Sao Paulo. Ja, das war schon ein Abenteuer, ein ganz besonderes

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Sao Paulo. Ja, das war schon ein Abenteuer, ein ganz besonderes
Sao Paulo. Ja, das war schon ein Abenteuer, ein ganz besonderes. Alles fing am 24. Juli 2014 an. Ich
kam um 6 Uhr früh am Flughafen Guarulhos an und wurde direkt von einem sehr netten
Medizinstudenten, den ich über das ifriend Programm der Uni, kannte, abgeholt und direkt zur Uni
gebracht. Dort wartete bereits Douglas, ein Mitarbeiter des International Office, auf mich und zeigte
mir das Gelände bzw. die Moradia, also das Haus, wo neben zahlreichen brasilianischen
Assistenzärzten auch die Austauschstudenten, wohnten, direkt neben dem Hauptgebäude des
Krankenhauses. Da meine Kurse erst vier Wochen später anfingen, hatte ich noch genügend Zeit
mich mit den anderen Intercambistas, hauptsächlich aus anderen Ländern Südamerikas,
anzufreunden und die Stadt Sao Paulo zu erkunden, bei Tag und vor allem bei Nacht. Ja, Sao Paulo ist
wirklich die coolste Stadt der Welt, die verrückteste, energiegeladenste, interessanteste und mit 20
Millionen auch eine der größten. Eine pulsierende Metropole eben, die niemals schläft. Das New
York Südamerikas. Sao Paulo e uma loucura! Com certeza! Vor allem das Nachtleben ist wirklich
einzigartig! Und das war auch das, was ich zu Beginn kennengelernt habe. Ich glaube ich kannte die
meisten Straßen nur bei Nacht, zumindest in diesen ersten Wochen :)
Aber dann kam irgendwann der Tag, an dem die Uni losging. Damit änderte sich alles schlagartig. Wie
ich gleich am ersten Tag feststellen durfte, war der Unialltag alles andere als easy. Wie alle
Austauschstudenten war ich im Internato eingeteilt, dem zweijährigen PJ, in dem die Studenten
durch alle Fachbereiche rotieren. Mein erster Bereich war Pädiatrie. Gleich vorweg, dieses Praktikum
ist wirklich zu empfehlen. Ein Teil findet auf Station statt, der zweite Teil in der Notaufnahme für
Kinder. Die ersten Wochen waren wirklich hart. Zum einen das frühe Aufstehen (6 Uhr), da das
Praktikum in einem anderen Krankenhaus ist (halbe Stunde mit Bus), und dann von 7 bis 19 Uhr im
Krankenhaus sein und Patienten aufnehmen, untersuchen, Rezepte vorbereiten, Visite machen,
Arztbriefe schreiben... Schon hart für jemanden, der noch nie etwas von Pädiatrie gehört hat und
noch dazu die Sprache nicht beherrscht. Meine Portugiesischkenntnisse waren wirklich rudimentär.
Ich konnte zwar Spanisch, jedoch hilft das nicht viel, wenn man die Patienten verstehen will und
Ihnen die Behandlung erklären soll. Englisch kann man natürlich gleich ganz vergessen. Also wichtig:
Portugiesisch lernen vorher! Zum anderen wäre es gut, wenn man die Fächer, die man besucht,
zumindest schonmal in der Vorlesung bei uns in Deutschland gehört hat und so grob weiß, um
welche Krankheitsbilder es sich handelt. Das macht vieles einfacher. Daher würde ich Sao Paulo
eigentlich erst ab dem 9. Semester empfehlen. Es geht zwar im siebten auch, aber man wird dann so
richtig ins kalte Wasser geschmissen. Aber eines ist sicher: man darf bzw. muss unglaublich viel
machen, aber lernt natürlich Dinge, die man in Deutschland niemals lernen würde. So auch in
meinem zweiten Praktikum, der Geburtshilfe. Neben der Assistenz bei Kaiserschnitten und dem
ganzen Zunähen danach usw., macht man hauptsächlich Geburten. Ja, richtig verstanden, du, der
Interno (PJ-ler) bringst die Kinder zur Welt. Neben all den Untersuchungen vorher und nachher, bist
du unter anderem für den Geburtsvorgang verantwortlich, (Vorsicht: das Kind gut festhalten, damit
es nicht auf den Boden fällt, wenn es herauskommt. Das kommt nämlich manchmal ziemlich plötzlich
:D). Wenn das Kind dann auf die Welt kommt, ist das schon ein ganz besonderer Moment. Wenn du
derjenige bist, der das Kind nach oben hältst, und es anfängt zu schreien. Das wird man so schnell
nicht vergessen.
Da allerdings auch dieses Praktikum recht anstrengend war (es gibt jeweils immer 12
Stundenschichten, auch nachts und Wochenende), hab ich mir für mein letztes Praktikum, so vor
Weihnachten, etwas chilliges ausgesucht. Man muss zwar am Anfang schon festlegen, welche Kurse
man alle belegen will, kann das aber dann vorort jederzeit ändern. Ich hab dann Psychatrie gemacht.
Sehr chillig, die Lehrer sehr cool, und diesmal kein Plantao (Schicht). Es gab mehr Unterricht, aber
natürlich auch genügend Patientenkontakt. Aber dieses Praktikum erinnerte mehr an unseren
Unialltag. Den hatte ich mir so manchmal gewünscht, als ich mal wieder einen Plantao geben musste,
in Päd oder Geburtshilfe. Aber trotz dem ganzen Unialltag, der einen großen Teil der Zeit einnimmt,
sollte man es sich nicht nehmen lassen, die Vorzüge Sao Paulos jederzeit voll auszukosten und
natürlich auchmal das Umland kennenzulernen. Es gibt einige schöne Strände an der Küste Sao
Paulos und natürlich Rio de Janeiro. Eine wirklich wunderschöne Stadt zwischen Hügeln und dem
Meer, mit dem Zuckerhut und dem Cristo. Dort habe ich Silvester verbracht, mit einigen Freunden
aus Sao Paulo. Kann ich unbedingt empfehlen. Ein solch geiles Feuerwerk, direkt vor dem Strand, mit
über 2 Millionen Leuten auf der Copa Cabana, das war wirklich einzigartig. So schön Rio auch ist, so
froh war ich auch immer, wenn ich wieder in Sao Paulo war, meine Stadt, in der ich mich zuhause
fühlte. Dann Ende Januar habe ich mit meinem besten Kumpel eine Reise durch den Nordosten des
Landes gemacht. Angefangen in Fortaleza haben wir die gesamte Küste nach Norden bis Sao Luis
kennengelernt und dann wieder zurück runter durch Olinda, Recife bis nach Salvador da Bahia. Mit
tollen Landschaften und noch wunderbareren Menschen. Natürlich fiel unsere Reise in die Zeit des
Carnaval, dessen Höhepunkt wir in Salvador verbringen durften. Nossa… so eine wild tanzende
Menschenmenge bei so heißen Temperaturen, das war mir bis dahin unbekannt. Aber das ist der
Karneval in Brasilien, uma loucura total.
Während der Reise hatte ich Kontakt aufgenommen zu einem Mitarbeiter der Uni, der allerdings
nicht in Sao Paulo arbeitet, sondern auf der infektiologischen Station in einem Krankenhaus in
Santarem, einer Stadt am Amazonas. Durch ein wenig Glück, das unsere Reise bzw. eigentlich meinen
gesamten Aufenthalt in Brasilien begleitete, konnte ich tatsächlich dort mein letztes Praktikum
machen. Das hieß für uns, erst mal zwei Tage lang mit dem Bus hochfahren nach Belem, die Stadt an
der Amazonasmündung. Von dort haben wir ein Schiff genommen, vorher noch schnell Hängematten
und Decken gekauft, und dann eine Dreitagesreise flussaufwärts Richtung Santarem gemacht. Da die
Hängematten der anderen Passagiere dicht neben und sogar unter und über uns aufgespannt waren
(Platzmangel), hat es mich gewundert dass man doch so gut schlafen konnte. Das laute
Motorengeräusch wirkte doch irgendwie einschläfernd :D.
Endlich in Santarem angekommen, ging der Krankenhausalltag wieder los. Das Krankenhaus war zwar
ziemlich überfüllt, die Zustände leicht chaotisch, es mangelte an allem. An einem Tag gab es nicht
einmal Kochsalzinfusion.. Aber trotzdem ging es deutlich gechillter zu als in Sao Paulo. Ein typisches
peripheres Krankenhaus. Aber auch dort konnte man natürlich viel lernen. Neben den Klassikern
(HIV, Hepatitis) hatte man auch viel mit Tropenkrankheiten zu tun, unter anderem Malaria, Dengue,
Leishmanisose, aber vor allem kamen die Patienten wegen Schlangen- und Skorpionbissen, was in
seinem Vollbild wirklich ein sehr eindrückliches und unvergessliches Krankheitsbild sein kann. Die
Zeit ging schnell vorbei und dann ging es auch schon wieder zurück nach Sao Paulo, wo nach ein paar
Tagen auch schon mein Flieger zurück nach Deutschland ging, wo ich am 1. April wieder ankam.
Insgesamt muss ich sagen, war es eine wirklich geile Zeit in Brasilien. Ich kann es jedem nur
empfehlen. Der ganze Aufwand, den man hat, wegen Visum, Auslandsbafög, Kursanmeldung, etc…
lohnt sich auf jeden Fall. Die USP gilt als die beste Uni Südamerikas, und Sao Paulo ist die
verrückteste Stadt der Welt (im positiven Sinne). In dem Sinne: Haut rein. Sao Paulo esta esperando a
vocês!!!!!
Sorry, wenn bei manchen Wörtern die Akzente fehlen. Ich hoffe, ihr versteht trotzdem alles ;)