ROLF KEMPER

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ROLF KEMPER
Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919
ROLF KEMPER
RECHTSANWALT
„BAU- + IMMO-RECHT aktuell“
November 2006
Liebe Leserinnen & Leser,
die VOB/B-Fassung des Jahres 2002 wurde überarbeitet. Seit dem 1. November 2006 gilt die
„VOB/B 2006“. Die wesentlichen Änderungen habe ich unter „Neues Bauvertragsrecht“ dargestellt. Auf Seite 5 finden Sie zwei ausgebliebene Änderungen unter „Unverändertes Bauvertragsrecht“.
NEUES
BAUVERTRAGSRECHT
§2 Nr.7 VOB/B:
Keine kostenlosen Leistungsänderungen
-
des Bauentwurfs oder
sonstiger nicht vorgesehener Leistungen
zur Änderung der Pauschale führt. Nach
ständiger Rechtsprechung gibt es keine
einkalkulierten Toleranzen und kostenlose
Leistungsänderungen! Viele Streitigkeiten
hierüber ließen vermuten, dass dies im
VOB/B-Text deutlicher zum Ausdruck
kommen muss.
§2 Nr.7 VOB/B wird wie folgt geändert:
1.
§2 Nr.7 Abs.1 VOB/B verweist nun auf
§313 BGB („Störung der Geschäftsgrundlage“) statt – wie bisher – auf §242 BGB,
was seit der Schuldrechtsmodernisierung
(SRM) nicht mehr zutraf.
2.
Der bisherige §2 Nr.7 Abs.1 Satz 4 VOB/B
wird neuer Abs.2, der lautet:
„Die Regelungen der Nr.4, 5 und 6 gelten
auch bei Vereinbarung einer Pauschalsumme.“
Die „Erhebung“ zu einem eigenen Absatz
dient der stärkeren Betonung des Umstands, dass auch bei Pauschalpreisverträgen jede Änderung
§4 Nr.8 Abs.2 VOB/B:
Vorgaben für Sub-Verträge
In §4 Nr.8 Abs.2 VOB/B wird nach dem
Wort „Bauleistungen“ die Passage „Teile B
und C“ eingefügt. Sie stellt klar, dass der
AN bei Weitervergabe von Bauleistungen
an Nachunternehmer
- nicht die VOB/A anwenden,
- aber die VOB/B und die VOB/C
zugrunde legen muss. Die Geltung der
VOB/C ergibt sich zwar schon aus §1 Nr.1
S.2 VOB/B, der auf die Allgemeinen
Technischen Vertragsbedingungen und
damit die VOB/C verweist, doch haben
dies zu wenige wahrgenommen.
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Städtebau- und Planungsrecht • Vergaberecht
Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht
Der Haupt-AN kann seine Nachunternehmer also weiterhin frei wählen, muss aber
inhaltlich den auch für seinen eigenen
Haupt-Bauvertrag geltenden materiellen
Rahmen einhalten.
Die Änderung berechtigt zur Kündigung
wegen eines Insolvenzverfahrens, wenn es
- vom AN,
- vom AG oder
- von einem sonstigen Gläubiger
beantragt wurde.
WICHTIG: die VOB/A kann für diejenigen Haupt-AN dennoch gelten, die selbst
z.B. als öffentliche Auftraggeber das förmliche Vergaberecht zwingend anwenden
müssen.
Bisher berechtigte nur ein Insolvenzverfahren auf Eigenantrag des AN zur Kündigung (Ingenstau/Korbion, §8 Nr.2 VOB/B
Rz.18; Kapellmann/Messerschmidt - Lederer, §8 VOB/B Rz.66; Koenen, BauR
2005, 202 (203). Dies sollte vermeiden,
dass der AG einen Insolvenzantrag als
Druckmittel gegen den AN einsetzt.
§6 Nr.6 VOB/B:
Gilt neben §642 BGB
Künftig soll einen solchen missbräuchlichen Insolvenzantrag verhindern, dass nur
ein „zulässigerweise“ gestellter Antrag des
AG oder eines Dritten „zählt“.
§6 Nr.6 VOB/B erhält folgenden Satz 2:
„Im Übrigen bleibt der Anspruch des Auf-
tragnehmers auf angemessene Entschädigung nach §242 BGB unberührt, sofern die
Anzeige nach Nr.1 Satz 1 erfolgt oder
wenn Offenkundigkeit nach Nr.1 Satz 2
gegeben ist.“
Die Neuerung stellt klar, dass § 642 BGB
neben §6 Nr.6 VOB/B anwendbar ist. Dies
entspricht der BGH-Judikatur zum bisherigen §6 Nr.6 VOB/B (BGH, Urteile
21.10.1999 - VII ZR 185/98 - + 13.5.2004
- VII ZR 363/02 -) und soll im Wortlaut
zur Klarstellung hervorgehoben wird.
§8 Nr.2 Abs.1 VOB/B:
Inso-Antrag des AG
In §8 Nr.2 Abs.1 VOB/B wird eingefügt:
„(…) von ihm oder zulässigerweise vom
Auftraggeber oder einem anderen Gläubiger das Insolvenzverfahren (§§14 und 15
InsO) beziehungsweise ein vergleichbares
gesetzliches Verfahren beantragt ist, (…)“
WICHTIG: der kündigende AG trägt die
Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen des Kündigungsgrundes (siehe z.B.
OLG Oldenburg, BauR 1987, 567 (568).
§13 Nr.4 VOB/B:
Kürzere Verjährung bei
wartungsbedürftigen Anlagenteilen
§13 Nr.4 VOB/B wird an §634a Abs.1
Nr.1 BGB angepasst und erhält zwei Ergänzungen:
1. In Abs.1 wird die Passage „für Arbeiten
an einem Grundstück“ gestrichen und eingefügt:
„(...) für andere Werke, deren Erfolg in der
Herstellung, Wartung oder Veränderung
einer Sache besteht“
Diese Änderung gleicht §13 Nr.4 Abs.1
VOB/B an §634a Abs.1 BGB an, indem
„Arbeiten an einem Grundstück“ nicht
mehr erwähnt werden. Darunter fallen z.B.
Landschaftsbauarbeiten, die nun der Passus
„andere Werke“ erfasst. Eine inhaltliche
Änderung ist nicht angestrebt.
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2. In Abs.2 werden vier Worte („Bei“ und
„oder Teilen davon“) gestrichen. Er lautet
nun:
„(2) Ist für Teile von maschinellen und
elektrotechnischen/elektronischen
Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf
Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat,
nichts anderes vereinbart, beträgt für diese
Anlagenteile die Verjährungsfrist für Mängelansprüche abweichend von Abs.1 zwei
Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür
entschieden hat, dem Auftragnehmer die
Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen; dies gilt auch,
wenn für weitere Leistungen eine andere
Verjährungsfrist vereinbart ist.“
§13 Nr.4 Abs.2 VOB/B „bestraft“ den AG
mit kürzerer Verjährungsfrist, wenn er
keinen Wartungsvertrag mit dem AN
schließt, denn dann gilt für maschinelle
und elektrische Anlagen die kurze Verjährung von 2 Jahren.
Diese kurze Frist gilt auch, wenn für weitere Leistungen des AN eine andere Verjährungsfrist vereinbart ist. Die Verkürzung
gilt also anders gewendet nur für Anlagen,
bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat. Sie
gilt deshalb für alle wartungsbedürftigen
Anlagenteile, und zwar unabhängig davon,
ob sie Maschinen sind oder nicht.
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Städtebau- und Planungsrecht • Vergaberecht
Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht
Vereinbaren Bauvertragspartner
- die VOB/B und
- eine Gewährleistungsfrist von 5 anstatt 4 Jahren für Mängelansprüche
an Bauwerken aber
- keinen Wartungsvertrag für maschinelle oder elektrotechnische
Anlagen,
dann gilt für die elektrotechnischen Anlagen nur die 2-jährige Gewährleistungsfrist.
§16 Nr.1 Abs.1 Satz 1 VOB/B:
Einhaltung von Zahlungsplänen
§16 Nr.1 Abs.1 Satz 1 VOB/B erhält folgende neuen Fassung:
Abschlagszahlungen sind auf Antrag in
möglichst kurzen Zeitabständen oder zu
den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren,
und zwar in Höhe des Wertes der jeweils
nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen,
darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages.“
In der Praxis wird ein breites Spektrum
sehr unterschiedlicher Zahlungspläne verwendet, die sehr individuelle Zeitvorgaben
enthalten. Z.B. wird oft vereinbart, in welchem Zeitraum bestimmte Leistungsstände
erreicht werden müssen oder dass bestimmte Bautenstände vor bestimmten anderen Bautenständen erreicht werden müssen. Inwieweit die Änderungen für solche
Konstellationen Hilfe im Streitfall bieten
ist zweifelhaft.
§16 Nr.3 Abs.1 Satz 2 VOB/B:
AG muss Schlussrechnung innerhalb
von 2 Monaten prüfen
§16 Nr.3 Abs.1 Satz 1 VOB/B wird durch
folgenden Satz 2 ergänzt:
„Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der Gründe hierfür
nicht spätestens innerhalb von 2 Monaten
nach Zugang der Schlussrechnung erhoben, so kann der Auftraggeber sich nicht
mehr auf die fehlende Prüfbarkeit berufen.“
Die Ergänzung entspricht der BGHJudikatur. Der BGH hat per Urteil v.
27.11.2003 - VII ZR 288/02 - zu einem
Architektenvertrag entschieden, der AG sei
aus Treu & Glauben mit Einwendungen
gegen die Prüffähigkeit einer Schlussrech-
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nung ausgeschlossen, die er nicht innerhalb
von 2 Monaten nach Zugang der Rechnung
erhoben hat. Dies hat der BGH per Urteil
v. 23.9.2004 - VII ZR 173/03 - auf
VOB/B-Verträge ausgedehnt.
Verspätete – auch wenn sie zutreffen –
Einwendungen gegen die Prüffähigkeit
hindern deshalb nicht den Eintritt der Fälligkeit der Rechnung. Dies bedeutet, dass
zugunsten des AN auch bei
- begründeter,
- aber verspäteter
Zurückweisung der Schlussrechnung wegen fehlender Prüffähigkeit durch den AG
Zinsansprüche auf den sich später als berechtigt erweisenden Teilbetrag der
Schlussrechnung entstehen.
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Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht
Die Zwei-Monatsfrist ist eine Ausschlussfrist ist, nach deren Ablauf sich der AG
nicht mehr auf fehlende Prüffähigkeit berufen kann. Dagegen wurde eine Verkürzung
der Schlusszahlungsfristen bei Pauschalund Stundenlohnverträgen auf 30 Werktage abgelehnt.
Die Änderung stellt klar, dass die Begründungsfrist von 24 Werktagen erst nach
Ablauf der 24-werktägigen Vorbehaltserklärungsfrist des Satz 1 zu laufen beginnt –
und zwar unabhängig vom Zugang der
Vorbehaltserklärung beim AG.
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§16 Nr.5 Abs.5 VOB/B:
Keine doppelte Fristsetzung
In §16 Nr.5 Abs.5 VOB/B wird das Wort
„eine“ durch das Wort „die“ ersetzt.
Der AN darf seine Arbeit einstellen, wenn
der AG bei Fälligkeit trotz angemessener
Nachfrist keinen Abschlag zahlt. Die Änderung soll hervorheben, dass diese Nachfrist des §16 Nr.5 Abs.5 VOB/B keine weitere Nachfrist ist, sondern die bereits gemäß §16 Abs.5 Nr.3 VOB/B gesetzte
Nachfrist.
Der AN ist vor Arbeitseinstellung also
nicht zur doppelten Nachfristsetzung verpflichtet.
§16 Nr.3 Abs.5 Satz 2 VOB/B:
Frist = 2 x 24 Tage
§17 Nr.5 Satz 1 VOB/B:
Sperrkonto muss „Und“-Konto sein
§16 Nr.3 Abs.5 VOB/B erhält durch Änderung des Satzes 2 folgende neue Fassung:
„Ein Vorbehalt ist innerhalb von 24 Werktagen nach Zugang der Mitteilung nach
den Absätzen 2 und 3 über die Schlusszahlung zu erklären. Er wird hinfällig, wenn
nicht innerhalb von weiteren 24 Werktagen
– beginnend am Tag nach Ablauf der in
Satz 1 genannten 24 Werktage – eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen
Forderungen eingereicht oder, wenn das
nicht möglich ist, der Vorbehalt eingehend
begründet worden ist.“
An §17 Nr.5 Abs.1 VOB/B wir der Klammerzusatz „(„Und-Konto“)“ angefügt.
Die Änderung folgt dem LG Leipzig, das
am 20.4.2001 - 10 O 9711/00 - entschied,
Sperrkonto i.S.d. §17 Nrn.5+ 6 VOB/B sei
nur ein „Und-Konto“ im bankrechtlichen
Sinne.
Seit dem 1.11.2006 darf der AG ein Sperrkonto auch im Außenverhältnis zur Bank
nicht mehr allein einrichten und ohne Mitwirkung des AN darüber verfügen.
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§17 Nr.5 Satz 2 VOB/B:
Sicherheit muss auf „Netto“-Basis
berechnet werden
§1 Nr.3 VOB/B unverändert:
Keine neue einseitige
Änderungsbefugnis des AG
Der neue §17 Nr.6 Abs.1 Satz 2 VOB/B
lautet:
Eine diskutierte, aber nicht umgesetzte
Änderung des §1 Nr.3 VOB/B sollte dem
AG erlauben, einseitig auch
- die Bauzeit und
- andere Bauumstände
zu ändern. Es bleibt deshalb bei der als
herrschend zu bezeichnenden Ansicht, dass
- der AG eine Änderung der Bauzeit
nicht einseitig anordnen kann und
- daher auch die Vergütungsfolgen
der §2 Nrn.5 + 6 VOB/B nicht greifen
(OLG Hamm, NZBau 2006, 180; Thode
ZfBR 2004, 214).
„Sofern Rechnungen ohne Umsatzsteuer
gemäß §13b UStG gestellt werden, bleibt
die Umsatzsteuer bei der Berechnung des
Sicherheitseinbehalts unberücksichtigt.“
Der Sicherheitseinbehalt darf nur auf „Netto“-Basis berechnet werden, wo wegen
§13b UStG „Netto“-Rechnung gelegt werden muss. Folge kann sein, dass auf „Brutto“-Basis berechnete Sicherheitseinbehalte
gegen §307 BGB verstoßen.
§18 Nr.3 VOB/B:
Streitbeilegung bei Großvorhaben
§14 Nr.2 VOB/B unverändert:
Keine Pflicht zum
gemeinsamen Aufmass
Der neue §18 Nr.3 VOB/B lautet:
„3. Daneben kann ein Verfahren zur
Streitbeilegung vereinbart werden. Die
Vereinbarung sollte mit Vertragsschluss
erfolgen.“
Die Norm soll zur bauvertraglichen Vereinbarung von Streitbeilegungsverfahren
anregen. Eine solche Vereinbarung kann
weiterhin auch nach Vertragsschluss erfolgen.
Auch §14 Nr.2 VOB/B bleibt unverändert,
obwohl die Einführung der Pflicht zum
gemeinsamen Aufmass diskutiert wurde.
Der AN sollte gemeinsames Aufmass verlangen können, wenn der Leistungsumfang
für die Abrechnung schwer feststellbar ist.
WICHTIG: der BGH bestätigt diesen Anspruch in bestimmten Konstellationen dennoch (NJW 2003, 2678; NZBau 2004,
503).
Fragen zum Baurecht beantworte ich gern.
Sie erreichen mich auch per
UNVERÄNDERTES
BAUVERTRAGSRECHT
[email protected]
Ihr
Zum Abschluss zwei unterbliebene Änderungen:
Rolf Kemper
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