3. Pflegesituationen - Deutschen Netzwerkes Advanced Practice

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3. Pflegesituationen - Deutschen Netzwerkes Advanced Practice
ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
Modul SW. 2.506
INHALTSVERZEICHNIS
1. ABSTRACT..........................................................................................2
2. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN.............................................................3
2.1 ROLLEN VON ANP............................................................................3
2.1.1 Clinical Nurse Specialist (CNS) ........................................4
2.1.2 Nurse Practitioner (NP) .....................................................4
2.1.3 Advanced Practice Nurse .................................................5
3. PFLEGESITUATIONEN......................................................................6
3.1 SITUATION.......................................................................................8
3.2 FALLBEISPIEL ..................................................................................9
4. ZUSAMMENFASSUNG .................................................................... 11
5. LITERATUR...................................................................................... 14
-1-
ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
Modul SW. 2.506
1. Abstract
Advanced Nursing Practice hilft die klinische Praxis so zu verändern, dass Sie den
Herausforderungen im heutigen Gesundheitswesen kompetent begegnen können.
Mit Advanced Nursing Practice (ANP) wird die Praxis von universitär ausgebildeten
und praxiserfahrenen Pflegenden umschrieben, die über ein spezialisiertes
Fachwissen verfügen, sowohl auf der Master-, wie auch auf Doktoratsebene. Diese
spezialisierte Pflege ist auf Einzelpersonen, Familien oder Gruppen mit spezifischen
gesundheitlichen
Interventionen,
Problemen
die
auf
ausgerichtet.
neuen
ANP
umfasst
wissenschaftlichen
Angebote
und
Erkenntnissen
und
Erfahrungswissen gründen. Dabei werden Forschungsergebnisse aufgenommen und
umgesetzt;
und
die
Resultate
dieser
Anwendungen
werden
systematisch
ausgewertet. (Institut für Pflegewissenschaft. (Universität Basel, Bernoullistrasse 28,
CH-4056 Basel)
Im Netzwerk ANP wird unter Definition von ANP auf folgende verwiesen:
“Unter ANP versteht man eine auf Individuen, Familien und Gruppen
ausgerichtete Pflegepraxis, in der nach neuesten Erkenntnissen betreut wird;
Forschungsergebnisse
umgesetzt
werden,
und
pflegerische
Angebote
entwickelt und ausgewertet werden (Hamric, Spross & Hanson, 2000;
Kesselring, 2000).”
Die Rollen von ANP sind in der Literatur unterschiedlich beschrieben.
"Wir brauchen für eine gute Versorgung akademisch ausgebildete Menschen, die in
der Praxis tätig werden"
Arbeitsfelder von ANP sind vielfältig, jedoch immer mit einer erweiterten Pflegepraxis
verbunden, d.h. mit Interventionen, die traditionellerweise nicht ins pflegerische
Aufgabenspektrum gehören (z.B. klinisches Assessment, medizinische Diagnostik,
Familieninterventionen)
-2-
ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
Modul SW. 2.506
Die wichtigsten Charakteristika für ANP sind:
Spezialisierung auf die Gesundheitsprobleme bestimmter Patientengruppen (z.B.
kardiologische
oder
onkologische
Erkrankungen)
oder
einzelne
Gesundheitsprobleme (z.B. Wundmanagement, Schmerzmanagement).
Erweiterung bedeutet, die Grenzen der Pflege werden den Bedürfnissen der
Patientengruppen angepasst, indem z.B. neben dem Patienten seine Familie im
Mittelpunkt der Pflege steht. Neue Kompetenzen werden durch den Erwerb von
Wissen und Erfahrung in verschiedenen Feldern (Bildung, Forschung, Praxis)
erworben.
Fortschritt wird durch die Kombination von Spezialisierung und Erweiterung
erreicht
und
führt
zur
nachhaltigen,
breitflächigen
und
zukunftsorientierten
Verbesserung der Pflege im interdisziplinären Kontext. Indem ANP- Spezialisten die
aktuelle Literatur kritisch lesen, Forschungsergebnisse in der Praxis anwenden und
die Pflegeangebote systematisch evaluieren, tragen sie zur Transparenz der
Verbesserung der Patientenresultate bei. (Andrea Ullmann-Bremi, 1.3.2005,
www.kispi.unizh.ch)
Diese erweiterte Pflegekompetenz in die Pflegepraxis umzusetzen und für komplexe
Pflegesituationen anzuwenden kann Aufgabe einer ANP – Pflegekraft sein.
Die Beschreibung komplexer Pflegesituationen bildet einen Schlüsselbegriff für ANP,
da genau hier das Aufgabengebiet der Pflegespezialisten angesiedelt ist.
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Rollen von ANP
Es beginnt Ende der 70er Jahre in den USA,
•
in vielen ländlichen Gebieten gibt es wenig Ärzte und somit auch wenig
ärztliche Versorgung
-3-
ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
•
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man hat Pflegekräfte zu Nurse Practitioner (NP) ausgebildet, die
medizinische
Ersatztätigkeiten
durchführen
(einfache
Wundversorgung,
Medikamente) und entscheiden konnten, ob ein Patient einem Arzt vorgestellt
werden muss oder nicht.
•
Es wurde festgestellt: die Behandlungen der Nurse Practitioner hat eine
hohe Qualität (z.B. Patientenzufriedenheit), denn die Krankenschwestern
handelten auf einer "care", nicht "cure" -Basis.
•
Diese Erkenntnis wurde durch die angepasste Ausbildung dieser Pflegenden
mit erweiterten Inhalten in Bachelor und Master Ausbildungen (mit
Pharmakologie, Physiologie Inhalten) umgesetzt.
•
schließlich wurden Krankenhäuser auf diese Pflegende aufmerksam
2.1.1 Clinical Nurse Specialist (CNS)
spezialisierte Krankenschwestern,
deren Weiterbildung im Laufe der Zeit
akademisiert wurde.
•
klinischer Bereich mit medizinischen Aufgaben (Stomapflege, Onkologische
Pflege)
•
Patientenschulung und -beratung (20%),
•
Hauptbestandteil (80% Tätigkeiten) ihrer Arbeit bestand aber darin, die
eigenen Arbeitskollegen anzuleiten und zu schulen, so dass diese wieder "up
to date" waren.
•
die Prozentverteilung verdeutlicht die Rolle der „Specialists“ in den Kliniken
2.1.2 Nurse Practitioner (NP)
Bei "Nurse Practitioner" (NP) war die Aufgabenverteilung verschoben, d.h. sie
haben vorwiegend Patienten und weniger Kollegen geschult. Kompetenzen der
Ausbildung sind bei den NP als auch „Clinical Nurse Spezialist“ (CNS) gleich
gelagert, was dazu führte, dass sich Mitte der 90-iger beide Ausbildungen
zusammengeschlossen, und den Begriff Advanced Nursing Practice (ANP) als
Überbegriff eingeführt haben.
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Master of Science = arbeitet als Wissenschaftler
Professional Master (Master of Arts) = bleibt in der Praxis
(http://www.pflegewiki.de/wiki/Advanced_nursing_practice, Stand 06.09.2008)
2.1.3 Advanced Practice Nurse
Advanced Practice Nurses (APNs) verfügen über folgende berufliche Kompetenzen:
1. Expertenwissen und Know-how in einem spezifischen Bereich der Pflege,
2. Fähigkeiten, andere zu führen und fachlich zu befähigen,
3. mit interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten,
4. solide Kenntnisse wissenschaftlicher Methoden und Fähigkeiten, diese zur
Verbesserung der Pflege einzusetzen,
5. Fähigkeiten, Konsultationen in komplexen Fällen durchzuführen und
6. Fähigkeiten,
ethische
Entscheidungen
zu
treffen
und
zu
ethischen
Entscheidungsfindungen beizutragen.
APN`s sind Schrittmacher, indem sie zu einer Verbesserung der Patientenergebnisse
und der Pflegequalität beitragen. So sind sie beispielsweise mit den Nebenwirkungen
einer Chemotherapie bei Patientinnen mit Krebs vertraut und kennen den Stand der
Forschung bezüglich Leidenslinderung. Oder: sie kennen sich aus mit der Prävention
von Stürzen bei älteren Menschen, und sind auf dem neusten Stand in der
Früherkennung oder Vermeidung von akuten Verwirrungszuständen nach operativen
Eingriffen. Sie erforschen Hintergründe mangelhafter Therapietreue oder wenden
wissenschaftliche Erkenntnisse an, um Angehörige von Patienten in ihrer Pflege zu
unterstützen. (Institut für Pflegewissenschaft. Universität Basel, Bernoullistrasse 28,
CH-4056 Basel)
Sie
sind
professionelle
Pflegekräfte
mit
fortgeschrittenem
Expertenwissen,
Entscheidungskompetenz und klinischer Sachkenntnis. (Lt. ICN)
Schlüsselmerkmale von ANP sind:
Anwendung verschiedener Wissenstypen
Kritisches Denken, analytische Fähigkeiten (d.h. hohes Fachwissen, Durchführung
von Assessments, Übernahme von Verantwortung)
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ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
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klinische Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz
professionelle Führung, Praxiskenntnis ( generalistische Kompetenzen zum
Praxiseinblick)
Forschungskompetenzen
(
Ausführung
klinischer
Pflegeforschung
und
Ergebnisimplementierung in die Praxis)
Praxisverbesserung und Veränderung (ANP gehen immer wieder in die Pflege
zurück)
(FH Jena, Handout „Entwicklung von ANP, Modul SW. 2.521, Dr. I. L. Schaefer,
07.11.2007)
3. Pflegesituationen
Der Begriff Pflegesituation wird in nur wenigen Pflegemodellen erläutert.
Bei Florence Nightingale (1820-1910) gilt als Begründerin pflegetheoretischer
Auseinandersetzungen bestand ein wesentlicher Teil ihrer Überlegungen mit
Aussagen über die Umgebung, aus biologischer, psychologischer, sozialer und
spiritueller Sicht des zu pflegenden (environment).
Sie sagte, dass für die zu pflegenden Bedingungen geschaffen werden müssen,
unter denen die Natur den Menschen heilen kann.
Jean Orlando ist eine der wenigen Pflegewissenschaftlerinnen, die den Begriff der
Pflegesituation erarbeiten. (Lt. Orlando 1996) besteht eine Pflegesituation aus drei
wesentlichen Elementen.
Verhalten der Patienten
Reaktion der Pflegenden
Pflegerische Handlungen
(A. Elsbernd, Pflegesituationen, S.42)
Sie zeigt, dass Pflegesituationen verschiedenen Störungen unterworfen sein können.
Sie stellen aber auch fünf Voraussetzungen heraus, unter denen pflegerische
Handlungen in Pflegesituationen den Patienten helfen und daher effektiv sein
können, wenn:
-6-
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(A. Elsbernd, Pflegesituationen, S. 45)
1) Pflegende kennt Bedeutung des Patientenverhaltens, handelt erst dann
mit spezifischer Aktivität, um die Bedürfnisse des Patienten zu decken.
2) Aktivität wird so ausgeführt, dass Patient der Pflegenden die
Beeinflussung durch Information mitteilen kann
3) Spezifisch benötigte Aktivität die Bedürfnisse des Patienten deckt und
ihm geholfen hat
4) Pflegende steht dem Patienten bei Bedürfnis nach Hilfe zur Verfügung
5) Pflegende weiß, wie ihre Aktivität den Patienten beeinflusst
Patricia Benner verwendet den Situationsbegriff erlebnisorientiert.
Sie sagt:
<<(...) sich in einer Situation befinden, heißt, Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft zu besitzen und von allen diesen Aspekten der Zeitlichkeit in der
aktuellen Situation beeinflusst zu sein. >> (Benner&Wrubel 1997)
Benner definiert, welche Kompetenzen Pflegende in einer bestimmten Phase ihres
Lernens befinden und stellt folgende pflegerische Aufgaben der Pflegepraxis heraus.
Helfen
Beraten und Betreuen
Diagnostik und Patientenüberwachung
Wirkungsvolles Handeln bei Notfällen
Durchführung und Überwachung von Behandlungen
Überwachung und Sicherstellung der Qualität der medizinischen Versorgung
Organisation und Zusammenarbeit (Benner 1994)
Weiter weisen Benner und Wrubel auf zeitliche Dimensionen, die in einer Situation
wirksam sein können. <<(…) sich in einer Situation befinden, heißt, Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft zu besitzen und von allen diesen Aspekten der Zeitlichkeit in
der aktuellen Situation beeinflusst zu sein.>>(Benner & Wrubel 1997, 107)
Bereits Benner (1964, 64) stellte für die Pflegepraxis folgende Aufgaben heraus:
Helfen
Beraten und Betreuen
Diagnostik und Patientenüberwachung
Wirkungsvolles Handeln bei Notfällen
Durchführen und Überwachen von Behandlungen
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ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
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Überwachen und Sicherstellung der Qualität der medizinischen Versorgung
Organisation und Zusammenarbeit
(Vgl. A. Elsbernd, S. 49)
3.1 Situation
Der Begriff Situation wurde wissenschaftshistorisch unterschiedlichen Kontexten
gebildet
und
verwandt.
Mit
Einfluss
der
Phänomenologie
etablierten
sich
erlebnisorientierte Ansätze. Kurt Lewin (1890-1947) diskutierte den Situationsbegriff
wesentlich umfangreicher. Er versteht unter einer Situation ein komplexes Ereignis,
welches Personen und deren Umwelt zu einer gegebenen Zeit umfasst.
Verhalten ist für ihn eine Funktion der Gesamtsituation, was er in einer Formel
deutlich macht: < VERHALTEN (V) ist eine FUNKTION (F) der PERSON (P) und
ihrer UMWELT (U) <<ergo: V = f ( P, U)>> (Lewin 1946, 375)
Für Lewin steht das Verhalten und Handeln im Vordergrund, er versteht unter einer
Situation jedoch ein komplexeres Ereignis, welches in verschiedene Elemente oder
Faktoren zerlegbar ist. (vgl. A. Elsbernd, S.19)
Der Soziologe William Isaac Thomas (1863-1947) befasste sich intensiv mit dem
Situationsbegriff und stellte heraus, dass jede Situation zunächst mal eine soziale
sei. (vgl. A. Elsbernd, S. 20)
Er weist im Besonderen darauf hin, dass Situationen komplex und durch soziale
Beziehungen und dem Vermitteln von Normen und Werten gekennzeichnet sind.
Eine Pflegesituation kann insofern als Phänomen bezeichnet werden, weil sie aus
dem Patientenerleben und dem Erlebten von Pflegenden zu rekonstruieren ist.
Pflegesituationen lassen sich in vier Grundelemente einteilen:
Das erlebende Subjekt
Das Thema
Das Unthematische
Der zeitliche Horizont
Pflegende und Patienten definieren die Pflegesituation selbst.
Pflegesituationen
zeichnen sich durch Komplexität, Intransparenz, Dynamik und Informationen, welche
unvollständig sein können aus, was eine Störanfälligkeit in sich birgt. (vgl. A.
Elsbernd, S.38)
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ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
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3.2 Komplexität
Komplexität (v. lat.: complectari = umarmen, umfassen; Partizip Perfekt:
complexum) bezeichnet allgemein die Eigenschaft eines Systems oder Modells, dass
sein Gesamtverhalten nicht beschrieben werden kann, selbst wenn man vollständige
Informationen über seine Einzelkomponenten und ihre Wechselwirkungen besitzt.
(
http://de.wikipedia.org/wiki/)
Die Komplexität einer Situation wird mit der Vielfalt der einwirkenden Faktoren und
dem Ausmaß ihrer gegenseitigen Interdependenzen und charakterisiert diese als
Merkmal schlecht strukturierbarer Entscheidungssituationen. Komplexität ist eine
mögliche Form eines Gegenteils von Einfachheit beschrieben.
Astrid Elsbernd beschreibt in ihrer Situationsforschung zu Pflegesituationen
folgendes:
>>(...) Pflegesituationen zeichnen sich durch Komplexität, Intransparenz,
Dynamik und Informationen, die unvollständig sein können aus. Sie sind daher
störanfällig.>>(A. Elsbernd, Pflegesituationen, S. 38)
Die Bewertung einer komplexen Pflegesituation unterliegt der Vielfalt der
einwirkenden Faktoren, z.B. Familie, Biografie, Lebenserfahrung, Befinden etc.
Die Bewertung einzelner auftretender Faktoren in der Pflegebeziehung unterliegen
somit auch der Subjektivität der Pflegenden. Für eine gezielte Unterstützung des z
pflegenden ist es erforderlich nützliche und störenden Faktoren zu eruieren und
diese zielgerichtet einzusetzen oder zu negieren.
Die erforderliche Kompetenz entspricht der eines Experten und somit sind komplexe
Pflegesituationen ein umfassendes Aufgabengebiet für ANP.
3.2 Fallbeispiel
Pflegebedarf eines 39-jährigen Mannes mit chronischer Niereninsuffizienz und
Dialysetherapie.
Markus Schön ist 32 Jahre alt, als bei ihm im Rahmen einer
Routine-Ultraschalluntersuchung
Zystennieren
festgestellt
werden.
Weitere
Untersuchungen ergeben, dass es sich bei Herrn Schön um eine erbliche
Zystennierenerkrankung handelt und er sich bereits im Stadium der kompensierten
Retention einer chronischen Niereninsuffizienz befindet.
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Der Arzt schlägt regelmäßige Kontrollen vor, aber Herr Schön, der sich völlig gesund
fühlt und gerade Vater einer kleinen Tochter geworden ist, verschiebt diese immer
wieder und vergisst das Problem schließlich.
Sie treten nach dem Pflegeexamen eine Arbeitsstelle als Gesundheits- und
Krankenpflegerin in der Dialysepraxis Dr. Röder an. Nach einigen Wochen
Einarbeitungszeit, in der Sie den
Umgang mit den Dialysemaschinen und die Shuntpunktion erlernt haben,
übernehmen Sie ihre erste Neuaufnahme und führen das Aufnahmegespräch.
Nachdem Sie sich vorgestellt haben, erfahren Sie von Ihrem neuen Patienten Herrn
Schön Folgendes: „Ich bin jetzt 39 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Kinder im
Alter von vier und sieben Jahren. Die Zystennieren sind bei mir erst vor sieben
Jahren festgestellt worden. Meine Kinder wurden untersucht, aber man kann
glücklicherweise noch nichts feststellen. Bis vor einem Jahr ging es mir gut, ich hatte
keinerlei Beschwerden. Dann ging es jedoch ziemlich plötzlich bergab.
Wir waren im Sommerurlaub auf Sylt und mir war ständig übel, nachts musste ich
dann mehrfach erbrechen. Meine ganze Familie hatte sich den Magen an einem
Fischgericht verdorben, aber bei mir wurde es einfach nicht besser. Meine Frau hat
mich dann, als ich nur noch erbrochen habe und ich auch nur noch ganz wenig Urin
ausgeschieden habe, nachts ins Krankenhaus gefahren. Dort wurde ich notfallmäßig
dialysiert, und meine Nieren haben sich nicht mehr erholt. Meine Shuntoperation ist
jetzt vier Wochen her, bisher wurde ich über einen Shaldon-Katheter in der Klinik
dialysiert. Ich habe eine Restausscheidung von 200 ml.
Der Klinikarzt hat mich nun hier zu Ihnen zur Hämodialyse überwiesen.“
Sie erkundigen sich, ob bei Herrn Schön aktuell Beschwerden vorliegen oder Fragen
bestehen.
„Ach wissen Sie, das ist schon alles sehr schwierig, aber ich hoffe natürlich auf eine
Spenderniere und bin bereits angemeldet. Mein Arbeitgeber – ich arbeite bei den
Stadtwerken – kommt mir sehr entgegen und ich möchte unbedingt voll berufstätig
bleiben. Wir haben uns gerade ein Häuschen am Stadtrand gebaut und brauchen
das Geld. Deshalb habe ich meine Termine bei Ihnen ja immer abends. Da muss ich
mal sehen, wie das funktioniert.
Mit der Diät komme ich gut zurecht, das ist ja heute alles nicht mehr so streng. Ein
Problem ist aber der Durst. 700 ml ist ja gar nichts, früher habe ich bis zu zwei Liter
am Tag getrunken.
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Ich weiß ja nicht, wie es erst im Sommer wird, aber jetzt im Winter finde ich es schon
richtig schlimm! Die trockene Heizungsluft – furchtbar. Und der Juckreiz. Ich bin mich
dauernd am kratzen. Ja, und dann muss ich mal sehen, wie ich mit dem Shunt hier
zurechtkomme.“ Herr Schön deutet auf seinen linken Unterarm und zuckt mit den
Schultern. „Ich kann doch meine Frau nicht zukünftig die Getränkekisten schleppen
lassen?“
Welche pflegerelevanten Informationen sind im Fallbeispiel enthalten?
Welche fachlichen Erkenntnisse brauche ich zur Ermittlung des konkreten
Pflegebedarfs?
Welche pflegerelevanten Fragen aus den Bezugswissenschaften ergeben sich aus
der Pflegesituation?
Welche pflegefachlichen Fragen ergeben sich aus der Pflegesituation?
Wie ist die geschilderte Pflegesituation zu bewerten? Welche Probleme und
Erfordernisse ergeben sich aus den Informationen?
Die Einschätzung des Pflegebedarfs und die Ermittlung pflegebezogener Daten sind
zentrale Tätigkeiten professionell Pflegender. (Benner 1994)
4. Zusammenfassung
Die Rolle der ANP zeichnet sich durch zwei wesentliche Merkmale aus:
• Der direkte Kontakt zu den Patientinnen und Patienten ist zentral. Eine ANPPflegende arbeitet regelmäßig im Pflegeteam mit und hat direkten Patientenkontakt.
Dies gilt für alle Bereiche der Pflege.
• ANP-Pflegende sind akademisch und praktisch qualifiziert. Eine universitäre
Ausbildung und die explizite Spezialisierung auf eine Patientengruppe (z. B.
Herzinfarkt-
oder
Tumorpatienten)
führen
zu
nachweislich
besseren
Patientenergebnissen.
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ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
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Ein wichtiger Faktor des ANP-Modells ist die gemeinsame Weiterentwicklung der
Fachkompetenz durch die ANP-Pflegenden und das Pflegeteam. Dazu braucht es
inhaltliche Führungsqualitäten – auch sie gehören zum Konzept der ANP.
Die Aufgaben von ANP, speziell in dem unter 3.2. beschriebenen Fallbeispiel könnte
die Wichtung der Informationen, Recherche von Literatur und Studien über neueste
Pflege-
und
Behandlungserkenntnisse,
die
Knüpfung
von
Kontakten
im
Versorgungsnetzwerk Pflege, ein umfangreiches Angebot an Beratung die
Erkrankung und die Möglichkeiten des Umgangs im Alltag, z.B. Hilfsangebote,
Selbsthilfegruppen,
psychologische
Unterstützung
und
die
Umsetzung
pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse und Forschungsergebnisse in die Pflegepraxis
beinhalten.
Am Institut für Pflegewissenschaft (IPW) in Basel wird bereits die klinische
Ausrichtung der Pflege gefördert, was nach dem Vorbild von universitären
Pflegeinstituten aus dem angelsächsischen Raum erfolgt. Es wurde im Jahr 2001
eine Abteilung Klinische Pflegewissenschaft am Universitätsspital Basel gegründet,
welche eine Partnerschaft zwischen klinischer Praxis und Pflegewissenschaft
darstellt und im Jahr 2005 unter neue Strukturen geordnet wurde. Die Ziele der
Abteilung
Klinische
Pflegewissenschaft
reichen
von
Praxisentwicklung,
Pflegeforschung, Aus-, Fort- und Weiterbildung bis Unterstützung interdisziplinären
Teams, Sicherung der professionellen Praxisentwicklung und Zusammenarbeit bei
der nationalen und internationalen professionellen Praxisentwicklung. (vgl. Rebecca,
Spirig 2005)
Ein weiteres ANP Projekt, die Einführung von erweiterter, wirksamer Pflege im
Bereich HIV/Aids läuft seit 2004. (Spirig, Rebecca, 2004)
Zahlreiche Ausbildungen in der Schweiz konzentrieren sich am ANP Konzept,
welches ANP als Pflegende mit vertrieften klinischen und forschungsorientierten
Kompetenzen, sowie Fähigkeiten im Bereich Leadership und Interdiziplinarität als
befähigt beschreiben. Diese klinische Kompetenz der Pflegespezialisten kommt dort
zum tragen wo sie am meisten gebraucht wird: bei der direkten Patientenbetreuung.
Ein wichtiger Aspekt aus Sicht der Verfasserin ist die Rückkehr von ANP Pflegenden
in die direkte Pflege, um den expliziten Anforderungen und Merkmalen einer ANP
gerecht zu werden. Nicht selten ist es dennoch Tatsache, dass eine Akademisierung
dazu dient aus der direkten Pflege auszusteigen. Für die Umsetzung von
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ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
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Erkenntnissen und Forschungsergebnissen in die Praxis ist der Bezug der
Verantwortlichen
in
der
Anleitung
von
Pflegeteams
und
Umsetzung
von
evidenzbasierter Pflege zur Praxis grundlegende Kompetenzen.
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ANP – Schlüsselbegriffe „komplexe Pflegesituationen“
Modul SW. 2.506
5. Literatur
Deutsches Netzwerk - Advanced Practice Nursing & Adva...
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08.09.08
Advanced nursing practice
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Gesundheitsprobleme, Patientengruppen) Erweiterung (der klinischen Expertise)...
http: //www.pflegewiki.de/wiki/Advanced_nursing_practice - 23k Stand 08.09.08
Institut für Pflegewissenschaft: Advanced Nursing Practice
Mit Advanced Nursing Practice (ANP) wird die Praxis von universitär ausgebildeten
und praxiserfahrenen Pflegenden umschrieben, die über ein spezialisiertes... http:
//nursing.unibas.ch/klinische-praxis/advanced-nursing-practice/ - 11k Stand 08.09.08
Elsbernd, Astrid. (2000): Pflegesituationen; erlebnisorientierte Situationsforschung
in der Pflege, 1. Auflage, Hans Huber Verlag Bern, (Reihe Pflegewissenschaft)
Kania, Christian. (2007): Pflegesituationen bei Menschen aller Altersgruppen
erkennen, erfassen und bewerten, 1. Auflage, Elsevier GmbH Urban & Fischer
Verlag München, Werkstattbücher zu Pflege Heute
Komplexes System – Wikipedia
Komplexe Systeme sind Systeme, welche sich der Vereinfachung verwehren ...
Ihre Analyse ist Sache der Komplexitätstheorie (englisch complexity theory) bzw.
...http://de.wikipedia.org/wiki/Komplexes_System - 30k Stand 07.09.08
Managed Care (2005): Funktionierende Partnerschaft mit zwei Gewinnern; Spirig
Rebecca, Ausgabe 7/8, Seite 32-33
Österreichische Pflegezeitschrift (2004): die Einführung von erweiterter, wirksamer
Pflege im Bereich HIV/Aids, Rebecca Spirig, Ausgabe 06-07/204, Seite 16-21,
www.oegkv.at
Pflegesituation 7
Welche pflegerelevanten Informationen sind im Fallbeispiel enthalten? – Was weiß
ich?
...
Wie
ist
die
geschilderte
Pflegesituation
zu
bewerten?
...http://www.directshopper.de/images_bo/9783131415011_leseprobe_02.pdf Stand
06.09.08
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