Leuchtturm-Tour 24.06. - 02.07.04 Normandie, Bretagne, England

Transcription

Leuchtturm-Tour 24.06. - 02.07.04 Normandie, Bretagne, England
Leuchtturm-Tour 24.06. - 02.07.04 Normandie, Bretagne, England
1.Tag 24.06.
Eigentlich wollte ich mir diese Route für eine Radtour vorbehalten aber was macht
man aus Gründen der Zeit nicht alles. So ging es also früh morgens gut
ausgeschlafen um 3.00 Uhr auf die Autobahn in Richtung Lüttich und Paris, um dann
kurz hinter Cambrai auf die Autobahn in Richtung Amiens abzubiegen. Die letzten 60
km bis Dieppe musste ich auf einer gut ausgebauten Landstraße zurück legen. Schon
am frühen Morgen während der Fahrt fegten einige schwere Winde über mich
hinweg und mir wurde schnell klar, dass mich eine stürmische Nordsee erwarten
würde.
Und so war es dann auch, als ich schließlich gegen 10.00 Uhr in Dieppe eintraf. Der
Weg führte mich natürlich direkt zum Hafen. Nahe des Hafengeländes gab es zum
Glück keine Parkplatzprobleme und so bewege ich mich kurze Zeit später taumelnd
und gegen den Wind ankämpfend auf die Mole hinaus zum Leuchtturm. Aber in
diesem Fall war es weniger der Leuchtturm der mich interessierte. Ich wollte vor
allem einen ersten Blick auf die wunderschöne Kreidefelsküste erhaschen, die jedoch
leider noch im Dunst der peitschenden Wellen undeutlich zu erkennen war. Müde von
der langen Autofahrt machte mich die salzhaltige Meeresluft wieder wach. Eine Tasse
Kaffee aus der Thermoskanne bringt mich wieder ganz nach vorne. So wusele ich
mich durch enge Gassen aus dem Zentrum der Stadt hinaus und mache mich auf den
Weg zur Pointe d'Ailly, wo sich der gleichnamige Leuchtturm befindet. Die
Küstenstraße führt mich oberhalb der Kreidefelsenküste entlang. Immer mal wieder
führt sie hinab, um einen kleinen Küstenort in einer der zahlreichen Bucht zu
durchqueren.
Meine Hoffnung auf einige spektakuläre Aufnahmen vom Leuchtturm mit dem
tobenden Meer im Hintergrund zerbricht, als ich dort ankomme, denn der Leuchtturm
befindet sich in einem Waldstück oberhalb der Felsen und man kommt leider nicht
bis zum Klippenrand vor.
Wenige Kilometer weiter, wieder auf Meeresspiegelhöhe, treffe ich in dem kleinen
Hafenstädtchen Saint Valery-en-Caux ein. Die Stadt besitzt einen Yacht- und Sportboothafen.
Durch eine schmale aber lange Einfahrt gelangen die Schiffe in den Hafen, bzw. ins Meer.
Das schicke alte Feuer befindet sich auf der Spitze der Mole. Aber auch hier hält es mich
nicht lange, denn ich habe noch einige Kilometer bis zu meinem Tagesziel vor mir. Es folgen
die Molenfeuer von Fécamp. Eigentlich nichts spektakuläres. Jedoch die Aussicht von der
Pointe Fagnet oberhalb des Sportboothafens auf die Türme, die Stadt und die Kreidefelsen
ist großartig. Und das Wetter spielt ebenfalls mit. Nach einer weiteren Kaffeepause geht es
weiter zu einem ersten Höhepunkt. Nur wenige Kilometer hinter Fécamp taucht die Siluette
des Phare de Cap d'Antifer auf. Über kleinste Dörfer und enge Sträßlein gelange ich
schließlich an den Klippenrand, wo sich auch der Leuchtturm befindet. Ein Spaziergang
entlang der Klippen scheint mir bei dem immer noch argen Wind zu gefährlich und so
begnüge ich mich mit einigen Fotos der Landschaft und des Leuchtturms. In weiter Ferne
sehe ich bereits die Fährschiffe am Horizont, die kurze Zeit später in den Hafen von Le Havre
einlaufen werden. Da ich dabei sein möchte, mache ich mich schon wieder auf den Weg.
Doch zuvor noch eine kleine Stärkung in Form einer Tasse Kaffee, die Thermoskanne ist
immer noch halb voll! Nur wenige Kilometer weiter, kurz vor Le Havre in St. Adresse,
befindet sich der Phare de Cap de la Hève, umringt von alten Bunkern. Zwischen Fécamp
und Le Havre findet man heute noch besonders viele Zeugnisse des 2. WK in Form von alten
Bunkeranlagen.
Auf der Abfahrt nach Le Havre passiere ich einige tolle Aussichtspunkte, von denen ich die
Stadt und den Hafen besonders gut sehen kann. Kostenlose Parkmöglichkeiten bieten sich
nahe des Yachthafens, in dessen Nähe sich auch der Strand befindet. Heute ist allerdings
nicht der Tag, um ins Wasser zu gehen. Die mehrere Meter hohen Wellen peitschen gegen
die Mole oder fegen über den Strand hinweg, so dass man in Deckung gehen muss. Ich
komme gerade noch rechtzeitig um eine der Fähren in den Hafen einlaufen zu sehen. Die
Hafeneinfahrt wird links und rechts durch ein rotes und ein grünes Molefeuer
gekennzeichnet.
Großstädte im Urlaub interessieren mich weiniger und so suche ich auf dem schnellsten Weg
das Weite. Zufällig stoße mehr oder weniger zufällig gewollt auf das alte Feuerschiff Le
Havre, welches am Quai de Norvège so vor sich hin rottet.
Stadtauswärts führt mich die Strasse vorbei an riesigen Ölraffinerien bis zur Pont de
Tancarville, eine der zwei riesigen Brücken, welche die Seine überspannen. Wenige Kilometer
weiter folgt der Phare de la Roque, der sich auf einem Felsvorsprung, der Pointe de la
Roque befindet. Oben angekommen, übermannt mich ein überwältigender Ausblick über das
Seine-Tal bis hin zur Mündung. Kein Wunder, dass hier bis vor wenigen Jahren ein
Leuchtturm in Betrieb war. Heute rottet der schicke kleine Turm vor sich hin. Die Scheiben
sind eingeschlagen und selbst das Glas der Laterne hat die Zeit nicht ohne Beschädigung
überstanden. Eigentlich sollte man sich wirklich mal informieren, ob man diesen Turm nicht
samt Grundstück kaufen kann denke ich mir und träume weiter! Langsam rücke ich Honfleur,
meinem ersten Tagesziel näher. Es ist schon spät und ich muss noch einige Kleinigkeiten zu
essen einkaufen. Da kommt mir kurz vor Honfleur ein LIDL gerade reicht. Die Einfahrt zu
Honfleur wird gerade neu gestaltet und so wird der Verkehr umgeleitet. Ehe ich genauer
über die Parkplatzsuche nachdenken kann, befinde ich mich auch schon wieder außerhalb
der Stadt. Wenden ist unmöglich, denn auf der gegenüberliegenden Spur ist die
Autoschlange kilometerlang! Ein zweiter Versuch: dieses Mal pirsche ich mich von der
anderen Seite an die Stadt heran, sehe auf der rechten Seite plötzlich den Jetée de
l'Hospice, es ist der alte inaktive Leuchtturm von Honfleur, und direkt dahinter eine Einfahrt
zum Campingplatz Camping de la Phare. Nachdem ich das Zelt aufgebaut habe,
genehmige ich mir zuerst noch einen Spaziergang zum Hafen um schon einmal nach den
Leuchtfeuern Ausschau zu halten. Der schicke weiße Turm mit dem roten Hütchen, es ist das
Feuer der Ostmole, springt mir natürlich gleich ins Gesicht. Auf der langen Mole geht es
zur Hafenausfahrt, begrenzt durch eine Schleuse. Diese wird linker Hand durch ein grünes
Molefeuer und rechts durch das Gebäude der Seeüberwachung behütet. Die Altstadt wird
durch zahlreiche Fachwerk-Bauten aus dem 18. und 19. Jh. geziert. Um das kleine
Hafenbecken, in dem sich einige sehenswerte Yachten befinden, haben sich Restaurants,
Bars und Souvenirläden angesiedelt. Hier zu leben ist nicht preiswert denke ich als ich einen
teuren nicht einmal selbstgemachten Gèlate esse. Drum werfe ich, zurück auf dem Zeltplatz,
meinen Zweiflammen Gaskocher an, und erhitzte meine drei Frikadellen mit Reis und etwas
Salat. Zwei Flaschen Bier machen das einschlafen noch einfacher. Jedoch überschatten
kleinere Probleme mein Vorhaben des abendlichen Essens. Als ehemaliger Raucher und
jetziger Nichtraucher habe ich mir abgewöhnt, jegliche Art von Feuer bei mir zu haben. So
muss ich peinlicher Weise über den Zeltplatz laufen und schnorren... Ein Nachbar, Raucher,
schenkt mir schließlich eins seiner Feuerzeuge; Raucher haben immer ein Ersatzfeuerzeug
dabei, das weiß ich!
2. Tag 25.06.
Das gute Wetter scheint auch heute anzudauern. Geweckt von den ersten Sonnenstrahlen
bin ich bereits um 7.00 Uhr auf den Beinen, habe mein Zelt kurze Zeit später abgebaut und
muss nur noch bis 8.00 Uhr warten, um endlich mein Baguette abholen zu können. Um 8.45
Uhr besichtige ich bereits meinen nächsten Leuchtturm, Falaise des Fonds, wenige hundert
Meter außerhalb von Honfleur. Der alte Leuchtturm befeuert den Wasserweg durch die Seine
flussaufwärts.
Vorbei durch malerische Ortschaften und Landschaften treffe in nach einer weiteren halben
Stunde in Trouville ein. Eigentlich ist es ein Doppelort; Deauville/Trouville. Beide Orte
zusammen ergeben zwei der bedeutensten Seebäder. Während Trouville seine
Altertümlichkeit und Gemütlichkeit bewahrt hat, ist Deauville das mondänere und pompösere
Bad. Beide Städte sind nur durch den Fluß Tourques voneinander getrennt. So ist es auch
einigermaßen schwer, die Leuchtfeuer, welche die Einfahrt in den Fluss und Hafen
kennzeichnen, dem richtigen Ort zuzuschreiben. Das östliche Molefeuer befindet sich
daher eigentlich in Trouville, während das westliche Molefeuer auf der anderen Mole
Deauville zuzuschreiben ist. Genau so müsste es mit den neuen Molefeuern sein, die nötig
wurden, als die Molen wegen der Sandaufschüttung verlängert werden mussten. Ein
weiteres Feuer kennzeichnet die Einfahrt in den Hafen.
Nun heißt es erst einmal fahren, denn der nächste Leuchtturm befindet sich im ca. 50
Kilometer entfernten Ouistreham. Ein prächtiger alter Bau, der zu Beginn des 20.
Jahrhunderts in Betrieb genommen wurde. Hier am Hafengelände ist es nun Zeit für eine
Tasse Café au Lait, den ich in der hochstehenden Mittagssonne genieße. Etwas mulmig wird
mir zu Mute, denn hier begann im Jahre 1944 die Landung der Alliierten. Daran wird man
alle zwei Kilometer erinnert. Schon bald gelange ich zu den legendären Strandabschnitten
Juno Beach und Gold Beach. Hier befindet sich in Ver-sur-mer ein weiterer Leuchtturm
über der Stadt. Weiter geht es entlang der Küste nach Omaha Beach. Bei einem
Monument, welches zu Gedenken der hiesigen Opfer der Landung errichtet wurde, fahre ich
prompt falsch herum auf einen Parkplatz, was ich aber erst später feststelle. Ich bin wohl
hier der Einzige, der keine Parkgebühren bezahlt hat... (der einzige Deutsche sowieso). Ich
habe das mulmige Gefühl, dass mich stechende Blicke durchbohren, als die Touristen mein
Auto sehen. Ob die sauer sind, weil ich keine Parkplatzgebühren zahlen will?? Typisch
deutsch denken die bestimmt. Im Krieg alles platt ballern und hinterher noch nicht mal Geld
für den Parkplatz zahlen. Die Rummelplatz-Atmosphäre, kreischende Federball und
Nachlaufen spielende Kinder, Fußball spielende angetrunkene Männer und laut gackernde
Frauen, stört irgendwie diesen geschichtsträchtigen Ort, an dem man sich ruhig verhalten
und lieber an die unzähligen Toten denken sollte, die hier im 2. WK ihr Leben gelassen
haben; vielleicht gerade an der Stelle, wo heute der Grill von Mr. Und Mrs. Pappnose steht.
Sorry für die vielleicht etwas kritischen und sarkastischen Anmerkungen. Es gibt Dinge, die
ich eben nicht verstehe...
Im Sauseschritt geht es dafür auf der vierspurig ausgebauten N13 weiter in Richtung
Cherbourg. Zuvor biege ich allerdings in Valognes ab, um nach Barfleur zu gelangen, einem
kleinen immer noch verträumten Fischerdörfchen mit nur zwei Bars und einem Restaurant,
wie bereits 1994, als ich zum ersten Mal hier war.
Auf anhieb habe ich keine Schwierigkeiten die Bar zu finden, in der ich damals saß. Selbst
das alte Karussell steht immer noch am selben Platz. Aber vorerst fahre ich nur durch
Barfleur durch, denn mein Ziel liegt 4 Kilometer weiter an der Pointe de Barfleuer: der Phare
de Gatteville. Welch ein Glück, dass der Leuchtturm an diesem fast wolkenfreien Himmel zur
Besichtigung offen ist. Eine englische Schulklasse belagert die Galerie rund um das
Laternenhaus, eine weitere englische Mädchenklasse mischt das Gelände am Fuß des
Leuchtturmes auf. Die Lehrerinnen haben ihre liebe Mühe, die pubertierenden Kiddis zu
einem Klassenfoto zusammen zu bekommen. Schließlich bin ich dran, mit dem Aufstieg. Oh
wehhh... ich war schon mal besser in Form und das, obwohl ich seit sechs Monaten nicht
mehr rauche. Bei Stufe 300 etwa, muss ich eine Zwangspause einlegen. Die Knie werden
weich, der Schweiß tropft und der Puls überschlägt sich. Bin ich wirklich erst 43? Aber all das
ist schnell vergessen, als ich die unterste Galerie des Phare de Gatteville betrete.
Mein Quartier für die nächsten zwei Tage beziehe ich nahe Barfleur, mit direktem Blick auf
den Phare de Gattevile. Nachdem ich die obligatorischen Dinge wie Zelt aufbauen erledigt
habe, wandere ich entlang einer kleinen Promenade in das fünf Minuten entfernte kleine
Fischerdorf. Prächtige Panoramarundblicke über die Hafenpromenade, die alten aus Granit
erbauten Häuser und die im Schlick des Hafens steckenden Fischerboote warten auf mich. In
der späten, tiefstehenden Nachmittagssonne erscheinen der dunkelblaue Himmel und die
bunten Fischerboote in besonders kräftigen Farben. Und natürlich die Leuchtfeuer: die zwei
Molenfeuer an der Hafeneinfahrt, das Unterfeuer am Hafen und das entsprechende
Oberfeuer am Ende des Hafens. Nach einem gemütlichen Cafe au Lait mache ich mich
wieder auf zum Campingplatz, wo bereits der Gaskocher und das abendliche Menue mit einer
Flasche Roséwein warten. Ein absolutes Tophighlight erwartet mich dann zu später Stunde.
Nach langem warten in einer kleinen Bucht, als ich schon nicht mehr daran geglaubt habe,
kommt schließlich doch noch ein traumhafter Sonnenuntergang.
3. Tag 26.06.
Ich hätte es mir denken können. Immer wenn der Abend mit so einem Sonnenuntergang
endet, ist das Wetter am folgendem Tag nur mittelprächtig. Und so wecken mich die
Regentropfen, die morgens um 7.00 Uhr an mein Zelt klopfen. Heute sollte eigentlich ein
Fahrrad-Tag anstehen. Den kann ich bei diesem Wetter knicken. Immer wieder trommelt ein
mehr oder wenig heftiger Schauer nieder und so beschließe ich, die umliegenden
Leuchtfeuer mit dem Auto abzufahren. Im ca. 12 Kilometer entfernten Morsalines befindet
sich in einem Waldstück auf einer Bergkuppe ein Leuchtturm. Ich fotografiere ihn von
unten, denn das Wetter ist mir nicht nach feuchten Wanderungen durch Wald und Wiese.
Weiter geht die Fahrt ins nahe gelegene Fischerdörfchen St-Vaast-la-Hougue. Entlang der
Hafenpromenade findet gerade der Wochenmarkt statt. Vor allem frischer Fisch wird
angeboten, wen wundert es, wo doch das halbe Dorf noch vom Fischfang lebt. Die
Leuchtfeuer erscheinen bei diesem Wetter alle trist grau in grau. Besser ist es auch nicht
beim Fort de la Hougue, einer alten Befestigungsanlage aus dem 17. Jh., an dessen Spitze
sich heute ein kleiner Gitterturm befindet. Sehr unzufrieden begebe ich mich nach Réville,
an dessen Pointe de Saire sich ein noch ein Leuchtturm befindet. Auf einem Haus aus
Granitstein wurde ein kurzer Sockel aufgesetzt. Auf diesem befindet sich die Laterne. Schön
anzusehen und somit ein winziger Lichtblick an diesem Vormittag.
Zurück in Barfleur gibt es Mittagessen, frisches Fleisch vom Metzger mit Kartoffeln. Der
Regen hat derweil etwas nachgelassen und so beschließe ich, wenigstens am Nachmittag mit
dem Fahrrad noch eine Tour zum 18 Kilometer entfernten Leuchtturm am Cap Lévi zu
unternehmen. Eine hügelige, schweißtreibende Straße führt oberhalb der Küste entlang.
Immer wieder gehen kleine Stichstraßen zur zerklüfteten Küste hinunter. Kurz vor
Fermanville erwischt es mich dann doch noch. Ein kurzer aber heftiger Regenschauer
überschüttet mich und innerhalb von Sekunden bin restlos nass, was jedoch nicht weiter
schlimm ist, denn bei der hohen Luftfeuchtigkeit verdunstet alles und ich bin genau so
schnell wieder trocken. Lediglich der Schweiß klebt noch ein wenig... Leider erscheint der
Leuchtturm am Cap Lévi bei diesem Wetter in dieser wunderschönen Landschaft auch nur
in einem hässlichen grau-braun. Somit mache ich mich ein wenig frustriert wieder auf den
Rückweg, verbringe den Nachmittag bei einigen Tassen Cafe au Lait in der Stadt und gehe
ein wenig spazieren, immer die Regenjacke griffbereit. Zum Abend schimmert ein wenig die
Sonne durch die Wolken und ich komme trotz des Regens noch zu einigen Stimmungsfotos
der Stadt, bzw. der Leuchttürme im Hafengebiet.
4. Tag 27.06.
Na also, der Himmel lockert auf und die Sonne schimmert langsam durch. Um 9.00 Uhr bin
ich auf dem Weg nach Cherbourg. Entlang der Küstenstrasse passiere ich noch einmal der
Leuchtturm am Cap Lévi um einige Kilometer weiter in dem kleinen Fischerhafen Le Becquet
die beiden kleinen Leuchttürme zu bestaunen. Der Himmel hat sich derweil wieder
zugezogen und so macht es wenig später keinen Spaß, bei starkem Wind zum Leuchtfeuer
auf die Passe de Colignon hinaus zu laufen. Es ist die rechte Begrenzung des
Hafengebietes von Cherbourg. Durch die schmale Einfahrt drücken sich kleine Fischerboote
oder Segler durch. Etwas aufregender ist es im Hafengebiet. Der große Yachthafen wird von
zwei Gittertürmen bewacht. Einige Kilometer weiter gelange ich nach Querqueville, von wo
aus ich über die Digue de Chavagnec zum gleichnamigen Leuchtfeuer an der Spitze
der Mole gelange. Von hier aus habe ich auch einen hervorragenden Blick auf den
Leuchtturm Fort de l'Ouest. Diese beiden Leuchtfeuer markieren die westliche,
meistbefahrene Einfahrt in das Hafengebiet.
Eine wunderschöne Küstenstraße führt mich zuerst direkt am Wasser, später entlang der
Klippen zum Cap de la Hague. Wald und weite Wiesen direkt am Wasser wechseln sich ab.
Je weiter ich jedoch zum Cap vorstoße, desto schroffer wird die Landschaft.
Direkt am Cap befindet sich das kleine Fischerdörfchen Goury. Am Hafen, wo eine kleine
Fangflotte im Hafenbecken auf die Flut wartet, befinden sich zwei überfüllte Restaurants, der
Kellner kommt mit den Bestellungen nicht nach und so gebe ich nach 15 Minuten das Warten
auf einen Cafe au Lait auf und marschiere zur Spitze des Caps. Von hier hat man den besten
Blick auf den Leuchtturm, der sich auf einer kleinen Insel befindet. Genau jetzt, während
ich mich hier am Cap aufhalte, zieht eine dicke Wolkenfront über mich hinweg, was für ein
Glück ich doch haben kann... Aus diesem Grund mache ich mich ohne längeren Aufenthalt
wieder auf den Weg zu neuen Taten. Oberhalb des Caps begleitet mich linker Hand ein
riesiges Elektrizitätswerk, es ist mehrere Kilometer lang. Man hat das Gefühl an einer
ausgestorbenen Stadt vorbei zu fahren. Richtig gespenstig wird die Sache wahrscheinlich
erst gegen Mitternacht. Richtig gespenstig wird es auch in Dielette, meinem eigentlichen
Tagesziel. Der Himmel ist noch wolkenbehangener und ich kann die graubraunen Molen
schon nicht mehr richtig vom Himmel unterscheiden. Eigentlich fahren ab Dielette
Ausflugsboote zur Kanalinsel Guernsey, jedoch finde ich keinen Hinweis darauf und so
beschließe ich noch einen Ort weiter zu fahren. Mein heutiges Tagesziel heißt also
Barneville/Cateret, unter anderem in der Hoffnung, mit den Ausflugsbooten mehr Glück
zu haben. Hier am Anfang des Hafenbeckens, wo sich einige Fischerboote tummeln und die
Fischer ihre Tagesbeute verkaufen (Hummer, Austern) – ich schmelze dahin, befindet sich
das Hafenbüro, wo schon Reklametafeln auf Ausflüge zu den Kanalinseln hinweisen.
HugoExpress ist der Veranstalter und die freundliche Dame am Infostand gibt mir zu
verstehen, dass die Boote abwechselnd jeweils zwei bis drei Tage ab Cherbourg, Dielette
und Cateret fahren. Ich müsse wohl noch vier Tage warten. Das musste ja so kommen und
so suche ich den schönen unter Bäumen liegenden Zeltplatz, nicht ohne vorher hinauf zum
Leuchtturm zu fahren. Zu später Stunde mache ich noch einen Verdauungsmarsch hinaus
zur Mole. Das Wetter hat sich wieder gebessert. Die am wolkenlosen Himmel tiefstehende
Sonne lässt das Wasser in der Flussmündung türkis erscheinen – ein versöhnliches Ende für
den heutigen Tag.
5. Tag 28.06.
Die Umrundung der Normandie erfolgt schneller, wie ich denken kann. Granville, mein
heutiges Etappenziel, soll gleichzeitig das Ende der Tour werden. Doch zuvor stehen auch
heute noch einige Leuchtfeuer auf dem Programm. Nur wenige Kilometer entfernt von
Barneville/Cateret befindet sich das kleine Fischerdörfchen Portbail. Die kleine Fischereiflotte
wird durch ein Feuer auf einem Gittergerüst geleitet. Wenig spektakulär aber ein
schönes Fleckchen zum verweilen. Hierzu ist jedoch nicht viel Zeit, denn es wartet schon der
nächste Leuchtturm bei Gouville. Unerwartet stoße ich zuerst auf einen Leuchtturm, der sich
in mitten eines Kreisverkehrs befindet. Jetzt nur noch rechts ab zur Küste und dort sehe ich
ihn schon: Le Sénéquet Phare. Ca. 3 Kilometer vor der Küste ragt der Leuchtturm
zwischen kleinen felsigen Inseln und Riffs aus dem Wasser hervor. Direkt an der Küste
haben die Fischer Austernuchtbecken angelegt, so dass hier trotz des weißen Sandes und
der flach abfallenden Küste das Baden unmöglich ist. Die Landschaft etwas weiter südlich
dagegen ist badefreundlicher. Lange Badestrände prägen den hiesigen Küstenabschnitt und
in mitten dieser prächtigen Natur an der Pointe d’Agon steht der kleine Leuchtturm, von
Solarzellen angetrieben.
Nun sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Ziel in Granville, gleichzeitig auch letzte
Möglichkeit von der Normandie hinüber auf die Kanalinseln zu gelangen.
Nachdem ich zuerst den fantastischen Ausblick über die weite Bucht bis hin zur
bretonischen Küste und natürlich den Leuchtturm von der Pointe du Roc genossen habe,
begebe ich mich in den Hafen. Dieser wird von zwei schweren Molen geschützt, auf denen
sich jeweils ein Molenfeuer befindet. Kurz vor der Einfahrt in den Hafen weist ein letzter
Leuchtturm, Le Loup, den Booten den Weg in den Hafen. Im Gare Maritime, die Wartehalle,
erfahre ich, dass erst morgen früh das nächste Schiff nach Jersey hinüber fährt. Eigentlich
will ich ja viel lieber nach Guernsey. Man sagt mir, wenn ich wolle, könnte ich doch jetzt mit
dem Ausflugsboot hinüber auf die Iles Chaussey. Und während ich noch überlege, ob ich es
machen soll, fahren mir beide Boote auch noch vor der Nase weg. Etwas säuerlich gelaunt
beschließe ich, meine Tour in Cancale in der Bretagne zu beenden. Und wer weiß, vielleicht
kann ich ja ab St. Malo auch noch auf eine der Kanalinseln hinüber setzen. 120 Minuten
später steht mein Zelt bereits in einem schattigen Plätzchen auf dem Campingplatz nahe der
Anse du Verger bei Cancale. Nun habe ich es doch noch geschafft in diesem Jahr wieder in
die Bretagne zu kommen, wenn auch nur für vier Tage. Es ist seit 1989 immer wieder der
gleiche Campingplatzbesitzer, auch wenn er zwischenzeitlich den Platz und den Namen
gewechselt hat: aus Camping du Verger wurde Camping le Bois Pastel. Mit einem anfangs
Grübeln und dann Augenzwinkern begrüßt wir uns. In so einer Situation ärgere ich mich seit
15 Jahren, dass meine Französischkenntnisse so schlecht sind.
Das Wetter ist bestechend und so begebe ich mich noch für zwei Stündchen an den Strand,
bevor ich das nötigste für die kommenden Tage einkaufe. Im Supermarkt habe ich bereits
eine interessante Fischtheke gesehen und ich beschließe in den kommenden Tagen einen
Rai, zu deutsch Rochen zu braten.
6. Tag 29.06.
Der heutige Tag beginnt so, wie der gestrige geendet hat, mit viel Sonne. Nach einem guten
Frühstück mit Baguette, Pain de Chocolat und einem Cafe au Lait verbringe ich die Stunden
am Vormittag am leergefegten Strand. Erst gegen Mittag tauchen die ersten
Sonnenhungrigen auf und der Strandabschnitt füllt sich so langsam. Zeit für mich, langsam
das Weite zu suchen. Eine kleine Radtour zur Pointe du Grouin und dem vorgelagerten La
Pierre-de-Herpin kommt da gerade recht. Die Touristenscharen halten sich auch noch in
Grenzen und so macht es richtig Spaß, hier zu verweilen und die Vögel auf der nahen
Vogelbrutinsel Ile de Landes zu beobachten. Auch scheint mir heute der richtige Tag zu sein
um an der Fischtheke konkrete Wünsche zu äußern. Zwei kleine Rochen sollen es sein, beim
Zelt warten schon eine Kräutersauce und Reis. Doch zuvor bin ich noch ein wenig am Hafen
von Cancale und suche neue geeignete Fotomotive. Obwohl ich schon im siebten Jahr hier
bin, finde ich immer noch (oder wieder?) neue Motive.
Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Hier eine kleine Pause, dort ein Cafe au Lait, nach der
leckeren Fischmalzeit noch eine kleine Wanderung mit Gepäck zum Strand; das Bier muss
weg!
7. Tag 30.06.
Ein weiterer sonniger Tag, der mit einem herrlichen Frühstück eingeleitet wird. Heute
Morgen fahre ich nach St. Malo, um mich nach den Abfahrtzeiten der Fähren zu erkundigen.
Und wirklich fährt täglich ein Hochgeschwindigkeitskatamaran über Guernsey nach
Poole/Bournemouth und Weymouth und wieder zurück. Schon ist die Fahrt für den
kommenden Tag gebucht. Nach einem kleinen Stadtbummel und einem erneuten Besuch auf
der Mole des Noirs, wo sich das gleichnamige Feuer Mole des Noirs befindet, fahre ich
zurück. Der Rest des Tages unterscheidet sich von dem gestrigen nur noch, indem ich das
Molenfeuer La Houle de la Jetée und das alte Molenfeuer in Cancale erneut
fotografiere.
8. Tag 01.07.
Es musste ja so kommen. Gerade heute an meinem Ausflugstag nach Guernsey ist der
Himmel bedeckt und es sieht nach Regen aus. Hier und dort schimmert mal die Sonne durch,
aber ich glaube, das wird heute nix mehr.
Nachdem wir abgelegt haben, ist mir die Sonne jedoch freundlich gesonnen. So kann ich
nach und nach die sich vor dem Hafen befindlichen Leuchtfeuer Le Buron, Le Grand
Jardin und Les Courtin ablichten. Und siehe da, je weiter wir jetzt mit voller
Geschwindigkeit aufs offene Meer hinaus fahren, desto besser wird das Wetter. Nach etwas
mehr wie der halben Fahrzeit passieren wir Jersey westwärts. In einer zu großen Entfernung
lassen wir den Corbiere Lighthouse rechts liegen. Je mehr wir uns Guernsey nähern,
desto trüber wird das Wetter. Die Sonne reicht gerade noch aus, um ein paar schöne Fotos
von der Hafeneinfahrt, den beiden Leuchttürmen Castle Breakwater und White Rock
Pier und der Stadt zu machen. An der Touristeninformation lasse ich keine Zweifel offen,
wohin der Weg gehen soll: is there a bus service to Pleinmont? Auf dem Weg zum
Busbahnhof komme ich am Yachthafen vorbei, dessen Einfahrt ein weißer Gitterturm
markiert: Victoria Marina Range Front. Die recht abenteuerliche und nicht enden
wollende Busfahrt führt mich u.a. am Flughafen vorbei. Je weiter ich mich vom Zentrum
entferne um so enger werden die Strassen. Als ich es schon nicht mehr glaube, bin ich
endlich am Pleinmont Point. Der Bus dreht am Wendekreis und ich bleibe zurück. Der
nächste Bus kommt in einer Stunde.
Das sollte zu schaffen sein. Entlang der Küste zum Aussichtspunkt führt zuerst die Strasse
weiter, dann ein befestigter Weg und zum Schluss ein Trampelpfad. Und nach der fünften
Biegung habe ich es geschafft: Les Hanois, ca. 1,5 Kilometer vor der Küste. Der Himmel
grau verhangen, der starke Südostwind lässt mein Stativ zittern, hier und dort spüre ich
einen Regentropfen. Keine sehr guten Voraussetzungen, um mit dem 400 mm Objektiv gute
Aufnahmen zu machen. Aber auch das bügle ich hin und nachdem ich bei diesem
ungemütlichen Wetter wieder bei der Bushaltestelle bin, lege ich bei einem nahen Rastplatz
eine verdiente Pause ein. Some Scones, one Coke and a Pott of Coffee. Der Bus hat
Verspätung; erst 5 Min., dann 10 Min. und jetzt 15 Min., ich komme schwer ins schwitzen
und bin überglücklich, als er nach fast zwanzigminütiger Wartezeit doch noch kommt.
Nachdem ich wieder St. Peter Port bin, fliege ich förmlich in die Abfertigungshalle um wieder
einzuchecken, keine Minute zu früh. Der Hochgeschwindigkeitskat, ein noch größerer als auf
der Hinfahrt, gibt mächtig Gas, denn er fährt der Verspätung des Tages hinterher. Das
Wetter zeigt sich mittlerweile von seiner schlechtesten Seite, nur gut, dass der Wind nur
schwach ist und somit kaum Seegang. Bei Hochwasser und strömendem Regen laufen wir
schließlich gegen 20.00 Uhr wieder in St. Malo ein. Als I-Tüpfelchen kann sich die Besatzung
mehrere Male nicht entscheiden, auf welcher Seite wir das Schiff nun verlassen dürfen; erst
links warten, dann rechts runter. Kommando zurück und wieder nach links, noch mal nach
rechts und wieder nach links - jetzt endlich! Der ganze Spaß hat 10 Minuten gedauert – gut
dass es kein Notfall ist. An Land müssen wir auf den Zubringerbus warten, denn es regnet
und wir dürfen bei Regen nicht die 150 Meter bis zum Terminal zu Fuß zurück legen.
Es sollte jedoch der letzte Schauer für diesen Tag werden, am Horizont schimmert schon der
tiefblaue Abendhimmel durch.
9. Tag 02.07.
Ob ich will oder nicht, heute geht's auf die Rückfahrt. Extra viel Zeit lasen lohnt sich auch
nicht, also gebe ich Gummi. Ich beschließe, so lange wie Möglich dem Meer nah u bleiben
und so fahre ich auf der Küstenstraße über le Vivier zurück. Der gestrandete Schiffsrumpf, in
dem wir früher Moules Marines gegessen haben, steht noch an der gleichen Stelle,
Erinnerungen werden noch einmal wach...
Hinweis: Adressen, Telefonnummern und sonstige Daten können sich im Laufe der Jahre ändern. Somit
übernehme ich keine Garantie für die Richtigkeit dieser Angaben.
© 2004 J. Linge - http://www.leuchtturmgalerie.de