Ein Hauch Buddhismus
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Ein Hauch Buddhismus
Bericht | Text und Bilder: Katrin Moser Ein Hauch Buddhismus Jeder ist willkommen Mitten im Gewerbegebiet von Münster ist im vergangenen Jahr eine buddhistische Pagode entstanden. ~-Autorin Katrin Moser hat sich auf den Weg gemacht, den kleinen Flecken Vietnam zu erkunden. Wer bei der Pagode Phuong Quang einen typisch asiatischen Bau erwartet, wird enttäuscht sein. Rote Lampionlampen empfangen den Besucher im Eingangsbereich des einfachen Grundstücks und sind mitunter das einzige Anzeichen, dass es hier nicht ganz nach typischen europäischen Maßstäben zugeht. Ein Wohnhaus, ein großer Garten – eigentlich das typische Bild eines Familienhauses, nicht das einer vietnamesischen Pagode. Wären da nicht die roten Lampen. Und die schlichte, asiatisch anmutende Teichdekoration. Oder aber der schwere, süßlichherbe Duft von Räucherstäbchen, der in der Luft liegt. Nur wenige Meter hinter dem schlichten Eingangstor steht eröffnet sich zur rechten Seite ein Wintergarten. Die große Glasfront gibt Einblick in das Innere, das wider Erwarten nicht grün ist und nach Blumenzucht aussieht, sondern förmlich überfließt vor Farben und Licht. Kleine und große Buddha-Statuen stehen nach einem für Uneingeweihte willkürlich anmutenden System nebeneinander, auf Sockeln, auf Erhöhungen, umgeben von Kerzen, Bändern, Bannern und Räucherstäbchen. Über allem schwebt der summende, monotone Gesang der Meditierenden. Während hinterrücks die Autos vorbeidonnern, scheint man mit den Augen förmlich auf einem anderen Kontinent gelandet zu sein. Seit Juni 2012 existiert die Pagode Phuong Quang im Gewerbegebiet An den Loddenbüschen, die ein Stück Buddhismus nach Münster bringt. Abt Thich Minh Thong kommt aus Vietnam, lebte fünf Jahre in Frankfurt und übernahm dann die Münsteraner Pagode. Der kleine, glatzköpfige Mann mit den dunklen Augen und dem traditionellen braunen Mönchsgewand begrüßt die Gäste der Pagode freundlich mit aneinander gelegten Händen vor der Brust. Noch lebt er alleine in der Pagode, erzählt er. Irgendwann kommen vielleicht weitere Mönche, so seine Hoffnung. Aus einem Radius von 200 Kilometern kommen die Gäste zur Pagode, zu feierlichen Anlässen manchmal bis zu 400 Personen. Wie zum Neujahrsfest Anfang Februar, dem Übergang vom Jahr des Drachens zum Jahr der Schlange. Zwei kunterbunte Löwen, unter deren Kostümen Kung-Fu-Kämpfer stecken, tanzen dann zwischen Koi-Teich und Zen-Garten anmutig umeinander. Zur Meditation kommen alle im großen, verglasten Hauptteil zusammen, ziehen die Schuhe aus, setzen sich auf die Kissen. Auf Vietnamesisch und Sanskrit werden die Mantras rezitiert – trotzdem findet sich neben vielen Vietnamesen und Chinesen auch eine große Anzahl Deutscher unter den Gästen. „Die Pagode steht jeden offen, egal ob Katholik, Protestant oder Atheist. Wir freuen uns, wenn die Menschen zu uns kommen und jeder ist willkommen“, sagt der Abt. Einmal täglich ab 16 Uhr findet eine Meditation statt. Sonntags startet die erste Meditation um 11 Uhr, danach sind die Gäste zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen. Traditionelle vietnamesische Gerichte und Tee, dazu ein buntes Miteinander im beheizten Gemeinschaftszelt. Zwischen Küche und Zelt findet sich ein weiterer, kleiner Tempelbereich. Wieder Räucherstäbchen und frisches Obst als dargebrachte Gaben, umgeben von Grablichtern. Daneben ein halboffener Raum, der kalte Betonboden notdürftig mit Karton abgedeckt. Darüber Bast-Teppiche, auf denen Kraniche anmutig ihre Runden ziehen. Nach dem allgemein bekannten Münster sieht das wirklich nicht aus. Wenn man durch die Anlage streift und die anderen Gäste beobachtet, fällt auf, dass ein Großteil jung ist, Anfang bis Mitte 20. Einmal im Monat trifft sich eine Jugendgruppe in der Pagode, um Zeit miteinander zu verbringen. Aber auch ältere Vietnamesen und Chinesen kommen häufig vorbei, erzählt Thich Minh Thong. Für sie ist dieses Einfamilienhaus ein Stück alter Heimat. Vertraute Gerüche, Gerichte, Gespräche. Ein Flecken Vietnam mitten in Münster. # 13