Eine Sommerparty
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Eine Sommerparty
Eine Geschichte Eine Sommerparty Es ist ein heisser Sommertag im August. Lilly schmunzelt. Es war nicht das erste Handgriff hat sie ein neues T-Shirt Die ideale Vorlage für ein Grillfest. Lilly Mal, dass ihre Mutter ihr das Haus für eine herausgefischt. Fertig gestylt und heisst sie. Ein wenig im Stress, organisiert Fete überliess. Sie war froh, dass sie solch parat für heute Abend ging sie in sie schon den ganzen Tag Getränke, Salate, ein gutes Verhältnis hatten. Sie ist auf dem den Garten. Es war alles soweit Fleisch und Desserts. Es soll heute Abend Weg zur Feuerstelle im Garten. Es ist mehr fertig und es könnte eigentlich an nichts fehlen. Sie kennt den Stress von eine Feuerschale, über die später dann ein schon losgehen. Sie kramt ihre früher. Als sie zehn Jahre alt war, hatte sie Rost gehängt werden kann. Das Holz und Sonnenbrille aus der Handtasche ihr Vater verlassen. Sie ist bei ihrer Mutter die Zeitungen hatte sie nach dem Mittag- und setzt sich mit einem Buch in aufgewachsen; so ist sie es gewohnt, die essen schon hingebracht. Sie zieht ihr den Garten. Dinge selbst in die Hand zu nehmen. 30 pinkes Feuerzeug aus der hellen Jeans, die Gäste werden erwartet. Es soll ein Klas- sie trug. Ihr Vater hatte ihr gezeigt, wie es Zwei Stunden und etliche Seiten sentreffen werden, da nun die meisten mit am besten geht, ein Feuer zu machen. Sie später kommen die ersten Gäste. ihrer Ausbildung fertig sind und die ande- hatte also Routine darin. Keine 10 Minuten Es wird getrunken und gelacht. ren ihre Matura gemacht haben. Eine Idee später brodelt das Feuer und sie konnte Jeder hat seinen Spass. Lilly als ihrer ehemaligen Schulfreundin. sich für den heutigen Abend fertig machen. Veranstalterin ist bekannt und Sie geht zur Anlage und schaltete den Ra- sorgt für gute Stimmung. Der Das grosse Haus, welches Lilly mit ihrer dio an. Die Boxen waren im gesamten Haus Alkohol fliesst in Strömen und Mutter am Waldrand bewohnt, ist für so verteilt. Ein Luxus, auf den sie nicht mehr es wird über alte, bessere Zeiten viel Leute gut ausgerüstet. Es besitzt einen verzichten könnte. gesprochen. Es ist erstaunlich, grossen Wintergarten und einen riesigen wie die Zeit vergeht, denkt sich © Thomas Reimer - Fotolia.com Noch nie hatte sie ihr Herz so stark schlagen hören. Das Gefühl der Ohnmacht breitet sich aus. Nein! Du musst durchhalten. Wenn du jetzt aufgibst, gibt es dich nicht mehr… Garten mit einem Pool. Liebevoll hat Lilly Sie geht Richtung Bad. Die Nachrich- Lilly, als sie ihre ehemaligen alles dekoriert und dem kahlen Wintergar- ten werden durchgegeben. Wieder einige Schulkameraden betrachtet. ten somit ein bisschen Wärme eingehaucht. Einbrüche in der Umgebung und doch Obwohl es schon Jahre her ist, Die Fackeln im Garten sollen dem Abend fühlt Lilly sich sicher. Sie hatten ja nicht scheint es, als wäre kein Tag ver- das gewisse Etwas verleihen. Es ist kurz vor umsonst eine Alarmanlage. Wieder etwas gangen. Die gleichen Leute sitzen zusam- 18 Uhr und die Gäste werden in gut zwei mehr Krieg auf der Welt, wieder etwas mehr men an einem Tisch, welche damals schon Stunden eintreffen. Ihre Mutter ist auf dem Scheisse, was nicht sein müsste. Sie hörte ihr Pausenbrot geteilt haben. Sie lächelt Weg zum Auto, den Koffer in der Hand. nicht gern Nachrichten, zu selten brachten und freut sich, dass sie alle wieder einmal «Tschüss Liebes, wir sehen uns morgen sie etwas Fröhliches. Ihre kurzen schwarzen sieht. Nachmittag! Schau, dass das Haus noch Haare waren ein wenig zerzaust und ihr steht, wenn ich wiederkomme.» Mit einem braunes T-Shirt hatte vereinzelte Flecken Obwohl Lilly am Anfang der Party nur ein Lächeln auf den Lippen öffnet sie die Auto- von der Salatsauce. Ein kurzer Fluch kommt Glas Sekt getrunken hat, verspürt sie ein tür, lässt das Dach des feuerroten Cabrios über ihre Lippen. Sie schlendert ins Schlaf- mulmiges Gefühl. Schwach und ziemlich herunter und fährt vom Hof. zimmer und stellt sich vor den «Kleiderka- neben den Schuhen fühlt sie sich. Jedoch sten», welcher ihr die Qual der Wahl liess. schliesst sie das auf die Hitze des Tages Eigentlich hatte sie ja nichts anzuziehen. und die Aufregung. Bis tief in die Nacht Man könnte fast sagen, ihr begehbarer wird gefeiert, gelacht und getrunken. Einige Kleiderschrank ist leer, so leer, dass sie haben sich schon verabschiedet und ein keine freien Fächer mehr hat. Mit einem paar wenige haben sich auf das Sofa im 14 von Tina Marxer sche, welche er nicht aus Lilly schlägt um sich und fängt an zu der Hand geben wollte, schreien. Nach einem Schlag auf den Hin- umgeworfen hat. Als sie terkopf wird sie ruhig. Er bringt sie hinun- jedoch hinunter kommt, ter, hinaus zum Auto und legt sie auf den bleibt sie, wie vom Blitz Rücksitz. Er bindet ihre Hände hinter ihrem getroffen, stehen. Ihre Au- Rücken zusammen und geht zu den ande- gen weit aufgerissen und ren zurück. Als er weg ist, öffnet Lilly die die Hand vor den Mund Augen und versucht verzweifelt, die Schlin- geschlagen, damit ihr gen hinter ihrem Rücken zu lösen. Nach Aufschrei nicht zu hören drei verzweifelten Versuchen gelingt es ihr ist. Im Wintergarten sind endlich. Es kommt ihr wie eine Ewigkeit vier schwarz gekleidete vor. Sie schaut kurz zum Haus, ob die Luft Gestalten mit Sturmmas- rein ist, und rennt, rennt um ihr Leben. Von ken. Sie presst sich mit Angst getrieben, läuft sie in den Wald. Ihre dem Rücken an die Wand. Füsse werden zerschnitten und ihre Beine Ihr Atem wird panisch und zerkratzt. Weit weg will sie. ihre Knie weich wie Butter. Da die Vier schon in Ein Baum scheint ihr Schutz zu gewähren Richtung Wohnzimmertüre und sie stellte sich hinter ihn. Sie ver- waren, eilt sie, so leise wie sucht, sich zu beruhigen, und horcht, ob nur möglich, die Treppe sie jemand verfolgt. Es knacksen die Äste hinauf in ihr Zimmer und hinter ihr. Ihr Atem ist flach. Sie traut sich schliesst die Tür hinter kaum, Luft zu holen. Verängstigt kauert sich. sie hinter dem Baum. Ihre Blicke gehen zu Boden, der Tau unter ihren Füssen ist kalt. Sie hörte, wie die Männer Es scheint der erste in diesem Sommer zu die Schlafenden weckten sein. Ein Schauer läuft ihr über den Rü- und sie nach draussen ja- cken. Noch nie hatte sie ihr Herz so stark gen, im Glauben, dass sie schlagen hören. nun allein im Haus sind. Ihr Handy liegt auf dem Das Gefühl der Ohnmacht breitet sich Nachttisch und sie ruft aus. Nein! Du musst durchhalten. Wenn sofort die Polizei an. Mit du jetzt aufgibst, gibt es dich nicht mehr. dem Versprechen, dass sie Die Sirenen der Polizei sind zu hören. Ein Haus zurückgezogen. Die Übriggebliebenen sofort da sind, wartet Lilly im Zimmer. Ihr Hoffnungsschimmer macht sich breit. Das sitzen ums Feuer und geniessen den Abend. Herz rutscht ihr jedoch bis in den kleinen Geräusch von knackenden Ästen kommt Gegen vier Uhr morgens sind auch die Zeh, als sie hört, wie jemand die Treppe näher und näher. Die Furcht treibt sie letzten Gäste verschwunden und Lilly sucht herauf kommt. Die Szene spielt sich wie weiter. Sie sprintete davon, immer weiter den Weg ins Schlafzimmer. Zirka fünf Alko- in einem Horrorfilm ab. Der Türgriff geht und weiter. Plötzlich hat sie keinen Boden holleichen befinden sich im Haus, als Lilly langsam hinunter und einer der Eindring- mehr unter den Füssen. Sie fällt. Unter ihr nach oben torkelt. Glücklich und «hundska- linge steckt den Kopf durch die Tür. In ist eine Schlucht, welche sie eigentlich gut putt» lässt sie sich ins Bett fallen. letzter Minute kann Lilly sich hinter ihrem kennt. Jedoch hat die Panik ihr die Sicht Bett verstecken. Plötzlich fängt ihr Handy genommen. Sie kneift die Augen zu, ehe sie Sie hatte noch nicht einmal die Augen an zu klingeln. Aufgeschreckt zuckt der den Boden berührt… Es wird schwarz um geschlossen, als sie von einem Geräusch er- Einbrecher zusammen, jedoch nur für einen sie herum. schreckt wird. Es klingt nach umgeworfenen kurzen Augenblick. Er kommt mit grossen Bierflaschen. Sie rappelt sich auf und geht Schritten auf sie zu und zieht sie grob am mit der Annahme hinunter, dass ein schla- Arm hoch. fender, schnarchender Besucher die Fla- 15