Kurzinformation über wichtige Ereignisse und Aktivitäten
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Kurzinformation über wichtige Ereignisse und Aktivitäten
Dresden, den 7. Mai 2008 Kurzinformation über wichtige Ereignisse und Aktivitäten extremistischer Organisationen im Monat März 2008 Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen 2 Inhaltsübersicht 1. Rechtsextremismus Ereignisse mit rechtsextremistischem Hintergrund Polizei verhindert rechtsextremistisches Konzert ...........................................................3 „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) .........................................................................3 Kurzmeldungen ...........................................................................................................4 2. Linksextremismus Ereignisse mit linksextremistischem Hintergrund Demonstration „Gegen rechte Strukturen. In Reudnitz. Wie überall.“ am 1. März 2008 in Leipzig...........................................................................................5 3. Ausländerextremismus 3.1 Islamismus/Islamistischer Terrorismus Mutmaßlicher Selbstmordanschlag eines türkischen Islamisten aus Deutschland am 3. März 2008 in Afghanistan ................................................................6 Reaktionen von Usama BIN LADIN auf die erneute Veröffentlichung von Muhammmad-Karikaturen in europäischen Zeitungen ............................................6 3.2 Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Kurden – „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA GEL) Kampagne „Êdî Bese!“ (Es reicht!) ................................................................................7 Veranstaltungen anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes „Newroz“.............................7 3 1. Rechtsextremismus Ereignisse mit rechtsextremistischem Hintergrund Polizei verhinderte rechtsextremistisches Konzert Am 15. März 2008 verhinderte die Polizei ein geplantes Konzert in Horka (Niederschlesischer Oberlausitzkreis). Bei dieser Veranstaltung sollten mehrere rechtsextremistische Musikgruppen, darunter „Sachsonia“ aus Dresden und „White Blizzard“ aus Sachsen-Anhalt, auftreten. Den rund 150 angereisten Szeneangehörigen wurden Platzverweise erteilt. Am selben Tag führte die rechtsextremistische Szene zwei andere Konzerte durch. Die Veranstaltungen fanden in anderen Regionen Sachsens statt. „Heimattreue Deutsche Jugend e. V.“ (HDJ) Vom 24. bis 29. März 2008 veranstaltete die rechtsextremistische HDJ ein Osterlager in einem Schullandheim in Limbach (Vogtlandkreis) mit ca. 50 Teilnehmern. Hintergrund: Der seit 2001 unter der Bezeichnung HDJ auftretende Verein wurde 1990 zunächst unter dem Namen „Die Heimattreue Jugend 1990 - Bund für Umwelt, Mitwelt und Heimat e. V.“ (DHJ) in Folge eines 1988 entbrannten Richtungsstreits im „Bund Heimattreuer Jugend e. V.“ (BHJ) gegründet. Publikation ist der meist vierteljährlich erscheinende „Funkenflug“. Der in Berlin ansässigen Bundesführung sind die „Leitstellen“ „Nord“ (Hamburg), „Mitte“ (Dresden), „West“ (Detmold/Nordrhein-Westfalen) und „Süd“ (Alzenau/Bayern) unterstellt. Darüber hinaus existieren noch „Einheiten“ mit regionalen Zusatzbezeichnungen. Der eigentlichen Organisation sind verschiedene sogenannte Freundes- und Familienkreise (FFK) angegliedert. Diese dienen sowohl der materiellen und organisatorischen Unterstützung als auch der Einbindung ganzer Familien in die Kernorganisation als Schnittstelle zwischen den Generationen. Kinder und Jugendliche sollen durch vordergründig unpolitische Veranstaltungen wie Zeltlager, Fahrten und Ertüchtigungsspiele in die Arbeit des Vereins eingebunden werden. Die HDJ verfolgt dabei in erster Linie politische Ziele. Aggressiv wird die Ablehnung der Verhältnisse in der Bundesrepublik formuliert: „Man spricht von Demokratie, von der Herrschaft des Volkes und in Wirklichkeit herrschen Cliquen, Kartelle und Klubs. Man spricht von Patriotismus aber liebedienert mit allem Fremden und schikaniert die, die ihre Heimat wirklich lieben. (...) Trotzig sagen wir dieser Zeit und diesen Zuständen den Kampf an!“1 Den Gedanken der Volksgemeinschaft beschwört ein Verfasser im „Leitsatz für das Jahr 2006“ mit den Worten: „Wenn für Dich Dein Volk alles ist und Du bereit bist, für das, was Du liebst, aufzustehen, alles zu wagen, und zu kämpfen, dann ist Dein Platz bei uns!“2 Dagegen wird die Zeit der Hitlerdikatatur positiv reflektiert. So 1 „Funkenflug“, Heft 1 / Frühjahr 2005, Seite 3. 2 „Funkenflug“, Heft 1 / Frühjahr 2006, Seite 17. 4 heißt es beispielsweise in einer Buchbesprechung über „Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit im Dritten Reich“: „Wie wurde jedoch 1932 bis 1934 der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit geführt und mit welchem Erfolg? (...) Eigene Konzepte müssen her, vielleicht aber mit Anlehnung an die erfolgreichen Maßnahmen der 1930er Jahre.“ 3 Die Staatsanwaltschaft Neuruppin führt derzeit Ermittlungsverfahren gegen neun Mitglieder der HDJ wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (Uniformverbot). Die Polizei in Osnabrück ermittelt gegen Mitglieder der HDJ wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Anlässlich des Pressefestes der rechtsextremistischen „Deutsche Stimme“-Verlag mbH am 5. August 2006 in Dresden soll ein Fanfarenzug der HDJ aufgetreten sein. Außerdem sollen Vertreter der HDJ Informationsmaterial verteilt und Tänze dargeboten haben. Am 2. Dezember 2006 beteiligte sich die HDJ mit einem Infotisch an einer Saalveranstaltung der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) in Struppen (Lkr. Sächsische Schweiz). Nach eigenen Angaben in der Publikation „Funkenflug“ soll im Frühjahr 2007 die o. g. „Einheit Sachsen/Niederschlesien“ (Mitte) mit Sitz in Dresden gegründet worden sein. In der Publikation wird über mehrere Veranstaltungen dieser „Einheit“ berichtet: Im Juli 2007 habe man eine Wanderung, Ende September einen „Erntedank mit Volkstanz“, Ende Oktober ein „Einheitstreffen“ und im November eine „Heldengedenkveranstaltung“ durchgeführt. Kurzmeldungen § Am 9. März 2008 fanden in Calbe (Sachsen-Anhalt) die Parteitage der Landesverbände Sachsen und Thüringen der „Deutschen Volksunion“ (DVU) statt. Nach eigenen Angaben sollen ca. 400 Personen teilgenommen haben. Neuer sächsischer Landesvorsitzender ist der Rechtsanwalt Ingmar KNOP. Er ist ebenfalls Landesvorsitzender der Partei in SachsenAnhalt und Mitglied im Stadtrat von Dessau. Als Redner trat u. a. der Bundesvorsitzende Dr. Gerhard FREY auf. 3 „Funkenflug“, Heft 3 / Herbst 2006, Seite 7. 5 2. Linksextremismus Ereignisse mit linksextremistischem Hintergrund Demonstration „Gegen rechte Strukturen. In Reudnitz. Wie überall.“ am 1. März 2008 in Leipzig An der Veranstaltung beteiligten sich zeitweise bis zu 1.000 Personen, darunter auch mehrere hundert Autonome. Die Mobilisierung zu der Veranstaltung erfolgte im Internet auch auf von Linksextremisten genutzen regionalen und überregionalen Seiten unter dem Motto „Nicht mehr euer Bier – Antifaschistische Demonstration gegen Nazistrukturen und deutsche Zustände“. Zudem wurde mittels Flyern und Aufklebern in Leipzig und Dresden sowie durch eine Vorbereitungsveranstaltung am 27. Februar 2008 im Leipziger „Conne Island“ für die Teilnahme innerhalb der autonomen Szene geworben. Während der friedlich verlaufenden Veranstaltung zeigten die zum Teil vermummten Teilnehmer u. a. Transparente mit der Aufschrift „Das Problem ist Deutschland! – Nazistrukturen und deutsche Zustände angreifen“, „Kommunismus statt Deutschland“, „Schöner Leben ohne Naziläden“ und zahlreiche Antifa-Fahnen. Außerdem wurden Flyer verteilt, die zur Teilnahme an einer Demonstration am 8. März 2008 in Dessau gegen eine rechtsextremistische Veranstaltung aufriefen. Die Polizei verhinderte Störungen während des Aufzugs bzw. im Umfeld der Demonstration. Innerhalb der linksextremistischen Szene wird die Demonstration überwiegend positiv bewertet. Im Internet wird in verschiedenen Beiträgen die baldige Fortsetzung der Aktionen und mehr Entschlossenheit und Militanz gefordert. 6 3. Ausländerextremismus 3.1 Islamismus/ Islamistischer Terrorismus Mutmaßlicher Selbstmordanschlag eines türkischen Islamisten aus Deutschland am 3. März 2008 in Afghanistan Mitte März 2008 mehrten sich Pressemitteilungen über einen türkischstämmigen Islamisten aus Ansbach (Bayern), der möglicherweise Anfang März 2008 einen Selbstmordanschlag in Afghanistan verübt hat. Der 28-jährige Cüneyt CIFTCI soll enge Kontakte zu der im Herbst 2007 im Sauerland ausgehobenen Terrorzelle der „Islamischen Jihad-Union“ (IJU) gehabt haben. Im Frühjahr 2007 habe er seinen Job gekündigt und sei in die Türkei ausgereist. Die usbekische IJU behauptete in einem Bekennerschreiben im Internet, CIFTCI habe am 3. März 2008 das Attentat auf einen US-Stützpunkt in Ost-Afghanistan verübt. Reaktion von Usama BIN LADIN auf die erneute Veröffentlichung von MuhammadKarikaturen in europäischen Zeitungen Am 19. und 20. März 2008 wurden im Internet-Forum „al-Ekhlaas“ zwei Verlautbarungen von Usama BIN LADIN verbreitet. Die fünfminütige Erklärung mit englischen Untertiteln vom 19. März 2008 war BIN LADINs erste öffentliche Verlautbarung in diesem Jahr. Darin droht er Europa wegen der im Februar 2008 in verschiedenen dänischen, aber u. a. auch deutschen Zeitungen erneut abgedruckten Muhammad-Karikaturen mit Vergeltung. Die Europäer müssten sich auf eine „Abrechnung“ einstellen. Die Karikaturen des Propheten Muhammad seien ein Angriff auf die Muslime, der noch schwerer wiege „als das Töten von Frauen und Kindern“ in Afghanistan. Sie seien ebenso Teil eines „neuen Kreuzzuges“ gegen den Islam, mit dem die Feinde im Westen und auch der Papst angeblich die Glaubensstärke der Muslime testen wollten. Diesmal würden Taten folgen, keine Worte. Obwohl BIN LADIN kein europäisches Land namentlich benennt, richtet sich die Drohung implizit gegen alle EU-Staaten. Die islamische Welt wird aufgerufen, auf diese „Hetzkampagne“ zu reagieren. Die zweite Erklärung vom 20. März 2008 steht inhaltlich mit der ersten nicht im Zusammenhang. In ihr ruft der „al-Qaida“-Führer zu einem „Heiligen Krieg“ für die Befreiung Palästinas auf. 7 3.2 Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Kurden – „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA GEL) Kampagne „Êdî Bese!“ (Es reicht!) Am 1. März 2008 demonstrierten 60 bis 80 Personen in Leipzig unter dem Motto „Es reicht – Schluss mit Vernichtung und Krieg gegenüber dem kurdischen Volk“. Als Anmelder trat die „Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V.“ (YEK-KOM)4 auf. Es wurde mit der Teilnahme von etwa 300 Personen gerechnet. Da die Teilnehmer entgegen der Auflagen der Ordnungsbehörde z. B. ÖCALAN-T-Shirts trugen und verbotene Parolen skandierten, wurde die Demonstration nach wenigen Minuten aufgelöst. Hintergrund: Am 21. Februar 2008 war die türkische Armee in den Nordirak mit dem Ziel einmarschiert, um gegen die dort aufhältigen PKK-Kämpfer vorzugehen. Als Reaktion darauf hatten Mitglieder und Anhänger der Organisation in vielen deutschen und weiteren westeuropäischen Städten demonstriert. Während dieser Veranstaltungen kam es zum Teil zu Farbschmierereien, Verstößen gegen das Vereins- und das Versammlungsgesetz sowie zu Landfriedensbrüchen. Auch gewalttätige Auseinandersetzungen insbesondere unter Jugendlichen waren zu verzeichnen. Laut Medienmeldungen zog sich das türkische Militär am 29. Februar 2008 aus dem Nordirak wieder zurück. Veranstaltungen anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes Newroz Vom 21. bis 23. März 2008 fanden anlässlich des Newroz-Festes Saalveranstaltungen in Frankfurt am Main, Essen, Hamburg und Berlin statt. Zusätzlich wurden um den 21. März, dem Newroz-Tag, in verschiedenen deutschen Städten Aufzüge durchgeführt. Die Zeitung „Yeni Özgür Politika“ hatte für die Veranstaltungen geworben und berichtete über den Ablauf: Es sei ein prachtvolles Newroz in Europa mit zehntausenden Teilnehmern gewesen. In Frankfurt am Main sei eine Grußbotschaft des Vorsitzenden des Exekutivrates der „Koma Civaken Kurdistan“ (KCK)5 verlesen worden. Die Anwesenden hätten ÖCALAN6 und HPG-7Slogans skandiert. 4 In den meisten größeren deutschen Städten gibt es Zusammenschlüsse von Anhängern des KONGRA GEL. Ihnen dienen etwa 55 örtliche Vereine der ‚Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V.’ (YEK-KOM) als Anlaufstelle. Die YEK-KOM ist eine dem KONGRA GEL nahe stehende Organisation. 5 „Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans“ oder „Gemeinschaft der Räte Kurdistans“. Die Organisation entstand auf Grund eines Beschlusses der 5. Generalversammlung des KONGRA GEL im Mai 2007. 6 Abdullah ÖCALAN ist Mitbegründer der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) und trotz Inhaftierung seit 1999 Führer der PKK bzw. der aus ihr hervorgegangen Nachfolgeorganisationen „Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans“ (KADEK) und „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA GEL). 7 Die HPG („Volksverteidigungskräfte“) sind die Guerillaeinheiten der PKK. 8 Bewertung: Newroz ist eines der traditionsreichsten Feste der Kurden. Es erinnert an die Legende vom erfolgreichen Aufstand gegen den Tyrannen Dahak im Jahr 612 v. Chr. Die „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) und ihre Nachfolgeorganisationen ziehen daraus Parallelen zu ihrem Kampf und nutzen das Fest seit Jahren für ihre Interessen. In der Bundesrepublik Deutschland kam es anlässlich dieses Festes Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre zu erheblichen gewalttätigen Ausschreitungen von PKK-Anhängern. Nachdem Abdullah ÖCALAN 1996 erklärt hatte, in Deutschland auf gewalttätige Aktionen zu verzichten, verliefen in den Folgejahren die Veranstaltungen friedlich. Jedoch wurden immer wieder Symbole der mit einem Betätigungsverbot belegten PKK mitgeführt. Anmelder und Organisator derartiger Veranstaltungen ist in den meisten Fällen die YEKKOM. Sie ist in der Lage bis zu mehrere Zehntausend Kurden aus Deutschland und dem benachbarten Ausland zu Großveranstaltungen zu mobilisieren. Dies ist vor allem der charismatische Integrationsfigur ÖCALAN zu verdanken. Seit dessen Inhaftierung ist die Forderung nach dessen Freilassung eines der Hauptthemen bei derartigen Veranstaltungen. Da gewalttätige Ausschreitungen diesem Ziel abträglich sind, verlaufen die Demonstrationen vorwiegend ohne Störungen.