Sonderseite in der Berliner Zeitung - Hu
Transcription
Sonderseite in der Berliner Zeitung - Hu
E i n S o nd e rT h e m a d e r b e rl in e r z e i t u n g Humboldt-Universität zu berlin S eite 9 N U M M E R 2 5 3 • M ittwoch , 3 0 . O ktober 2 0 1 3 Die Mosse Lectures an der HU widmen sich in diesem Semester dem Blick auSSereuropäischer Nationen auf Europa WAS WAR Humboldt-Preis für gute Lehre verliehen Jutta Zeitz, Professorin auf dem Fachgebiet Bodenkunde und Standortlehre der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der HU, wird mit dem dies- B e r n d P r u s o w sk i Jutta Zeitz wird für ihre innovativen Lehrkonzepte geehrt. jährigen Humboldt-Preis für gute Lehre ausgezeichnet. Lobende Erwähnung fand vor allem Zeitz’ Einsatz elektronischer Medien in der Lehre. In Zusammenarbeit mit dem HU-Institut für Biologie und dem Geographischen Institut initiierte sie das E-Learning-Konzept „BodenBox“ zu Methoden der Bodenökologie, das heute von mehr als 450 Studierenden aus verschiedenen Fakultäten genutzt wird. Mit dem Humboldt-Preis für gute Lehre zeichnet die HU jedes Jahr hervorragende Lehrende für ihren didaktischen Einfallsreichtum und ihre Courage in der Lehre aus. Das Preisgeld in Höhe von 10 000 Euro können die Preisträger variabel für Lehrzwecke einsetzen. Ansichten auf einen Kontinent Die Anderen blicken auf uns. Sie schauen viel genauer nach Europa als vielleicht angenommen. Wie steht es derzeit um unseren Kontinent? Was mag künftig aus Europa werden? Und wie hat sich der Kontinent geschichtlich entwickelt? Das alles liegt im Auge des Betrachters von außen – und sein Blick ist sehr vielschichtig. „Die unterschiedlichen außereuropäischen Sichtweisen auf die europäische Geschichte und Gegenwart sollten aufmerksamer betrachtet werden“, findet die Kunsthistorikerin und Germanistin Elisabeth Wagner. Eine Auseinandersetzung mit der außereuropäischen Perspektive helfe, „das Bild, das wir selbst von uns und von Europa haben, zu erweitern und zu korrigieren“. Wagner koordiniert die aktuellen Mosse Lectures des Instituts für deutsche Literatur an der HU. Unter dem Titel „Europa im Blick der ‚Anderen‘“ wird es ab Ende Oktober Veranstaltungen und Seminare zum Thema geben. Aber wie sieht sich Europa eigentlich selbst? Immer noch als Zentrum? Der auf einer europäischen Vorherrschaft beruhende Blick ging davon aus, dass Europa der Maßstab für Weltgeschichte und Weltliteratur war, heißt es dazu im Vorlesungs- programm. „Das bedeutet, dass wir kontrastierend auf andere Kontinente und Kulturen blicken“, ergänzt Wagner. Wer allerdings zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist und nur die eigenen Vorstellungen zum Bewerten nutzt, sei mit Vorurteilen leicht bei der Hand, sagt Wagner. „Dem möchten wir mit unserer Vorlesungsreihe entgegenwirken.“ Es gehe grundsätzlich darum, dass sich Europa geistig und kulturell mehr öffnen müsse – was im Zuge der Globalisierung politisch und ökonomisch ja längst geschehen sei. Ganz bewusst habe man sich deshalb für Referenten aus Wissenschaft und Kunst entschieden und nicht für Vorlesungen von Politikern oder Wirtschaftsvertretern. Obwohl deren Themen selbstverständlich auch zur Sprache kommen. Insgesamt sechs Vorlesungen mit anschließenden Diskussionen sind im laufenden Wintersemester als Mosse Lectures vorgesehen. Einer der Referenten stammt aus China: Wang Hui, Professor für chinesische Literatur und Geistesgeschichte von der Tsinghua-Universität in Peking, spricht am 7. November. Der Professor wird auf die alte Kultur Chinas eingehen und auf die chinesische Vorstellung von Moderne, die im Kontrast zu den Vorstellungen des Westens steht. „In China gibt es eine neue ‚Ordnung des Wissens‘, die man in Europa verstehen muss, wenn nach Werten wie Besitz, Moral und Menschenrechten gefragt wird“, erläutert Wagner. Joseph Vogl, HU-Professor für Neuere Deutsche Literatur und Literatur- und Kulturwissenschaften, wird mit dem Gast diskutieren. China ist natürlich nicht das einzige Land, dessen Blickwinkel auf Europa untersucht wird. Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der politischen Verantwortung etwa wird die an der New Yorker Columbia University lehrende Literaturund Kulturwissenschaftlerin Gayatri C. Spivak einbringen. Die gebürtige Inderin, deren Studien zu den wichtigsten Forschungen zum Postkolonialismus gehören, wird dabei auch auf die Sicht des indischen Subkontinents auf Europa eingehen. Der weltweit agierende Künstler, Film- und Theatermacher William Kentridge hingegen richtet von Johannesburg, Südafrika, seinen Blick auf Europa. Von Kentridge, der als Spross einer wohlhabenden jüdischen Familie unter der Apartheid aufwuchs, stammt auch das Bild für das Plakat und den Veranstaltungsflyer, auf dem sich eine mächtige schwarze Gestalt über eine historische Landkarte von Europa bewegt. Der Literatur- und Kunstwissenschaftler Andreas Huyssen ergänzt Kentridges Präsentation durch einen eigenen Vortrag. Und auch Israels Perspektive ist vertreten: Avishai Margalit, Professor für Philosophie an der Hebräischen Universität Jerusalem, wird die jüdische Sicht auf das historische Europa und seine Religionen erläutern. Das Gespräch mit ihm führt Gary Smith, der Direktor der American Academy in Berlin. Frauke Janßen Die Mosse Lectures an der HU, eine Veranstaltungsreihe der Mosse Foundation in New York und der Fritz Thyssen Stiftung, existieren seit 1997. Sie erinnern an die deutsch-jüdische Verlegerfamilie in Berlin, zu der auch der 1933 emigrierte und 1999 verstorbene Historiker George L. Mosse gehörte. Jedes Semester wird ein neuer Themenschwerpunkt ausgewählt. Das Programm zum aktuellen Thema „Europa im Blick der Anderen“ lässt sich im Internet nachlesen unter: www.mosse-lectures.de. Dort sind auch Videoaufzeichnungen der Veranstaltungen in Auszügen einsehbar. ORTE DES FORSCHENS WAS KOMMT Michael Naumann gibt Lektüretipps Das Integrative Forschungsinstitut (IRI) für Lebenswissenschaften an der HU sucht innovative und kreative Aufnahmen aus dem Bereich der Lebenswissenschaften. Ob Fotos, MikroskopAufnahmen, Bilder von mathematischen Modellierungen oder schematische Darstellungen – Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Fotos sollen das IRI zukünftig auf der Webseite und in weiteren Medien repräsentieren. Das beste Foto wird mit einem Reisestipendium für einen Konferenzbesuch oder den Besuch bei einem wissenschaftlichen Kooperationspartner in Höhe von 500 Euro prämiert. Der Wettbewerb läuft bis zum 15. Dezember 2013. www.tinyurl.com/nufupds Symposium: „XVI. BonhoefferVorlesung“. Thema: „,Deutung des Wortes – Deutung der Welt‘, im Gespräch zwischen Islam und Christentum“. Eingeladen sind islamische und christliche Theologen, Philosophen und Islamwissenschaftler möglichst unterschiedlicher Prägung. Veranstalter: Stiftung BonhoefferLehrstuhl, Theologische Fakultät der HU, Evangelische Akademie Berlin, WernerReihlen-Stiftung. Ort: Theologische Fakultät, Hörsaal 008, Burgstraße 26, Mitte. Informationen: Tel. 20 93 56 87. www.tinyurl.com/pr8okry Samstag, 9.11.2013 Mittwoch, 13.11.2013 Die HU wurde im Rahmen des Times Higher Education World University Rankings 2013-2014 erneut zu einer der 100 besten Universitäten der Welt gekürt. Im aktuellen Ranking belegt sie Platz 94 und konnte sich somit im Vergleich zum Vorjahr um fünf Plätze verbessern. Damit zählt die HU zu den sechs bes ten Universitäten Deutschlands. www.tinyurl.com/n5mwr92 Außergewöhnliche Fotos für IRI gesucht Freitag, 1.11.2013 bis Samstag, 2.11.2013 Schülermesse: „Gespräche zur Berufsorientierung mit Schülerinnen und Schülern ab der 9. Klasse“. Die Veranstaltung bietet praktische Berufsorientierung durch den persönlichen Austausch mit Berufsträgern und Studierenden. Ort: Universitätsgebäude am Hegelplatz, Dorotheenstraße 24, Mitte. Eintritt frei. Informationen: Telefon 209 37 04 24, [email protected]. HU unter den 100 besten Universitäten der Welt Unter dem Titel „Vergessene Pflichtlektüren: Kraus, Jünger und Celine“ hält der Journalist, Politiker und Verleger Michael Naumann im Wintersemester 2013/2014 eine öffentliche Vorlesungsreihe zur Kriegs- und Nachkriegsliteratur. Die Reihe widmet sich unter anderem dem Ausbruch des 1. Weltkriegs, dessen militärischem Verlauf und politischen sowie kulturellen Folgen. Die Vorlesungen finden jeweils Montag von 18 bis 20 Uhr im Universitätsgebäude am Hegelplatz, Raum 1.101, Dorotheenstraße 24, Mitte, statt. Informationen: [email protected]. UNI FÜR ALLE DESY Vom brandenburgischen Zeuthen in die Schweiz: Wissenschaftler des HU-Instituts für Physik unter Leitung von Prof. Heiko Lacker und des DESY, einem Forschungszentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung der Helmholtz-Gemeinschaft, entwickeln in einem gemeinsam betriebenen Labor Silizium-Detektoren für das Atlas-Experiment am Large Hadron Collider (LHC), dem leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt. Dieser steht im europäischen Teilchenphysiklabor Cern bei Genf. Die Silizium-Detektoren sollen ab 2022 zum Einsatz kommen, um unter anderem die Eigenschaften des so genannten Higgs-Teilchens genauer vermessen zu können. Das Higgs-Teilchen, ein nach dem britischen Physiker Peter Higgs benanntes Elementarteilchen, wurde im Jahr 2012 im Rahmen der LHC-Experimente Atlas und CMS nachgewiesen. Neben Lackers Team ist auch eine Gruppe unter Leitung des HU-Physikers Prof. Thomas Lohse am Atlas-Experiment beteiligt. Eine studentische Ausstellung an der HU widmet sich den vielschichtigen Beziehungen zwischen Mensch und Tier „Die Mensch-Tier-Grenze verschiebt sich“ Auf den ersten Blick scheint die Unterteilung klar: hier der Mensch, dort das Tier. Tatsächlich ist die Grenze zwischen beiden Lebensformen im Laufe der Geschichte aber immer wieder hinterfragt worden. Die studentische Ausstellung „HUMANIMAL – Mythos und Realität“ des Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik der HU und des Museums für Naturkunde widmet sich der Beziehung zwischen Mensch und Tier nun im Detail. Sven Wirth, Vorsitzender des Vereins Chimaira – Aktionskreis für Human-Animal Studies, wird im Rahmen der Ausstellung am 22. November über die Dekonstruktion der Mensch-Tier-Grenze sprechen und verschiedene Ansätze des Forschungsfeldes Human-Animal-Studies vorstellen. Informationen zu der Ausstellung gibt es unter www.tinyurl.com/nfcrl3j. Herr Wirth, Sie sagen, die Grenze zwischen Mensch und Tier sei nicht natürlich, sondern wurde immer wieder neu gesetzt. Wie weit lässt sich die Grenzziehung zurückverfolgen? Die Diskussion um den Unterschied zwischen Mensch und Tier zieht sich durch die gesamte Philosophiegeschichte. Die scheinbar starre Grenze, wie sie heute existiert, entwickelte sich im Zuge der Aufklärung und des Humanismus. Dabei wurde der Mensch ja vor allem in Abgrenzung zum Tier definiert. Gab und gibt es signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Kulturen? Ja und nein. Einerseits verläuft die Grenze bei vielen indigenen Völkern anders als bei westlichen Gesellschaften, also weniger starr. Andererseits gibt es auch in unserem Kulturkreis verschiedene Strömungen. Man denke an den Heimtiersektor. Dort werden Tiere ja geradezu vermenschlicht. Demgegenüber steht der Nutztiersektor, in dem sie immer noch wie Dinge behandelt werden. Es gibt also keinen pauschalen Unterschied, das Thema ist viel ambivalenter. In welchen Disziplinen und Bereichen kommt die Grenzziehung zum Tragen? Sie ist für viele wissenschaftliche Disziplinen relevant: für die Philosophie, die Ethik, aber auch für die Biologie und Medizin. Letztlich geht es aber auch um konkrete ethische Fragen: Welche Lebewesen muss ich schützen? Und: Darf ich Tiere für Versuche oder als Nahrungsmittel verwenden? P r i vat Sven Wirth ist Vorsitzender des Vereins Chimaira – Aktionskreis für Human-Animal Studies e. V. Gab es in den letzten Jahren signifikante Veränderungen? Die Grenze ist in den letzten Jahren immer wieder infrage gestellt worden, besonders durch konkrete naturwissenschaftliche Erkenntnisse. So haben Biologinnen und Biologen herausgefunden, dass Tiere zu Handlungen in der Lage sind, die zuvor nur dem Menschen zugeschrieben wurden. Ein Beispiel ist das vorausschauende Handeln. So gab es in einem schwedischen Zoo Affen, die nachts Steine sammelten und mit diesen am nächsten Morgen die Besucher bewarfen, weil sie sich in ihrer Ruhe gestört fühlten. Die verschiedenen Kommunikationsformen der Tiere, wie etwa der Gesang der Wale, sind ein weiteres Beispiel. Einerseits verschiebt sich die Grenze also – weil Tiere zu vielen „menschlichen“ Handlungen in der Lage sind –, andererseits wird starr an ihr festgehalten. Die Frage, warum das so ist, ist ein wichtiger Gegenstand der Forschung der HumanAnimal-Studies. Meist geht es um das Festhalten am Selbstverständnis des Menschen durch die Abgrenzung vom Tier, aber auch darum, dass man Themen wie Tierversuche und den Konsum von Fleisch nicht näher hinterfragen möchte. Wie gehen Sie bei der Forschung vor? Die Human-Animal-Studies sind ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Es sind Forscherinnen und Forscher der Philosophie, Soziologie, Ethnologie, aber auch der Linguistik und Biologie beteiligt. Ziel ist es, den Blick auf die Grenze kritisch zu schärfen und sich – durch den Austausch mit den anderen Disziplinen – seiner eigenen blinden Flecken bewusst zu werden. Interview: Sascha Lübbe Veranstaltung: „Wissenschaft trifft Wirtschaft: Gesunde Nahrungsmittel. Innovationen und neue Ideen für den Lebensmittelsektor“. Die HU und die Humboldt-Innovation GmbH veranstalten erstmalig ein Networking-Event für Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler aus dem Lebensmittelsektor. Ort: Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Auditorium, GeschwisterScholl-Straße 1, Mitte, 14.30 bis 19.30 Uhr. Eintritt: 60 Euro. Für Wissenschaftler und Mitarbeiter der HU steht ein Kontingent an Karten zu Sonderkonditionen zur Verfügung. Informationen: Telefon 209 37 07 63, [email protected]. www.tinyurl.com/o4ksady Donnerstag, 14.11.2013 Keynote Lecture 2013: „The Protection of Human Rights in the United Kingdom“. Referentin: Brenda Hale, Baroness Hale of Richmond, DBE, QC, PC, FBA Deputy President of the Supreme Court of the United Kingdom. Veranstalter: Großbritannien-Zentrum. Ort: Jacobund-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Auditorium, Geschwister-SchollStraße 1, Mitte, 17 Uhr. Eintritt frei. Informationen: Telefon 209 39 90 40, catherine. [email protected]. Mittwoch, 20.11.2013, Donnerstag, 21.11.2013 Vortrag: „Studieren mit Kind(ern)“. Eine Informationsveranstaltung des Familienbüros der HU. Ort: 20.11.: ErwinSchrödinger-Zentrum, Konferenzraum, Rudower Chaussee 26, Adlershof, 15 bis 17 Uhr; 21.11.: HU-Hauptgebäude, Senatssaal, Unter den Linden 6, Mitte, 14 bis 16 Uhr, Eintritt frei. Informationen: Telefon 20 93 21 91, [email protected]. www.tinyurl.com/pgrjxtg Kontakt Redaktion: Raufeld Medien, Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin, Tel. 030/69 56 65-0, Fax -20, E-Mail: [email protected]