Beta-Glucan im Pferdesport - Dr. Krapf Medical Consulting

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Beta-Glucan im Pferdesport - Dr. Krapf Medical Consulting
Beta-Glucan im Pferdesport
Hintergrund
Stress und stressbedingte Erkrankungen machen auch vor Pferden nicht halt. Dies
erkannte schon der Pionier der Stressforschung Hans Selye, als er erstmals vor 60
Jahren das Phänomen der „stressbedingten“ Geschwüre, Herzinfarkte,
Bluthochdrücke, Gelenkentzündungen, Nierenschäden und anderer Erkrankungen
beschrieb, dem z.B. Versuchstiere unterliegen.
Nach Schätzungen des American Institute of Stress 1,2 basiert ein Großteil akuter
Infektionen und 60 – 70 % aller chronischen Erkrankungen direkt oder indirekt auf
einer stressinduzierten Immundepression. So lassen sich z.B. nach
epidemiologischen Erhebungen bei über 81 % von ansonsten „gesunden“, im
Training stehenden Rennpferden und fast 30 % der Sport- und Freizeitpferde durch
das Bakterium Helicobacter pylori verursachte Magengeschwüre nachweisen 3 .
Selbst bei ansonsten gesundheitlich unauffälligen Fohlen beträgt die Geschwürrate
immer noch 51 %. Offensichtlich scheinen sich „Widerstände“, die sich aus einer
Überforderung ergeben, direkt auf die Immunabwehr niederzuschlagen 4 .
Die Liste stressinduzierter Infektionen infolge verminderter Immunabwehr ist lang:
Herpesviren sind z.B. in Pferdepopulationen weit verbreitet. Nach aktuellen
Schätzungen haben sich ca. 70 % der Pferde bis zum dritten Lebensjahr mit dem
Herpesvirus auseinandergesetzt 5 . Ein einmal infiziertes Tier bleibt lebenslang
Virusträger. Schon kurzfristige Schwächungen der Immunabwehr aktivieren den
schlafenden Virus und übertragen sich via Ausscheidung auf die Artgenossen.
Virusaborte, lebensschwache Fohlen, fieberhaften Atemwegserkrankungen oder
Erkrankungen des Nervensystems mit Lähmungen und Koordinationsstörungen
gehören zur gefürchteten Symptomatik, was umso schwerer wiegt, als gegen
Viruserkrankungen keine effektiven, einem Antibiotikum entsprechenden
Medikamente zur Verfügung stehen 6 . Auch die Pferdeinfluenza, die bevorzugt bei
Sportpferden auftritt, wird auf einen erhöhten Leistungsdruck zurückgeführt 7,8 .
1
Rosch PJ: Stress and illness. JAMA. 1979 Aug 3:242(5):417-8
Rosch PJ: Reminiscences of Hans Selye, and the birth of “stress”. Int J Emerg Ment Health 1999
Winter;1(1):59-66
3
McClure, Glickman: Prevalence of gastric ulcers in show horses. J. Am. Vet. Ass. 215, 1130-1133,
1999
4
Mayr B, Mayr A.: Interactions between the immune system and the psyche. In: Tierärztl Prax Ausg K
Kleintiere Heimtiere 1998 Ju; 26(4):230-5
5
Pferdegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Münster. Dr. L. Alswede
6
Klinik für Pferde. Tierärztliche Hochschule Hannover. Informationen zur Herpesinfektion 05.08.2005
7
Horohov, Dimock, Malinowski: Effect of exercise on the immune response of young and old horses.
Am J Vet Res. 1999 May;60(5):643-7
2
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2
Dasselbe dürfte auch für Bornaviren gelten, die bei Pferden eine therapieresistente
„Melancholie“ verursachen 9 . Und die Korrelation zwischen Stress und einer
Lungenentzündung, wie sie sich z.B. bevorzugt bei Trabern (tägliches Training /
hohe Rennfrequenz) zeigt, ist inzwischen wie selbstverständlich Gegenstand
wissenschaftlicher Forschung geworden 10 .
Zwar unterliegen auch Pferde in der freien Wildbahn Situationen
(Rangordnungskämpfe, Paarungsverhalten, Feindabwehr) die nur mittels der
Stresshormone Adrenalin und Cortisol bewältigt werden können. Im Gegensatz zu
domestizierten Tieren ist hier Stress jedoch meist nur von kurzer Dauer und wird
durch lange Erholungszeiten kompensiert.
Antibiotika-und Viren-Resistenzen
Umfassende Hygienestrategien und der großflächige Einsatz von Antibiotika sind in
der heutigen Medizin nicht mehr wegzudenken. Ähnlich wie in der Humanmedizin
mehren sich jedoch auch in der Tiermedizin die alarmierenden Anzeichen, dass sich
in den letzten Jahren eine multiple Antibiotika- und Anthelminthika-Resistenz
entwickelt hat 11, 12 , 13 , 14 . Paradebeispiel ist das in den USA seit 1970 verbotene, in
der EU aber erlaubte Antibiotikum und als „Leistungsförderer“ gehandelte
Avoparcin®, das in Europa inzwischen hohe Resistenzen zeigt 15 . Dabei handelt es
sich eigentlich um ein natürliches und unvermeidliches Phänomen, das sich aus der
Selektion resistenter Formen von Mikroorganismen aufgrund genetischer
Veränderungen herausbildet – aber eben Tierärzte und Pferdehalter vor ein schier
unlösbares Problem stellt. Einerseits sind viele Antibiotika und Parasitenmittel
(Anthelminthika) inzwischen schlichtweg wirkungslos, andererseits zwingt die
Resistenzentwicklung dazu, den Gebrauch von noch wirksamen Chemotherapeutika
stark einzuschränken.
Ähnlich verhält es sich mit den heutigen Virenmitteln. Die Substanzklasse Aciclovir®
ist zwar imstande, eine Inaktivierung des Virus vorzunehmen – allerdings nur bei
gerade sich vermehrenden Viren und nicht bei latenten Infektionen. Jeder Tierarzt
kennt damit das Problem unkontrollierter Rezidive, wie sie vor allem bei
Herpesinfektionen entwickeln. Grippenviren z.B. drehen infolge starken
Selektionsdrucks immerzu an irgendwelchen „Schräubchen“, um einzelne
8
Folsom, Littlefield-Chabaud, Horohov: Exercise alters the immune response to equine influenza virus
and increases susceptibility to infection
9
Englund l, Pringle J: New diseases and increased risk of diseases in companion animals and horses
due to transport. Acta Vet Scand Suppl. 2003-2004;100:19-25
10
Passantino L, Amati, Cianciotta A, Jirillo E: Modifications of serum and cellular parameters in
trotters after a race. Macrophage migration inhibitory activity reduction and serum beta-glucan
elevation.In: Immunopharmacol Immunotoxicol 2005;27(2):299-314
11
Kaszanyitzky, Egyed, Somogyi: Staphylococci isolated from animals and food with phenotypically
reduced susceptibility to beta-lactamase-resistant betalactam antibiotics. Acta Vet Hung 2004;52(1):717
12
Dargatz DA, Traub-Dargatz JL: Multidrug-resistant Salmonella and nosocomial infections. Vet Clin
North Am Equine Pract. 2004 Dec;20(3):587-600
13
Kronfeld DS, Geor RJ, Beech J, Boston RC: Questions findings in Spanish Mustang study. J Am
Vet Med Assoc. 2005 May 1;226(9):1476
14
Zouiten H, Berrag B, Cabaret J: Poor efficacy of the most commonly used enthelmintics in sport
horse nematodes in Morocco in relation to resistence. Parasite. 2005 Dec;12(4):347-51
15
David Smith, Fogarty International Center Bethesda. PLOS Medicine (Online-Vorabveröffentlichung,
doi: 10.1371/journal.pmed.0020232) 2006
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Oberflächenmerkmale zu verändern. So ist das ursprünglich nur bei Pferden
bekannte H3N8-Grippevirus inzwischen auch auf andere Spezies übergesprungen.
Allein im Frühjahr 2005 erkrankten in den USA etwa 20 000 Rennhunde, die sich
über Pferde bzw. gegenseitig infizierten 16 . Inzwischen wird die zunehmende
Arzneimittelresistenz einiger Viren zum echten Problem. In einer Forschungsprojekt,
an der sich 12 EU-Staaten beteiligen 17 , wird derzeit die Resistenzentwicklung von
Influenza- und Hepatitisviren und insbesondere auch des gefürchteten H5N1-Virus
(„Vogelgrippe“) untersucht – der übrigens auch auf Pferde übertragbar ist.
Immunsystem
Die Suche nach therapeutischen Alternativen hat durch neue Erkenntnisse zum
Aufbau und der Funktion des körpereigenen Abwehrsystems von Säugetieren eine
entscheidende Wendung bekommen. Blickt man auf die Phylogenese, d.h. die
Stammesentwicklung des Immunsystems zurück, dann fällt auf, dass sich erst vor
300 Millionen Jahren selektive Abwehrfaktoren (T- und B-Zellsystem) herausgebildet
haben. Davor existierten lediglich „primitive“, sogenannte „angeborene“
Abwehrorganellen, die als Makrophagen (Fresszellen), natürliche Killerzellen
(„attackieren alles, was fremd ist“) oder dendritische Zellen („Fresszellen der Haut
und Schleimhäute“) für Ordnung sorgten.
Die immunologische Forschung hat sich jahrzehntelang nur auf den spezifischen Teil
der Immunabwehr konzentriert 18 . Dabei bewältigt das „angeborene“ Immunsystem
schon seit jeher 80 – 90 % der gesamten körpereigenen Abwehr 19 . Dies wäre auch
gar nicht anders machbar, reagiert doch die angeborene unspezifische Immunität
nach einer Mikrobeninvasion sofort, während die spezifische Abwehr Tage und
Wochen der Entwicklung braucht.
Ist jedoch die erste Verteidigungslinie der unspezifischen Abwehr überrannt und
strauchelt auch der Rückhalt der spezifischen Abwehr, dann wird die „Alarmreaktion“
eingeläutet, die sich dann rein symptomatisch als Entzündung äußert. In diesem
Falle lassen sich dann sogenannte „Akute-Phase-Proteine“ messen 20, 21 , 22 . Diese
sind von Tierspezifies zu Tierspezifies verschieden und dominieren z.B. beim Pferd
als Haptoglobin, Serum-Amyloid S (SAA) oder Fibrinogen 23 . Die Akute-PhaseProteine kennen eigentlich nur ein Ziel: Weitere Abwehrkörperchen in das
Entzündungsgebiet zu locken. Akute-Phase-Proteine stellen hervorragende
16
Center for Disease Control and Prevention: www.cdc.gov/flu/avian/gen-info/transmission.htm.
Oxt.17,2005
17
Vigilance against Viral Resistance (VIRGIL),Symposium on Antiviral Drug Resistance. Lyon France,
May 23rd, 2006.
18
Mayr A: Paraimmunisierung: Empirie oder Wissenschaft ? In: Biol Med 1997;26(6):256-61
19
May A, Mayr B: Körpereigene Abwehr. „Von der Empirie zur Wissenschaft“. Tierärztliche Umschau
2003, Heft 4, 1-64
20
Petersen H, Nielsen JP, Heegard PMH: Application of acute phase protein measurements in
veterinay clinical chemistry. In: Vet Res 2004, 35:163-187
21
Gruyse E, Toussaint MJM, Niewold TA, Koopmans SJ: Acute phase reaction and acute phase
proteins. J. Zhejing Univ. SCIENCE 6B:1045-1056
22
Ceron JJ, Eckersall PD, Martynez-Subiela S: Acute phase proteins in dogs and cats: current
knowledge and future perspectives. Vet. Clin. Pathol. 2005 Jun;34 (2):85-99
23
Hulten C, Grönlund U, Forsberg M: Dynamics in serum of the inflammatory markers serum amyloid
A (SAA), haptoglobin, fibrinogen and alpha2-globulins during induced non-infectious arthritis in the
horse. In: Equine Vet. J. 2002, 34:125-128
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4
Biomarker dar, um den allgemeinen Gesundheitszustand, den Ernährungszustand
und das Wachstums-potential eines Tieres zu bestimmen. Selbstverständlich sind sie
auch ein wichtiger Marker für eine akute Infektion z.B. einer Influenza beim Pferd.
Der Aufstieg von Beta-Glucan
Schon vor einem halben Jahrhundert wurde man auf das ungewöhnliche Spektrum
immunstimulatorischer und zellschützender Eigenschaften von Glucanen
aufmerksam. Weil jedoch nur ungereinigtes Material zur Verfügung stand, erlahmte
sehr schnell das Forscherinteresse – waren doch die Wirkungen zu uneinheitlich und
nicht vorhersehbar. Allen Widrigkeiten zum Trotz gelang es viele Jahre später, die
reine Wirksubstanz als Beta-1,3-D-Glucan aus der Zellmembran der einfachen
Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) zu isolieren – und zwar dieses Mal ohne
jegliches Potential an etwaigen Nebenwirkungen oder allergischen Reaktionen.
Dabei ist ein normales Beta-1,3-D-Glucan weit davon entfernt, immer und überall
gleich stark zu wirken. Denn Beta-Glucane schärfen nur dann das Abwehrsystem
perfekt, wenn die Beta-(1→3)-Kette noch weitere Verzweigungen enthält. Diese
Verzweigung nennt man (1→6), so dass allein nur die (1→3),(1→6)-Beta-D-Glucane
auch das halten, was sie versprechen. Glucane z.B., die eine (1→4)-Verbindung
besitzen, erzeugen weitaus schwächere Effekte.
Auch hier ist noch nicht das Ende des Qualitätsoptimums erreicht. Vielmehr
unterscheiden sich selbst (1→3), (1→6)-Beta-D-Glucane noch in Anzahl und Länge
der Verzweigungen, was vor allem bezüglich der Resorption eine entscheidende
Rolle spielt. In der Glucan-Forschung bedient man sich nämlich aus „Gründen der
Wissenschaft“ immer nur der parenteralen („unter Umgehung des Magen-DarmTrakts“) Zuführung. Daraus ist zu schlussfolgern, dass eine Zerstörung der sensiblen
Glukosemoleküle (Polysaccharide) in der Säure- und Enzymhölle der Magen-DarmPassage grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist. Inzwischen weiß man aber, dass
vor allem die langkettigen Verzweigungen des Beta-Glucans eine allumfassende
Säureresistenz besitzen 24 . Und auch von den Darmenzymen droht keine Gefahr:
Während sämtliche Kohlenhydrate („Glukose“) und auch viele Einfach-Glucane damit
zur Auflösung kommen, fehlt für das beta-1,3-D-Glucan das hierfür erforderliche
Zerstörungsenzym.
Die mögliche Herstellung aus Bakterien, Pilzen, Algen oder Getreide ist von eher
geringer Bedeutung, da mit Glucanen aus Hefe die stärkeren biologischen Effekte zu
erreichen sind. Als absoluter Qualitätsmaßstab gelten die in Deutschland
hergestellten Beta-Glucane Leukogard® und Vitagard®.
Glucan-Wirkung
Durch die Darmwand resorbiertes D-Glukan wird von den Makrophagen gierig
aufgesogen und bindet sich an spezielle Rezeptoren (Dectin-1), die auch auf
natürlichen Killerzellen vorhanden sind 25, 26 , 27 . Dort führen sie zu einer extremen
24
Wyde P: Beta-1,3-glucan activity in mice: intraperitoneal and oral applications. Baylor College of
Medicine 1989; Research Summary
25
Brown GD, Taylor, Willment JA, Gordon S: Dectin-1 is a major beta-glucan receptor on
macrophages. In: J Exp Med 2002 Aug 5;196(3):407-12
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„Schärfung“ und gleichzeitigen Vermehrung von Makrophagen und natürlichen
Killerzellen 28,29 . Makrophagen zählen zum angeborenen Abwehrsystem und dienen
einerseits der Vertilgung von Fremdeiweiß („Fresszellen“) wie z.B. Bakterien, Pilzen,
Viren oder Parasiten und andererseits der Produktion bestimmter Cytokine
(„Botenstoffe“) wie IL-1, IL-6, IL-8, IL-12 und dem Tumor-Nekrose-Faktor TNF 30,31 .
Diese „Akute-Phase-Proteine“ stimulieren ihrerseits das adaptive Immunsystem
sowie die natürlichen Killerzellen, was für eine funktionierende Infektionsabwehr
unabdingbar ist 32 . Infektiöse Eindringlinge werden nicht nur direkt angegriffen,
sondern mittels Makrophagen „demaskiert“, d.h. für das übrige Abwehrsystem
kenntlich gemacht. In einer Kettenreaktion bilden sich dann massiv Antikörper (T-/ BZellsystem) gegen die körperfremden Mikroben 33 .
Es bleibt festzuhalten, dass nur das angeborene Abwehrsystem in der Lage ist, eine
erste Bakterien- oder Vireninvasion abzuwehren bzw. eine Infektion schon im Keime
zu ersticken. Da Beta-Glucane hierauf einen starken Einfluss nehmen, entsprechen
sie – im übertragenen Sinne – dem Wirkkpotential eines starken Antibiotikums bzw.
Virustatikums.
Beta-Glucan wirkt auch stark antioxidativ d.h. neutralisiert oxidierende
Sauerstoffradikale.
Radikale
Sauerstoffspezies
attackieren
Zellmembrane,
Mitochondrien und Zellkerne und führen damit zu Genmutationen und
Zellveränderungen. Da Leistungsstress den „oxidativen Stress“ erst richtig fördert
(hohe Radikalen-Werte im Leistungssport), zählen Zellalterung und die Prophylaxe
der Zellentartung zu den wichtigen Einsatzgebieten 34,35 . Inzwischen hat sich BetaGlucan ja zum neuen Star in der Anti-Aging-Medizin entwickelt und kehrt
kurioserweise von dort wieder zur Tiermedizin zurück. Schließlich wäre es
gesundheitlich fahrlässig und wirtschaftlich unklug, den Alterungsprozesses nicht
auch beim Pferd aufzuhalten.
26
Herre J, Willment JA, Gordon S, Brown GD: The role of Dectin-1 in antifungal immunity. In: Crit Rev
Immunol. 2004;24(3):193-203
27
Czop JK, Austen KF: A B-glucan inhibitable Receptor on Human Monocytes: Its Identity with the
Phagocytic Receptor for Particular Activators of the Alternative Complement Pathway. In: J Immunol
1985 (134), 2588-2593
28
Burgaleta C, Golde DW: Effect of Glucan on Granulopoiesis and Macrophage Genesis in Mice. In:
Canc Res Jan 1977; 37:1739-1742
29
Burgaleta C, Territo MC Goide DW: Glucan activated macrophages: functional characteristics and
surface morphology. In: J Reticuloendothel Soc 1978, 23:195-204
30
Hunter KW, Berner MD, Sura ME, Alvea BN: IFN-gamma primes macrophages for enhanced TNFalpha expression in response to stimulatory an non-stimulatory amounts of microparticulate betaglucan. In: Immunol Lett. 2005, 15:98(1)115-22
31
Hunter K, Washburn R: Efficacy of topical antimicrobial acid and immunostimulatory B-Glucan in
Animal Models of Cutaneous Infection. U Nevada Medical School- Applied Res Grant, Aug 1998
32
DiLuzio NR: Evaluation of the Mechanism of Clucan-Induced Stimulation of the Reticuloendothelial
System. In: J Reticuloendoth Soc; Soc 7: 731-742. 1970
33
Hunter K, Gault R, Jordan F: Mode of Action of B-Glucan Immunopotentiators-Research Summary
Release. Department of Microbiology, University of Nevada School of Medicine, Jan 2001
34
Babincova M, Bacova Z, Machova E, Kogan G: Antioxidant properties of carboxymethyl glucan:
comparative alalysis. In: J Med Food 2002 Summer;5(2):79-83
35
Krizkova L, Durackova Z, Sandula J, Krajcovic J: Fungal beta-(1-3)-D-glucan derivates exhibit high
antioxidative and antimutagenic activity in vitro. In: Anticancer Res 2003 May-Jun;23(3B):2751-6
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6
Es ist vielfach unbekannt, dass Beta-Glucan auch bei Strahlenschäden und zur
Strahlenprophylaxe bei zu erwartender Exposition zum Einsatz kommt 36 . Eine starke
Belastung durch ionisierende Strahlen führt nämlich zu einer massiven
Unterdrückung der Immunreaktion, die vor allem im Knochenmark ihren Ausgang
nimmt. Beta-Glucan stimuliert offensichtlich nicht nur das Makrophagensystem,
sondern auch die Stammzellen des Knochenmarks und führt zu dessen
weitgehender Erholung 37
Studienlage
Die Wirksamkeit von Beta-Glucanen bei stressinduzierten und endemischern
Infektionen bakterieller, viraler, mykotischer („Pilze“) und parasitärer Herkunft ist in
über 400 Studien bestens belegt 38, 39 , 40 , 41 , 42 , 43 , 44 , 45 , 46 . Einige Studien sollen dies
exemplarisch beleuchten:
Stressstudie 1
Untersuchungen an Mäusen zu deren Morbidität (Erkrankungshäufigkeit) und
Mortalität (Sterblichkeit) unter Stress lassen sich – wissenschaftlich gesehen – zwar
nicht vollständig auf Pferde übertragen, geben aber ein wichtigen Einblick in das
Wirkpotential von Beta-Glucanen: In dieser kontrollierten Studie hatten sich die Tiere
für einige Tage in einer Tretmühle zu verausgaben. Während von den normal
ernährten Tieren fast ein Drittel (28 %) an einer viralen Infektion erkrankte und 18 %
sogar starben (!), blieben ihre mit Glucan gefütterten Artgenossen völlig gesund 47 .
Stressstudie 2
36
Patchen ML,D’Alesandro MM, MacVittie TJ: Glucan: mechanism involved in its “radioprotective”
effect. In: J Leukoc Biol 1987 Aug;42(2):95-105
37
Gu YH, Takagi Y, Kakamura T, Niwano Y: Enhancement of radioprotection and anti-tumor immunity
by yeast derived beta-glucan in mice. In: J Med Food 2005 Summer;8(2):154-8
38
Hetland G, Wiker H: Protective effect of beta-glucan against mycobacterium bovis, BCG infection in
BALB/c mice. In: Scand J Immunol 1998 June, 47:6, 548-53
39
Holbrook TW: Glucan-Enhanced Immunogenicity of Killed Erythrcyclic Stages of Plasmodium
Benghei. In: Infecton and Immunity 1981, 32, 542
40
Kimura A: In vitro Activation of Human Adherent Cells by a Glucan. J Reticuloendothel Soc 1983.
34:1-11
41
Inai: Activation of the Alternative Complement Pathway By Water-Insoluble Glucans of
Streptococcus mutans. J. Immunol 1976. 117. 1256-1260
42
Duen-Horng W: Polysaccharide-Induced protection of Tilapia, Tilapia aureus P against Bacterial
Infections in vivo. In: Dept of Veterinary Medicine
43
Stashenko: Reduction of Infection-Stimulated Periapical Bone Resorption by the Biological
Response Modifier PGG-Glucan. In: J Dent Res 1995, 74(1):323-330
44
Jordan F. Am Effective Immune Response Potentator – Beta-1,3/1,6-glucan derived from Yeast Cell
Wall. Macrophage Publication 1998, pp 1-7
45
Jamas S, Easson D, Ostroff G: Undervitalized aqueous soluble beta (1,3) glucan, composition and
method of making same. In: US Patent Application 20020032170, March 14, 2002
46
DiLuzio NR, Williams DL: The Role of Glucan in the Prevention and Modification of Microparasitic
Diseases. In: Chemical Regulation of Immunology in Veterinary Medicine, Alan R. Liss Inc; 1984
pp443-456
47
Davis JM, Murphy EA, Brown AS, Mayer EP: Effects of oat beta-glucan on innate immunity and
infection after exercise stress. In: Med Sci Sports Exerc 2004 Aug;36(8):1321-7
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7
In einem anderen Experiment ging man der Frage nach, inwieweit sich denn eine
Glucan-Stimulierung von Makrophagen und Natürlichen Killerzellen (NK) denn auch
tatsächlich auf das Infektionsrisiko auswirkt. Den Versuchstieren wurden hierzu
Herpes-Simplex-Viren in die Nase geträufelt. Ein Teil der Tiere wurde durch täglichen
Sport „gestresst“, während die anderen faulenzen konnten. Eine teilweise BetaGlucan-Verfütterung in beiden Gruppen stimulierte zwar im Vergleich zu
normalernährten Tieren immer die Makrophagen- und NK-Aktivität. Was aber
weitaus wichtiger war: Das Infektionsrisiko für den oberen Respiraktionstrakt bzw. die
Sterblichkeit sanken in der „Leistungsstressgruppe“ unter Glucan um beachtliche 45
% bzw. 38 % 48 .
Parasitenstudie
In der Fragestellung, inwieweit auch Parasiten auf Glucan reagieren, wurde Tieren
eine große Menge an Eimeria vermiformis (Protozoen-Parasiten im Darmtrakt, die
obligat intrazellulär leben) injiziert und gleichzeitig das Immunsystem mit einem
starken Cortison ruhiggestellt. Während die Hälfte der unbehandelten Tiere an einer
ruhrähnlichen Durchfallerkrankung starben, überlebten sämtliche Artgenossen unter
Beta-Glucan 49 .
Anthraxstudie
Der vielen nur als Bedrohungsszenarium des Bioterrorismus bekannte
Milzbranderreger Bacillus anthracis stellt vor allem in wärmeren Klimazonen eine
nicht zu unterschätzende Gefahr für Huftiere und damit auch Pferde dar.
Hochinfektiöse Milzbrandsporen können über Jahrzehnte im Erdboden überleben
und werden meist über verunreinigtes Futter übertragen. Erhielten Versuchstiere erst
2 Tage vor einer tödlichen Sporeninhalation ihre Beta-Glucan-Dosis, dann
verminderte sich die Bakterienkonzentration in ihren Lunge um das 4 – 8 fache und
erhöhte sich ihre Überlebenswahrscheinlichkeit um das 2,5 fache (50 %). Wurde
Glucan jedoch noch eine Woche früher gegeben, stieg die Überlebensrate auf 100 %
(!). Auch im Falle einer Ansteckung konnte mit einer nachträglichen Beta-GlucanGabe (10 Tage lang) das Überleben immer noch mit sagenhaften 30 – 90 %
gesichert werden 50 .
Antibiotikastudie
Überraschenderweise bestehen zwischen Beta-Glucanen und Antibiotika 51 bzw. dem
weitverbreiteten Ampicillin® starke synergistische Verbindungen. So kam es bei
einer experimentell hervorgerufenen Peritonitis (Bauchfellentzündung), die eigentlich
immer tödlich verläuft, in 65 % der Fälle zur Ausheilung unter Ampicillin® –
zusammen mit Beta-Glucan waren es aber 100 % 52 . Ausschließlich verabreichtes
Beta-Glucan erreichte immer noch 30 % Überlebensvorteil, was umso höher zu
48
Davis JM, Murphy EA, Brown AS Carmichael MD, Mayer EP: Effects of moderate exercise and oat
beta-glucan on innate immune function and suceptibility to respiratory infection.In: Am J Physiol Regul
Integr Comp Physiol 2004 Feb;286(2):R366-72. Epub 2003 Oct 9
49
Yun CH, Estrada A, Redmond MJ, Laarveld B: Beta oat glucan enhances resistance to Eimeria
vermiformis in immunosuppressed mice. In: Int J Parasitol 1997 Mar;27(3):329-37
50
Kournikakis-B, Mandeville R, Brousseau P, Ostroff G: Anthrax-protective effects of yeast beta 1,3
glucans. In: MedGenMed 2003 Mar 21;5(1):1
51
Tzianabos AO, Cisneros RL: Prophylaxis with the immunomodulator PGG glucan enhances
antibiotic efficacy in rats infected with antibiotic-resistant bacteria. In: Ann NY Acad Sci 1996 Oct.
797:285-287
52
Lahnborg G, Hedstrom KG, Nord CE: The effect of glucan – a host resistance activator – and
ampicillin on experimental intraabdominal sepsis. In: J Reticuloendothel Soc 1982, 32:347-353
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8
bewerten ist, als Glucane vom Prinzip her ja die Invasion von Bakterien bereits im
Ansatz verhindern sollen - und nicht erst im Vollbild der Erkrankung.
Rennpferdstudie
In einer aktuellen Rennpferd-Studie (20 zweijährige Rennpferde, 7 Zuchtstuten, 6
Jungpferde, 5 Hengste Dressur bis Klasse S) erfolgten Basismessungen zur
„stressbedingten“ Immunreaktion, die sich durch ein intensiveres Frühjahrstraining,
erste Einsätze im Rennsport, Fellwechsel, Veränderungen des zirkadianen
Rhythmus, eine Futterumstellung, Klimawechsel und Transporte entwickelt.
Erwartungsgemäß
kam
es
zu
einer
signifikanten
Erhöhung
der
Fibrinogenkonzentration und von Serum-Amyloid A (SAA) - also typischen equinen
Biomarkern für die stressbedingte Schwächung des Immunsystem und einer bereits
begonnenen entzündlichen Veränderung.
Einem Teil der Pferde wurde schon zu Beginn täglich ein hochverzweigtes BetaGlucan (Vitagard P®) verfüttert. Bei dieser Studiengruppe blieben die
Serumkonzentrationen von Fibrinogen und SAA völlig im Normalbereich 53 . Fast
identische Ergebnisse mit dem Beta-Glucan Leukogard® kennt man bereits aus der
Geflügel- und Schweinezucht. In diesen Untersuchungen bestätigte sich auch u.a.
auch die starke Wirkung auf durch Escherichia coli hervorgerufene Enteritiden 54, 55 , 56
.
Colostrum-/ Immunglobulin-Studie bei Fohlen
Von Interesse sind auch Untersuchungen bei trächtigen Stuten (Vollblut und
Hannover) und ihren späteren Fohlen. In dieser Studie wurde das Wurmmittel
Levamisol®, das ebenfalls eine immunmodulierende Wirkung besitzt, mit BetaGlucan verglichen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die normal gefüttert wurde,
enthielt das Colostrum der Stuten sowohl in der Glucan- als auch in der
Levamisolgruppe einen überragenden IgG-Gehalt – was sich entsprechend auch auf
die Immunitätslage der Fohlen niederschlug 57 . Immunglobulin G ist ja
bekanntermaßen Teil des unspezifischen Abwehrsystems, wird von der Mutter via
Vormilch (Colostrum) übertragen und stellt für Fohlen solange einen lebensrettenden
Schutz vor Infektionen dar, bis sich das körpereigene Immunsystem der Fohlen
entwickelt hat. Dieses Ergebnis ist umso höher einzuschätzen, als Nebenwirkungen,
wie sie durch das Chemotherapeutikum Levimasol® („Muskelzittern, Reizbarkeit,
Durchfall, erhöhte Bronchialsekretion“) auftreten können, bei Beta-Glucanen
ausgeschlossen sind.
53
Fibona Health Wiesbaden, Sommer 2005: Vitagard P Fütterungsstudie, nicht veröffentlicht
Fleischer LG, Gerber G, Liezenga RW, Lippert E, Westphal G: Blood cells and plasma proteins of
chickens fed a diet supplement with (1→3),(1→6)-beta-D-glucan and enrofloxacin. In: Arch Tierernahr
2005;53(1):59-73
55
Fleischer LG, Gerber G, Gremmels HD, Lippert E, Westphal G: Experimental Investigations to
Study (1→3),(1→6)-beta-D-Glucan from Saccharomyces cerevisiae as „Health Ingredient“. Presented
in: second European Colloquium on Animal Acute Phase Proteins, May 11-13, 2001, Bonn Germany
56
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Zusammenfassende Bewertung
Stressbedingte und endemische Infektionen sind allgegenwärtig und verursachen
wegen der zunehmenden Resistenzentwicklung einen immensen wirtschaftlichen
Schaden. Umso bedauerlicher ist es, dass sich die Tiermedizin erst relativ spät mit
den überzeugenden Ergebnissen aus der Glucanforschung beschäftigt hat. Die
Studienlage zu Beta-Glucan ist inzwischen so erdrückend, dass es gleichsam einem
ärztlichen Kunstfehler entspricht, einen der potentesten Immunstimulatoren nicht
prophylaktisch oder zumindest therapeutisch einzusetzen. Weil es Mikroben nicht
direkt attackiert, sondern körpereigene Abwehrmechanismen auf natürliche Weise
unterstützt, finden keine Resistenzentwicklungen durch Anpassung statt. BetaGlucan verbessert deshalb nicht nur Wachstum, Ernährungszustand, Wohlbefinden
und die Leistungsbereitschaft von Pferden, sondern hilft vor allem, Perioden hoher
Belastung sicher zu überstehen und auch Rekonvaleszenzzeiten kurz zu halten.
Auch das zellschützende Potential von Beta-Glucan gewinnt immer mehr an
Bedeutung. Die gerade im Pferdesport gehäuft auftretenden oxidativen Schäden
werden durch Beta-Glukan wirksam verhindert und garantieren neben einer
verminderten Genmutation auch eine Verlangsamung des Alterungsprozesses und
eine globale Steigerung der Vitalität.
München, den 14.05.2006
Dr. med. Rainer Krapf
Facharzt f. Allgemeinmedizin
Postfach 19 07 31
D-80607 München
Email: [email protected]
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