Die Jahrhundertwende von 1890-1920

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Die Jahrhundertwende von 1890-1920
Die Jahrhundertwende von 1890-­‐1920 Patrick Janker
1. Epocheneinordnung: Die Jahrhundertwende beschreibt den Zeitraum zwischen Realismus und Expressionismus und
umfasst hauptsächlich folgende Epochen:
- Impressionismus 1890-1920
- Symbolismus 1860-1925
Jedoch werden auch folgende Strömungen der Jahrhundertwende zugeschrieben:
- Psychologischer Realismus (Individuelle Konflikte)
- Neoromantik (Abgründige, Unbewusste, Träume, Halluzination)
- Jugendstil (elegante Linie, Ornamentale, Leichtigkeit)
à Man spricht im Zusammenhang mit der Jahrhundertwende oft von „Gegenströmungen zum
Naturalismus“ da sich die Epochen/Strömungen dieser Zeit vom Naturalismus ideologisch und
Inhaltlich distanzieren und abgrenzen.
2. Geschichtlicher Hintergrund: - Hochphase des Imperialismus (1880)
- Ende der Großen Depression der Weltwirtschaft (1896)
- Edisons Glühlampe setzt sich durch (1878)
- Henry Ford macht Auto zur Massenware (1908)
- Marokkokrise (1905)
- 1. Weltkrieg bricht aus (1914)
- Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein (1915)
3. Philosophischer Hintergrund: - Schopenhauer spielt eine wichtige Rolle für das Selbstverständnis der Künstler
- Leitphilosoph bis in die 60’ Jahre des 20 Jahrhunderts ist Nietzsche (dualistisches Weltbild: Apollinische und Dionysische)
- Das dreigliedrige Modell des psychischen Apparats von Sigmund Freud ergänzt
Nietzsches Modell später
4. Weltbild der Menschen um 1900: - Expansives, materialistisches Wirtschaftsdenken
- Fortschrittsenthusiasmus
- Pessimismus (Verlust überlieferter Werte)
- Großer Unterschied zwischen Arm und Reich
- Theorien von Darwin, Marx und Freu
5. Lebensgefühl der Menschen um 1900: - Prägend war rasant wachsender Lebensraum Großstadt
- Ungeheure Beschleunigung in allen Gebieten (z.B. Verkehrsmittel, Kommunikation)
- Erfahrung sozialer Entfremdung und Isolierung
- UntergangsstimmungEnde des bürgerlichen Zeitalters („Fin de Siécle“)
- Glaube an die Allmacht der Naturwissenschaften- religiöse Weltdeutungen werden
altmodisch
6. Unterscheidungsmerkmale zum Naturalismus: Merkmale des Naturalismus:
- Abbildung der Wirklichkeit so genau und objektiv wie möglich
- aufklärerisch-politischen Anspruch
Merkmale der Gegenströmungen:
- Abschied der Objektivität, es zählt der subjektive Eindruck auf das Individuum
- Ablehnung von politischen Engagement, elitäre Abseitsstellung von der
Gesellschaft
7. Symbolismus: - Gegenreaktion zum Naturalismus, spiritualistische Kunstrichtung
- Absage an Vergleichbarkeit von Dichtung und Wirklichkeit
- Deutet das Wirkliche als geistig oder Erscheinungsweise des Geistigen
- Zusammenhang wird in konzentrierter Form mit Hilfe des Symbols/Sinnbildes
gestaltet
- Kunst um der Kunst willen („l'art pour l'art“)
- Gefühl einer kulturellen Spätzeit anzugehören(„decadence“, Niedergang) („fin de
siecle“, Ende des Zeitalters)
8. Impressionismus: - „Eindruck“ der beobachteten Außenwelt beim Betrachter
- Eindrücke sollen festgehalten werden
- nicht nur Wirklichkeitsdarstellung (Unterschied zum Naturalismus)
- zusätzlich Darstellung subjektiver Eindrücke wie Gefühle, Erinnerungen,
Sinneswahrnehmungen (Parallelen zum Symbolismus)
- Liebe zum Detail
- typisch sind kurze Formen: Novellen, Einakter, Lyrik
- Themen: Scheinwelt, Realitätsflucht
9. Themen: - Schwierigkeiten pubertierender Jugendlicher in einer verständnislosen
Erwachsenenwelt
- Konflikt zwischen einer selbstzufriedenen bürgerlichen Existenz und der
entschiedenen Selbstverwirklichung als Künstler
10. Besonderheiten: - Eigenwert der Kunst wird betont (Kunst um der Kunst willen)
- Ästhetischer Wohlklang steht über verständlicher Wortwahl
11. Beispiel eines typischen Werkes: Der Panther
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris
12. Autoren und Werke: - Hugo von Hofmannsthal (1874-1929): Der Tor und der Tod
- Stefan George (1868-1933): Das Jahr der Seele
- Arthur Schnitzer (1862-1931): Lieutenant Gusto
- Thomas Mann (1877-1955): Buddenbrooks
- Robert Musil (1880-1942): Die Verwirrungen des Zöglings Törleß
- Rainer Maria Rilke (1875-1926): Die Aufzeichnungen des Malte Laurids
- Franz Kafka (1883-1924): Das Urteil