassung des TDB-Inhaltes an neue Gegebenheiten gefährdet so zugleich die historische Vergleichbarkeit der Leistungsdaten. Die Betonung der nicht-finanziellen Kennzahlen ist als Ergebnis der historischen Ursprünge des TDB-Ansatzes zu sehen. Wie bereits dargelegt, war das TDB ursprünglich primär ein kurzfristiges Kontrollinstrument zur Beherrschung von operativen Prozessen, dessen Informationen in nur sehr eingeschränktem Umfang in der Hierarchie nach oben weitergeleitet wurden («Bottom Up» Charakter). Aus diesem operativen Führungsinstrument hat sich im Laufe der Jahrzehnte schrittweise ein Werkzeug zur Füh- 353 354 Für eine vergleichende Gegenüberstellung: Gleich (2001), 59ff. Vergleiche hierzu: Chiapello/Delmond (1994), 54. Saulou (1996), 68. Seite 140 Systeme der Leistungsmessung rung von gesamten Unternehmen und Unternehmensteilen (Verantwortungsbereichen) entwickelt, welches den operativen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zwar nach wie vor grosse Bedeutung beimisst, durch die Ausrichtung an der Unternehmensstrategie aber viel von seinem ursprünglichen «Bottom Up»-Charakter eingebüsst hat. Sehr deutlich wird dieser Trend etwa anhand der in Abschnitt 4.3.2.3 vorgestellten «OVAR»-Methode, die im Grunde eine «Top Down»-Technik zum «Strategy Deployment» ist. Diese Entwicklung ist allerdings nicht zwingend negativ zu beurteilen. Ein strikt nach «Bottom Up»-Manier eingesetztes TDB-System würde in einem Grossunternehmen die Schaffung einer einheitlichen Stossrichtung und die Koordination der einzelnen Tableaux zu einer aufwendigen, wenn nicht gar unmöglichen Aufgabe machen. Auch ist positiv anzumerken, dass der einzelne Manager in einem typischen TDB-System − als Folge der ursprünglichen «Bottom Up»-Orientierung − nach wie vor noch grossen Einfluss auf die Gestaltung seines persönlichen TDB ausübt, da nur ein Teil der in seinem TDB abzubildenden Informationen von oben vorgegeben ist und entlang den Strukturpfaden der Führungshierarchie nach oben fliesst. Die Gestaltung des konkreten Erscheinungsbildes seines «Führungscockpits» sowie die optionale Berücksichtigung von proprietären Informationen bleiben beim TDB-Ansatz weitgehend im Aufgabenbereich des Einzelnen. Gerade in Unternehmen, die stark auf selbstverantwortliche Mitarbeiter bauen, dürfte dieses Grundverständnis auf Akzeptanz stossen. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass sich das TDB bei der Deklination der Strategie an der Verantwortungsstruktur orientiert (jedem Verantwortungsträger sein TDB), diese gemäss seinem Grundverständnis jedoch nicht hinterfragt. Einzelne Autoren führen zwar aus, dass es im Verlauf des Einsatzes des TDB durchaus vorkommen kann, dass als Nebeneffekt eventuell bestehende Schwachpunkte der existierenden Verantwortungsstruktur aufgedeckt werden und dass dies in der Folge zu einer Neukonzeption des Verantwortungsgeflechtes führen kann355, eine Optimierung von Verantwortungsverteilungen und Abläufen im Verlaufe der TDB-Entwicklung wird in der Regel aber nicht thematisiert.356 355 356 Vergleiche hierzu etwa: Hardouin (1978), 16. De Guerny et al. (1990), 25f. Eine Ausnahme in Bezug auf das Hinterfragen der Verantwortungsverteilung stellt die «OVAR»-Methode dar. Systeme der Leistungsmessung Seite 141 Dieser Schwachpunkt wird dadurch entschärft, dass das TDB nicht nur streng hierarchisch und intern ausgerichtet ist, sondern auch laterale Informationsbedürfnisse und externe Umwelteinflüsse explizit berücksichtigt. Idealtypische Tableaux sind in der Hierarchie nicht nur vertikal, sondern − sofern sinnvoll und machbar − auch horizontal über gemeinsame Inhalte miteinander verknüpft. Dies verdeutlicht, dass der TDB-Ansatz, im Gegensatz zu den anderen bereits vorgestellten Leistungsmessungssystemen, nicht nur kontrollierbare Faktoren berücksichtigt, sondern auch versucht, den einzelnen Verantwortungsträger über alle für seine Entscheidungen relevanten − sowohl kontrollierbaren als auch nicht-kontrollierbaren − Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Nicht das «Responsibility Accounting» sondern das «Responsibility Management» bestimmt den Charakter des idealtypischen TDB. Der TDB-Ansatz stellt daher, entsprechend seiner Analogie zu einem Armaturenbrett, stärker die Informationsgewinnung (zum Zweck der Selbstkontrolle und Positionsbestimmung) in den Mittelpunkt als die Leistungskontrolle. Diese sehr anschauliche Analogie zu einem Cockpit setzt sich auch in der Forderung nach extensiver Nutzung grafischer Hilfsmittel zur Präsentation der Tableaux fort. Weiters ist positiv anzumerken, dass traditionelle Kennzahlensysteme − gleichsam als zusätzliche Anzeige im Führungscockpit − problemlos im TDB-Ansatz integriert werden können. Diese Offenheit gegenüber anderen Kennzahlensystemen verdeutlicht den eingangs bereits angesprochenen multidimensionalen Charakter des TDB-Ansatzes. Die Orientierung an den meist nicht-finanziellen «Points-Clés» des betrieblichen Leistungsmodells macht das TDB vom Ansatz her zu einem rasch verfügbaren und zukunftsgerichteten Instrument, welches nicht nur die finanziellen Resultate sonder auch die Vorlaufgrössen des finanziellen Erfolgs abzubilden vermag. Diese Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind in der Praxis aber meist nur sehr schwierig und langfristig erfassbar. Weiters analysieren die Veröffentlichungen zum TDB und den «Points-Clés», also den kritischen Punkten in diesem Beziehungsgeflecht, in der Regel nur positive, einander unterstützende Kausalzusammenhänge. Negative Wechselwirkungen und Zielantinomien werden bei der Bestimmung der Leistungsindikatoren vernachlässigt oder zumindest nicht explizit erwähnt. Dies kann zu einem System von Kennzahlen führen, welches Fehlentscheidungen verursachen oder unerwartetes, suboptimales Managementverhalten induzieren kann. Seite 142 Systeme der Leistungsmessung Betreffend die für den TDB-Ansatz kennzeichnenden nicht-finanziellen Indikatoren soll an dieser Stelle nochmals daran erinnert werden, dass diese tendenziell kostenintensiv in der Beschaffung sind, bei der Einbindung in das TDB Schnittstellenprobleme aufwerfen, und im Falle der gleichzeitigen Berücksichtigung von finanziellen Leistungsindikatoren in einem gemeinsamen Führungsinstrument den Vorteil ihrer schnellen Verfügbarkeit einbüssen.357 Eine bei französischen Klein- und Mittelunternehmen durchgeführte Untersuchung hat gezeigt:358 • dass etwa die Hälfte der befragten Unternehmen über ein TDB verfügt, • dass das TDB in der Regel hauptsächlich als operatives Führungsinstrument eingesetzt wird, dass aber 76% der Befragten das TDB zumindest gelegentlich auch zum Zweck der strategischen Führung heranziehen, • dass das TDB von 27% der Befragten als Mittel zur Kontrolle der Mitarbeiter abgelehnt wird, • dass in der Praxis eine starke Ausrichtung auf finanzielle Kennzahlen vorherrscht.359 Die angeblich weite Verbreitung des TDB ist teilweise darauf zurückzuführen, dass der Begriff «TDB» oft als Sammelbegriff für alle möglichen Kennzahlensysteme gebraucht wird, die mit einem systematisch aufgebauten, auf einige wenige Kennzahlen limitierten Cockpit-Ansatz oft nur wenig gemeinsam haben.360 Dennoch lassen die oben erwähnten Untersuchungsergebnisse die Schlussfolgerung zu, dass das TDB im Sinne eines «Tableau de Bord de l’Entreprise» hauptsächlich ein Instrument der Pilotierung für die Unternehmensleitung, allerdings mit operativer Konnotation, verkörpert. Zumindest deuten die starke Gewichtung finanzieller Kennzahlen und der häufige Einsatz für strategische Entscheidungen in diese Richtung. 357 358 359 360 Zu den Schnittstellenproblemen (z.B. «Data Warehousing») und zur informationstechnischen Handhabung des TDB vergleiche auch: Chiapello/Delmond (1994), 55ff. Delmond (1997). Busson-Villa (1996), 221ff. Vergleiche hierzu auch: Epstein/Manzoni (1997), 11. Vergleiche hierzu auch die empirischen Ergebnisse von: Gray/Pesqueux (1993), 67. Systeme der Leistungsmessung Seite 143 Die Ablehnung des TDB für Zwecke der Mitarbeiterkontrolle lässt vermuten, dass das TDB in der Unternehmenspraxis tatsächlich nicht nur als Kontrollinstrument sondern auch als ein Instrument der Pilotierung verstanden wird.361 Die untergeordnete Rolle der nicht-finanziellen Kennzahlen relativiert jedoch die in der Theorie erhobene Forderung nach Abbildung des betrieblichen Leistungsmodells mittels Kennzahlen und auch die tatsächliche Bedeutung extern orientierter Leistungsindikatoren wird durch die in der Praxis festgestellte Vernachlässigung von «Benchmarking»-Informationen eher in Frage gestellt. Es drängt sich daher im Gesamtüberblick die Schlussfolgerung auf, dass das TDB in der Praxis grundsätzlich für zwei unterschiedliche Führungszwecke herangezogen wird: Einerseits als TDB der Unternehmensleitung, welches sich im Grunde nicht wesentlich von anderen Kennzahlensystemen zur Leistungskontrolle unterscheidet. Andererseits als TDB der operativen Ebene, welches ausgeprägt nicht-finanziellen Charakter besitzt und sich stark an den operativen Kausalzusammenhängen und der unmittelbaren Steuerung ausrichtet.362 Zusammenfassend betrachtet besticht das TDB durch seinen undogmatischen, flexiblen Charakter und durch seine anschauliche Präsentation. Die Betonung der Pilotierung gegenüber der Kontrolle und Konsolidierung macht den TDB-Ansatz insbesondere für Unternehmen, die stark auf selbstverantwortliche Mitarbeiter bauen, attraktiv. Die Realisierung und Pflege eines solchen flexiblen Cockpitsystems kann in der Praxis jedoch mit grossem zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden sein. Dies scheint gerade auf der oberen Führungsebene in Bezug auf die Einbindung von nichtfinanziellen und extern orientierten Indikatoren zu einer Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis zu führen. 361 362 Dies kann aber auch als Resultat der durch Klassen- und Positionsbewusstsein stark geprägten französischen gesellschaftlichen Normvorstellungen gewertet werden, welche ein zu enges Kontrollverhalten als despektierlich einstufen. Vergleiche hierzu: Le Maitre (1996), 110. Vergleiche hierzu auch: Gray/Pesqueux (1993), 70. Seite 144 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 47: Stärken und Schwächen des «Tableau de Bord»-Ansatzes STÄRKEN • Das TDB ist undogmatisch, sehr flexibel und an die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Managers angepasst («Bottom Up»-Charakter). • Das TDB berücksichtigt die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen. • Der oft nicht-finanzielle Charakter der abgebildeten Informationen erhöht die schnelle Verfügbarkeit von Führungsinformationen und gibt Auskunft über die mögliche zukünftige finanzielle Entwicklung des Verantwortungsbereiches. • Das TDB ist nicht streng hierarchisch und intern ausgerichtet, sondern berücksichtigt auch laterale, prozessbedingte Informationsbedürfnisse und externe Umwelteinflüsse. • Die Betonung der grafischen Präsentation von Informationen erhöht die Verständlichkeit. • Die Analogie zum (Flugzeug-)Cockpit ist anschaulich und verständnisfördernd. • Andere (z.B. finanzielle) Kennzahlensysteme können in das TDB integriert werden. SCHWÄCHEN • Die Ausrichtung des TDB an der Strategie ist erst jüngeren Datums und relativiert seinen «Bottom Up» Charakter. • Wird das TDB tatsächlich als «Bottom Up» Instrument eingesetzt, ist die Koordination der einzelnen Tableaux in Bezug auf eine einheitliche Stossrichtung und gemeinsame Sprache sehr aufwendig. • Die tatsächlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in einem Unternehmen sind nur schwer erfassbar. • Die im TDB abgebildeten treibenden Faktoren geben meist nur positive Interdependenzen wieder, Zielantinomien werden in der Regel vernachlässigt. • Nicht-finanzielle Informationen sind teilweise sehr kostenintensiv in der Beschaffung und bei der Einbindung in das TDB mit Schnittstellenproblemen verbunden. • Die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung eines TDB-Systems ist sehr aufwendig. • Die laufende Anpassung gefährdet die historische Vergleichbarkeit. Systeme der Leistungsmessung Seite 145 4.4 Der «Balanced Scorecard»-Ansatz 4.4.1 Ursprung und Ziele des «Balanced Scorecard»-Ansatzes Die «Balanced Scorecard» (BSC) verdankt ihren Bekanntheitsgrad einer Reihe von Veröffentlichung von Kaplan/Norton in den frühen 90er Jahren.363 Eine ursprüngliche Version dessen, was heute mit der BSC assoziiert wird, beginnt sich allerdings bereits im Jahre 1988 als Ergebnis eines Beratungsauftrages der Firma KPMG PEAT MARWICK bei APPLE COMPUTER abzuzeichnen. Ziel dieser Untersuchung ist es, einige unternehmensbezogene Schlüsselprozesse − unter ihnen die Leistungsmessung − neu zu gestalten. Dabei wird für das zukünftige System der Leistungsmessung der Firma APPLE COMPUTER das in Abbildung 48 dargestellte Anforderungsprofil entwickelt.364 In diesem Profil zeigen sich bereits typische Eigenschaften der BSC, wie beispielsweise die starke Ausrichtung auf die Strategie, die integrative Betrachtungsweise oder der vorausschauende, zukunftsorientierte Charakter. Auf Basis dieser grundlegenden Vorstellungen wird 1990 eine Forschungsgruppe zusammengestellt, welche aus den Führungskräften von zwölf Grossunternehmen, Beratern der Firma KPMG PEAT MARWICK und dem Harvard Business School Professor Robert S. Kaplan besteht. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, ein generisches Framework für die Leistungsmessung zu entwerfen365, wobei nicht nur der «Shareholder Value» als Finanzkennzahl, sondern auch seine treibenden Faktoren aus dem 363 364 365 Kaplan/Norton (1992a), 71ff. Kaplan/Norton (1992b), 37ff. Kaplan/Norton (1993a), 143ff. Kaplan/Norton (1993b) 134ff. Kaplan/Norton (1996a), 75ff. Hoffecker/Goldenberg (1994), 6. Die Autoren sind Partner bei KPMG PEAT MARWICK. Kaplan hingegen argumentiert, dass die BSC auf ein in der Halbleiter-Firma ANALOG DEVICES entwickeltes System zur Bewertung der Gesamtleistung des Unternehmens zurückgeht. Ob diese Entwicklung vor dem Beratungsprojekt bei APPLE COMPUTER stattfand, ist ungeklärt, da Kaplan keine zeitlichen Angaben hierzu macht. Allerdings lässt die enge Anlehnung der ANALOG DEVICES-Scorecard an die Endfassung des BSC-Konzeptes vermuten, dass die Entwicklung der Scorecard bei ANALOG DEVICES dem Projekt bei APPLE COMPUTER zeitlich nachgelagert ist. Zur Scorecard von ANALOG DEVICES: Kaplan (1995), 68. Morrow (1992), 156. Hoffecker/Goldenberg (1994), 6f. Die ersten Ergebnisse dieser Studie wurden vom Nolan Norton Institute, einer Tochtergesellschaft von KPMG PEAT MARWICK, veröffentlicht. Vergleiche hierzu: Nolan Norton Institute (1990). Seite 146 Systeme der Leistungsmessung nicht-finanziellen Bereich («Quality», «Time» und «Service» als Einflussgrössen des ultimativen «Value Drivers» Kundenzufriedenheit) eingebunden werden sollen.366 Die Einbindung von Kaplan in diese Arbeitsgruppe geschieht dabei nicht zufällig, sondern ist vor dem Hintergrund einer Reihe von Forderungen zu sehen, welche dieser bereits in früheren Veröffentlichungen erhebt: So kritisiert Kaplan beispielsweise die fehlende Anpassung der Kostenrechnung an neue Fertigungskonzepte wie «Total Quality Management» oder «Just In Time»-Systeme367, bemängelt die Aussagekraft von finanziellen Leistungsindikatoren und fordert die Berücksichtigung von multiplen Leistungsindikatoren368 zur Beurteilung der Performance von Divisionen. Abbildung 48: Angestrebtes Leistungsmessungssystem bei APPLE COMPUTER ZEITHORIZONT ………………….……….. intern operativ PERSPEKTIVE REICHWEITE x x x x x kurzfristig FOKUS ………………………………..…... lokal viele ANZAHL INDIKATOREN CHARAKTER …………………………..…... VERBINDUNG ZUR STRATEGIE ……….. VERBINDUNG ZUR BELOHNUNG “real time” qualitativ x dauerhaft x x x in Konflikt flexibel verbunden stark verbunden x hoch gering x INTEGRATION ……………………………..…... gering INTERPRETATIONS-EBENE ………..…... gering VORHERSAGEKRAFT … Apple 1988 x berichten funktional VERANTWORTUNG informations-basiert x hoch gering EFFIZIENZ hoch x daten-basiert QUALITÄT 368 wenige keine Verbindung ZUVERLÄSSIGKEIT 367 global/integriert starr HANDHABBARKEIT 366 strategisch x quantitativ vergänglich STABILITÄT DER INDIKATOREN extern x historisch RECHTZEITIGKEIT langfristig x analysieren unternehmensweit x hoch x … zukünftiges System der Leistungsmessung Vergleiche hierzu: Geanuracos/Meiklejohn (1993), 49f und 52f. Kaplan (1983). Kaplan (1984b). Kaplan (1986). Zu den multiplen Leistungsmessungssystemen vergleiche: Kaplan (1984a), 413. Kaplan (1988), 66. Der Begriff «multipel» kann in diesem Zusammenhang als Synonym für den Begriff «mehrdimensional» verwendet werden. Systeme der Leistungsmessung Seite 147 Kaplan schlägt zu diesem Zweck beispielsweise die Berücksichtigung von nicht-finanziellen Kennzahlen zur Produktinnovation, zur Produktführerschaft, zu den Mitarbeiterfähigkeiten, zur Arbeitsmoral oder zur Kundentreue vor und fordert, dass das Management Accounting an die ganz spezifischen Wertvorstellungen und strategischen Ziele eines Unternehmens angepasst werden sollte.369 Diese Gedanken werden unter anderem auch im Buch «Relevance Lost − The Rise and Fall of Management Accounting», einem frühen Standardwerk zur Prozesskostenrechnung, detailliert ausgeführt.370 Die Ideen von Kaplan, die praktische Beratungserfahrung von KPMG PEAT MARWICK und der Input der hinzugezogenen Manager führen schliesslich zur Entwicklung der BSC, welche in der Folge von Kaplan/Norton in einer Reihe von Harvard Business Review-Artikeln sowie in Buchform371 vorgestellt wird. Grundsätzliches Ziel dieses Ansatzes ist es, ausgehend von der Vision und Strategie eines Unternehmens ein Set von Leistungsindikatoren zu schaffen, welches dem Top Management einen schnellen, aber dennoch möglichst umfassenden Überblick über das jeweilige Geschäft geben soll und langfristige strategische Ziele in kurzfristig messbare Kennzahlen umsetzt.372 Ausgangspunkt der Scorecard ist dabei gemäss Kaplan “die Schaffung eines langfristigen wirtschaftlichen Wertes als oberste Zielsetzung des Unternehmens.”373 Nach dieser Auffassung sind finanzielle Monats-, Quartals- oder Jahreskennzahlen noch immer wertvoll für den Bericht der aktuellen Unternehmensentwicklung, sie sollten jedoch um die treibenden Faktoren der zukünftigen finanziellen Leistung ergänzt werden, welche insbesondere im nicht-finanziellen Bereich zu suchen sind. Die BSC betrachtet zu diesem Zweck die Unternehmensleistung aus vier Perspektiven (siehe Abbildung 49): aus der finanziellen Perspektive, aus der Kundenperspektive, aus der Lern- und Entwicklungsperspektive und aus der Perspektive der internen Geschäftsprozesse.374 369 370 371 372 373 374 Kaplan (1984a), 413f. Johnson/Kaplan (1991). Die Erstauflage dieses Werkes erschien bereits im Jahr 1987. Kaplan/Norton (1996b). Zur Übersetzung in die deutsche Sprache: Kaplan/Norton (1997a). Kaplan/Norton (2001). Zu den frühen Harvard Business Review-Artikeln siehe Fussnote 363. Kaplan/Norton (1992a), 71. Kaplan/Norton (1993b), 134. Kaplan (1995), 68. Kaplan/Norton (1997a), 8. Kaplan/Norton (1992a), 72. Kaplan/Norton (1997a), 9. “Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Vision zu verwirklichen?” Ziele 375 Ziele Ziele MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen Lernen und Entwicklung “In welchen Geschäftsprozessen müssen wir die besten sein, um Teilhaber und Kunden zu befriedigen?” MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen Finanziell VISION, STRATEGIE “Wie können wir unsere Veränderungsu. Wachstumspotentiale fördern, um unsere Vision zu verwirklichen?” MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen Kunde “Wie sollen wir gegenüber Teilhabern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben?” Ziele MassKenn- Vorzahlen gaben nahmen Interne Geschäftsprozesse Seite 148 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 49: Die «Balanced Scorecard»375 In Anlehnung an: Kaplan/Norton (1996b), 76. Kaplan/Norton (1997), 9. Für einen zusammenfassenden Überblick zur konkreten Ausgestaltung der Balanced Scorecard in unterschiedlichen Anwendungsgebieten: Krey (2003). Systeme der Leistungsmessung 4.4.2 Seite 149 Inhalte und Methoden des «Balanced Scorecard»-Ansatzes 4.4.2.1 Die Strategie im Zentrum Die Beifügung weiterer Perspektiven zur finanziellen Perspektive hat die Funktion, eine zu sehr finanzlastige Leistungsmessung zu verhindern und eine ausgewogene Leistungsbeurteilung zu ermöglichen. Daher der Zusatz «Balanced» zum Begriff «Scorecard», welcher aus der Welt des Sports entliehen ist und an eine Punktetabelle («Scorecard») beziehungsweise an eine Anzeigetafel («Scoreboard») erinnern soll.376 Im Zentrum des Interesses stehen hierbei die Vision und die Strategie des jeweiligen Unternehmens beziehungsweise der jeweiligen Geschäftseinheit. Eine Scorecard kann gemäss Kaplan/Norton prinzipiell entweder für das gesamte Unternehmen oder aber für jede Geschäftseinheit erstellt werden, welche idealerweise über ein gewisses Mass an Autonomie über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg verfügt (z.B. eigene Entwicklung, eigene produktive Prozesse, eigenes Marketing) und als «strategische Geschäftseinheit» bezeichnet werden kann.377 Die Strategie und die Vision formulieren für diese Geschäftseinheit die langfristigen Entwicklungsvorstellungen und die beabsichtigte Stossrichtung und dienen als Ausgangspunkt für die Erstellung einer BSC. Die Vision formuliert hierbei das langfristig angestrebte Entwicklungsziel des Unternehmens, die Strategie hingegen wird als ein Set von Hypothesen über die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge interpretiert, welches das spezifische Unternehmen in Richtung Vision dirigiert.378 Bei der Erstellung der BSC wird so vorgegangen, dass für jede der in Abbildung 49 angeführten vier generischen Perspektiven ausgehend von der Strategie eine limitierte Anzahl von konkreten Zielen («Objectives»), Kennzahlen («Measures»), Vorgaben («Targets») und Massnahmen («Initiatives») abgeleitet wird.379 Die ursprünglichen Veröffentlichungen zur BSC konzentrieren sich auf den Aspekt der Leistungsmessung380 und schlagen die Definition von bis zu insgesamt 25 Kennzahlen 376 377 378 379 380 Eine deutsche (aber nicht sehr etablierte) Übersetzung für BSC lautet «ausgewogener Berichtsbogen». Zu dieser Beobachtung: Horvath et al. in Kaplan/Norton (1997a), 19 (Anmerkung 1). Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1993b), 138. Kaplan/Norton (1997b), 9. Kaplan/Norton (1996a), 84. Kaplan/Norton (1997b), 5. Kaplan/Norton (1996b), 76. Kaplan/Norton (1997a), 9. Vergleiche hierzu: Kaplan (1992t). Kaplan (1993p). Die Schnittstelle zur Budgetierung findet hingegen nur wenig Beachtung. Zu dieser Beobachtung: Oehler (2002), 85. Seite 150 Systeme der Leistungsmessung (drei bis sieben Kennzahlen per Perspektive) vor.381 Diese Leistungsindikatoren sollen durch ihre Anbindung an die Strategie und durch die Berücksichtigung von nicht-finanziellen Informationen zu leistungstreibenden Faktoren eine stärkere Orientierung an der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens aufweisen als dies bei rein ergebnisorientierten finanziellen Kennzahlensystemen in der Regel der Fall ist. So empfehlen Kaplan/Norton, die Vision oder Strategie einer Einheit über die Analyse der kritischen (meist nicht-finanziellen) Erfolgsfaktoren in Kennzahlen zu übersetzen (siehe Abbildung 50).382 Diese Umsetzung erfolgt meist in einem «Top Down»-Prozess.383 Abbildung 50: Von der Strategie zu den Leistungsindikatoren Was ist unsere Vision der Zukunft? Falls unsere Vision Erfolg hat, wie verändern wir uns? VISION, STRATEGIE gegenüber den Teilhabern gegenüber den Kunden Finanziell Kunden in Bezug auf interne Prozesse in Bezug auf unsere Lern- und Wachstumsfähigkeit Interne Geschäftsprozesse Lernen und Entwicklung Welches sind die kritischen Erfolgsfaktoren? Welches sind die kritischen Kennzahlen? BALANCED SCORECARD 381 382 383 Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1992a), 135. Morrow (1992), 157. Kaplan/Norton (1996c), 68. Kaplan/Norton (1993b), 139. Vergleiche hierzu aber auch: Kaplan/Norton (2001), 245. Die Autoren veranschaulichen hier anhand der Balanced Scorecard explizit den Schnittstellencharakter des Leistungsmanagements zwischen Strategie und betrieblichen Prozessen wie er auch aus Abbildung 6 auf Seite 27 ersichtlich ist. Für konzeptionelle Ansätze zur Ausgestaltung dieses Übersetzungsprozesses: Hoffmann (1999), 87ff. Wunderlin (1999). Grüner (2001), 164ff. Vergleiche hierzu: Töpfer et al. (2002), 83. Systeme der Leistungsmessung Seite 151 4.4.2.2 Die Kundenperspektive In der Kundenperspektive etwa werden aus Sicht der eingeschlagenen Strategie diejenigen Leistungsmerkmale erfasst, die nach Meinung des Unternehmens für den Kunden tatsächlich von Bedeutung sind und somit einen konkreten Beitrag zur Schaffung von Kundennutzen («Value Proposition») leisten können. Diese Kennzahlen können grundsätzlich auf die Bereitstellung von in Bezug auf Einzigartigkeit, Funktionalität, Qualität, Preis oder Rechtzeitigkeit besonders attraktiven Produkten und Dienstleistungen, auf die Schaffung von Image und Reputation beim Kunden, sowie auf die generelle Qualität der Kundenbeziehungen abzielen.384 Beispiele für mögliche ursachenorientierte Leistungsindikatoren zur Kundenperspektive sind etwa Lieferzeiten, die Liefertreue, Auftragsbearbeitungszeiten, die Anzahl Kundenreklamationen, das Niveau der Verkaufspreise im Vergleich zu Konkurrenzprodukten oder die Anzahl Kundenkontakte. In späteren Veröffentlichungen ergänzen Kaplan/Norton diese ursachenorientierten Leistungsindikatoren durch ergebnisorientierte Indikatoren, welche verstärkt die Resultate der Interaktion mit den Kunden abbilden. Die entsprechenden Kennzahlen können in den Bereichen Marktanteil beziehungsweise Lieferanteil bei einem bestimmten Kunden, Kundenakquisition, Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität («Customer Retention») und Kundenprofitabilität gefunden werden.385 4.4.2.3 Die Perspektive der internen Geschäftsprozesse Kundennutzen kann gemäss Kaplan/Norton nur erzeugt werden, wenn die zu Grunde liegenden internen Prozesse und Abläufe beherrscht werden. Die intern orientierten Leistungsindikatoren sollten daher von Geschäftsprozessen abgeleitet werden, die einen direkten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit ausüben. Als Anknüpfungspunkt dient hier gemäss Kaplan/Norton die Identifikation und Messung von Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien, welche ihrerseits wiederum zu Einflussfaktoren wie beispielsweise Durchlaufzeiten, Mitarbeiterfähigkeiten, Qualität oder Produktivität 384 385 Kaplan/Norton (1992a), 73. Zur «Value Proposition»: Kaplan/Norton (1996c), 61f. Für frühe Beispiele zu ausformulierten «Scorecards» mit Kennzahlen zu allen vier Perspektiven siehe: Kaplan/Norton (1992a), 76. Morrow (1992), 157. Kaplan/Norton (1993b), 136. Kaplan/Norton (1996a), 76. Kaplan/Norton (1996c), 58ff. Kaplan/Norton (1996b), 63ff. Kaplan/Norton (1997a), 62ff. Seite 152 Systeme der Leistungsmessung führen. Dieses Vorgehen dient dazu, die Einschätzungen und Erwartungen der Unternehmensführung in Bezug auf interne Schlüsselprozesse und Kernkompetenzen über die Leistungsindikatoren (als Steuerungs- und Kommunikationsinstrumente) mit den Handlungen der einzelnen Mitarbeiter zu verknüpfen und für alle Hierarchieebenen klare Vorgaben für Handlungen, Entscheidungen und Verbesserungen innerhalb des Unternehmens zu formulieren.386 Die Kennzahlen dieser Leistungsperspektive hängen hier insbesondere von den konkreten Stärken (bzw. Fähigkeiten) und Schwächen des jeweiligen Unternehmens ab und können demnach so verschieden sein wie die Unternehmen selbst. Beispiele für mögliche Leistungsindikatoren sind etwa Durchlaufzeiten, Stückkosten, Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit und Produktivität, Stehzeiten, Defektraten, Überarbeitungskosten aufgrund von Produktionsfehlern, die Anzahl Arbeitsunfälle oder sonstige Indikatoren zur Termingenauigkeit und Qualität von internen Prozessen. 4.4.2.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive Die Lern- und Entwicklungsperspektive baut darauf auf, dass sich die beiden in Abschnitt 4.4.2.2 und in Abschnitt 4.4.2.3 diskutierten Perspektiven in ständiger Veränderung befinden. Kaplan/Norton argumentieren unter Benutzung des Stichwortes «Continuous Improvement», dass nur diejenigen Unternehmen ihren Wert steigern können, die sich ständig erneuern und über ausreichend Innovationskraft verfügen, um ständig neue Produkte zu entwickeln, Prozesse zu verbessern und somit neuen Kundennutzen zu schaffen. Auf diese Weise können neue Märkte erschlossen sowie Umsätze und Margen verbessert werden, was wiederum zum Wachstum des Unternehmens und zur Steigerung des «Shareholder Value» beiträgt.387 Die ursprünglichen treibenden Faktoren der Innovation und des langfristigen Wachstums sind gemäss Kaplan/Norton in den Mitarbeitern, in (Informations-) Systemen und in organisatorischen Abläufen zu suchen.388 386 387 388 Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1992a), 74f. Kaplan/Norton (1992a), 75f. Kaplan/Norton (1996c), 64. Systeme der Leistungsmessung Seite 153 Anknüpfungspunkte für Leistungsindikatoren können aus dieser Perspektive daher vor allem im Bereich der Produkt- und Prozessinnovation, im Forschungs- und Entwicklungsbereich, sowie im Bereich der Verbesserung der Infrastruktur gefunden werden. Beispiele für Kennzahlen sind etwa die Entwicklungszeiten für neue Produktgenerationen, die Zeit, die in der Produktion bis zur Beherrschung neuer Prozesse oder Technologien benötigt wird, der Anteil neuer Produkte am Gesamtumsatz, der Anteil neuer Märkte am Gesamtumsatz, Produkteinführungszeiten im Vergleich zur Konkurrenz, die Anzahl Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern, die Mitarbeiterzufriedenheit, die Mitarbeiterweiterbildung oder die Verfügbarkeit von kritischen Informationen. 4.4.2.5 Die finanzielle Perspektive Kaplan/Norton betrachten die finanzielle Perspektive als das Resultat der leistungstreibenden Prozesse, welche in der Kundenperspektive, in der Perspektive der internen Geschäftprozesse und in der Lern- und Entwicklungsperspektive abgebildet werden. Diese drei eher nicht-finanziell orientierten Perspektiven repräsentieren die Vorstellungen der Unternehmensleitung in Bezug auf Geschäftszusammenhänge und Kernerfolgsfaktoren und stehen daher mit der finanziellen Perspektive in einem UrsacheWirkungs-Zusammenhang. Der gesamte kausale Geschäftszusammenhang führt gemäss Kaplan/Norton in der Regel wie ein Vektor von den Leistungstreibern («Leading Indicators») in den nicht-finanziellen Perspektiven zu den Resultaten («Lagging Indicators») in der finanziellen Perspektive (siehe beispielsweise Abbildung 51).389 Die Einschätzungen, welche dieser Kausalkette zu Grunde liegen, können aber falsch oder mangelhaft sein. Die finanzielle Perspektive dient hier als finale Prüfgrösse: Verbessert sich zwar die operative Leistung in einem Unternehmen (z.B. gemessen anhand nicht-finanzieller Leistungsindikatoren), spiegeln sich diese operativen Verbesserungen aber nicht in den finanziellen Resultaten und in der Marktstellung eines Unternehmens wieder, so sollte das Management gemäss Kaplan/Norton die eingeschlagene Strategie, die angenommenen kausalen Zusammenhänge sowie die angeordneten Massnahmen neu überdenken.390 389 390 Kaplan/Norton (1997b), 6. Für alternative Bezeichnungen für Ergebnis- und Ergebnistreiberkennzahlen vergleiche: Gleich (2001), 221. Kaplan/Norton (1992a), 77f. Kaplan/Norton (1997b), 7f. 391 Verlagerung auf geeigneten Absatzkanal Zugang zu strategischer Information Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen wechselseitige Unterstützung der Produktlinien individuelle Zielsetzungen anpassen Probleme minimieren kurze Reaktionszeiten gewährleisten Interne Prozesse strategische Fähigkeiten entwickeln neue Produkte entwickeln Kunden Kundensegmente verstehen Steigerung der Kundenzufriedenheit durch hervorragende Abläufe operative Effizienz verbessern Finanziell Steigerung des Vertrauens der Kunden in unsere Finanzberatung Umsatz-Mix verbreitern “Verbesserung der operativen Effizienz durch Verlagerung der Kunden auf kosteneffektivere Distributionskanäle” “Reduktion der Gewinnvolatilität durch Erschliessung neuer Umsatzquellen auf Basis der heutigen Kunden” Erträge steigern PRODUKTIVITÄTS-STRATEGIE UMSATZWACHSTUMS-STRATEGIE Seite 154 Systeme der Leistungsmessung Abbildung 51: Die Ursachen-Wirkungs-Kette am Beispiel einer Bank391 Lernen & Entwicklung Diese Grafik beruht auf dem Beispiel einer Bank. Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1996c), 69ff. Für ein Beispiel aus dem Produktionsbereich von PHILIPS siehe: Dusch/Möller (1997), 118f. Für ein weiteres Beispiel aus dem Dienstleistungsbereich: Niven (2003), 234f. Für eine Anleitung zur Erstellung der UrsachenWirkungs-Ketten: Horváth & Partner (2001), 179ff. Ittner/Larcker (2004), 77ff. Systeme der Leistungsmessung Seite 155 Als Leistungsindikatoren der finanziellen Perspektive kommen finanzielle Kennzahlen wie zum Beispiel Cash Flow, Umsatz pro Segment, Umsatzwachstum, Auftragsbestand, Investitionsvolumen in Prozent des Umsatzes, Kosten im Vergleich zur Konkurrenz, Kostensenkungen im Vergleich zur Vorperiode, Gewinn, Margen, Return on Investment, Return on Equity, Shareholder Value oder Economic Value Added in Frage. Es erschliesst sich grundsätzlich die gesamte Bandbreite von Finanzkennzahlen. Die konkrete Wahl der Indikatoren sollte dabei nach Meinung von Kaplan/Norton von der Lebenszyklusphase, in welcher sich die untersuchte Einheit befindet («Rapid Growth», «Sustain», «Harvest»), beeinflusst werden und kann sich auf die drei generellen Stossrichtungen «Umsatzwachstum und Umsatzmix», «Kostenreduktion und Produktivitätssteigerung» oder «Kapazitätsausnutzung und Investitionsstrategie» beziehen.392 4.4.2.6 Die «Scorecard» als Instrument des strategischen Managements Ausgehend von dieser ursprünglichen Fokussierung auf die Leistungsmessung haben Kaplan/Norton in späteren Veröffentlichungen darauf hingewiesen, dass die BSC nicht nur ein Ansatz zur Leistungsmessung ist, sondern vielmehr ein umfassenderes Instrument des strategischen Managements darstellt (siehe Abbildung 52).393 So hilft die BSC gemäss Kaplan/Norton, die Vision und Strategie eines Unternehmens über ein integriertes Set von Zielen und Kennzahlen klar und verständlich abzubilden und erleichtert dadurch gleichzeitig auch die Konsensfindung auf den obersten Führungsebenen. Über diese Kennzahlen wird nach Meinung der beiden Autoren auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Hierarchieebenen unterstützt: Unternehmensziele, Divisionsziele und individuelle Ziele einzelner Mitarbeiter394 können auf eine gemeinsame Strategie hin ausgerichtet und durch Anbindung an ein abgestimmtes Anreizsystem noch weiter verdeutlicht werden.395 Über die Bestimmung von Vorgaben und Meilensteinen als Bezugswerte für die Leistungsmessung können auf diese Weise strategische Massnahmen initiiert, geplant, konkretisiert, koordiniert und integriert werden. 392 393 394 395 Kaplan/Norton (1996c), 56ff. Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1996a). Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zur Verantwortungsdimension des «Leistungswürfels» in Abschnitt 2.2. Die Erstellung einer Balanced Scorecard sollte daher eher als Koordinations- denn als Designaufgabe interpretiert werden. Vergleiche hierzu: Lohmann et al. (2004). Für praktische Beispiele zum «Balanced Gehalt»: Kaplan/Norton (2001), 225ff. Niven (2003), 330ff. Seite 156 Systeme der Leistungsmessung Die Verwendung der kurzfristig reagierenden und ebenso schnell erfassbaren nichtfinanziellen Indikatoren führt gemäss Kaplan/Norton dazu, dass Geschäftsstrategien und deren Implementierung kontinuierlich überprüft, strategisch wichtige Zusammenhänge und Veränderungen erkannt und die so gewonnen Erfahrungen und Erkenntnisse rasch in Anpassungen und Verbesserungen umgesetzt werden können. Durch die Analyse der Korrelationen und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen BSC-Indikatoren soll das der Strategie des Unternehmens zu Grunde liegende Leistungsmodell dabei ständig hinterfragt und so einem Lernprozess unterzogen werden − ein Prozess, der in grossen Unternehmen nach Meinung der beiden Autoren mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.396 Abbildung 52: Die BSC als Instrument des strategischen Managements397 Formulierung der Vision, Strategie - Verdeutlichung der Vision - Konsensfindung Feedback und Lernen - Artikulation der gemeinsamen Vision - strategisches Feedback - Strategieüberprüfung und Lernen erleichtern Kommunikation und Verbindung BALANCED SCORECARD - Kommunikation und Ausbildung - Festlegen von Zielen - Kennzahlen mit Anreizen verknüpfen Planung - Vorgaben bestimmen - Koordination strategischer Massnahmen - Ressourcenallokation - Meilensteine festlegen 396 397 Kaplan/Norton (1996a), 84. Kaplan/Norton (1996a), 77. Vergleiche hierzu auch die Funktionen der Leistungsmessung in Abschnitt 3.4. Systeme der Leistungsmessung 4.4.3 Seite 157 Beurteilung des «Balanced Scorecard»-Ansatzes Einer der Hauptvorteile der BSC ist darin zu sehen, dass sie als Konzept der Leistungsmessung darauf ausgerichtet ist, ein ausgewogenes Bild der Unternehmensentwicklung zu zeichnen: Die finanziellen Resultate werden durch Informationen zu leistungstreibenden, in der Regel nicht-finanziellen Vorlaufgrössen aus den Perspektiven Kunden, interne Geschäftsprozesse sowie Lernen und Entwicklung ergänzt. Dabei wird nicht − wie etwa beim ROI-Baum − ein einheitliches Kennzahlensystem auf verschiedenste Unternehmen angewendet, sondern die Wahl der Leistungsindikatoren passt sich, zumindest innerhalb der vier generischen Perspektiven, an die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens an. In den ursprünglichen Veröffentlichungen zur BSC plädieren Kaplan/Norton jedoch auf eine Art und Weise für eine Konzentration auf diese vier Perspektiven, die als dogmatisch bezeichnet werden kann. Unterstützt durch die anschaulichen Ausführungen der beiden Autoren kann dies zu einer unkritischen Übernahme dieser Klassifikation verleiten. Es sind allerdings die Autoren selbst, die in späteren Veröffentlichungen diese vierteilige Klassifikation relativieren: “Es existiert kein mathematisches Theorem, welches besagt, dass vier Perspektiven sowohl notwendig als auch ausreichend sind.”398 Ursache für diese Weiterentwicklung ist die Kritik an der Einschränkung auf vier Perspektiven und abweichende BSC-Einführungen in der Praxis. So kann kritisiert werden, dass die BSC zwar die Interessen von Eigentümern und Kunden berücksichtigt, dass jedoch die Interessen anderer Anspruchsgruppen − wie etwa die der Mitarbeiter, der Lieferanten oder der Gesellschaft − nicht explizit thematisiert werden.399 Diese Kritik wird dadurch bestärkt, dass beispielsweise Firmen wie ABB oder INFINEON Balanced Scorecards entwickelt haben, welche die Mitarbeiter als fünfte Perspektive auflisten400, und andere Firmen401 und Autoren402 ebenso weitere Dimensionen ergänzt haben. 398 399 400 Kaplan/Norton (1997b), 8. Kaplan/Norton versuchen diese Kritik zu umgehen, indem sie die Mitarbeiter als treibende Faktoren von Lern- und Innovationsprozessen sehen und der diesbezüglichen Perspektive zuordnen. Weiters führen die beiden Autoren aus, dass nicht jede Anspruchsgruppe strategisch relevant ist und automatisch in die BSC aufgenommen werden muss. Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (1997b), 8. Vergleiche hierzu: Ewing (1995), 8ff. Kötzle/Weiss (2002).638ff. Seite 158 Systeme der Leistungsmessung Ungeachtet der Diskussion in Bezug auf die Anzahl und Ausgestaltung der Perspektiven ist jedoch als positiv zu vermerken, dass die BSC die individuelle Vision und Strategie eines Unternehmens in den Mittelpunkt der Leistungsmessung stellt und dies auch explizit zum Ausdruck bringt. Reine Finanzkennzahlen wie der ROI oder der EVA können zwar auch in einem BSC-Modell zentrale Bedeutung erlangen, zu einem unternehmensübergreifend allgemeingültigen Standardziel werden sie aber nicht erhoben. Über die Berücksichtigung und Hinterfragung der bereits angesprochenen spezifischen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verkörpert die BSC im Idealfall eine Art Checklist und anschauliches Kommunikationsinstrument, um die individuelle Unternehmensstrategie für alle Hierarchiestufen bis auf ein integriertes, in sich stimmiges System von Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Massnahmen herunter zu brechen. Problematisch ist dabei, dass die tatsächlichen Kausalzusammenhänge, welche schliesslich zur Unternehmensleistung führen, in der Regel schwer erfassbar und quantifizierbar sind und daher meist nur hypothetischen Charakter besitzen. Wie bereits oben erwähnt, sind Kaplan/Norton selbst der Meinung, dass der diesbezügliche Abklärungsprozess Jahre dauern kann und Feldstudien zeigen, dass die Einführung einer Balanced Scorecard nicht zwingendermassen zur Verbesserung der Finanzresultate führt.403 Zieht man in Betracht, dass diese Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge keine stabilen Beziehungen sind, sondern im Zeitablauf auch Veränderungen unterworfen sind, dann wird die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung einer BSC zu einem langfristigen und kontinuierlichen Projekt, welches zwar Lernprozesse und Verbesserungen unterstützt, dass aber gleichzeitig auch sehr kostspielig in der Nutzung wird.404 401 402 403 404 Vergleiche hierzu Speckbacher et al. (2003). Die Autoren zeigen im Rahmen einer empirischen Erhebung zur BSC, dass 17% der befragten Unternehmen die BSC aus mehr als vier Perspektiven zusammensetzen, dass einzelne Firmen aber auch weniger als vier Perspektiven verwenden. Für ein weiterentwickeltes Konzept vergleiche beispielsweise: Maltz et al. (2003), welche im «Dynamic Multi-Dimensional Performance Framework» die BSC um die fünfte Perspektive «Zukunft» erweitern. Vergleiche aber auch: Welge/Lattwein (2002), 459. Vergleiche hierzu: Davis/Albright (2003). In einer empirischen Studie wird gezeigt, dass die finanzielle Performance von Bankfilialen nicht signifikant durch die Einführung einer Balanced Scorecard verbessert wurde. Vergleiche ebenso: Braam/Nijssen (2004). Für empirische Erhebungen hierzu: Töpfer et al. (2002), 82. Systeme der Leistungsmessung Seite 159 Dabei können gerade die nicht-finanziellen Informationen (z.B. Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit), welche im generischen Grundmodell immerhin drei der vier Perspektiven der BSC dominieren, teilweise sehr aufwendig in der Beschaffung und Verwaltung sein.405 Insbesondere wenn die BSC in einem elektronischen Informationssystem − z.B. als PC-basiertes Führungs-Cockpit406 − abgebildet wird, können gerade bei den nicht-finanziellen Informationen, welche nicht direkt den bestehenden Kostenrechnungs- oder Buchhaltungssystemen entnommen werden können, Schnittstellenprobleme zu einem entscheidenden Faktor werden. Wenn die Dateneingabe hier nicht vorwiegend manuell (und somit zeit- und kostenintensiv) vor sich gehen soll, dann ist es notwendig, dass die relevanten Datensätze in einer Datenbank abgespeichert und zugänglich sind und dass der Datentransfer zwischen den verschiedenen Systemen stattfinden kann. Solche «Schnittstellenprobleme», welche dem Themenkreis «Data Warehousing» zuzuordnen sind, sind hauptsächlich technischer Natur, ihre praktische Bedeutung für das Leistungsmanagement sollte jedoch nicht ignoriert oder unterschätzt werden.407 Ebenso ist die Kombination von finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren in einem gemeinsamen Leistungsmessungssystem nicht unproblematisch. Es entsteht dadurch einerseits zwar ein umfassenderes Bild der Unternehmensentwicklung als bei Berücksichtigung rein finanzieller Leistungsindikatoren, andererseits kann der Vorteil der schnellen Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Indikatoren bei Einbindung in ein BSC-Gesamtkonzept gefährdet werden: Auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt ist, so erwecken die Veröffentlichungen von Kaplan/Norton den Eindruck, dass im generischen Grundmodell alle vier Perspektiven der Balanced Scorecard in einem integrierten System zeitgleich verfügbar gemacht werden sollten. Die nicht-finanziellen Indikatoren unterliegen in der Regel aber kurzfristigeren Schwankungen und sind oft schneller verfügbar als die Resultate der finanziellen Perspektive. Bestimmt die finanzielle Perspektive die Periodizität der BSC und werden keine weiteren Leistungsberichte erfasst, so kann dies folglich die zeitliche Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Leistungsindikatoren beeinträchtigen. 405 406 407 Für praktische Erfahrungen hierzu vergleiche beispielsweise: Niedermeyer et al. (2002), 177. Wie z.B. bei ABB in Schweden. Vergleiche hierzu: Ewing (1995), Zu dieser Beobachtung: Ewing (1995), 23. Zum «Data Warehousing» siehe etwa: Gilmozzi (1998). Kurz (1999). Zu den Anforderungen der Leistungsmessung an das «Data Warehousing»: Rödler et al. (2003), 145ff. Zur Rolle der IT für die Balanced Scorecard: Edwards (2001), 3ff. Herde (2004). Seite 160 Systeme der Leistungsmessung Dieses Problem kann in der praktischen Anwendung der BSC umgangen werden, indem nicht alle Indikatoren zwingend zeitgleich (z.B. quartalsweise, monatlich, täglich) aktualisiert werden.408 Es kann daher unter Umständen Sinn machen, die Veränderungen bei den nicht-finanziellen Indikatoren öfter und schneller abzubilden (z.B. wöchentlich, täglich) als dies bei den Indikatoren der finanziellen Perspektive der Fall ist. Dies würde bedeuten, dass sich das Managementinteresse kurzfristig auf hauptsächlich nicht-finanzielle «Scorecards» als Führungsinstrumente fokussiert, dass aber in periodischen Abständen, die sich nach der Verfügbarkeit der Daten richten, die finanzielle Perspektive als Kontrollperspektive ergänzt (bzw. aktualisiert) wird, um die BSC zu vervollständigen und tatsächlich ausgewogen zu machen.409 Auch propagieren Kaplan/Norton die BSC wiederholt als Instrument des strategischen Managements, und erwecken dabei den Eindruck, dass es sich bei der BSC nicht um einen simplen (wenn auch durchdachten) Ansatz zur Zusammenstellung und Verwendung von Kennzahlen für die Leistungsmessung, sondern vielmehr um ein neuartiges System des strategischen Managements handelt.410 Als Argumente hierfür führen die beiden Autoren an, dass der BSC-Ansatz (im Sinne einer Konkretisierung) die Formulierung von integrierten Zielen unterstützt, dass diese Ziele mittels strategieorientierten Kennzahlen kommuniziert und über Zielvorgaben operationalisiert werden und schliesslich Aussagen über die globalen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen (oder in der strategischen Geschäftseinheit) erlauben.411 Dabei liegt der primäre Einsatzbereich der BSC gemäss Norton/Kaplan aber mehr in der Strategieimplementierung als in der Strategieformulierung.412 408 409 410 411 412 Vergleiche als Beispiel hierzu die Ausführungen zu den «Non-financial Scorecards» bei Siemens-Nixdorf: März (1997). Vergleiche hierzu aber auch Günther/Grüning (2002), 10. Die Autoren stellen fest, dass bei «klassischen» (finanziellen) Messobjekten die Berichtszyklen kürzer sind als bei «modernen» (nicht-finanziellen) Messobjekten und erklären dies damit, dass diese sich unterjährig weniger stark verändern (z.B. Mitarbeiterzufriedenheit, Kundenzufriedenheit). Vergleiche hierzu z.B. Kaplan/Norton (1996a), 75: “Recently, we have seen some companies move beyond our early vision for the scorecard to discover its value as the cornerstone of a new strategic management system.” Siehe auch Kaplan/Norton (1997b), 5: “Our experience is that the best balanced scorecards are more than collections of critical indicators or key success factors.” Vergleiche hierzu: Abbildung 52 auf Seite 156. Vergleiche aber auch: Reichmann (2001), 598. Kaplan/Norton (1996c), Fussnote 5. Kaplan/Norton (1997b), 10. Systeme der Leistungsmessung Seite 161 Dies ist allerdings keine neue Erkenntnis oder Weiterentwicklung im Bereich der Leistungsmessung: Jedes Set von Kennzahlen, welches vorgibt, sich an der Strategie des Unternehmens zu orientieren, wird per Definition zu einem strategischen Instrument. Wie bereits zu den Funktionen der Leistungsmessung ausgeführt wurde, dient auch jeder Vorgang der Leistungsmessung nicht nur der Beobachtung und Kontrolle (inklusive «Feed Back»), sondern auch der Kommunikation und Steuerung («Feed Forward»), der Integration und der Motivation. Man kann dem BSC-Ansatz zwar zugute halten, dass wohl nur wenige Veröffentlichungen zur Leistungsmessung die individuelle Strategie eines Unternehmens so explizit in den Vordergrund stellen und zugleich ein ähnlich umfassendes, anschauliches und verständliches Konzept zur Definition von Leistungsindikatoren anbieten. Die Balanced Scorecard liefert im Bereich der Leistungsmessung daher sicherlich einen Beitrag zum strategischen Management, ein eigenständiges System des strategischen Managements ist die BSC allerdings nicht. Ein Konzept, dass sich primär auf die quantifizierbaren, kontrollierbaren und einem Verantwortungsbereich zuordenbaren Stärken und Schwächen eines Unternehmens konzentriert und dabei qualitative Aussagen, schwache Signale sowie Chancen und Gefahren im Unternehmensumfeld weitgehend unberücksichtigt lässt, kann diesem Anspruch nicht genügen. Ein Pluspunkt der BSC ist daher die anschauliche und gut gegliederte Konzeption, welche es durch ihre offene Konstruktion erlaubt, auch bestehende finanzielle Ansätze zur Leistungsmessung (z.B. ROI, Free Cash Flow, Economic Value Added) einzubinden.413 In Bezug auf (finanzielle und nicht-finanzielle) Kennzahlen oder Messprozesse selbst besitzt die BSC allerdings nur wenig Innovationsgehalt. So fordern beispielsweise Gordon/Miller bereits 1976, dass Informationssysteme im Accountingbereich so ausgelegt sein sollten, dass sie die Bedeutung der strategischen Ziele und der langfristigen Planung unterstreichen. Ein effektives Accountingsystem sollte demnach so gestaltet sein, dass es ein System von Zielen und Vorgaben verkörpert, welche von jeder Abteilung erreicht werden müssen und welche es erlauben, die Leistung von Unternehmensteilen vor dem Hintergrund der Ziele des Gesamtunternehmens zu be413 Am Beispiel des SHV siehe: Horváth & Partner (2001), 336ff. Niedermeyer et al. (2002). Voggenreiter/Jochen (2002). Welge/Lattwein (2002). Ries/Burggraf (2003). Stührenberg et al. (2003), 78 ff. Am Beispiel RONOA siehe: Kaplan/Norton (2001), 111ff. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Unternehmen beim Herunterbrechen von Shareholder Value Spitzenkennzahlen nur zögerlich eine Überleitung zum Bilanzgrössen oder operativen Erfolgsfaktoren vornehmen. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 30ff. Seite 162 Systeme der Leistungsmessung urteilen. Beispiele für mögliche Vorgaben lokalisieren Gordon/Miller etwa in den Bereichen Kosten, Gewinne, Qualität, Kundenzufriedenheit und Marktanteile.414 Von dieser Forderung ist der Sprung zur rund 15 Jahre später vorgestellten BSC nicht mehr sehr gross. 415 In der Gesamtschau präsentiert sich die BSC somit als ein anschauliches Konzept zur Ausrichtung der Leistungsmessung an der Strategie, welches hilft, die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge der Leistungserbringung auch in Form von Leistungsindikatoren abzubilden. Die ausgewogene Berücksichtigung von finanziellen und nicht-finanziellen Informationen beleuchtet die Unternehmensaktivitäten aus verschiedenen Perspektiven, ist in der Realisation aber aufwendig und kein Patentrezept für die umfassende Bewältigung aller unternehmensspezifischen Anforderungen an das Leistungsmanagement. 414 415 Gordon/Miller (1976), 65. Für andere frühe Konzepte zur Integration von finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsaspekten vergleiche beispielsweise: Cross/Lynch (1991). Nanni et al. (1992). Sowie die Ausführungen zum «Tableau de Bord» in Abschnitt 4.3. Systeme der Leistungsmessung Abbildung 53: Stärken und Schwächen des «Balanced Scorecard»-Ansatzes STÄRKEN • Die BSC zeichnet ein ausgewogenes Bild der Unternehmensentwicklung (z.B. über verschiedene Perspektiven, Leistungstreiber/Resultate, finanzielle/nicht-finanzielle Indikatoren, interne/externe Leistungsdaten). • Die BSC ist an die spezifische Situation des jeweiligen Unternehmens angepasst, da die spezifischen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge im Unternehmen berücksichtigt und hinterfragt werden. • Die BSC orientiert sich explizit an der Vision und Strategie und hilft dem Management, die Strategie für alle Hierarchiestufen bis auf ein integriertes System von Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Massnahmen herunter zu brechen. • Die BSC ist ein anschauliches, unkompliziertes und gut verständliches Konzept und daher leicht zu kommunizieren. • Andere Kennzahlensysteme können in der BSC integriert werden. SCHWÄCHEN • Die ursprüngliche Konzentration auf vier generische Perspektiven besitzt stark dogmatischen Charakter und verleitet zu unkritischer Übernahme dieser Klassifikation. • Die tatsächlichen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge in einem Unternehmen sind nur schwer erfassbar und besitzen meist nur hypothetischen Charakter . • Nicht-finanzielle Informationen (z.B. Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit) sind teilweise sehr kostenintensiv in der Beschaffung und bei Einbindung in die BSC mit Schnittstellenproblemen verbunden. • Der Vorteil der schnellen Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Informationen kann durch die Anbindung an die finanzielle Perspektive gefährdet werden. • Aus Sicht des strategischen Managements werden externe Umfeldfaktoren (Chancen/Gefahren) zuwenig berücksichtigt oder gar nicht abgebildet. • Die Entwicklung, Einführung und laufende Anpassung einer BSC ist aufwendig und mit grossen Kosten verbunden, die Kosten-Nutzen-Effizienz ist bisher empirisch nicht belegt. • Der BSC-Ansatz besitzt aus der Perspektive der Leistungsmessung in Bezug auf Kennzahlen und Messprozesse nur wenig Innovationsgehalt. Seite 163 Seite 164 Systeme der Leistungsmessung 4.5 Gesamtbeurteilung der vorgestellten Systeme In den Abschnitten 4.1 bis 4.4 wurden verschiedene, für die Entwicklung der formalen Leistungsmessung in Grossunternehmen möglichst repräsentativ gewählte Systeme vorgestellt und deren Schwächen und Stärken einzeln beurteilt. Anhand dieser ausgewählten Systeme wurde gezeigt, wie sich die Ansätze der Leistungsmessung in der Theorie von klassischen rentabilitätsorientierten Finanzkennzahlensystemen, über verfeinerte wertorientierte Ansätze zu zusehends stärker umfassend entscheidungsorientierten, mehrdimensionalen Konzepten entwickelt haben. In einer vergleichenden Gesamtschau werden nun die Anwendungsmöglichkeiten, die Qualitätsmerkmale sowie die Störanfälligkeit dieser Ansätze in einem multinationalen Umfeld einander gegenübergestellt. Zusammenfassend werden dann die Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie der Zusammenhang zwischen den einzelnen Ansätzen gewürdigt. 4.5.1 Beurteilung anhand der Anwendungsmöglichkeiten im «Leistungswürfel» Die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten der vorgestellten Systeme der Leistungsmessung können unter Beiziehung des in Abschnitt 2.2 diskutierten Leistungswürfels veranschaulicht werden, der die Leistung nach den Dimensionen Verantwortlichkeit, Form und Zeitpunkt der Leistungserbringung unterscheidet. Erste Unterschiede in den Performance Measurement Ansätzen zeigen sich in Bezug auf die Anwendbarkeit auf verschiedene Verantwortungsebenen. Während bei Anwendung auf Gesamtunternehmensebene, welche im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht, alle genannten Kennzahlensysteme grundsätzlich als geeignet erscheinen, sind die Finanzkennzahlen zu Rentabilität und Wertsteigerung auf der Team-, Prozess- und Einzelpersonebene nur eingeschränkt einsetzbar. Die Zuordnung von Erfolg, investiertem Kapital oder Cash Flow ist bereits auf Prozessebene mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet, kann aber unter Berücksichtigung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gemäss ROI-Baum oder Shareholder Value-Netzwerk mit gewissem Erfolg bewerkstelligt werden. Ein Herunterbrechen dieser Finanzkennzahlen bis auf Ebene Einzelperson ist in der Regel jedoch nicht mehr mit vertretbarem Aufwand machbar. Hier liegt eine der besonderen Stärken der mehrdimensionalen Ansätze, da gerade diese auf eine benutzergerechte Deklination der Leistungsmessung ausgerichtet Systeme der Leistungsmessung Seite 165 und nicht an den engen Rahmen der finanziellen beziehungsweise finanznahen Kennzahlen gebunden sind. Insbesondere das Tableau de Bord mit seiner expliziten Ausrichtung auf den einzelnen Entscheidungsträger hat hier massgeblich Vorteile. Allerdings kommen diese nur in einem Top-Down-Prozess im Sinne eines konsistenten Herunterbrechens zum Tragen: Ein Konsolidieren ähnlich dem von Finanzkennzahlen ist bei mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung in der Regel nicht möglich und somit der Beitrag von Unternehmensteilen zur Gesamtunternehmensleistung bestenfalls indirekt ermittelbar.416 Dieser mehrdimensionale Charakter ist es auch, der es einem Tableau de Bord oder einer Balanced Scorecard erlaubt, sowohl finanzielle, als auch operative (tendenziell nicht-finanzielle) und soziale (tendenziell ebenfalls nicht-finanzielle) Leistungskomponenten abzubilden. Diese Leistungsaspekte können mittels Rentabilitäts- oder Wertkennzahlen nur indirekt über nicht-finanzielle Erweiterung des ROI-Baumes beziehungsweise der Werttreiber im SHV-Netzwerk einbezogen werden. Diese Einschränkungen bei den Rentabilitäts- und Werttreibern, wie sie in den generischen ROI- und SHV-Modellen zum Tragen kommen, schlagen sich auch in den Darstellungsmöglichkeiten in Bezug auf die Zeitdimension nieder. Hier sind die mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung, mit ihrer Betonung der nicht-finanziellen «Leading Indicators»417, welche möglichst gegenwartsnah am betrieblichen Geschehen erfasst werden sollen, konzeptionell besser aufgestellt. In Bezug auf die Messbarkeit beziehungsweise Schätzbarkeit zukünftiger Leistung weist aus Sicht des Verfassers jedoch keine der Methoden wirklich zuverlässige Lösungsansätze auf. Alle Methoden können grundsätzlich als Planrechnungen ausgestaltet werden, sind dann aber auch mit den gleichen Prognoseproblemen behaftet. Auch der meist in Zusammenhang mit der Balanced Scorecard genannte Vorteil der «Leading Indicators» als Vorlaufgrössen für die spätere finanzielle Performance kann, mit den bereits oben genannten Einschränkungen, auch bei Berücksichtigung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gemäss ROI-Baum oder gemäss Shareholder Value Netzwerk geltend gemacht werden. Die Gesamtschau der verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten im Leistungswürfel zeigt somit, dass die Stärken der mehrdimensionalen Ansätze in einem umfassenden 416 417 Als Beispiel sei an dieser Stelle die Schwierigkeit beim Konsolidieren von Mitarbeiterzufriedenheitszahlen einzelner Gesellschaften zu denen von Divisionen oder des Gesamtunternehmens erwähnt. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.4.2.5. Seite 166 Systeme der Leistungsmessung Leistungsverständnis, welches den gesamten Leistungswürfel abdeckt, sowie in der Deklinierbarkeit der Leistungsmessung über verschiedene Verantwortungsebenen hinweg liegen. Die Möglichkeit zur Integration der Rentabilitäts- und Wertansätze im finanziellen Teil der mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung macht daher keine «Entweder-Oder»-Entscheidung notwendig, sondern legt die Zusammenführung der methodischen Stärken von Rentabilitäts- und Wertmanagement im finanziellen Bereich mit dem Strategie- und Prozessverständnis der mehrdimensionalen Systeme nahe. 4.5.2 Beurteilung anhand von Qualitätskriterien In Abschnitt 3.5.3 wurden die Qualitätskriterien für Leistungsindikatoren dargelegt. Diese Kriterien können entsprechend auf die Systeme der Leistungsmessung angewendet werden. Während bei den zuvor diskutierten Anwendungsmöglichkeiten das breite Leistungsverständnis und die stufengerechte Deklinierbarkeit der mehrdimensionalen Performance Measurement Systeme als klare Vorteile ausgewiesen wurden, zeigt sich bei der Auswertung nach Qualitätskriterien ein differenziertes Bild. Finanzkennzahlen weisen in dieser Betrachtungsweise einige wichtige Vorteile gegenüber mehrdimensionalen Systemen auf. Eine wichtige Stärke der klassischen Rentabilitätskennzahlen liegt in deren Verfügbarkeit, Verständlichkeit und Vergleichbarkeit. Die entsprechenden Finanzinformationen sind, zumindest auf Ebene Gesamtunternehmen, grossteils direkt dem Rechnungswesen zu entnehmen («Verfügbarkeit») und den meisten Führungsverantwortlichen entsprechend vertraut («Verständlichkeit»). Die Standardisierung der Accounting-Sprache erleichtert die interne und externe «Vergleichbarkeit».418 418 Vergleiche hierzu die Ausführungen zu XBRL in Fussnote 95 auf Seite 47. Für eine frühe Quelle zur «Vergleichbarkeit» von Finanzkennzahlen aufgrund von Geldeinheiten als gemeinsamen Nenner: Solomons (1965), 43. Systeme der Leistungsmessung Seite 167 Wertorientierte Performance Measurement Systeme setzen im direkten Vergleich zu Rentabilitätskennzahlen hingegen bereits ein höheres Finanzverständnis voraus («Verständlichkeit»). Darüber hinaus sind industrie-, unternehmens- und länderspezifischen Diskontfaktoren (DCF) beziehungsweise Kapitalkostensätze (EVA) in der Regel nicht ohne weiteres verfügbar («Verfügbarkeit») und für subjektive Einschätzung besonders empfänglich («Vergleichbarkeit»). In der erschwerten «Verfügbarkeit» liegt auch eine der grossen Herausforderungen bei Balanced Scorecard und Tableau de Bord. Werden ergänzend zu den Finanzkennzahlen nicht-finanzielle Leistungsdaten aus zumeist ganz unterschiedlichen Informationssystemen bedarfsgerecht zusammengeführt, kommt der Schnittstellenproblematik und den Kosten der Datenerhebung und Datenaufarbeitung eine besondere Rolle zu.419 Gerade im Tableau de Bord, das speziell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Verantwortlichen zugeschnitten ist, hat dies zwar den Vorteil, dass nur Leistungsindikatoren berücksichtigt werden, die von den Entscheidungsträger auch verstanden werden («Verständlichkeit»). Diese individuelle Ausgestaltung geht bei den mehrdimensionalen Systemen, sowohl bei Balanced Scorecard als auch bei Tableau de Bord, jedoch auf Kosten der «Vergleichbarkeit» und Aggregierbarkeit.420 Ein weiterer Vorteil der Finanzkennzahlen liegt in deren «Wesentlichkeit». In der Regel streben diese Ansätze danach, Rentabilitäts- und Wertaussagen auf Basis einer Spitzenkennzahl und weniger ausgewählter treibender Faktoren zu machen. Bei den mehrdimensionalen Kennzahlen ist die Gefahr eines «Übercontrolling» durch Verwendung zu vieler Messgrössen bei verminderter Prägnanz der Aussagen vergleichsweise grösser421 und das Wesentlichkeitskriterium daher nur mittelmässig erfüllt. Die Kritik an der «Relevanz» von vergangenheitsorientierten Finanzkennzahlen kann gerade im Hinblick auf die «Activity Based Costing»-Entwicklung in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts - gleichsam als «klassisch» eingestuft werden.422 Einschränkungen in der verursachungsgerechten Zuweisung von Kosten («Zuordenbarkeit») und die 419 420 421 422 Vergleiche hierzu: Töpfer et al. (2002), 82. Vergleiche hierzu: Gleich et al. (2002), 340. Paul (2004), 109. Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 708. So trägt ein diesbezügliches Standardwerk von Johnson/Kaplan (1991) den Titel «Relevance Lost - The Rise and Fall of Management Accounting». Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in den Abschnitten 1.1 und 3.1.3.1. Seite 168 Systeme der Leistungsmessung daraus resultierenden Verzerrungen in den Leistungsaussagen («Zuverlässigkeit») waren es, die zu einer stärker prozessorientierten Sicht und zur Betonung von nicht-finanziellen Messgrössen geführt haben. Da die mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung gerade in Hinblick auf eine Ergänzung durch solche Indikatoren entwickelt wurden, verfügen sie über ein breiteres Repertoire an Adaptionsmöglichkeiten an die jeweilige Messsituation und erfüllen daher die Kriterien «Effektivität», «Zuordenbarkeit», «Relevanz» und «Zuverlässigkeit» tendenziell besser. Die Beurteilung der «Kosten-Nutzen-Effizienz» ergibt aus Sicht des Verfassers jedoch keine signifikanten Vorteile für eines der beschriebenen Systeme der formalen Leistungsmessung. Durch die mannigfaltigen Anpassungsmöglichkeiten an die firmenspezifischen Performance Management Bedürfnisse kann mittels Balanced Scorecard oder Tableau de Bord vermutlich ein umfassenderes Leistungsbild mit tendenziell höherem Nutzwert gezeichnet werden als mit reinen Finanzanalysen.423 Dem stehen aber im Vergleich zu Rentabilitäts- und Wertkennzahlen vergleichsweise hohe Kosten der Erfassung und Nutzung der Leistungsinformationen gegenüber.424 Aus der Gesamtschau der Qualitätskriterien ergibt sich somit ein durchzogenes Bild, welches in Abhängigkeit von den konkreten Messbedürfnissen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung unterschiedlich zur Geltung bringt. Auf Stufe Gesamtunternehmensebene, auf welcher sich die vorliegende Arbeit bewegt, haben Finanzkennzahlen jedoch massgebliche Vorteile gegenüber mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung. Einerseits sind bei multinationalen Grossunternehmen, gerade im Hinblick auf die regelmässig in der formalen Leistungsmessung technisch und verständnismässig zu verarbeitenden Informationsvolumina, die stärkere Konzentration auf das Wesentliche sowie die bessere «Vergleichbarkeit» bei guter «Verfügbarkeit» und vergleichsweise tiefen Erfassungs- und Nutzungskosten wichtige Argumente zu Gunsten von Finanzkennzahlen. Andererseits entfalten die Schwächen von Finanzkennzahlen auf Stufe Gesamtunternehmen nicht ihre volle Wirkung: Die Kriterien der «Zuordenbarkeit» und damit auch die «Relevanz» und «Zuverlässigkeit» sind hier besser erfüllt als beispielsweise auf Prozess- oder Einzelpersonenebene. 423 424 Für empirische Ergebnisse hierzu: Töpfer et al. (2002). Für empirische Ergebnisse hierzu: Günther/Grüning (2002), 8. Systeme der Leistungsmessung Seite 169 4.5.3 Beurteilung anhand der Störanfälligkeit im multinationalen Umfeld Wie in Abschnitt 3.6 dargelegt wurde, ist die Leistungsmessung im multinationalen Umfeld von Grossunternehmen besonderen Einflüssen ausgesetzt. Geographische und kulturelle Distanz, sprachliche Barrieren sowie die Einflüsse von Transferpreisgestaltung und unterschiedlichen Steuer-, Währungs-, Zins- und Inflationseinflüssen wurden als mögliche Störfaktoren genannt, für welche die ausgewählten Systeme der Leistungsmessung unterschiedlich empfänglich sind. «Accounting» als Sprache kann eine integrative Funktion ausüben.425 Standardisierte, international anerkannte Finanzkennzahlen bieten nur wenig Raum für kultur- und sprachbedingte Interpretationen. Zudem stehen in multinationalen Grossunternehmen üblicherweise bereits stabile Informationskanäle für das Finanzreporting und für Konsolidierungszwecke zur Verfügung, so dass auch die geographische Distanz für die Datenerhebung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung sind in diesen Punkten tendenziell anfälliger für Störeinflüsse. Zum einen sind sie gemäss ihrer Grundkonzeption darauf ausgerichtet, jeweils an die spezifischen lokalen Bedürfnisse angepasst zu werden, und daher stärker den Einflüssen von Kultur und Sprache des jeweiligen Landes ausgesetzt. Dies kommt beim trägerbezogenen Tableau de Bord noch stärker zur Geltung als bei der Balanced Scorecard. Zum anderen verlassen die in den verschiedenen nichtfinanziellen Perspektiven abgebildeten Leistungsaspekte die standardisierten Bahnen des Finanzreportings und können in den ausländischen Reporting Units aus ganz unterschiedlichen Informationsquellen gespeist sein. Ergeben sich hier Schnittstellenoder Interpretationsprobleme, kann die geographische oder kulturelle Distanz zu einer zusätzlichen Belastung werden. So können beispielsweise Fragen zu Finanzkennzahlen einer chinesischen Tochterfirma in der Regel vergleichsweise einfach durch die Konsultation von Reportingdaten und Finanzhandbuch oder durch eine dank Verwendung von international anerkannten Accounting-Begriffen präzise formulierte Rückfrage geklärt werden. Wird aber als Bestandteil der Balanced Scorecard dieser chinesischen Reporting Unit ein Mitarbeiterzufriedenheitsindex erhoben, so können diesbezügliche Abklärungen aufgrund sprachlicher und kultureller Interpretationsspielräume eine zeitintensive und schwierige Aufgabe werden. 425 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.4.4. Seite 170 Systeme der Leistungsmessung Ein unbestrittener Nachteil der Finanzkennzahlen ist hingegen deren prinzipielle Beeinflussbarkeit durch Transferpreisgestaltung und schwankende Wechselkurse. Diese Einflüsse können zwar durch Auswertung in lokaler Währung teilweise vermieden oder durch Schattenrechnungen, Simulationen oder Abweichungsanalysen zumindest dargestellt werden, die entsprechende Analysearbeit ist jedoch mit zusätzlichen Nutzungskosten verbunden.426 Soweit in mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung Finanzkennzahlen berücksichtigt sind, sind sie von eben diesen Störfaktoren gleichermassen betroffen wie rentabilitäts- oder wertorientierte Finanzkennzahlensysteme. Nicht-finanzielle Leistungsaspekte in Balanced Scorecard oder Tableau de Bord sind hingegen weniger anfällig auf Transferpreis-, Steuer- oder Währungseinflüsse. Die Gesamtschau der Störanfälligkeit im multinationalen Umfeld zeigt also, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung, die in der Regel auch Finanzkennzahlen beinhalten, sowohl mit den Nachteilen der Finanzkennzahlen belastet sind, als auch mit den ihnen selbst eigenen Nachteilen aus der individuellen Anpassung an die lokalen Bedürfnisse und die daraus resultierenden Schnittstellenprobleme. Eine Fokussierung auf vorwiegend finanziell ausgerichtete Systeme der Leistungsmessung scheint daher in multinationalen Grossunternehmen aus Kostensicht das effizientere Vorgehen zu sein, da die Nutzungskosten für die Finanzindikatoren in beiden Systemtypen anfallen, durch eine stärkere Fokussierung auf die Finanzkennzahlen hingegen zumindest die Erfassungs- und Nutzungskosten in Zusammenhang mit den nichtfinanziellen Auswertungen reduziert werden. 4.5.4 Auswirkungen auf die Leistungsmessung in multinationalen Unternehmen Finanzkennzahlensysteme oder mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung schliessen sich nicht gegenseitig aus. Wie in den Abschnitten zu Balanced Scorecard und Tableau de Bord ausgeführt wurde, ist es eine massgebliche Stärke der mehrdimensionalen Systeme, dass Finanzkennzahlen jeglicher Art in diese integriert werden können. Eine mögliche Integration kann dadurch stattfinden, dass Finanzkennzahlen aus dem Rentabilitäts- oder Shareholderbereich als Spitzenkennzahlen herangezogen werden, während die zugrunde liegenden Abläufe der Leistungserstellung vermehrt 426 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6.4 und Abschnitt 3.6.5. Systeme der Leistungsmessung Seite 171 durch nicht-finanzielle Kennzahlen zu den verschiedenen Leistungstreibern («Performance Drivers») abgebildet werden. Dieser Zusammenhang kann beispielsweise in Form einer «Performance Pyramide» dargestellt werden, mit Finanzkennzahlen an der Leistungsspitze (siehe Abbildung 54). Wie in den Abschnitten 4.1 und 4.2 dargelegt wurde, haben bei den Finanzkennzahlen die wertorientierten Kennzahlen (z.B. EVA, Free Cash Flow) gegenüber klassischen Rentabilitätskennzahlen (z.B. ROI, RONOA) konzeptionelle Vorteile, da sie das Risiko einer Investition sowie (in der mehrperiodingen Leistungsmessung) den Zeitwert des Geldes berücksichtigen. Bei sachverständiger Interpretation der dargestellten Resultate, wie sie von den Führungskräften in einem multinationalen Grossunternehmen erwartet werden darf, relativieren sich diese konzeptionellen Stärken der Wertkennzahlen jedoch zusehends. Abbildung 54: Performance Pyramide427 Finanzielle Stärke SPITZENKENNZAHL(EN) Profitabilität, Rentabilität, EVA, Freier Cash Flow Kundenbindung Marktanteil, Kundenzufriedenheit, Reklamationen, Neukunden Verbesserung der internen Prozesse Qualität, Durchlaufzeit, Entwicklungszeit, Prozesskosten PERFORMANCETREIBER aus - ROx-Baum - SHV-Netzwerk - Balanced Scorecard - Tableau de Bord - etc. Lernprozesse der Organisation sicherstellen Personalumschlag, Mitarbeiterzufriedenheits-Index, Aus- und Weiterbildung 427 Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 708. Horngren et al. (2005), 388. Vergleiche aber auch: Cross/Lynch (1992), 21. Hoffecker/Goldenberg (1994), 12. Seite 172 Systeme der Leistungsmessung Dem «Metrics War» innerhalb der wertorientierten Kennzahlen kann bei distanzierter Betrachtung nur wenig abgewonnen werden: Am Beispiel der VALUE AG428 wurde gezeigt, dass der EVA methodische Vorteile bei der Darstellung und Interpretation von einzelperiodenbezogenen Ergebnissen hat. Sowohl das Beispiel der VALUE AG als auch das Beispiel der MUSTER AG429 haben jedoch nachgewiesen, dass beispielsweise die DCF-Methode und die EVA-Methode bei einer mehrperiodigen Betrachtungsweise und bei konsistenter Anwendung zu den gleichen Ergebnissen führen. Die Wahl einer Wertkennzahl wird daher vermutlich stärker vom Einsatzzweck sowie von den Präferenzen der Entscheidungsträger getragen sein, als von signifikanten methodischen Vorteilen, die eindeutig und zwingend für eine ganz bestimmte Kennzahl den Ausschlag geben würden. Die Stockwerke der Leistungspyramide in Abbildung 54 entsprechen den Perspektiven der Balanced Scorecard, könnten aber – wie beispielsweise im Tableau de Bord der Fall – in Bezug auf Anzahl und Inhalt der Ebenen grundsätzlich frei gewählt und zusammengesetzt werden. Soweit dadurch die kritischen Erfolgsfaktoren auf sinnvolle und den Zielen der Unternehmenszentrale entsprechende Art und Weise abgebildet werden können, ist es ebenso möglich, die Leistungstreiber aus dem rentabilitätsbezogenen ROI-Baum oder dem wertorientierten Shareholder Value Netzwerk für den Aufbau der Pyramide heranzuziehen. Stellt sich an dieser Stelle die konzeptionelle Frage, wie stark das Kennzahlensystem für die Unternehmenszentrale eines multinationalen Grossunternehmens finanziell oder mehrdimensional ausgerichtet sein soll, so können zur Beantwortung dieser Frage die Kernpunkte aus der kritischen Gegenüberstellung der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung in den Abschnitten 4.5.1 bis 4.5.3 herangezogen werden: • Mehrdimensionale Ansätze decken ein breiteres Leistungsspektrum ab als reine Finanzkennzahlensysteme und bieten so ein differenzierteres Leistungsbild. • Gerade in diversifizierten Firmen haben Finanzkennzahlen jedoch gegenüber mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung den Vorteil, dass sie unter Nutzung bestehender Reportingkanäle und aufgrund reduzierter Schnittstellen leichter ver- 428 429 Vergleiche hierzu Abbildung 37 und Abbildung 38 auf Seite 112f. Zum Rechenbeispiel der MUSTER AG vergleiche Abbildung 32 und Abbildung 34 sowie die Gesamtberechnung in Abschnitt 7.1 des Anhangs. Systeme der Leistungsmessung Seite 173 fügbar und mit Geldeinheiten als gemeinsamen Nenner tendenziell besser vergleichbar sind. • In Form von Spitzenkennzahlen (ROI, EVA, etc.) konzentrieren sich Finanzkennzahlen stärker auf das Wesentliche und verringern so die Gefahr einer Informationsüberflutung und des «Über-Controlling». • Finanzkennzahlen sind weniger anfällig auf kulturelle und sprachliche Einflüsse, die Sprache des «Accounting» reduziert tendenziell Verständigungsschwierigkeiten. • Auf Stufe Unternehmensebene sind Finanzkennzahlen weniger mit Zuordnungsproblemen behaftet als beispielsweise auf Prozess- oder Einzelpersonebene. Diesbezügliche Vorteile nicht-finanzieller Kennzahlen und mehrdimensionaler Systeme der Leistungsmessung kommen daher auf Ebene Gesamtunternehmen nicht in vollem Umfang zum Tragen. • Finanzkennzahlen sind in der Regel auch in mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung enthalten. Diese Systeme sind daher ebenso anfällig auf mögliche leistungsverzerrende Einflüsse von Wechselkursen, Steuern oder Transferpreisen und haben bei deren Anwendung somit keinen entscheidenden Vorteil. • Auf viele verschiedene Leistungsaspekte ausgerichtete Systeme der Leistungsmessung sind gerade in einem multinationalen, heterogenen Umfeld tendenziell mit hohen Erhebungs- und Interpretationskosten verbunden. • Mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung sind – vor allem in komplexen Unternehmensstrukturen (z.B. Matrixorganisationen) nur schwer konsolidierbar und somit der Beitrag von Unternehmensteilen zur Gesamtunternehmensleistung oft nur indirekt oder mit eingeschränkter Zuverlässigkeit ermittelbar. Aus der Gesamtsicht dieser Argumente kann somit die Schlussfolgerung gezogen werden, dass multinationale Grossunternehmen bei der Ausgestaltung der Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Units vorwiegend auf finanzielle Kennzahlen abstellen und Kennzahlen zu operativen oder sozialen Leistungsaspekten nur vereinzelt berücksichtigen. Dies würde wiederum bedeuten, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung wie beispielsweise die Balanced Scorecard, trotz hohem Bekanntheitsgrad, weniger auf Ebene Gesamtunternehmensleitung eine Rolle spielen, sondern eher auf tieferen Unternehmensebenen, die näher an der betrieblichen Leistungserstellung angesiedelt sind. Auf die Leistungspyramide angewendet, ergibt dies ein Bild, bei welchem die Pyramide aus Sicht Unternehmenszent- Seite 174 Systeme der Leistungsmessung rale gleichsam auf den Kopf gestellt ist («Inverse Performance Pyramide» gemäss Abbildung 55): Finanzielle Spitzenkennzahlen prägen die formale Leistungsmessung in der Unternehmenszentrale von multinationalen Grossunternehmen, die operativen und sozialen, vorwiegend nicht-finanziellen Leistungsaspekte spielen hingegen eine eher untergeordnete Rolle. Aufgabe des nun in Abschnitt 5 folgenden Empirieteiles wird es sein, diesen Zusammenhang anhand der tatsächlichen Inhalte der formalen Leistungsmessung zu prüfen und mit weiteren Details zu den von den Unternehmenszentralen erhobenen Leistungsindikatoren soweit zu unterlegen, dass Rückschlüsse auf die effektive Verbreitung und Ausgestaltung der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung gezogen werden können. Abbildung 55: Inverse Performance Pyramide der Unternehmenszentrale PERFORMANCE PYRAMIDE DER UNTERNEHMENSZENTRALE Finanzielle Stärke Profitabilität, Rentabilität, EVA, Freier Cash Flow Kunden, Konkurrenten Kunden, Konkurrenten Interne Prozesse, Qualität, Zeit, Innovation Interne Prozesse, Qualität, Zeit, Innovation Lernprozesse, Mitarbeiter Lernprozesse, Mitarbeiter PERFORMANCE PYRAMIDEN DER REPORTING UNITS Empirische Erhebungen Seite 175 5. EMPIRISCHE ERHEBUNGEN 5.1 Konzeption der empirischen Erhebungen 5.1.1 Grundsätzliche Überlegungen In den Abschnitten 2 und 3 wurden die Leistungsmessung als Aufgabe und die Leistungsindikatoren als Messgrössen begrifflich eingeordnet. In Abschnitt 4 wurden anhand möglichst repräsentativ gewählter Systeme der Leistungsmessung (ROI, SHV, EVA, Tableau de Bord, Balanced Scorecard) die grundlegenden Entwicklungsschritte im Bereich des Performance Measurement aufgezeigt, und die jeweiligen konzeptionellen Vor- und Nachteile analysiert. Anhand der nachfolgend beschriebenen empirischen Erhebungen soll nun gezeigt werden, wie die Leistungsmessung in der Unternehmenspraxis ausgestaltet ist und inwieweit die konzeptionelle Weiterentwicklung der formalen Leistungsmessung, welche in Abschnitt 4 dargestellt wurde, auf Stufe Unternehmenszentrale tatsächlich Einzug in die betriebliche Praxis gehalten hat. Aufgrund der Organisationsgrösse und der geographischen Distanz zwischen Zentrale und dezentralen Organisationseinheiten liegt die Schlussfolgerung nahe, dass in einem multinationalen Unternehmen direkte, informelle Koordinationsmechanismen tendenziell schwieriger zu realisieren sind als in einem rein lokal agierenden Unternehmen. Formelle Koordinationsmechanismen, wie etwa die Bildung von Organisationseinheiten oder die Leistungsmessung, gewinnen in einem solchen Führungsumfeld folglich an Bedeutung.430 Um Trends in der Leistungsmessung dort lokalisieren zu können, wo das formale Performance Measurement erwartungsgemäss besonders wichtig ist, stehen die von multinationalen Unternehmen auf deren ausländische Reporting Units angewandten Ziele und Inhalte der Leistungsmessung im Mittelpunkt der durchgeführten empirischen Erhebungen. Zu diesem Zweck wurde für die empirischen Erhebungen in der vorliegenden Arbeit eine Reporting Unit431 per Definition dann als «ausländisch» definiert, wenn sich der vorwiegende Teil der für die Geschäftstätigkeit notwendigen 430 431 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6. Die Begriffe «Reporting Unit» und «Berichtseinheit» werden in der vorliegenden Arbeit als Synonyme verwendet. Seite 176 Empirische Erhebungen Ressourcen (Führungsteam, Mitarbeiter, Aktiven, Kapital, etc.) ausserhalb des Landes befindet, in welchem die Unternehmenszentrale ihren Sitz hat. Bei der anfänglichen Konzeptionsphase der empirischen Studie wurde vom Verfasser zunächst in Erwägung gezogen, für jedes befragte Unternehmen Daten zu den über alle Reporting Units hinweg verwendeten Leistungsindikatoren zu erheben und zugleich eine das Gesamtunternehmen umfassende Analyse von Verantwortlichkeiten durchzuführen. Dieser Forschungsansatz wurde dann allerdings aus praktischen Überlegungen verworfen, da in einem Grossunternehmen eine Vielzahl verschiedener strategischer Geschäftseinheiten bestehen kann, welche unterschiedliche Strategien verfolgen können, deren Verantwortlichkeiten unterschiedlich ausgestaltet sein können, und deren Leistung dementsprechend unterschiedlich gemessen werden kann. In diversifizierten Grossunternehmen kann dies zu einer Fülle von Variationen in der Leistungsmessung führen, die in der Gesamtschau nur schwer interpretierbar sind. Um den Zusammenhang zwischen Verantwortlichkeiten und der Wahl der Leistungsindikatoren beurteilen zu können, wäre folglich eine detaillierte Kenntnis aller relevanten Geschäftszusammenhänge notwendig, und zwar nicht nur für jedes Unternehmen, sondern für jedes strategische Geschäftsfeld eines jeden Unternehmens. Da solche Informationen bis in ausgesprochen sensible Datenbereiche der Unternehmen vordringen und in dieser Fülle für einen externen Beobachter in der Regel nur schwer zugänglich und auswertbar gemacht werden, erschien ein solcher Forschungsansatz nicht realisierbar. Auch hätte zu diesem Zweck eine Datenmenge abgefragt werden müssen, welche in diesem Ausmass den Respondenten nicht zumutbar gewesen wäre: Fünfzig und mehr Reporting Units sind bei grösseren multinationalen Gesellschaften keine Seltenheit. Für jede diese Reporting Units dann separat die Ausgestaltung der Verantwortlichkeiten und des Systems der Leistungsmessung abzufragen hätte den Rahmen sowohl eines Fragebogens als auch eines alternativen Interviews gesprengt. Die vergleichende Beobachtung verschiedener strategischer Variablen und deren Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Leistungsmessung wurden daher von der vorliegenden Untersuchung weitestgehend ausgeschlossen. Vielmehr wurden die Befragten im Rahmen der empirischen Erhebungen gebeten, sich bei der Beantwortung von Fragen auf eine einzige, für die Leistungsmessung in ihrem Unternehmen möglichst repräsentative Reporting Unit zu fokussieren, um so die Darstellung der grundlegenden Zusammenhänge zu vereinfachen. So kann zwar kein bis in das letzte Detail Empirische Erhebungen Seite 177 genaues, aber anhand des gewählten Beispiels dennoch möglichst repräsentatives Bild der Leistungsmessung in einem Unternehmen gezeichnet werden. Gleichzeitig wird verhindert, dass Variationen und Eigenheiten bei weniger repräsentativen Reporting Units den Gesamteindruck verfälschen. Die befragten Unternehmen wurden gebeten, sich in Hinblick auf die von ihnen ausgewählte ausländische Berichtseinheit nicht nur zu den zentralen Leistungsindikatoren, sondern auch zu folgenden, von der jeweiligen Geschäftsfeldstrategie weniger stark beeinflussten Punkten zu äussern: • Zur primären Organisationsform der ausländischen Reporting Unit, welche bei der Leistungsmessung im Vordergrund steht (Rechtseinheiten versus von der Rechtsstruktur unabhängige strategische Geschäftseinheiten) • Zu den generellen Verantwortlichkeiten und Aufgaben, welche der ausländischen Reporting Unit übertragen werden • Zu den generellen Zielen der Leistungsmessung, welche unabhängig von der Strategie der ausländischen Reporting Unit verfolgt werden • Zu den zukünftigen Weiterentwicklungen, welche für die Leistungsmessung erwartet werden. Eine solche Fragestellung erlaubt einerseits über die Verbreitung von nicht-finanziellen, multidimensionalen Leistungsindikatoren Rückschlüsse auf die Verbreitung von mehrdimensionalen Konzepten wie der Balanced Scorecard oder des Tableau de Bord zu ziehen ohne diese explizit zu nennen und die Untersuchung entsprechend auf diese Systeme einzuschränken. Ebenso kann aus der Nennung von bestimmten Kennzahlen die Verbreitung von Shareholder Value Ansätzen (z.B. DCF, EVA) abgeleitet werden und zugleich der Zusammenhang zwischen Zweck und Inhalt der Leistungsmessung untersucht werden. Die Fragen nach den Rechts- und Verantwortungsstrukturen ermöglichen einerseits direkte Einsichten in die organisatorische Ausgestaltung der Leistungsmessung, erlauben aber auch die Aussagen zu den Leistungsindikatoren zu plausibilisieren indem Kompetenzen und Verantwortungen diesen gegenüber gestellt werden. Seite 178 Empirische Erhebungen 5.1.2 Expertenbefragung mittels Fragebogen 5.1.2.1 Untersuchungsgesamtheit, Rücklaufquote Die nachfolgend dargestellten empirischen Informationen wurden in Form eines Fragebogens erhoben, welcher im Februar 1999 an 155 ausgewählte multinationale Unternehmen in der Schweiz und in Deutschland gesandt wurde. Auf eine Zweiterhebung zu einem späteren Zeitpunkt wurde verzichtet, da sich nach Auffassung des Verfassers einerseits in Bezug auf aktuelle Kennzahlensysteme keine fundamentalen neuen Entwicklungen ergeben haben und andererseits zu spezifischen Teilaspekten der vorliegenden Untersuchung die Ergebnisse nachgelagerter empirischer Arbeiten anderer Autoren für Quervergleiche herangezogen werden konnten. Die Auswahl der befragten Unternehmen erfolgte nach den Kriterien Unternehmensgrösse, Branchenzugehörigkeit und Multinationalität. So wurden zunächst diverse Firmen-Rankings und Nachschlagewerke konsultiert432 und Grossunternehmen mit Stammhaus in Deutschland oder in der deutschsprachigen Schweiz eruiert. Tochtergesellschaften von Konzernen mit Hauptsitz ausserhalb Deutschlands oder der Schweiz wurden dabei nicht berücksichtigt. Als Indiz für die Unternehmensgrösse wurde in diesem Zusammenhang der Umsatz herangezogen. Die Einschränkung auf Deutschland und die Deutschschweiz erfolgte, um eine Fokussierung der Umfrageergebnisse auf den deutschsprachigen Raum zu ermöglichen.433 Reine Finanzholdings wurden von der Untersuchung ausgeklammert, da hier eine geringere Ausrichtung der Leistungsmessung an den operativen Aufgaben innerhalb des Konzerns vermutet wurde. 432 433 Germany's Top 300 (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Financial Times 500 (Financial Times), Aktienführer Schweiz (Verlag Finanz- und Wirtschaft), Handelszeitung Top 1000 (Handelszeitung), Fortune Global 500 (Fortune), Hoover's Handbook of World Business (Hoover's). Österreichische Unternehmen wurden nicht berücksichtigt, da hier im Vergleich zu Deutschland oder der Schweiz nur eine geringe Zahl multinationaler Grossunternehmen deren Hauptsitz hat. Empirische Erhebungen Seite 179 Die Branchenzugehörigkeit war insofern ein Selektionskriterium, als in einem nächsten Schritt durch das Ausscheiden von Finanzdienstleistern wie Banken und Versicherungen eine Einschränkung des Untersuchungsgebiets auf Produktions-, Handels- und Sachdienstleistungsunternehmen erreicht wurde. Diese Einschränkung wurde vorgenommen, um zu gewährleisten, dass die Homogenität der Untersuchungsgesamtheit nicht durch die Besonderheiten der Geschäfts- und Finanzstrukturen von Finanzdienstleistern beeinträchtigt wird. Ebenfalls eliminiert wurden Versorgungsbetriebe der öffentlichen Hand wie etwa Postbetriebe, Telekommunikationsbetriebe oder Betriebe der Energie- und Wasserversorgung. Betriebe der öffentlichen Hand sind tendenziell eher national ausgerichtet und entsprechen daher nicht den in Abschnitt 5.1.1 definierten Anforderungen and die Untersuchungsobjekte. Zudem sollen die Untersuchungsergebnisse vor allem den Status Quo der Leistungsmessung in ausschliesslich nach privatwirtschaftlichen Kriterien geführten Unternehmen darstellen, was in den oben genannten Branchen nicht immer sichergestellt ist. Eine weiterführende Selektion nach bestimmten Branchen wurde nicht durchgeführt. Um den multinationalen Charakter der Untersuchungsgesamtheit zu gewährleisten, wurden aus den verbleibenden Unternehmen nur diejenigen in die finale Adressliste aufgenommen, die laut verfügbaren Firmeninformationen Eigentümer von Tochtergesellschaften oder Niederlassungen im Ausland waren. So wurde eine Adressliste mit 155 besonders umsatzstarken, multinationalen Produktions-, Handels- und Sachdienstleistungsunternehmen der Privatwirtschaft mit Hauptsitz in Deutschland oder der Schweiz erstellt. Für diesen eingegrenzten Untersuchungsbereich wurde die Datenerhebung durchgeführt indem ein Fragebogen samt Begleitschreiben entweder an den Chief Executive Officer (CEO) oder den Chief Financial Officer (CFO) dieser Unternehmen gerichtet wurde. Von den insgesamt 155 einmalig versandten Fragebögen wurden 38 (24,5%)434 in auswertbarer Form ausgefüllt und zurückgesandt.435 15 Unternehmen (9,7%) sagten die Teilnahme an der Befragung mit Hinweis auf grundsätzliche Erwägungen, auf die momentane Kapazitätsauslastung oder auf die zunehmende Fragebogenflut ab. Die 434 435 In den folgenden Auswertungen wird durch den Zusatz «(n=38)» jeweils nochmals explizit auf die Anzahl der ausgewerteten Fragebogen hingewiesen. Diese Rücklaufquote ist konsistent mit jenen anderer empirischer Erhebungen auf Ebene «Gesamtunternehmensleitung». Vergleiche hierzu: Maltz et al. (2003), 193. Seite 180 Empirische Erhebungen Länderanteile am Gesamtrücklauf entfallen zu rund zwei Dritteln auf die Schweiz (68,4%) und zu rund einem Drittel auf Deutschland (31,6%). Dabei sind verschiedene Branchen beziehungsweise Branchengruppen wie Bau, Nahrungs- und Genussmittel, chemische Produkte, Maschinen, Elektronik, Kommunikation oder Dienstleistungen vertreten. Da den Respondenten eine «streng vertrauliche» Behandlung ihrer Angaben zugesichert wurde, wird auf eine Auflistung der an der Befragung teilnehmenden Firmen verzichtet. Abbildung 56: Untersuchungsgesamtheit und Auswahlkriterien deutschsprachiger Raum Grösse (Umsatz) 155 umsatzstarke, multinationale Produktions-, Handels- und Sachdienstleistungsunternehmen der Privatwirtschaft Branchenzugehörigkeit Multinationalität Empirische Erhebungen Seite 181 5.1.2.2 Aufbau und Auswertung Eine Kopie des Fragebogens ist im Anhang in Abschnitt 7.2 abgebildet. Der Fragebogen setzt sich aus einem Deckblatt und dem eigentlichen Fragenteil zusammen. Das Deckblatt gibt den Respondenten Ausfüllhinweise436 sowie Raum zur freiwilligen Bekanntgabe persönlicher Daten (Name, Position, Unternehmen). Der Fragenteil selbst beinhaltet sechs Fragen zu den folgenden fünf Themenbereichen: • Organisationsform ausländischer Reporting Units (geschlossene Frage mit Ergänzungsmöglichkeiten) • Aufgaben und Verantwortlichkeiten ausländischer Reporting Units (geschlossene Frage) • Zur Messung der Leistung ausländischer Reporting Units eingesetzte Leistungsindikatoren einschliesslich Nennung der diesbezüglichen Kernindikatoren (zwei offene Fragen) • Zweck der Leistungsmessung (geschlossene Frage mit Ergänzungsmöglichkeiten) • Zukünftige Entwicklungstrends in der Leistungsmessung (offene Frage) Um den Respondenten genügend Freiraum zur Darstellung der individuellen Leistungsindikatoren und Erwartungen betreffend die Zukunft der Leistungsmessung zu geben, wurde für die diesbezüglichen Themenbereiche die Form der offenen Fragestellung gewählt. Die Form der geschlossenen Fragestellung wurde hingegen in denjenigen Bereichen eingesetzt, wo die Anzahl und Ausprägung der Antwortmöglichkeiten relativ gering und vorhersehbar erschien (Organisationsform, Aufgaben und Verantwortlichkeiten, Zweck der Leistungsmessung). Den Respondenten wurde jedoch auch bei den geschlossenen Fragen Raum für individuelle Anmerkungen und Ergänzungen gegeben. Die Auswertung der Antworten erfolgte zunächst durch Einsatz des statistischen Verfahrens der univariaten Häufigkeitsverteilung. Die Häufigkeitsverteilungen wurden anhand der absoluten Belegung der einzelnen Antwortausprägungen (absolute Häufigkeiten) sowie anhand der anteilsmässigen Darstellung dieser Werte (relative Häufig- 436 Unter anderem die Definition einer «ausländischen Reporting Unit» sowie die Anleitung zum Fokus auf eine einzelne, möglichst repräsentative Reporting Unit. Seite 182 Empirische Erhebungen keiten) analysiert. Absolute und relative Häufigkeiten beziehen sich dabei jeweils auf die Anzahl beziehungsweise den Anteil der Respondenten, die eine bestimmte Antwortausprägung nennen. In einem nächsten Schritt wurden anschliessend die Nennungen der Respondenten zu den einzelnen Fragen über Kreuztabellen miteinander kombiniert. Über solche Kreuztabellen wurde untersucht, welche Antwortausprägungen in welchem Ausmass gemeinsam auftreten. Dies ermöglicht die Erläuterungen zu den Zusammenhängen zwischen Organisationsform, Verantwortlichkeiten, Leistungsindikatoren, Zweck der Leistungsmessung und erwarteten Entwicklungstrends in Abschnitt 5.2 bis Abschnitt 5.6. 5.1.3 Expertenbefragung mittels Fachgespräch 5.1.3.1 Durchführung und Gesprächscharakter Im Vorfeld der Fragebogenaktion wurden in der Schweiz, in Liechtenstein und in den USA mehrere Fachgespräche mit Managern auf Konzernleitungsebene durchgeführt. Ziel dieser Gespräche war es, erste empirische Informationen zum Stand der Leistungsmessung in der Unternehmenspraxis zu sammeln. Bei den kontaktierten Unternehmen handelte es sich um führende multinationale Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftszweigen (Nahrungs- und Genussmittel, Chemie, Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektronik, Software, Handel und Banken). Auf eine explizite Nennung der Firmen und Gesprächspartner wird aufgrund der zugesicherten Diskretion verzichtet. Die Interviews, welche in der Regel zwei bis drei Stunden dauerten, waren grundsätzlich als offene Gespräche ausgelegt, wurden aber anhand eines umfangreichen Interviewleitfadens strukturiert. Aus diesem Leitfaden wurde in gekürzter und leicht abgeänderter Form der in Abschnitt 5.1.2.2 vorgestellte Fragebogen abgeleitet. Empirische Erhebungen Seite 183 5.1.3.2 Auswertung Da bei den Fachgesprächen keine repräsentative Grosserhebung vollzogen wurde, erscheint eine statistische Auswertung der diesbezüglichen Daten nicht angebracht. Vielmehr werden die in diesen Interviews zur Leistungsmessung erkennbaren Trends und Praktiken zur Überprüfung der Plausibilität der Fragebogenergebnisse herangezogen. Auch waren die Hinweise und Erläuterungen der interviewten Experten eine geschätzte Hilfestellung bei der Erstellung der Endfassung des in Folge versandten Fragebogens sowie bei der Interpretation der empirischen Ergebnisse wie sie sich später im Rahmen der Auswertungen präsentierten. 5.1.4 Darstellung der Resultate der empirischen Erhebungen In den nachfolgenden Abschnitten 5.2 bis 5.6 werden die Ergebnisse der empirischen Erhebungen dargestellt. Diese basieren primär auf den Erhebungen mittels Fragebogen. Die angegebenen Prozentwerte sind auf ganzzahlige Werte gerundet und beziehen sich auf den Anteil der Respondenten, welcher im Rahmen der Fragebogenaktion die jeweiligen Merkmalausprägungen beziehungsweise die Kombinationen von Merkmalausprägungen als Antwort nennt. Wo diese Fragebogenergebnisse durch Beobachtungen und Hinweise aus den Fachgesprächen ergänzt werden, wird dies ausdrücklich erwähnt. In den Schlussfolgerungen in Abschnitt 6 werden diese Ergebnisse mit den Resultaten anderer, zum Teil auf ganz bestimmte Systeme der Leistungsmessung ausgerichtete Studien verglichen, plausibilisiert und zu Gesamtaussagen zusammengeführt. Seite 184 Empirische Erhebungen 5.2 Organisationsform der «Reporting Units» Die Leistungsmessung wird auf Objekte angewendet, für welche die Leistung erfasst werden soll. Für die empirischen Erhebungen wurden in der vorliegenden Arbeit die ausländischen Reporting Units multinationaler Unternehmen als solche Objekte der Leistungsmessung analysiert. Als Arbeitshypothese für die empirischen Erhebungen wurde davon ausgegangen, dass die Wahl der Organisationsform einer Reporting Unit auf die Ausgestaltung der Leistungsmessung keinen Einfluss haben sollte. Um diese Hypothese zu prüfen und gegebenenfalls in der Lage zu sein, eventuell doch bestehende Auswirkungen der Organisationsform auf die Wahl der Leistungsindikatoren interpretieren zu können, erschien es zunächst notwendig, die rechtliche beziehungsweise organisatorische Eingliederung ausländischer Berichtseinheiten zu erfassen. Grundsätzlich kann sich die Leistungsmessung bei der Definition der Berichtseinheiten sowohl an den bestehenden Rechtseinheiten, in der Regel Tochtergesellschaften mit eigener Rechtskörperschaft, orientieren oder aber von der Rechtsstruktur unabhängige Verantwortungsbereiche definieren (Divisionen, strategische Geschäftseinheiten, «Business Units», etc.). Abbildung 57 stellt diese grundsätzlichen Möglichkeiten schematisch dar. Bei der Leistungskonsolidierung nach legalen Tochtergesellschaften entsprechen sich Berichtseinheiten («Reporting Units») und Rechtseinheiten («Legal Units») weitgehend. Sind die Berichtseinheiten von der Rechtsstruktur unabhängig, so werden über die Definition von Divisionen oder strategischen Geschäftseinheiten gleichsam «virtuelle» Einheiten im Unternehmen («Unternehmen im Unternehmen», «Virtual Companies») geschaffen. Die Leistungsmessung setzt sich bei der virtuellen Struktur über die Grenzen der Rechtseinheiten hinweg und schafft sich ihre eigenen Auswertungs- und Konsolidierungskriterien wie zum Beispiel die Zugehörigkeit zu Produktgruppen, geographischen Märkten, Kundengruppen oder Absatzkanälen. Empirische Erhebungen Seite 185 Abbildung 57: Organisatorische Eingliederung von Reporting Units Alternative 1: Alternative 2: LEGALE EINHEITEN VIRTUELLE EINHEITEN Berichtseinheit = Rechtseinheit Berichtseinheit ≠ Rechtseinheit Berichtseinheit Rechtseinheit Seite 186 Empirische Erhebungen In der Frage nach der Organisationsform wurden die Experten aus der Praxis daher gebeten, von diesen beiden grundsätzlichen Formen der Leistungskonsolidierung jene zu nennen, welche für die Leistungsmessung im jeweiligen Unternehmen als wichtig einzustufen ist. Für die organisatorische Eingliederung von ausländischen Reporting Units wurden gemäss der schematischen Darstellung in Abbildung 57 somit folgende Antwortalternativen als geschlossene Frage vorgegeben: • Die Leistungskonsolidierung nach rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften (Berichtseinheiten = Rechtseinheiten) • Die Leistungskonsolidierung nach Divisionen oder strategischen Geschäftseinheiten (Berichtseinheiten ≠ Rechtseinheiten) Wie die Ergebnisse der Umfrage zeigen, sind ausländische Reporting Units für den Zweck der Leistungsmessung sowohl als Divisionen beziehungsweise strategische Reporting Units (45%, n=38)437 als auch als selbständige Rechtseinheiten organisiert (42%). 13% der Befragten geben in separaten Ergänzungen an, beiden Organisationsformen in der Performance Messung die gleiche Bedeutung zukommen zu lassen. Eine eindeutige Bevorzugung der einen oder anderen Form der Leistungskonsolidierung ist aus den vorliegenden Fragebogenresultaten somit nicht ersichtlich. Diese Beobachtung wird auch durch die Fachgespräche mit den Experten bestätigt. Komplexe Matrixkonstruktionen, welche beispielsweise eine Konsolidierung sowohl nach Produkten (Divisionen) als auch nach Märkten (mit den Rechtseinheiten als «Legal Shells» für die Länderaktivitäten) durchführen, werden in diesen Gesprächen teilweise als Lösungsansätze zur Koordinierung von überregionalen und lokalen Bedürfnissen eingesetzt. 437 Die in den Abschnitten 5.1.4 bis 5.6 angegebenen Prozentwerte zeigen, welcher Anteil der mittels Fragebogen erreichten Respondenten den jeweiligen Punkt als Antwort nennt. Die Angaben sind auf ganzzahlige Prozentwerte gerundet. Empirische Erhebungen Seite 187 Andere Firmen bekennen sich wiederum zu einem «Hotel-Konzept»: Rechtseinheiten werden in den einzelnen Ländern als legale Vehikel verstanden, welche mehrere «Business Units» beherbergen und auf die kosteneffiziente Optimierung der legalen und steuerlichen Anforderungen ausgerichtet sind. Kosteneffiziente Optimierungen können in den «Hotel-Konzepten» etwa durch gemeinsame Nutzung von Administrationsstrukturen, Einsparungen bei den Verwaltungsorganen, Senkung der Jahresabschlusskosten oder die Nutzung anderer Synergiemöglichkeiten erzielt werden.438 Aus den Fragebogenergebnissen geht jedoch nicht nur die organisationsbezogene Gleichwertigkeit von Rechtseinheiten und «virtuellen Einheiten» für die Leistungsmessung hervor. Wird mit Hilfe von Kreuztabellen der Zusammenhang zwischen der Wahl der Leistungsindikatoren und der Form der Organisatorischen Eingliederung der ausländischen Berichtseinheiten untersucht, so zeigt sich, dass die Häufigkeit der verschiedenen Leistungsindikatoren – mit einigen wenigen Ausnahmen439 – erstaunlich gleichmässig über die beiden oben genannten alternativen Formen der Leistungskonsolidierung hinweg verteilt ist. Diese Beobachtungen lassen den Rückschluss zu, dass die organisatorische Eingliederung der Berichtseinheiten weitgehend irrelevant für den Inhalt der Leistungsmessung ist und die diesbezügliche Arbeitshypothese somit bestätigt ist. Dies legt wiederum die Vermutung nahe, dass weniger die rechtliche Hülle als vielmehr die an die ausländischen Reporting Units delegierte Verantwortung einen massgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Leistungsmessung ausübt. Dieser Zusammenhang wird im folgenden Abschnitt untersucht. 438 439 Diese Aussage beruht auf den Ergebnissen der Fachgespräche und den eigenen praktischen Erfahrungen des Verfassers. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 5.3.3 und Abschnitt 5.4.3. Seite 188 Empirische Erhebungen 5.3 Verantwortlichkeiten der «Reporting Units» Um den Zusammenhang zwischen der Wahl der Leistungsindikatoren und dem Verantwortungsprofil der ausländischen Reporting Units beurteilen zu können, musste zunächst eruiert werden, welche Verantwortlichkeiten («Responsibilities») den ausländischen Berichtseinheiten in der Regel übertragen wird. In Form einer geschlossenen Frage wurden die Experten daher gebeten, von 27 Antwortalternativen diejenigen Verantwortlichkeiten anzukreuzen, welche ausländischen Reporting Units in ihrem Unternehmen in der Regel zugeordnet werden. Einen zu vier Bereichen zusammengefassten Überblick zu den vorgegebenen Antwortalternativen gibt Abbildung 58.440 Im Bereich «Produktion, Verkauf, Marketing, Kundendienst» wurden Verantwortlichkeiten aufgelistet, welche eng mit der Herstellung und dem Verkauf von Waren oder Dienstleistung verbunden sind und vom Kunden möglichst direkt wahrgenommen werden können. So wurden diesem Bereich neben der Herstellung und dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen nicht nur der Kundendienst, sondern auch Marketingaufgaben wie die Produktgestaltung, die Preisgestaltung, die Werbung und die Distribution zugeordnet, welche zusammen den klassischen «Marketing Mix» repräsentieren. Die Verantwortlichkeiten für die Produktion und die Preisgestaltung wurden weiter danach aufgeteilt, ob die diesbezüglichen Leistungen für externe oder interne Kunden des Unternehmens erbracht wurden (Verkäufe an Dritte versus Transferleistungen innerhalb des Unternehmens, Preisgestaltung gegenüber Dritten versus Transferpreisgestaltung). 440 Vergleiche hierzu auch: Kopie des Fragebogens in Abschnitt 7.2. Empirische Erhebungen Seite 189 Abbildung 58: Antwortalternativen zum Verantwortlichkeitsprofil PRODUKTION, VERKAUF, MARKETING, KUNDENDIENST • Produktion von Waren • Verkauf von Waren (an Dritte) • Erbringen von Dienstleistungen • Preisgestaltung bei Produkten und Dienstleistungen (verkauft an Dritte) • Produktgestaltung • Lieferung von Produkten oder Dienstleistungen an andere Reporting Units • Transferpreisgestaltung für Lieferungen an andere Reporting Units • Werbung • Distribution • Kundendienst, After Sales Service VERMÖGEN, FREMDKAPITAL, EIGENKAPITAL • Beschaffung und Verwaltung von flüssigen Mitteln (Cash Management) • Debitorenverwaltung • Lagerhaltung • Verwaltung von Produktionsanlagen und sonstigem materiellem Anlagevermögen • Verwaltung von immateriellem Anlagevermögen (Patente, Marken, etc.) • Kreditorenverwaltung • Beschaffung und Verwaltung von kurzfristigem Fremdkapital (≤ 1 Jahr) • Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Fremdkapital (> 1 Jahr) • Beschaffung und Verwaltung von Eigenkapital EINKAUF, F&E, PERSONAL, FÜHRUNG • Einkauf • Forschung und Entwicklung • Personal, Mitarbeiterentwicklung, Human Resource Management • Führung von weiteren Tochtergesellschaften oder Reporting Units WECHSELKURSE, INFLATION, ZINSEN, STEUERN • Kontrolle der Auswirkungen von Wechselkursschwankungen auf das finanzielle Ergebnis der Reporting Unit • Kontrolle der Auswirkungen der Inflationsentwicklung auf das finanzielle Ergebnis der Reporting Unit • Kontrolle der Auswirkungen der Zinssatzentwicklung auf das finanzielle Ergebnis der Reporting Unit • Kontrolle der Auswirkungen der Einkommens- und Vermögenssteuern auf das finanzielle Ergebnis der Reporting Unit Seite 190 Empirische Erhebungen Im Bereich «Einkauf, Forschung & Entwicklung, Personal und Führung» wurden vor allem jene Verantwortlichkeiten zusammengefasst, welche zwar die Produktion und den Verkauf von Waren und Dienstleistungen unterstützen, vom Kunden in der Regel aber nicht direkt wahrgenommen werden können. Die in Abbildung 58 links oben und links unten angeordneten Felder vertreten zusammen jene Verantwortlichkeiten und Tätigkeiten, welche dem Umsatz, den Herstellkosten sowie den Verwaltungs- und Vertriebskosten zu Grunde liegen. Diese beiden Felder verkörpern somit die wichtigsten Ertrags- und Aufwandspositionen in der Erfolgsrechnung. Sie decken – je nach Ausprägung – Reporting Units mit Umsatzverantwortung («Revenue Center»), mit Kostenverantwortung («Cost Center») oder mit Erfolgsverantwortung («Profit Center») ab.441 Die zentralen Vermögenspositionen und deren Finanzierung, welche normalerweise der Bilanz eines Unternehmens (oder der Bilanzzuordnung auf Geschäftsbereiche) zu entnehmen sind, werden von den Verantwortlichkeiten aus dem Bereich «Vermögen, Fremdkapital, Eigenkapital» verkörpert (in Abbildung 58 rechts oben positioniert). Hierzu zählen die Verantwortlichkeiten für das Umlaufvermögen (Cash Management, Debitorenverwaltung, Lagerhaltung) sowie das materielle und immaterielle Anlagevermögen. Auf der Finanzierungsseite wurden die Verantwortungen für die Beschaffung und Verwaltung von Kreditoren, sonstigem kurzfristigem Fremdkapital, langfristigem Fremdkapital und Eigenkapital erfasst. Dieses Feld deckt somit zusätzlich die Verantwortlichkeiten von Reporting Units mit Kapitalverantwortung («Investment Center») ab, die sich von der Verantwortung für einzelne Vermögensbestandteile bis hin zur Verantwortung für das gesamte operativ eingesetzten Nettovermögen (z.B. «Net Operating Assets») beziehungsweise finanzierungsseitig bis hin zur Gesamtkapitalverantwortung (z.B. «Capital Employed») erstrecken kann.442 441 442 Zu den Begriffen «Revenue Center», «Cost Center», «Profit Center» und «Investment Center» vergleiche Horngren et al. (2003), 191f. sowie Horngren et al. (2005), 384f. In Ergänzung dazu vergleiche aus dem wertorientierten Management den Begriff des «Value Center»: Kucher (2000), 67. Stührenberg et al. (2003), 76. Auf eine genaue Abgrenzung zwischen «Net Operating Assets» und «Capital Employed» wird an dieser Stelle verzichtet. Gemäss eigenen Beobachtungen des Verfassers werden diese in der Regel unternehmensspezifisch definiert. Das «Capital Employed» entspricht dabei der Summe aus Eigenkapital und Nettoschulden («Net Debt») und dient dazu, die «Net Operating Assets» zu finanzieren. Umstritten kann hierbei jedoch insbesondere die konkrete Zuordnung von Steuerpositionen (z.B. latente Steuern) oder einzelnen Finanzpositionen sein (z.B. Pensionsverbindlichkeiten). Empirische Erhebungen Seite 191 Im Feld «Wechselkurse, Inflation, Zinsen, Steuern» wurden schliesslich noch jene Verantwortlichkeiten zusammengefasst, welche einen massgeblichen Einfluss auf das finanzielle Ergebnis eines Unternehmens haben können, aber eher den externen Bedingungen des volkswirtschaftlichen Umfeldes als der eigentlichen internen Betriebstätigkeit zuzuschreiben sind. Zusammen mit den Transferpreisen bei Produktion und Verkauf bilden diese Punkte die wichtigsten finanziellen Störfaktoren in multinationalen Unternehmen ab.443 5.3.1 Relative Häufigkeit der einzelnen Verantwortlichkeiten Die Antworten der mittels Fragebogen befragten Experten wurden in einem ersten Schritt danach ausgewertet, welche Verantwortlichkeiten an ausländische Reporting Units delegiert werden. Abbildung 59 zeigt im Überblick, welcher Prozentanteil der Respondenten die verschiedenen Verantwortungsausprägungen nennt.444 Zu den wichtigsten Aufgaben und Verantwortlichkeiten der ausländischen Reporting Units zählen demnach hauptsächlich die Produktion und der Verkauf von Waren oder Dienstleistungen. Dabei sind die Berichtseinheiten zwar regelmässig für den Verkauf (100%), aber nicht immer auch für die diesbezügliche Produktion zuständig (97%). Beinahe ebenso häufig wie die Verkaufsaufgaben werden auch die Debitorenverwaltung, die Preisgestaltung (gegenüber Dritten), die Distribution und der Kundendienst delegiert. Reporting Units mit Umsatzverantwortung scheinen somit auch für die Wahl der Absatzkanäle, das Festlegen der Verkaufspreise, das Einbringen der Debitorenforderungen sowie die dem Verkauf nachgelagerte Kundenbetreuung («After Sales Service») zuständig zu sein. 443 444 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in Abbildung 59 nur die am häufigsten beziehungsweise am seltensten delegierten Verantwortlichkeiten aufgeführt. Seite 192 Empirische Erhebungen Abbildung 59: Verantwortlichkeiten der Reporting Units (n=38) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Verkauf von Waren oder Dienstleistungen 100% 97% Produktion von Waren oder Dienstleistungen 97% Debitorenverwaltung Kundendienst 89% Kreditorenverwaltung 89% Preisgestaltung (Verkäufe an Dritte) 87% Einkauf 87% Verwaltung von materiellem Anlagevermögen 87% Lagerverwaltung 84% Distribution 84% Personalführung (meist ohne Kader) 84% Kontrolle von Zins- oder Steuereinflüssen 39% Transferpreisgestaltung 37% Verwaltung von immateriellem Vermögen 29% Beschaffung & Verwaltung von langfr. Fremdkapital Beschaffung & Verwaltung von Eigenkapital 11% 5% Empirische Erhebungen Seite 193 Weiter deuten die in Abbildung 59 dargestellten Häufigkeitsverteilungen darauf hin, dass ausländische Berichtseinheiten, welche Waren oder Dienstleistungen produzieren, auch mit der Verantwortung für das materielle Anlagevermögen (87%) und mit der Lagerhaltung (84%) betraut werden. Dieser naheliegende Zusammenhang, der durch die Ergebnisse in Abschnitt 5.3.2 bestätigt wird, erscheint insofern nachvollziehbar als er einen typischen Produktionsprozess abbildet, in dessen Verlauf zunächst Vermögen (z.B. Maschinen) zur Produktion von Waren eingesetzt wird und anschliessend die so hergestellten Waren bis zum Verkaufszeitpunkt auf Lager gelegt werden. Werden die Produktionsleistungen jedoch für interne Abnehmer erbracht (Produktion von Transferleistungen445), so tragen ausländische Reporting Units allerdings nur in etwa der Hälfte dieser Fälle auch Verantwortung für das Festlegen der diesbezüglichen Transferpreise.446 Als unterstützende Aufgaben werden den ausländischen Reporting Units neben Verkaufs- und Produktionsaufgaben zudem häufig der Einkauf und die Personalführung übertragen. Ähnlich wie Verkauf und Debitorenverwaltung inhaltlich zusammenhängen, hängen auch Einkauf und Kreditorenverwaltung zusammen.447 Es erscheint daher plausibel, dass der Einkauf und die Kreditorenverwaltung beinahe gleich häufig an die ausländischen Reporting Units delegiert werden. In Bezug auf die Personalführung ist anzumerken, dass die Verantwortung für Kaderentscheidungen von den befragten Experten wiederholt von der Personalverantwortung ausgeschlossen wurde. Die delegierte Personalverantwortung umschliesst folglich insbesondere die Beschaffung und Weiterentwicklung von Arbeitnehmern für Nicht-Kader-Positionen sowie das generelle Personalkostenmanagement Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die hingegen eher selten an ausländische Reporting Units übertragen werden, sind vor allem im Bereich der Finanzierung angesiedelt. So werden etwa die Verantwortlichkeiten für die Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Fremdkapital (11 %) oder Eigenkapital (5%) nur in Einzelfällen an aus- 445 446 447 71% der Respondenten zählen die Produktion von Transferleistungen in ihrem Unternehmen zu den Aufgaben von ausländischen Reporting Units. Nur 37% der Respondenten geben an, dass die Verantwortung für die Transferpreisgestaltung an die Reporting Units delegiert wird. Dieser Zusammenhang wird wiederum in Abschnitt 5.3.2 bestätigt. Seite 194 Empirische Erhebungen ländische Berichtseinheiten delegiert und bilden somit das Schlusslicht in der Liste der übertragenen Aufgaben. Relativ selten werden von den befragten Experten des Weiteren die Verwaltung von immateriellem Vermögen (29%) sowie die Kontrolle der Zins- und Steuereinflüsse (39%) genannt. Die nur zögernde Delegation der Verantwortung für immaterielle Werte entspricht in etwa dem Ergebnis früherer empirischer Untersuchungen448 und lässt sich wohl damit begründen, dass diese Vermögenswerte durch "ihre fehlende physische Existenz für das Management weniger gut greifbar und darum schwieriger zu bewirtschaften [sind] als das Sach- und Finanzvermögen."449 Bei den Zins- und Steuereinflüssen hingegen ist die Bewertbarkeit weniger ein Problem: Die Auswirkungen von Änderungen bei diesen Variablen auf das finanzielle Ergebnis der Berichtseinheiten sind in der Regel relativ einfach quantifizierbar. Problematisch ist in diesem Zusammenhang eher das Kriterium der Kontrollierbarkeit («Controllability»)450 dieser Einflüsse. Veränderungen in der Zinslandschaft oder in der Steuergesetzgebung sind für die lokalen Manager in der Regel nicht kontrollieroder beherrschbar, sondern bestenfalls absehbar. Gerade im Hinblick auf die Zinswirkung zeigt Abbildung 59 zudem eindrücklich, dass gerade die Beschaffung und Verwaltung von Fremd- und Eigenkapital in den meisten Fällen der Unternehmenszentrale vorbehalten bleibt. Folglich werden das Zinsmanagement und andere Finanzierungs- und Treasuryaufgaben üblicherweise von der Unternehmenszentrale aus betreut. Dies bedeutet wiederum, dass die Berichtseinheiten die Zinskosten zwar über die Höhe des im Vermögen gebundenen Kapitals beeinflussen können, nicht aber über den Preis des Kapitals. 448 449 450 Vergleiche hierzu: Von Rütte/Hoenes (1995), 333ff. Von Rütte/Hoenes stellen im Rahmen ihrer empirischen Erhebungen fest, dass im internationalen Durchschnitt nur etwa ein Drittel der Unternehmen erworbene immaterielle Werte bewerten und dass bei den selbst erarbeiteten immateriellen Werten dieser Anteil noch weiter auf rund ein Viertel sinkt. Von Rütte/Hoenes (1995), 327. Zur «Controllability»: vergleiche Abschnitt 3.5.3.6. Empirische Erhebungen Seite 195 Gleiches gilt in Bezug auf die Delegation der Verantwortung für die finanziellen Auswirkungen von Wechselkursschwankungen oder inflationären Entwicklungen, welche im Vergleich zu anderen Verantwortlichkeiten ebenfalls nicht besonders ausgeprägt ist (53% beziehungsweise 68%). Auch hier stellt sich die Frage nach der «Controllability» dieser grundsätzlich quantifizierbaren Einflussgrössen.451 Die Ergebnisse der im Vorfeld der Fragebogenaktion durchgeführten Fachgespräche deuten darauf hin, dass diese volkswirtschaftlichen Faktoren in Anbetracht der angestrebten Einfachheit und Handhabbarkeit der Leistungsmessung bereits im Rahmen der Budgetierung berücksichtigt werden und zudem Auswertungen möglichst in lokaler Währung erfolgen. Treten im Verlauf der Berichtsperiode keine unvorhersehbar starken Inflations- oder Währungseinflüsse auf, so erscheint es für die meisten der befragten Experten nicht zwingend notwendig, das erzielte finanzielle Ergebnis über entsprechende Abweichungsanalysen um diesbezügliche Einflussfaktoren zu bereinigen. Auch die Produktgestaltung, die Forschung & Entwicklung, das Cash Management sowie die Führung weiterer Berichtseinheiten werden im Vergleich zu anderen Verantwortlichkeiten eher selten dem Verantwortungsbereich der ausländischen Reporting Units zugeordnet (jeweils 45% der Nennungen). Gründe dafür, dass diese Aufgaben von den befragten Unternehmen zu einem guten Teil von der Unternehmenszentrale wahrgenommen werden, können in der Geheimhaltung von wichtigem Know How, in der Erzielung von Synergieeffekten oder in steuerplanerischen Absichten452 gesucht werden. 451 452 Auswirkungen von Wechselkursschwankungen können in Form von «Transaction Gains/Losses» (transaktionsbezogene Verluste) oder als «Translation Gains/Losses» (reine Umrechnungsverluste) ermittelt werden. Konzepte für die Quantifizierung von Inflationswirkungen bietet das «Inflation Accounting». Die Preisgestaltung von zentral erbrachten F&E-Leistungen sowie das zentrale Management von Markenund Lizenzrechten kann im Konzernverbund wesentliche Steuerwirkung entfalten. Seite 196 Empirische Erhebungen 5.3.2 Gemeinsame Nennung von Verantwortlichkeiten Aus der Analyse der relativen Häufigkeitsverteilung der genannten Verantwortlichkeiten konnten in Abschnitt 5.3.1 erste Rückschlüsse auf die typischen Verantwortungsprofile von ausländischen Reporting Units gezogen werden. Über die Erstellung von Kreuztabellen konnte weiter untersucht werden, welche Verantwortlichkeiten nicht nur einzeln betrachtet am häufigsten vorkommen, sondern auch häufig gemeinsam genannt werden. Ausländische Reporting Units sind gemäss diesen Auswertungen keine reinen Vertriebsgesellschaften, sondern Produktions- und Verkaufseinheiten, welche insbesondere auch Verantwortung für das Nettoumlaufvermögen (exklusive Cash) sowie das Anlagevermögen tragen. Diese Aufgaben schliessen gewöhnlich die zum Verkauf gehörende Preisgestaltung und Debitorenverwaltung, den Einkauf samt Kreditorenverwaltung, die Lagerverwaltung, das Anlagenmanagement und die Personalführung (ohne Kader)453 mit ein. Die bereits konstatierte Bedeutung der Produktion von Transferleistungen wird bestätigt. Für Aufgaben wie die Forschung & Entwicklung oder die Verwaltung immaterieller Werte sind ausländische Reporting Units hingegen nur in eingeschränktem Masse zuständig. Werden diese Aufgaben dennoch übertragen, dann meist gemeinsam. Die Verantwortung für Forschung und Entwicklung tritt häufig zusammen mit der Verantwortung für die Produktgestaltung auf. Die Verantwortung für Produktgestaltung, Preisgestaltung, Werbung und Distribution, welche gemeinsam den «Marketing Mix» verkörpern, treten ebenfalls häufig gemeinsam in Erscheinung. Die Antworten der Respondenten legen jedoch nahe, dass diese Marketingaufgaben aber nicht zwingendermassen zusammen mit der Verkaufsverantwortung delegiert werden. Nur selten übertragen werden Aufgaben und Verantwortlichkeiten aus den Bereichen Cash Management oder langfristige Finanzierung (langfristiges Fremdkapital, Eigenkapital). Reporting Units, welche dennoch Verantwortung für die Beschaffung und Verwaltung des langfristigen Fremdkapitals tragen, sind in der Regel auch für das Eigenkapital verantwortlich (und umgekehrt). 453 Zum Ausschluss der Kaderverantwortung: Abschnitt 5.3.1. Empirische Erhebungen Seite 197 Gleiches gilt für die Verantwortung betreffend die Auswirkungen von Zinsen, Steuern, Wechselkursen und Inflation. Diese Aufgaben werden in der Regel ebenfalls gemeinsam delegiert, insbesondere dann, wenn eine Reporting Unit auch für die Finanzierung und das Cash Management zuständig ist. Dass die ausländischen Berichtseinheiten jedoch gewöhnlich nicht für die Zins- und Steuerwirkung verantwortlich gemacht werden, wird auch durch die starke Verbreitung der Kennzahl EBIT plausibilisiert.454 Die Verantwortung für das Cash Management sowie die Fremdkapitalbeschaffung wird tendenziell eher dann an ausländische Reporting Units übertragen, wenn diese als selbständige Rechtseinheiten organisiert sind. Für die anderen Verantwortungs- beziehungsweise Delegationsbereiche können in Abhängigkeit von der Organisationsform der Leistungskonsolidierung keine massgeblichen Unterschiede in der Häufigkeit der Nennungen festgestellt werden. Die Übertragung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten von der Unternehmenszentrale an die ausländischen Tochtergesellschaften ist also weitgehend davon unabhängig, ob diese als selbständige Rechtseinheiten oder als von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen organisiert sind. Die Gesamtschau dieser Ergebnisse legt nahe, dass ausländische Reporting Units vorwiegend als «Investment Center» mit Verantwortung für das im betrieblichen Nettovermögen investierte Kapital geführt werden. 5.3.3 Verantwortlichkeiten in Abhängigkeit von der Rechtsform Ebenso wie in Abschnitt 5.3.2 die Abhängigkeit der Verantwortlichkeiten untereinander, wurden die Fragebogenergebnisse auch auf die Abhängigkeit der Verantwortlichkeiten von der Organisationsform hin untersucht. Bei den einzelnen Verantwortlichkeiten liessen sich keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeitsverteilung feststellen, die auf einen massgeblichen Einfluss der Organisationsform hindeuten würden. Ob eine Reporting Unit als selbständige Rechtseinheit oder als virtuelle Berichtseinheit aufgestellt ist, erscheint gemäss diesen Resultaten für die Delegation von Verantwortung in der Regel unerheblich. 454 Vergleiche hierzu: Abschnitt 5.4.1.1. Seite 198 Empirische Erhebungen Eine Ausnahme von dieser Regel konnte nur in den Bereichen Cash Management und Fremdkapitalverantwortung festgestellt werden. Diese Verantwortungen werden deutlich häufiger an Reporting Units delegiert, die als selbständige Rechtseinheiten organisiert sind. Während sich bei den anderen Verantwortlichkeiten die Differenz zwischen relativer Häufigkeit bei selbständigen Rechtseinheiten und relativer Häufigkeit bei virtuellen Berichtseinheiten im Durchschnitt auf 2.2% (n=38) der Respondenten belief455, wurden in den genannten Ausnahmebereichen folgende Werte festgestellt: • Cash Management: Bei 29% der Respondenten wird das Cash Management an als Rechtseinheiten organisierte Reporting Units delegiert, jedoch nur bei 11% der Respondenten an als von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen (Differenz 18%). • Kurzfristiges Fremdkapital: Bei 34% der Respondenten werden Beschaffung und Verwaltung von kurzfristigem Fremdkapital an als Rechtseinheiten organisierte Reporting Units delegiert, jedoch nur bei 24% der Respondenten an als von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen (Differenz 10%). • Langfristiges Fremdkapital: Bei 8% der Respondenten werden Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Fremdkapital an als Rechtseinheiten organisierte Reporting Units delegiert, jedoch bei keinem der Respondenten an als von der Rechtsstruktur unabhängige Divisionen (Differenz 8%). Dieses Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass Cash Management und Fremdkapitalverantwortung nur selten delegiert werden. Werden diese Aufgaben dennoch delegiert, so ist dies vermutlich zumeist in Unternehmensverbunden mit hoher rechtlicher und finanzieller Eigenständigkeit und somit hohem Dezentralisierungsgrad der Fall. 455 Bei einer maximalen Differenz in Höhe von 5% der Respondenten. Empirische Erhebungen Seite 199 5.4 Indikatoren zur Messung der Leistung von Reporting Units In Abschnitt 5.2 wurde gezeigt, dass die Form der organisatorischen Eingliederung von ausländischen Reporting Units für die Leistungsmessung eine untergeordnete Rolle spielt. Die Resultate in Abschnitt 5.3 deuten darauf hin, dass die Berichtseinheiten vorwiegend als «Investment Center» mit Verantwortung für das betriebliche Nettovermögen betrachtet werden, die Kompetenz für Finanzierungsentscheide jedoch nicht übertragen wird. Im vorliegenden Abschnitt wird nun zunächst gezeigt, welche Leistungsindikatoren in der Unternehmenspraxis gemäss Fragebogenaktion am meisten verbreitet sind. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Verbreitung und Ausgestaltung der in Abschnitt 4 diskutierten repräsentativen Systeme der Leistungsmessung. Zu diesem Zweck wurden die Respondenten gebeten, sich die im eigenen Unternehmen verwendeten standardisierten, periodischen Leistungsberichte der ausländischen «Reporting Units» (z.B. monatlicher Leistungsbericht an die Unternehmenszentrale oder Geschäftsleitung) vor Augen zu führen. Vor diesem Hintergrund wurde gefragt, ob in diesen formalen Leistungsberichten Leistungsindikatoren aus folgenden zehn Themenfeldern abgebildet sind:456 • Profitabilität und Wertsteigerung • Kosteneffizienz • Liquidität und Stabilität • Wachstum • Innovationskraft • Qualitätsmanagement & Continuous Improvement • Kunden • Konkurrenten • Mitarbeiter • Sonstige wichtige Indikatoren 456 Ein erster Ansatz zur Strukturierung von Leistungsaspekten wurde bereits durch den «Leistungswürfel» in Abschnitt 2.2 geliefert. Dieses Einordnungsraster wurde für die vorliegende Untersuchung im Bereich der finanziellen und operativen Form der Leistung weiter differenziert. Die Bildung dieser Leistungsaspekte ist vor allem durch die Literatur zu den mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung wie dem «Tableau de Bord » oder der «Balanced Scorecard» geprägt. Seite 200 Empirische Erhebungen Zu jedem dieser zehn Leistungsaspekte wurden zum besseren Verständnis der Fragestellung Beispiele für mögliche Indikatoren genannt.457 Wurde die Berücksichtigung eines Leistungsaspektes für die Wahl der Leistungsindikatoren bejaht, waren die konkret verwendeten Indikatoren im Fragebogen einzutragen. Um nur die wichtigsten Indikatoren zu erfassen, konnten von den Respondenten pro Themenfeld maximal sechs Indikatoren genannt werden.458 Dies basiert auf der Vorstellung, dass nur eine begrenzte Anzahl von Indikatoren von deren Empfänger gleichzeitig verarbeitet werden kann.459 Mit der Möglichkeit zur Nennung von maximal 64 Indikatoren wurde den Respondenten somit ausreichend Platz zur Nennung der wichtigsten Kennzahlen geboten. Um trotz der erwarteten Fülle der Indikatoren dennoch Rückschlüsse auf deren relative Bedeutung ziehen zu können, wurden die Respondenten in einer Anschlussfrage dazu aufgefordert, aus allen zuvor genannten Indikatoren nochmals die wichtigsten acht Kernindikatoren aufzulisten. 5.4.1 Gesamtüberblick nach Leistungsaspekten Abbildung 60 zeigt die relative Häufigkeit der verschiedenen Leistungsaspekte. Wie aus der Darstellung ersichtlich ist, wurde von allen befragten Unternehmen angegeben, dass die Unternehmenszentrale Kennzahlen zu Profitabilität und Wachstum (jeweils 100%) der ausländischen Reporting Units erhebt. Auch Kennzahlen zu Kosteneffizienz (92%) und Liquidität und Stabilität (87%) kommen in den befragten Unternehmen häufig zum Einsatz, dicht gefolgt von Kennzahlen zu Konkurrenten und Mitarbeitern (jeweils 76%). Weniger stark verbreitet sind jedoch Leistungsindikatoren aus den Bereichen Qualität, Kunden und Innovation, die nur etwa jeweils von der Hälfte der Respondenten als Bestandteil der periodischen Leistungsberichte identifiziert wurden. Sonstige Kennzahlen, die nicht zu einem der bereits genannten Leistungsaspekte zugeordnet werden können, wurden nur etwa von einem Viertel (24%) der Respondenten angeführt. 457 458 459 Die konkreten Kennzahlenbeispiele zu den einzelnen Themenfelder sind der Kopie des Fragebogens in Abschnitt 7.2 zu entnehmen. Mit Ausnahme des Themenfeldes «sonstige wichtige Indikatoren». Hier konnten bis zu 10 Indikatoren genannt werden. Vergleiche hierzu etwa die Ausführungen in Abschnitt 4.3.2.4. Empirische Erhebungen Seite 201 Abbildung 60: Relative Häufigkeit der Leistungsaspekte (n=38) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Profitabilität 100% Wachstum 100% Kosteneffizienz 92% 87% Liquidität & Stabilität Konkurrenten 76% Mitarbeiter 76% Qualität 55% 50% Kunden 45% Innovation Sonstige 24% Seite 202 Empirische Erhebungen Aus der Grobanalyse der Leistungsaspekte wird somit ersichtlich, dass offensichtlich Indikatoren aus finanziellen oder zumindest finanznahen Themenfeldern die am meisten eingesetzten Kennzahlen zur formalen Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units in in multinationalen Unternehmen sind. Primär nicht-finanziell ausgerichtete Themenbereiche wie Mitarbeiter, Qualität, Kunden, Innovation spielen hingegen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Der Umstand, dass die Möglichkeit zur Nennung sonstiger Indikatoren oder Themenbereiche nur von wenigen Respondenten ausgeschöpft wurde, kann als Anhaltspunkt dafür gewertet werden, dass die wichtigsten Inhalte der Leistungsmessung durch die neun explizit zur Auswahl gestellten Leistungsaspekte weitestgehend abgedeckt werden. Die innerhalb der einzelnen Leistungsaspekte am häufigsten genannten Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlengruppen werden nun in den Abschnitten 5.4.1.1 bis 5.4.1.10 überblicksmässig dargestellt. 5.4.1.1 Profitabilität Von allen befragten Unternehmen wurde zumindest eine Kennzahl zur Profitabilität als wichtiger Leistungsindikator genannt. Wie aus Abbildung 61 ersichtlich, wurden hierbei vor allem Kennzahlen zum Gewinn mit Abstand am häufigsten genannt (97%). Neben Grössen wie dem Reingewinn wird dabei fast ausnahmslos das Betriebsergebnis («EBIT») explizit als zentrale Kennzahl genannt. Rentabilitätskennzahlen werden immerhin noch von 61% der Respondenten genannt. Hier dominieren der «Return on Investment» (ROI) mit 26% und der «Return on Net Operating Assets» (RONOA) mit 24% das Feld, gefolgt von der Eigenkapitalrentabilität (ROE) mit 13%. In Anbetracht der geringen Delegation der Verantwortung für Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Fremdkapital und Eigenkapital ist die Anzahl Nennungen des ROI als gesamtkapitalbezogene Kennzahl erstaunlich hoch. Kennzahlen zum Cash Flow werden von mehr als der Hälfte der Respondenten angeführt (53%). In Zusammenhang mit der Erfassung von Cash Flow-Werten erwähnen 21% der befragten Unternehmen den Free Cash Flow als Leistungsindikator. Häufig einzeln oder gemeinsam genannte Begriffe wie Cash Flow Betrieb, Cash Flow Investition oder Cash Flow Finanzierung deuten zudem auf die weite Verbreitung einer Empirische Erhebungen Seite 203 mehrstufigen Cash Flow-Berechnung hin wie sie zum Bespiel in der externen Rechnungslegung gemäss IFRS-Standards oder US-GAAP verlangt wird.460 Bei den wertorientierten Kennzahlen stellt der «Economic Value Added» (EVA) den zentralen Leistungsindikator dar, der von 29% der befragten Unternehmen genannt wird. «Cash Value Added» (CVA) und «Cash Flow Return on Investment» (CFROI) werden hingegen nur gerade von 5% der Respondenten als Messgrössen genannt. Betrachtet man die Antworten betreffend (Free) Cash Flow, EVA, CVA und CFROI zusammen, so drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass die Verbreitung von wertorientierten Kennzahlenkonzepten etwa im Bereich der Rentabilitätskennzahlen anzusiedeln ist. Abbildung 61: Häufigste Indikatoren zur Profitabilität (n=38) PROFITABILITÄT 100% 460 Gewinn, Gewinnmarge, Deckungsbeitrag 97% Rentabilität 61% Cash Flow, Cash Flow Marge 53% Economic Value Added, CFROI, Cash Value Added 37% Zur mehrstufigen Cash Flow-Rechnung vergleiche: Baetge et al. (2000), 569ff. Förschle et al. (2001), 64f. KPMG (2003), 171ff. Seite 204 Empirische Erhebungen In Bezug auf die in Abschnitt 4 vorgestellten Systeme der Leistungsmessung scheinen klassische Rentabilitätskennzahlen sich somit nach wie vor hoher Beliebtheit zu erfreuen. Die Anzahl Nennungen von wertorientiert ausgelegten Leistungsindikatoren bestätigt den Stellenwert der Shareholder Value-Konzepte. Vor allem dem EVA kann als Einzelkennzahl eine hohe Anwendungshäufigkeit in der Praxis zugesprochen werden. 5.4.1.2 Wachstum Alle befragten Unternehmen (100%) geben an, anhand von Umsatz- oder Absatzzahlen beziehungsweise anhand von damit eng verbundenen Marktanteilsanalysen das Wachstum von ausländischen Reporting Units zu überwachen. Als Einzelkennzahl wird hier das interne Umsatzwachstum am häufigsten erwähnt (82% der Respondenten), gefolgt vom Marktanteil (50%), vom Umsatz pro Kopf (47%) und der Anzahl der verkauften Einheiten (34%). Finanzielle und finanznahe Kennzahlen dominieren somit den Bereich der Wachstumskennzahlen. Die Ursachen hierfür sind vermutlich in der hohen Relevanz und zugleich guten Verfügbarkeit dieser Kennzahlen zu suchen.461 Abbildung 62: Häufigste Indikatoren zum Wachstum (n=38) WACHSTUM 100% 461 Umsatz, Absatz, Marktanteil 100% Anzahl Mitarbeiter 24% Bilanzsumme, Gewinnsteigerung 16% Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.5.3.1 und Abschnitt 3.5.3.9. Empirische Erhebungen Seite 205 Die Anzahl der Mitarbeiter oder die Bilanzsumme spielen demgegenüber als Wachstumsindikatoren nur eine untergeordnete Rolle und werden von den Unternehmen selbst daher auch nicht als Kernkennzahlen genannt.462 Diese Kennzahlen eignen sich erwartungsgemäss weniger zur Beurteilung der operativen Tätigkeit und haben eher passiv-statistischen den aktiv-strategischen Charakter. 5.4.1.3 Kosteneffizienz Im Bereich der Kostenanalyse waren die im Fragebogen genannten Beispiele so ausgelegt, dass zu diesem Leistungsaspekt nicht nur konkrete Leistungsindikatoren genannt werden konnten, sondern auch auf bestimmten Vorgehensweisen beziehungsweise Techniken beruhende allgemeinere Formen der diesbezüglichen Leistungsmessung.463 Diese Vorgehensweise war notwendig, da in Unternehmen, wo Kosten gemessen werden, in der Regel nicht nur einzelne ausgewählte Kostenposition analysiert werden, sondern ein einheitliches Messprinzip über eine ganze Reihe von Kostenfaktoren, z.B. den Fixkostenbereich und seine Komponenten, gelegt wird.464 So geben 92% der Respondenten an, anhand von mindestens einer Kennzahl die Kosteneffizienz ausländischer Reporting Units zu beurteilen, und zwar am häufigsten in Form von Analysen der Kostenabweichungen und Gesamtkostenentwicklung (74%) sowie über Aussagen zu den Kostenstrukturen (50%). Hierbei werden in Bezug auf die Abweichungsanalyse und die Gesamtkostenkontrolle der Vergleich zum Budget (61%) sowie der Vergleich zu den Vorjahresdaten (37%) am häufigsten genannt. Im Bereich der Kostenstrukturen sind alle jene Nennungen zusammengefasst, welche sich auf die Kosten pro Produkt/Dienstleistung, die Kosten pro Kunde («Customer Costing»), die Kosten pro Absatzkanal, die Analyse der Gemeinkosten, die Analyse von Prozess- und Funktionskosten oder die Analyse der Entwicklung von variablen und fixen Kosten beziehen. Ausser den Kosten pro Produkt/Dienstleistung (29%) kann hier allerdings keine konkrete Kostenkategorie eine massgebliche Anzahl von expliziten Nennungen auf sich ziehen. 462 463 464 Vergleiche hierzu: Abschnitt 5.4.4. Vergleiche hierzu die Kopie des Fragebogen in Abschnitt 7.2. Diese Aussage beruht auf eigenen praktischen Beobachtungen des Verfassers. Seite 206 Empirische Erhebungen Abbildung 63: Häufigste Indikatoren zur Kosteneffizienz (n=38) KOSTENEFFIZIENZ 92% Kostenabweichungen, Gesamtkostenentwicklung 74% Kostenstrukturen 50% Benchmarking (intern und extern) 42% einzelne Kostenpositionen 37% Der Benchmarking-Bereich wird vom internen Benchmarking (Vergleich zu den Kosten anderer Reporting Units) bestimmt (34%). Nur 16% der Respondenten geben an, die eigene Kosteneffizienz auch mit der Kosteneffizienz anderer Unternehmen zu vergleichen (externes Benchmarking). Der Grund hierfür dürfte wohl in der Schwierigkeit der regelmässigen (z.B. monatlichen) und zugleich kosten-nutzen-effizienten Beschaffung von verlässlichen externen Vergleichsdaten zu suchen sein. Immerhin 37% der Befragten nennen einzelne Kostenpositionen als wichtige Leistungsindikatoren. Zu den meist genannten Positionen zählen die Verwaltungskosten (29%) und die Vertriebskosten (16%). Dies erscheint plausibel, da gerade diese beiden Kostenarten zu einem hohen Grad sowohl Gemein- als auch Fixkostencharakter haben und somit beliebte Ansatzpunkte für Kostensenkungs- und Flexibilisierungsprogramme sind. Sonstige Positionen, wie etwa die Personalkosten, die Materialkosten, die Lagerkosten oder die Kapitalkosten, können keinen massgeblichen Anteil der Nennungen auf sich vereinen. Empirische Erhebungen Seite 207 5.4.1.4 Liquidität Neben Profit, Wachstum und Kosten ist die Liquidität in 87% der befragten Unternehmen der viertwichtigste Leistungsaspekt. Wie die anderen genannten Leistungsaspekte ist auch die Liquidität dem finanziellen beziehungsweise dem finanznahen Leistungsbereich zuzuordnen. Der bereits in Abschnitt 5.4.1.1 unter Profitabilitätsaspekten diskutierte Cash Flow465 nimmt im Bereich der Liquiditätskennzahlen eine noch zentralere Rolle ein: 66% Prozent der Respondenten führen den Cash Flow als liquiditätsbezogenen Indikator an. Fasst man die Nennungen in den Leistungsaspekten «Profitabilität» und «Liquidität» zusammen, so wenden immerhin 79% der Respondenten den Cash Flow als Leistungsmessgrösse an.466 Abbildung 64: Häufigste Indikatoren zur Liquidität (n=38) LIQUIDITÄT 87% 465 466 Cash Flow 66% Nettoumlaufvermögen (NUV, net working capital) 42% Kapital-/Vermögensstruktur 34% Liquiditätsgrade, Deckungsgrade 24% Umschlags-/Bindungskennzahlen 13% Dort mit 53% der Nennungen. Dieser Prozentwert ist bereinigt um Doppelnennungen. Wird der Cash Flow sowohl als Profitabilitäts- als auch als Liquiditätskennzahl genannt, wurde nur eine Einfachnennung gewertet. Seite 208 Empirische Erhebungen Eine weitere wichtige Kennzahl zur Liquidität verkörpert das Nettoumlaufvermögen, welches als Einzelkennzahl bei beachtlichen 42% der Unternehmen Eingang in die regelmässige Leistungsmessung findet. Unter Berücksichtigung, dass ausländische Reporting Units häufig als «Investment Centers» mit Verantwortung für das operative Nettovermögen geführt werden, erscheint diese Nennhäufigkeit plausibel. In der Gruppe der Kennzahlen zur Kapital- und Vermögensstruktur (34%) überrascht der Eigenfinanzierungsgrad mit einer vergleichsweise hohen Anzahl Nennungen (18%). In der Unternehmensgunst weit abgeschlagen befinden sich jedoch Liquiditätsindikatoren in Form von Liquiditäts- und Deckungsgraden (24%) oder Umschlags- und Bindungskennzahlen (13%). Die Liquiditäts- und Deckungsgrade werden bestimmt vom Liquiditätsgrad I (flüssige Mittel/kurzfristiges Fremdkapital) sowie vom Anlagendeckungsgrad I (Eigenkapital/Anlagevermögen). Beide Indikatoren vereinen je 13% der Nennungen auf sich. Zu den wichtigsten Umschlags- und Bindungskennzahlen gehören die Debitoren- und die Kreditorenfrist (13% und 11%). Kennzahlen wie der Kapitalumschlag oder der Lagerumschlag erreichen hingegen keine nennenswerte Anzahl von Nennungen. 5.4.1.5 Konkurrenten Etwa drei Viertel der Respondenten (76%) geben an, eine oder mehrere Kennzahlen betreffend die Konkurrenten der ausländischen Reporting Units für die standardisierte Leistungsmessung heranzuziehen. Am häufigsten genannt werden hierbei diverse Formen des Direktvergleiches («Benchmarking»). Beim Benchmarking führen etwa drei Viertel der Benchmarking-Anwender explizit aus, dass vor allem finanzielle Grössen (Umsatz, Gewinn, Rentabilität, Kosten, Preise etc.) im Vordergrund der Analysen stehen. Als Beispiele für nicht-finanzielle Benchmarks werden vereinzelt der Imagevergleich sowie der Qualitätsvergleich erwähnt.467 Fasst man die Antworten aus Abschnitt 5.4.1.3 und mit denen aus Abbildung 65 zusammen, so geben jedoch immerhin 71% der Respondenten an, in der einen oder anderen Form entweder internes oder externes Benchmarking zu betreiben. 467 Die Ursache für die spärliche Nennung dieser Kennzahlen kann in der geringen «Zuverlässigkeit» und schwierigen regelmässigen «Verfügbarkeit» von diesbezüglichen Leistungsdaten vermutet werden. Empirische Erhebungen Seite 209 Abbildung 65: Häufigste Indikatoren zu den Konkurrenten (n=38) KONKURRENTEN 76% externes Benchmarking 63% Marktanteil Konkurrenz, Auftragseingang 47% Anzahl/Grösse der Konkurrenten, Rankings 29% Meist umsatzbezogene Marktanteilsinformationen werden von 45% der Respondenten als konkurrenzbezogene Leistungsindikatoren eingesetzt. Die Auftragslage als Vorlaufgrösse der zukünftigen Umsätze und Marktanteile spielt jedoch als diesbezügliche Kennzahl in Form von Einzelnennungen nur eine marginale Rolle. Alle befragten Unternehmen (100%) erfassen hingegen über die regelmässige formale Leistungsmessung in verschiedener Form Marktanteilsdaten oder ähnliche Informationen (Umsatzdaten, Absatzdaten, etc.) betreffend die ausländischen Reporting Units. Dies geschieht entweder um Rückschlüsse auf das eigene Wachstum zu ziehen468 oder eben um die eigene Entwicklung mit derjenigen der Konkurrenten zu vergleichen. Ansonsten wird bei den konkurrenzbezogenen Leistungsindikatoren auf die Anzahl/Grösse der Konkurrenten (16%) sowie auf die Positionierung in Industry Rankings (13%) abgestellt. Hier liegt allerdings mit Blick auf die am weitesten verbreiteten Rankings die Vermutung nahe, dass auch diese Vergleiche stark von Umsatz- und Gewinnvergleichen dominiert sind und somit eher dem externen Benchmarking zuzuordnen wären. Zieht man die Periodizität von externen Rankings in Betracht, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass solche Vergleiche eher in längeren zeitlichen Abständen (z.B. jährlich) vorgenommen werden. 468 Vergleiche hierzu: Abschnitt 5.4.1.2. Seite 210 Empirische Erhebungen 5.4.1.6 Mitarbeiter Bei den Kennzahlen betreffend die Mitarbeiter treten die nicht-finanziellen Leistungsindikatoren erstmals stärker in den Vordergrund. So nennen 21% der Respondenten die Mitarbeiterzufriedenheit beziehungsweise die Mitarbeitermotivation explizit als Leistungsindikator zur Beurteilung von ausländischen Reporting Units. In der Kennzahlengruppe zur Mitarbeiterzufriedenheit sind aber auch diejenigen Nennungen enthalten, welche über die regelmässige Leistungsmessung unter anderem Fluktuationsraten (42%) und Abwesenheitsstatistiken (8%) berücksichtigen. Ein klassischer Informationsbestandteil eines Leistungsberichts scheint die Anzahl der Mitarbeiter im Sinne eines «Headcount» oder als «Fulltime Equivalents» zu sein. Zieht man die Nennungen aus Abschnitt 5.4.1.2 («Wachstum») und jene aus Abbildung 66 zusammen, so wird die Anzahl der Mitarbeiter von 50% der Respondenten als Informationsgrösse erfasst. Abbildung 66: Häufigste Indikatoren zu den Mitarbeitern (n=38) MITARBEITER 76% Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitermotivation 50% Anzahl der Mitarbeiter, Headcount 42% Produktivität der Mitarbeiter 42% Aus- und Weiterbildung 37% Empirische Erhebungen Seite 211 Die Produktivität der Mitarbeiter wird von 39% der befragten Unternehmen ausdrücklich erwähnt. Zur Gruppe der Produktivität wurden auch Einzelnennungen wie etwa die Wertschöpfung pro Mitarbeiter oder die gearbeiteten Stunden pro Mitarbeiter hinzugerechnet, da auch diese mitarbeiterbezogenen Kennzahlen das Verhältnis von Output zu Input thematisieren. Rund ein Viertel der Respondenten erfasst Kennzahlen betreffend Ausbildung und Weiterbildung der Mitarbeiter (24%). Diese Kennzahlengruppe umschliesst sowohl Indikatoren zu den Investitionen in die Mitarbeiterausbildung (finanzielle Input-Kennzahlen) als auch Indikatoren zum Ausbildungsstand (nicht-finanzielle Output-Kennzahlen). 5.4.1.7 Qualität Während alle bisher dargestellten Leistungsaspekte bei mindestens drei Viertel der befragten Unternehmen in deren Kennzahlenset Berücksichtigung finden, sackt der Anteil der Respondenten, welche eine oder mehr Qualitätskennzahlen nennen, auf beinahe die Hälfte (55%) ab. Wie die Auswertung zeigt, stehen im Qualitätsbereich die nicht-finanziellen Kennzahlen deutlich im Vordergrund. So beurteilen etwa 32% der Respondenten die Qualität der betrieblichen Tätigkeit über die Anzahl von Fehlleistungen in den Reporting Units. Als Indikatoren hierfür werden meist Defektraten, die Anzahl von Reklamationen oder die Anzahl von Garantieleistungsfällen eingesetzt. Zertifizierungsergebnisse (wie z.B. ISO 9000) werden von 21% der Respondenten explizit genannt. Weitere 11% geben an, Audits betreffend die Qualität interner Prozesse sowie die Einhaltung von Sicherheits- und Umweltvorschriften in die Leistungsbeurteilung einzubeziehen. Obwohl dies von den Respondenten nicht ausdrücklich erwähnt wird, kann hier davon ausgegangen werden, dass ein guter Teil der diesbezüglichen Messaufgaben von Zentralbereichen wie «Internal Audit» oder «Risikomanagement» wahrgenommen wird. Seite 212 Empirische Erhebungen Abbildung 67: Häufigste Indikatoren zur Qualität (n=38) QUALITÄT 55% Defektraten, Anzahl Reklamationen, Anzahl Garantiefälle 32% Zertifizierungsergebnisse, Audits 32% Liefertreue, Termingenauigkeit, Durchlaufzeiten, Stehzeiten 29% Qualitätskosten (Nachbearbeitung, Gewährleistung, etc.) 24% Im Qualitätsbereich scheinen auch zeitorientierte Kennzahlen («Time Based Measures») weit verbreitet zu sein (29%). Am meisten Nennungen erzielen hier die Liefertreue und die Termingenauigkeit (21%). Die Gruppe der Steh-, Rüst- und Durchlaufzeiten kann jedoch nur 11% der Nennungen auf sich vereinen. Dies erscheint insofern plausibel, als Lieferzeiten und Termingenauigkeit auf der Verantwortungsstufe «Gesamtunternehmen» näher bei den aus Kundensicht wahrnehmbaren Resultaten angesiedelt sind, den bei den Ihnen zu Grunde liegenden operativen Ursachen, die eher für die Prozess-/Teamebene relevant sind. Bei den in Geldeinheiten ausgedrückten Qualitätskosten (24%) werden die Zahlungen aufgrund von Qualitätsmängeln (Gewährleistungskosten, Garantiekosten), die Kosten der retournierten Produkte, die Schrott- und Nachbearbeitungskosten sowie die Fehlerkosten als finanzielle Kennzahlen genannt. Nicht-finanzielle Qualitätskosten (z.B. erlittener Image-Schaden aufgrund von Qualitätsmängeln) wurden von den befragten Unternehmen nicht genannt. Empirische Erhebungen Seite 213 5.4.1.8 Kunden Die Hälfte der befragten multinationalen Unternehmen gibt an, keinerlei Leistungsindikatoren betreffend die Kunden der ausländischen Reporting Units zu erfassen. Die Kundenzufriedenheit wird jedoch immerhin von 24% der Respondenten ausdrücklich als wichtiger Leistungsindikator erwähnt. Einige Respondenten spezifizieren ihre Angaben weiter und führen aus, die Kundenzufriedenheit anhand der Auswertung von Reklamationen (16%) oder anhand der Kundentreue beziehungsweise Kundenfluktuation (16%) zu messen. Aber auch finanzielle Kennzahlen wie die Kundenprofitabilität (18%), das Umsatzpotential oder das Umsatzwachstum mit einzelnen Kunden (13%) werden von einigen Respondenten als wichtige Kennzahlen genannt und regelmässig über standardisierte Leistungsberichte erfasst. In Summe werden solche kundenbezogenen Finanzdaten von 26% der befragten Unternehmen erhoben. Abbildung 68: Häufigste Indikatoren zu den Kunden (n=38) KUNDEN 50% Kundenzufriedenheit (Customer Satisfaction) 34% Kundenprofitabilität, Umsatzpotential der Kunden 26% Anzahl Kundenkontakte, Anzahl Verkaufspunkte 16% Brand Awareness, Kaufverhalten 16% Seite 214 Empirische Erhebungen Bei den Kundenkontakten werden vor allem die Häufigkeit und der Erfolg dieser Kontakte gemessen (11%). Einzelne Nennungen beziehen sich auch auf die Zeit, welche in die Kundenakquisition investiert wird, sowie auf die Anzahl der Verkaufsstellen. Auch der Bekanntheitsgrad von Marken und Produkten («Brand Awareness») wird wiederholt als Leistungsmessgrösse genannt (16%), wobei in diesem Punkt auch die Nennungen zum Kaufverhalten (z.B. Eroberungsraten) berücksichtigt sind. Anhand welcher konkreten Messgrössen die Brand Awareness quantifiziert wird, wurde allerdings von den befragten Unternehmen nicht im Detail erläutert. Über den gesamten kundenbezogenen Leistungsbereich hinweg scheinen somit vorwiegend nicht-finanzielle Kennzahlen in den Leistungsberichten zwischen ausländischen Reporting Units und Unternehmenszentrale zum Einsatz zu kommen. 5.4.1.9 Innovation Mehr als die Hälfte der Respondenten (55%) gibt an, keinerlei Kennzahlen betreffend die Innovationskraft der ausländischen Reporting Units zu erheben. Wenn doch Kennzahlen zur Innovation erfasst werden, dann sind diese zumeist finanzieller Natur und orientieren sich am Output. So nennen etwa ein Viertel (26%) aller Respondenten mindestens eine Kennzahl, welche sich auf den anteiligen Umsatz oder den Cash Flow aus neuen Produkten/Märkten bezieht. Hingegen nur 21% der befragten Unternehmen orientieren sich auch anhand von Input-Kennzahlen über die Innovationsfreude der ausländischen Reporting Units. Zu den erfassten Leistungsindikatoren zählen hierbei das generelle Investitionsvolumen beziehungsweise der Cash Flow Investition sowie die Forschung- und Entwicklungsausgaben und sonstigen Investitionen in neue Produkte. Eine weitere Output-Kennzahl stellt die Anzahl der neuen Produkte dar, welche bei 13% der Respondenten Erwähnung findet. Empirische Erhebungen Seite 215 Abbildung 69: Häufigste Indikatoren zur Innovation (n=38) INNOVATION 45% Umsatz/Cash Flow aus neuen Produkten oder Märkten 26% Investitionen und Ausgaben für neue Produkte 21% Anzahl neue Produkte 13% 5.4.1.10 Sonstige Indikatoren Etwa drei Viertel der Respondenten geben an, ausser den oben genannten keinerlei sonstige Indikatoren zur formalen Messung der Leistung von ausländischen Reporting Units heranzuziehen. Auch zeigt sich bei den sonstigen Nennungen keinerlei signifikante Häufung in eine bestimmte Richtung. Einzelnennungen hingegen beziehen sich etwa auf die Lieferantenzufriedenheit, die Verantwortung gegenüber Staat und Öffentlichkeit oder die Konformität mit Strategien und Reglementen. Wie diese Aspekte quantifiziert werden, wird von den Respondenten meist jedoch nicht näher erläutert. Seite 216 Empirische Erhebungen 5.4.2 Gesamtüberblick nach einzelnen Leistungsindikatoren In Abschnitt 5.4.1.1 bis Abschnitt 5.4.1.10 wurde eine Auswertung nach Leistungsaspekten präsentiert und innerhalb der verschiedenen Leistungsaspekte die jeweils wichtigsten Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlengruppen genannt. Die Filterung nach Leistungsaspekten erlaubt eine schnelle Erfassung der Gewichtung verschiedener Themenfelder, verwischt aber zugleich die Gesamtschau der einzelnen Leistungsindikatoren. So liegt z.B. der von 37% der Respondenten als Leistungsindikator genannte EVA innerhalb der Kennzahlen zur «Profitabilität», dem zusammen mit dem «Wachstum» wichtigsten Leistungsaspekt, an vierter Stelle, es lässt sich jedoch aus den Aussagen in Abschnitt 5.4.1.1 nicht ableiten, welche Stellung der EVA über alle genannten Leistungsindikatoren hinweg einnimmt. Werden die Indikatoren beziehungsweise Indikatorengruppen unabhängig von deren Zugehörigkeit zu bestimmten Leistungsaspekten nach deren Häufigkeit gereiht, so ergibt sich das in Abbildung 70 dargestellte Bild. Gesamthaft lässt sich somit unter Einbezug der in den vorangehenden Abschnitten gemachten Beobachtungen feststellen, dass bei der Leistungsmessung anhand der Anzahl der Nennungen eine eindeutige Vormachtstellung von finanziellen oder finanznahen Indikatoren aus den Bereichen Profitabilität, Wachstum, Kosteneffizienz und Liquidität zu beobachten ist. Diese Kennzahlen sind es auch, die am häufigsten für das interne oder externe Benchmarking herangezogen werden. Umsatz, Deckungsbeitrag, Kosten, Gewinn und Cash Flow stehen dabei als klassische Finanzgrössen im Zentrum der Leistungsmessung, während neuere Finanzkennzahlen aus dem EVA-Umfeld in der Messpraxis zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Unit offensichtlich noch weniger weit verbreitet sind und in Abbildung 70 nur im hinteren Feld landen. Empirische Erhebungen Seite 217 Abbildung 70: Gesamtüberblick häufigste Leistungsindikatoren (n=38) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 100% Umsatz, Absatz, Marktanteil Gewinn, Gewinnmarge, Deckungsbeitrag 97% 79% Cash Flow, CF-Marge Kostenabweichungen, Gesamtkostentwicklung 74% Internes und externes Benchmarking 71% 61% Rentabilität Kostenstrukturen 50% Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation 50% Anzahl der Mitarbeiter 50% Nettoumlaufvermögen 42% Produktivität der Mitarbeiter 42% Einzelne Kostenpositionen 42% EVA, Economic Profit, Cash Value Added, CFROI 37% Kapital-/Vermögensstruktur 34% Kundenzufriedenheit 34% Defektraten, Anzahl Reklamationen/Garantiefälle 32% Zertifizierungen, Audits 32% Seite 218 Empirische Erhebungen Einiger Beliebtheit erfreuen sich auch nicht-finanzielle Indikatoren betreffend die Mitarbeiter, welche von den befragten multinationalen Unternehmen offensichtlich als zentrale Anspruchsgruppe der ausländischen Reporting Units gewürdigt werden. So erfassen je 50% der Respondenten die Zufriedenheit oder zumindest Anzahl der Mitarbeiter, wobei vermutlich auch bei der Erhebung der Anzahl Mitarbeiter primär Kostenüberlegungen im Zentrum des Interesses stehen. Ebenso ist die von 42% der befragten Unternehmen als Leistungsindikator genannte «Produktivität der Mitarbeiter» auf die Messung des effizienten Einsatzes des Produktivfaktors Humankapital und die daraus resultierende Finanzwirkung ausgerichtet und macht bestenfalls indirekt – über Interpretation von hoher Produktivität als Zufriedenheitsindikator – eine sozial motivierte Aussage zum «Wohlbefinden» der Mitarbeiter. Betreffend Qualität, Kunden und Innovation geben etwa die Hälfte der Respondenten an, im Rahmen der standardisierten Leistungsberichte keinerlei Indikatoren zu diesen Leistungsaspekten zu ermitteln. Dies deutet darauf hin, dass die Qualitätskontrolle und das Management der Kundenbeziehungen weitestgehend als operative Kompetenz an die ausländischen Reporting Units delegiert werden. Mit dieser Delegation einher geht offensichtlich auch die Delegation der Verantwortung für die Erfassung und Beobachtung diesbezüglicher Leistungsindikatoren. Das Management der Erfolgsfaktoren und der ihnen zu Grunde liegenden Ursache-Wirkungs-Ketten in diesen operativen Themenbereichen scheint folglich häufig auf einer tieferen Hierarchiestufe stattzufinden. Es ist daher plausibel, dass diese Kennzahlen auch bei der Einzelauswertung eher im Hinterfeld angesiedelt sind und auf Stufe Unternehmenszentrale mehr die Resultate in Form von Umsatz- oder Margeninformationen interessieren. Im Innovationsbereich, der in den standardisierten Leistungsberichten an die Unternehmenszentrale kaum über Indikatoren vertreten ist, ist in Betracht zu ziehen, dass die Verantwortung für immaterielle Vermögenswerte oder Aufgaben wie die Forschung und Entwicklung oftmals nicht an Berichtseinheiten im Ausland übertragen werden. Werden diese Aufgaben und Verantwortlichkeiten nicht übertragen, so drängt sich auch eine Berücksichtigung dieser Aspekte in der Leistungsmessung nicht auf. Empirische Erhebungen Seite 219 5.4.3 Leistungsindikatoren, delegierte Verantwortlichkeiten und Organisationsform Aus der Häufigkeit der einzelnen Leistungsindikatoren wurde in Abschnitt 5.4.2 die führende Stellung der klassischen Finanzkennzahlen für die formale Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units abgeleitet. Unter Einbezug von Kreuztabellenanalysen wurde jedoch zusätzlich untersucht, ob sich aus dem gemeinsamen Auftreten von einzelnen Leistungsfaktoren weitere Rückschlüsse auf das verwendete Set von Leistungsindikatoren ziehen lassen beziehungsweise inwiefern die Wahl der Kennzahlen von den an die Reporting Units delegierten Verantwortlichkeiten oder deren Organisationsform abhängt. Die Resultate bestätigen erwartungsgemäss die bereits im vorangehenden Abschnitt festgestellte Dominanz der klassischen Finanzkennzahlen, verdichten nochmals die Aussage zu den besonders häufig erhobenen Kernelementen der formalen Leistungsmessung und unterstreichen die Bedeutung von klassischen Indikatoren zu Umsatz, Kosten, Gewinn und Cash Flow. Wie die Kreuztabellenanalyse weiter zeigt, treten die Leistungsindikatoren aus den Bereichen Qualität, Kunden oder Innovation, sofern sie überhaupt zum Einsatz kommen, verhältnismässig oft zusammen auf. D.h. beispielsweise, dass Unternehmen, welche die Leistung von ausländischen Tochtergesellschaften unter anderem anhand von Qualitätskennzahlen beurteilen, relativ häufig auch eine oder mehrere Kennzahlen betreffend die Leistungsaspekte «Innovationskraft» oder «Kunden» für die Leistungsmessung heranziehen. Auch tendieren gerade diese Unternehmen eher dazu, für die Leistungsmessung auf nicht-finanzielle Kennzahlen zu den Leistungsaspekten «Mitarbeiter» oder «Konkurrenten» abzustellen. Die Form der Kreuztabellenanalyse wurde ebenso angewendet, um die gemeinsame Nennung von delegierten Verantwortlichkeiten und Leistungsindikatoren zu untersuchen. Die gemeinsame Häufigkeitsverteilung von Verantwortlichkeiten und Leistungsindikatoren bestätigt die Resultate, die sich bereits zuvor in der getrennten Analyse abzeichneten und dort entsprechend kommentiert wurden.469 Die Wahl der von den befragten Unternehmenszentralen auf die ausländischen Reporting Units bevorzugt angewandten Leistungsindikatoren (finanzielle und finanznahe Indikatoren) scheint genauso wie die Wahl der übertragenen Verantwortlichkeiten weitgehend ein469 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 5.3 und Abschnitt 5.4.2. Seite 220 Empirische Erhebungen heitlich und standardisiert zu sein. Ausländische Reporting Units sind für Produktion und Verkauf zuständig und tragen dabei in der Regel Verantwortung für das betriebliche Nettovermögen. Einzelne Unterschiede in den Verantwortlichkeitsstrukturen führen nur in sehr geringem Umfang zu Unterschieden in den grundlegenden Kennzahlenstrukturen. In der Analyse der Häufigkeitsverteilungen zeigt sich jedoch, dass die Leistung von Reporting Units, die für weniger oft delegierte Aspekte wie Forschung & Entwicklung, die Produktgestaltung oder das immaterielle Anlagevermögen verantwortlich zeichnen, in der Regel nicht anhand von Kennzahlen wie Defektraten, Liefertreue oder der Kundenzufriedenheit gemessen wird. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass je umfassender die Kompetenzen einer Reporting Unit ausgestattet sind, desto weniger werden nicht-finanzielle, operativ ausgelegte Qualitätsindikatoren für die Leistungsmessung zwischen Zentrale und Reporting Unit eingesetzt. Auch bestärkt diese Beobachtung die Vermutung, dass die Führung und Kontrolle solcher – meist operativer - Vorlaufgrössen weitgehend an das Management der ausländischen Reporting Units delegiert wird. Ebenso wurde der Zusammenhang zwischen Organisationsform der Reporting Units (Rechtseinheiten versus virtuelle Berichtseinheiten) und angewendeten Kennzahlen untersucht. Erwartungsgemäss konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede in den Häufigkeitsverteilungen festgestellt werden. Die Wahl der Leistungsindikatoren erfolgt gemäss diesen Analysen konform zur übertragenen Verantwortung und ist von der Organisationsform der ausländischen Reporting Units weitgehend unabhängig. Ausnahmen hierzu verkörpern Kennzahlen zur Liquidität (Kapital- und Vermögensstruktur) und zur Qualität (Liefertreue). Diese werden tendenziell eher auf Reporting Units angewendet, die als selbständige Rechtseinheiten organisiert sind: • Liefertreue: Bei 21% (n=38) der Respondenten wird die Liefertreue von als Rechtseinheiten organisierten Reporting Units erhoben, jedoch nur bei 3% der Respondenten von rechtsstrukturunabhängig organisierten Divisionen (Differenz 18%). • Kapital- und Vermögensstruktur: Bei 21% der Respondenten werden die Kapitalund Vermögensstruktur von als Rechtseinheiten organisierten Reporting Units erhoben, jedoch nur bei 5% der Respondenten von rechtsstrukturunabhängig organisierten Divisionen (Differenz 16%). Empirische Erhebungen Seite 221 In Abschnitt 5.3.3 wurde bereits gezeigt, dass die Finanzierungsverantwortung eher an selbständige Rechtseinheiten delegiert wird. Es erscheint somit plausibel, dass es wiederum gerade diese Rechtseinheiten sind, die auch vermehrt diesbezügliche Leistungsinformationen an die Unternehmenszentrale liefern. Die relative Häufigkeit der Liefertreue als Kennzahl für selbständige Rechtseinheiten kann hingegen nicht abschliessend plausibilisiert werden. Ein Zusammenhang kann jedoch darin vermutet werden, dass gerade selbständige Rechtseinheiten gemäss Angaben der Respondenten Objekt von Zertifizierungsverfahren sind, in welchen die Liefertreue einen gewissen Stellenwert einnimmt. 5.4.4 Kernindikatoren Aus dem Ranking der Indikatoren in Abschnitt 5.4.2 lassen sich die am häufigsten auf ausländische Reporting Units angewendete Leistungsindikatoren ablesen. Wie bereits dargelegt wurde, konnten die Respondenten über alle Leistungsaspekte hinweg bis zu 64 Kennzahlen im Fragebogen eintragen. Dies hätte bei alleinigem Fokus auf diese Daten auf die Auswertung der Ergebnisse den Einfluss haben können, dass eine Vielzahl von verschiedenen Indikatoren in den Leistungsberichten der Unternehmen standardmässig vorkommt, dass aber nicht ermittelt werden kann, inwieweit diese von den Führungsverantwortlichen für die Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung wirklich als zentrale Führungsgrösse wahrgenommen werden. Um nicht nur eine Auflistung von häufigen und weniger häufigen Leistungsindikatoren als Ergebnis der Umfrage vorweisen zu können, sondern diese Performance Measures auch nach deren Wichtigkeit reihen zu können, wurden die Befragten daher gebeten, in einem nächsten Schritt aus all den genannten Leistungsindikatoren die acht wichtigsten für die Leistungsmessung in ihrem Unternehmen auszuwählen und nochmals anzuführen.470 Dass bei der Beantwortung dieser Frage unter anderem auch die subjektiven Einschätzungen der Respondenten zum Tragen kommen, erhöht nach Ansicht des Verfassers die Validität der Aussagen eher als dass es sie einschränkt: Nicht primär das simple Auflisten von Kennzahlen in standardisierten Leistungsberichten 470 Vergleiche hierzu Frage 4 des in Abschnitt 7.2 abgebildeten Fragebogens. Seite 222 Empirische Erhebungen prägt das Leistungsverständnis, sondern vielmehr der effektive, im Unternehmen wahrgenommene Umgang mit den Leistungsindikatoren.471 Die Beschränkung auf acht Indikatoren war beeinflusst von der in der Managementliteratur anzutreffenden Lehrmeinung, dass eine Führungskraft nur eine limitierte Anzahl von Indikatoren gleichzeitig ins Kalkül ziehen kann.472 Die eingeschränkte Anzahl von als wirklich wichtig empfundenen Leistungsgrössen, wird durch die Untersuchungsergebnisse unter anderem dadurch bestätigt, dass die wenigsten Respondenten tatsächlich den möglichen Rahmen von acht Nennungen ausschöpfen: Befragt nach den acht wichtigsten Kernindikatoren aus all den zuvor aufgezählten Alternativen werden von den Respondenten im Schnitt nur etwa sechs Indikatoren aufgezählt. Abbildung 71 nennt die zehn Kennzahlen beziehungsweise Kennzahlengruppen, die von den Respondenten am häufigsten als besonders wichtige Kernindikatoren zur Messung der Leistung von ausländischen Reporting Units wahrgenommen werden. Was sich bereits in den Antworten zur allgemeinen Frage nach den insgesamt erhobenen Leistungsindikatoren abgezeichnet hat, kristallisiert sich bei der Frage nach den Kernindikatoren noch weiter heraus: Die finanziellen Kennzahlen aus den Bereichen Profitabilität (Gewinn, Cash Flow, Rentabilität, EVA etc.), Wachstum (Umsatz, Marktanteil) und Kosteneffizienz (Kostenstrukturen, Kostenabweichungen) stehen im Vordergrund der Leistungsbeurteilung. Dabei sind es vor allem Umsatz, Deckungsbeitrag und Gewinn, die von mehr als drei Vierteln der Respondenten erwähnt werden und alle anderen Indikatoren in der Anzahl der Nennungen deutlich distanzieren. So wurden Kennzahlen zum Cash Flow nur noch etwa von der Hälfte der Respondenten als Kernindikatoren empfunden, Rentabilitätskennzahlen von etwa einem Drittel und kostenstrukturenbezogene Auswertungen gar nur noch von einem Viertel der befragten Unternehmen. 471 472 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.4.2 zur Motivations- und Steuerungsfunktion von Indikatoren. Rappaport beispielsweise nennt 3-6 Kennzahlen als verarbeitbare Menge. Rappaport (1998), 129. Die Autoren zum Tableau de Bord nennen 5-9 Kennzahlen. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 4.3.2.4. Zieht man zusätzlich in Betracht, dass beispielsweise zu den vier generischen Perspektiven der Balanced Scorecard vermutlich nur 1-2 Kennzahlen pro Perspektive als zentrale Elemente wahrgenommen werden, so erscheint die Einschränkung auf acht Indikatoren vertretbar, zumal eine grössere Anzahl nicht in selbem Ausmass zu der gewünschten Verdichtung der Aussagen geführt hätte. Empirische Erhebungen Seite 223 Ein Vergleich der Ergebnisse von Abbildung 70 mit denen von Abbildung 71 zeigt zudem, dass umsatzbezogene Kennzahlen zwar häufiger vorkommen als gewinnbezogene, dass die Leistungsindikatoren zum Gewinn, gleichsam als zusätzliche Resultatsverdichtung von Umsatz- und Kostendaten, für die Leistungsmessung jedoch als aussagekräftiger eingestuft werden als jene zum Umsatz. Abbildung 71: Häufigste Kernindikatoren (n=38) 0% 10% 20% 30% 40% 50% Gewinn, Gewinnmarge, Deckungsbeitrag 80% 76% 47% Cash Flow, CF-Marge 34% Rentabilität Kostenstrukturen 26% Kundenzufriedenheit 26% EVA, Economic Profit, Cash Value Added, CFROI 24% Kostenabweichungen, Gesamtkostenentwickung 24% Mitarbeiterproduktivität 70% 90% 100% 82% Umsatz, Absatz, Marktanteil Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation 60% 21% 18% Seite 224 Empirische Erhebungen Aspekten der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit wird ebenfalls in Form von Kernindikatoren noch Beachtung geschenkt, Leistungsindikatoren betreffend die Leistungsaspekte Innovation, Qualität, Liquidität (ausser Cash Flow) und Konkurrenten (ausser Marktanteil) werden jedoch in multinationalen Unternehmen weitgehend nicht als zentrale Elemente der formalen Leistungsmessung eingestuft. Es scheint also auf Stufe Gesamtunternehmensleitung eine klare Tendenz zur weitgehenden Favorisierung von finanziellen Kennzahlen vorzuliegen. Nicht-finanzielle Kennzahlen werden zwar teilweise erfasst, zählen aber mit einigen wenigen Ausnahmen in der Regel nicht zu den bevorzugten Kerninformationen. Instrumente wie die Balanced Scorecard oder das Tableau de Bord, welche die Bedeutung von nicht-finanziellen Indikatoren als kennzahlenmässigen Erfassung von Vorlaufgrössen des finanziellen Erfolges betonen, scheinen in der Unternehmenspraxis gemäss den vorliegenden Resultaten weniger auf Ebene der Gesamtunternehmens- beziehungsweise Konzernleitung als vermutlich vielmehr auf Ebene der Reporting Units selbst Anwendung zu finden. Offensichtlich werden nicht-finanzielle Leistungsindikatoren und Vorlaufgrössen daher in der Regel nicht in Form standardisierter Performance Measures an die Konzernzentrale weitergeleitet, sondern von den Reporting Units – wenn überhaupt – selbstverantwortlich erhoben und geführt. Eine weitere Erklärung für diese Beobachtung kann auch darin gesehen werden, dass gerade qualitative Informationen, für deren Beobachtung und Steuerung nicht-finanzielle Kennzahlen sich ganz besonders eignen, nicht über die formale Leistungsmessung sondern vielmehr über andere, eher informelle Informationskanäle (z.B. über persönliche Kontakte in Business Review Meetings) zur Unternehmenszentrale gelangen. Eine massgebliche Abhängigkeit der Wahl der Kernkennzahlen von der Organisationsform (Rechtseinheit versus Divisionen) konnte anhand einer zusätzlich durchgeführten Analyse der Häufigkeitsverteilungen über Kreuztabellenauswertungen nicht festgestellt werden. Auch die an die Reporting Unit delegierten Verantwortlichkeiten treten aus Sicht der Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung weiter in den Hintergrund und es zeichnet sich unternehmensübergreifend ein noch einheitlicheres Bild der bevorzugten Kernerfolgsindikatoren ab. Dies bestätigt in Summe somit die Beobachtungen, die bereits in Abschnitt 5.4.3 gemacht wurden. Empirische Erhebungen Seite 225 5.5 Zweck der Leistungsmessung In Ergänzung zu Organisationsform, Verantwortlichkeiten und konkreten Leistungsindikatoren wurden die befragten Unternehmen gebeten, Auskunft über den Zweck der Leistungsmessung zu geben. Den Respondenten wurden folgende Antwortvorschläge zur Auswahl gestellt sowie zusätzlich Raum für eigene Ergänzungen gegeben: • Beobachtung und Kontrolle der Geschäftsaktivitäten sowie Vergleich von Soll- zu Ist-Leistung • Kommunikation von Strategien und Zielen sowie und Steuerung zielorientierten Verhaltens • Motivation der lokalen Manager • Integration der ausländischen «Reporting Unit» durch gemeinsame Sprache und einheitliche Abläufe • Schaffung einer Grundlage für die Leistungsbeurteilung, Entlohnung und Belohnung • Unterstützung von Lern- und Verbesserungsprozessen Wie in Abschnitt 3.4 dargelegt, können diese Elemente als grundsätzliche Funktionen der Leistungsmessung interpretiert werden.473 Um zu verhindern, dass in der Zweckfrage alle Antwortmöglichkeiten ohne kritisches Abwägen als Zweck der Leistungsmessung bejaht werden, war von den Respondenten mittels einer abstufenden Beurteilung anzugeben, ob die einzelnen Funktionen für das eigene Unternehmen als «sehr wichtig» oder «weniger wichtig» betrachtet werden.474 Die relative Häufigkeit der Einstufungen als «sehr wichtig» ist den Resultaten in Abbildung 72 zu entnehmen. Der Zweck der Leistungsmessung liegt also vorwiegend in der Beobachtung (95%) und Steuerung (89%). Diese beiden Zielsetzungen werden meist gemeinsam als sehr wichtig eingestuft. Dass gerade die Beobachtung und Kontrolle als dominanter Zweck der Leistungsmessung wahrgenommen wird, deckt sich mit den Resultaten zu den 473 474 In Abweichung zu Abschnitt 3.4 wurden im Fragebogen «Beobachtung» und «Lernen» separat erfasst. Weiters wurde die Leistungsbeurteilung und Entlohnung als eigener Punkt erfasst, obwohl diese eigentlich der Motivationsfunktion zuordenbar sind. Vergleiche hierzu Frage 5 des Fragebogens in Abschnitt 7.2. Seite 226 Empirische Erhebungen meist verwendeten Indikatoren: Der eigentlichen Leistungserbringung nachgelagerte Finanzkennzahlen («Lagging Indicators») eignen sich insbesondere zur Erfüllung einer Funktion mit historisch-rückblickendem Charakter wie eben der «Beobachtung». Die beinahe ebenso häufig genannte Funktion der Steuerung hätte jedoch erwarten lassen, dass bei der Nennung der Leistungsindikatoren nicht-finanzielle Kennzahlen («Leading Indicators») stärker als tatsächlich vorgefunden vertreten sind. Dies lässt darauf schliessen, dass die Kommunikations- und Steuerungsfunktion in den Unternehmen offenbar hauptsächlich über die Vorgabe von finanziellen Leistungszielen (z.B. in Form von Jahresbudgets oder Mehrjahresplänen) erfüllte wird. Die Motivation von Managern (66%), die Entlohnung (58%), die Integration (55%) oder die Förderung von Lern- und Verbesserungsprozessen (45%) verkörpern hingegen nach Meinung der Respondenten eher weniger wichtige Aspekte der Leistungsmessung. Zieht man in Betracht, dass Lernprozesse im kreisförmigen Managementprozess eine wichtige Rolle einnehmen475 und dass diesem Aspekt in der generischen Balanced Scorecard eine eigene Perspektive gewidmet wird, so erstaunt die geringe Bedeutung, die der Lernfunktion im Unternehmensalltag beigemessen wird. Weiter zeigt sich, dass bei ausländischen Reporting Units, welche primär nach Divisionen organisiert sind, grösserer Wert auf die motivierende Wirkung von Kennzahlen und die Entlohnung gelegt wird als dies bei selbständigen Rechtseinheiten der Fall ist. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass die Bildung von virtuellen Berichtseinheiten in der Regel stärker nach strategischen Überlegungen erfolgt als die Bildung von legalen Rechtseinheiten, die als «Legal Shells» ganz unterschiedliche Geschäftsbereiche mit unterschiedlichen Zielen beheimaten können. Der Strategien typischerweise innewohnende Leit- und Motivationscharakter dürfte sich daher bei virtuellen Berichtseinheiten auch stärker auf die Leistungsmessung auswirken als bei legalen Berichtseinheiten. Signifikante Zusammenhänge zwischen dem Zweck der Leistungsmessung und der Delegation von Verantwortlichkeiten oder der Wahl von Leistungsindikatoren sind aus der Analyse der Häufigkeitsverteilungen hingegen keine ersichtlich.476 475 476 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.1.1. Diese Aussagen beruhen auf Ergebnissen von Kreuztabellenanalysen. Empirische Erhebungen Seite 227 Abbildung 72: Häufig genannte Funktionen der Leistungsmessung (n=38)477 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Beobachtung und Kontrolle 89% Motivation 66% Leistungsbeurteilung und Entlohnung 58% Integration 477 90% 100% 95% Kommunikation und Steuerung Lernen und Verbessern 80% 55% 45% Prozentanteil der Respondenten, welcher die jeweilige Funktion als «sehr wichtigen» Zweck der Leistungsmessung einstuft (auf ganze Prozent gerundet). Seite 228 Empirische Erhebungen 5.6 Entwicklungstendenzen Als Abschlussfrage wurden die Respondenten zu den Erwartungen betreffend die Zukunft der Leistungsmessung befragt. Die jeweiligen Vorstellungen und Erwartungen zu einem idealen System der Leistungsmessung sollten anhand von generellen Veränderungen, Ideen, Plänen, Projekten oder Zielen umschrieben werden.478 Die entsprechende Erhebung wurde in Form einer offenen Frage durchgeführt, um die befragten Unternehmen in den Antwortmöglichkeiten nicht einzuschränken und so ein möglichst breites Spektrum an Ideen und Erwartungen zusammentragen zu können. Die Antworten wurden von den Respondenten in Form von Stichworten bis hin zu ausformulierten Fliesstexten geliefert und drehten sich im Durchschnitt um jeweils ein bis zwei Aspekte der Leistungsmessung. Im Rahmen der Auswertung wurden die Antworten nach wiederkehrenden Themenbereichen zusammengefasst und deren Häufigkeit ausgewertet. Die entsprechenden Resultate sind in Abbildung 73 dargestellt. Ein zentrales Anliegen der Respondenten ist demnach die Entwicklung und Verbesserung von integrierten Kennzahlensystemen. Der Trend geht hierbei einerseits hin zu stärker nicht-finanziellen Kennzahlen und Vorlaufgrössen («Leading Indicators»), welche die bereits häufig eingesetzten finanziellen Kennzahlen entlang der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge optimal zu einem Gesamtbild der Unternehmensleistung ergänzen sollen. So äusserten die befragten Unternehmen beispielsweise Erwartungen in Richtung vermehrte Nutzung von Konkurrenz-, Kunden-, Mitarbeiter- oder Qualitätsinformationen. Dies entspricht den Leistungsaspekten, welche gemäss den Ergebnissen in Abschnitt 5.4 zum Zeitpunkt der Erhebung in den Leistungskennzahlen noch weitgehend unberücksichtigt sind. 478 Vergleiche hierzu Frage 6 des Fragebogens in Abschnitt 7.2. Empirische Erhebungen Seite 229 Abbildung 73: Entwicklungstendenzen in der Leistungsmessung (n=38)479 0% 10% 20% 30% Aufbau integriertes Kennzahlensystem 24% Stärkere Wertorientierung 21% Informationssysteme Data Warehousing, IT 18% Verbesserte Transparenz 18% Verbesserte Reportingprozesse 18% Verfeinerung des bestehenden Systems 479 50% 39% Mehrdimensionale Leistungsindikatoren Mehr Benchmarking 40% 13% 5% Angaben in % der Respondenten (auf ganze Prozentwerte gerundet). 60% 70% 80% 90% 100% Seite 230 Empirische Erhebungen Explizite Forderungen nach ausgewogenen Performance Measurement Systemen, wie mittels Balanced Scorecard oder Tableau de Bord propagiert werden, scheinen demnach auch in der Unternehmenspraxis, insbesondere in von der Rechtsstruktur weitgehend unabhängigen Divisionsstrukturen, im Trend zu liegen. Auch zeigt sich, dass diejenigen Respondenten, die eine Weiterentwicklung integrierter Kennzahlensysteme prognostizieren, neben Beobachtung und Steuerung insbesondere auch die Entlohnung und Motivation der Mitarbeiter als Zweck der Leistungsmessung betonen.480 Andererseits wird für die Zukunft der Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units aber auch eine Verschiebung innerhalb der finanziellen Kennzahlen erwartet. Auch wenn finanzielle Wertkennzahlen (wie z.B. EVA) in ihrer Verbreitung dem Anschein nach noch hinter den traditionellen Kennzahlen zu Gewinn und Rentabilität zurückliegen, erwartet immerhin etwa jeder fünfte Respondent für die Zukunft eine Zunahme der Bedeutung wertorientierter Kennzahlensysteme. Insbesondere die Stichworte «Shareholder Value» und «Economic Value Added» wurden in diesem Zusammenhang häufig in der Formulierung dieser Erwartungen verwendet. Da solche Wertkennzahlensysteme ebenfalls auf Gewinn- oder Cash Flow-Berechnungen aufbauen, ist hier wohl mehr mit einer Ergänzung und Weiterentwicklung denn mit einer grundlegenden Ablöse der bereits existierenden Finanzkennzahlensysteme zu rechnen. Die Fragebogenergebnisse deuten darauf hin, dass die technische Basis für solche wertorientierte, mehrdimensionale Kennzahlensysteme nach Meinung der befragten Unternehmen in den Entwicklungen auf den Gebieten der Führungsinformationssysteme («Executive Information Systems», EIS) und dem themenverwandten integrierten Datenmanagement («Data Warehousing») sowie in der vermehrten Nutzung von Know How beziehungsweise Anwendungen aus dem Gesamtbereich der Informationstechnologien (IT) zu finden sein wird. Der technologische Fortschritt in der Datenerfassung und -verarbeitung soll im gleichen Atemzug verbesserte Transparenz (in Bezug auf Kosten, Leistungen, Kunden, Prozesse, etc.) und verbesserte Reportingprozesse (in Bezug auf Verfügbarkeit und Integrität der Informationen) mit sich bringen. 480 Diese Erkenntnisse wurden aus der Analyse der entsprechenden Kreuztabellen gewonnen. Empirische Erhebungen Seite 231 Interessant erscheint, dass gerade diejenigen Unternehmen, die sich bereits heute mit Leistungsindikatoren wie z.B. Kostenstrukturen, Durchlaufzeiten, Liefertreue, Defektraten oder Benchmarking beschäftigen, für die Zukunft stärkere Transparenz in der Leistungsmessung oder mehrdimensionale Leistungsmesssysteme erwarten. Diese Beobachtung kann dahingehend interpretiert werden, dass die Beschäftigung mit mehrdimensionalen Messansätzen gleichsam zum Auslöser noch detaillierterer, weiter in den nicht-finanziellen Bereich hineinreichender Informationsbedürfnisse werden kann. Nur etwa 13% der Respondenten sehen hingegen für die nächsten Jahre keine bemerkenswerten Veränderungen im «Performance Measurement» voraus und rechnen hauptsächlich mit Verfeinerungen und Verbesserungen im Rahmen der bereits bestehenden Systeme der Leistungsmessung. Seite 232 6. Schlussfolgerungen SCHLUSSFOLGERUNGEN 6.1 Theorie und Praxis der Leistungsmessung In den Abschnitten 2 und 3 wurden die theoretischen Grundlagen für die Leistungsmessung gelegt. Leistung lässt sich demnach am Beispiel des Leistungswürfels als mehrdimensionales Konzept darstellen, das sich an der Lebensfähigkeit und Nutzengenerierung von Unternehmen orientiert. Die Leistungsmessung ist als Teilaufgabe des Leistungsmanagements in ihrer Grundkonzeption eine Managementaufgabe mit Gestaltungswirkung, die über das Messverständnis des betrieblichen Rechnungswesens hinausreicht und auch Leistungsaspekte aus dem nicht-finanziellen Bereich umspannt. Aufgrund verschiedener Charakteristika (geografische und kulturelle Distanz, Sprachbarrieren, Unternehmensgrösse) sind multinationale Grossunternehmen besonders stark auf die formale Leistungsmessung angewiesen, insbesondere wenn es um die Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischen Reporting Units geht. Diese Beziehung stand daher im Fokus der vorliegenden Arbeit. Die formale Leistungsmessung als standardisierte, periodisch stattfindende Quantifizierung ausgewählter Leistungsaspekte kann hierbei der Beobachtung, der Steuerung, der Motivation oder der Integration dienen. Die theoretische Weiterentwicklung des Performance Measurement wurde anhand repräsentativ gewählter Systeme der Leistungsmessung dargelegt. Als Ausgangspunkt für die formale Leistungsmessung in Grossunternehmen wurden finanzielle Kennzahlensysteme gewählt. Der in Abschnitt 4.1 kurz umrissene «ROI-Baum» der Firma DU PONT hat frühe Umsatz-, Kosten- und Gewinnanalysen weiterentwickelt und als rentabilitätsorientiertes Framework über weite Teile des 20. Jahrhunderts einen prägenden Einfluss auf die finanzielle Leistungsmessung ausgeübt. Markante Weiterentwicklungen im Grundverständnis der Leistungsmessung mit ähnlicher Breitenwirkung lassen sich erst in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts lokalisieren. Unter dem Schlagwort «Shareholder Value» wurden einerseits die Finanzkennzahlensysteme selbst um eine (zeit)wertorientierte Perspektive ergänzt. Als prominente Ansätze hierzu wurden in Abschnitt 4.2 die zentralen Grundlagen der «DCF-Methode» und der «EVA-Methode» diskutiert. Schlussfolgerungen Seite 233 Andererseits wurde mit der Thematisierung von Prozess- und Reengineeringgedanken die reduzierte Ausrichtung auf finanzielle Spitzenkennzahlen und auf deren vorwiegend finanzielle Wert- und Kostentreiber zusehends als Einschränkung empfunden, die dem mehrdimensionalen Charakter der Leistung nicht gerecht wird und aufgrund von Allokationsproblemen und anderen Einschränkungen ein verzerrtes Bild der betrieblichen Leistung zeichnet. Die aus dieser Sicht logische Ergänzung um prozessorientierte, nicht-finanzielle Leistungsaspekte hat zu so genannten mehrdimensionalen Systemen der formalen Leistungsmessung wie dem französischen «Tableau de Bord» oder der «Balanced Scorecard» geführt. Managementkonzepte sind für Beratungsfirmen und betriebswirtschaftliche Bildungsinstitutionen wichtige Imageträger und Marketinginstrumente. Entsprechend werden verschiedene Ansätze der Leistungsmessung, gerade bei den «Shareholder Value» Konzepten und bei der «Balanced Scorecard», teilweise mit beinahe dogmatisch anmutender Vehemenz vertreten481 und in einer Vielzahl von Veröffentlichungen deren universale Vorzüge propagiert. So zitieren etwa Geanuracos/Meiklejohn bereits 1993 einen unabhängigen Unternehmensberater, nach dessen Meinung ein «modernes» System der Leistungsmessung: • auf verschiedenen Arten von Indikatoren beruhen sollte, um so möglichst alle Aspekte und Beziehungen eines bestimmten Geschäftes abzubilden, • sowohl auf die treibenden Faktoren («Result Drivers») als auch auf die Resultate selbst fokussiert sein sollte, • anhand von Vergleichen zu Weltklasse-Unternehmen beurteilt werden und auf Verbesserungen ausgerichtet sein sollte, • sowohl nicht-finanzielle als auch finanzielle Kriterien erfassen sollte, • auf Gewinn und Cash Flow-Grössen als Indikatoren der Investorenzufriedenheit abstellen sollte, • die Kundenzufriedenheit abbilden sollte, • die Mitarbeiterzufriedenheit und Personalentwicklung abbilden sollte, • die Managementqualitäten hinterfragen sollte, 481 Vergleiche hierzu beispielsweise die Ausführungen zum «Metrics War» in Abschnitt 4.2.2. Seite 234 Schlussfolgerungen • auf Informationssystemen beruhen sollte, welche anstatt nur Aktivitäten oder Resultate zu erfassen vor allem Entscheidungsprozesse unterstützen und beobachten.482 Solche und ähnliche idealisierende Aussagen, wie Sie beispielsweise in einer Vielzahl von Fachartikeln zu finden sind, erwecken bei undifferenzierter Lesart den Eindruck, dass Unternehmen, die nicht durchgängig über ein wertorientiertes, mehrdimensional ausbalanciertes System der Leistungsmessung verfügen, nicht im Trend der Zeit liegen oder gar suboptimal geführt werden. Bereits die konzeptionelle Einzelbeurteilung der verschiedenen repräsentativen Ansätze in den Abschnitten 4.1 bis 4.4 zeigt jedoch, dass jedes der vorgestellten Systeme, einschliesslich der mehrdimensionalen Ansätze jüngeren Datums, ohne Ausnahme mit verschiedenen Problemen und Einschränkungen behaftet sind. Dies drängt eine differenziertere Betrachtungsweise auf. Unter Beiziehung des Leistungswürfels als «Framework» und unter Anwendung der in Abschnitt 3.5.3 diskutierten Qualitätsanforderungen an Leistungsindikatoren werden diese Einschränkungen in einer Gegenüberstellung nochmals bekräftigt: Nachdem zuvor bereits gezeigt wurde, dass der EVA innerhalb der Shareholder Value Ansätze gewisse Vorteile bei der einperiodig ausgelegten Leistungsmessung hat483, die bei konsistenter, mehrperiodiger Anwendungsweise allerdings zusehends relativiert werden, wird in Abschnitt 4.5.4 dargelegt, dass sich Finanzkennzahlen-Ansätze und deren Vorteile in mehrdimensionale System der Leistungsmessung problemlos integrieren lassen. Die vergleichende Gesamtschau aus Perspektive der Unternehmenszentrale einer multinationalen Grossunternehmung zeigt jedoch zugleich, dass es rationale Gründe dafür gibt, die Leistungsmessung in Bezug auf ausländische Reporting Units primär finanziell und nur bedingt mehrdimensional auszurichten. Hierzu zählen aus konzeptionellen Überlegungen vor allem die bessere Verfügbarkeit, die Beschränkung auf das Wesentliche, die integrative Wirkung der «Accounting»-Sprache, die reduzierte Zuordnungsproblematik bei Anwendung von Finanzkennzahlen auf Gesamtunternehmensebene, die gute Konsolidierbarkeit sowie die relativ geringen Erhebungsund Interpretationskosten. Dieser konzeptionelle Zusammenhang wird anhand der Inversen Performance Pyramide veranschaulicht, die aus Sicht Unternehmenszentrale eine Fokussierung auf finanzielle Spitzenkennzahlen bei reduzierter Beiziehung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren nahe legt. Die Prüfung und empirische Unterlegung 482 483 Geanuracos/Meiklejohn (1993), 34f. Vergleiche hierzu das Beispiel der VALUE AG in Abschnitt 4.2.3. Schlussfolgerungen Seite 235 dieses Zusammenhanges stand im Mittelpunkt der empirischen Erhebungen in Abschnitt 5. Zu diesem Zweck wurden zunächst die Organisations- und Verantwortungsstruktur sowie deren Wechselwirkungen mit der Leistungsmessung untersucht. Die Fragebogenergebnisse legen nahe, dass für die Messung der Leistung ausländischer Reporting Units deren Organisationsform eine untergeordnete Rolle spielt.484 Massgebend sind vielmehr die Verantwortlichkeiten, die an diese Berichtseinheiten delegiert werden. Diese Verantwortlichkeiten sind vor allem in den Bereichen Produktion und Vertrieb angesiedelt. Forschung & Entwicklung, die Verwaltung von immateriellem Vermögen, das Cash Management, die Beschaffung und Verwaltung von langfristigem Kapital, die Führung von weiteren Reporting Units, die Transferpreisgestaltung sowie die Kontrolle von Zins- und Steuereinflüssen zählen hingegen in vielen Fällen eher zu den Verantwortlichkeiten, die der Unternehmenszentrale vorbehalten bleiben. Über die Unternehmen hinweg zeichnen die Umfrageergebnisse ein weitgehend einheitliches Verantwortungsbild, wobei nur bedingt kontrollierbare Finanzierungsentscheidungen und nur bedingt kontrollierbare Störeinflüsse der multinationalen Rahmenbedingungen offensichtlich der Verantwortung der Reporting Units entzogen oder zumindest nicht in die Leistungsmessung einbezogen werden. Die empirischen Resultate deuten darauf hin, dass ausländische Reporting Units grossteils «Investment Center» Charakter aufweisen, wobei schwerpunktmässig das im betrieblichen Nettovermögen investierte Kapital betrachtet wird. Die festgestellte Verantwortungsstruktur legt die Erwartung nahe, dass die Kennzahlen, welche die Unternehmenszentralen von ausländischen Reporting Units erheben, bei kompetenzkonformer Ausgestaltung der Leistungsmessung ebenso vor allem auf die Leistung in Produktion (Herstellkosten, Prozesse) und Vertrieb (Umsatz, Markt, Kunden, Vertriebskosten) sowie auf die dadurch erzielten finanziellen Resultate ausgerichtet sein sollten. Dies entspricht der Spitze der Leistungspyramide beziehungsweise der obersten Ebene der Inversen Leistungspyramide.485 Die empirischen Resultate bestätigen diese Erwartung: Die Kennzahlen, die als Kernindikatoren genannt werden und somit in den Unternehmenszentralen am meisten Beachtung erfahren, sind finan484 485 Vergleiche hierzu auch die Untersuchungen von Aders/Hebertinger (2003), 24. Die Autoren zeigen am Beispiel von Shareholder Value Konzepten unter anderem, dass diese mit exakt dem gleichen Prozentsatz auf «Legal Entities» und «Management Units» angewendet werden. Vergleiche hierzu Abbildung 54 auf Seite 171 sowie Abbildung 55 auf Seite 174. Seite 236 Schlussfolgerungen zieller Natur und beziehen sich auf Umsatz, Marktanteil, Margen, Gewinn, Cash Flow und Rentabilität. Die Kundenzufriedenheit, die sich der zweitobersten Ebene der Performance Pyramide zuordnen lässt, ist von den nicht-finanziellen Kennzahlen die am häufigsten als Kernindikator genannte, Zahlen zu den Mitarbeitern sind jedoch bereits weiter abgeschlagen. Diese Beobachtungen decken sich auch mit den empirischen Resultaten spezifisch auf die Balanced Scorecard ausgerichteter Erhebungen, welche zeigen, dass die Kunden- und Finanzperspektiven in der Unternehmenspraxis als besonders wichtig betrachtet werden, während die Perspektiven zu den Mitarbeitern oder den internen Prozessen in der praktischen Umsetzung als vergleichsweise weniger wichtig eingestuft werden.486 Ein solches Leistungsverständnis prägt jedoch nicht nur die Auswahl der als besonders wichtig eingestuften Kernindikatoren, sondern lässt sich auch in der breiter ausgelegten Erhebung der grundsätzlich in der formalen Leistungsmessung abgebildeten Leistungsperspektiven beobachten. Klassische Finanzkennzahlen dominieren auch hier das Bild der Leistungsmessung in Grossunternehmen, während Indikatoren zu Konkurrenten, Mitarbeitern, Qualität, Kunden oder Innovationskraft der ausländischen Reporting Units deutlich weniger oft in standardisierten Leistungsberichten an die Unternehmenszentrale zu finden sind.487 Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 74 unter Beiziehung des Leistungswürfels schematisch dargestellt, in dem die empirisch festgestellte Ausgestaltung der formalen Leistungsmessung in Grossunternehmen auf Stufe Unternehmensebene und im Bereich der historisch ausgelegten, resultatsorientierten Finanzkennzahlen angesiedelt ist und nur geringfügige Überschneidungen mit anderen Bereichen zeigt. 486 487 Töpfer et al. (2002), 80f. Vergleiche hierzu auch Schwarz/Axer (2004). Die Autoren kommen in einer Deloitte&Touche Umfrage zu ähnlichen Ergebnissen. Vergleiche hierzu aber auch Brunner et al. (1999), 156. Schlussfolgerungen Seite 237 Abbildung 74: Die Empirischen Ergebnisse im Leistungswürfel LEISTUNGBERICHTE ausländischer Reporting Units an die Unternehmenszentrale Während also «moderne» Systeme der Leistungsmessung wie die Balanced Scorecard oder andere mehrdimensionale Ansätze eine massgebliche Ergänzung der finanziellen Resultate durch andere Leistungsaspekte fordern (z.B. über drei von vier Perspektiven in der generischen Balanced Scorecard), scheint die Praxis der Leistungsmessung in den befragten Unternehmenszentralen auf einem anderen Leistungsverständnis zu basieren, welches in diesem Messkontext das Zusammenziehen von tendenziell nichtfinanziell geprägten Leistungsaspekten eher als Ausnahme denn als die Regel versteht. Dies legt zwei Schlussfolgerungen nahe. Einerseits deutet die untergeordnete Rolle der nicht-finanzorientierten Leistungsaspekte darauf hin, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung auf Stufe Unternehmenszentrale nur in einem sehr geringen Ausmass tatsächlich implementiert sind. Ähnliche Rückschlüsse drängen auch Erhebungen zur Balanced Scorecard, dem wohl prominentesten mehrdimensionalen Performance Measurement System, auf: Verschiedene Untersuchungsergebnisse lassen Seite 238 Schlussfolgerungen zwar vermuten, dass die Balanced Scorecard in Europa und den USA und vermehrt auch in anderen Regionen grundsätzlich grosse generelle Beachtung findet.488 Eine spezifisch auf die effektive Implementierung der Balanced Scorecard bei börsenkotierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgelegte empirische Erhebung hat hingegen gezeigt, dass – mehr als zehn Jahre nach den ersten Veröffentlichungen von Kaplan/Norton im Harvard Business Review - nur eine Minderheit von 26% der befragten Firmen die BSC auch tatsächlich einsetzt und dies zudem oft nur in eingeschränkter oder unvollständiger Art und Weise.489 Zusammen mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit kann man sich daher nur schwer des Eindruckes erwehren, dass offensichtliche eine Diskrepanz besteht, zwischen dem, was ein Grossteil der Unternehmen in der formalen Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit für sich als die geeignete Lösung erachtet, und dem, was in der Managementliteratur und in Managementseminaren als Anforderung an eine «moderne» Leistungsmessung kommuniziert wird. Die zweite Schlussfolgerung geht daher dahin, dass wenn mehrdimensionale Systeme der formalen Leistungsmessung in einem Unternehmen eingesetzt werden, dies in differenzierter, auf die Anwendungssituation angepasster Art und Weise erfolgen sollte: Obwohl ein Fokus auf nicht-finanzielle, operativ ausgerichtete Performance Measurement Systeme innerhalb der lokalen Reporting Units gerechtfertigt sein kann, bedeutet dies nicht, dass ein identisches Messverständnis auch auf die Beziehung zwischen Unternehmenszentrale und lokaler Reporting Unit anzuwenden ist. Wenn in einem multinationalen Grossunternehmen die Leistungsdaten von verschiedensten Geschäftsbereichen miteinander verglichen, beurteilt und aggregiert werden sollen, verlangt dies eine Konzentration auf das Wesentliche bei vernünftigem Aufwand. Dies wiederum erfordert einen «entspannteren» Umgang mit generischen Konzepten und spricht gegen ein zwanghaftes Festhalten an Anzahl und Inhalt von vordefinierten Leistungsperspektiven (beispielsweise den vier generischen Perspektiven der Balanced Scorecard490). Je nach Umfeldsituation, Strategie, Verantwortungsstruktur, Führungs- 488 489 490 Vergleiche hierzu: Silk (1998), Marr (2001), Williams (2001), Anonym (2001), Rigby (2001). Vergleiche hierzu: Speckbacher et al. (2003), 381. Paul (2004), 109. Für frühere empirische Untersuchungen mit ähnlichen Ergebnissen vergleiche auch: Horváth et al. (1999), 289ff. Weber/Sandt (2001). Gleich (2001), 351. Gleich et al. (2002), 341. Günther/Grüning (2002). Töpfer et al. (2002), 80f. Vergleiche hierzu auch: Paul (2002), 53. Der Autor hinterfragt hier die ausbalancierte «Kleeblatt»-Darstellung der vier generischen Perspektiven und leitet daraus die Forderung nach einer «Imbalanced» Scorecard ab. Schlussfolgerungen Seite 239 stil, vorhandenen Ressourcen und je nach Unternehmensebene kann es Sinn machen, ganz unterschiedliche Leistungsaspekte in unterschiedlichem Umfang zu erheben. Die zusammenfassenden Ausführungen in Abschnitt 4.5.4 legen nahe, dass in einem multinationalen Grossunternehmen auf Stufe Unternehmenszentrale aufgrund konzeptioneller Überlegungen eine tendenziell stärkere Fokussierung auf Finanzkennzahlen rational begründet werden kann. Die empirischen Resultate in Abschnitt 5 bestätigen diese Überlegungen. Sie zeigen, dass die befragten Unternehmen dies zumindest so in der Praxis ihrer standardisierten Leistungsberichte umgesetzt haben. Was die Inverse Leistungspyramide schematisch darstellt, verdeutlichen und bestätigen die Umfrageergebnisse zu den Kernindikatoren. Die Finanzresultate auf Ebene Unternehmenszentrale verkörpern nicht einen von mehreren ausbalancieren Leistungsaspekten (z.B. einen von vier Leistungsaspekten in der generischen Balanced Scorecard), sondern ein Schwergewicht der in der Praxis von Grossunternehmen als zentrale Messgrössen eingestuften Leistungsindikatoren bezieht sich auf die finanzielle Leistung. Die Forderung nach einem «Finanzcontrolling»491 als zentrales Instrument der Unternehmensführung, das die Ermittlung, Planung, Kontrolle und Kommunikation der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einschliesslich deren Segment-Details umfasst, kann auf Basis dieser empirischen Beobachtungen bekräftigt werden. Aus der spezifischen Sicht der Unternehmenszentrale in Grossunternehmen entspricht ein solches Verständnis zum Performance Management offensichtlich mehr den Anforderungen der Unternehmenspraxis als zwanghaft mehrdimensional entlang generischer Leistungsaspekte ausgestaltete Ansätze. In diesem Zusammenhang liegt auch eine der zentralen Stärken des in Abschnitt 4.3 vorgestellten Tableau de Bord Ansatzes im Vergleich zur Balanced Scorecard und vielen anderen mehrdimensionalen Ansätzen. Das Tableau de Bord bekennt sich als Ansatz zwar grundsätzlich zur mehrdimensionalen Leistungsmessung, stellt jedoch die konkreten Bedürfnisse des Berichtsempfängers in den Mittelpunkt ohne konkrete Leistungsperspektiven und deren Verhältnis zueinander zu definieren. Auf Stufe Verwaltungsrat oder CEO kann dies beispielsweise zu einem Tableau de Bord führen, dass vorwiegend an den Finanzresultaten und seinen direkten Einflussgrössen ausgerichtet ist. 491 Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 710. Seite 240 Schlussfolgerungen Umgekehrt sollen und können die Fragebogen-Resultate jedoch nicht dahingehend interpretiert werden, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung auch auf Ebene der lokalen Reporting Units nicht geeignet oder nur wenig verbreitet sind. Einerseits war dies nicht der Untersuchungsfokus der Fragebogenaktion, so dass solche Aussagen aus den Ergebnissen nicht abgeleitet werden können. Anderseits kann davon ausgegangen werden, dass die meisten der Kriterien, die auf Ebene Unternehmenszentrale als Argumente für die prioritäre Anwendung von Finanzkennzahlen angeführt wurden (Wesentlichkeit, Verfügbarkeit, Konsolidierbarkeit, Integrationswirkung über sprachliche und kulturelle Barrieren hinweg, Beschaffungs- und Nutzungskosten, etc.), auf Ebene der lokalen Reporting Unit (oder auf tieferen Ebenen wie z.B. Teams oder Prozesse) nicht in selbem Umfang zum Tragen kommen. Vielmehr deuten die vorliegenden Ergebnisse auf einen stufengerechten Zusammenhang hin, wie er modellhaft in Abbildung 75 dargestellt ist. In dieser Darstellung werden die aus Sicht der Leistungsmessung zentralen Komponenten aus den theoretischen Ausführungen in den Abschnitten 2 und 3, mit einzelnen Grundlagen der mehrdimensionalen Systeme der Leistungsmessung aus Abschnitt 4 sowie mit den empirischen Ergebnissen aus Abschnitt 5 zusammengeführt. Den Gesamtzusammenhang gibt das eingangs vorgestellte Leistungsmanagement-Modell vor. Vision und Strategie, Organisationsstruktur, Kultur und Führungsstil sowie die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stellen das interne Umfeld und somit die Vorbedingungen des Leistungsmanagements dar. Um die folgenden Aufgaben des Leistungsmanagements vornehmen zu können (planen und budgetieren, Verantwortung zuweisen, Leistung messen und berichten, beurteilen und honorieren, lernen und verbessern) muss bei den verantwortlichen Führungskräften ein Verständnis über die Leistungszusammenhänge im Unternehmen vorhanden sein. Über ein solches (explizites oder implizites) «Leistungsmodell» scheinen sich alle vorgestellten Ansätze in der Grundaussage einig zu sein: Ein finanzorientierter Teilausschnitt aus dem Modell der Gesamtleistung kann beispielsweise im ROI-Baum oder im SHV-Netzwerk gesehen werden, in den mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung bildet das Leistungsmodell jeweils einen der zentralen Bausteine.492 492 Vergleiche hierzu beim Tableau de Bord das Ablaufdiagramm/Leistungsmodell in Abbildung 44 auf Seite 133 sowie die Ursachen-Wirkungs-Kette bei der Balanced Scorecard in Abbildung 51 auf Seite 154. Schlussfolgerungen Seite 241 Auf Basis der empirischen Ergebnisse aus Abschnitt 5 kann die Forderung abgeleitet werden, dass die Verantwortungszuweisung und die darauf aufbauende Leistungsmessung in Abhängigkeit von der Verantwortungsebene vorgenommen werden sollten: Gemäss Leistungswürfel kann zwischen der Leistung auf Unternehmensebene (oder Gesamtdivisionsebene) und den tiefer gelegenen Prozess-/Team- oder Individualebenen unterschieden werden. Wie bereits dargelegt wurde, ist die Leistungsbeziehung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit auf der Unternehmensebene einzuordnen. Gemäss empirischen Resultaten haben die Reporting Units auf dieser Ebene eine relativ umfassende Gesamtverantwortung, die sich im festgestellten «Investment Center»-Charakter manifestiert und sich weitgehend an der Kontrollierbarkeit orientiert. Daher beispielsweise auch der Fokus auf das operative Nettovermögen und die festgestellte Ausklammerung der Verantwortung für die Finanzstruktur. Weiter reduzierte Verantwortungsstrukturen (z.B. «Cost Center» oder «Revenue Center») wurden hingegen kaum festgestellt. Der bei der Leistungsmessung zwischen Unternehmenszentrale und ausländischer Reporting Unit stark im Zentrum stehende Zweck der Beobachtung und Kontrolle493 deutet zudem darauf hin, dass auf der Unternehmensebene Leistung als Realisierungsbeitrag vor allem in Form von Resultaten oder Ergebnissen von Handlungen wahrgenommen wird. Diese werden im multinationalen Umfeld wiederum von verschiedenen Störfaktoren beeinflusst (Transferpreise, Steuern, Wechselkurse, geografische und kulturelle Distanz)494 und sind, wie in jedem anderen Unternehmen, allgemeinen makroökonomischen, politischen und sozialen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Die Konstellation von Gesamtverantwortung und resultatorientierter Leistungswahrnehmung lässt aus Sicht Unternehmenszentrale wiederum die festgestellte klare Priorisierung von finanziellen Kennzahlen als aggregierte, auf das Wesentliche reduzierte Spitzenkennzahlen plausibel erscheinen und wurde in Abschnitt 4.5.4 als rational begründbares Vorgehen dargelegt. 493 494 Vergleiche hierzu: Abbildung 72 auf Seite 227. Zur empirisch belegten Dominanz von Kontrolle und Steuerung in der Leistungsmessung vergleiche aber auch: Blankenburg (1999), 122. Vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.6. Seite 242 Schlussfolgerungen Abbildung 75: Stufengerechte Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen Vision, Strategie Organisationsstruktur Ressourcen, Fähigkeiten Kultur, Führungsstil LEISTUNGSMANAGEMENT LEISTUNGSMODELL DES MANAGEMENTS Team/Individuum Unternehmen PLANUNG, BUDGETIERUNG VERANTWORTUNGSZUWEISUNG Kontrollierbarkeit? Einzelverantwortung, Cost Center, Revenue Center geografische und kulturelle Distanz, Sprachbarriere, politische und soziale Umwelt LEISTUNG (REALISIERUNGSBEITRAG) Verhalten, Handlungen, Aktivitäten Resultate, Ergebnisse von Handlungen LEISTUNGSMESSUNG (INDIKATOREN) nicht-finanziell, detailliert, leading finanziell, aggregiert, lagging Mitarbeiter Qualität Konkurrenten Kosteneffizienz Profitabilität Continuous Improvement Innovationskraft Kunden Stabilität & Liquidität Wachstum Zuordenbarkeit/Verständlichkeit? HONORIERUNG, VERBESSERUNG Transferpreise, Steuern, Wechselkurse, Inflation, Zinsen, makroökonomische Umwelt Gesamtverantwortung, Profit Center, Investment Center Schlussfolgerungen Seite 243 Die Verbindung von der Leistungsmessung zur Honorierung sowie zu Lern- und Verbesserungsprozessen ist vor allem von der Zuordenbarkeit (für die Honorierung) und der Verständlichkeit (für das Lernen) abhängig. Die Resultate der Fragebogenaktion legen nahe, dass dieser Zusammenhang im Vergleich zu anderen Funktionen der Leistungsmessung jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt: Leistungsindikatoren erfüllen zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Unit vor allem eine beobachtende und steuernde Funktion. Der Motivation der lokalen Manager, der Entlohnung, der Integration oder der Förderung von Lernprozessen wird in der Leistungsmessung vergleichsweise wenig Bedeutung beigemessen.495 So geben nur 58% der befragten Unternehmen an, die standardisierte Leistungsmessung als Grundlage für die Leistungsbeurteilung, Entlohnung und Belohnung heranzuziehen. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen anderen Untersuchungen, die gezeigt haben, dass bei den wertorientierten Finanzkennzahlen nur 53% der Unternehmen ihre Shareholder Value-Spitzenkennzahl in die Leistungsmessung einbeziehen496 und ebenso nur 53% der Unternehmen ihre Balanced Scorecard für diesen Zweck heranziehen.497 Die Gründe hiefür können darin vermutet werden, dass einerseits zu engmaschig ausgelegte Honorierungssysteme als eine Form des «Übercontrolling»498 die Motivation von Führungskräften untergräbt und eine schnelle Reaktion auf neue Situationen verhindert499 und andererseits individuellen Zielvereinbarungen zur Mitarbeitersteuerung der Vorzug gegeben wird.500 Zudem sind gerade mehrdimensionale Ansätze der Leistungsbeurteilung besonders empfänglich für subjektive Einschätzungen und führen tendenziell zu einer «Verwischung» der Leistungsunterschiede.501 Dies erscheint auch aus Sicht der Darstellung in Abbildung 75 plausibel. Wie weiter oben bereits dargelegt wurde, kann aus den Ergebnissen der vorliegenden Umfrage nicht geschlossen werden, dass mehrdimensionale Systeme der Leistungsmessung auf tieferen Verantwortungsebenen ebenso selten zum Einsatz kommen wie auf der Ebene «Unternehmensleistung». Dies würde beispielsweise eine Reihe von Ansätzen wie das Activity Based Management, das Total Quality Management oder das operativ ausge495 496 497 498 499 500 501 Vergleiche hierzu: Abbildung 72 auf Seite 227. Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 37. Vergleiche hierzu auch: Stührenberg et al. (2003), 69. Vergleiche hierzu: Speckbacher et al. (2003), 371. Vergleiche hierzu: Fickert (2004), 708. Vergleiche hierzu: Hope/Fraser (1999). Hope/Fraser (2003). Vergleiche hierzu: Happel (2002), 278f. Kurzich/Rautenstrauch (2003), 357. Vergleiche hierzu: Moers (2005). Seite 244 Schlussfolgerungen legte Produktions-Controlling grundsätzlich in Zweifel ziehen. Vielmehr sollten die Ergebnisse aus der vorliegenden Studie tendenziell so interpretiert werden, dass je mehr sich die Leistungsmessung von der Unternehmensebene weg in Richtung Team-, Prozess- oder Individualebene bewegt, desto spezifischer wird die zugeordnete und kontrollierbare Verantwortung (Umsätze, Kosten, Aktivitäten), desto stärker rücken neben Resultaten auch die Handlungen und das Verhalten selbst in den Fokus der Leistungsmessung und umso detaillierter und stärker nicht-finanziell ausgerichtet werden die für die Leistungsmessung erfassten Leistungsindikatoren.502 Die dafür notwendigen Informationen sind lokal in der Regel besser verfügbar, haben weniger Interpretationsbedarf, müssen nicht über Gesellschaften hinweg konsolidiert werden und sind für die vor Ort zu treffenden Entscheidungen relevanter als für die resultatorientierte Gesamtschau in der Unternehmenszentrale. Ein solcher Zusammenhang erlaubt, die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Systeme der Leistungsmessung besser einzuordnen: Finanzspitzenkennzahlen wie der EVA eignen sich vor allem auf Stufe «Unternehmensleistung» für die Leistungsmessung, mehrdimensionale Messansätze wie die Balanced Scorecard eher auf nachgelagerten Verantwortungsebenen (Team-, Prozess- oder Individualleistung). Wenn also die Unternehmenszentralen in Grossunternehmen offensichtlich hauptsächlich finanzielle Kennzahlen zur Messung der Leistung von ausländischen Reporting Units heranziehen, so stellt sich die Frage, ob aus den Untersuchungsergebnissen klare Präferenzen für ganze bestimmte Spitzenkennzahlen abgeleitet werden können. Gewinn- (vor allem EBIT) und umsatzbezogene Kennzahlen wurden von den Respondenten auf Stufe Unternehmenszentrale am häufigsten als besonders wichtige Kernindikatoren wahrgenommen503 und am häufigsten als erfasste Leistungsindikatoren aufgezählt504, jeweils gefolgt von Cash Flow-, Rentabilitäts- oder «neueren» Wertkennzahlen wie dem EVA. Die zentrale Bedeutung des EBIT, als wohl wichtigste Gewinnkennzahl, wird auch durch andere empirische Untersuchungen bestätigt, welche zeigen, dass die interne Betriebsergebnisrechnung nach wie vor ein etabliertes Basisin- 502 503 504 Vergleiche hierzu auch: Gleich (2001), 413. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von «Leistungsebenendifferenzierung». Vergleiche hierzu: Abbildung 71 auf Seite 223. Vergleiche hierzu: Abbildung 70 auf Seite 217. Schlussfolgerungen Seite 245 strument ist, welches vorwiegend monatlich genutzt wird.505 Dies ist insofern nicht verwunderlich, da der EBIT nicht nur als absolute Zahl für sich selbst aussagekräftig ist, sondern auch einen zentralen Bestandteil bei der Berechnung von RONOA, Free Cash Flow oder EVA verkörpert. Gleiches gilt für das von den Respondenten häufig genannte Nettoumlaufvermögen, das ebenso in die verschiedenen Finanzkennzahlenkonzepte einfliesst: Das im Net Working Capital investierte Kapital ist sowohl Bestandteil des ROI-Baumes und seiner Untervarianten wie dem RONOA, als auch ein wichtiger Faktor in den Discounted Cash Flow-506 und EVA-Konzepten.507 Die häufige Einzelnennung von EBIT und Nettoumlaufvermögen verwundert insofern nicht, als statistische Untersuchungen nahe legen, dass gerade grosse, profitable Firmen mit effizientem Management des Umlaufvermögens und einem gewissen Grad an Einzigartigkeit in Bezug auf das Geschäftsmodell zu den erfolgreichsten Firmen gehören.508 In Bezug auf die Verbreitung von Rentabilitäts- (z.B. ROI, RONOA) im Vergleich zu expliziten Wertansätzen (z.B. DCF, EVA) lässt sich aufgrund solcher Zusammenhänge bei den Rentabilitäts- und Werttreibern keine eindeutige Antwort herleiten. Im direkten Vergleich dieser Kennzahlenkategorien wird EVA von 29% der Respondenten vor ROI, RONOA und Free Cash Flow am häufigsten als Indikator genannt, während beispielsweise der CFROI nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Dies entspricht weitgehend auch den Beobachtungen anderer Studien: So liegt die Verbreitung von wertorientierten Kennzahlen wie Free Cash Flow oder EVA im Rahmen anderer empirischer Erhebungen.509 Eine KPMG-Studie bei den DAX 100 Unternehmen legt zwar nahe, dass die Verbreitung von EVA-Kennzahlen in deutschen Grossunternehmen sogar noch höher sein dürfte und bei etwa 54% liegt.510 Hierbei ist allerdings zu beach505 506 507 508 509 510 Vergleiche hierzu: Rothlin (1999), 180ff. Gleich (2001), 296ff. Gleich et al. (2002), 340f. Happel (2002), 277. In den DCF-Modellen kommt die liquiditätswirksame Zu- oder Abnahme in Teilen des Umlaufvermögens als Komponente des Free Cash Flows zum tragen. Die praktische Bedeutung des Nettoumlaufvermögens wird auch von anderen Studien bestätigt. Vergleiche hierzu beispielsweise: Vergleiche hierzu: Happel (2002), 278. Vergleiche hierzu: Johnson/Soenen (2003). Vergleiche hierzu: Happel (2002), 277. Eine Abweichung zu dieser Untersuchung liegt jedoch in der Verbreitung des CFROI, der in der vorliegenden Untersuchung nur von einzelnen Unternehmen als Kennzahl genannt wurde, bei Happel jedoch von 38% der Respondenten. Dass der CFROI weniger stark verbreitet ist, legt auch eine KPMG-Untersuchung bei den DAX 100 Unternehmen dar. Vergleiche hierzu Aders/Hebertinger (2003), 15. Aders/Hebertinger (2003), 15. Seite 246 Schlussfolgerungen ten, dass dies auch wertorientierte Kennzahlen auf Stufe Gesamtkonzern beinhaltet und dass in der selben Studie dargelegt wird, dass trotz einer Verbreitung von wertorientierten Spitzenkennzahlen in beinahe allen untersuchten Unternehmen nur etwa die Hälfte der selben Unternehmen diese auch auf strategische Geschäftsfelder oder Management Units anwendet.511 Dies lässt für die Messbeziehung zwischen Unternehmenszentrale und Reporting Units auf eine entsprechend tiefere EVA-Verbreitung schliessen, die in der Grössenordnung der vorliegenden Studie liegen dürfte. Ebenso decken sich die Beobachtungen zu den Rentabilitätszahlen (in Summe von 61% der Respondenten genannten) in der Grundaussage mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen, die zeigen, dass etwa die Hälfte der befragten Unternehmen Indikatoren wie ROI, RONOA, ROCE oder ROE als Messinstrumente einsetzen.512 In Abschnitt 4.2.3 wurde dargelegt, dass der EVA in der einperiodigen Leistungsmessung gewisse Vorteile gegenüber der DCF-Methode und gegenüber den Rentabilitätskennzahlen geltend machen kann, insbesondere da das Investitionsrisiko berücksichtigt und der in einer Periode erzeugte ökonomische Wert direkt ersichtlich wird. Die empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich dies in einer entsprechend häufigen Verwendung des EVA in der Praxis von Grossunternehmen niederschlägt. Auf eine umfassende Substitution von Rentabilitätskennzahlen wie ROI oder RONOA durch wertorientierte Konzepte wie die DCF-Methode oder den EVA kann aus den Umfrageergebnissen jedoch nicht geschlossen werden. Sowohl verschieden ausgeprägte Rentabilitätskennzahlen (z.B. RONOA) als auch explizite Wertkennzahlen (z.B. EVA) scheinen in der Unternehmenspraxis von Grossunternehmen zur Messung der Leistung von ausländischen Reporting Units ihre Berechtigung zu haben. Aufgrund der aufgezeigten Gemeinsamkeiten bei Ergebnistreibern und grundsätzlicher Stossrichtung erscheint dies auch plausibel. Dass die Ursache für das Festhalten an herkömmlichen Rentabilitätskennzahlen in einer noch immer geringen Bekanntheit der Wertkonzepte liegt, kann nach beinahe zwei Jahrzehnten ausgiebiger Diskussion solcher Ansätze ausgeschlossen werden. Die grössten Implementierungshürden bei der wertorientierten Steuerung sind, dass gemäss empirischen Studien solche Steuerungskonzepte oft als zu komplex und intransparent empfunden werden und in vielen Unternehmen offensichtlich ein Mangel an 511 512 Vergleiche hierzu: Aders/Hebertinger (2003), 27. Vergleiche hierzu: Happel (2002), 277. Schlussfolgerungen Seite 247 qualifiziertem Personal zur Einführung und Umsetzung herrscht.513 Zudem können Kennzahlen und Konzepte in den Firmen als effektive Entscheidungs- und Performance Management Systeme auf allen Entscheidungsebenen tatsächlich gelebt oder aber nur reine Lippenbekenntnisse der obersten Führungsebene sein.514 Expertenbefragungen in Deutschland deuten darauf hin, dass nur wenige Unternehmen tatsächlich wertorientiert handeln und die Wertorientierung vielfach als solches Lippenbekenntnis einzustufen ist. Mangelhafte Werttreiberhierarchien und das mangelhafte Übersetzen finanzieller Zielgrössen in relevante operative Steuerungsgrössen werden als zentrale Defizite der eingeführten Systeme eingeschätzt.515 Vor allem die Wahl der richtigen nicht-finanziellen Kennzahlen kann dabei mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, insbesondere wenn es darum geht, denn Zusammenhang zwischen nicht-finanziellen Messgrössen und den finanziellen Resultaten herzustellen.516 Dies wirft in der praxisbezogenen Gesamtschau der vorliegenden empirischen Resultate ein differenzierteres Licht auf den «Metrics War» in der Theorie zur finanziellen Leistungsmessung. Die Frage nach der zu bevorzugenden finanziellen Spitzenkennzahl ist in der «Top Down»-Sicht solange weitgehend irrelevant, als es in Folge nicht gelingt, das entsprechende Gedankengut auf den nachgelagerten Unternehmensebenen einzubringen. Ebenso kann aus der «Bottom Up»-Sicht argumentiert werden, dass aus inhaltlicher Sicht die gesamt Diskussion um finanzielle Spitzenkennzahlen auf ein paar wenige, sehr simple Grundregeln reduziert werden kann. In Unternehmen, in denen die operativen Einheiten in ihrem täglichen Geschäftsgebaren danach streben • möglichst hohe EBITs, • bei möglichst tiefem Vermögens-/Kapitaleinsatz, • bei möglichst tiefen Steuer- und Finanzierungskosten, • bei kritischem Abwägen der mit einem Geschäftsbereich oder Investment verbundenen unternehmerischen Risiken und • mit dem Grundverständnis von möglichst beschleunigten Geldzuflüssen bei zugleich möglichst verzögerten Geldabflüssen 513 514 515 516 Weber et al. (2004), 17f. Bramsemann/Heineke (2003), 580. Vergleiche hierzu: Malmi/Ikäheimo (2003). Weber et al. (2004), 17f. Vergleiche hierzu aber auch folgende empirischen Erhebungen: Bramsemann/Heineke (2003), 580. Aders/Hebertinger (2003), 31. Stührenberg et al. (2003), 71. Vergleiche hierzu: Ittner/Larcker (2004). Seite 248 Schlussfolgerungen zu erzielen, ist es von relativ untergeordneter Bedeutung, mit welcher Spitzenkennzahl die finanzielle Leistung schliesslich gemessen wird. Aufgrund der grundsätzlich gleichen Stossrichtung und der beachtlichen Schnittmenge gemeinsamer Werttreiber wird ein solchermassen allgemein definiertes Leistungsverständnis sowohl dem Grundgedanken des ROI, als auch dem des RONOA, als auch dem des Discounted (Free) Cash Flow, als auch dem des EVA als auch dem vieler anderer finanziellen Spitzenkennzahlen gerecht. Ein grosser Teil der im «Metrics War» thematisierten Steuerungsprobleme entsteht erst, wenn der Anspruch erhoben wird, sowohl die strategie- und wertfokussierte Lenkung von Geschäftsbereichen als auch die damit verbundene Honorierung von Führungskräften an einer einzelnen finanziellen Spitzenkennzahl festzumachen. Es erstaunt daher nicht, dass multinationale Unternehmen genau dies nicht zu tun scheinen und die standardisierte Leistungsmessung nur in eingeschränktem Umfang für die Leistungsbeurteilung und Honorierung von Führungskräften heranziehen. Ein simplifiziertes und mystizismenfreies Grundverständnis zur finanziellen Leistung relativiert die Bedeutung der finanziellen Spitzenkennzahl: Ein im obigen Sinne tatsächlich gelebtes und durch individuelle Zielvereinbarungen gefördertes «Value Based Management» dürfte mehr bewirken als die blosse Berechnung einer ganz bestimmten wertorientierten Spitzenkennzahl. Trotz der Verbreitung von Shareholder Value Konzepten, speziell des EVA, erstaunt es daher nicht, dass gemäss der vorliegenden Untersuchung klassische Rentabilitätskennzahlen und deren Komponenten als gut verfügbare und leicht verständliche Finanzkennzahlen in multinationalen Grossunternehmen nach wie vor ihre Berechtigung haben. Schlussfolgerungen Seite 249 6.2 Leistungsmessung in Grossunternehmen – Quo vadis? Es wurde somit dargelegt, dass die Leistungsmessung in den Unternehmenszentralen multinationaler Grossfirmen, im Sinne der Inversen Performance Pyramide517, vorwiegend finanzieller Natur ist und dass sich dies rational begründen lässt. Empirische Ergebnisse der vorliegenden Arbeit in Kombination mit denen anderer Untersuchungen deuten darauf hin, dass nur rund ein Viertel der Unternehmen mehrdimensionale Systeme wie die Balanced Scorecard für die Leistungsmessung einsetzt und dies oft nur in sehr eingeschränkter Art und Weise. Weiter wurde gezeigt, dass innerhalb der Finanzkennzahlen der Wertgedanke weit verbreitet und der EVA die von vielen Unternehmen präferierte Spitzenkennzahl für die einperiodige Leistungsmessung ist, dass die klassischen Rentabilitätskennzahlen als einfache, verständliche Indikatoren mit grundsätzlich gleicher Stossrichtung aber nach wie vor ihre Berechtigung haben. Die Diskussion um die Rolle der finanziellen Spitzenkennzahlen wurde daher relativiert und stattdessen dafür plädiert, das Augenmerk stärker auf die durchgängige Umsetzung des zu Grunde liegenden Wertgedanken zu richten. Es wurde damit argumentiert, dass gerade das Herunterbrechen von finanziellen Spitzenkennzahlen auf die Ebene der operativen Steuerung noch immer grosse Defizite aufweist, ebenso wie die Anbindung der Honorierung von Führungskräften sowohl an mehrdimensionale als auch an wertorientierte Systeme der Leistungsmessung. Auf der Basis dieser Ausgangslage erscheint es nachvollziehbar, dass gemäss Fragebogenergebnissen die Wünsche und Erwartungen der Respondenten für die Zukunft der Leistungsmessung primär in Richtung der Bereiche mit den grössten konzeptionellen Umsetzungsdefiziten und somit primär in Richtung weiteren Auf- oder Ausbau integrierter, stärker mehrdimensional ausgelegter Kennzahlensysteme geht, welche verschiedenen Leistungsaspekten Rechnung tragen und den Unternehmenswert weiter in den Vordergrund rücken:518 Integriertheit im Sinne vertikaler und horizontaler Konsistenz519 erfordert die Ausrichtung am operativen Leistungsmodell und bringt eine 517 518 519 Vergleiche hierzu: Abbildung 55 auf Seite 174. Vergleiche hierzu: Abbildung 73 auf Seite 229. Vergleiche hierzu: Abbildung 19 auf Seite 57. Seite 250 Schlussfolgerungen Tendenz zur stärkeren Einbindung mehrdimensionaler, nicht-finanzieller Messgrössen zu Verhalten und Aktivitäten mit sich.520 Die beabsichtigte technische Realisierung über verbesserte Informationssysteme (z.B. «Data Warehousing») soll dabei die gewünschte Transparenz in den Prozess der betrieblichen Leistungserstellung und in Folge die Grundlage für weiter verbesserte Reportingprozesse sowie die angestrebte Anbindung der Honorierung an die standardisierte Leistungsmessung bringen. Inwieweit diese Erwartungshaltungen der Respondenten, insbesondere in Bezug auf den Aufbau mehrdimensionale Systeme der formalen Leistungsmessung auf Stufe Unternehmenszentrale, von Modeerscheinungen getragen sind, soll und kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden. Die in Abbildung 75 dargestellten Zusammenhänge der Leistungsmessung und die dieser Darstellung zu Grunde liegenden Ausführungen deuten darauf hin, dass dieser Entwicklung ausgehend vom empirisch feststellbaren Ist-Zustand jedoch vermutlich enge Grenzen gesetzt sind: Es ist zu erwarten, dass die bessere Verfügbarkeit, die Beschränkung auf das Wesentliche, die integrative Wirkung der «Accounting»-Sprache, die reduzierte Zuordnungsproblematik bei Anwendung von Finanzkennzahlen auf Gesamtunternehmensebene, die gute Konsolidierbarkeit sowie die relativ geringen Erhebungs- und Interpretationskosten auch weiterhin als komparative Vorteile von Finanzkennzahlen gegenüber stärker nicht-finanziell ausgerichteten Messsystemen bestehen bleiben werden. Dies veranlasst in Bezug auf die weitere Zukunft von finanziellen und mehrdimensionalen Ansätzen folgende Thesen aufzustellen: • Nach mehr als 10 Jahren Balanced Scorecard sind signifikante weitere Verschiebungen in Richtung stärker mehrdimensionaler Systeme der Leistungsmessung auf Stufe Unternehmenszentrale nur zu erwarten, wenn im Umfeld der Leistungsmessung neue Impulse gesetzt werden, welche die Nachteile nicht-finanzieller Kennzahlen relativieren. Dies kann z.B. dann passieren, wenn verbesserte Informationstechnologien (bessere und kostengünstigere Software- und Hardwareleistung, etc.) sowie das weitere Zusammenrücken verschiedener Informationsmodule (alle relevanten Unternehmensdaten in einer integrierten Datenbank, Weiterentwicklung «Data Warehousing», etc.) über die dadurch verbesserte Verfügbarkeit bei gleichen oder sinkenden Erhebungskosten zusätzlichen Freiraum für die weitere Verbreitung von nichtfinanziellen Kennzahlen schaffen. 520 Vergleiche hierzu: Abbildung 75 auf Seite 242. Schlussfolgerungen Seite 251 • Ein weiterer solcher Impuls ist zu erwarten, falls für nicht-finanzielle Leistungsaspekte standardisierte, international anerkannte Messansätze entwickelt werden, welche die Erhebungs- und Interpretationskosten senken und, im Sinne der Konsolidierbarkeit, auf Basis der Informationen aus den Reporting Units zu einer diesbezüglichen Gesamtunternehmensleistung zusammengeführt werden können. Die Neuregelungen zur Goodwill-Bilanzierung und damit zusammenhängend die weiteren Entwicklungen in Bezug auf strukturiertere Ansätze zur Quantifizierung von immateriellen Werten werden in diese Richtung genau zu beobachten sein.521 • Setzen hingegen solche Impulse nicht ein und können anhand von Langzeitstudien keine massgeblichen Performance-Vorteile von Unternehmen mit mehrdimensionalen Messkonzepten belegt werden, ist im Sinne einer Pendelbewegung durchaus mit einer zunehmenden Kritik an den Erhebungs- und Nutzungskosten von mehrdimensionalen Systemen der Leistungsmessung sowie auf Stufe Gesamtunternehmen mit einer Trendumkehr zu Gunsten einer vermehrten Nutzung von reinen Finanzkennzahlensysteme zu rechnen. Innerhalb der Finanzkennzahlensysteme zwingen sich in Bezug auf die Spitzenkennzahlen mittelfristig keine signifikanten neuen Trendbewegungen auf. Die wertorientierte Betrachtungsweise scheint sich hier bereits auf breiter Front in Form von Spitzenkennzahlen und deren finanziellen Werttreibern etabliert zu haben. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit und die aktuellen Trends in der Wertdiskussion veranlassen jedoch, folgende Thesen zur Zukunft der wertorientierter Kennzahlensysteme aufzustellen: • In der wertorientierten Leistungsmessung wird der Fokus weniger auf Entwicklung und Einführung neuer Spitzenkennzahlen liegen als vielmehr in der Verbesserung der diesbezüglichen Kommunikation nach innen (Herunterbrechen in operative Steuergrössen, Honorierung) und aussen («Value Reporting»). • Der wachsende Druck auf die Unternehmen, im Sinne eines so genannten «Value Reporting» verstärkt wertrelevante Informationen zu einzelnen Geschäftsfeldern in die externe Berichterstattung aufzunehmen, erhöht in Wechselwirkung die Anforde- 521 Kaplan/Norton haben als Ahnherren der Balanced Scorecard diesen Trend bereits antizipiert und weisen in jüngeren Veröffentlichungen den «Intangible Assets» einen besonderen Stellenwert zu. Vergleiche hierzu: Kaplan/Norton (2004). Seite 252 Schlussfolgerungen rungen an die horizontale und vertikale Konsistenz und die Zuverlässigkeit unternehmensintern für die Leistungsmessung eingesetzter Wertindikatoren. • Die Schliessung der Wertlücke zwischen intern ermitteltem Unternehmenswert und dem Preis am Kapitalmarkt wird daher weiter zunehmende Beachtung finden. Mögliche Lösungsansätze werden vor allem von Seiten der internen Leistungsmessung und hier nicht von «besseren» Spitzenkennzahlen, sondern vor allem aus der verbesserten Quantifizierung von immateriellen Werten und deren Werttreibern (z.B. in Form der Goodwill-Bilanzierung) abgeleitet werden. • Das Herunterbrechen wertorientierter Spitzenkennzahlen in operative, auch nichtfinanzielle Steuerungskennzahlen für alle Verantwortungsebenen sowie die Anbindung der Honorierung von Mitarbeitern sind heute noch defizitäre Bereiche des «Value Based Managements». Die durchgängigere Gestaltung der wertorientierten Systeme der Leistungsmessung sowie die wertverträglichere Vergütung von Führungskräften wird höhere Anforderungen an die Leistungsmessung stellen, insbesondere in Bezug auf die Zuordnung des investierten Kapitales auf die verschiedenen Entscheidungsebenen sowie in Bezug auf die Lokalisierung und Quantifizierung von finanziellen und nicht-finanziellen Werttreibern im Leistungsmodell. Trotz nunmehr beinahe zwanzig Jahren Diskussion von «modernen» Ansätzen der Leistungsmessung wie sie in der Balanced Scorecard, im Shareholder Value oder im EVA zum Ausdruck kommen, scheint somit noch genügend Handlungsbedarf für die Gleichziehung von Theorie und Praxis zu herrschen. Abraham Briloff, ein emeritierter Accounting Professor der New York University, wird im Wall Street Journal wie folgt zitiert: "Corporate financial statements are like bikinis ... what they show is interesting; but what they hide is vital."522 Spätestens wenn die oben angeführten Thesen zur Zukunft der formalen Leistungsmessung in die Tat umgesetzt sind, werden wir einem quantifizierbaren und somit messbaren Gesamtverständnis der zentralen Wert- und Leistungszusammenhänge in Grossunternehmen jedoch ein weiteres Stück näher sein. 522 Bronchick (2002), A20. Anhang 7. Seite 253 ANHANG Seite 254 Anhang 7.1 Anhang 1: Muster AG Das Zahlenbeispiel der Muster AG gibt eine Anleitung für die Berechnung des Shareholder Value mittels Discounted Cash Flow.523 Abbildung 76 zeigt zunächst die detaillierte Bilanz und Erfolgsrechnung der MUSTER AG. Auf Basis dieser Zahlen wird die Berechnung der Free Cash Flows sowohl auf indirekte (Abbildung 77) als auch direkte Weise (Abbildung 78) vollzogen. Die auf diesen Cash Flows basierende Ermittlung von Shareholder Value und Wertsteigerung sind Abbildung 80 dargestellt. 523 Vergleiche hierzu: Rappaport (1995), 190ff. Der Residualwert am Ende der Prognoseperiode wird als Fortführungswerte in Form einer ewigen Rente ermittelt. Für eine anschauliche Darstellung der Ermittlung der freien Cash Flows vergleiche auch: Copeland et al. (2002), 18. Verwendete Abkürzungen: kurzfr. = kurzfristig, langfr. = langfristig, verzinsl. = verzinslich, FK = Fremdkapital, EK = Eigenkapital, NUV = Nettoumlaufvermögen, CF = Cash Flow, Vw. & Vt. = Verwaltung & Vertrieb, AB = Anfangsbestand, EB = Endbestand. Anhang Seite 255 Abbildung 76: MUSTER AG − Erfolgsrechnung, Bilanz Erfolgsrechnung Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Umsatz Material Lohn524 Gemeinkosten 161.500 60.000 35.000 15.000 177.650 66.000 38.500 16.000 195.510 72.000 42.350 17.000 215.080 78.000 46.585 18.000 236.550 84.000 51.244 19.000 Herstellkosten Produktion Lagerveränderung Fertigfabrikate 110.000 0 120.500 -6.000 131.350 -5.000 142.585 -5.000 154.244 0 Herstellkosten verkaufte Produkte 110.000 114.500 126.350 137.585 154.244 Bruttoergebnis Verwaltungs- und Vertriebskosten Abschreibungen Debitorenverluste Bildung/Auflösung Rückstellungen 51.500 23.000 6.000 8.080 4.000 63.150 26.000 7.000 8.890 0 69.160 29.000 8.000 9.760 4.000 77.495 32.000 9.000 10.735 0 82.306 35.000 10.000 11.836 0 Erfolg vor Zins u. Steuern (EBIT) Fremdkapital-Zinsen 10.420 4.800 21.260 4.560 18.400 4.320 25.760 4.480 25.470 4.560 Erfolg vor Steuern (EBT) Steuern (Steuersatz 30%) 5.620 1.686 16.700 5.010 14.080 4.224 21.280 6.384 20.910 6.273 Erfolg nach Steuern (EAT) Dividenden 3.934 1.750 11.690 1.750 9.856 1.750 14.896 1.750 14.637 14.637 Einbehaltene Gewinne 2.184 9.940 8.106 13.146 0 Bilanz Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Flüssige Mittel Debitoren Materiallager Lager Fertigfabrikate Anlagevermögen 5.000 10.000 6.000 14.000 50.000 26.189 11.995 14.000 14.000 54.000 7.137 13.987 22.000 20.000 57.000 7.146 16.084 30.000 25.000 54.000 2.168 20.208 30.000 30.000 55.000 2.168 20.208 30.000 30.000 55.000 Aktiven 85.000 120.184 120.124 132.230 137.376 137.376 Kreditoren kurzfr. verzinsl. FK langfr. verzinsl. FK Rückstellungen 8.000 5.000 35.000 5.000 10.000 10.000 42.000 9.000 12.000 5.000 39.000 5.000 10.000 10.000 36.000 9.000 10.000 10.000 32.000 5.000 10.000 10.000 32.000 5.000 Fremdkapital 53.000 71.000 61.000 65.000 57.000 57.000 Aktienkapital Gewinnvortrag 20.000 12.000 35.000 14.184 35.000 24.124 35.000 32.230 35.000 45.376 35.000 45.376 Eigenkapital 32.000 49.184 59.124 67.320 80.376 80.376 524 Annahme: Alle Aufwendungen betreffend Lohn, Gemeinkosten und Verwaltung & Vertrieb sind unmittelbar und in voller Höhe liquiditätswirksam. Seite 256 Anhang Abbildung 77: MUSTER AG − Cash Flow (indirekte Ermittlung) Free Cash Flow (indirekt) Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 EBIT Abschreibungen Veränderung Rückstellungen525 Veränderung Debitoren526 Veränderung Materiallager Veränderung Fertigfabrikatelager Veränderung Kreditoren Steuern (auf EBIT)527 10.420 6.000 4.000 -1.995 -8.000 0 2.000 -3.126 21.260 7.000 -4.000 -1.992 -8.000 -6.000 2.000 -6.378 18.400 8.000 4.000 -2.097 -8.000 -5.000 -2.000 -5.520 25.760 9.000 -4.000 -4.124 0 -5.000 0 -7.728 25.470 10.000 0 0 0 0 0 -7641 CF Operativ (NUV, Rückstell.)528 9.299 3.890 7.783 13.908 27.829 -10.000 -10.000 -5.000 -10.000 -10.000 -10.000 -10.000 -5.000 -10.000 -10.000 21.189 -19.052 9 -4.978 0 -21.890 12.942 2.774 8.886 17.829 Kauf bzw. Verkauf Anlageverm. CF Investition (AV) 529 Cash Flow (fl. Mittel)530 Free Cash Flow (Net Assets)531 525 526 527 528 529 530 531 Inklusive Bildung und Auflösung von Rückstellungen. Inklusive Debitorenverluste. Die Steuerzahlungen werden hier auf Basis EBIT berechnet und nicht auf Basis EBT wie in der Erfolgsrechnung. Der Grund hierfür ist, dass die Fremdkapitalzinsen, die zwischen EBIT und EBT liegen, nicht dem CF Operativ, sondern dem CF FK zugeordnet werden. Die Steuern werden sofort liquiditätswirksam (keine Bildung von Steuerrückstellungen). Der CF Operativ wird hier auf Basis Nettoumlaufvermögen inklusive Rückstellungen dargestellt. D.h. heisst alle Veränderungen des EBIT, alle Veränderungen im Umlaufvermögen, alle Veränderungen beim unverzinslichen kurzfristigen Fremdkapital (z.B. Kreditoren) und alle Veränderungen bei den Abschreibungen und Rückstellungen wirken sich auf den CF Operativ aus. Der CF Investition bezieht sich ausschliesslich auf Transaktionen im Anlagevermögen. Alle Investitionen sind als Bruttoinvestitionen berücksichtigt, die Devestitionen erfolgen zum Buchwert (keine Veräusserungsgewinne oder -verluste). Die Veränderung der flüssigen Mittel kann der Bilanz entnommen und anhand der direkten CF-Ermittlung in Abbildung 32 in Abschnitt 4.2.2.1 nachvollzogen werden. Die Formel zur Ermittlung des Free Cash Flow wurde bereits in Fussnote 216 vorgestellt: FCF = CF Finanzierung = CF EK + CF FK = CF Operativ + CF Investition − ∆ Cash Der Free Cash Flow wird hier auf Basis Nettovermögen bzw. Net Assets dargestellt. Zum Nettovermögen, dessen Definition aus dem CF Operativ (Basis NUV, Rückstellungen) und dem CF Investition (Basis Anlagevermögen) abgeleitet werden kann, zählen das Umlaufvermögen (inklusive flüssige Mittel) und das Anlagevermögen abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals (z.B. Kreditoren, Rückstellungen). D.h., der freie Cash Flow, der aus dem Nettovermögen kommt (beziehungsweise in das Nettovermögen geht), steht zur Befriedigung der Ansprüche der Geber von verzinslichem Fremdkapital oder Eigenkapital zur Verfügung (beziehungsweise wird durch finanzielle Leistungen der Geber von verzinslichem Fremd- oder Eigenkapitalgebern finanziert). Anhang Seite 257 Abbildung 78: MUSTER AG − Cash Flow (direkte Ermittlung) Free Cash Flow (direkt) Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Umsatz (bar) Debitorenzahlungen Materialeinkauf (bar) Kreditorenzahlungen Lohnzahlungen Gemeinkostenzahlungen Zahlungen Vw. & Vt. Zahlungen aus Rückstellungen Steuerzahlungen (auf EBIT) 16.150 135.275 -8.000 -58.000 -35.000 -15.000 -23.000 0 -3.126 17.765 149.003 -9.000 -63.000 -38.500 -16.000 -26.000 -4.000 -6.378 19.551 164.102 -10.000 -72.000 -42.350 -17.000 -29.000 0 -5.520 21.058 178.713 -11.000 -67.000 -46.585 -18.000 -32.000 -4.000 -7.728 23.655 201.059 -12.000 -72.000 -51.244 -19.000 -35.000 0 -7641 CF Operativ (NUV, Rückstell.) 9.299 3.890 7.783 13.908 27.829 Kauf / Verkauf Anlagevermögen -10.000 -10.000 -5.000 -10.000 -10.000 CF Investition (AV) -10.000 -10.000 -5.000 -10.000 -10.000 12.000 -4.800 1.440 -8.000 -4.560 1.368 2.000 -4320 1.296 -4.000 -4.480 1.344 0 -4.560 1.368 8.640 -11.192 -1.024 -7.136 -3.192 Veränderung Aktienkapital Dividenden 15.000 -1.750 0 -1.750 0 -1.750 0 -1.750 0 -14.637 CF EK 13.250 -1.750 -1.750 -1.750 -14.637 Cash Flow (fl. Mittel)535 21.189 -19.052 9 -4.978 0 -21.890 12.942 2.774 8.886 17.829 532 Aufnahme / Rückzahlung Fremdk. Zinszahlung Fremdkapital «Interest Tax Shield» (FK-Zins)533 CF FK (verzinsliches FK)534 Free Cash Flow (Net Assets) 532 533 534 535 Für Zusatzinformationen betreffend Umsatz, Debitoren, Material, Kreditoren, Anlagevermögen etc. vergleiche Abbildung 79. Die «Interest Tax Shield» bezeichnet die steuerschonende Wirkung der Fremdkapitalzinsen und muss hier berücksichtigt werden, um die kalkulatorischen Steuerzahlung im CF Operativ (berechnet auf Basis EBIT) in die tatsächlichen Steuerzahlungen (berechnet auf Basis EBT) zu überführen. Manche Autoren ordnen die «Interest Tax Shield» entsprechend der Praxis in der externen Rechnungslegung dem CF Operativ zu (vergleiche hierzu beispielsweise: Klien (1995), 55f. Kind (2000), 61.). Dieser Vorgehensweise soll hier nicht gefolgt werden, da die Ursachen der «Interest Tax Shield» nicht in einer primär operativen Entscheidung, sondern in einer Finanzierungstätigkeit (Zuführung von Fremdkapital) gründen und daher dem CF Finanzierung, genauer dem CF FK, zugeordnet werden sollten. Der CF FK bezieht sich nur auf Zahlungsströme in Zusammenhang mit dem verzinslichen Fremdkapital. Das unverzinsliche Fremdkapital ist dem CF Operativ (auf Basis NUV, Rückstellungen) zugeordnet. Cash Flow = ∆ Cash = CF Operativ + CF Investition + CF Finanzierung Seite 258 Anhang Abbildung 79: MUSTER AG − Zusatzinformationen Umsatz Jahr 0 Umsatz (bar) Umsatz (Kredit) Umsatz Debitoren 145.000 Jahr 0 AB Zugang (aus Umsatz) Debitorenzahlungen Debitorenverluste Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 16.150 145.350 17.765 159.855 19.551 175.959 21.508 193.572 23.655 212.895 161.500 177.650 195.510 215.080 236.550 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 10.000 145.350 135.275 8.080 11.995 159.855 149.003 8.890 13987 175.959 164.102 9.760 16.084 193.572 178.713 10.735 20.208 212.895 201.059 11.836 EB Debitoren 10.000 11.995 13.987 16.084 20.208 20.208 Material Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 6.000 8.000 60.000 60.000 14.000 9.000 65.000 66.000 22.000 10.000 70.000 72.000 30.000 11.000 67.000 78.000 30.000 12.000 72.000 84.000 6.000 14.000 22.000 30.000 30.000 30.000 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 50.000 10.000 0 6.000 54.000 10.000 0 7.000 57.000 10.000 5.000 8.000 54.000 10.000 0 9.000 55.000 10.000 0 10.000 AB Kauf (bar) Kauf (Kredit) Materialaufwand EB Material Anlagevermögen AB Investitionen Devestitionen Abschreibungen536 EB Anlagevermögen 50.000 54.000 57.000 54.000 55.000 55.000 Kreditoren Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 8.000 60.000 58.000 10.000 65.000 63.000 12.000 70.000 72.000 10.000 67.000 67.000 10.000 72.000 72.000 8.000 10.000 12.000 10.000 10.000 10.000 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 5.000 4.000 0 0 9.000 0 0 4.000 5.000 4.000 0 0 9.000 0 0 4.000 5.000 0 0 0 9.000 5.000 9.000 5.000 5.000 AB Zugang (Materialkauf) Kreditorenzahlungen EB Kreditoren Rückstellungen AB Bildung Auflösung Zahlung aus Rückstell. EB Rückstellungen 536 5.000 Annahme: Das gesamte Anlagevermögen ist im Verwaltungs- und Vertriebsbereich investiert (z.B. EDV). Daher werden in der Erfolgsrechnung die Abschreibungen unterhalb des Bruttoergebnisses gezeigt. Anhang Seite 259 Abbildung 80: MUSTER AG − DCF DCF Net Assets (NA) Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. FCF Diskontfaktor539 Barwert -21.890 0,92 -20.194 12.942 0,85 11.014 2.774 0,79 2.178 8.886 0,72 6.436 17.829 0,67 11.912 212.250 0,67 141.808 DCF NA Buchwert NA540 Wertsteig. NA 153.154 72.000 81.154 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. 8.640 0,92 7.970 -11.192 0,85 -9.525 -1.024 0,79 -804 -7.136 0,72 -5.168 -3.192 0,67 -2.133 -38.000 0,67 -25.389 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6ff. CF EK Diskontfaktor Barwert -13.250 0,92 -12.223 1.750 0,85 1.489 1.750 0,79 1.374 1.750 0,72 1.267 14.637 0,67 9.779 174.250 0,67 116.420 DCF EK (direkt) Buchwert EK Wertsteigerung EK 118.106 32.000 86.106 537538 DCF FK (verzinslich) CF FK Diskontfaktor Barwert DCF FK Buchwert FK Wertsteigerung FK -35.047 -40.000 4.953 DCF EK (indirekt) DCF EK541 DCF EK (direkt) 537 538 539 540 541 118.106 Der DCF NA (Net Assets) kann auch als DCF FCF bezeichnet werden, da sich der FCF bei indirekter Ermittlung aus dem CF Operativ (Basis NUV), dem CF Investition (Basis Anlagevermögen) und dem CF flüssige Mittel zusammensetzt und diese drei Positionen zusammen das Nettovermögen bilden: DCF NA = DCF Operativ (Basis NUV) + DCF Investition (Basis AV) − DCF CF (Basis fl. Mittel) = DCF Finanzierung = DCF EK + DCF FK = DCF FCF Der Residualwert für die Jahre 6ff. ist als ewige Rente auf Basis des FCF des Jahres 5 berechnet. Der Diskontfaktor ist auf Basis des Ziel-ROE nach Steuern als Diskontzinssatz berechnet: Ziel-ROE vor Steuern = 12%, Steuersatz = 30%, Ziel-ROE nach Steuern = 12% x 0,3 = 8,4%. Wird der Shareholder Value (sowohl nach der DCF- als auch nach der EVA-Methode berechnet) nicht als Massstab der Eigenkapitalwertsteigerung, sondern als Massstab der Gesamtkapitalwertsteigerung verstanden, so kann auch mit den WACC nach Steuern als Diskontzinssatz gerechnet werden. Werden jedoch die unterschiedlichen Zahlungsströme anstatt mit einem einheitlichen Diskontzinssatz mit unterschiedlichen Zinssätzen diskontiert (z.B. WACC nach Steuern für DCF Net Assets, FK-Zins nach Steuern für DCF FK, Ziel-ROE nach Steuern für DCF-EK), so führen die direkte und die indirekte Methode der DCF EK-Ermittlung zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Muster AG besitzt nur operatives Vermögen, daher: NA = Aktiven – Kreditoren - Rückstellungen DCF EK = DCF Finanzierung − DCF FK = DCF Net Assets − DCF FK Seite 260 7.2 Anhang 2: Fragebogen zur Leistungsmessung Anhang Anhang Seite 261 Seite 262 Anhang Anhang Seite 263 Seite 264 Anhang Anhang Seite 265 Seite 266 8. Abbildungsverzeichnis ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Aufbau der vorliegenden Arbeit ............................................................... 9 Abbildung 2: Phänomene der Leistung ........................................................................ 11 Abbildung 3: Leistung als Realisierungsbeitrag........................................................... 14 Abbildung 4: Dimensionen der Leistung − der «Leistungswürfel» ............................. 15 Abbildung 5: Kreisförmige Denkvorstellung im Management .................................... 25 Abbildung 6: Die Interdependenz der Managementaufgaben ...................................... 27 Abbildung 7: Leistungsmanagement-Modell ............................................................... 29 Abbildung 8: Die Entwicklung im Management Accounting ...................................... 33 Abbildung 9: Manager, Finanzbereich und Fachbereiche in der Leistungsmessung ... 35 Abbildung 10: Der Messvorgang.................................................................................. 36 Abbildung 11: Kriterien der formalen und informellen Leistungsmessung................. 39 Abbildung 12: Funktionen der Leistungsmessung ....................................................... 40 Abbildung 13: Leistungsmessung als Kommunikationsinstrument ............................. 43 Abbildung 14: Komponenten der Integration durch Leistungsmessung ...................... 46 Abbildung 15: Referenzquellen für die Auswahl von Leistungsindikatoren ............... 48 Abbildung 16: Beispiele für Indikatorenarten und Unterscheidungskriterien.............. 50 Abbildung 17: Kriterien der Qualität eines Leistungsindikators.................................. 51 Abbildung 18: Relevanz und Zuverlässigkeit von Leistungsindikatoren..................... 53 Abbildung 19: Die Konsistenz von Leistungsindikatoren............................................ 57 Abbildung 20: Die Effektivität von Leistungsindikatoren ........................................... 59 Abbildungsverzeichnis Seite 267 Abbildung 21: Formen der Vergleichbarkeit................................................................ 62 Abbildung 22: Messperiodizität und Beobachtungslücke ............................................ 65 Abbildung 23: Steigerung der Kosten-Nutzen-Effizienz von Leistungsindikatoren.... 67 Abbildung 24: Leistungsmanagement in Multinationalen Unternehmen..................... 70 Abbildung 25: Die Beziehung zwischen Zentrale und Reporting Unit........................ 72 Abbildung 26: Formale und informelle Koordinationsmechanismen .......................... 75 Abbildung 27: Ausgewählte Systeme der formalen Leistungsmessung....................... 84 Abbildung 28: Der ROI-Baum in Anlehnung an DU PONT ....................................... 87 Abbildung 29: Stärken und Schwächen des ROI-Ansatzes.......................................... 91 Abbildung 30: Berechnungsschema der DCF-Methode............................................... 95 Abbildung 31: Das Shareholder Value-Netzwerk ........................................................ 98 Abbildung 32: DCF der MUSTER AG ...................................................................... 100 Abbildung 33: «Ex post» und «ex ante» Form der MVA-Ermittlung........................ 104 Abbildung 34: EVA der MUSTER AG...................................................................... 105 Abbildung 35: Beispiele für Kennzahlen im EVA-Ansatz......................................... 106 Abbildung 36: Beispielhaftes Bonusmodell auf EVA-Basis...................................... 108 Abbildung 37: Fallbeispiel VALUE AG - Ein Dreijahresprojekt .............................. 112 Abbildung 38: Kennzahlen der VALUE AG.............................................................. 113 Abbildung 39: Stärken und Schwächen des «Shareholder Value»-Ansatzes............. 121 Abbildung 40: Das TDB im Gesamtüberblick der Führungsinstrumente .................. 123 Abbildung 41: Mindestens ein TDB für jeden Verantwortungsträger ....................... 126 Abbildung 42: Die Zusammensetzung der TDB-Informationen ................................ 129 Seite 268 Abbildungsverzeichnis Abbildung 43: Informationsquellen des «Tableau de Bord»...................................... 131 Abbildung 44: Die Handlungsorientierung des «Tableau de Bord» .......................... 133 Abbildung 46: Die «OVAR»-Methode....................................................................... 135 Abbildung 47: Auszug aus dem «Tableau de Bord»-Bericht einer Airline ............... 138 Abbildung 48: Stärken und Schwächen des «Tableau de Bord»-Ansatzes................ 144 Abbildung 49: Angestrebtes Leistungsmessungssystem bei APPLE COMPUTER .. 146 Abbildung 50: Die «Balanced Scorecard».................................................................. 148 Abbildung 51: Von der Strategie zu den Leistungsindikatoren.................................. 150 Abbildung 52: Die Ursachen-Wirkungs-Kette am Beispiel einer Bank..................... 154 Abbildung 53: Die BSC als Instrument des strategischen Managements .................. 156 Abbildung 54: Stärken und Schwächen des «Balanced Scorecard»-Ansatzes........... 163 Abbildung 55: Performance Pyramide ....................................................................... 171 Abbildung 56: Inverse Performance Pyramide der Unternehmenszentrale ............... 174 Abbildung 57: Untersuchungsgesamtheit und Auswahlkriterien ............................... 180 Abbildung 58: Organisatorische Eingliederung von Reporting Units........................ 185 Abbildung 59: Antwortalternativen zum Verantwortlichkeitsprofil .......................... 189 Abbildung 60: Verantwortlichkeiten der Reporting Units (n=38) ............................. 192 Abbildung 61: Relative Häufigkeit der Leistungsaspekte (n=38) .............................. 201 Abbildung 62: Häufigste Indikatoren zur Profitabilität (n=38).................................. 203 Abbildung 63: Häufigste Indikatoren zum Wachstum (n=38) ................................... 204 Abbildung 64: Häufigste Indikatoren zur Kosteneffizienz (n=38)............................. 206 Abbildung 65: Häufigste Indikatoren zur Liquidität (n=38) ...................................... 207 Abbildungsverzeichnis Seite 269 Abbildung 66: Häufigste Indikatoren zu den Konkurrenten (n=38) .......................... 209 Abbildung 67: Häufigste Indikatoren zu den Mitarbeitern (n=38)............................. 210 Abbildung 68: Häufigste Indikatoren zur Qualität (n=38) ......................................... 212 Abbildung 69: Häufigste Indikatoren zu den Kunden (n=38) .................................... 213 Abbildung 70: Häufigste Indikatoren zur Innovation (n=38)..................................... 215 Abbildung 71: Gesamtüberblick häufigste Leistungsindikatoren (n=38) .................. 217 Abbildung 72: Häufigste Kernindikatoren (n=38) ..................................................... 223 Abbildung 73: Häufig genannte Funktionen der Leistungsmessung (n=38).............. 227 Abbildung 74: Entwicklungstendenzen in der Leistungsmessung (n=38) ................. 229 Abbildung 75: Die Empirischen Ergebnisse im Leistungswürfel .............................. 237 Abbildung 76: Stufengerechte Leistungsmessung in Multinationalen Unternehmen 242 Abbildung 77: MUSTER AG − Erfolgsrechnung, Bilanz.......................................... 255 Abbildung 78: MUSTER AG − Cash Flow (indirekte Ermittlung) ........................... 256 Abbildung 79: MUSTER AG − Cash Flow (direkte Ermittlung)............................... 257 Abbildung 80: MUSTER AG − Zusatzinformationen................................................ 258 Abbildung 81: MUSTER AG − DCF ......................................................................... 259 Seite 270 9. 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Juni 1970 in Dornbirn (Österreich), beendet mit der vorliegenden Arbeit sein Studium an der Universität St.Gallen, das in der Vertiefungsrichtung Finanz- und Rechnungswesen von einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Accounting, Controlling und Auditing (vormals Institut für Rechnungslegung und Controlling) sowie von Gastaufenthalten an Universitäten in Österreich, den Niederlanden, Frankreich und den USA begleitet war. Seit dem 1. Jänner 2000 ist Bernd Schedler in der Konzernzentrale der Firma SAURER tätig, wo er neben seiner Funktion als Group Controller mit der Finanzleitung für die Holding- und Managementgesellschaft sowie mit Geschäftsführungs- und Aufsichtsratmandaten in einzelnen Ländergesellschaften betraut ist. Seine Spezialgebiete sind Performance Management, Unternehmensbewertung sowie Transfer Pricing.