Anlage 7 Hinführung zum Thema Textilindustrie - DGB

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Anlage 7 Hinführung zum Thema Textilindustrie - DGB
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Anlage 7
Hinführung zum Thema Textilindustrie
Aktivität: Kleider-Fragebogen
Ziel: Die TN sollen den eigenen Umgang mit Kleidung reflektieren: Wie
viel wird gekauft? Wie lange wird ein Stück getragen? etc.
Ablauf: Die TN erhalten jeweils einen Fragebogen und 10 min Zeit, um
ihn auszufüllen. Danach kann jede/jeder im Blitzlicht sagen, was
ihr/ihm bei der Beantwortung der Fragen aufgefallen ist.
Material: Kopiervorlagen des Fragebogens
Seminar Welthandel
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Entdeckungsreise durch deinen Kleiderschrank
Wie viele T-shirts hast du?
(grob geschätzt)
Wie viele deiner Klamotten liegen
völlig ungenutzt im Schrank?
Anzahl deiner Hosen?
Was machst du mit Sachen, die du
nicht mehr anziehen möchtest?
Röcke, Hemden, Blusen?
Unterwäsche, Socken,
Sportbekleidung?
Jacken, Mäntel?
Ab wann ist ein Kleidungsstück nicht
mehr neu für dich? Nach dem ersten
Waschen? Nach dem ersten Tragen?
Oder wenn du es x-mal getragen
hast?
Schuhe, Stiefel, Sandalen?
Schätze, wie groß ungefähr der
Wert der in deinem Kleiderschrank
verstauten Klamotten ist.
Gibt es für dich ein
Lieblingskleidungsstück, das du
niemals weggeben würdest? Wie ist
die Geschichte dahinter?
Ziehst du alle Sachen an?
Trägst du deine Sachen auf?
Wie viele Sachen trägst du ganz
selten?
Was sagst du zum jährlichen
Textilverbrauch in verschiedenen
Ländern: Schweiz und USA: 17 bis
19 Kilo, BRD: 23 Kilo, Kolumbien: 3
Kilo, Indien: 2 Kilo und Äthiopien: 1
Kilo.
aus: „Jugend, Kleidung, Mode – Vom Baumwollfeld zur Altkleiderkiste“,
Hrsg.: Amt für Jugendarbeit der Ev. Kirche im Rheinland u.a.,
Köln, Trier 2001
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Anlage 8
Internationale Arbeitsteilung
am Beispiel der Textilindustrie
Aktivität: Führung durch die Ausstellung
„Weltreise einer Jeans“
Ziel: Die TN lernen die einzelnen Stationen der Fertigung einer Jeans
kennen – vom Baumwollanbau über das Färben bis hin zum Vertrieb.
Gleichzeitig werden sie über die Arbeitsbedingungen an den einzelnen
Stationen informiert.
Ablauf: Der/die TeamerIn führt durch die Ausstellung. Diese wurde bereits
vor Beginn dieser Seminareinheit aufgebaut – wenn möglich in einem
anderen Raum als dem Seminarram. Möglich ist auch, den TN 20 min
Zeit zu lassen, um die Ausstellung alleine zu betrachten. Dabei kann
der zur Ausstellung gehörende Film gezeigt werden.
Material: Ausstellung „Weltreise einer Jeans“ (evtl. dazugehöriger Film).
Die Ausstellung kann bei INKOTA e.V. ausgeliehen werden. Kontakt:
INKOTA-netzwerk e.V., Greifswalder Straße 33a, 10405 Berlin,
Tel: (030) 4289111, E-Mail: [email protected]
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Aktivität: Film 1 „Opfer der Globalisierung“
oder Film 2 „Grobe Fouls“
Ziel: Die TN lernen die Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen in der
mexikanischen (Film 1) oder der el salvadorianischen (Film 2) MaquilaIndustrie kennen.
Ablauf: Nach dem gemeinsamen Anschauen eines der beiden Filme, wird
Zeit für Fragen und Diskussion gelassen.
Material 1: Fernseher, Videorekorder, Film „Opfer der Globalisierung“,
Regie: Leo Gabriel, Österreich 1998, Produktion: ORF / Österreichische
Entwicklungszusammenarbeit,
Kamera:
Gerardo
Carillo,
Dokumentarfilm, Deutsch, VHS, ca. 11 Minuten. Der Film kann bei
„Filme für eine Welt“ bestellt werden. Kontakt: Fachstelle "Filme für
eine Welt", Monbijoustr. 31, Postfach 6074, 3001 Bern, Tel: 031/398
20 88, Fax: 031/398 20 87, E-Mail: [email protected],
www.filmeeinewelt.ch
oder:
Material 2: Fernseher, Videorekorder, Film „Grobe Fouls“, Deutschland
2002, Produktion: ZDF / ZDF.reporter, Dokumentarfilm, Deutsch, VHS,
ca. 12 Minuten. Der Film kann im Internet angesehen werden:
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2019964,00.html
Bestellen
kann man den Film bei INKOTA-netzwerk. Kontakt: INKOTA-netzwerk
e.V., Greifswalder Str. 33a, 10405 Berlin, Tel: 030/4289-111, Fax:
030/4289-112, E-Mail: [email protected]
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Über Film 1 „Opfer der Globalisierung“
Der Film schildert die menschenunwürdige Situation der Arbeiterinnen in
lateinamerikanischen
Zulieferbetrieben
(Maquilas)
transnationaler
Konzerne am Beispiel der Ciudad Juárez (Mexico). Die Stadt an der
texanischen Grenze ist in den letzten Jahren zur ausufernden 2-Millionen
Agglomeration geworden. Rund 400 amerikanische oder asiatische
Betriebe wurden hier errichtet. Der Grund: Steuerfreiheit, ein Überangebot
billigster Arbeitskräfte (Mindestlohn 3,50 Dollar pro Tag) und das Fehlen
von arbeits-, sozial- und umweltrechtlichen Auflagen und Kontrollen. Die
Arbeiterinnen leiden unter sexueller Diskriminierung, Gewalt und
miserabler, oft verspäteter Bezahlung. Ähnlich ist die Situation in El
Salvador, Nicaragua und anderen zentralamerikanischen Staaten.
Immerhin
ist
es
nach
langen
Kämpfen
gelungen,
erste
Interessensvertretungen (z.B. die salvadorianische Frauenorganisation
COMUTRAS) zu gründen und mit Unterstützung dänischer
Gewerkschaften die erste internationale Maquilakonferenz zu organisieren
In kurzer und prägnanter Form dokumentiert der Film ein brisantes Thema:
die entwürdigenden Arbeitsbedingungen von Menschen, namentlich
Frauen, die für grosse Konzerne zu einem Hungerlohn arbeiten. Der
konventionell gestalteten Fernsehreportage gelingt es, uns die Menschen
näher zu bringen und Betroffenheit auszulösen. Möglich machen dies die
zahlreichen
Direktaussagen
von
Sozialarbeiterinnen,
ehemalige
Maquilaarbeiterinnen, Vertreterinnen von Frauenorganisationen und
Gewerkschaften. Thematisiert wird vor allem die Situation der Frauen,
wobei auch zahlreiche Männer in den Maquilas arbeiten. Die Interviews
mit Arbeiterinnen sind angesichts der ständigen Überwachung und eines
Klimas des Misstrauens nicht sehr ergiebig - auch dies eine Aussage.
Der Film stellt spannende Bezüge zu uns Konsument/innen her, etwa über
die in Mexico produzierten T-Shirts, über die Geschichte des
brasilianischen Fussballstars Ronaldo etc. Der Film bietet so zahlreiche
Anknüpfungspunkte
für
den
Einsatz
in
Schulen
und
Bildungsveranstaltungen.
Die Kurzdokumentation ist nicht, wie der Titel es vermuten lassen könnte,
einfach nur niederschmetternd. Sie zeigt zwar Missstände ungeschminkt
auf, vermittelt aber gleichzeitig zahlreiche konkrete Ansätze zum Handeln.
Menschen organisieren sich gewerkschaftlich, gehen auf die Strasse,
Informationskampagnen wie die Clean Clothes Campaign (die sogar eine
erste Maquilakonferenz organisieren konnte) finden in Europa breite
Beachtung und geben uns selber Gelegenheit, am andern Ende der
Produktionskette aktiv zu werden.
Quelle: http://www.filmeeinewelt.ch/deutsch/pagesnav/VE.htm
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Über Film 2 „Grobe Fouls“
In ihrer Kampagne wirbt die Firma adidas für "Fair Play" im Sport.
Doch die Partner-Firmen, die in El Salvador für den deutschen
Sportartikelhersteller nähen lassen, halten sich nicht an die
vereinbarten Arbeitsbedingungen. ZDF.reporterin Ariane Vuckovic
war in einer Näherei.
Zwischen Theorie und Praxis liegen nicht nur im Fußball ganze Welten. Aus
der Selbstdarstellung des Unternehmens adidas im Internet: "adidasSalomon hat das ehrgeizige Ziel, der beste Sportartikelhersteller der Welt
zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir einen verantwortlichen
Umgang mit der Gesellschaft und Umwelt zum Maßstab für unser eigenes
Unternehmen und für unsere gesamte Lieferkette gemacht."
"Grobes Foul"
"adidas verkauft uns den Traum von Sportlichkeit und begeht selbst grobe
Fouls", sagt dagegen Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero.
Die Menschenrechtsorganisation setzt sich in El Salvador für faire
Arbeitsbedingungen ein. Bei den Subunternehmern von adidas würden die
Vorgaben des Konzerns einfach ignoriert, kritisiert sie, und macht
ZDF.reporterin Ariane Vuckovic mit einer Näherin bekannt, die in einer der
Partnerfirmen arbeitet.
Die Frau beschwert sich über Zwangsüberstunden: "Wenn die Chefs unter
großem Zeitdruck stehen und wir nicht bleiben wollen, zwingen sie uns
abends zu Überstunden. Man muss hier weite Wege zu Fuß gehen, und es
sind um diese Zeit nicht mehr viele Leute unterwegs. In dieser Gegend gibt
es viele Vergewaltigungen, deshalb möchten wir nicht so spät nach Hause
gehen."
Besser nicht beschweren
Doch wer seinen Arbeitsplatz behalten will, beschwert sich besser nicht.
Weder über Überstunden, noch über die Arbeitsbedingungen. Unser Team
besuchte Chi Fung, eine von vier Partnerfabriken von aididas in El
Salvador. Rund 900 Frauen und Männer fertigen hier Sportbekleidung, die
auch nach Deutschland exportiert wird.
Viele Arbeiterinnen hier haben Nierenprobleme, weil sie kaum trinken, um
nicht zur Toilette gehen zu müssen. Die Aufseher achten streng darauf,
dass das Produktionssoll erfüllt wird. Aber es gibt noch einen weiteren
Grund, warum die Arbeiter nichts trinken wollen: Das Trinkwasser, dass
die Firma nach den Vorgaben von adidas zur Verfügung stellen muss, sei
nicht in Ordnung, kritisiert die Initiative Romero. Viele Arbeiter klagen über
Magenbeschwerden. Die Untersuchung von Wasserproben, die heimlich
aus der Fabrik geschmuggelt wurden, ergaben eine übermäßige Belastung
mit Bakterien.
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Eigene Abteilung für faire Bedingungen
ZDF.reporter konfrontiert Gregg Nebel mit den Vorwürfen. Er ist
Beauftragter für Umwelt und Soziales bei adidas und extra aus dem
Hauptquartier in Seattle angereist. Seine 30-köpfige Abteilung soll sicher
stellen, dass die Arbeitsbedingungen fair, sicher und gesund sind, betont
Nebel, und dass der von adidas vorgegebene Kodex eingehalten wird.
Doch der Chef selbst weiß offenbar nicht immer, was wirklich Sache ist.
Das Trinkwasser für die Arbeiter werde von einer Getränke-Firma
angeliefert, erklärt er und zeigt die Wasserflaschen. Als ihm ZDF.reporterin
Ariane Vuckovic nachweist, dass das Wasser in der Flasche stattdessen
gefiltertes Leitungswasser ist, muss der Experte zugeben: Der
Fabrikbesitzer hat ihn falsch informiert.
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2019964,FF.html
Sozial- und Umweltbericht
von adidas:
http://www.adidassalomon.com/de/overview/
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Kosten eines Schuhs
Globalisierung konkret: Ngadinah näht in Indonesien Turnschuhe.
Als Lohn bekommt sie ein 250stel vom Kaufpreis . Die Werbung
kostet ein Drittel.
Zunächst sieht es wie ein ganz normaler Einkaufsbummel aus. Drei Frauen,
zwei Deutsche und eine Asiatin mit Kopftuch vorm Regal eines
Schuhgeschäftes in der belebten Kölner Innenstadt. Ngadinah nimmt
einen Turnschuh in ihre schlanken braunen Hände. Weißes Leder, drei
blaue Streifen. "Das Modell kenn' ich", sagt sie. Die 30-jährige Ngadinah
ist Fachfrau. Als Arbeiterin einer Fabrik nahe der indonesischen Hauptstadt
Jakarta näht sie seit 15 Jahren Schuhe zusammen, ihre Firma ist Zulieferer
von adidas.
Die Deutschlandreise ist Ngadinahs erster Auslandsaufenthalt, und sie ist
nicht zum Urlaubmachen hier. Sie soll von ihrer Arbeit berichten, uns, die
wir als Konsumenten am anderen Ende der Produktionskette stehen. Mehr
als ein Dutzend Mal wird sie Journalisten ihre Geschichte erzählen. Wie sie
verhaftet wurde, weil sie tat, was hier, im Heimatland von adidas, normal
ist: einer Gewerkschaft angehören, Versammlungen abhalten, für bessere
Arbeitsbedingungen streiken.
Ngadinah ist im Auftrag der Clean Clothes Campaign (CCC) unterwegs.
Die CCC besteht seit über zehn Jahren in zehn europäischen Ländern. Die
Kampagne, ein Zusammenschluss aus Kirchengruppen, Verbraucherinitiativen und Gewerkschaften, will sozialere Mindeststandards für die
ArbeiterInnen durchsetzen. Fit for Fair will erstmalig alle Beteiligten
zusammenführen. Deshalb trifft Ngadinah auch William Anderson, beim
adidas-Konzern für Umwelt und Soziales in Asien zuständig, und André
Gorgemans vom Weltverband der Sportartikelindustrie.
"Aber wir haben ja einen Standard", verteidigt Anderson seinen Konzern.
Man habe sich dem Standard der Fair Labour Assoziation (FLA)
angeschlossen. Auch Gorgemans bemüht sich, zu versichern, das sei "ein
Kodex, mit dem jeder leben könne". Richtig ist, dass dieser Kodex sich am
Standard der International Labour Organization (ILO) orientiert, und das sei
schon mal ein Fortschritt, sagt auch die CCC. Problematisch sei aber das
Festhalten an gesetzlichen Mindestlöhnen der Herstellerländer, die zwar
gerade so zum Überleben, aber nicht darüber hinaus reichten. Absolut
inakzeptabel sei außerdem die mangelnde Kontrolle. Die CCC hat deshalb
1998 eigene Richtlinien entwickelt, die die Verpflichtung zur
unabhängigen Kontrolle einschließen.
zu bestellen unter:
http://www.nord-suednetz.de/materialien_sprinten.
htm
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Die Kampagne kritisiert außerdem, dass die Kosten für die Umsetzung der
Standards von den großen Konzernen meist einfach an ihre Zulieferer
weitergegeben würden. Die FLA-Richtlinien schrieben zwar vor, dass
Arbeitsbedingungen zu verbessern seien, aber nicht, wer die Kosten dafür
zu tragen habe.
Im Frühjahr 2001, während eines Gewerkschaftskongresses, sprach die
Indonesierin Ngadinah in einem Fernsehinterview über die Missstände in
ihrer Fabrik. Kurz darauf wurde sie verhaftet. Die Begründung: Störung der
öffentlichen Ordnung. Nach zwei Wochen wurde die Haftstrafe in
Hausarrest umgewandelt. Bis August sollte es dauern, bis Ngadinah sich
wieder völlig frei bewegen konnte. NGOs und schließlich auch adidas
selbst hatten sich für die Aktivistin eingesetzt.
Timothy Connor hat im Auftrag der NGO oxfam eine Studie über
Arbeitsbedingungen bei indonesischen Nike- und adidas-Zulieferern erstellt
und dabei auch Ngadinahs Fabrik untersucht. Sein Fazit: Die Arbeiter leben
in extremer Armut. Mütter sind oft gezwungen, ihre Kinder weit weg bei
Verwandten unterzubringen, weil die staatlich festgeschriebenen
Mindestlöhne zum Überleben nicht reichen. Überstunden sind deshalb der
Normalfall.
Connor bestätigt, dass der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen eine
Gratwanderung ist, weil die Arbeiter sehr wohl wüssten, wie schnell
Fabriken geschlossen würden. Billige Arbeit gibt es genug - wird der
Arbeiterschutz zu teuer, ziehen Konzerne weiter. Anderson von adidas
begründet die Schließung von Fabriken genau andersherum: Dies sei die
letzte Sanktionsmöglichkeit, die dem Konzern bleibe, wenn er feststelle,
dass die Standards bei den Zulieferern nicht eingehalten würden. Wie
ernst es die Global Player mit diesen Standards aber wirklich nehmen, zeigt
sich schon daran, dass die meisten Sportschuhe in China gefertigt werden,
wo es überhaupt keine freien Gewerkschaften gibt.
Adidas hat die deutsche Fußballmannschaft mit dem Schuh ausgestattet,
mit dem sie Vizeweltmeister geworden ist. Das Modell wird auch in
Ngadinahs Fabrik genäht. Von einem Paar Schuhe, das 100 Euro kostet,
werden in der Dritten Welt etwa 0,4 Euro in Arbeitslöhne investiert. Ein
Drittel des Kaufpreises, also runde 30 Euro, fließt dagegen in die
Werbung. Auf die Frage, warum man von diesem Betrag nicht ein halbes
Prozentchen abknapsen könne, dann würde es so vielen Arbeitern in der
Dritten Welt besser gehen, antwortet Manager Anderson: "Das sind zwei
Welten. Die Werbung passiert hier, die Arbeit in der Dritten Welt."
Es sind wahrlich zwei Welten, die sich bei der Kampagne treffen.
Ngadinah hat sich im Schuhladen davon überzeugt, dass der Preis, den
deutsche Konsumenten für ein einziges Paar Schuhe ausgeben, ihren
Monatslohn bei weitem übersteigt. Doch da Indonesier höfliche Menschen
sind, wird sie nicht wütend, sondern sagt nur leise, sie wisse auch nicht,
wer daran schuld sei, die Regierung oder ihre Arbeitgeber.
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Die Werbung der Konzerne richtet sich an die Konsumenten. Die FußballWM war deshalb eine Chance für die Kampagne, noch einmal
zusammenzufassen und zu veröffentlichen, wie es um die Erfüllung der
Sozialstandards steht. Bislang hat kein deutscher Konzern den
Verhaltenskodex der CCC mit der Einwilligung zum unabhängigen
Monitoring unterzeichnet.
Ein Beispiel aus New York zeigt, wie sich Konsumentenbewusstsein auch
ändern kann. Nachdem ein Sozialarbeiter ein paar Bronx-Kids aufklärte,
wie es um die Herkunft ihrer Nikes bestellt war, machten diese mobil.
Etwa 200 Elf- bis Dreizehnjährige zogen vor den Erlebnissupermarkt "Nike
Town" und schütteten dort ihre alten Sportschuhe aus. Ihr Slogan: "Nike,
wir haben dich gemacht. Wir können dich auch vernichten."
Autorin: Anett Keller
aus: Soli Extra „Global Playing“, Herbst 2002
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Anlage 9
Sozialstandards
Aktivität: Vortrag
„Globalisierung und ArbeitnehmerInnenrechte“
Struktur des Vortrags:
• Weshalb die Forderung nach weltweiten Sozialstandards?
- Ausbeutung in Freien Produktionszonen
- multinationale Konzerne profitieren von schlechten Arbeitsbedingungen
•
ILO (Internationale Arbeitsorganisation)
•
Rückblick: Initiativen zur
internationalen Verträgen
Verankerung
von
Sozialstandards
in
• aktuelle Ansätze:
- Sozialklauseln im Rahmen der WTO
- OECD-Leitsätze für multinationale Konzerne
- Verhaltenskodizes (Kampagne für saubere Kleidung)
Material: PowerPoint-Vortrag „Globalisierung und ArbeitnehmerInnenrechte“ zum Downloaden:
http://www.dgb-jugend.de/mediabig/2901A.ppt
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Vortrag „Globalisierung und
ArbeitnehmerInnenrechte“
Freie Produktionszonen:
- Steuerbefreiungen
- kostenlose Infrastruktur
- billige Arbeitskräfte
- Arbeitsgesetze gelockert
- Kündigungsschutz und gewerkschaftl. Mitspracherecht wurden
abgeschafft
weitere Materialien:
Bsp.: Unternehmen „Mandarin“ (Textilgewerbe)
Phlippinen
- Mandarin beschäftigt 500 Arbeiterinnen.
- keine Gewerkschaften
- eine Fabrik wird sofort geschlossen, sobald sich Arbeiterinnen
organisieren è Umsiedlung in eine andere FPZ
- bezahlt wird nach Stückpreis, der Stundenlohn beträgt 13 Cent
- Hauptabnehmer: Neckermann, C & A und der Otto-Versand
El Salvador
- 850 Arbeiterinnen in der FPZ „San Marcos“
- Lohn: 43 Cent pro Tag
- Hauptabnehmer: Eddie Bauer, US-amerik. Tochtergesellschaft des OttoVersands
Die Globalisierung der Waren- und Kapitalmärkte schreitet immer weiter
voran, es ist aber bisher nicht gelungen, auch nur ein Minimum an
weltweit gültigen sozialen Regeln für Handel und Investitionen
durchzusetzen.
ILO/International Labour Organization
- Ziel: weltweite soziale Gerechtigkeit, Abbau der Arbeitslosigkeit, für
Verbesserung der Arbeitsbedingungen
- Gründung: 1919
- seit 1946: UNO-Sonderorganisation
- Sitz: Genf
- Gremien: Vertreter von Regierungen, Gewerkschaften, Arbeitgebern
- Arbeitsbereiche:
- Rechtsetzung: Internationale Übereinkommen (Konventionen) und
Empfehlungen
- Studien über die Situation von ArbeitnehmerInnen in den einzelnen
Staaten
zu bestellen unter:
http://www.nord-suednetz.de/materialien_sozialdu
mping.htm
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- Berichtssystem: Mitgliederstaaten berichten über Maßnahmen zur
Umsetzung der von ihnen ratifizierten Konventionen
- Problem: keine Sanktionsmöglichkeiten
Rückblende
Es gab im 20. Jahrhundert mehrere Versuche, Sozialstandards einzuführen:
- nach WK I:
Forderung der ILO: Arbeitsstandards sollen beim zwischenstaatlichen
Warentausch thematisiert werden. Die Forderung nach einem internat.
Abkommen konnte sich nicht durchsetzen.
- nach WK II:
- Entwurf f. Internat. Handelsorganisation (ITO) è Artikel, der Länder
verpflichtete, innerhalb ihres eigenen Territoriums Maßnahmen zu
ergreifen, damit unfaire Arbeitsbedingungen den Handel nicht verzerren.
- Die ITO wurde niemals ratifiziert.
- stattdessen: Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) è nur ein
Artikel, der Einführbeschränkungen gegenüber Produkten zulässt, die von
Strafgefangenen hergestellt werden (Zwangsarbeit).
- 50er Jahre: Diskussion wird im Zusammenhang mit der europäischen
Wirtschaftsintegration geführt, rückt aber im Zuge des wirtschaftl.
Aufschwungs in den 60er Jahren in den Hintergrund.
- 1970: Generalsekretär der Internat. Textil-, Bekleidungs- und
Lederarbeitervereinigung fordert eine Sozialklausel è geringe Resonanz,
da man das Problem als Sonderfall von Industrien ansieht, die als
„veraltet“ galten.
Gegenwart
Unter dem Schlagwort „Globalisierung“ rückten in den 90er Jahren,
soziale Probleme als Folge einer neoliberalen Wirtschaftspolitik ins
Bewusstsein vieler Menschen.
Die Macht multinationaler Konzerne besorgt viele Menschen: Zwei Drittel
des Welthandels werden von Multis kontrolliert.
Die 100 größten multinationalen Unternehmen (Banken + Versicherungen
gar nicht mitgerechnet) haben einen Auslandsbesitz im Wert von zwei
Billionen Euro und beschäftigen mehr als sechs Millionen
ArbeitnehmerInnen.
1991: Der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) beschließt,
sich für die Einführung von Sozialklauseln in allen internationalen
Handelsabkommen einzusetzen.
1994: DGB bewertet die Einführung von Sozialklauseln als wichtiges
gewerkschaftspolitisches Anliegen.
1998: ILO: Kernarbeitsnormen werden ratifiziert, sie haben den Status
von Menschenrechten.
Comic „Gewerkschaften und
Globalisierung“ – auf
Englisch zu bestellen bei:
[email protected]
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Seminar Welthandel
Kernarbeitsnormen:
•
•
•
•
•
•
•
Vereinigungsfreiheit
Recht auf Kollektivverhandlungen
Schutz der ArbeitnehmerInnen im Betrieb
Beseitigung von Zwangs- und Pflichtarbeit
Gleiches Entgelt für Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit
Generelle Förderung der Chancengleichheit und Gleichbehandlung in
Beschäftigung und Beruf
Abschaffung von Kinderarbeit
Sozialklauseln im Rahmen der WTO
1999: 3. Ministertagung der WTO in Seattle
- IBFG fordert die Einrichtung einer AG „Handel und Kernarbeitsnormen“
in der WTO è Staaten, die anhaltend massiv gegen Kernarbeitsnormen
verstoßen, sollten im Rahmen der WTO mit Sanktionen belegt werden.
- Diskussion: Entwicklungsländer: ablehnende Haltung (Angst um ihre
Wettbewerbsvorteile); auch viele NGOs aus dem Süden zeigten eine
ablehnende Haltung
- IBFG erkennt: internationale Gewerkschaftsbewegung muss ihre
Positionen mit den NGOs abstimmen
OECD-Leitsätze
OECD = Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
30 Mitglieder (USA, Australien, Deutschland, GB...) bedeutendste
Organisation der westl. Industrieländer (60% Anteil an der
Weltindustrieprod., 73% Anteil am Welthandel, Stand: 1994);
Koordinierungsinstrument der Wirtschaftspolitik der westl. IL)
2000: Ministerrat der OECD stimmte einer Revision der OECD-Leitsätze für
multinationale Unternehmen zu. (entw. 1976)
Neufassung nach Konsultation zwischen Vertretern der Wirtschaft, von
Gewerkschaften und NGOs
Leitsätze:
• zehn Kapitel
• Empfehlungen der Regierungen an ihre inländischen multinationalen
Konzerne, wo immer diese auch investieren
• Die Beachtung der Leitsätze beruht auf dem Prinzip der
Freiwilligkeit
Aufgaben der nationalen Kontaktstellen:
• Überprüfung der Einhaltung
• Vorantreiben der Einhaltung der Leitsätze
• Diskussionsforum für sämtliche Fragen der Leitsätze
Zeitschrift des
Internationalen Bundes freier
Gewerkschaften – im
Internet unter:
www.icftu.org
Seminar Welthandel
Anlage 9 - Seite 5 / 5
Kritikpunkte an multinat. Konzernen werden zunächst auf nationaler
Ebene behandelt. Falls eine Klärung nicht möglich ist, besteht die
Möglichkeit, im Ausschuss für internationale Investitionen und
multinationale Unternehmen (CIME) einen Meinungsaustausch über
Fragen der Leitsätze zu führen.
Deutschland: jetzt ist eine breite Diskussion über den Ausbau der nat.
Kontaktstelle in Dtschl. Im Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie gekommen.
Verhaltenskodizes
•
•
•
•
•
•
•
Boom in den 90ern
Druck von Verbrauchern
freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen
sollen auch für Lieferanten und Subunternehmen gelten
wichtig: externes Monitoring
2.500 Sozialkodizes
2/3 davon ignorieren die ILO-Standards und sehen kein externes
Monitoring vor
Clean Clothes Campaign/Kampagne für saubere Kleidung
•
•
•
•
•
•
1990 in den Niederlanden gegründet
in 10 weiteren europ. Ländern aktiv
Netzwerk aus NGOs, Kirchen, Gewerkschaften
Ziel: Verbesserung weltweiter Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsund Sportartikelbranche
Informationspolitik für Verbraucher
CCC-Kodex bezieht sich auf ILO-Konventionen
Gegenwärtige Entwicklungen
Schweden:
- Zusammenarbeit mit H & M, Indiska, KappAhl, Lindex
- Pilotprojekt: Vorabstudien in Bangladesh, Indien, China, Pilotstudien in
Südindien und Bangladesh
- Untersuchungskriterien:
- Vorabinterviews mit ArbeiterInnen außerhalb des Betriebsgeländes
- Betriebsbesichtigungen ohne Ankündigung
- Pilotprojekte wurden von den betroffenen Unternehmen finanziert
Frankreich:
- Einzelhändler Auchan unterzeichnete eine Absichtserklärung
- Inhalt: Umsetzung und Überprüfung der Bestimmungen
Verhaltenskodexes sollen erarbeitet werden
- Einkäufer des Einzelhändlers wurden ausgebildet
des
Materialien der Kampagne
für saubere Kleidung - zu
bestellen unter:
www.sauberekleidung.de