Ein Jahr nach Fukushima und dem erneuten Atomausstieg in

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Ein Jahr nach Fukushima und dem erneuten Atomausstieg in
Marco Bülow, MdB Dortmund
März 2012
Ein Jahr nach Fukushima und dem erneuten Atomausstieg in
Deutschland
Die japanische Atomkatastrophe liegt ein Jahr zurück. Noch immer ist nicht absehbar, wie heftig die
Auswirkungen Mensch und Natur in Japan belasten. Noch immer hat man die Probleme an den
betroffenen Reaktoren nicht vollständig in den Griff bekommen und noch immer wird die
Öffentlichkeit mit teilweise falschen oder ungenügenden Informationen versorgt. Weltweit hat sich
die Diskussion um die Atompolitik zugespitzt, dennoch halten einige Staaten trotz Fukushima, trotz
der Alternativen an der gefährlichen Technologie fest.
In Deutschland wurde nur Monate nach der Verlängerung der AKW-Laufzeiten (Herbst 2010) zum
zweiten Mal der Ausstieg eingeleitet. Die Atomlobby beschreitet daraufhin den Klageweg und hat
gemeinsam mit ihren Helfern in der Politik und den Medien Angstszenarien in die Welt gesetzt. Es
wurde behauptet, dass Deutschland sich auf Stromschwankungen und auf Stromausfälle einstellen
müsse, dass wir stetig auf den Stromimport aus Frankreich angewiesen wären und dass die
Energiepreise deutlich steigen würden. All diese Vorhersagen sind nicht eingetroffen. Die Lichter
sind nicht ausgegangen und die einzigen Stromengpässe, die es gab, haben nichts mit dem
Atomausstieg zu tun. Im Winter haben wir sogar das Atomland Frankreich mit Strom beliefern
müssen. Insgesamt hat Deutschland selbst im letzten Jahr im Saldo mehr Strom exportiert als
importiert. Auch die Strompreise an der Strombörse sind mittlerweile sogar leicht unter das Niveau
vor Fukushima gesunken. Wenn die Energieunternehmen dennoch ihre Preise für den Verbraucher
heraufgesetzt haben, hat dies nichts mit dem Atomausstieg zu tun.
Mit diesem Papier möchte ich dazu beitragen, die Debatte vom Kopf auf die Füße zu stellen und
einige der falschen Lobbybehauptungen zu widerlegen.
Situation in Japan
Es herrscht in Japan weiterhin ein hoher Grad von Verunsicherung. Selbst die Zahl der
Kernschmelzen ist immer noch nicht bekannt. Die vorliegenden Daten sind lückenhaft und nicht
verlässlich, weil sie häufig von der Betreiberfirma stammen, die kein Interesse an weiterer Kritik
gegenüber der Atomkraft hat. Zudem sind die Medien und die Politik stark beherrscht und
beeinflusst von der Atomlobby und wirklich kritische Untersuchungen der Ereignisse und Vorgänge
hat es kaum gegeben.
Fest steht allerdings, dass man haarscharf an einem noch größeren Desaster vorbeigeschrammt ist.
So wollte beispielsweise die Betreiberfirma Tepco ihre Bemühungen, die betroffenen Reaktoren in
Fukushima zu kühlen, einstellen. Keiner kann genau sagen, was noch alles passiert wäre, wenn die
Regierung dies tatsächlich zugelassen hätte. Insgesamt kann in den betroffenen Gebieten
glücklicherweise weniger radioaktive Strahlung nachgewiesen werden, als dies in Tschernobyl der
Fall war. Allerdings sind die Spätfolgen kaum absehbar. Da Tausende Tonnen zum Teil
hochradioaktives Wasser in den Pazifik geleitet wurden, ist der Meeresboden rund um die zerstörte
Atomanlage verseucht. Es gibt sogar Überlegungen den Meeresboden zu betonieren um eine
Verbreitung der Partikel zu verhindern.
Zwischen 100 000 und 150 000 Menschen mussten in einem Umkreis von 20 Kilometern in
kürzester Zeit ihre Heimat verlassen. Erst Wochen später wurde der Evakuierungsraum auf 30
Kilometer ausgeweitet. Da in mehreren japanischen Präfekturen der Grenzwert für CäsiumBelastung überschritten wird, ab dem die japanische Regierung Landwirtschaft und Viehzucht
verbietet, fällt für viele Menschen auch ihre Erwerbsgrundlage weg. Direkt am verseuchten
Atomkraftwerk sind viele Mitarbeiter immer noch damit beschäftigt, die Lage vor Ort in den Griff zu
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bekommen. Man rechnet damit, dass die Arbeiten an den betroffenen Reaktoren ganz sicher nicht
vor 2019 beendet sein werden.
Aufgrund der Schäden nach dem Erdbeben und der Überprüfungen nach Fukushima sind von den
54 japanischen Reaktoren derzeit nur noch zwei am Netz. Ende März bzw. Ende April sollen diese
wegen Wartungsarbeiten ebenfalls abgeschaltet werden. Damit ist Japan dann kurzzeitig
„atomkraftfrei“. Trotzdem gibt es z. Zt. keine Engpässe bei der Stromversorgung. In Tokio haben in
diesem Winter weder die Haushalte noch die Geschäfte harte Energieeinsparmaßnahmen ergreifen
müssen. In diesem Januar hat die Energieversorgung bereits wieder das Niveau erreicht wie im
Jahresdurchschnitt 2010.
Durchgeführte und geplante Abschaltungen in Deutschland
Der Bundestag hat am 30. Juni 2011 einen stufenweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis
spätestens Ende 2022 beschlossen und die 13. Atomgesetznovelle verabschiedet. Von den
insgesamt 17 Atomkraftwerken durften die nach dem Moratorium vom 14. März 2011
heruntergefahrenen sieben ältesten Meiler sowie der sogenannte „Pannenreaktor“ Krümmel
daraufhin nicht wieder ans Netz.
Im Einzelnen waren das die Atomkraftwerke:
Biblis A / Biblis B / Neckarwestheim 1 / Brunsbüttel / Isar 1 / Unterweser / Philippsburg 1 / Krümmel
mit einer Gesamtkapazität von ca. 8,7 GW
Die weiteren geplanten Abschaltungen sind:
 2015: Grafenrheinfeld
 2017: Gundremmingen B
 2019: Philippsburg 2
 2021: Grohnde / Brokdorf / Gundremmingen C
 2022: Emsland / Isar 2 / Neckarwestheim 2
mit einer Gesamtkapazität von ca. 12,7 GW
Entwicklung der Stromimporte/-exporte
In Europa existiert ein freier Strommarkt. Das bedeutet, dass es keine abgeschlossenen nationalen
Strommärkte mehr gibt und deshalb jedes Land (beziehungsweise jeder Stromanbieter und
Stromkunde) Strom verkaufen und einkaufen kann. Auch wenn wir statt AKW stillzulegen, neue
hinzu gebaut hätten, würden wir nicht nur Strom exportieren, sondern immer wieder auch Strom
einkaufen. Deshalb ist - wenn überhaupt - nur aussagekräftig, wie viel Strom wir im Saldo
exportiert, beziehungsweise importiert haben. Klar ist, dass wir zu den Zeiten, wenn viel Wind
weht, viel Strom verkaufen und während der Windflauten eher Strom einkaufen.
Natürlich hat Deutschland immer wieder auch Strom aus Frankreich importiert. Aber gerade im
Winter war das Atomland Frankreich darauf angewiesen, dass wir ihnen massiv Strom liefern
mussten, obwohl es dort über 50 AKW gibt. Teilweise hatten die Franzosen sogar einen Bedarf von
über 100 000 MW Leistung. Ohne die deutschen Stromexporte wären also in Frankreich die Lichter,
bzw. die Heizungen ausgegangen. Frankreich leidet darunter, dass sie sehr einseitig auf Atomenergie
gesetzt haben und sie zusätzlich viel mit Strom heizen, was im Winter zu großen Problemen führt.
Insgesamt hat Deutschland 2011 im Saldo zwar weniger Strom verkauft als im Jahr zuvor. Man muss
allerdings bedenken, dass auf einmal acht AKW für immer vom Netz gegangen sind und zudem
zeitweise weitere AKW wegen Wartungsarbeiten stillstanden. Trotzdem hat Deutschland in der
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Summe immer noch mehr Strom verkauft als eingekauft. Laut der AG Energiebilanzen beträgt der
deutsche Exportüberschuss 2011 immerhin noch ca. 5 TWh Strom. Dies entlarvt die Lügenmärchen
der Atomlobby.
Da in den nächsten vier Jahren nur ein weiteres AKW stillgelegt wird, es gleichzeitig aber zu einem
Zubau von vor allem Erneuerbaren Energien kommt, wird sich die Situation weiter entspannen und
der Exportüberschuss wieder deutlich ansteigen. In den letzten beiden Jahren ist die installierte
Leistung Erneuerbarer Energien um jeweils ca. 10 GW gestiegen.
Entwicklung des Strompreises
Der wirkliche Strompreis hat wenig mit den eigentlichen Stromproduktionskosten in den jeweiligen
Kraftwerken zu tun. Strom wird an der europäischen Strombörse (EEX) gehandelt. Der Preis
orientiert sich dabei immer an den teuersten Kraftwerken. Der Preis, den letztendlich die
Verbraucher bezahlen, wird zudem von vielen verschiedenen Faktoren wie Steuern, Subventionen,
Wettbewerb, Gewinnmarge der Energieanbieter etc. beeinflusst. Steigen die Steuern oder die
Subventionen, dann steigen die Stromrechnungen. Gibt es wenig Wettbewerb, beherrschen
beispielsweise Oligopole den Markt, dann steigt ebenfalls der Preis, den die Verbraucher zahlen
müssen. Zudem gibt es viele Kosten, die zwar nicht auf der Stromrechnung auftauchen, die die
Bürgerinnen und Bürger dennoch zahlen müssen. Dazu zählen beispielsweise die jahrzehntelangen
Subventionen der Atomenergie. Auch das Desaster des atomaren Endlagers Asse II, wie auch die
Umwelt- und Klimafolgekosten von fossilen Energien muss letztendlich die Bevölkerung bezahlen.
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Nach dem beschlossenen Atom-Moratorium der Bundesregierung im März 2011 stiegen die
Preise für eine Kilowattstunde an der Leipziger Strombörse EEX um ca. 15 Prozent an. Dies
ist darauf zurückzuführen, dass die Energieunternehmen die Strommengen der
abgeschalteten Atommeiler erst ersetzen mussten und Strom zugekauft haben.

Gegen Ende 2011 ist der Strompreis jedoch wieder auf das Niveau vor dem Moratorium
gesunken. Zeitweise ist der Börsenstrompreis in Deutschland sogar deutlich niedriger als in
anderen Ländern. Am 7. Februar 2012 betrug der Börsenstrompreis in Deutschland pro
Megawattstunde 78 Euro. Der europäische Durchschnittspreis lag bei 108 Euro. In
Frankreich betrug er sogar 129 Euro.

Die Strompreise für die privaten Haushalte steigen jedoch weiterhin an. Dies liegt vor allem
an einer Sonderregelung der Bundesregierung, die den sogenannten energieintensiven
Unternehmen (Bsp.: FE-Metallindustrie, Aluminiumwerke, Papierindustrie etc.) die
anfallenden Netzgebühren erlässt. Die Kosten werden dann auf die privaten Kunden
umgelegt.
Ausbau der Netze
Auch wenn es in Süddeutschland nach der Abschaltung der ersten AKW zu Engpässen bei der
Energieversorgung kam, ist der Atomausstieg nicht dafür verantwortlich, dass die Netze ausgebaut
werden müssen. Dafür gibt es folgende Hauptgründe:

In den letzten Jahren wurde das Stromnetz nur marginal an die heutigen Erfordernisse
angepasst.

Der meiste Zubau in der Stromerzeugung fand und findet in Norddeutschland statt. Dies
betrifft übrigens nicht nur den Ausbau der Windenergie, sondern auch von
Kohlekraftwerken. Dieser Strom muss teilweise nach Süddeutschland transportiert werden,
weil dort die Kapazitäten zurückgegangen sind.
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
Insgesamt fordert die Energiewende einen Ausbau der Netze. Wer die Energiewende
wirklich will, muss allerdings einen Grundsatz begreifen: Nicht die Erneuerbaren Energien
müssen sich in das bestehende System integrieren, sondern das Energiesystem muss sich
an die Erneuerbaren Energien anpassen.

Es ist umstritten, in welcher Dimension der Netzausbau stattfinden soll. Klar ist, dass er sich
deutlich vermindern würde, wenn man stärker auf die dezentrale Energieversorgung setzt,
anstatt hauptsächlich Großprojekte zu fördern. Während der Strom der WindOffshoreanlagen noch sehr teuer ist, gibt es gerade in Süddeutschland noch riesige
Windenergiepotentiale, die dezentral genutzt werden könnten.

Auch jetzt gibt es seitens der Bundesregierung keine hinreichenden Pläne für den Neubau
und die Aufrüstung des Stromnetzes.
 Weitere Infos dazu in meinem Fakten Kompakt: Netzausbau und Stromleitungen:
http://blog.marco-buelow.de/category/faktenkompakt/
Debatte über Atomenergie geht weiter
Die mittelfristige Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke beendet nicht die Debatte über
Atomenergie. Selbst wenn die Pläne eingehalten werden, sind auch hierzulande noch mehrere AKW
zehn Jahre am Netz. Dann dauert es Jahrzehnte bis sie auch wirklich fachgerecht rückgebaut
werden. Unmengen an radioaktiv verseuchtem Baumaterial und Schutt müssen entsorgt werden.
Wir haben aber immer noch kein Endlager. Eine absolut sichere Verwahrung der riesigen Mengen
von radioaktivem Material wird es sowieso nicht geben. Viele Generationen werden mit dieser
Gefahr und den Altlasten leben müssen, ohne jemals irgendeinen Vorteil davon gehabt zu haben.
Die Kosten, die mit der Atommüllentsorgung zusammenhängen, sind immens. Allein die Sanierung
des absaufenden Endlagers Asse II, in dem die AKW-Betreiber jahrelang fast zum Nulltarif ihren
Müll abkippen konnten, kostet den Steuerzahler mehrere Milliarden Euro. Das Problem ist so
gravierend, dass keiner seriöse Kostenabschätzungen treffen kann.
 Die SPD-Fraktion hat Grundsätze und Eckpunkte für ein Endlagersuchverfahren formuliert:
http://spdnet.sozi.info/bawue/stuttg/uvogt/dl/Endlagersuchverfahren_24-01-2012.pdf
Ein weiteres Thema ist der AKW-Rückbau. Dieser wird erst in Jahrzehnten abgeschlossen sein. Die
Betreiber müssen für die 17 AKW laut einer Studie mindestens 18 Milliarden Euro aufbringen.
Vermutlich wird es noch deutlich teurer, so dass eventuell die von den Betreibern gebildeten
Rückstellungen nicht ausreichen werden.
Die Atomenergiedebatte muss auch international geführt werden. Die Strahlung nach einem SuperGAU stoppt nicht an Landesgrenzen. Gerade in Frankreich, Belgien und Tschechien stehen alte
Pannenreaktoren, die eine unmittelbare Gefahr auch für die deutsche Bevölkerung darstellen. Es
darf auch nicht sein, dass deutsche Steuergelder weiterhin für die Atomforschung ausgegeben oder
für die Absicherung des Baus von Atomkraftwerken in anderen Ländern genutzt werden.
Beim Thema Atomausstieg sind wir daher noch lange nicht am Ende:

Die Bundesregierung muss sich in der EU für einen europaweiten Atomausstieg einsetzen.
Deutschland muss vor allem darauf drängen, dass die Nachbarstaaten die alten Reaktoren
in den Grenzregionen (wie Temelin in Tschechien oder Fessenheim in Frankreich) stilllegen.
Zudem brauchen wir deutlich mehr Engagement gegen AKW-Neubauten wie in Polen.

Die europäischen AKW-Stresstests waren völlig unzureichend. So wurden die Folgen von
Flugzeugabstürzen nicht genau geprüft. Auch Altersschäden oder mögliche
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Materialabnutzungen wurden nicht untersucht. Es müssen daher deutlich strengere
Kriterien festgelegt werden. Die EU hat auch keine eigene Atomaufsichtsbehörde,
geschweige denn eigene Fachleute beziehungsweise Inspektoren. Sie ist somit auf
Zulieferungen der nationalen Aufsichtsbehörden und AKW-Betreiber angewiesen.

Der Euratom-Vertrag muss geändert werden. Die SPD-Fraktion hat hierzu einen Antrag
geschrieben. Es ist inakzeptabel, dass im Euratom-Vertrag noch die Förderung von
Atomenergie als Ziel formuliert ist. Wir wollen das Gegenteil: die Beendigung der
Förderung und den europaweiten Ausstieg. Der Euratom–Vertrag muss primär die
Schaffung von mehr AKW-Sicherheit, einheitlichen, hohen Haftungsregelungen sowie die
Endlager- und Rückbaufrage zum Inhalt haben.

Der Export von Nukleartechnologie zum Bau von Atomkraftwerken darf nicht mehr durch
Hermes-Bürgschaften und somit mit Steuergeld abgesichert werden. Dass Deutschland
eventuell den Bau eines AKW mit völlig veralteter Technik in einer erdrutschgefährdeten
Region Brasiliens mit 1,3 Milliarden Euro absichert, ist ein Skandal.

Die Kosten für die Forschung bzw. den Bau des Kernfusionsreaktors ITER explodieren. Allein
für die Jahre 2012 und 2013 hat die EU einen Mehrbedarf von 1,3 Milliarden Euro. Die
ursprünglich anvisierten Kosten für ITER von ca. 5,5 Milliarden Euro haben sich in kurzer
Zeit verdreifacht. Wir müssen uns dafür einsetzen, nicht mehr wahllos Milliarden von Euro
nachzuschießen, wenn das Projekt nicht weiterkommt. Denn mit einer Stromproduktion ist
vor 2050 nicht zu rechnen.
Energiewende fortsetzen
Die Atomlobby wurde durch den Atomausstieg kalt erwischt. Die vier großen deutschen
Energieunternehmen haben niemals versucht, ihre Energieproduktion wirklich umzustellen und sich
auf eine nachhaltige klimafreundlichere Energieversorgung einzustellen. Vielmehr haben sie sich
darauf verlassen, dass Union und FDP die von Rot-Grün initiierte Energiewende beenden und
zurückschrauben. Das wollten diese mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten auch tun, doch
Fukushima hat die Situation verändert. Gepaart mit weiteren Managementfehlern hat dies die
reformunwilligen Energieunternehmen ins Trudeln gebracht. Auch deshalb versucht die
Bundesregierung an anderer Stelle die Energiewende zu bremsen. Sie kürzt Förderprogramme und
Vergütungssätze im Erneuerbaren-Energien-Gesetz, sie fördert die Energieeffizienz völlig
unzureichend und sie setzt mit einseitiger Förderung weiter auf Großstrukturen wie
Windoffshoreanlagen, die nur von den großen Energieunternehmen geschultert werden können.
Zudem befreien und subventionieren sie zu Ungunsten von Mittelstand und Verbraucher die
großen energieintensiven Unternehmen jährlich mit 10 Milliarden Euro
 http://www.rosalux.de/news/38183/energiewende-satte-rabatte-fuer-die-industrie-1.html .
Dabei wäre es jetzt unerlässlich, die von Rot-Grün eingeleitete Energiewende zu intensivieren und
die Rahmenbedingungen für das neue Energiezeitalter umzugestalten. Dazu wäre eine Reihe von
Maßnahmen zwingend erforderlich:


Ausbau der Netze mit Augenmaß (siehe oben). Wichtig ist es, diesen Ausbau transparent
und im Dialog mit der Bevölkerung in Angriff zu nehmen. Dort, wo durch dezentrale
Energieversorgung Netze vermieden werden könnten, sollte dies auch getan werden. Die
Ballung der Energieproduktion im Norden muss eingeschränkt und nicht noch
subventioniert werden.
Wir brauchen einen Masterplan für die Weiterentwicklung der Speichertechnologie und
den Ausbau von Pump- und Druckluftspeichern. Zudem muss das Elektrolyseverfahren,
welches Windkraft in Gas umwandelt, gefördert und umgesetzt werden.
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 Mehr Infos dazu: http://blog.marco-buelow.de/category/faktenkompakt/

Natürlich muss das EEG weiterentwickelt werden und wo es möglich ist, auch effizienter an
die Gegebenheiten (auch bei der Solarindustrie) angepasst werden. Aber es darf weder die
aufgebaute Industrie noch der eigentliche Ausbaupfad gefährdet werden. Zusätzlich zum
EEG müssen Projekte gefördert werden, die dazu führen, die Erneuerbaren Energien
dezentraler einzusetzen.

Wenn wir den Vorrang für Erneuerbare Energien wirklich gewährleisten wollen, müssen wir
zügig wenige regelbare moderne Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD-Kraftwerke)
bauen und verstärkt auf Kraft-Wärme-Koppelung setzen.
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Um den Anteil der Erneuerbaren Energien im Wärmesektor, der momentan nur bei ca. zehn
Prozent liegt, zu steigern, müssen z.B. der Gebäudebestand in das EEWärmegesetz
aufgenommen, die Energieeinsparverordnung weiterentwickelt und das CO2Gebäudesanierungsprogramm auf hohem Niveau fortgeführt werden.
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Wir benötigen ein Hocheffizienzgesetz, durch das bis zum Jahr 2020 mindestens 11 Prozent
des jetzigen Energiebedarfs eingespart werden sollen. Neben dem Ausbau der KraftWärme-Koppelung sollte dieses Gesetz die Einführung eines Energiemanagementsystems
und eines Energieeffizienzfonds beinhalten. Zudem müssen zusätzliche Mittel für
Effizienzforschung und Entwicklung bereitgestellt werden, um auch die Erneuerbaren
Technologien wie z.B. die Photovoltaik auf ein höchstmögliches Effizienzniveau zu bringen.
Weitere Informationen:

Text von mir zum Thema Energiewende „E2D2 - Erneuerbar, Effizient, Demokratisch,
Dezentral“: http://www.marco-buelow.de/uploads/media/Marco_Buelow_E2D2_01.pdf

Weitere Infos zur Energie- und Atompolitik: http://www.marco-buelow.de

Energiekonzept der SPD-Bundestagsfraktion:
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,14516,00.pdf
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