Alte Hirsche fallen nicht vom Himmel

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Alte Hirsche fallen nicht vom Himmel
020_027_Alte_Hirsche
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D A S M O D E L L S T R Z A L/ O W O
Alte Hirsche fallen
nicht vom Himmel
„Wenn ich alte Hirsche haben will, muss ich alte Hirsche schießen!“ Mit dieser Aussage
überrascht Oberförster Zbigniew Ciepl/uch, Leiter der Oberförsterei Strzal/owo in der
Johannisburger Heide in Polen. Dass er das durchaus ernst meint und
was sich dahinter verbirgt, zeigt der folgende Beitrag.
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F OTO : J ÖRG E BERITZSCH
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Durch die Umstellung der Jagd in der Oberförsterei Strzal/owo steigt die Zahl der alten
Hirsche: ein gerader 16-Ender vom 11. Kopf mit 7,5 Kilogramm Geweihgewicht
Andreas David
D
F OTO : S AGIELEK
020_027_Alte_Hirsche
as Rotwild der Johannisburger Heide (Polen) blickt auf eine ebenso
lange wie wechselvolle Geschichte
zurück. Erste Aufzeichnungen stammen
bereits aus dem Jahr 1500. Genauere Meldungen der herzoglichen Jäger sind aus
dem Jahr 1540 bekannt und beziehen sich
auf das Gebiet der heutigen Oberförsterei
Strzal/owo (Pfeilswalde) sowie auf die Gegend um Rozogi (Friedrichshof) und Spychowo (Groß Puppen). Zwar spielte die
Jagd dort – aus Sicht des Menschen – stets
eine bedeutende Rolle, doch war der jagdliche Eingriff zunächst nicht so gravierend,
als dass er die natürlichen Abläufe wesentlich aus den Fugen hätte bringen können.
Die riesigen Urwaldflächen Masurens,
die in ihrer weitgehenden Unberührtheit
bis etwa zum Ende des 17. Jahrhunderts Bestand hatten, boten eine reiche Äsungsbasis, und das verbliebene Großraubwild
sorgte gemeinsam mit den Jägern dafür,
dass der Rotwildbestand in seiner absoluten Höhe begrenzt wurde.
Die Zeit, in der das Wild der Johannisburger Heide noch halbwegs ungestört
blieb, dauerte etwa bis in die erste Hälfte
des 19. Jahrhunderts. In der Folgezeit setzte jedoch ein Rückgang der Wildbestände
ein, der soweit ging, dass der Rothirsch als
Standwild aus weiten Teilen der Johannisburger Heide praktisch verschwand. Eine
besondere Bedrohung stellten russische
Immigranten dar – die Philipponen –, die
sich zwischen 1828 und 1830 in Ukta ansiedelten und den Rotwildbestand durch
Wilderei schrittweise aufrieben. Ein weiterer Grund für den Rückgang war der verheerende Waldbrand zwischen RucianeNida (Rudzanny) und Pisz (Johannisburg)
im Jahre 1834. Die Volkserhebungen ab
1848 sorgten letztlich für eine fast vollständige Vernichtung des Wildbestandes.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer schrittweisen Erholung des Rotwildbestandes. Vor allem
die erneute Ansiedlung des Rotwildes
durch die staatliche Forstverwaltung und
private Grundeigentümer sowie ein
zunächst intensiver Schutz bewirkten einen spürbaren Aufschwung. Dieser Trend
sollte sich bis in unsere Zeit fortsetzen. Eine 1998 mit großem Aufwand durchgeführte Erfassung des Wildbestandes zeigte,
dass der Gesamtbestand Ermlands und Masurens zu dem Zeitpunkt etwa 12 500 Stück
Rotwild umfasste.
Mit dem starken Anstieg der Rotwilddichte in den zurückliegenden etwa 100
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TITELTHEMA
Jahren gingen die Wildbret- und Geweihgewichte auch in der Johannisburger Heide spürbar zurück. Die durchschnittlichen
Geweihgewichte in der Reifeklasse sanken
von 10 auf 4 bis 7 Kilogramm. Um diese
Tendenz aufzuhalten beziehungsweise
umzukehren, wurden 1997 zahlreiche
Jagdbezirke mit ähnlichen Lebensraumbedingungen zu Hegegebieten zusammengefasst, die für eine einheitliche Bewirtschaftung des Wildbestandes Sorge tragen sollten. Eines dieser Hegegebiete, die Puszcza
Piska 3/1 (Johannisburger Heide) umfasst
die Oberförstereien Strzal/owo und Spychowo.
Nach einer Bestandsaufnahme im Jahre
2001 leben in diesem Hegegebiet zur Zeit
zwischen 1 300 und 1 500 Stück Rotwild.
Davon in der Oberförsterei Strzal/owo – von
der im Folgenden die Rede sein soll – 1 000
bis 1 100, in der Oberförsterei Spychowo
300 bis 400 Stück. Dies entspricht einer gegenwärtigen Wilddichte, je nach Einstandsqualität, von durchschnittlich 25 bis
35 Stück Rotwild pro 1 000 Hektar Wald.
Ziel der aktuellen Rotwild-Bewirtschaftung ist, den Wildbestand nicht weiter ansteigen zu lassen und eine Verbesserung der
Geschlechts- und Altersstruktur des Bestandes sowie eine Erhöhung der durchschnittlichen Geweihgewichte herbeizuführen. Dies auch vor dem Hintergrund,
dass die Forstverwaltung die Hirschabschüsse ganz überwiegend an ausländische
Jagdgäste beziehungsweise an das Jagdbüro G. Kahle (Jörg Eberitzsch) verkauft.
Dabei zeigte sich, dass die Zahl der durch
Jagdgäste erlegten Hirsche zwar anstieg, die
Einkünfte aus der Jagdwirtschaft aber trotzdem zurückgingen. Der absolute Tiefpunkt
war 1995 erreicht, als von exakt 100 erlegten Hirschen nur noch ein durchschnittliches Geweihgewicht – über die Altersklassen hinweg – von 3,46 Kilogramm verbucht wurde.
Was ist seither passiert? Zunächst
zeigten sehr aufwändige Erfassungen der
Wilddichte – unter anderem über Probetreiben, bei denen 50 bis 60 Mitarbeiter einige Tage im Einsatz waren – dass man den
Wildbestand bisher doch mehr oder weniger stark unterschätzt hatte. Als Reaktion
darauf setzte man den Gesamtabschuss um
durchschnittlich 20 Prozent höher an.
Weitergehende Beobachtungen zeigten
aber auch unmissverständlich, dass der Anteil älterer Hirsche viel zu niedrig lag.
Bis dato folgte man auch in der Oberförsterei Strzal/owo den Richtlinien des
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Obersten Jagdrates Polens über die Bewirtschaftung des Rotwildbestandes. Diese setzen stabile Bestände bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1 bis 1:1,5 voraus und
veranschlagen zunächst folgende Gliederung des Abschusses: Kälber = 10 bis 20 Prozent; Alt- und Schmaltiere = 40 bis 50 Prozent; Hirsche = 30 bis 40 Prozent. Dabei sehen die Pläne bei den zu erlegenden Hirschen als Näherungswerte eine Alterszusammensetzung vor, bei der 70 Prozent auf
die Jugendklasse (1. bis 4. Kopf), zehn Prozent auf die mittlere Altersklasse (5. bis 9.
Kopf) und 20 Prozent auf die obere Altersklasse (10 Jahre oder älter) entfallen.
Die Analysen und Auswertungen zeigten jedoch, dass die Anwendung dieser
Richtlinien (zumindest) in der Oberförsterei Strzal/owo nicht zum gewünschten Ergebnis führte. Denn, wie bereits erwähnt,
die Verantwortlichen und Mitarbeiter beobachteten fast keine älteren Hirsche
mehr. Der Abschuss in der oberen Altersklasse belief sich auf nur noch etwa zwei
Prozent(!) aller im Jagdjahr erlegten Hirsche. Eine Situation also, die in einigen
Rotwildringen Deutschlands durchaus
nicht unbekannt ist.
Bei der Aufstellung der folgenden Abschusspläne begann man nun schrittweise,
die Anzahl der in der Jugendklasse zu erlegenden Hirsche zu reduzieren. Dies mit
dem Ziel, den Abschuss mehr in die beiden
oberen Altersklassen zu verschieben. Dieser Prozess musste beziehungsweise muss
„reifen“, da es zunächst kaum noch alte
Hirsche gab.
Dagmar Wilde
mit ihrem
ersten Hirsch
und DeutschDrahthaarrüde
Henry. Die
Jägerin aus der
Lüneburger
Heide brachte
einen
siebenjährigen
ungeraden
Zwölfer mit 3,9
Kilogramm
Geweihgewicht
zur Strecke –
ein typischer
Abschusshirsch
der mittleren
Altersklasse
Die Reduzierung des Abschusses in der Jugendklasse zeigte aber schon bald, zumindest ansatzweise, die erwünschten Auswirkungen. Denn bereits 1999 machten die
Hirsche der oberen Altersklasse schon sechs
Prozent des gesamten Hirschabschusses aus,
und aktuell werden etwa zehn Prozent mit
steigender Tendenz erreicht. Als Zwischenergebnis steht zunächst also eine beachtliche Verfünffachung des Abschusses in
der oberen Altersklasse. Gleichzeitig senkte
man den Kälberabschuss – was dazu führte,
dass die Zahl der Hirsche in der Jugendklasse anstieg – und schraubte den Schmaltierabschuss nach oben. Unter dem Strich wird
letztlich nicht weniger Rotwild in der Oberförsterei Strzal/owo erlegt, der Abschuss gliedert sich lediglich zwischen den Geschlechtern und Altersklassen anders auf.
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KAHLES
Trotz aller
Neuerungen legt
man in Strzal/owo
auch auf
Traditionen nach
wie vor großen
Wert. Am Ende
einer jeden
Brunftwoche
wird stilvoll
„Strecke gelegt“.
Besonders
hervor sticht in
diesem Fall ein
ungerader
Achter vom
9. Kopf (2. v. r.)
Gleichzeitig wurde in einem Experiment das Jagdpersonal im Ansprechen von
Hirschen aus der Oberförsterei Strzal/owo
bezüglich der Geweihmasse und -form weitergeschult. Jeder Teilnehmer musste dabei
etwa 500 präparierte Geweihe einschätzen.
Den Jägern stand ein Fernglas zur Verfügung, und die Geweihe wurden ihnen bei
idealen Lichtverhältnissen auf eine Entfernung von 40 Metern eine Minute lang gezeigt.
Dabei offenbarten sich die aus der Praxis hinlänglich bekannten Schwierigkeiten. In einem besonderen Test wurden sieben führenden Jägern 20 Geweihe vom ungeraden 12er bis zum geraden 16-Ender
präsentiert. Die Abweichung der Schätzungen von der tatsächlichen Masse bewegten sich durchschnittlich zwischen
150 und 1000 Gramm, was ein beachtliches Ergebnis darstellt und zweifelsohne
von der Sachkunde und Erfahrung der Jäger zeugt. Überraschend dagegen ist die
Tatsache, dass relativ viele Fehlansprachen
hinsichtlich der Endenzahl erfolgten. Dies
umso mehr, wenn man bedenkt, unter welchen Bedingungen der Test erfolgte. Nicht
weniger als 32 Prozent waren Fehlansprachen. Einen ungeraden 12er sprachen alle
Jäger falsch an, bei einem ungeraden 10er
lag nur einer der sieben Jäger „in der Zehn“.
Immer unter der Prämisse der oben genannten Zielsetzung und dem bereits zuvor erfolgten „Herantasten“, setzten sich
die Verantwortlichen daran, neue Abschussrichtlinien zu entwickeln, die seit
2004 in der Hegeregion Gültigkeit haben.
Dabei sollen die neuen Regeln für den Jäger im Revier deutlich einfacher zu handhaben sein, als die bisher geltenden, und es
soll so weit wie möglich gewährleistet sein,
dass die stärksten Hirsche bis zum Erreichen der Reifeklasse im Bestand verbleiben.
Bei der Ausarbeitung der Kriterien wurden alle verlässlichen Parameter berücksichtigt: Die Alters- und Geschlechtsstruktur des Gesamtbestandes, die Struktur des
Hirschbestandes unter dem Gesichtspunkt
bestimmter Geweihformen (Endenzahl) je
nach Alter der Hirsche, die Durchschnittsmasse des Geweihs im Verhältnis zum Alter und der Geweihform – auch an Hand
von Abwurfstangen –, die Charakteristik
und absolute Zahl der Hirsche, die zur
Brunft beim Rudel stehen sowie die Erfahrungen bei der Bestimmung von Gewicht
und Endenzahl des Geweihs durch die Jäger. Sämtliche Angaben dazu wurden seit
1998 in der Oberförsterei Strzal/owo gesammelt und gemeinsam mit den Archivdaten der Forstverwaltung, zurückreichend bis zum Jahr 1989, analysiert.
Als Ergebnis wird zur Zeit nach folgenden Richtlinien gejagt: Hirsche vom 1.
Kopf sind grundsätzlich tabu. Bis zum 4.
Kopf können dann alle Geweihten bis zum
ungeraden Achter erlegt werden. In der
Altersklasse II (5. bis 9. Kopf) sind alle Hir-
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F OTOS : J ÖRG E BERITZSCH (2)
Schon in der Anfangsphase wurde dieser
Versuch durch das Institut für Jagdforschung an der Universität Krakau unter anderem durch Computersimulationen begleitet, wobei sich ebenfalls zeigte, dass der
eingeschlagene Weg im Sinne obiger Zielsetzung der richtige ist. Weiterhin wurde
mit dem Institut vereinbart, fortlaufende
Bestandserhebungen vorzunehmen, um
auch die Altersklassenverteilung sowie das
Geschlechterverhältnis im lebenden Bestand vor der Jagdzeit möglichst genau zu
erfassen.
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Die Hegeregion „Puszcza Piska 3/1“
TITELTHEMA
Weites Land
sche bis zum ungeraden Zwölfer frei, in der
Reifeklasse sind alle Hirsche – je nach Zahl
im Abschussplan – freigegeben. Abgesehen
davon, dass Schmalspießer grundsätzlich
geschont werden und in der Jugendklasse
nur bis zum ungeraden Achter, anstatt wie
üblich bis zum geraden Achter, geschossen
werden darf, weichen diese Richtlinien eigentlich nur wenig von den bekannten Regularien ab. Neu ist jedoch, dass die Geweihgewichte prinzipiell keine Rolle mehr
spielen und dass der Eingriff in die Jugendklasse zahlenmäßig deutlich verringert wurde.
Die Erfolge dieser Neuerungen sind
schon jetzt unübersehbar. Die gesammelten Abwurfstangen, die gestreckten Hirsche sowie die Beobachtungen durch die
Jäger zeigen, dass wieder vermehrt ältere,
starke Hirsche in der Oberförsterei ihre
Fährte ziehen und zur Strecke kommen.
Hinzu kommt, dass das durchschnittliche(!) Geweihgewicht in der Reifeklasse
zwischen 6,5 Kilogramm bei den geraden
Zehnern bis zu 7,8 Kilogramm bei den geraden 16-Endern schwankt. Die Maximalgewichte in den einzelnen Kategorien stie-
gen bereits wieder auf 8,5, 9 und 10,5 Kilogramm. Die Rechnung der verantwortlichen Forstbeamten in Strzal/owo geht also
offenbar auf.
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Abgleich der Geweihstufen über die Altersklassen hinweg.
Während ein gerader Zwölfer im Alter von
vier bis fünf Jahren durchschnittlich „nur“
3,3 Kilogramm Geweihgewicht erreicht,
steigert sich dieser Wert auf 4,2 kg bei den
sechs- bis siebenjährigen Zwölfern über 5,3
bei den acht- bis neunjährigen bishin zu
6,1 Kilogramm in der Reifeklasse. Und
während die Waage bei den sechs- bis siebenjährigen 16-Endern bereits bei durchschnittlich 4,7 Kilogramm stillsteht, geht
der Zeiger bei den 16-Endern der Reifeklasse im Mittel bis 7,8 Kilogramm hinauf.
Durch die mit ungeheurer Akribie und
Ausdauer zusammengetragenen Beobachtungen weiß man heute in Strzal/owo auch
recht genau über die Struktur des lebenden
Hirschbestandes Bescheid. So tragen 35
Prozent aller Hirsche – unabhängig vom Alter – ein gerades Zwölfer- oder ein endenreicheres Geweih. Von im Mittel etwa 180
Hirschen der beiden oberen Altersklassen
Die Oberförstereien Strzal/owo und Spychowo verwalten zwölf Jagdgebiete, die
mit insgesamt 82 392 Hektar die Hegeregion „Puszca Piska 3/1“ (Johannisburger Heide) im Südwesten Masurens, westlich des
Spirdingsees bilden. Die Nordgrenze der
Hegeregion bildet quasi die Verbindungsstraße zwischen den Städten Mra,gowo
(Sensburg) und Mikol/ajki (Nikolaiken).
43 336 Hektar der Puszcza Piska sind Waldflächen. Das Relief ist leicht hügelig und
von zahlreichen Seen, Teichen, Flüssen sowie Bächen durchsetzt. Das Klima ist durch
den häufigen Einfluss arktischer Luftmassen spürbar kälter als in Mittel- oder Westpolen und Deutschland.
Vor allem die großen zusammenhängenden und strukturell sehr unterschiedlichen Wälder werden von Arten bewohnt,
die aus deutschen Revieren weitgehend
verschwunden oder sehr selten sind: Dazu
zählen unter anderem Wolf, Luchs und
Elchwild. Zu den „üblichen Wildtierarten“
gesellen sich in der Hegeregion Fischotter,
Marderhund und Biber. Regelmäßig kommen auch Seeadler, Fisch- und Schreiadler
sowie Uhu in Anblick. Bestandsaufnahmen
aus den Jahren 2003 und 2004 zeigen, dass
aktuell etwa 1 150 Stück Rotwild, 1 300 Rehe und etwa 400 Sauen im Forstamt Strzal/owo ihre Fährten ziehen.
Ein weiterer Abschusshirsch der Mittelklasse: Ein ungerader Zwölfer vom 9. Kopf
(5,3 Kilogramm) aus dem Forstrevier Lisiny an der Krutyna im Osten Strzal/owos
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WILD UND HUND 18/2005
Wie aber wird die Kahlwildbejagung in
der Oberförsterei Strzal/owo gehandhabt?
Lediglich Schmaltiere werden in der Zeit
vom 15. Juli bis zum 31. August – also vor
der Brunft – durch das Jagdpersonal und die
Forstbeamten bejagt. Die Notwendigkeit
dazu ergibt sich allein schon aus dem reduzierten Kälberabschuss. Dazu Oberförster Zbigniew Ciepl/uch gegenüber WILD
UND HUND: „Die Gegner des Abschusses
von Schmaltieren im Juli und August, die
dies damit begründen, dass man versehentlich ein führendes Alttier erlegen
könnte, frage ich, wie es möglich ist, dass
dieselben Jäger, die nachts auf Sauen
schießen, zwar sicher eine Bache erkennen,
aber nicht in der Lage sind, am Tage ein
Schmaltier von einem führenden Alttier zu
unterscheiden.“
Während der Brunft wird grundsätzlich
kein Kahlwild geschossen. Darüber hinaus
F OTO : J ÖRG E BERITZSCH
werden nur etwa 30 Prozent Platzhirsche,
davon 33 Prozent in der Reifeklasse und 67
Prozent in der Altersklasse II. Von den
Platzhirschen wiederum tragen 83 Prozent
mindestens ein gerades Zwölfer- oder ein
endenreicheres Geweih.
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TITELTHEMA
Zur Nachahmung empfohlen
Ein 22-Ender mit
7,7 Kilogramm
vom 8. Kopf: Ein
Hirsch, der durch
die neuen
Richtlinien
eigentlich hätte
geschont werden
müssen. Was hätte
dieser Hirsch beim
Erreichen des
Zielalters
gebracht?!
ben selbst etwa 500 Hektar umfassen und nicht länger als zwei
Stunden dauern. An jeder Jagd
nehmen durchschnittlich 55 Jäger (auf Ansitzböcken) und etwa
ebenso viele Treiber teil.
werden Tiere und Kälber nur im Rahmen
von Bewegungsjagden im Herbst und Winter erlegt. Diese Jagden werden jeweils im
Abstand von zwei Monaten auf insgesamt
etwa 40 Prozent der Gesamtfläche veranstaltet. Pro Tag werden dann nicht mehr als
drei Treiben durchgeführt, wobei die Trei-
26
Bei der Auswahl der Stände
sowie der Organisation der Treiben räumen die Verantwortlichen der Sicherheit bei der
Schussabgabe allerhöchste Prioritität ein. Gleiches gilt für die
Möglichkeit des freien Schusses
auf anwechselndes Wild. Zonen,
in die nicht geschossen werden
darf, werden sorgfältig durch rote Markierungen gekennzeichnet. Abgesehen von Tagen mit
auch in Polen unvorhersehbaren
Witterungsbedingungen, zeigt
diese Form der Jagd fast ausnahmslos den gewünschten Erfolg. Durchschnittlich kommen
etwa 80 Stück Schalenwild, davon etwa 40 Stück Rotwild sowie
meistens auch einige Füchse und
Marderhunde zur Strecke.
Dass sich die Forstverwaltung in der Hegeregion Puszcza Piska, abgesehen von der
Eindämmung der Waldschäden, auch um
die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes sorgt, zeigt die Tatsache, dass in den
Oberförstereien Strzal/owo und Spychowo
insgesamt 270 Hektar Wiesen unterhalten
Jaja, ich weiß schon. Alles Knochenkult, reine Trophäenjagd und dergleichen mehr
werden jetzt die ultragrünen Zunftgenossen lamentieren. Doch man kann über das
Modell Strzal/owo denken wie man will. Einerseits ist es völlig legitim, die Einkünfte
aus der Jagdwirtschaft auf diese Art und
Weise zu steigern, andererseits führte es
nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-Rotwildbestandes. Und – aus politischer Sicht
ganz wichtig – die Wildschäden halten sich
auch aus Sicht der Verantwortlichen in der
Forstverwaltung vor Ort in tolerierbaren
Grenzen. Es ist also nichts passiert, was den
berühmten Zeigefinger deutscher Verwaltungsbeamter mahnend in die Höhe
schnellen lassen könnte.
Das gilt auch für den Blick aus wildbiologischer Perspektive. Das Geschlechterverhältnis schwankt je nach Einstandsgebiet und der jeweiligen Altersstruktur zwischen 1:1 und 1:1,5. Die Zahl der alten beziehungsweise älteren Hirsche ist – wie gewollt – wieder angestiegen, was auch jeder
rotwildkundige deutsche Jäger oder Wissenschaftler sicher begrüßen wird. Denn
letztlich ist auch in nicht wenigen deutschen Rotwildringen der Mangel an alten
Hirschen offensichtlich.
Ach ja, und dann wäre da noch die Wilddichte. 2,5 bis 3,5 Stück Rotwild pro 100
Hektar Wald. In weiten Teilen unseres Landes aus Sicht der Forstpartie gänzlich unvorstellbar. Doch wer die Johannisburger
Heide in ihrer Gesamtstruktur kennt, weiß,
dass man diese Region hinsichtlich ihrer
Lebensraumausstattung und menschlichen Bevölkerungsdichte nicht mit durchschnittlichen „deutschen Landen“ vergleichen kann.
Doch über eins sollte in sämtlichen Diskussionen auch in Deutschland ausnahmsweise und grundsätzlich Einigkeit bestehen: Pflanzenfresser fressen Pflanzen! Um
zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss
man weder ein Freund überhöhter Wilddichten sein, noch muss man deswegen
Wildschäden ignorieren.
Andreas David
werden, von denen wechselweise etwa 80
Hektar jährlich gemäht werden, um über
die komplette Vegetationsperiode hinweg
frische Äsung „bereitzustellen“. Hinzu
kommen 46 Hektar Wildäcker. Als Beispiele weiterer Maßnahmen seien an dieser
Stelle die Pflege von Obstbäumen sowie die
Freihaltung offener Feuchtgebiete genannt.
F OTOS : J ÖRG E BERITZSCH (2)
Klaus Eberitzsch
mit seinem
achtjährigen
ungeraden Zwölfer.
Erlegt am
15. September
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WILD UND HUND 18/2005
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020_027_Alte_Hirsche
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