Searvicelearning - JoA - Jugendliche ohne Ausbildungsplatz
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Motiviert und berufsfähig durch Servicelearning: Schülerinnen und Schüler als Partner für die Gemeinde Prof. Bettina Hugenschmidt Ständige Vertreterin des Seminardirektors Modellversuchsleitung SEBI@BVJ StD Ulrich Klebes Projektleiter Modellversuch SEBI@BVJ Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe Henning Reh MaResCom GmbH Prof. Dr. Anne Sliwka Universität Trier Lerntheoretischer Hintergrund Ergebnisse aus der empirischen Forschung Praktische Beispiele Erfahrungen aus dem Modellversuch SEBI@BVJ SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Gliederung 1. Teil Service Learning als Form des kooperativen Lernens Prof. Dr. Anne Sliwka Service Learning: Begriffsklärung und lerntheoretischer Hintergrund Zentrale Elemente des Service Learning sind neben der Verbindung zwischen Praxis- und Theorieanteilen das Angebot von Dienstleistungen in gemeinnützigen Projekten in Kooperation mit lokalen Partnerorganisationen und die Reflexion über die in den "Services" gesammelten Erfahrungen. Partner können alle Einrichtungen und Organisationen sein, bei denen man sich gemeinnützig engagieren kann, so zum Beispiel Krankenhäuser, Kindergärten, öffentliche Bibliotheken, Stadtparks, Obdachlosenasyle, Sozialstationen etc. Service Learning Projekte, • reagieren auf tatsächlich vorhandene Probleme oder Herausforderungen in der Gemeinde, • werden in enger Zusammenarbeit zwischen einer beruflichen Schule und Partnerorganisationen in der Gemeinde koordiniert und durchgeführt, • sind curricular verankert, • bieten strukturierte Möglichkeiten der Reflexion und • lassen Schüler ihr erlerntes Wissen und ihre Kompetenzen in authentischen Problemkontexten anwenden. (aus Sliwka, 2004, S.32) In der Regel arbeiten mehrere Schüler in kleinen Teams gemeinsam an einem Projekt. Der Service kann im Rahmen des Unterrichts erbracht oder im Unterricht vorbereitet und dann außerhalb der eigentlichen Unterrichtszeit durchgeführt werden. Die Idee des Service Learning stützt sich auf mehrere lerntheoretische Modelle. Eine zentrale Wurzel ist das Erfahrungslernen, das seit Anfang des 20. Jahrhunderts von Reformpädagogen propagiert wird. So schrieb z. B. John Dewey 1916 in seinem Buch „Demokratie und Erziehung“: „Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie, einfach deswegen, weil jede Theorie nur in der Erfahrung lebendige und der Nachprüfung zugängSEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe liche Bedeutung hat.“ (zitiert nach Oelkers, 2000, S. 193). Dabei betont Dewey, dass eine Erfahrung nur dann pädagogisch wertvoll ist, wenn sie den Menschen dazu motiviert, weitere Erfahrungen zu machen und seine Bereitschaft zum Handeln fördert (Sliwka, 2004). Schulische Bildung könne nur dann eine ernsthafte und erfolgreiche Vorbereitung auf das Leben in einer demokratischen Gemeinschaft sein, wenn Schulen selbst sich zu einem aktiven Teil des Gemeinwesens entwickelten (Oelkers, 2000):"The school itself shall be made a genuine form of active community life, instead of a place apart in which to learn lessons“ (Dewey, 1900, S. 27). Neben dem Erfahrungslernen dienen auch das entdeckende Lernen und das selbst gesteuerte Lernen zur Fundierung des Service Learning. Im Folgenden sollen exemplarisch das Konzept des Erfahrungslernens von Sheckley und Keeton (1997) und der so genannte Lernkreis von Kolb (1984) erläutert werden. Dem Kolb'schen Lernkreis zufolge beginnt Lernen mit einer konkreten Erfahrung und führt über reflektierte Beobachtungen zu abstrakten Konzepten, die wiederum aktiv getestet werden, was zu neuen konkreten Erfahrung auf einer höheren Ebene führt. Service Learning bietet sich an, um alle Stufen des Lernprozesses zu durchlaufen, weil es die Möglichkeit zur Reflexion, zur theoretischen Untermauerung und zum aktiven Hypothesentesten bietet. Sheckley und Keeton (1997) beschäftigen sich in erster Linie mit der Frage, unter welchen Bedingungen Informationen, auf die das Individuum aufmerksam geworden ist und die im Kurzzeitspeicher des Gehirns gespeichert sind, einen nachhaltigen Lernprozess in Gang setzen. Im Kurzzeitspeicher werden die neu gewonnenen Informationen mit Konzepten, Erwartungen und Werten aus dem semantischen Gedächtnis verglichen. Lernende tendieren dabei dazu, Informationen möglichst "energiesparend" zu verarbeiten. Sie greifen auf vorhandene Konzepte zurück, ordnen die Information ein, bestätigen damit ihre subjektiven Erklärungsmuster und können die nächste Information ins Blickfeld nehmen. Sheckley und Keeton (1997) bezeichnen diese Informationsverarbeitung als "Tunneleffekt". Meist erfüllt der Tunneleffekt seinen Zweck, wenn vertraute Aufgaben ohne viel Nachdenken erledigt werden können. Manchmal hindert er die Person jedoch daran, etwas Neues zu lernen, weil alle ankommenden Informationen ohne längeres Nachdenken unmittelbar in bestimmte Schubladen gesteckt werden. Eine Ausweitung des Lernkreises dagegen wird von Sheckley und Keeton (1997) als Akkordeoneffekt bezeichnet, da es zu einer Auffächerung der Deutungsmöglichkeiten kommt. Dies erfolgt aber nur dann, wenn die Lernenden von neuen Informationen überrascht werden. Ein solcher Überraschungseffekt kann vor allem dann entstehen, wenn Abweichungen von den Erwartungen registriert werden, wenig SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Vorwissen mit der aktuellen Erfahrung verknüpfbar ist oder die Situation komplexer ist als die, denen bisher begegnet wurde (vgl. Sheckley & Keeton, 1997, S. 43). In diesen Fällen müssen die Lernenden über ihre Erfahrungen reflektieren, da keine vorgefertigte Erklärung in ihrem semantischen Speicher vorhanden ist. Die bestehenden Konzepte müssen angepasst werden, um die überraschende Information speichern zu können. Dazu werden weitere Informationen aus dem Kontext der Situation herangezogen, um der Erfahrung einen Sinn zu geben und sie einordnen zu können. Wenn der gesamte Lernkreis durchlaufen werden kann, führt dies zu einer Differenzierung mentaler Modelle und zu höheren Ebenen reflexiver Beurteilung. Das ganzheitlich angelegte Lernkonzept des Service Learning schafft Voraussetzungen für Lernende, den gesamten Lernkreis zu durchlaufen und hinsichtlich ihrer persönlichen, sozialen und intellektuellen Entwicklung davon zu profitieren Empirische Ergebnisse zur Wirksamkeit des Service Learning Die empirische Forschung zu den Effekten von Service Learning auf Entwicklungsprozesse beschäftigt sich zum einen mit der persönlichen und sozialen, zum anderen mit der intellektuellen Entwicklung der beteiligten Schüler. Die folgenden Untersuchungen wurden fast alle im Kontext amerikanischer Colleges und Hochschulen durchgeführt. Im deutschsprachigen Raum existieren bislang keine großangelegten Wirkungsuntersuchungen zum Service Learning. Die Befunde von Wirkungsuntersuchungen auf die persönliche und soziale Entwicklung von Schülern sind zum überwiegenden Teil positiv. Eine Fragebogenstudie von Eyler, Giles & Braxton (1997) unter Beteiligung von über 1500 Studierenden aus 20 Colleges zeigt im Vergleich der Prä- und Posttest-Antworten unter anderem signifikante positive Veränderungen in Bezug auf kommunikative Kompetenzen, auf Toleranz, kritisches Denken, auf das Selbstwirksamkeitsempfinden, die Verbundenheit mit dem eigenen Lebensort, die Bedeutsamkeit von zivilgesellschaftlichem Engagement und auf die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme. Osborne, Hammerich & Hansley (1998), die mit randomisierter Gruppenzuteilung arbeiteten, ließen die Hälfte der Schüler eines Pharmazie-Kurses ein Service Learning Projekt durchführen, die andere Hälfte ein „normales“ Forschungsprojekt im Labor. Zu Beginn des Kurses zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Am Ende des Kurses hatte sich die Gruppe ohne Service Learning auf keiner der abhängigen Variablen signifikant verändert. Bei den Studierenden der Service Learning Gruppe ergaben sich hingegen bedeutsame positive Veränderungen der Selbstwahrnehmung, des sozialen Verhaltens, der SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe kommunikativen Fähigkeiten und des Bewusstseins für Verschiedenheit und Andersartigkeit. Einige Studien konnten positive Effekte von Service Learning auf soziales Verantwortungsbewusstsein nachweisen (z. B. Astin & Sax, 1998; Kendrick, 1996; Markus, Howard & King, 1993; Moley, McFarland, Miron, Mercer & Illustre, 2002). Rockquemore & Schaffer (2000) fanden signifikante Veränderungen der Einstellungen in Bezug auf soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und ziviles Verantwortungsbewusstsein. Durch die Auswertung der Reflexionstagebücher von 50 Schülern konnten Sie drei Stufen der Entwicklung identifizieren, die während des Service Learning stattfinden: erstens ein gewisser "Realitätsschock" beim direkten Kontakt mit konkreten gesellschaftlichen Herausforderungen, zweitens Normalisierung und aufkommende Fragen nach Ursachen und drittens aktive Einbindung der Fragen in den Lernprozess, d. h. Integration von Service und Learning durch Reflexion. Andere Studien zeigen, dass Schüler von der Teilnahme an Service Learning Kursen hinsichtlich interpersoneller und kommunikativer Fähigkeiten sowie Führungskompetenzen profitieren (Astin & Sax, 1998; Eyler & Giles, 1999; Moley et al., 2002). Dazu kommen positive Effekte auf die Entwicklung der Persönlichkeit im Hinblick auf Selbstwirksamkeit, Identitätsbildung und moralische Entwicklung. Für den Lernkontext der beruflichen Schulen dürfte besonders interessant sein, dass Service Learning Kurse eine stärkere persönliche Verpflichtung von Schülern gegenüber dienstleistenden Haltungen erzeugen, was Auswirkungen auf zukünftiges Verhalten und Berufsorientierungen wahrscheinlich macht (z. B. Payne, 2000). In Bezug auf die Wirkung von Service Learning auf kognitive Leistungen ist die Forschungslage nicht ganz so eindeutig. Ein entscheidender Grund hierfür ist die Wahl der Messinstrumente. Viele Studien basieren auf Selbstberichten von Seiten der Studierenden oder der Lehrenden. Bei dieser Art der Messung sind die Ergebnisse fast durchweg positiv. Hesser (1995) befragte beispielsweise Lehrende, die Service Learning Kurse angeboten hatten, in Fokusgruppen, Interviews und mit Hilfe von Fragebögen nach den Lernerfolgen der Schüler. Genannt wurden hier hauptsächlich positive Effekte auf die kritische Reflexion eigener Werte und die Fähigkeit zu kritischem und analytischem Denken. Hammond (1994) stellte in einer Lehrerbefragung fest, dass diese Service Learning vor allem als Lehrmethode zur Förderung von kritischem Denken und selbst gesteuerten Lernen nutzen. In einer Fragebogenstudie von Markus, Howard & King (1993) bewerten Teilnehmer an Kursen mit Service-Learning-Projekten selbst ihren Lernerfolg in sechs von acht Fragen besser als die Teilnehmer traditionellerer Unterrichtsformen. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Gemischt ist die Befundlage allerdings, wenn zur Messung akademischer Leistungen traditionelle Wissenstests herangezogen werden. Hier gab es sowohl positive (z. B. Markus, Howard & King, 1993) als auch negative Ergebnisse (z. B. Kendrick, 1996; Miller, 1994). Eyler & Giles (1999) stellen sich daher die Frage, ob sich diese Formen der Leistungsmessung möglicherweise nicht dazu eignen, diejenigen Wirkungen zu messen, die von Service Learning Projekten am ehesten zu erwarten sind, allen voran kritisches Denken, komplexes Problemlösen und Wissenstransfer: „Service-learning students may not always perform better on tests of information recall at the end of a semester […] but they may gain a greater depth of understanding and a greater ability to apply what they learn” (Eyler & Giles, 1999, Seite 68). Genauere Analysen von Schülerleistungen sprechen für diese These. Kendrick (1996) fand z. B. dass trotz fehlender Unterschiede in den Endnoten, die Teilnehmer an Service Learning Projekten Lerninhalte besser auf neue Situationen anwenden konnten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Strage (2000), die die akademischen Leistungen von 166 Schülern eines Ausbildungsprogramms für angehende Erzieher/innen mit denen der 309 Schüler, die denselben Kurs vor Einführung der Service-Komponente belegt hatten. Die Lernenden der Service-Learning-Kurse erreichten in den Klausuren signifikant mehr Punkte als Schüler ohne Service-Learning-Erfahrung. Interessant ist, dass sich die Unterschiede nicht im Wissensteil der Klausuren zeigten, der in geschlossenen MultipleChoice-Fragen formuliert war, sondern auch hier in den offenen Aufsätzen, die die Studierenden zu schreiben hatten. Service Learning fördert also vor allem die Qualität und Komplexität des Denkens von Lernenden. Daher sind Eyler & Giles (2002) der Meinung, dass sowohl Selbstberichte als auch Noten nicht adäquat sind, um kognitive Effekte von Service Learning zu messen. Sie verwenden in ihrer Studie stattdessen die Methode des Problemlöseprotokolls, bei dem Studierende in Einzelinterviews ein Problem, das mit dem von ihnen geleisteten Service in Verbindung steht, analysieren, diskutieren und lösen sollen. So können Komplexitätsbeherrschung, Kompetenz zur multiplen Perspektivenübernahme und Fähigkeiten im Umgang mit unstrukturierten Problemen sowie Fähigkeiten zur strategischen Planung und zum kritischen Denken bewertet werden. Die Ergebnisse dieser Interviewstudie von Eyler & Giles (2002) zeigen nicht nur, dass Service Learning Erwartungen zur Verbesserung von kognitiven Fähigkeiten gerecht wird, es wird ebenso deutlich, dass es dabei entscheidend auf die Qualität der Lernprojekte ankommt. Nur bei qualitativ hochwertigen Kursen mit einer wirklichen Verbindung des Service in der Gemeinde mit den Lernzielen des schulischen Curriculums sind die Ergebnisse positiv. Die Qualität des Unterrichts ist also ein Schlüsselfaktor für Effekte auf die kognitive Entwicklung. Neben Eyler & Giles (2002) konnte auch Marbry (1998) zeigen, dass dazu regelSEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe mäßige, aktive Reflexion in der Klasse notwendig ist. Dazu kommen weitere Erfolgsvariablen, wie die Zeit im Service, die Qualität der Service-Tätigkeit (herausfordernd und abwechslungsreich) sowie Qualität und Quantität der Interaktion mit Partnerorganisationen vor Ort (Marbry, 1998). Fazit erster Evaluationsstudien: Gelingensbedingungen für Service Learning Um Schulen den Einstieg in die Service Learning Praxis zu erleichtern, sollen im Folgenden einige konkrete Anregungen vorgestellt werden, die bei der formativen und summativen Evaluation (Sliwka 2002; Sliwka 2004; Sliwka & Frank 2004) in Deutschland durchgeführter Service-Learning-Projekte an Schulen deutlich wurden. Klärung der Lernziele Um das Potenzial des Service Learning tatsächlich ausschöpfen zu können, ist es empfehlenswert, festzulegen, welche Inhalte und Kompetenzen im Serviceprojekt und im begleitenden Unterricht jeweils vermittelt werden sollen. Lernziele im Unterricht fachliche Inhalte und Kompetenzen einschlägige Theorien Stand der Forschung/des Wissens methodische Kompetenzen Techniken der Arbeitsplanung Präsentationstechniken soziale Kompetenzen Einfühlungsvermögen in die Probleme anderer, am Projekt beteiligter Schüler Aktives Zuhören persönliche Kompetenzen über Erfahrungen reflektieren Kritikfähigkeit im Service-Projekt Übertragung auf praktische Probleme Ableitung von Handlungskonzepten Zusammenarbeit mit externen „Auftraggebern“ Teamwork strategische Planung, Projektmanagement Toleranz für und Umgang mit gesellschaftlichen Randgruppen Kommunikationsfähigkeit Erweiterung des Erfahrungshorizontes Kritikfähigkeit ziviles und politisches Bewusstsein Selbstwirksamkeit Tabelle: Beispiele für Inhalte und Kompetenzen, die im Service Learning vermittelt werden können SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Die zuvor festgelegten Lernziele und curricularen Unterrichtsinhalte können bei der Suche nach geeigneten Service-Projekten als Orientierung dienen. Die Gestaltungsspielräume sind dabei groß: Das Engagement von Schülern kann in den unterschiedlichsten Settings stattfinden. Grundsätzlich kann entschieden werden, ob der Service nach einer bestimmten Tätigkeit (Entwurf eines Spielplatzes, Vorleseprojekte für Migrantenkinder in Kindergärten etc.) oder einem bestimmten Setting (Krankenhaus, Park, Obdachlosenheim, Schule etc.) ausgewählt wird. Als Ausgangspunkte für die Recherche möglicher Service-Projekte, die sowohl curricularen Lernzielen der beruflichen Bildung als auch den authentischen Bedürfnissen der Gemeinde gerecht werden, bieten sich an: • eigene Ideen, persönliche Kontakte von Lehrern und Schülern • Brainstorming mit Schulleitung und Kollegen. • Kontakte zu Ehrenamtsbeauftragte oder Freiwilligenzentrum, die es mittlerweile in vielen Städten gibt und die teilweise bereits Erfahrung bei der Vermittlung von Service-Learning-Projekten an Schulen haben. • Internetrecherchen. • direkte Kontaktaufnahme und Nachfrage bei städtischen, kirchlichen oder anderen gemeinnützigen Einrichtungen Die Auswahl der Service-Projekte sollte sich im Idealfall sowohl an den Bedürfnissen der Partnerorganisationen als auch an den curricularen Lernzielen des berufsbildenden Unterrichts orientieren. Gemeinwohlorientierte Dienstleistungen, die zwar exakt auf Unterrichtsinhalte zugeschnitten sind, in der Realität aber nicht benötigt werden, führen möglicherweise zu einer Demotivation der Schüler. Umgekehrt entspricht es nicht der Idee von Service Learning, wenn die Schüler einen dringend benötigten Dienst in der Gemeinde leisten, diesen aber nicht mit den Lerninhalten der Schule in Beziehung setzen können. Erstrebenswert sind vielmehr Partnerschaften, von denen beide Seiten gleichermaßen profitieren. Bei der Auswahl von Projekten sollte darauf geachtet werden, dass es sich um sinnvolle, herausfordernde und das Lernen stimulierende Aufgaben handelt und dass in den Projekten genügend Arbeit vorhanden ist , sodass alle beteiligten Schüler gefordert werden. Bei guter Planung und Leitung ist die Zusammenarbeit auch für die Partner ein Gewinn, da sie kompetente Unterstützung erhalten, die auf einen ganz speziellen Bedarf der Einrichtungen/Organisationen zugeschnitten ist. Bei der Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen in der Gemeinde hat es sich bewährt, folgende Punkte zu beachten: SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe • Zu Beginn eines Service-Projekts sollte die Partnerorganisation mit den Schülerteams und dem projektleitenden Lehrer Zielvereinbarungen treffen, damit für beide Seiten klar ist, worauf man sich einlässt. Diese Zielvereinbarungen können am Ende der Zusammenarbeit als Leitfaden dienen, um den Erfolg der Zusammenarbeit zu evaluieren. • Je nach Art des Projektes ist es wichtig für geeignete Informationsverbreitung innerhalb der Partnerinstitution zu sorgen, damit nicht aus Unwissenheit Blockaden entstehen. • In der Partnerorganisation sollten feste Ansprechpersonen existieren, mit denen eventuell auftretende Schwierigkeiten oder Entscheidungen zur Projektmodifikation besprochen und Lernerfahrungen reflektiert werden können. • Das regelmäßige Gespräch zwischen dienstleistenden Schülern und Partnern ist wichtig, besonders über festgestellte Veränderungen durch die Maßnahmen. Dieser Austausch führt zu erhöhter Zufriedenheit und Akzeptanz auf beiden Seiten. • Da sowohl Lehrer als auch Schüler in der Regel freiwillig über den Unterricht hinaus Zeit in die Projektarbeit investieren, sollte die Zusammenarbeit von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung geprägt sein und auch Spaß machen. Je nach inhaltlicher Ausrichtung des Unterrichts und pragmatischen Gesichtspunkten oder Angebotsvielfalt in der Gemeinde lassen sich die Service-Anteile des Unterrichts flexibel organisieren. Er kann bestehen aus: • einem großen Projekt der gesamten Klasse in Zusammenarbeit mit einem einzigen Partner und der Aufteilung der Klasse in arbeitsteilige und komplementäre Teams; • mehreren kleinen Projekten, die Teams von jeweils drei bis fünf Schülern in Zusammenarbeit mit einem Gemeindepartner durchführen; • mehreren kleinen Projekten von Schülertandems in Zusammenarbeit mit mehreren Gemeindepartnern. Damit die Zusammenarbeit zwischen Schule und Partnerorganisationen funktioniert, sollten wechselseitige Erwartungen seitens der Lehrer, Schüler und Gemeindepartnern zu Beginn der Projektarbeit transparent gemacht werden. Nach der ersten Kontaktaufnahme sollten daher gemeinsame Zielvereinbarungsgespräche geführt und Verhaltensregeln sowie Erfolgskriterien festgelegt werden. Folgende Fragen helfen dabei transparente Absprachen zu treffen: SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Ziel des Projektes Welches Ziel soll in einem bestimmten Zeitraum erreicht werden? Welche Ziele verfolgt das Projekt langfristig? Aufgaben der Ansprechpartner bei den Partnerorganisationen Wofür sind die Ansprechpartner verantwortlich? Was erwarten die Schüler von den Ansprechpartnern? Aufgaben der Schüler Was sind die genauen Aufgaben der Schüler? Wozu verpflichten sich die Schüler? Absprachen Welche Kommunikationswege zwischen Schülern und Lehrern, zwischen unterschiedlichen Schülergruppen und zwischen Schülern, Lehrern und Partnerorganisationen in der Gemeinde werden gewählt? Wann und wie finden Zwischen- und Endbesprechungen zwischen Schülern, Lehrern und Partnerorganisationen in der Gemeinde statt? Tabelle: Leitfaden für Zielvereinbarungsgespräche Vertrauensbildungs- und Teamentwicklungsprozesse sind von entscheidender Bedeutung für den Erfolg von lernwirksamen Service-Projekten. Dazu ist es wichtig, eine gute Arbeitsatmosphäre in den Schülerteams und der Klasse zu schaffen. Gegenseitiges Vertrauen erleichtert die Reflexion über die gemeinsame Arbeit, da es Hemmungen abbaut, offen über Probleme und Erfahrungen in den Projekten zu sprechen. Mindestens ebenso wichtig ist ein intensives gegenseitiges Kennenlernen zwischen Schülern und Partnern. Um diese Ziele zu erreichen, hat sich in universitären Service-Projekten ein gemeinsamer Auftaktworkshop zwischen Lehrern, Schülern und Partnerorganisationen bewährt. Ein solches Zusammentreffen bietet Gemeindepartnern Gelegenheit sich vorzustellen, ermöglicht es Schülern, die bereits in Projekten gearbeitet haben, von ihren Erfahrungen zu berichten und schafft einen zeitlichen Rahmen, um gemeinsame Zielvorstellungen zu konkretisieren und Zielvereinbarungen zu treffen. Didaktische Gestaltung und Reflexion Erste Evaluationsergebnisse aus dem deutschsprachigen Raum (Sliwka 2002) zeigen, dass die Wirksamkeit, die das Lernen in Service-Learning-Projekten für die Schüler hat, stark von der Qualität pädagogischer Prozesse abhängt, d.h. ● dem Modellieren, dem Vorleben neuer Kompetenzen durch begleitende Lehrer, ● der Vermittlung und Anwendung professioneller Projektplanungsinstrumente, ● den Möglichkeiten zum selbstständigen Arbeiten für Schüler und dem Angebot von Hilfestellungen (»scaffolding«), abgestimmt auf den Grad an Kompetenz und Selbstständigkeit einzelner Schüler, SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe ● der im Projektverlauf integrierten Vermittlung von Wissen und der Einbindung der externen Partner in Wissensaufbau, Kompetenzentwicklung und formatives Feedback. Die besondere didaktische Herausforderung des Service Learning besteht darin, eine konkrete Verbindung zwischen Service und Lernen herzustellen, so dass Verknüpfungen entstehen: zwischen Theorie und Praxis, zwischen der eigenen Berufsorientierung und verantwortungsvollem Handeln in der Gesellschaft, zwischen der Schule und ihrem lokalen und regionalen Umfeld. Die Verknüpfungsleistungen können bei den Studierenden durch Impulse zur (Selbst-)Reflexion angestoßen und gefördert werden. Erst durch die Reflexion wird das Lernen aus der Service-Erfahrung, und damit die geforderte Integration, ermöglicht, denn nicht aus Erfahrung wird man klug, sondern aus der kognitiven Verarbeitung dieser Erfahrungen. Die angemessene Anleitung zur Reflexion ist deshalb ein kritischer Punkt für den Erfolg von Service Learning. Ziele der Reflexion im Rahmen von Service Learning Projekten können z. B. sein: • eine Verknüpfung zwischen kognitiven Lerninhalten und der Praxis • die Förderung der sozialen und persönlichen Entwicklung • die Wahrnehmung von Handlungsspielräumen zur demokratischen Mitgestaltung der Gesellschaft Reflexion kann mündlich in Form von Gruppen- oder Partnergesprächen und Unterrichtspräsentationen oder schriftlich anhand von Lerntagebüchern, Reflexionsaufsätzen oder Fallanalysen erfolgen. Auch spielerische oder kreativ-künstlerische Formen der Reflexion sind möglich. Stattfinden kann Reflexion in speziellen Unterrichtsstunden oder zu Beginn jeder projektbezogenen Unterrichtsstunde. Sie sollte kontinuierlich projektbegleitend ablaufen, um einerseits einen möglichst großen Lernzuwachs zu gewährleisten und zugleich der formativen Projektevaluation zu dienen. Reflexionsfragen beziehen sich auf die Lernerfahrung im engeren Sinne, auf die Person des Lernenden und auf größere gesellschaftliche Zusammenhänge. Hier einige Beispiele: • Was ist der schwierigste Teil meiner Arbeit im Service? • Was glaube ich, hat meine Arbeit bewirkt? • Was würde ich bei der Arbeit anders machen, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte? • Was habe ich durch die Arbeit über mich selbst gelernt (meine Kompetenzen, meine Haltungen)? • Was habe ich über meine Interessen und meine Motivation gelernt? SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe • Wie werde ich in der Service-Stelle wahrgenommen? Als Mitarbeiter, Eindringling, Freund...? • Was habe ich diese Woche geleistet, worauf ich stolz bin? • Was habe ich aus Enttäuschungen/Fehlern lernen können? • Inwiefern hat sich meine Einstellung anderen Menschen gegenüber geändert? • Inwiefern hat sich meine Einstellung gegenüber der Gesellschaft oder Teilen davon geändert? (Für weitere Reflexionsfragen siehe auch Conrad & Hedin, 1987, Sliwka & Frank 2004). Die Arbeiten von Eyler, Giles und Schmiede (1996) zu effektiver Reflexion fassen als Erfolgsgeheimnis zu den „vier Cs der Reflexion“ zusammen: Demnach ist Reflexion besonders erfolgreich, wenn sie fortwährend erfolgt (continuous), bewusst Theorie-Praxis-Verbindungen aufbaut (connected), Lernende provoziert, andere Blickwinkel einzunehmen und sich auch mit unbequemen Beobachtungen und Erfahrungen auseinander zu setzen (challenging) und an den jeweiligen Kontext angepasst ist (contextualized). Leitungsrückmeldung und Kompetenzzertifizierung In jedem Fall sollte über die traditionelle schulische Leitungsrückmeldung hinaus die freiwillige Leistung und das Engagement der Schüler in den Service-Projekten anerkannt und zertifiziert werden. Bewährt hat sich im Kontext von Schulen und Hochschulen die Vergabe von Zertifikaten, die Unterschrift und Stempel von Lehrern, Schule und Vertretern der Partnerorganisationen in der Gemeinde enthalten. Dabei ist es wichtig, das Projekt zu beschreiben, besondere Herausforderung zu nennen, die die Schüler im Projektverlauf gemeistert haben und die fachlichen, methodischen, sozialen und persönlichen Kompetenzen, die einzelne Schüler im Projektzusammenhang entwickeln konnten, möglichst konkret und ehrlich zu benennen. Für Berufsschüler, die ja unmittelbar vor der "Bewährungsprobe" auf dem Arbeitsmarkt stehen, sind Kompetenzzertifizierungen dieser Art wichtige Bausteine der Berufsfindung. Dies gilt insbesondere für Schüler ohne Ausbildungsplätze, zum Beispiel Teilnehmer von Berufsvorbereitungsjahren (Vgl. auch Traub & Reh 2004). Die Durchführung zukünftiger Service-Learning-Projekte wird deutlich erleichtert, wenn bereits gute, dauerhafte und verlässliche Partnerschaften zu Gemeindeeinrichtungen bestehen. Abschlussveranstaltungen (Feiern, festliche Abendessen, Ausstellungen etc.) zum Ende eines Lernprojekts eignen sich einerseits zur Pflege von Partnerschaften zwischen SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Schulen und Partnerorganisationen, andererseits auch zur Anerkennung von Schülerleistungen. Ein festlicher Abschluss von Service-Learning-Projekten stellt auch eine Möglichkeit dar, die Arbeitsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit (ggf. unter Nutzung der Medien) zu präsentieren. Gerade bei jungen Erwachsenen, die auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten, kann dies das individuelle Selbstwertgefühl steigern und zugleich der Öffentlichkeit ein positives Bild der Leistungsfähigkeit dieser Schülergruppe vermitteln. Fazit Empirische Studien belegen positive Effekte von Unterricht mit integrierten Service-Projekten in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen im lokalen oder regionalen Umfeld einer Schule sowohl auf die persönliche Entwicklung (Selbstwirksamkeit, Identitätsstärkung, moralische Entwicklung, Berufsorientierung, Veränderung von Werten und Einstellungen etc.) als auch auf die soziale Entwicklung (interpersonelle und Führungskompetenzen, zivilgesellschaftliche Werte, soziales und politisches Bewusstsein, Commitment zum Service, Toleranz und Akzeptanz, Perspektivenübernahme etc.) von Schülern. Dazu kommen Wirkungen im kognitiven Bereich, jedoch weniger auf Ebene des Inhaltswissens und mehr auf der Ebene kognitiver Komplexität, analytischem und kritischem Denken, komplexem Problemlösen, strategischer Planung und Wissenstransfer. Für alle Effekte gilt weiterhin, dass sie umso stärker hervortreten, je professioneller der Unterricht gestaltet ist und je stärker Service und Lernen miteinander integriert sind. Erfahrungen aus ServiceLearning-Projekten an Schulen und Hochschulen in Deutschland deuten daraufhin, dass der Lernansatz sich auch im Kontext der beruflichen Bildung wirksam einsetzen lässt und besonders für Schülergruppen, die auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten, positive Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen und durch die gemeinnützige Wirkung der Projekte ein verändertes öffentliches Bild dieser Lerner erzeugen. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Literatur AACC (American Association for Community Colleges) (2006). Horizons Service Learning Project.Http://www.aacc.nche.edu/Content/NavigationMenu/ResourceCenter/Projects_Partnerships/Current/HorizonsServiceLearningProject/HorizonsServiceLearningProject.htm [27.August 2006]. Astin, A. & Sax, L. (1998). 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Modellversuchsskizze SEBI@BVJ: Servicelearning als Element der beruflichen Integration im Berufsvorbereitungsjahr. Ein Modellversuch im BLK-Modellversuchsprogramm SKOLA (Selbst gesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung). (Unveröffentlichtes Manuskript). Vogelgesang, L. & Astin, A. W. (2000). Comparing the effects of community service and servicelearning. Michigan Journal of Community Service Learning, 7, 25-34. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe 2. Teil Der BLK-Modellversuch SEBI@BVJ (Servicelearning1 als Element der beruflichen Integration im Berufsvorbereitungsjahr) Prof. Bettina Hugenschmidt StD Ulrich Klebes Nach dem Aufzeigen des lerntheoretischen Hintergrunds und Bespielen aus dem allgemeinbildenden schulischen Bereich beschreiben wir hier die Umsetzung des Servicelearnings an konkreten Projekten dreier beruflicher Schulen im Regierungsbezirk Karlsruhe in Baden-Württemberg. Die Projekte der Schulen sind noch nicht abgeschlossen. Eine endgültige Aussage über mögliche Auswirkungen kann deshalb noch nicht abschließend getroffen werden. Ausgangslage: Servicelearning im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) Im Jahr 2004 stellte das Staatliche Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe, im Folgenden als Berufliches Seminar Karlsruhe bezeichnet, in Absprache mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg einen Modellversuchsantrag im BLK-Programm SKOLA (Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung) mit dem Thema: "SEBI@BVJ-Servicelearning als Element der beruflichen Integration im Berufsvorbereitungsjahr." Die spannende Frage, die es im Laufe der drei Modellversuchsjahre zu klären gilt, ist, ob die Erkenntnisse und Erfahrungen, die in anderen Ländern und in anderen Schularten gemacht wurden (siehe Prof. Dr. Sliwka), auch im Bereich des Berufsvorbereitungsjahres, im Weiteren als BVJ bezeichnet, umsetzbar sind. Folgende Fragestellungen standen im Vordergrund: 1 Die unterschiedliche Schreibweise von Servicelearning ist bewusst und auf das Logo des Modellversuchs zurückzuführen. 2 Die Verwendung der maskulinen Form dient der Verbesserung des Leseflusses und schließt die feminine Form mit ein. 3 Quelle: Berufliche Bildung in Baden-Württemberg: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2007): Das Berufsvorbereitungsjahr. Seite 8 SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe - Ist es möglich, bei diesen, in der Regel über ein stark negatives Selbstkonzept verfügenden Schülern2, durch Servicelearning das Selbstkonzept zu stärken? - Kann man durch Servicelearning bei BVJ-Schülern erreichen, dass sie sich besser in die Gesellschaft integrieren? - Kann gar durch Servicelearning die Ausbildungsreife der Schüler verbessert werden? - Fördert Servicelearning die Fähigkeit der Schüler, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen? Im Schuljahr 2006/2007 wurden in Baden-Württemberg an beruflichen Schulen insgesamt 417 571 Schüler unterrichtet; 12 338 Jugendliche besuchten das BVJ. Dies sind in etwa 1000 Schüler weniger als in den unmittelbar vorangegangen Jahren. Diese rückläufigen Zahlen sind in erster Linie mit der Einführung des Berufseinstiegsjahres (BEJ) zu erklären (950 Jugendliche). Das BEJ, das im Schuljahr 2006/07 in Baden-Württemberg eingeführt wurde, richtet sich an Jugendliche mit Hauptschulabschluss, die keine Lehrstelle erhalten hatten. "Jugendliche, die nach Erfüllen der allgemeinen Schulpflicht keine weiterführende Schule besuchen und keine Ausbildung beginnen, werden im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) gezielt auf den Einstieg in die Berufs- und Arbeitswelt vorbereitet" 3. Das Berufsvorbereitungsjahr stellt das zahlenmäßig bedeutendste Angebot dar. Im BVJ sollen die Schüler eine berufliche Orientierung erhalten und erste berufsbezogene Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt bekommen. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, ihre persönlichen Neigungen herauszufinden und vorhandene Defizite – wie beispielsweise einen fehlenden Schulabschluss –auszugleichen. BVJ-Schüler haben keinen erfolgreichen Schulabschluss und keinen Ausbildungsplatz. Fast jeder dritte BVJ-Schüler ist Ausländer; betrachtet man alle Schüler mit Migrationshintergrund, ist diese Zahl noch weit höher. Sozialschwache Elternhäuser sowie ein geringes Selbstwertgefühl der Schüler durch anhaltende Scheiternskarrieren sind die Regel. 2 Die Verwendung der maskulinen Form dient der Verbesserung des Leseflusses und schließt die feminine Form mit ein. 3 Quelle: Berufliche Bildung in Baden-Württemberg: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2007): Das Berufsvorbereitungsjahr. Seite 8 SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Wesentliche Ziele des Modellversuchs Den Schülern der BVJ-Klassen, die in der Regel über ein negatives Selbstkonzept verfügen, soll im Rahmen des Modellversuchs SEBI@BVJ durch die Erfahrung von erfolgreicher eigener Handlung in komplexen Anforderungssituationen und die daraus resultierende Bestätigung ein Wirksamkeitsgefühl vermittelt werden, um so ihr Selbstkonzept zu fördern. Es soll erreicht werden, dass möglichst viele Jugendliche einen Platz in der Arbeitswelt finden. Anhand realer Projekte im direkten sozialen Umfeld der Schulen und in Kooperation mit außerschulischen Partnern sowie in einem modularen begleitenden Qualifizierungskonzept (Projektmanagement, Selbstevaluation) sollen die Schüler fachliche, methodische und soziale Kompetenzen entwickeln. Ebenso soll das Bewusstsein, Teil der Gesellschaft zu sein, gefördert werden. Mit der Qualifizierung sowohl der personalen und sozialen als auch der fachlichen Kompetenzen soll die Ausbildungsreife der Schüler verbessert werden. Die Verankerung des Modellversuchs SEBI@BVJ Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) legte für den Zeitraum 2005 bis 2008 das Modellversuchsprogramm "Selbstgesteuertes Lernen und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung" auf. Die BLK existiert heute in dieser Form nicht mehr. Sie hat ihre Tätigkeit zum 31. Dezember 2007 beendet. Die Aufgaben in den Bereichen Wissenschafts- und Forschungsförderung übernahm ab 1. Januar 2008 die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz. Gefördert wird das Modellversuchsprogramm neben der BLK durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Als Programmträger fungieren Prof. Dr. Dieter Euler, Universität St. Gallen und Prof. Dr. Günter Pätzold, Universität Dortmund. Wissenschaftlich begleitet wird der Modellversuch durch die Mannheim Research Company. Das Berufliche Seminar als Modellversuchsträger Die Ausbildung professioneller Lehrer ist die zentrale Aufgabe der Staatlichen Seminare für Didaktik und Lehrerbildung in Baden-Württemberg. Am Beruflichen Seminar Karlsruhe, einer der vier Ausbildungsstätten für Lehrer an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg, werden wissenschaftliche und technische Lehrer für berufliche Schulen ausgebildet. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Neben dem Kerngeschäft "Lehrerausbildung" ist das Berufliche Seminar Karlsruhe in vielen Bereichen aktiv. So wirkt es mit bei der Lehrergewinnung, plant, konzipiert und führt zahlreiche Lehrerfortbildungen durch, pflegt nationale und internationale Kooperationen und Partnerschaften und partizipiert an zahlreichen Bildungskongressen. Als OES-Stützpunkt (Operativ eigenständige/s Schule/Seminar) bietet es Beratung für berufliche Schulen auf dem Weg zur operativen Eigenständigkeit an, macht Unterstützungsangebote für die Verbesserung der Unterrichtsqualität, fördert die Netzwerkbildung und stellt die Infrastruktur für Fortbildungsangebote und Gesprächsforen zur Verfügung. Als Kompetenzzentrum E-Learning konzipiert und erprobt das Berufliche Seminar Karlsruhe E-Learning- und Blended-Learning-Angebote. Das Berufliche Seminar Karlsruhe hat als didaktisches Zentrum der beruflichen Schulen Nordbadens in den vergangenen Jahren zahlreiche Modellversuche initiiert und durchgeführt. Als kundenorientiertes Dienstleistungszentrum hat es auch den Modellversuch SEBI@BVJ beantragt und die Projektleitung übernommen. Es begleitet, unterstützt und koordiniert die Modellversuchsaktivitäten. Dies geschieht beispielsweise in Form von bedarfsorientierten Workshops und Qualifizierungsangeboten für die Kollegen an den Schulen. Darüber hinaus stehen den Schulen Kollegen (Ausbilder) des Beruflichen Seminars (Schulbegleiter) als Ansprechpartner zur Verfügung, die die Lehrkräfte vor Ort an ihren Schulen unterstützen. Die drei beteiligten beruflichen Schulen Für die Teilnahme am Modellversuch SEBI@BVJ konnten drei berufliche Schulen im Regierungsbezirk Karlsruhe gewonnen werden: - Albert-Einstein-Schule Ettlingen - Elisabeth-Selbert-Schule Karlsruhe - Robert-Schuman-Schule Baden-Baden. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Die Projekte der drei beteiligten Schulen Robert-Schuman-Schule Baden-Baden - Mitarbeit bei der "Rastatter Tafel" Die Schüler arbeiten bei der Rastatter Tafel mit, einer Einrichtung, die einwandfreie Lebensmittel mit geringem Haltbarkeitsdatum von Einzelhandelsgeschäften abholt und in ihrem Laden in Rastatt an Bedürftige zu günstigen Preisen verkauft. Im Unterricht werden die Schüler des kaufmännischen BEJ, deren schulische Ausbildung auf eine Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann zielt, für den Einsatz in der Tafel vorbereitet. Sie werden für folgende Tätigkeiten eingesetzt: Begleitung der Lieferantentour, Lieferscheine verwalten und ablegen, Waren aussortieren und verpacken, Waren lagern und einsortieren, Mithilfe beim Verkauf, Optimierung der Tourenpläne, Übersichten über die Anlieferungen im Jahresverlauf erstellen, Auswertung der Anlieferungen der einzelnen Lieferanten, Auswertung der Bezugsberechtigten (Anzahl der Besuche der einzelnen Bezugsberechtigten, Dauer des Einkaufs, Bedürfnisse,…) Erstellung von statistischen Auswertungen zu diesen Bereichen im Monats- und Jahresverlauf. Darüber hinaus wurde von den Schülern eine Vorlage für einen Mitarbeiterausweis und ein Entwurf für eine Neuanordnung der Verkaufsregale entwickelt. Als Anreiz für die aktive und regelmäßige Mitarbeit in der Tafel dient eine Teilnahmebescheinigung durch den Modellversuchsträger. Die Bescheinigung kann, da sie für einen potentiellen Arbeitgeber diese Zusatzqualifikation sichtbar macht, die Chancen bei der Ausbildungsplatzsuche erhöhen. Spezifika: Die Verzahnung von schulischem und außerschulischem Lernen ist an diesem Projekt gut erkennbar: Neben Themen aus den Fächern Gemeinschafts- und Wirtschaftskunde, SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Deutsch und Textverarbeitung können Inhalte aus der berufsfachlichen Kompetenz, der berufspraktischen Kompetenz (z.B. Wareneingang, Warenpräsentation, Verkauf) und der Projektkompetenz am Beispiel "Rastatter Tafel" vermittelt werden. Derzeit arbeiten die Schüler außerdem an einer Ausstellung, die die Rastatter Tafel und den Tafelgedanken in der eigenen Schule (Robert-Schuman-Schule) präsentieren soll. Es ist geplant, das Beispiel "Rastatter Tafel" bei der Gestaltung der praktischen und mündlichen Prüfung mit einzubeziehen. Somit besteht für die teilnehmenden Lehrer die Notwendigkeit, sich in ihrem Unterricht am SEBI@BVJ-Projekt zu orientieren. Durch die Mitarbeit in der Tafel können die Schüler die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements in unserer Gesellschaft unmittelbar erkennen: Neben fünf hauptamtlichen Kräften arbeiten über 80 Personen ehrenamtlich bei der Rastatter Tafel mit und betreuen etwa 1300 Kunden; die Schüler kommen bei ihren Einsätzen in der Tafel mit diesen engagierten Menschen direkt in Kontakt; das Aufgreifen des Themas im schulischen Unterricht und die Vorbereitung der Ausstellung intensivieren die Einsicht: Menschen können initiativ werden, um Probleme zu lösen, indem sie nicht passiv bleiben, sondern die Probleme in die Hand nehmen. Servicelearning-Projekte erfordern seitens der Schule und der beteiligten Lehrer Arbeitsformen, die über den herkömmlichen Unterricht in den Einzelfächern weit hinausgehen. Die enge Kooperation und Abstimmung innerhalb der Lehrerteams muss gewährleistet sein, damit die Unterrichtsinhalte die Projektarbeit sinnvoll unterstützen und um bei auftretenden Problemen zeitnah reagieren zu können. Hierfür sind gemeinsame Besprechungszeiten erforderlich, die schulorganisatorisch eingeplant werden müssen. Die Planung und Durchführung der Schülereinsätze in der Rastatter Tafel erfordert viel organisatorisches Geschick und verlässliche Absprachen mit dem Kooperationspartner. Das Lehrerteam der Robert-Schuman-Schule, Frau Schaltke, Frau Spieß-Brechtel, Herr Fischer und Herr Marzluf, ist inzwischen zu einem echten Team geworden und arbeitet engagiert an der Umsetzung des Projekts, das auch nach Ablauf des Modellversuchs weitergeführt werden soll. Elisabeth-Selbert-Schule Karlsruhe - Mit Stil in Schule und Beruf Die Schüler einer BVJ-Klasse mit Schwerpunkt Hauswirtschaft und Gastronomie erarbeiteten im Unterricht Themen wie z.B. Bewerbung um einen Ausbildungsplatz, BewerbungsSEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe unterlagen, Verhalten im Ausbildungsbetrieb, äußeres Erscheinungsbild, Bewerbungsgespräch etc. Vor allem die Unterrichtsfächer Deutsch, Textverarbeitung, Werken, Gastronomie und Gemeinschaftskunde sind in das Projekt eingebunden. Auf dieser Grundlage bereiteten sie eine Infobörse mit verschiedenen Lernstationen, wie z.B. schriftliche Bewerbung, Bewerbungsphoto, äußeres Erscheinungsbild bei Bewerbungsgesprächen, Auftreten und Gesprächsführung bei Bewerbungsgesprächen vor. Dabei geben sie ihr Know-how an BVJ-Schüler der eigenen und zweier fremder Schulen weiter und unterstützten diese zum Beginn ihrer Bewerbungsphase beim Finden eines Ausbildungsplatzes. Die Infobörse wurde am 9. und 10. Januar 2008 durchgeführt. Ein Sketch zum Einstieg und eine Modenschau als Abschluss rundeten die inhaltliche Arbeit an den einzelnen Lernstationen ab. Im vergangenen Schuljahr texteten 2 Schüler einen SEBI-Rap, mit dem sie bei der Infobörse die Besucher begeisterten. Spezifika: Es war beachtlich, mit welcher Souveränität die Schüler durch das Programm führten, die Lernstationen betreuten und die Modenschau präsentierten. Die betreuenden Kolleginnen nahmen wahr, dass diese Souveränität von Durchgang zu Durchgang wuchs. Auch das Bewusstsein bei der Übernahme von gemeinsamen Aufgaben voneinander abhängig zu sein wurde den Schülern deutlich. Die Schüler profitieren zum einen durch das Wissen, anderen BVJ-Schülern für ihre Bewerbungen wichtiges Know-how vermittelt zu haben, zum anderen dadurch, dass sie sich in einer für sie aufregenden und unvertrauten Situation bewährt haben. Auch bei diesem Projekt sind die sich verändernden Formen der Kooperation im Lehrerteam eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projekts. Mit welcher Energie und Akribie Frau Breunig-Wildenstein und Frau Burster das Projekt planten und umsetzten, davon legen die Projektunterlagen ein beredtes Zeugnis ab. Solche Formen der Kooperation erfordern neben einem hohen Engagement auch schulorganisatorische Rahmenbedingungen, wie z.B. Abstimmung des Stundenplans und der Raumorganisation auf das Projekt, aber auch gemeinsame Besprechungszeiten für die Lehrerteams. Der Erfolg des Projekts rechtfertigt diesen zusätzlichen Aufwand. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe - Sozialer Dienst im Altenheim Die Schüler einer BVJ-Klasse mit Schwerpunkt Pflege bereiten sich im Unterricht darauf vor, zehn Nachmittage mit alten Menschen gemeinsam zu verbringen. Für jeden dieser Nachmittage wurden inhaltliche Schwerpunkte herausgearbeitet: Kontaktaufnahme und erste Begegnung bei einem gemeinsamen Spaziergang in einer Parkanlage, altersgerechter Spielenachmittag (die Spielzeuge dafür wurden von der Albert-Einstein-Schule Ettlingen gebaut), Museumsbesuch, Basteln von Weihnachtsschmuck, Plätzchenbacken mit anschließender Weihnachtsfeier, Seidentücher bemalen etc. Die Durchführung dieser Aktivitäten erfordert eine gute Vorbereitung im Unterricht; vor der ersten Begegnung wurde beispielsweise die Kommunikation zwischen Schülern und Senioren im Rollenspiel trainiert. Die Schüler mussten auch in ihren Fähigkeiten im praktischen Bereich geschult werden. Unter den Heimbewohnern befand sich ein Mann mit einem Körpergewicht von ungefähr 110 Kilogramm, der im Rollstuhl von den Schülern geschoben werden musste. Solche Situationen bedürfen der gründlichen Vorbereitung durch die Lehrer. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass bereits am ersten Nachmittag eine stark befahrene Straße mit Straßenbahnschienen überquert werden musste sowie Hänge im Gelände zu bewältigen waren. Außerdem müssen diese Maßnahmen mit dem Altenheim genau abgestimmt werden. Auch hier zeigen die Projektunterlagen, mit welchem Engagement Frau Prochaska und Frau Grüner-Waggershauser das Projekt planen und durchführen. Spezifika: Der Umgang mit alten Menschen ermöglicht den Schülern, in einer Situation mit Ernstcharakter, mit Unterstützung durch die betreuenden Lehrerinnen, den betreuenden Umgang mit alten Menschen zu erproben. Dies bedeutet für die BVJ-Schüler mit Schwerpunkt Pflege einen Beitrag zur Berufsorientierung: Altenpflege ist für BVJ-Schüler ein realistisch erreichbarer Ausbildungsberuf; die mögliche Eignung und Neigung für diesen Beruf kann im direkten Kontakt erprobt werden. Gleichzeitig werden die Schüler durch den Umgang mit alten Menschen für spezifische Problemstellungen einer alternden Gesellschaft sensibilisiert, ein Gesichtspunkt, der im Unterricht vertieft wird. Die Filmaufnahmen zeigen deutlich ein weiteres wichtiges Spezifikum dieses Projekts: Die Freude, die aus den Gesichtern der alten Menschen spricht, die gelöste Atmosphäre und SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe der freundliche, fast liebevolle Umgang zwischen Jung und Alt weisen nicht nur auf einen Erfahrungszugewinn für die Schüler hin, sie bedeuten auch einen ganz konkreten Zugewinn an Lebensqualität für die Bewohner des Altenheims, die ohne dieses Projekt nur wenig oder keinen Kontakt mit jungen Menschen haben und für die in Zeiten von der Ökonomie geprägter Pflege- und Betreuungssätze wenig Zeit seitens des Personals für die Freizeitgestaltung zur Verfügung steht. Es handelt sich auch von daher betrachtet um ein „Winwin“-Projekt! Albert-Einstein-Schule Ettlingen - Kooperation mit der Jugendfeuerwehr Im vergangenen Schuljahr hat eine BVJ-Klasse mit Schwerpunkt Holzbearbeitung unter der Leitung von Herrn Frenser und Herrn Räuber ein Multifunktions-Rauchhaus für die Jugendfeuerwehr der Freiwilligen Feuerwehr Ettlingen geplant, hergestellt und in der ersten Ausbaustufe am Schuljahresende bei einer kleinen Feier übergeben. Mit dem Rauchhaus kann demonstriert werden, wie gefährlich und tückisch sich Feuer und Rauch in einem Haus, einem Stockwerk oder einem Treppenhaus ausbreiten können und wo die Feuerwehr sinnvoll bei der Brandbekämpfung ansetzen kann. Weitergeführt werden soll das Projekt im laufenden Schuljahr, wenn der Bau von der Klasse BEJ-Elektrotechnik mit Ventilatoren und der Elektrik, automatischen Türöffnern und Vernebelungs-Einbauten, Rauchmeldern sowie weiteren von der Jugendfeuerwehr gewünschten Einrichtungen und Funktionen ausgerüstet wird. Nach Abschluss des Modellversuchs sollen nachfolgende BVJ-Klassen die Wartung übernehmen. Spezifika: Der Sevicelearning-Gedanke im Rauchhaus-Projekt wird gefördert durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Jugendfeuerwehr und die Vorstellung des Rauchhauses in der Schule; dabei wird auch der Aspekt des ehrenamtlichen Engagements in der Jugendfeuerwehr thematisiert. Dieses Thema wird auch im Unterricht der allgemeinbildenden Fächer aufgegriffen. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Hier ist gut erkennbar, dass die beruflichen Schulen aufgrund ihrer Ausstattung in besonderer Weise für die Durchführung von Servicelearning-Projekten geeignet sind: Die Infrastruktur und das Know-how in den verschiedenen Bereichen des beruflichen Schulwesens können dafür genutzt werden, eine Dienstleistung zu erbringen, die für die Kooperationspartner von hohem Nutzwert ist. Auch für das Selbstwertgefühl der Schüler ist es in hohem Maße förderlich, für das, was sie geleistet haben, die verdiente Anerkennung zu erhalten und nicht nur zu Übungszwecken in den Werkstätten Dinge zu produzieren, die dann in einem Regal der Schule aufbewahrt werden. Allerdings ist darauf zu achten, dass es sich bei Servicelearning-Projekten nicht um reine Dienstleistungen handelt, sondern dass der Aspekt des bürgerschaftlichen, im konkreten Projekt des ehrenamtlichen Engagements angemessen in die Projektarbeit integriert wird. - Kooperation mit einer Kindertagesstätte (Kita) Eine BVJ -Klasse der Albert-Einstein-Schule unterstützte die Kindertagesstätte im Gewerbehof Karlsruhe im vergangenen Schuljahr, indem sie einen Garderobenraum sanierte. Folgende Arbeiten wurden in dieser Kooperation durchgeführt: Gemeinsame Bedarfsermittlung, Demontage der alten Garderobe, fachgerechtes Ausbessern von Schäden im Raum, Streichen der Wände und der Decke, Restaurierung der Garderobe in der Schule und Aufbau in der Kita. In der zweiten Projektphase, die mit der Projektprüfung als Teil der BVJ-Abschlussprüfung verbunden war, wurden fünf Hängeregale mit Türen gefertigt und in der Kita montiert. Diese Zusammenarbeit wird im laufenden Schuljahr wie folgt fortgesetzt und intensiviert: - Unterstützung der Eltern durch die Schüler: Die Schüler unterstützen die Eltern bei regelmäßig stattfindenden Arbeitsabläufen, die sonst durch die Eltern alleine wahrgenommen werden müssten (z.B. Gartenarbeiten, kleine Renovierungsarbeiten, Vorbereitung von Festen, etc). - Unterstützung der Kinder durch die Schüler: Die Schüler bauen für die Kinder Holzspielzeuge; die Kinder äußern ihre Wünsche, die Schüler planen und bauen diese. Die fertigen Spielzeuge werden den Kindern durch die Schüler übergeben und die Funktion erklärt. - Die Schüler unterstützen die Kita als Institution: Die Schüler unterstützen durch den Bau von Regalmöbeln zur Aufbewahrung von Spielgeräten für den Sandkasten und Aktionen im Freien die Kita; hierbei erfolgen Planung und Umsetzung in der Projektprüfungsphase in Kooperation mit den Eltern. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Spezifika: Die Stärkung des Selbstwertgefühls der Schüler war bei dem Fest, das in der Kita anlässlich der Übergabe des Garderobenraums für die Schüler veranstaltet wurde, deutlich greifbar. In einer Feedbackrunde wurde die Teilnahme an diesem Projekt von den Schülern meist positiv bewertet. Vor allem waren die Schüler darauf stolz, dass man ihnen eine solche Tätigkeit anvertraut hatte. Über den großen Aufwand für das Einweihungsfest, das anlässlich der Übergabe der selbst gebauten Spielzeuge für die Schüler ausgerichtet wurde, waren die Schüler ebenfalls erstaunt. „Ein Danke hätte auch gereicht!“ war die Aussage von einigen Schülern. Viele hoben besonders hervor, dass man neben den Lehrern auch mit anderen Personengruppen zu tun hatte und dass die ausgeführten Tätigkeiten einen sinnvollen Zweck erfüllten. „Es ist eine andere Art von Schule und Unterricht“, war die Meinung der meisten Schüler. Durch die Arbeit der Schüler in der Kita erhält der Kooperationspartner einen hohen Nutzwert. Zwischenfazit nach 2,5 Jahren Modellversucharbeit Während der ersten 2,5 Jahre wurde deutlich, dass für eine erfolgreiche Modellversuchsarbeit an den Schulen die Identifikation und Unterstützung der Schulleitung und des Kollegiums unabdingbar sind. Durch eine intensive Unterstützung in personeller und in schulorganisatorischer Hinsicht konnte die Projektarbeit auf eine breite Basis gestellt werden. Als förderliches Element haben sich Reflexionsräume (Jour-fixe, Teamzeiten im Stundenplan ausweisen,...) herausgestellt. Neben einer sehr engen Zusammenarbeit innerhalb der am Projekt beteiligten Lehrkräfte ist auch eine genaue Abstimmung und konkrete Vereinbarung mit den externen Kooperationspartnern von Bedeutung. Im Laufe des ersten Projektjahres wurde den Kollegen der Schulteams die Notwendigkeit präziser, detaillierter Projektplanung und die Durchführung von Selbstevaluationen deutlich. Die Möglichkeit einer Betrachtung und Unterstützung im Bedarfsfall durch Externe (Modellversuchsträger, wissenschaftliche Begleitung) in Form von Ressourcen materieller und personeller Art erleichterte in vielen Fällen die Arbeit der Schulen. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe Literatur: Hugenschmidt, B.(2008). Motiviert und berufsfähig durch Servicelearning: Schülerinnen und Schüler als Partner für die Gemeinde; Erfahrungen aus dem Modellversuch SEBI@BVJ. INFODIENST SCHULE, 34/Januar/Februar 2008 Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe (2006). Gemeinsamer Zwischenbericht des Modellversuchträgers und der wissenschaftlichen Begleitung für den Programmträger. Berichtszeitraum: Schuljahr 2005/06. Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe (2007). Gemeinsamer Zwischenbericht des Modellversuchträgers und der wissenschaftlichen Begleitung für den Programmträger. Berichtszeitraum: Schuljahr 2006/07. Reh, H.( 2006). Servicelearning als Element der beruflichen Integration im Berufsvorbereitungsjahr. Pätzold, G. u. Lang, M. (Hrsg.): Selbstgesteuertes Lernen. Bochum und Freiburg. SEMINAR Berufliche Schulen Karlsruhe