Seite 1 von 7 Extremismusbereich - Verfassungsschutz

Transcription

Seite 1 von 7 Extremismusbereich - Verfassungsschutz
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
VOLKSKONGRESS KURDISTANS (KONGRA GEL)
Extremismusbereich:
Linksextremistischer Ausländerextremismus
Gründung:
1978 als  ARBEITERPARTEI KURDISTANS
(PKK) in der Türkei,
weitere Bezeichnungen:
 FREIHEITS-UND DEMOKRATIE-KONGRESS
KURDISTANS (KADEK)1, KONGRA GEL;
 GEMEINSCHAFT DER KOMMUNEN IN
KURDISTAN (KKK),
 Vereinigte GEMEINSCHAFTEN KURDISTANS
(KCK),
Betätigungsverbot in Deutschland:
seit 26. November 1993
(KADEK und KONGRA GEL sind vom
Betätigungsverbot der PKK mit umfasst)
Sitz:
Nordirak / Kandilgebirge
Vorsitz:
Zübeyir AYDAR
Teil-, Nebenorganisationen:
u. a.  KOORDINATION DER KURDISCHDEMOKRATISCHEN GESELLSCHAFT IN EUROPA
(CDK)
Publikationen:
u. a.  SERXWEBUN
Kennzeichen:
Historie und Strukturentwicklung in der Türkei
Die  PKK wurde 1978 unter maßgeblicher Beteiligung Abdullah ÖCALANs gegründet, um
Forderungen nach einem autonomen Kurdenstaat durchzusetzen. Sie entwickelte sich
sowohl in der Türkei als auch in Europa zur anhängerstärksten und militantesten
Kurdenorganisation. ÖCALAN übte seit Beginn die Funktion des Generalsekretärs aus,
woran auch seine Inhaftierung im Februar 1999 nichts änderte.
1986 gründete die  PKK die VOLKSBEFREIUNGSARMEE KURDISTANS (ARGK) und setzte den
1984 von den BEFREIUNGSEINHEITEN KURDISTANS (HRK) begonnenen bewaffneten Kampf
gegen den türkischen Staat fort, dem mehr als 37.000 Menschen zum Opfer fielen. Auch
außerhalb des Territoriums der Türkischen Republik bediente sie sich terroristischer Mittel.
So unternahm die  PKK auch in Deutschland Versuche, den bewaffneten Kampf in der
Türkei durch gewalttätige Aktionen zu unterstützen, was im November 1993 zum
Betätigungsverbot der Organisation und ihr angeschlossener Nebenorganisationen in der
Bundesrepublik führte. Das Verbot umfasst auch die 2002 bzw. 2003 gegründeten PKKNachfolgeorganisationen  KADEK und KONGRA GEL.
Seit Mitte der neunziger Jahre handelt die PKK-Führung offensichtlich nach einer
Doppelstrategie. Einerseits unterbreitete sie der türkischen Regierung in Abständen
1
Die PKK und ihre Teil- und Nebenorganisationen führten im Laufe ihrer 30-jährigen Geschichte wechselnde
Bezeichnungen, hauptsächlich um behördlichen Maßnahmen zu entgehen oder einen angeblich ideologischen Wandel zu
demonstrieren. Eine wesentliche inhaltliche Veränderung war damit nicht verbunden.
Seite 1 von 7
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
einseitige Waffenstillstandsangebote, andererseits wurde der militärische Kampf in der
Türkei nicht beendet. Während die  PKK in den zurückliegenden Jahren in Europa um ein
gewaltfreies Erscheinungsbild bemüht war, agierte sie in der Türkei weiterhin militant.
Auch der von Abdullah ÖCALAN – nach dessen Festnahme am 15. Februar 1999 in Kenia –
verkündete Kurswechsel in der Politik der  PKK, führte langfristig nicht zum Verzicht auf
die Anwendung von Gewalt. Während eines gegen ihn gerichteten Prozesses vor dem
türkischen Staatssicherheitsgericht verkündete ÖCALAN die so genannte Friedensstrategie
und verzichtete nun auch auf die Forderung nach einem autonomen Kurdenstaat. Zudem
propagierte er, dass sich die  PKK zu einer politischen Kraft wandeln solle, die sich als
gleichberechtigter Verhandlungspartner in der Türkei für die kulturellen und nationalen
Minderheitenrechte
der
Kurden
einsetzt.
Um
den
angekündigten
Wandel
öffentlichkeitswirksam darzustellen, organisierten die Führungsfunktionäre zu Beginn der
2000er Jahre u. a. verschiedene „Friedensinitiativen“ und benannten ihren militärischen Arm,
die ARGK in  VOLKSVERTEIDIGUNGSKRÄFTE (HPG) um.
Dem so genannten Friedensabsichten stehen jedoch die seit dem Sommer 2004 in der
Türkei erneut durchgeführten terroristischen Anschläge auf wirtschaftliche und touristische
Ziele entgegen. Diese standen offensichtlich im Zusammenhang mit dem KONGRA GEL. So
veröffentlichte die ÖZGÜR POLITIKA2 eine Selbstbezichtigung der  FREIHEITSFALKEN
KURDISTANS (TAK), die nach eigenen Angaben 2004 aus den Guerillaeinheiten des
KONGRA GEL hervorgegangen ist. Die  TAK verübt Sprengstoffanschläge in türkischen
Städten und Urlaubsgebieten. In den Jahren 2006 bis 2008 fielen Anschlägen der
Gruppierung über 240 Menschen, hauptsächlich Touristen, zum Opfer. 16 von ihnen wurden
dabei tödlich verletzt. In Westeuropa sind bislang keine Strukturen der  TAK festzustellen.
2002 löste sich die  PKK offiziell auf. Grund hierfür war die Aufnahme der  PKK in die
Liste der terroristischen Vereinigungen der Europäischen Union (EU), die erstmals im Mai
2002 veröffentlicht wurde. Ebenso erfolgte die Aufnahme in eine vergleichbare Liste der
USA. Mit der Auflösung beabsichtigte die  PKK, möglichen – daraus resultierenden –
Konsequenzen vorzubeugen. Im April 2002 gründete sich der  KADEK, dessen gleiche
Strukturen und Ziele darauf hinwiesen, dass die  PKK lediglich umbenannt worden war.
Auch die Auflösung des  KADEK im November 2003 und die gleichzeitige Gründung des
KONGRA GEL sollte eine politische Neuausrichtung signalisieren. Gleichwohl wurden beide
Organisationen von der EU als Nachfolgeorganisationen der  PKK definiert und im April
2004 auf die Liste terroristischer Organisationen übernommen.
2005 veröffentlichte ÖCALAN das von ihm entwickelte System der  GEMEINSCHAFT DER
KOMMUNEN IN KURDISTAN (kurdische Bezeichnung: KOMA KOMALEN KURDISTAN - KKK) als
„Grundgesetz der kurdischen Demokratie“3. Ziel ist die Schaffung eines föderalen Verbundes
aller Kurden im Nahen Osten4, ohne die bestehenden Staatsgrenzen anzutasten. Basierend
auf dieser APOistischen5 Philosophie soll die  PKK als ideologische Kraft neu aufgebaut
werden. Folgerichtig übernahmen auch die zielgruppenorientierten Massenorganisationen6
des KONGRA GEL dieses neue Organisationsprojekt.
2
3
4
5
6
Bei der ÖZGÜR POLITIKA handelt es sich um eine türkischsprachige Tageszeitung, die als „Sprachrohr des KONGRA
GEL“ galt. (Vgl. Verfassungsschutzbericht des Bundesministeriums des Innern 2004.).
ÖZGÜR POLITIKA vom 5. Juni 2005, S. 14
Kurdische Siedlungsgebiete im Nahen Osten liegen auf den Territorien der Türkei, des Iraks, Irans und Syriens.
APO ist der Name für ÖCALAN, mit dem seine Anhänger ihre Zuneigung ausdrücken.
Zu diesen gehören z. B. die Jugendorganisation  KOMALEN CIWAN (sinngemäß „Gemeinschaft der Jugendlichen“), die 
KURDISCHE FRAUENBEWEGUNG IN EUROPA (AKKH) und die Studentenorganisation  UNION DER STUDENTINNEN AUS
KURDISTAN (YXK).
Seite 2 von 7
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
Am 1. Juni 2007 berichtete die Presseagentur ANF7 über die 5. Generalversammlung des
KONGRA GEL. Dort sei beschlossen worden, dass der KKK zu den  VEREINIGTEN
GEMEINSCHAFTEN KURDISTANS (KCK)8 umgewandelt wird, als deren „Führer“ in offiziellen
Verlautbarungen ÖCALAN genannt wird. Es wurde betont, dass die neue  PKK eine
Vorreiterrolle in der Kaderpolitik zu übernehmen habe, um die ideologischen Grundlagen zu
festigen. Der KONGRA GEL sei das oberste Beschluss fassende und legislative Organ
innerhalb dieser Gemeinschaft. Außerdem solle die Schlagkraft der Verteidigungskräfte
erhalten bleiben.
Die bislang dreißigjährige Geschichte der  PKK wird in absehbarer Zeit kein Ende finden.
Die Organisation gibt den Alleinvertretungsanspruch für alle Kurden nicht auf.
Umbenennungen und neue Programme stellen immer neue Versuche dar, politisches
Mitspracherecht mit Argumenten oder mit Gewalt zu erlangen. Auf Grund der Tatsache, dass
sie nach wie vor bewaffnete Kräfte unterhält, wird ihr die Anerkennung als lediglich politische
Kraft nicht zuteil.
Historie und Strukturentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropa
Wegen des erhöhten Verfolgungsdrucks in der Türkei hatten viele Kurden ihr Land
verlassen. Insbesondere die Bundesrepublik Deutschland war das Ziel. Hier befindet sich mit
ca. 500.000 Personen auch heute noch die größte Gruppe der kurdischen Diaspora. Rund 2
% dieses Personenkreises hängen der  PKK, ihren Nachfolge- bzw. ihren
Nebenorganisationen an. Das Mobilisierungspotential kann allerdings das Mehrfache
betragen.
Struktur des KONGRA GEL
1985 gründeten die Mitglieder und Anhänger der  PKK in Europa die  NATIONALE
BEFREIUNGSFRONT KURDISTANS (ERNK). Die Organisation sicherte sich mittels
zielgruppenorientierter Massenorganisationen für Frauen und Jugendliche sowie Berufsoder religiöse Gruppen ihren Einfluss auf alle hier ansässigen Kurden. Örtliche Vereine für
Mitglieder und Anhänger wurden installiert und unter dem Dach der FÖDERATION DER
7
8
Die FIRAT NACHRICHTENAGENTUR (AJANSA NUÇE A FIRATE – ANF) verbreitet die den KONGRA GEL betreffenden
Nachrichten.
KOMA CIVÂKEN KURDISTAN.
Seite 3 von 7
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
PATRIOTISCHEN
ARBEITER- UND
BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND e. V.
KULTURVEREINIGUNGEN AUS KURDISTAN
(FEYKA-Kurdistan) zusammengeschlossen.
IN
DER
Die  ERNK organisierte in ihrer Funktion als Frontorganisation der  PKK die häufig
gewalttätigen Proteste der PKK-Anhänger. In der Bundesrepublik Deutschland kam es
insbesondere Anfang der 1990 Jahre zu Anschlägen auf offizielle türkische Vertretungen und
Einrichtungen sowie auf türkische Unternehmen und Vereine. Auf Grund dieser
Gewalthandlungen, die auch ein Todesopfer forderten, belegte der Bundesminister des
Innern die  PKK und ihre Teil- und Nebenorganisationen ab 1993 mit einem
Betätigungsverbot. Etliche Organisationen versuchten durch Neugründungen, dieses Verbot
zu umgehen. So entstand zum Beispiel 1994 als Nachfolger der FEYKA-Kurdistan der neue
Dachverband für kurdische Vereine, die  FÖDERATION KURDISCHER VEREINE IN
DEUTSCHLAND e. V. (YEK-KOM).
Die gewalttätigen Aktivitäten stellte die Organisation jedoch erst ein, nachdem ÖCALAN
1996 einen Gewaltverzicht für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erklärt hatte. Das
öffentliche Erscheinungsbild der  PKK in Deutschland war seither durch politische
Demonstrationen geprägt. Nach der Entführung ÖCALANs im Februar 1999 aus Nairobi
(Kenia) kehrte die Organisation zumindest vorübergehend auch in Deutschland zur
Gewaltanwendung zurück. Eine Vielzahl von diplomatischen Einrichtungen der Türkei,
Griechenlands, Israels und Kenias9, in Einzelfällen auch Parteibüros der SPD, wurden – u. a.
in Leipzig – besetzt. Die Besetzer nahmen Geiseln und verübten erhebliche
Sachbeschädigungen. Besonders dramatisch endete die versuchte Besetzung des
Israelischen Generalkonsulats in Berlin, bei der vier Kurden durch Sicherheitskräfte des
Konsulats erschossen wurden. Zu einem erneuten Ausbruch von Gewalttätigkeiten kam es
im Juni/Juli 1999 nach der Verkündung des Todesurteils gegen ÖCALAN. Dessen Anhänger
verübten Brandanschläge und Sachbeschädigungen gegen türkische Einrichtungen. Diese
Gewaltausbrüche wirkten sich kontraproduktiv auf das von der  PKK angestrebte Image
aus.
Um die von ÖCALAN 1999 nach seiner Inhaftierung verkündete neue Politik der
Verständigung zu unterstreichen, löste sich die vom Betätigungsverbot für die  PKK
mitbetroffene  ERNK auf. Unmittelbar darauf entstand die KURDISCHE DEMOKRATISCHE
VOLKSVEREINIGUNG (YDK), die auf Grund ihrer Struktur, personeller Verflechtungen und Ziele
lediglich eine Umbenennung der  ERNK darstellte.
Nach der Aufnahme der  PKK in die Terrorliste der EU gaben sich auch ihre Teil- und
Nebenorganisationen in Europa neue Namen. Die UNION DER JUGENDLICHEN AUS KURDISTAN
(YCK) wurde 2003 durch die BEWEGUNG DER FREIEN JUGEND KURDISTANS (TECAK) ersetzt.
Die TECAK ist 2005 in  KOMALEN CIWAN – sinngemäß „Gemeinschaft der Jugendlichen“ –
umbenannt worden. In Ablösung der YDK gründete sich 2004 die  KOORDINATION DER
KURDISCHEN DEMOKRATISCHEN GESELLSCHAFT IN EUROPA (CDK).
Der Bundesminister des Innern stellte fest, dass die neuen Bezeichnungen lediglich
Aliasnamen darstellten und erweiterte das Betätigungsverbot für die  PKK und die 
ERNK in der Bundesrepublik Deutschland auf den  KADEK, den KONGRA GEL, die YDK
und die  CDK. Ungeachtet dessen setzten sich die Aktivitäten der Organisationen
unverändert fort.
9
Den genannten Ländern warf die PKK eine Beteiligung an der Festnahme ÖCALANs vor.
Seite 4 von 7
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
Die  CDK hat, wie ihre Vorgängerorganisationen, ihre Einflusssphären in Deutschland
streng hierarchisch und territorial gegliedert. Die Strukturen bestehen aus Gebieten (Bölge)
und Teilgebieten (Alan). Je nach zugehöriger Anhängerzahl wird eine weitere Unterteilung in
Räume vorgenommen. Die Gebiete werden zusätzlich in Serits10 (auch Saha)
zusammengefasst.
Zu den konspirativen Strukturen der Organisation gehört das so genannte  HEIMAT- oder
 ÜLKE-BÜRO, das hauptsächlich für die Schleusung von Funktionären und Fälschung von
Pässen verantwortlich ist.
Historie und Strukturentwicklung im Freistaat Sachsen
Das KONGRA GEL-Gebiet Sachsen ist in etwa mit dem Territorium des Freistaates Sachsen
identisch. Das Gebiet ist in die Teilgebiete Leipzig, Dresden und Chemnitz eingeteilt. Auch
hier sind Vereine ansässig, die dem Dachverband  YEK-KOM zugeordnet werden.
Als erster Verein entstand 1995 die DEMOKRATISCHE EMIGRANTEN UNION IN DRESDEN e. V.
Der Verein wurde wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz im Juni
1998 von der Polizei durchsucht. Im Juli 1999 ließ sich der DEUTSCH-KURDISCHE
FREUNDSCHAFTSVEREIN e. V. in Dresden in das Vereinsregister eintragen. Ihm folgte im April
2004 der Verein KURDISCHES KULTURZENTRUM e. V., der sich im Oktober 2004 in
 KURDISCHES KULTURZENTRUM SACHSEN e. V. umbenannte. Letzterer wurde im Rahmen
polizeilicher Ermittlungen gegen einen CDK-Funktionär im April 2005 von der Polizei
durchsucht. Seither gingen die Aktivitäten des Vereins stark zurück und wurden ab 2006
nicht mehr festgestellt.
Im Oktober 1997 gründete sich der JIYAN – VEREIN FÜR DEUTSCH-KURDISCHE FREUNDSCHAFT
LEIPZIG e. V. Seine Vereinsräume wurden im Februar 1999 geschlossen, nachdem sich
Anhänger ÖCALANs, vorwiegend aus Sachsen, an den gewalttätigen Protesten gegen
dessen Entführung beteiligt, das Griechische Generalkonsulat in Leipzig besetzt und dort
auch Geiseln genommen hatten.11 Im Februar 2001 meldete sich der Verein  KURDISCHES
HAUS LEIPZIG e. V. beim Vereinsregister an. Mutmaßliche Verstöße gegen das Vereinsgesetz
und weitere Gesetzesverletzungen veranlassten die Polizei im April 2004 zu
Durchsuchungsmaßnahmen.
Im Regierungsbezirk Chemnitz entstand im Jahr 2000 der DEUTSCH-KURDISCHE
FREUNDSCHAFTSVEREIN e. V. in Zwickau, der im Januar 2009 aus dem Vereinsregister
gelöscht wurde.
Alle sächsischen Vereine beteiligten sich mit ihren Mitgliedern und Anhängern an KONGRA
GEL-initiierten Kampagnen und Großveranstaltungen. Eigene Aktivitäten der Vereine in
Sachsen sind in den letzten Jahren rückläufig, was nicht zuletzt auf den starken
Verfolgungsdruck durch die Sicherheitsbehörden des Freistaates zurückzuführen sein
dürfte.12
Im Mittelpunkt noch verbliebener Aktivitäten für den KONGRA GEL in Sachsen steht der
Verein KURDISCHES HAUS LEIPZIG e. V.
10
Serit Nord, Mitte und Süd. Die Grenzen der territorialen  CDK-Einteilungen stimmen nicht exakt mit den politischen der
Bundesrepublik Deutschland überein.
11
Vergleiche Abschnitt „Historie und Strukturentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropa.“
12
In mehreren Fällen wurden im Freistaat Sachsen tätige Aktivisten der  PKK/des KONGRA GEL wegen Verstoßes gegen
§ 20 VereinsG verurteilt.
Seite 5 von 7
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
Entwicklung des Mitgliederpotenzials des
KONGRA GEL im Freistaat Sachsen
500
400
350 350 350 350
300 300
300
270 270 250
200
200
100
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
0
Ideologie / Politische Zielsetzung
Das Programm der  PKK war anfangs noch streng von marxistisch-leninistischen und
nationalen Grundsätzen geprägt und favorisierte den aktiven „revolutionären Kampf“. Ziel
war die Errichtung eines sozialistischen Kurdenstaates.
Nach der Inhaftierung ÖCALANs im Jahr 1999 und seinem Aufruf zur Beendigung des
bewaffneten Kampfes änderte die Organisation ihre Strategie und Ideologie, um sich als
politischer Gesprächspartner zu präsentieren. Nunmehr wurde eine gewaltfreie Form des
Widerstandes proklamiert und in Westeuropa auch überwiegend praktiziert. Die Führung gab
die marxistisch-leninistische Ausrichtung auf. Das Ziel eines eigenen Kurdenstaates wurde
durch die Forderung nach politischer und kultureller Autonomie in einem föderalen
Staatsgefüge innerhalb bestehender Staatsgrenzen abgelöst.
ÖCALAN entwickelte neue Ideen für länderübergreifende Bündnisse der Kurden im Nahen
Osten. In jedem Fall sah er sich und seine Organisation als führende Kraft mit dem
Anspruch, allein die Interessen aller Kurden zu vertreten. Die Guerilla blieb stets Bestandteil
aller Modelle, um die „legale Verteidigung“ zu sichern.
Bereits im Programm des  KADEK beschrieb er 2002 sein Ziel der „Demokratischen Union
des Nahen Ostens“ in Form einer Föderation. Dabei solle jeder Teil „Kurdistans“ mit dem
Land, in dem er liegt, ein Ganzes bilden.13
2005 stellte ÖCALAN sein Projekt des „Demokratischen Konföderalismus“ vor. In einer
demokratischen Konföderation sieht er die Lösung der Probleme des kurdischen Volkes, des
Nahen Ostens und der ganzen Welt.14 Dafür will er eine nicht staatliche Demokratieform „in
allen vier Teilen Kurdistans“ etablieren, die weder Staatsgrenzen noch Staaten zerstört. 15
Ideologische Kraft in diesem System soll die wieder aufgebaute  PKK sein. Im
Gründungsabkommen des  KKK16 definierte sich der KONGRA GEL als höchster
demokratischer Volkswillen des KKK und als „Gesetzgebende Versammlung“. 2007
beschloss die KONGRA GEL-Führung die Umwandlung des  KKK in die  KCK.
Damit ist der KONGRA GEL eine Bestrebung im Sinne des Sächsischen
Verfassungsschutzgesetzes (SächsVSG). Er gefährdet zum Einen durch Anwendung von
Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der
Bundesrepublik Deutschland (§2 Abs. 1 Nr. 3 SächsVSG). Zum Anderen richtet er sich
13
Die kurdischen Siedlungsgebiete im Nahen Osten erstrecken sich über die Territorien der Türkei, Syriens, Irans und Iraks.
ÖZGÜR POLITIKA vom 11. März 2005, S. 1, 4.
15
ÖZGÜR POLITIKA vom 12. März 2005, S. 4,
16
ÖZGÜR POLITIKA vom 2. Juni 2005, S. 1.
14
Seite 6 von 7
Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere das friedliche Zusammenleben
der Völker (§2 Abs. 1 Nr. 3a SächsVSG).
Allgemeine Aktivitäten
Die Aktivitäten des KONGRA GEL und seiner Anhänger sind auf der einen Seite
gekennzeichnet durch gewaltfreie Proteste in Europa, oft organisiert in Großdemonstrationen
mit tausenden Anhängern. Auf der anderen Seite dauern die bewaffneten
Auseinandersetzungen mit dem türkischen Militär im Grenzgebiet zwischen Nordirak und der
Türkei an. Auch wurden seit 2004 wieder Terroranschläge auf wirtschaftliche Einrichtungen
und touristische Gebiete in der Türkei verübt, die Verletzte und Tote forderten. Diese werden
den  TAK zugeschrieben.
In Westeuropa werden jährlich Großveranstaltungen anlässlich kurdischer Feiertage oder in
Erinnerung an die Organisation betreffende Ereignisse begangen. So nutzt der KONGRA
GEL jährlich das Newrozfest als Plattform für politische Propaganda. Anlässlich des
Jahrestages der Verhaftung ÖCALANs demonstrieren seine Anhänger regelmäßig im
Februar in Straßburg (Frankreich). Das „Internationale kurdische Kulturfestival“ findet
jährlich, meist Anfang September, statt. Darüber hinaus richtet die Jugendorganisation 
KOMALEN CIWAN jährlich das „Mazlum Dogan Jugend-, Kultur- und Sportfestival“ und die 
YJA das „ZILAN-Frauenfestival“ aus.
Lokale Protestdemonstrationen, organisiert durch die örtlichen Vereine, folgen insbesondere
auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden, wie Durchsuchungen von Vereinslokalen oder
Festnahmen von Funktionären der Organisation. In diesem Zusammenhang kommt es auch
in Deutschland zeitweise zu gewalttätigen Aktionen von Jugendlichen, die teilweise
eindeutigen KONGRA GEL-Bezug haben.
Für seine umfangreichen Aktivitäten, den Organisationsapparat und nicht zuletzt für die
Ausrüstung der  HPG benötigt der KONGRA GEL erhebliche finanzielle Mittel. Zu diesem
Zweck finden jährlich zwischen September und März großangelegte Spendenkampagnen
statt. Bei diesen werden von den Mitgliedern und Anhängern Beträge mindestens in der
Größenordnung eines Monatseinkommens eingefordert. Weitere Finanzquellen sind der
Verkauf von Propagandamaterial, Mitgliedsbeiträge in Vereinen und Erlöse der
Großveranstaltungen.
Seite 7 von 7

Documents pareils