hi!tech

Transcription

hi!tech
Das Innovationsmagazin
2 | 11
Juni 2011, € 2,50
hi!tech
www.hitech.at
von Siemens Österreich
Alternativen
gesucht
Windkraft weltweit
auf dem Vormarsch
Hybridautos
lernen dazu
Sparrekorde mit neuen
technischen Konzepten
Second World
In den Ozeanen warten
Energiequellen, Nahrungsmittel und Rohstoffe
Das Leben ist voller
Höhen und Tiefen.
Wir sind
für Sie da.
Finanzgeschäfte sind kompliziert
genug. Deshalb sprechen wir eine
einfache und verständliche Sprache.
Denn wir wissen: Nur wenn wir uns
verstehen, können wir auch die
richtige Lösung für Sie finden.
www.bankaustria.at
Willkommen bei der
Start
hi!tech
Editor ial
Liebe Leserin, lieber Leser!
Was unsere Icons
bedeuten
In unseren E-Books gibt es jede
Menge multimedialen Zusatzcontent. Klicken Sie einfach auf
unsere Icons. Dahinter verbergen
sich folgende Beiträge:
Links zu weiterführenden
Informationen
Videos zu den Themen
der Storys
Files und pdf-Dateien mit
umfassenden Beiträgen
Podcasts –
hi!tech zum Hören
Picture-Gallery –
ein Bild sagt mehr
Beinahe 80 Prozent des Weltenergiebedarfs könnten bis 2050 aus regenerativen Energiequellen gedeckt werden. Das
ist das Ergebnis einer aktuellen Studie
des Weltklimarates. Eine wichtige Rolle
soll dabei die Windenergie spielen. Verantwortlich für deren Attraktivität sind
die Leistungssteigerungen und die hohe
Effizienz der neuen Anlagen durch technische Innovationen. Mit der Entwicklung schwimmender Windkraftwerke
und getriebeloser Turbinen hat Siemens
entscheidend zum Erfolg dieser alternativen Energieform beigetragen.
Um erneuerbare Energie in vollem
Umfang nützen zu können, bedarf es
intelligenter Stromnetze. In Österreich
gibt es umfangreiches Know-how zu diesen sogenannten Smart Grids, das von
Siemens weltweit genutzt wird. Salzburg
hat sich als eine EU-weit anerkannte
Modellregion etabliert, wo erprobt wird,
wie Stromnachfrage und -angebot in
Zusammenarbeit mit Konsumenten, die
gleichzeitig Stromlieferanten sind, intelligent abgestimmt werden kann.
In den Smart Citys der Zukunft werden
Smart Grids Gebäude verbinden, die
auch Energie liefern, und Elektroautos,
die als Speicher dienen können. Österreich fördert Elektrofahrzeuge als wichtigen Teil eines Umstiegs auf ein klimafreundliches Stromzeitalter und eine
neue Mobilität. Rund um das Thema
Energie bieten sich auch Chancen, mit
Innovationen auf den globalen Märkten
erfolgreich zu sein.
Weitere Beiträge beschäftigen sich mit
Ressourcen, die in den Ozeanen warten,
neuer Technik für Hybridautos, Bahnen,
die automatisch besser fahren, Herausforderungen für Städte und neuen Behandlungen für herzkranke Kinder.
Wolfgang Hesoun
Vorstandsvorsitzender von
Siemens Österreich
hi!tech 02|11
03
2|11
hi!tech – das Innovations-Magazin von
Inhalt
cover
Wie Technik auf den
Menschen, die Gesellschaft
und die Umwelt wirkt
hi!biz
Gewinn mit neuen Produkten,
Verfahren, Werkstoffen,
intelligenter Kommunikation
Montage | Repro Zwölf
Foto | Getty Images/Justin Lewis
und Reinhard Dirscherl / TIPS /
picturedesk.com
06
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIllllllllllllllllllllllllllllllllII
Impr essum
hi!tech – Das Innovationsmagazin von Siemens
Österreich Herausgeber und Medieninhaber
Siemens AG Österreich, Siemensstraße 90,
1210 Wien Mit der Herausgabe beauftragt
Mag. Gerald Oberlik, Communications (CC)
Chefredaktion Dkfm. Elisabeth Dokaupil CC
Redaktion Ursula Grablechner, Markus Honsig,
Sabine Nebenführ, Günther Schweitzer Anzeigen Gabriele Groulik Fotoredaktion, Vertrieb
Sieglinde Hofstätter, Kai Renner
Telefon 05 17 07-222 07 Fax 05 17 07-53000
Litho Repro Zwölf Druck Druckerei Berger,
Horn. Mitglied im Verband für integrierte
Kommunikation. [email protected]
www.hitech.at, siemens.com/hitech
Adressänderungen bitte direkt an:
[email protected]
E-Book LEAFER, leafersystems.com
26
Coverstory: Second World .........06
Young, urban, mobile ................ 18
Die Ozeane halten nachhaltig nutzbare
Energiequellen, Nahrungsmittelreserven
und Rohstoffe, die an Land schon knapp
werden, für uns bereit – und sie regulieren
unser Klima, solange wir sie nicht durch
eine zu starke Erderwärmung und Verschmutzung irreparabel schädigen.
Junge Städter verzichten gerne aufs Auto
und nutzen Fahrräder, kombiniert mit aktuellen Infos über öffentliche Verkehrsmittel.
Brennendes Eis ..........................11
Methanhydrat – Methan, das in erstarrtem
Wasser eingefroren ist – könnte aufgrund
seines hohen Kohlenstoffgehalts eine Alternative zur klassischen Energieversorgung
darstellen.
Green Shipping ......................... 12
Schiffe zählen zu den Energiegroßverbrauchern. Neue Antriebstechnik, Abwärmerückgewinnung und Energiemanagement
können ihren Energiehunger stark
reduzieren.
Sparen wird Pflicht ....................22
Die EU schreibt hocheffiziente Elektromotoren vor. Eine lohnende Investition.
Grün rechnet sich ......................24
Bei der Datenverarbeitung und in Rechenzentren lässt sich viel Energie sparen.
Der Wind frischt auf .................. 26
Windkraft ist weltweit ausbaufähig – offshore, wo derzeit besonders in Europa große
Projekte geplant sind, und an Land.
Wissen ohne Grenzen ............... 30
Steigende Datenmengen, zu einem großen
Teil von Sensoren und Anlagen gesammelt,
können Basis für neue Services werden.
Ein Herz für Kinder ....................32
Minimale Eingriffe mit Kathetern geben herzkranken Kindern neue Überlebenschancen.
Start
hi!tech
Siemens Österreich
hi!school
Zukunftstechnik:
Aktuellste
hi!school
Forschungsergebnisse aus
Österreichs Hochschulen
hi!life
Wie man mit Technik besserr
lebt – im Alltag, bei Sport
& Spiel und in der Kunst
nächste große Ziel der
42 Das
bemannten Raumfahrt ist die
Eroberung des Mars. Die Chinesen haben diesmal die Chance,
das Rennen zu machen.
36
58
Variables Paar ............................ 36
Kurzer Weg zur Lücke ................ 56
Eine neue Generation von Hybridautos fährt
größere Strecken elektrisch und sparsamer.
Parken in Städten kann – gut organisiert –
sehr unkompliziert sein.
Ein feiner Unterschied ...............40
Brücke Europa–Asien ................58
Der Einsatz von Sensornetzen im kroatischen Olivenanbau steigert die Qualität.
In der wachsenden Megacity Istanbul gelingt
die Verbindung von Tradition und Moderne.
Der Mars lockt ...........................42
Umbau des Energiesystems ......62
Über den Erfolg im Bild ............. 46
Salzburg hat bei der Umstellung auf intelligente Stromnetze eine Vorreiterrolle.
Die Erfolgskontrolle der Behandlung von
Knorpel- und Bandscheibenschäden ist
Thema der Forschung mit dem 7-Tesla-MR
an der MedUni Wien.
Fitness zum Anziehen ............... 64
Intelligente Winzlinge ............... 68
Automatisch schneller .............. 48
Moderne Hörgeräte vermitteln ein immer
besseres Hörerlebnis.
Automatisierung hilft, mehr Züge sicher und
schneller auf Schiene zu bringen.
Ready for Check-in .................... 70
Es wird eng ................................ 50
Der Mensch verbraucht mehr natürliche
Ressourcen, als die Erde liefern kann.
hi!tech Leseraum....................... 52
Mit Location Based Services können wir
Infos über Restaurants oder Shops austauschen, in denen wir uns gerade aufhalten.
hi!story – Zug um Zug ............... 72
hi!toys........................................ 74
neuen Shaping- oder
64 Die
Toningschuhe trainieren zahlreiche Muskelgruppen. Das
Gehen in den Extremvarianten
will aber gelernt sein.
04 05
■ 01|06
hi!tech 02|11 hi!tech
Reserveplanet
unter Wasser
Etwa 70 Prozent der
Erde sind mit Wasser
bedeckt. Die großen
Meere, die die Kontinente
umgeben, sind seit Jahrtausenden wichtige Nahrungsmittelquellen und Transportwege. Doch die Meere bieten mehr: nachhaltig nutzbare Energiequellen, neue
Nahrungsmittelreserven und Rohstoffe,
die an Land schon knapp werden.
Die Bewegung von Wellen und Strömungen wird bereits als Energiequelle
genützt. Im Gegensatz zur Windenergie
DIE MEERE BIETEN Nahrungsmittel,
nachhaltig nutzbare Energiequellen,
Rohstoffe, die an Land schon knapp
werden, und Transportwege.
Elisabeth Dokaupil, Industry Journal
Christina Lehner
hat sie den Vorteil, regelmäßig und berechenbar zur Verfügung zu stehen. Der
daraus erzeugte Strom lässt sich daher
als wertvolle Grundlast nützen. Meeresströmungskraftwerke funktionieren auf
dieselbe Art wie klassische Windturbinen
– nur eben unter Wasser. Die 16 Meter
langen und 27 Tonnen schweren Rotoren
arbeiten mit sehr hohem Wirkungsgrad.
Im Wasser wird wegen der wesentlich
höheren Energiedichte als in der Luft
bei gleicher Geschwindigkeit wesentlich
mehr Strom erzeugt. Einer der Vorreiter
und Technologieführer ist das englische
Unternehmen Marine Current Turbines,
an dem Siemens beteiligt ist. Das derzeit
größte Meeresströmungskraftwerk läuft
Coverstory
hi!tech
hi!biz
hi!school
hi!life
hi!tech 02|11
06 ■ 07
Volle Energie
ohne Ende
Meeresströmungskraftwerke
haben insbesondere in Küstenregionen mit starkem Gezeitenstrom großes Potenzial. Bei dieser Form der
Stromerzeugung steht die Turbine
an einem Mast frei in der Strömung.
Zweiflügelige Rotoren drehen sich
mit der Bewegung des Gezeitenstroms und richten die eigene Achse
um 180 Grad optimal nach der Strömungsrichtung und -geschwindigkeit aus. Ein wesentlicher Vorteil
dieser Technologie: Die Stromproduktion ist aufgrund der Gezeitenzyklen planbar. Marine Current
Turbines hat bereits das erste kommerzielle Projekt „SeaGen“ in der
Meerenge von Strangford in Nordirland erfolgreich realisiert. Meeresströmungskraftwerke sind auch
Bestandteil der Planungen für ein
Super Grid in der Nordsee.
Das schottische Unternehmen
Wavepower arbeitet mit Stahlröhren, um die Wellenbewegung
dort aufzunehmen, wo sich die
Welle an der Küste bricht. Über
Druckzylinder und Hydraulik wird
sie an die in den Röhren integrierten Turbinen und Generatoren
weitergeleitet.
in Nordirland und versorgt 1.500 Haushalte mit Elektrizität.
Unterschiedliche Konzepte gibt es für
die Nutzung der Wellenbewegung. Das
schottische Unternehmen Wavepower
arbeitet mit Stahlröhren, die durch Gelenke verbunden sind. Sie nehmen die
Bewegung der Wellen auf, die dann über
Druckzylinder und eine Hydraulikflüssigkeit an die in den Röhren integrierten Turbinen und Generatoren weitergeleitet wird. Das Projekt Wavegen verfolgt
die Idee, Strom dort zu erzeugen, wo
Elisabeth Dokaupil, Industry Journal
ERNEUERBARE ENERGIEN aus Meeresströmungskraftwerken (o.), durch Osmose
(li.) in Flussmündungen oder aus der
Wellenbewegung mit Stahlröhren (li. u.).
sich die Welle an der Küste bricht. Die
Technik beruht auf dem Prinzip schwingender Wassersäulen. An Flussmündungen, wo Süßwasser auf Salzwasser trifft,
wollen Forscher Osmose zur Stromerzeugung einsetzen.
Doch das ist nur der bereits technisch
ausgereifte Teil der Möglichkeiten. Noch
weiter von der Umsetzung entfernt ist
die Nutzung von Methanhydrat – dafür
ist das Potenzial gigantisch, betont Professor Peter M. Herzig vom Leibnitzer Institut für Meereswissenschaften. Methan-
hydrat, das auch brennendes Eis genannt
wird, besteht aus Methan, das in erstarrtem Wasser eingelagert ist. Geologen
glauben, dass es in den Weltmeeren zwölf
Billionen Tonnen davon gibt und diese
mehr als doppelt so viel Kohlenstoff enthalten, wie in den gesamten Öl-, Erdgasund Kohlevorräten gespeichert ist. An
der Universität Kiel will man zur Gewinnung des Methans bei Verbrennungsprozessen entstehendes Kohlendioxid nutzen. Es soll in Methanhydridlagerstätten
gepumpt werden und das Methanhydrat
an die Oberfläche befördern.
Gewaltige Energie- und Nahrungsmittelreserven bieten die Algen. Weltweit gibt es Hunderttausende verschiedener Arten von Mikroalgen. Manche
sind so winzig wie Bakterien, andere bilden bis zu 50 Meter lange Fäden. Ihre
Zucht ist nicht nur unkompliziert, sondern kann auch bei der Beseitigung von
Abwasser und CO₂ helfen. Denn Algen
bevorzugen zum Wachsen Schmutzoder Salzwasser und das Treibhausgas
Kohlendioxid. Energieversorger könnten daher in Zukunft CO₂ aus ihren Anlagen direkt an Algen verfüttern. Dazu
wären aber riesige Anlagen nötig: Um
den CO₂-Ausstoß eines 100-Megawatt-
Marine Current Turbines Ltd., Statkraft, Pelamis, Diamond Airborne Sensing
Coverstory
hi!tech
hi!biz
hi!school
Pascal Goetgheluck/Science Photo Library/picturedesk.com, lightmagenta/F1Online/picturedesk.com
hi!life
Kohlekraftwerks umzusetzen, wäre eine
Fläche von rund 7.000 Fußballfeldern
erforderlich. Eine derzeit laufende Anlage verbraucht nur das CO₂, das ein
Kraftwerk in einer Viertelstunde produziert. Derzeit arbeiten Forscher intensiv
daran, auch Algennährstoffe wie Phosphate und Stickoxide zu recyceln und
Industrieabwässer als Nährstoffquelle
zu erschließen.
Auch die Ernte der Algen machte bisher Schwierigkeiten, weil dazu das Wasser aus den Tanks abgelassen werden
musste. Mit einer neuen, von SiemensForschern entwickelten Methode ist das
nicht mehr nötig. Die Algen werden mit
Magnetitteilchen vermengt und mit Magneten aufgesammelt. Gelingen Zucht
und Ernte, dann könnten sich Algen als
optimaler Grundstoff für Biogas, Biodiesel und Biokunststoffe erweisen, ohne
dafür Anbauflächen von Nahrungsmitteln zu beanspruchen. „Algen bauen aus
Kohlenstoffatomen durch Fotosynthese
fünf- bis zehnmal effizienter neue Biomasse auf als Landpflanzen“, berichtet
Manfred Baldauf, Chemiker bei Siemens.
An nachhaltigen Biokraftstoffen aus
Mikroalgen ist auch die Luftfahrtbranche interessiert. Auf der internationalen
Luftfahrtmesse in Berlin startete 2010
ein Kleinflugzeug, dessen Motoren reinen Algensprit verbrannten. Mit Algensprit könnten Flugzeuge eine größere
Reichweite erlangen als mit Kerosin.
Grund genug, dass sich Airbus massiv
in der Algenforschung engagiert. Für
den Umstieg der Fluglinien wäre aber
der Aufbau industrieller Algenproduktion notwendig. Derzeit verbrauchen die
Passagierflugzeuge weltweit 200 Millionen Tonnen Kerosin pro Jahr. Die Jahresproduktion von Algendiesel liegt bei bescheidenen 10.000 Tonnen, und die Herstellung ist noch vergleichsweise teuer.
Als Nahrungsmittel hingegen werden
Algen schon weltweit erfolgreich eingesetzt. Die dunkelgrünen Noriblätter sind
Alleskönner
Algen
BIOREAKTOR zur Erzeugung von Wasserstoff
aus Algen; gesunde Noriblätter im Asia-Food (u.).
FLIEGEN MIT BIOTREIBSTOFF. Diamond Aircraft hat mit EADS die weltweit ersten Flüge mit
aus Algen erzeugtem Biotreibstoff realisiert.
Besser als jede Hightech-Solarzelle
wandeln Mikroalgen Sonnenlicht
über Fotosynthese in Energie um.
Außerdem benötigen sie zum Wachsen das Klimakillergas Kohlendioxid
und ermöglichen damit eine biologische Abgasreinigung. Das könnte es
den Energieversorgern in Zukunft
ermöglichen, CO₂ aus ihren Anlagen
einfach an Algen zu verfüttern, statt
es in die Atmosphäre zu blasen und
dafür teure Emissionsrechte erwerben zu müssen.
Fluggesellschaften hoffen auf
Biokraftstoff aus Mikroalgen: Mit
Algensprit betankte Flugzeuge könnten eine größere Reichweite haben
als mit Kerosin betankte. Algensprit
erzeugt außerdem deutlich weniger
Stickstoff- und Schwefeloxidabgase
als fossiles Kerosin.
Die Anwendungsbereiche für
Algen sind aber noch weit vielfältiger. So können sie dazu beitragen,
die Nahrungsmittelknappheit der
Erde zu lindern: Dunkelgrüne Noriblätter sind reich an Eiweiß, Kohlenhydraten, ungesättigten Fettsäuren,
Proteinen, Vitaminen und Jod. Die
Arzneimittelindustrie nutzt sie in
Alzheimer-Medikamenten. Versuche
zeigen zudem, dass Mikroalgen
entzündungshemmend und gefäßerweiternd wirken.
hi!tech 02|11
08 ■ 09
Trinkwasserreserve
Länder, in denen natürliche Wasserquellen rar sind, wie die Wüstenstaaten der Arabischen Emirate oder
Singapur, setzen auf Meerwasserentsalzung. Bisherige Anlagen basieren
entweder auf dem Prinzip der Verdunstung oder der Umkehrosmose,
zwei energieintensive Verfahren.
Siemens entwickelte eine Technologie zur Meerwasserentsalzung, die
den Energieverbrauch um mindestens 50 Prozent verringert. Bei dem
Prozess wird mittels einer Elektrodialyse, einer sogenannten Austauschenthärtung und eines neuartigen
kontinuierlichen Elektroentsalzungsprozesses das Salz mit 1,5 Kilowattstunden je Kubikmeter abgeschieden.
Das System basiert auf der Abtrennung der elektrisch geladenen
Natrium- bzw. Chloridionen im Salz.
Im Fokus der Forschung steht eine
Hightech-Membran, die den Ionenaustausch möglich macht. Mit dieser
Technologie gewann Siemens einen
Wettbewerb aus 35 Einreichungen,
den die Regierung von Singapur ausgeschrieben hatte.
reich an Eiweiß, Kohlenhydraten, ungesättigten Fettsäuren, Proteinen, Vitaminen und Jod. Sie sind nicht nur ein wichtiger Teil der asiatischen Küche. Die
Futtermittelindustrie mischt sie in Tiernahrung für Fische und Schweinezucht.
Die Arzneimittelindustrie gewinnt daraus Alzheimer-Medikamente. Versuche
zeigen außerdem, dass Mikroalgen entzündungshemmend, krampflösend und
gefäßerweiternd wirken. Sie stärken das
Immunsystem und schützen mit Antioxidantien vor freien Radikalen. Viele
Forschungsinstitute arbeiten daher an
neuen Medikamenten auf Basis der hilfreichen Meeresbewohner.
Nicht nur als Nahrungsmittel- und
Energielieferant, auch als weltgrößtes
Trinkwasserreservoir hat das Meer eine
wichtige Funktion für die Menschheit. In
vielen Regionen könnte der Wasserbedarf ohne Meerwasserentsalzung nicht
gedeckt werden. Eingesetzt werden dabei unter anderem Membranfilter. Im
australischen Perth nützt man sie zur
Elisabeth Dokaupil, Industry Journal
Vorreinigung. 360.000 Kubikmeter Wasser am Tag presst das Druckmembranfiltrationssystem mit niedrigem Energieaufwand durch seine Röhren. Wiederaufbereitung und Entsalzung von
Wasser tragen entscheidend dazu bei,
den Verbrauch von Grundwasser zu
verringern – speziell in wasserarmen
Regionen wie dem Mittleren Osten. Ein
wichtiger Schlüsselfaktor für den Einsatz
von Entsalzungsanlagen ist die Energieeffizienz. Siemens arbeitet derzeit an
Techniken, die den Energieverbrauch im
Vergleich zu bestehenden Lösungen um
bis zu 50 Prozent reduzieren.
Weit komplizierter zu gewinnen, aber
auch viel wertvoller sind Rohstoffe in
den Meeresböden. Geologen sprechen
von riesigen Reserven an bereits knappen Metallen wie Kupfer, Nickel und
Kobalt, Zink, aber auch Gold und Silber
in der Tiefsee. Die weltweit führende
Gesellschaft bei Sea Floor Mining, die
kanadische Nautilus Minerals, spricht
von 1.000 Schwefelquellen, in deren
Umfeld jährlich Millionen Tonnen Kupfer gefördert werden könnten. Schwefelquellen entstehen durch vulkanische
Aktivitäten und spülen Gesteine mit
hoher Rohstoffkonzentration auf den
Meeresboden. In den Tiefseeablagerungen sind die Metalle in einer höheren
Konzentration enthalten als an Land.
Daher wäre die Nutzung dieser Vorkommen weniger belastend für die Umwelt.
Weit fortgeschritten ist die Technik
bereits bei der Suche nach Diamanten im
Meeresboden. Vor der Küste Namibias
arbeiten bereits erste Bohrschiffe.
Auch an der Nutzung der Öl- und Gasreserven in der Tiefsee wird in den
nächsten Jahrzehnten kein Weg vorbeiführen. Um die Ausbeute zu steigern
und die Risiken zu verringern, soll in
Zukunft direkt beim Bohrloch in großen
Tiefen gearbeitet werden. „Die Zeit des
Easy Oil, des einfach zu gewinnenden
Erdöls, ist vorbei“, weiß Tom Blades,
Chef von Siemens Oil & Gas. „Die Aufbereitung des Erdöls in großen Tiefen wird
nicht einfach. Die Geräte sind 300 Bar
Druck ausgesetzt und müssen absolut
dicht und salzwasserfest sein.“ Das gilt
auch für die Stromversorgung, für
Transformatoren, Motoren und Verdichter. Siemens will bereits 2012 ein kleines
Stromnetzwerk für große Wassertiefen
anbieten können. Die einzelnen Elemente werden einfach im Plug-and-play-Verfahren zusammengestöpselt sein.
Dazu, dass wir mit den weltweiten Ölund Gasreserven noch möglichst lange
auskommen, könnten jene 100.000 Schiffe entscheidend beitragen, die derzeit
auf den Meeren rund um den Globus
unterwegs sind. Die Schifffahrt transportiert fast 90 Prozent der Welthandelsgüter und produziert immense Schadstoffmengen, während Autos Treibstoffverbrauch und Emissionen bereits stark
reduziert haben. Die Schifffahrt erzeugt
pro Jahr so viel Feinstaub wie 300 Millionen Autos, ergab eine Studie der US-Oze-
Siemens, Science Party SO 174/IFM GEOMAR, Jens Greinert/IFM-GEOMAR
Coverstory
hi!tech
hi!biz
hi!school
hi!life
anografiebehörde NOAA. Bei Schwefeldioxid sind die Zahlen noch alarmierender.
Die größten 15 Schiffe sind für genauso
viel Schwefeldioxidausstoß verantwortlich
wie alle 800 Millionen Autos der Welt.
Green Ships sind gefragt. Siemens
beteiligt sich an der Entwicklung von
Techniken, die Schiffe umweltfreundlicher machen sollen. So werden die heißen Abgase von Schiffsdieselmotoren
genutzt, um Turbogeneratoren anzutreiben, die bis zu sechs Megawatt Energie
für die bordeigene Stromversorgung
erzeugen können. Damit sinkt der
Brennstoffverbrauch und CO₂-Ausstoß
des Schiffes um bis zu zwölf Prozent und
die Energiekosten um zehn Prozent. Bisher haben Schiffe auch im Hafen den
notwendigen Strom mit ihren Dieselaggregaten erzeugt. Nun können sie sich
über spezielle Steckdosen vom Land aus
mit Strom versorgen. Ein Problem für
maritime Ökosysteme ist Ballastwasser,
das Schiffe bei Leerfahrten zur Stabilisierung in ihre Tanks pumpen. Sie werden dann in anderen Regionen entleert,
inklusive ortsfremder Organismen. Auf
diesem Weg gelangten Quallen von der
US-Ostküste in die Ostsee und bedrohten dort den Fischbestand, weil sie sich
von Fischeiern ernähren. Ein sicheres
Ballastwassermanagement, das Siemens
entwickelt hat, soll derartige Bioinvasionen verhindern.
Für die Menschen ist es sehr wichtig,
dass das Ökosystem Meer intakt bleibt.
Denn die Ozeane stabilisieren und regulieren auch unser Klima. Die Wasserflächen nehmen 50-mal mehr Treibhausgase auf als die Atmosphäre und rund
30 Prozent des von Menschen verursachten Kohlendioxids. Der weltweite Anstieg
BRENNENDES
EIS wird Me-
Schwierige
Förderung
Methanhydrat könnte wegen seines
hohen Kohlenstoffgehalts schon
bald eine Alternative zur klassischen
Energieversorgung darstellen. Die
Vorkommen sind riesig. Geologen
vermuten in den Weltmeeren Reserven mit mehr als doppelt so viel Kohlenstoff wie in den gesamten Erdöl-,
Erdgas- und Kohlevorräten. Nach
Prognose des US-Energieministeriums könnte eine wirtschaftlich interessante und ökologisch problemlose
Förderung in etwa zehn Jahren
beginnen.
Manganknollen – die „Trüffeln
der Meere“ enthalten unter anderem
die zunehmend knapper werdenden
Metalle Kupfer, Nickel und Kobalt.
Aber auch für sie fehlen noch Technologien zum Abbau in 3.000 bis
6.000 Meter Tiefe.
An der Nutzung der Öl- und Gasreserven in der Tiefsee wird in den
nächsten Jahrzehnten kein Weg vorbeiführen. Hier geht es darum, die
Ausbeute zu steigern und die Risiken
zu verringern.
thanhydrat
genannt. Es
besteht aus
Methan, das
in erstarrtem
Wasser eingelagert ist.
Geologen vermuten in den
Weltmeeren
Billionen Tonnen davon.
Gashydrate und mineralische Rohstoffe am Meeresboden (Quelle: Future Ocean, Kiel Marine Science)
Gashydrate, zu denen Methanhydrate gehören, könnten schon in
zehn Jahren einen Teil unserer Energieversorgung decken. Manganknollen enthalten wertvolle Metalle.
Marine Gashydratvorkommen
Hinweise auf Gashydrate
Manganknollen
hi!tech 02|11
10 ■ 11
Auf Energiesparen
umschalten
KORALLENRIFFE sind durch den Klimawandel besonders gefährdet.
der Temperaturen erwärmt allerdings
auch die Meere und gefährdet diese
wichtigen Prozesse. Mit steigender Temperatur nehmen die Meere weniger CO₂
auf und beschleunigen dadurch den Klimawandel zusätzlich – ein Teufelskreis.
„Die Auswirkung des Klimawandels
auf das Meer könnte auch gewaltige wirtschaftliche Folgen haben“, erklärt der
indische Ökonom und UN-Berater Pavan
Sukhdev in einer Studie. „CO₂ trägt dazu
bei, die Meere zu versauern, was besonders Tiere mit Kalkschalen, etwa Korallen,
bedroht. Allein die gefährdeten Korallenriffe bilden die Einkommens- und Lebensgrundlage von mehr als 500 Millionen
Menschen.“ Ähnliches gilt auch für die
Mangroven, die bisher noch eine wichtige Aufgabe als Kohlendioxidspeicher
und Küstenschutz übernehmen.
Dazu kommt der für viele Küstenstädte bedrohliche Anstieg der Meeresspiegel. Es gibt also genug Gründe, sich mit
den Meeren intensiver als bisher zu
beschäftigen. Mit den Chancen, die sie
bieten, genauso wie mit ihrem Schutz –
als Sicherung des langfristigen Überlebens der Menschheit.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
■
■
■
www.siemens.com/marine
www.marineturbines.com
siemens.com/oil-gas
ifm-geomar.de
www.nautilusminerals.com
www.aida.de
www.eia.gov
www.siemens.com/industryjournal
Wenn Schiffe vom Energiegroßverbraucher
auf Sparmeister umlernen sollen, muss an verschiedenen Stellen angesetzt
werden – bei der Antriebstechnik genauso wie bei der
Stromversorgung oder der
Beleuchtung. Eine Möglichkeit ist der
Umstieg von großen Dieselaggregaten
auf dieselelektrische Antriebe. Kreuzfahrtschiffe werden meist mit vier bis
sechs Dieselmotoren ausgestattet, die
besonders leise und vibrationsarm sind.
Sie treiben Generatoren an, die Strom
für den Elektromotor des Antriebs und
die elektrischen Verbraucher an Bord
liefern. Powermanagementsysteme von
Siemens schalten einzelne Generatordieselmotoren je nach Energiebedarf an
oder ab. Dadurch werden die aktiven
Aggregate meist in ihrem optimalen
Betriebspunkt bei 85 bis 90 Prozent der
Maximalleistung betrieben. Eingesetzt
wird ein solches System etwa an Bord
der „AIDAdiva“ und auf anderen Kreuzfahrtschiffen von AIDA Cruises.
In Zukunft könnte eine vorausschauende Technik auch einzelne Verbraucher
kurzfristig vom Netz nehmen und so
eine noch feinere Optimierung gestatten. „Um Lastspitzen abzufangen, könnten wir beispielsweise den Kühlraum für
kurze Zeit abschalten“, erklärt Kay Tigges,
Siemens. Mithilfe neuronaler Netze wollen die Entwickler erreichen, dass das
System aus seinen Daten lernen und
Elisabeth Dokaupil, Industry Journal, Pictures of the Future
WWF/Carol Drews, Siemens
situationsbezogene Vorschläge für einen
energieeffizienteren Betrieb machen kann.
Denkbar wäre auch, die Abfolge von Betriebssituationen im Voraus zu bestimmen und die Energieerzeugung entsprechend zu optimieren, etwa indem die
Wellnessbereiche während allgemeiner
Veranstaltungen teilweise abgeschaltet
werden. Zu den größten Verbrauchern
auf einem Kreuzfahrtschiff gehören die
Klimaanlagen, die aber nur eingeschaltet sein müssten, wenn sich Passagiere
in den Räumen aufhalten. Darüber informieren CO₂-Sensoren.
Weitere Maßnahmen zum Energiesparen: Gebläse und Pumpen können
mit variabler Geschwindigkeit betrieben
werden. Bei offenem Fenster schaltet
sich die Klimaanlage in der Kabine automatisch ab, und der Wetterbericht wird
genutzt, um die 2.000 bis 3.000 Ventilatoren eines Schiffs nur so kurz wie möglich in Betrieb zu nehmen. Solche vorausschauenden Systeme sind in der
Gebäudeautomatisierung bereits im Einsatz, gehören aber auf Schiffen noch
nicht zum Standard. Pro Schiff spart die
Holland America Line dadurch jährlich
rund 200.000 Dollar Treibstoffkosten.
In Zukunft werden Schiffe mit Motoren unterwegs sein, in deren Rotoren
keine elektrischen Verluste anfallen. Die
Voraussetzungen dafür schaffen Supraleiter, die darüber hinaus eine Stromdichte tragen, die 100-mal größer ist als
die von Kupferwicklungen. Dadurch sind
Einsparungen an Gewicht und Volumen
von bis zu 50 Prozent möglich – und
somit hohe Kostensenkungen durch den
geringeren Materialeinsatz. Ein wichtiger Aspekt für Schiffsbetreiber, da deren
Coverstory
hi!tech
hi!biz
hi!school
hi!life
Wie Schiffe
grün werden
Dieselelektrische Antriebe und
Energiemanagement sorgen bei
Kreuzfahrtschiffen für sparsame
Fahrt. Wenn Gebläse und Pumpen
der Klimatisierung sowie Beleuchtung bedarfsorientiert laufen, ist
eine weitere Verbrauchsreduzierung möglich. Auch aus den heißen Abgasen der Dieselmotoren
lässt sich Energie zurückholen.
Von den Vorteilen von Hybridantrieben, Kombinationen aus
Dieselmaschinen mit elektrischen
Antriebskomponenten, profitieren
auch kleinere Schiffe.
Antrieben in puncto Größe Grenzen
gesetzt sind. Diese Vorteile nützen nicht
nur Eigentümer von Luxuslinern, sondern auch von Containerschiffen.
Sie schätzen auch die heißen Abgase
der Dieselmotoren als ergiebige Energiequelle. Das Waste Heat Recovery System
von Siemens erzeugt mithilfe der Abwärme Dampf, aus dem die Turbogeneratoren Strom produzieren. Zudem
bekommt der Dieselmotor einen „Booster“ verpasst – einen Elektromotor, der
um die Antriebswelle montiert ist und
den Selbstzünder unterstützt. Aus den
Schiffsabgasen können so – je nach
Motorgröße – bis zu neun Megawatt
Strom erzeugt werden, die für die Versorgung des Bordnetzes oder für den
Antrieb des Boosters selbst genutzt werden können. Bei acht Schiffen einer dänischen Reederei sank der Treibstoffverbrauch allein durch die Nutzung der
Schiffsabgase zur Stromerzeugung um
mehr als zehn Prozent. Das System rechnet sich auch beim nachträglichen Einbau. Diese Investition amortisiert sich
nach rund zweieinhalb Jahren.
Ein Plus für die Umwelt ist auch die
Landstromversorgung von Schiffen, die
im Hafen liegen. Bisher läuft in diesem
Fall meist ein Dieselaggregat an Bord.
Dabei entstehen eine Menge Abgase.
Eine Landstromversorgung für die
Schifffahrt löst dieses Problem. Dabei
geht es um große Mengen: Ein Kreuzfahrtriese wie die Queen Mary II benötigt für sein Bordnetz 40 Megawatt, etwa
so viel wie eine westeuropäische Stadt
mit 200.000 Einwohnern. Besonders einfach ist das Umstecken, wenn die Frequenz gleich ist. Andernfalls muss die
Frequenz zwischen Land und Schiff elektronisch umgewandelt werden, etwa mit
dem Siplink-System von Siemens. Zusätzliche Energieeinsparungen werden
durch ein Betriebsmanagement von
Siemens möglich, das Abläufe an Bord
optimieren kann.
■
hi!tech 02|11
12 ■ 13
E-AUTOS OHNE KABEL LADEN
Auch bei kurzen Stopps funktioniert eine neue berührungslose
Technologie zum kabellosen Laden von Elektroautos, die Siemens
gemeinsam mit BMW entwickelt hat. Die Ladestationen können fast
unsichtbar und damit sicher in jede Umgebung integriert werden.
siemens.com/innovation
New s-Snack
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII
IIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll
DIGITALE BRIEFE
SILBERKUCHEN
TURBINEN-WELTREKORD
Voller Briefkasten,
teure Zustellung?
Elektronische Post
löst viele Probleme.
Eine Automatisierungslösung von Siemens bildet
die Briefumschläge während der
Sortierung ab. Kunden können
die Post dann per Internet weiter
bearbeiten.
siemens.com/innovation
Drei Filterpressen von Siemens
werden in der Silbermine San Bartolomé in Bolivien den Abraum
entwässern. Die Lagerung des Filterkuchens spart Platz, eine spätere Renaturierung wird erleichtert.
siemens.com/mining
Im deutschen Kraftwerk Irsching 4
wurde mit der Gasturbine SGT58000H ein Weltrekord geschafft:
Im Testlauf hat die Turbine bei
einer Leistung von 578 MW mit
einem Wirkungsgrad von 60,75
Prozent die angepeilte Effizienzbestmarke deutlich übertroffen.
Die neue Gasturbine ist für bis zu
600 MW im GuD-Betrieb ausgelegt.
siemens.com/energy
Ursula Grablechner
Siemens, Albert Klebel
Christina Lehner
SICHER &
EFFIZIENT
Stahlwerke
werden künftig länger als bisher betrieben,
über fünfzig Jahre sind möglich.
Dazu ist in vielen Fällen eine
Modernisierung hinsichtlich
Energieeffizienz, Sicherheit und
Umweltschutz erforderlich. Siemens konzentriert sich darauf.
siemens-vai.com
News
Industrie-PC
Winzling mit
Atomprozessor
Industrie-PCs sind hart im Nehmen und
gewohnt, rund um die Uhr zu arbeiten.
Sie laufen nicht nur im Fertigungsbereich,
sondern kommen auch im Gebäudemanagement oder in der Verkehrstechnik
zum Einsatz. Viele Industrie-PCs sitzen
direkt in den Anlagen, wo sie nicht von
Schaltschränken geschützt sind. Sie müs-
sen trotz Vibrationen, mechanischer
Schocks, hoher Temperaturen oder starker elektrischer Störfelder zuverlässig
arbeiten. Siemens hat einen neuen Industrie-PC entwickelt, der etwa so groß
ist wie eine Milchpackung. Der NanoboxPC braucht weniger Platz, spart Kosten
und arbeitet mit neuen, leistungsstarken
Atomprozessoren von Intel. Sie brauchen wenig Strom und produzieren
kaum Abwärme. Der Computer kommt
ohne Lüftung aus und kann praktisch
überall eingebaut werden.
siemens.com/industry
High Speed
Aerodynamisch
und sparsam
Der Nanobox-PC spart Platz, Kosten und
arbeitet mit Atomprozessoren von Intel.
Deutschland wird für die Verbindung
von Ballungsräumen eine neue Variante
des IC nützen. Die Energieeffizienz und
Modularität dieser Schnellzüge bieten
eine hohe Wirtschaftlichkeit im Betrieb,
Studie
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII
IIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll
Mit Strom auf erneuerbare Energie setzen
8JOE
,PIMF
(FPUIFSNJF
#JPNBTTF
V"CGBMM
®M
F
(FP
4PMBS17 UIFSNJF
8BTTFS
/VLMFBS
(BT
$41
,PIMF
®M
#JPNBTTF
V"CGBMM
8JOE
8BTTFS
(BT
/VLMFBS
35 PROZENT MEHR ENERGIE wird die Menschheit 2035 verbrauchen. Der Verbrauch fossiler Energieträger muss trotzdem nicht bis ans Ende der Reserven gesteigert
werden. Wenn weltweit mehr als bisher auf Strom gesetzt wird, vom Verkehr bis zur
Raumheizung, können alternative Energiequellen zu seiner Produktion genutzt werden.
hi!biz
Umweltfreundliche Schnellzüge wie der
ICx verbinden wachsende Städte.
die flexible Raumgestaltung einen neuen
Komfort für die Fahrgäste. Technische
Basis ist ein innovatives Plattformkonzept, das auch Komponenten nutzt, die
bereits erfolgreich im Einsatz sind. Trotz
seiner technischen Einheitlichkeit erlaubt der ICx ein hohes Maß an Flexibilität bei der Zusammenstellung von bis
zu 24 verschiedenen Zugkonfigurationen. Möglich wird dies durch sogenannte Powercars, die alle Komponenten
einer Antriebseinheit in einem Wagen
bündeln. Zusätzlich ist das Plattformkonzept die Basis für deutlich niedrigere
Instandhaltungs- und Wartungskosten.
siemens.com/mobility
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllll
CEE
»Bei der EU-Donauraumstrategie
sollte man sich auf
schon bestehende
Projekte konzentrieren und rasch
ausschreiben.«
ERHARD
BUSEK
Vorsitzender des
Instituts für den
Donauraum und
Mitteleuropa
hi!tech 02|11
14 ■ 15
Rasch entscheiden
Erhard Busek, als Spezialist für Zentral-und Südosteuropa in vielen Institutionen
aktiv, und Georg Pammer, Siemens One Manager CEE, diskutieren Chancen und
Herausforderungen der EU-Donauraumstrategie.
Wie viel Geld steht von der EU für die
Entwicklung des Donauraums zur Verfügung, und wie sind die Voraussetzungen für die Förderungen definiert?
Busek: Mobilität, Energie, Umweltschutz,
Innovation, Beschäftigung und Sicherheit sind Themen der EU-Donauraumstrategie. Zusätzliches Geld ist dafür
nicht vorgesehen, denn die Mittel aus
den vorhandenen Fonds werden nur
zum Teil ausgeschöpft. Das verfügbare
Geld soll nun im Rahmen grenzüberschreitender Projekte der Donauanrainerstaaten genutzt werden. Mit 95 Milliarden Euro steht eine hohe Summe zur
Verfügung. Allerdings ist der Zeitraum
für die Nutzung bis 2013 sehr kurz.
Welche Projekte lassen sich in den
nächsten zweieinhalb Jahren überhaupt noch realisieren?
Busek: Ein kompletter Entwurf einer
Regionalplanung mit daraus abgeleiteten Projekten ist sicher nicht mehr möglich. Man muss sich auf „low hangig
fruits“ konzentrieren, auf die wichtigsten unter den wichtigen Dingen. Am besten ist es, schon bestehende Projekte
herzunehmen und auszuschreiben, damit Unternehmen Angebote legen können. Dann haben die Projekte auch unmittelbar positive Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.
Pammer: Neben raschen Entscheidungen
für konkrete Projekte ist auch eine zügige und korrekte Umsetzung notwendig.
Oft fehlt die administrative Kapazität,
wenn es um Planung, Genehmigungsverfahren oder Ausschreibungen geht.
Elisabeth Dokaupil, Ursula Grablechner
» Städte benötigen
ein ganzes Bündel
von Infrastrukturmaßnahmen, die gut
aufeinander abgestimmt sein müssen.«
GEORG PAMMER
Welche konkreten Themen sind besonders dringend und sollten unbedingt
angegangen werden?
Pammer: Eine Verbesserung der Infrastruktur ist in vielen Bereichen notwendig. Viele Projekte verbinden wirtschaftliche Vorteile mit positiven Umwelt-
Albert Klebel, Siemens
effekten. Wasser, Energie und Mobilität
sind Punkte, wo Siemens umfassende
Lösungen anbieten kann. Beim Thema
Energie geht es um eine Steigerung der
Effizienz von der Erzeugung bis zur Verwendung und den Einsatz erneuerbarer
Energiequellen.
Können Sie einige konkrete Bespiele
für Infrastrukturprojekte aus diesen
Kategorien geben?
Busek: Die Donau verlässt Österreich mit
Wasserqualität 2, bei ihrer Mündung
ins Schwarze Meer liegt der Wert bei 4
bis 5. Verantwortlich dafür sind die
Düngung in der Landwirtschaft, alte
Industrien – die allerdings zunehmend
geschlossen werden –, aber auch ein
cover
hi!biz
hi!school
News
Mangel an kommunalen Kläranlagen.
Auch hier könnte es zu einer Prioritätensetzung im Rahmen der Donauraumstrategie der EU kommen. Zusätzliche
Unterstützung gäbe es von der auf Umweltschutz spezialisierten ICPDR mit Sitz
in Wien und der Arge Donauländer.
Pammer: Ich denke besonders an die
Städte, die meist ein ganzes Bündel von
Infrastrukturverbesserungen benötigen,
die gut aufeinander abgestimmt werden
müssen – von der Energiekette moderner Heizkraftwerke bis zur Erhöhung der
Energieeffizienz von öffentlichen Gebäuden – da können Kosten reduziert werden und gleichzeitig der CO₂-Ausstoß
gesenkt. Ähnlich beim Verkehr durch
Verkehrsmanagement und die öffentlichen Verkehrsmittel.
Lassen sich für solche Projekte auch Mittel aus anderen EU-Programmen nützen?
Busek: Das Zusammenwirken unterschiedlicher EU-Programme ist ein Problem.
„Interact“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Situation zu verbessern.
Pammer: Für den Abruf der EU-Mittel
fehlen in den Administrationen oft die
Strukturen. Eine Möglichkeit, das notwendige Know-how zu erwerben, sind
Twinning-Projekte: Beamte aus den alten
EU-Ländern arbeiten in den Verwaltungen der neuen mit.
Wovon hängt letztlich die Entscheidung
für ein Projekt ab?
Pammer: Es sind politische Entscheidungen. Vielleicht können sie da und
dort durch Contracting oder Komplettpakete von Errichtung mit Finanzierung
erleichtert werden. Auch das kann Siemens anbieten.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
www.icpdr.org
www.argedonau.at
www.interact-eu.net
ec.europa.eu
hi!life
Kampf um Kunden
DANIEL-RUI FELICIO, CMT: „Bei Entwicklung innovativer Angebote unterstützen.“
Mobilfunkanbieter stehen unter Druck. Kunden erwarten Komfort,
einfache Bedienung, höheres
Datenvolumen, neue Dienste
– und zahlen dafür immer
weniger. Dazu kommt ein beinharter
Kampf um den Endkunden: Handy- und
Smartphonehersteller, Internet- und
Medienunternehmen, Betreiber – jeder
versucht, Kunden mit innovativen Angeboten für sich zu gewinnen. „Geschäftsmodelle greifen ineinander, jeder will
der Erste beim Kunden sein“, erklärt
CMT-Chef Daniel-Rui Felicio. Garantierte
Netzverfügbarkeit, Sicherheit, Geschwindigkeit und Bandbreite werden von Netzbetreibern erwartet. „Hatten die Betreiber früher geschlossene Systeme, so
sehen sie sich jetzt gezwungen, Partnerschaften einzugehen“, weiß Felicio.
Schwerpunkte des CMT-Angebots
sind Entwicklung und Integration von
Applikationssoftware und Systemlösungen sowie Systemintegration marktüblicher Lösungen in die IT-Landschaft des
Kunden. Dank seiner kompetenten Spezialisten, die über fundiertes Wissen und
Erfahrung in der Telekombranche verfügen, unterstützt CMT Mobilfunkanbieter
gezielt bei der Entwicklung innovativer
Angebote oder verkaufsfördernder Maßnahmen. Dabei punkten Lösungen von
CMT mit einem hohen Return on Investment und hoher Skalierbarkeit.
So können Mobilfunkanbieter dank
der Nexus-Lösung von CMT auch bei
ihren Prepaid-Kunden Marketingmaßnahmen rasch umsetzen und damit den
durchschnittlichen Umsatz pro Kunden
(Average Revenue per User, ARPU) effektiv erhöhen. Durch eine weitere Lösung
ermöglicht CMT seinen Kunden zum Beispiel, die verschlüsselte Kommunikation, wie sie bei Professional Mobile Radio
benötigt wird, auch über normale Mobilfunknetze zu betreiben. Dies vermeidet
einen sehr teuren Netzausbau für Sondernetze und erlaubt eine gezielte Zusammenarbeit der Sondernetzbetreiber
(typischerweise Sicherheitskräfte wie
Polizei, Feuerwehr usw.) mit dem öffentlichen Betreiber.
Eine andere Software erlaubt es, die
Netzqualität, die von Faktoren wie Standort, Auslastung oder Endgeräten abhängig ist, im Vorhinein zu modellieren und
vorausschauend zu optimieren, um die
vom Endkunden gewünschte Qualität
liefern zu können.
■
Mehr Infos
■ siemens.at/cmt
hi!tech 02|11
16 ■ 17
Young, urban, mobile
START IN DER CITY. Andi
macht sich morgens auf
den Weg in die Arbeit.
Mobil sein? Natürlich,
ständig. Eigenes Auto?
Nein, danke! Andreas
ist 29, hat vor zwei Jahren
sein Studium beendet, war
danach für ein einjähriges
Praktikum im Ausland. Seit
kurzem ist er zurück in Wien und arbeitet. Mobil zu sein ist äußerst wichtig für
ihn, ein eigenes Auto braucht er dazu
aber nicht. Auch in seinem Freundeskreis besitzt kaum jemand einen eigenen Pkw, obwohl alle einen Führerschein
Sabine Nebenführ, ITS magazine
haben. Dafür hat aber jeder ein Fahrrad,
auch wenn sich das zwischendurch auch
einmal bei einem Citybike-Terminal ausleihen lässt. „Hättest du nicht gern ein
Auto?“, wird er von älteren Kollegen im
Job öfter gefragt. Sein Nein ist gut begründet: „Wozu brauche ich ein Auto in
der Stadt? Die Öffis und mein Fahrrad
reichen aus, und Parkplätze gibt es sowieso zu wenig.“ Infos über Fahrpläne:
eine Handy-App. Tickets: buchbar via
Handy. An den Bahnhöfen warten, falls
nötig, Mietautos. In der Firma gibt es
für Termine Elektroautos zum Ausleihen
oder, mehr zum Spaß, Segways für die
Wege am Firmengelände. So wird man
Petra Meisel
complete mobile ohne eigenes Auto,
trägt zum Klimaschutz bei und spart
Geld. Von dem her wäre locker eine zusätzliche Fernreise pro Jahr drinnen.
Stau auf der Autobahn im Morgenund Abendverkehr, Parkplatzprobleme
in der City – Fälle für Oldies. Umfassende Studien beweisen es: Für Young Urban People sind Autos kein wichtiges
Fortbewegungsmittel mehr und schon
gar kein Prestigeobjekt. Das Outfit für
die unkomplizierte Mobilität kaufen die
jungen Städter im Sportgeschäft. Bei
Intersport gibt es eine eigene Modelinie
für sie. In Softshelljacke, bequemen Freizeithosen, trendigen Shirts, Adventure-
cover
Mobility
hi!biz
hi!school
hi!life
ECHTZEIT. Auf dem
Weg zur Station checkt
Andi mobil, wann die
nächste Schnellbahn
fährt. Ein Coffee-to-go
geht sich noch aus!
ZWEITE STATION. Andi
arbeitet etwas außerhalb
des Zentrums, es geht weiter mit der Schnellbahn.
FIT INS BÜRO. Gestern hat
Andi sein Fahrrad bei der
Schnellbahnstation geparkt.
schuhen und Rucksack sind sie perfekt
gerüstet für ihre individuelle Form der
Mobilität. Bei Regen am Fahrrad, Warten
am Bahnsteig – kein Problem.
Davon waren junge Tokioter schon in
den 90er Jahren überzeugt. Die jungen
Bürger jenes Landes, in dem bis vor kurzem noch die meisten Autos von den
Fließbändern rollten, setzen seither auf
„Kuruma Banare“, die Demotorisierung.
Inzwischen hat sich daraus ein weltweiter Trend entwickelt, der auch in
Deutschland, im Mutterland des Autos,
zu messbaren Veränderungen führte.
Und selbst in den PS-verliebten USA
fährt die junge Generation heute nach
Meinung der Marktforscher von J.D.
Powers mehr auf Computerchats ab als
auf Ford, Jeep und General Motors.
„Nein, für Zufall halte ich das nicht“,
meint Professor Stefan Bratzel vom Center of Automotive der Fachhochschule
der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach.
„Wir haben es hier wohl eher mit dem
nicht seltenen Phänomen zu tun, dass
ein Produkt irgendwann an Faszination
verliert, wenn es zu lange zu erfolgreich
ist. Genau das lässt sich im Moment beobachten im Hinblick auf das Verhältnis
junger Leute zum Automobil: Das ist
offenbar immer weniger emotional und
immer mehr rational geprägt.“
Wird aus der jahrzehntelangen Liebesbeziehung nun ein kalkuliertes Zweckbündnis, das sich an Realitäten wie notorisch verstopften Innenstädten, explodierenden Benzinpreisen, nicht mehr
vorhandenem Parkraum und hohen Unterhaltskosten messen lassen muss? Indizien für diese These liefert die Studie
„Jugend und Automobil 2010“, für die
Professor Bratzel und sein Team mehr
als 1.100 junge Menschen zwischen 18
und 25 zu ihren Einstellungen und Verhaltensmustern befragten. Danach steht
für 20 bis 30 Prozent die reine Funktionalität des Pkw im Vordergrund, während der emotionale Mehrwert zuneh-
hi!tech 02|11
18 ■ 19
DIE ZEIT DRÄNGT!
GESCHAFFT.
Ein Elektroauto der
Firma bringt Andi
zu einem kurzfristigen
Termin.
Mit dem Elektroauto
geht es nach dem Termin
wieder zurück ins Büro.
mend in den Hintergrund gedrängt
wird. Fast ein Drittel der Befragten wäre
nicht bereit, für ein neues Auto auf
Urlaubsreisen oder auf eine eigene Wohnung zu verzichten. Für diese Gruppe
spielt das Automobil als Statussymbol
keine Rolle mehr. „Je jünger die Befragten sind, desto pragmatischer ist ihr Verhältnis zum Auto“, berichtet Prof. Bratzl.
Eine ähnliche Sprache sprechen die
Ergebnisse der 16. Welle der Jugendtrendstudie Timescout, für die das
Markt- und Meinungsforschungsinstitut
T-Factory 1.200 Jugendliche und junge
Erwachsene in sechs deutschen Großstädten befragte. Demnach sind 80 Prozent aller Interviewten der Meinung,
dass man in der Stadt dank der öffentlichen Verkehrsangebote kein Auto brauche. Folglich fahren rund 45 Prozent der
Führerscheinbesitzer zwischen 20 und
29 Jahren kaum Auto. Besonders unter
den gebildeteren Jugendlichen verliert
das Auto seinen Wert als Statussymbol.
So sind lediglich 20 Prozent der Meinung, dass man „mit einem tollen Auto
Sabine Nebenführ, ITS magazine
bei Freunden besser ankommt“, und nur
40 Prozent sehen das Auto als „besonderen Ausdruck von Individualismus“. Dagegen finden etwa 45 Prozent der Befragten „Leute, die dicke Autos fahren,
unsympathisch“, und beinahe 40 Prozent denken, dass „Autos heute nicht
besonders angesagt sind“.
So eindeutige Veränderungen der
Einstellung bleiben selbstverständlich
nicht ohne Einfluss auf das individuelle
Verhalten, wie die Ergebnisse der zweiten Studie zur „Mobilität in Deutschland“
(MiD) zeigen. Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung befragten das Infas Institut
für angewandte Sozialwissenschaft und
das Institut für Verkehrsforschung des
Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) in den Jahren 2008 und
2009 fast 50.000 Haushalte. Im Hinblick
auf den Modalsplit erwies sich dabei –
unabhängig vom Alter der Interviewten
– das gute alte Fahrrad als das Verkehrsmittel mit den höchsten Zuwachsraten:
Es konnte seinen Anteil an den absolu-
Petra Meisel
ten Wegen pro Tag einschließlich Wirtschaftsverkehr innerhalb von sechs Jahren um 17 Prozent steigern.
Ansonsten waren hier vor allem die
nach Lebensalter differenzierten Ergebnisse hochinteressant. So ergab sich in
der Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen
ein signifikanter Rückgang des Anteils
des motorisierten Individualverkehrs
(MIV) von 65 auf 57 Prozent. Bei den 25bis 44-Jährigen betrug die Reduktion
immerhin noch sechs Prozentpunkte
von 71 auf 65 Prozent. Etwas stärker genutzt haben nur die über 60-Jährigen
das Auto. Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln zeigt sich das entsprechend umgekehrte Bild. Bei den jüngeren Altersgruppen bis einschließlich 44 stieg die
Nutzung um bis zu vier Prozentpunkte,
eine leicht rückläufige Tendenz um
einen Prozentpunkt war nur bei den
über 60-Jährigen zu registrieren.
Noch eindeutiger präsentierten sich
die Antworten auf die Frage nach der
täglichen Nutzung einzelner Verkehrsmittel. So ging bei den 18- bis 24-Jähri-
cover
Mobility
hi!biz
hi!school
hi!life
FEIERABEND. Andi macht
EIN TAG GEHT ZU ENDE. Andi
sich mit dem Rad auf den
Weg zurück in die City.
fährt auf zwei Rädern zu einem
Essen mit Freunden im Zentrum.
gen die Quote derer, die jeden Tag mit
dem Auto unterwegs sind, um sage und
schreibe zwölf Prozentpunkte auf nur
noch 31 Prozent zurück – bei den über
65-Jährigen stieg sie um drei Prozentpunkte auf 27 Prozent. Gleichzeitig wuchs
die Anzahl der täglichen Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel bei den Jungen um
fünf Prozentpunkte auf 56 Prozent, während sie bei den Älteren um zwei Prozentpunkte auf 24 Prozent sank. Erhebliche Unterschiede ergaben sich auch bei
der Entwicklung der Quote von Führerscheinbesitzern: Die reduzierte sich in
der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen um
drei Prozentpunkte auf 74 Prozent – bei
den über 65-Jährigen stieg sie um neun
Prozentpunkte auf 71 Prozent an.
Die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel stellen sich darauf ein und bauen
die Kapazitäten aus. Bis zum Jahr 2020
wird im EU-Raum ein 43-prozentiger
Zuwachs der Personenkilometer erwartet. So bestellte die Münchner Verkehrsgesellschaft bei Siemens 21 neue UBahn-Garnituren, um die Intervalle auf
einer Hauptstrecke erhöhen zu können.
„Handlungsbedarf“ für ihre Kunden aus
der Automobilindustrie sieht die internationale Managementberatung Arthur
D. Little angesichts der sich weltweit
anbahnenden Veränderungen der Prioritäten von Verkehrsteilnehmern. Die
Studie „Zukunft der Mobilität 2020“
kommt unter anderem zu folgenden
Erkenntnissen: „Der Kunde will zukünftig weniger Geld in Mobilität investieren,
zudem sinkt seine Bereitschaft, sich
lange an ein Produkt zu binden. Trotzdem steigen seine Anforderungen an
Mobilität, Nachhaltigkeit und Innovation.“ Vor diesem Hintergrund schlagen
die Consultants den Autobauern vier
Geschäftsmodelle für die Mobilität der
Zukunft vor, von denen nur noch zwei
die hohe Bindung zum Kernprodukt
Automobil in den Mittelpunkt stellen:
Die beiden anderen „entkoppeln die Mobilität vom Fahrzeugbesitz“.
Die Umwelt profitiert von der aktuellen Entwicklung in jedem Fall. Im Bereich
der öffentlichen Nahverkehrsmittel wei-
sen, so die aktuelle Gesamtbilanz Verkehr
des VCÖ, die Straßen-, S- und U-Bahnen
die niedrigsten Gesamtemissionen auf.
Sie emittieren nur ein Viertel der Gesamtemissionen eines mittleren Autos
mit Benzinmotor pro Personenkilometer. Flugzeuge sind die Verkehrsmittel
mit den höchsten direkten Emissionen.
Auch das Elektrofahrrad wird seinem
Ruf als umweltfreundliches Verkehrsmittel gerecht. Die Form unserer Mobilität ist auch ein entscheidender Faktor
für den Klimawandel. Von den 2009
emittierten Treibhausgasen entfallen
27 Prozent auf den Verkehr, der als
zweitgrößter Emittent die größte Abweichung aller Sektoren vom KyotoKlimaziel aufweist.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
■
siemens.com/mobility
www.tfactory.com
www.infas.de
www.adl.com
mobilitaet-in-deutschland.de
www.siemens.de/traffic
hi!tech 02|11
20 ■ 21
Sparen wird Pflicht
Die größten Energieverbraucher in Industriebetrieben werden
auf Diät gesetzt – von
der EU. In Zukunft dürfen
laut einer Verordnung nur
noch hocheffiziente Asynchronmotoren verkauft wer-
HOHER AMORTISATIONSGRAD. Ein
IE2-Motor im Zweischichtbetrieb rechnet sich schon nach
ein bis zwei Jahren.
Industry Journal, Elisabeth Dokaupil
den. Solche Motoren finden sich in Lüftern, Pumpen, Kompressoren, Mühlen
oder Walzen, und das in nahezu allen
Branchen – von der Chemieindustrie
über
Werkzeugmaschinenbauer,
Druckereien und die Fördertechnik bis hin zur Schiffsindustrie.
Das Weltmarktvolumen für Niederspannungsmotoren liegt bei
rund sechs Milliarden Euro.
Allein in Europa werden jährlich
Millionen Stück davon verkauft.
Die EU will mit der neuen Verordnung (640/2009) den Energieverbrauch industrieller Elektromotoren reduzieren und damit zu
einer Verminderung des Ressourceneinsatzes und zur Erreichung der Klimaschutzziele beitragen.
„Aus ökologischer Sicht besitzen die
Motoren des Standards International Efficiency 2 (IE2) nur Vorteile. Elektrische
Antriebe sind die Basis nahezu jeder
industriellen Produktion. Das ist ein
enormer Hebel zur Senkung der CO₂Emissionen“, erklärt Jörg Hassmann,
Siemens. Aber auch die ökonomischen
Vorteile sind beträchtlich. Denn die
Betriebskosten der IE2-Motoren liegen
aufgrund des niedrigeren Energieverbrauchs deutlich unter denen ihrer Vorgänger. Ein gewichtiges Argument, weil
der Energieverbrauch eines Antriebs bis
Siemens
cover
Antriebstechnik
hi!biz
hi!school
hi!life
zu 95 Prozent der Lebenszykluskosten
ausmachen kann.
Hintergrund für die EU-Verordnung
ist eine EU-Rahmenrichtlinie aus dem
Jahr 2005, in der Anforderungen an die
umweltgerechte Gestaltung – das Ökodesign – energiebetriebener Produkte
festgelegt wurden, die ein großes Vertriebs- und Handelsvolumen haben und
damit bei relativ geringer Kostenbelastung erhebliches Potenzial für positive
Umweltauswirkungen bergen. „Elektrische Antriebssysteme waren geradezu
prädestiniert für Ökodesign-Vorgaben“,
betont Ismo Grönroos-Saikkala, der bei
der EU-Kommission als Policy Officer
maßgeblich für die Verordnung zuständig ist. „Bei Industriebetrieben, die im
Rahmen ihrer Produktionsprozesse Motoren einsetzen, sind Elektromotoren
für den Großteil des Elektrizitätsverbrauchs verantwortlich.“ In den Mitgliedsstaaten entfielen auf Antriebssysteme mit solchen Motoren insgesamt
rund 70 Prozent des Energieverbrauchs
der Industrie, weiß Grönroos-Saikkala.
Die Energieeffizienz dieser Antriebssysteme lässt sich kostengünstig um
20 bis 30 Prozent steigern. Einer der
wichtigsten Faktoren ist dabei die Nutzung energieeffizienter Motoren.
„Allein im Jahr 2005 lag der Stromverbrauch durch Elektromotoren bei 1.067
Terawattstunden. Das entspricht der Emission von 427 Millionen Tonnen CO₂“,
weiß Grönroos-Saikkala. „Ohne spezifische Maßnahmen zur Begrenzung des
Verbrauchs würde der Wert bis 2020 auf
1.252 Terawattstunden steigen. Mit der
neuen Verordnung erhöhen wir die
Marktdurchdringung von Technologien
zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit von Elektromotoren über die
Lebensdauer signifikant.“ Ziel sei es, bis
zum Jahr 2020 rund 135 TWh Strom
PRODUKTION VON GARNROLLEN. Die neuen Energiesparmotoren werden sich in
allen Branchen durchsetzen und bringen hohe Effizienzgewinne.
sowie 63 Millionen Tonnen CO₂ einzusparen. Wie sich die Maßnahmen für
energiesparende Motoren beispielsweise in der Bundesrepublik auswirken,
erläutert Thomas Holzmann, Vizepräsident des Umweltbundesamts: „Allein in
Deutschland könnten bis 2020 ca. 27 Milliarden kWh Strom weniger verbraucht
und damit rund 16 Millionen Tonnen
CO₂-Emissionen vermieden werden.“
Das entspricht der Stromproduktion von
acht Großkraftwerken mit einer elektrischen Leistung von je 700 Megawatt.
Für die Investitionsentscheidung von
Unternehmen sind weniger ökologische
als Fragen der Wirtschaftlichkeit entscheidend. Doch auch das brauchen die
Hersteller der Motoren nicht zu fürchten. „Die IE2-Motoren besitzen einen
Wirkungsgrad, der zwei bis sieben Prozentpunkte über dem von IE1-Motoren
liegt. Durch den geringeren Energieverbrauch amortisieren sich solche
Motoren sehr schnell – trotz etwas höherer Anschaffungskosten“, sagt Jörg
Hassmann. „Läuft ein solcher Motor im
Zweischichtbetrieb, rechnet er sich über
die eingesparten Energiekosten bereits
nach ein bis zwei Jahren.“
Diese rasche Amortisation führt aber
nicht automatisch zu einer Neuanschaf-
fung. Zum einen, weil sich dadurch ein
zusätzlicher Finanzierungsbedarf ergibt.
Zum anderen, weil die Berücksichtigung
der Total Cost of Ownership und der Lifecycle-Kosten häufig noch nicht im Fokus
der Überlegungen von Unternehmen
steht. Diese Erfahrungen macht auch
Hans-Dieter Pönisch, der in der Motorensparte der Erich Schäfer KG im sauerländischen Siegen (Deutschland) tätig ist,
immer wieder. „Obwohl der etwas höhere Anschaffungspreis für die Energiesparmotoren gerechtfertigt ist, haben
wir hier eine große Kommunikationsaufgabe zu bewältigen.“ Da der Gesetzgeber
nicht viel zur Kommunikation beigetragen habe, liege die Verantwortung bei
den Herstellern und Distributoren. Wer
umsteigen will, hat derzeit keine Wartezeiten zu befürchten, wenn es sich um
Standardmotoren handelt. Für Spezialentwicklungen ist angesichts der erwarteten Nachfrage allerdings ein gewisser
Vorlauf erforderlich.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
siemens.com/drives
siemens.com/automation
siemens.com/industryjournal
eur-lex.europa.eu
www.umweltbundesamt.at
hi!tech 02|11
22 ■ 23
cover
hi!biz
Rechenzentrum
hi!school
hi!life
Grün
rechnet
sich
Was kostet ein Klick ins
weltweite Datennetz?
Und wie umweltfreundlich und energieeffizient ist unsere Informationsgesellschaft, die ihre Daten
nicht mehr auf der Festplatte
des heimischen PCs und in
Aktenordnern sammelt, sondern dezentral in der Cloud? Die Meinung, das
dezentrale Netz habe eine positive Um-
Industry Journal, Elisabeth Dokaupil
weltbilanz, gilt als überholt. Greenpeace
schätzt, dass allein das Internet mit seinen Servern und Rechenzentren bei
unveränderten Wachstumsraten im Jahr
2020 einen Energieverbrauch von fast
zwei Milliarden Kilowattstunden haben
wird – das sei mehr als der Stromverbrauch von Deutschland, Frankreich,
Kanada und Brasilien zusammen.
Inzwischen sind sich alle einig: Die
Datentechnik muss grün werden. Nicht
nur aus ökologischen Gründen, sondern
auch aus ökonomischen: Unternehmen
wie Google und Ebay zahlen mehrere
Millionen Dollar für ihren Strom – mo-
Getty Images / Kim Steele, Strato AG, Siemens
natlich. Rajiv Sivaraman, Siemens Building Technologies, weiß, welch enorme
Summen durch wenig effiziente Datenzentren monatlich verpulvert werden.
„1,5 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs gehen auf ihre Rechnung, mit
rasant steigender Tendenz.“
Und das ist völlig unnötig, denn die
meisten Rechenzentren arbeiten mit einer Serverauslastung von weniger als
sechs Prozent, die Gebäudeauslastung
liegt zum Teil bei mageren 50 Prozent.
60 Millionen Kilowattstunden Energie
verpuffen dadurch jedes Jahr ungenutzt.
Diese Situation lässt sich durch Maßnah-
INTERNETDIENSTLEISTER STRATO.
Die Klimatisierung
der Serverräume
wird mit mobilen
Wärmebildkameras
analysiert.
men verbessern, die die sogenannte
Energienutzungseffizienz steigern, ein
Wert zur Beurteilung der Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit von
Datencentern. Dabei setzen die Experten
an mehreren Punkten gleichzeitig an:
Zur Steigerung der IT-Auslastung werden IT-Konsolidierung, Virtualisierung
und IT-Automatisierung eingesetzt. Das
Hauptaugenmerk zur Steigerung der
Energieeffizienz liegt auf der Kühlung,
die durch eine bessere Luftzirkulation
nach außen oder durch die Verwendung
eines Wasservorwärmers optimiert wird.
Die Gebäudearchitektur sollte so konzipiert sein, dass sie optimale Voraussetzungen für einen energieeffizienten
Betrieb bietet. Nachhaltigkeit und ressourcenschonende Materialien sind
dabei selbstverständlich. Weiters sollte
primär erneuerbarer oder lokal produzierter Strom verwendet werden.
„Früher konnten unsere Anlagen nach
einigen Jahren mit den technischen Neuerungen nicht mehr konkurrenzieren:
Ihre Energieeffizienz war gering, die
Kosten für Klimatisierung gewaltig“, berichtet Max Alias, Programm-Manager
CyberCenter Services bei der KPN-Getronics – einer Tochter des Telekomgiganten KPN –, die Siemens beim Aufbau effizienter Rechenzentren unterstützt. „Wir
suchten eine Lösung, die mit den Bedürfnissen unserer Kunden Schritt halten
kann.“ Heute sind die Rechenzentren
bei KPN modular aufgebaut. Statt der
Klimatisierung setzte man auf ein umweltfreundliches, energie- und kostensparendes System des Luftaustauschs
(KyotoCooling). Auch die Gebäudetechnik wurde auf Energiesparen getrimmt.
Der Berliner Internetdienstleister Strato hat ebenfalls Erfahrungen mit grünen
Lösungen. In seinem Rechencenter stehen einander die Server in Reihen gegenüber. Mit Türen an den Enden und einem Dach bilden sie einen sogenannten
kalten Gang, in den exakt die benötigte
Menge an Kühlluft eingeblasen wird. Die
kalte Luft wird von den Servern angesaugt und befördert deren Wärme in den
warmen Gang, wo die Server Rücken an
Rücken stehen. „Allein mit dieser Maßnahme sparen wir mehr als 30 Prozent
Energie im Vergleich zu einem herkömmlichen Rechenzentrum“, so StratoVorstandsvorsitzender Damian Schmidt.
Außerdem bezieht das Unternehmen
seinen Strom seit dem Jahr 2008 ausschließlich aus Wasserkraft.
„Green in IT“ ist der eine Weg. Der
andere heißt „Green through IT“, also die
Überlegung, inwieweit sich durch den
Einsatz intelligenter IT-Systeme Ressourcen sparen lassen, zum Beispiel in
der industriellen Produktion. „Wenn
etwa ein Unternehmen Steuerungssoftware einbaut, die den Betrieb nach
Bedarf reguliert, spart das enorm viel
Strom“, weiß Martin Streibel vom Deutschen Energieinstitut in Berlin.
In der Industrie sind beide Konzepte
inzwischen angekommen. Das bestätigt
die Studie „Green IT. Mehr als eine Modeerscheinung“ von Deutsche Bank Research und dem Green-IT-Beratungsbüro des Branchenverbands BITKOM.
54 Prozent kennen die Konzepte. Allerdings sieht sich nur etwa ein Viertel der
Unternehmen dazu gezwungen, Green-ITProjekte umzusetzen. 43 Prozent scheuen das Investitionsrisiko. „Best-PracticeBeispiele können in der Praxis helfen,
die Komplexität der angedachten Projekte transparent zu machen“, schlussfolgern die Autoren der Studie.
■
Energieeffizientes
Rechenzentrum
Neben einem mehrstufigen Sicherheitskonzept, maximalem Brandschutz
und optimaler Energieversorgung ist
das neue Siemens-Rechenzentrum in
Wien-Floridsdorf so grün wie möglich:
Während früher 21 Grad Raumtemperatur Usus waren, sind es hier 27 Grad.
Jedes Grad höher bringt eine Energieeinsparung von zirka drei Prozent.
Hinzu kommen eine strikte Einhaltung
des Prinzips Kaltgang/Warmgang,
verschiedene Einbauvarianten des
IT-Equipments sowie eine energieeffiziente Kälteanlage auf dem Dach.
Alles in allem eine der modernsten
IT-Anlagen in Europa.
Mehr Infos
■ www.siemens.com/buildings
■ siemens.at/it-solutions
hi!tech 02|11
24 ■ 25
Der Wind frischt auf
Der Umstieg ist möglich. Beinahe 80 Prozent des Weltenergiebedarfs könnten bis 2050
aus regenerativen Energiequellen erzeugt werden, dies
schließt der Weltklimarat IPCC aus einer
Studie. Die Windkraft allein kann bereits
20 Prozent zu einem zukünftigen erneuerbaren Energiemix beitragen. Global
betrachtet macht die Windkraft derzeit
nur 0,2 Prozent der Energieerzeugung
aus und deckt damit rund zwei Prozent
des Strombedarfs – ein Prozentsatz,
der rasch steigen wird.
Die Wirtschaftskrise konnte den
Trend zur Windkraft auf lange Sicht
nicht stoppen. Ende 2010 waren Windkraftwerke mit einer Leistung von rund
195 Gigawatt installiert, 35 Gigawatt
mehr als ein Jahr zuvor. Für 2011 rechnet das Global Wind Energy Council mit
weiteren 40 Gigawatt.
Eugen Juen
Siemens
Am schnellsten entwickelt sich die
Windenergie in China, wo sich seit 2005
die installierte Windleistung jährlich verdoppelt hat. Mit einer Gesamtkapazität
von 42 Gigawatt hat China die USA mit
40 Gigawatt überholt, allein letztes Jahr
wurden 16,5 Gigawatt neu errichtet. Auf
den Plätzen: Deutschland mit 27, Spanien mit 20 und Indien mit 13 Gigawatt.
Dass es aber nicht allein auf die Größe
der Anlagen ankommt, beweist Spanien
mit einer etwa im Vergleich zu Deutschland jüngeren Generation von Windkraftwerken: Mit weniger installierter
Gesamtleistung konnte Spanien 2010 –
auch aufgrund günstiger Windverhältnisse – deutlich mehr Strom produzieren als Deutschland (knapp 43.000 Gigawattstunden) und damit 16,4 Prozent
des landesweiten Strombedarfs abdecken. In Deutschland waren es 36.500
Gigawattstunden oder 6,2 Prozent des
Stromverbrauchs im Land. Auf die Größe
des Landes bezogen bleibt freilich Dänemark führend. Nirgendwo wird pro Kopf
mehr Windenergie erzeugt.
Großes Potenzial zum weiteren Ausbau der Windkraft bietet Südosteuropa.
Besonders jene Länder, deren Energiebedarf sich in den nächsten Jahren mit der
steigenden Wirtschaftsleistung stark
erhöhen wird, haben Grund, auf regenerative Energie zu setzen. In Kroatien
waren Ende 2010 nur 89 Megawatt Windkraft installiert, in Ungarn 295, in der Slowakei nicht mehr als 3 Megawatt. Länder
wie Bulgarien oder Rumänien haben in
den letzten Jahren schon etwas mehr
Wind gemacht, auch die Türkei baute
zuletzt kräftig aus. „Die Prognosen sehen
für 2015 einen Markt für regenerative
Energie von etwas mehr als sieben Milliarden Euro für den südosteuropäischen
Raum“, sagt Heinrich Haumer, Leiter des
Bereichs Renewable Energy für den CCERaum bei Siemens. „Davon wird der größte Teil auf die Windenergie entfallen.“
Der Ausbau der Windkraft legt an Dynamik zu, weil sie von den neuen sauberen Energiequellen technisch am besten
ausgereift und am wettbewerbfähigsten
ist. Katastrophen wie jene im japani-
cover
Windenergie
hi!biz
hi!school
hi!life
OFFSHORE-WINDPARK IM AUFBAU. Das
Potenzial der Windenergie auf offener See
in Europa wird auf 100 GW geschätzt. Nur
zwei Prozent davon sind bislang genutzt,
zahlreiche Großprojekte in der Pipeline.
schen AKW Fukushima, kontinuierlich
steigende Erdölpreise, die globale Verpflichtung, CO₂-Emissionen drastisch zu
reduzieren, und die Vorgaben der EU,
bis 2020 ein Fünftel der Energieerzeugung auf erneuerbare Energiequellen
umzustellen, werden diese Entwicklung
noch weiter beschleunigen. „Mit einem
Auftragsbestand von mehr als zehn Milliarden Euro und dem schnellen Ausbau
unseres internationalen Fertigungsnetzes sind wir bestens aufgestellt, um bis
2012 einer der drei weltweit führenden
Anbieter für Windenergieanlagen zu
werden“, betont Wolfgang Dehen, Weltchef Siemens Energy.
Besonders attraktiv für den Bau von
Windkraftanlagen sind Küstengebiete.
Die Vorteile von Offshore-Windkraftwerken liegen auf der Hand: Am Meer herrschen stärkere und gleichmäßigere Luftströmungen als im Binnenland. Allerdings stellen sowohl die Errichtung
als auch der Betrieb dieser Anlagen auf
hoher See besondere Ansprüche an die
mächtigen Windmaschinen. Je weiter
von der Küste entfernt, je tiefer der Meeresboden, je rauer die Umgebung, desto
größer die Belastung für die Technik.
Eine gewaltige Aufgabe – vom Transport
über die Errichtung, den Anschluss an
das Netz bis hin zu Service und Wartung.
Daher wird auch in allen Bereichen an
der Weiterentwicklung der Technologie
gearbeitet, von der zunehmenden Industrialisierung der Errichtung von Offshore-Anlagen bis zu intelligenten Sensorsystemen zur Überwachung der Anlagen. Zu den derzeit spannendsten
Forschungsprojekten gehören schwimmende Windkraftwerke, wie sie Siemens
gemeinsam mit dem norwegischen
Energieunternehmen Statoil entwickelt
und die für die Windenergie noch einmal neue Territorien erobern könnten.
Ein erster Prototyp ist bereits an der norwegischen Küste in Betrieb. Herzstück
ist ein 120 Meter langer Schwimmkörper
aus Stahl, Beton und Ballasttanks, der
die Konstruktion so tief hinunterzieht,
bis ihr Schwerpunkt weit genug unter
der Wasseroberfläche liegt. So sollen
hi!tech 02|11
26 ■ 27
ROTORBLÄTTERPRODUKTION.
Aus einem Guss
Die Dimensionen sind enorm: 52 Meter lange Rotorblätter für riesige Windräder, jeweils 16 Tonnen schwer,
werden in Dänemark von Siemens
produziert. Jedes Blatt muss während
seiner 20-jährigen Lebenszeit ohne
nachträgliche Neuausrichtung stets
die vom Kunden geforderte Performance erreichen.
Vor einigen Jahren wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem die Flügelblätter geschlossen und in einem
Stück produziert werden können.
Mit der sogenannten IntegralBladeTechnologie kommt die Fertigung
ohne Klebstoffe aus. Der Flügel hat
keine Nahtstellen, die Halle ist immer
sauber, die MitarbeiterInnen werden
keinen Dämpfen ausgesetzt.
Die Flügel werden in Schalen gebacken, die zuvor mit Fiberglas, einem
Faser-Kunststoff-Verbund, ausgelegt
wurden. Die Rotorblätter enthalten
kein problematisches PVC und stellen
nach ihrer 20-jährigen Lebenszeit
auch kein Abfallproblem dar. Sie bestehen zu 90 Prozent aus diesem wiederverwertbaren Stoff. Insgesamt
werden in die langen Flügel bis zu
zwölf Tonnen Fiberglas eingelegt. Zur
Verstärkung kommt eine Innenlage
aus Holz zwischen die Kunststoffbahnen. Der Innenraum wird mit Lufttaschen ausgefüllt. Dann bahnen sich
mehrere Tonnen flüssiges Epoxidharz
den Weg zwischen Taschen und Fiberglas und verbinden beide Flügelseiten
gleichmäßig. Nun wird alles bei 70 °C
für acht Stunden gebacken.
Mit dieser Technik benötigt man
vom Rohbau bis zum Backen statt
einiger Tage nur noch 48 Stunden.
Danach wird der Flügel justiert, weiß
lackiert und dreht sich einige Wochen
später in einem Windpark.
Eugen Juen, Pictures of the Future
Die Zutaten
Fiberglas, Holz
und Epoxidharz
backen bei
70 Grad für rund
48 Stunden.
Schwankungen auch bei hohem Wellengang vermieden werden. Damit die Plattform nicht abtreibt, wird sie mit flexiblen Stahlseilen auf dem Meeresboden
verankert. Die Forscher hoffen, auf diese
Weise Windräder bei Tiefen bis zu 700
Meter sicher installieren zu können.
Es sind gewaltige Anlagen, die rund
um Europa in das Meer gebaut werden, vor allem in Großbritannien und in
den skandinavischen Ländern. Auch in
Deutschland setzt man verstärkt auf Offshore-Windparks. Insgesamt wird das
Potenzial der Windenergie auf offener
See in Europa auf 100 Gigawatt geschätzt, nur zwei Prozent davon sind bislang genutzt. Die European Wind Energy
Association (EWEA) geht davon aus, dass
bis 2020 bis zu 40 Gigawatt installierte
Offshore-Leistung umsetzbar sind. Und
selbstverständlich sind auch vor den
Küsten der USA und Chinas noch gewaltige Potenziale zu heben.
Ein Ende des Booms bei OffshoreWindkraft ist also nicht abzusehen. Mehrere Großprojekte sind in der Pipeline,
zuletzt erhielt Siemens, Marktführer im
Offshore-Geschäft, den Auftrag für den
Siemens
Offshore-Windpark Borkum Riffgrund.
Hier werden 55 Kilometer vor der deutschen Nordseeküste 89 Windturbinen
mit einem Rotordurchmesser von 120
Metern in Wassertiefen von bis knapp
30 Metern aufgestellt. Mit einer Leistung
von 320 Megawatt wird der Windpark ab
2014 sauberen Strom für bis zu 330.000
Haushalte liefern.
Auch wenn die Energiegewinnung
mittels sauberer Windkraft auf hoher
See ob ihres riesigen Potenzials und
ihrer technischen Dimensionen besonders faszinierend ist: An Land sind die
Perspektiven für die Windenergie um
nichts schlechter. In Deutschland etwa
könnten 65 Prozent des Strombedarfs
durch Onshore-Windenergie erzeugt werden, so das Ergebnis einer Studie des
Fraunhofer-Instituts für Windenergie
und Energiesystemtechnik, die im April
dieses Jahres vorgestellt wurde. Dafür
müssten gar nicht im ganzen Land Windräder aufgestellt werden. Zwei Prozent
der Fläche Deutschlands würden ausreichen, wenn man 3-MW-Anlagen mit
einer durchschnittlichen Nabenhöhe
von 100 Metern aufbaut.
cover
Windenergie
hi!biz
hi!school
hi!life
WINDTURBINE BEI DER MONTAGE.
Der Rotor überträgt die Umdrehungen
auf Antriebswelle und Getriebe, das die
Drehkraft auf den Generator umsetzt.
Auch in Österreich gibt es – etwa im
Weinviertel oder im Nordburgenland –
ausreichend Regionen mit beinahe perfekten Klimabedingungen für die Errichtung von Windkraftwerken. Anfang 2011
waren landesweit 625 Windräder mit einer Gesamtleistung von 1.011 Megawatt
am Netz, die jährlich rund 2.100 Gigawattstunden Strom produzieren, den Bedarf
von rund 600.000 Haushalten. Die österreichische IG Windkraft hat errechnet,
dass eine Verdoppelung der derzeit installierten Leistung nötig ist, um die Stromimporte in der Größenordnung des Jahres
2010 (und damit auch Atomstrom) zu ersetzen. In diesem Jahr werden voraussichtlich neue Windkraftanlagen mit einer
Leistung von 120 Megawatt errichtet: „Man
müsste aber die Ausbaugeschwindigkeit
früherer Jahre wieder erreichen, mit rund
200 Megawatt pro Jahr“, sagt Stefan Moidl,
Geschäftsführer der IG Windkraft.
Der Fortschritt in den letzten Jahren
hatte auch Auswirkungen auf die Kosten
der großen Windmaschinen. Seit 1990
sind die Preise für Windenergieanlagen
um mehr als 30 Prozent gesunken –
bei erheblicher Steigerung der Effizienz. Die ersten Windkraftwerke der
1980er Jahre erreichten eine Nennleistung von 55 Kilowatt und einen Ertrag
von 35.000 Kilowattstunden pro Jahr.
Inzwischen leisten großen Anlagen
6.000 kW und mehr, liefern rund 20 Millionen kWh Strom, laufen nicht nur viel
effizienter, sondern auch leiser und
ruhiger, sind außerdem besser in das
Stromnetz zu integrieren.
Die getriebelosen Windturbinen von
Siemens gehören zu den jüngsten tech-
nischen Innovationen am Markt. Normalerweise übersetzt ein Getriebe die niedrige Drehzahl des Windrotors in die
hohe Drehzahl zur Stromerzeugung. In
der getriebelosen Anlage übersetzt ein
mit Permanentmagneten erregter Synchronmotor die Rotorbewegung direkt
in elektrische Energie, was die Effizienz
der Anlage wesentlich erhöht. Das heißt:
mehr Leistung bei geringerem Gewicht,
halbierter Komponentenanzahl und –
aufgrund der geringeren Anzahl an
rotierenden Teilen – weniger Wartungsaufwand, was wiederum die Rentabilität
steigert. In Dänemark und Norwegen
sind bereits getriebelose Windturbinen
mit einer Leistung von drei Megawatt
und einem Rotordurchmesser von 101
Metern im Einsatz, für das Windkraftwerk Bison in den USA wurden fünfzig
dieser neuen Turbinen bestellt.
Inzwischen ist ein zweites Modell dieser neuen Generation von Windturbinen
vorgestellt, eine 2,3-MW-Maschine mit
einem Rotordurchmesser von 113 Meter,
optimiert für den Einsatz auch bei niedrigeren Windgeschwindigkeiten. Eine
6-MW-Turbine gleicher Bauart soll in
Kürze folgen. Bei der neuen 2,3-MWTurbine kommt außerdem ein neues,
55 Meter langes Rotorblatt zum Einsatz,
das B55-Quantum-Blade, das sowohl die
Windausbeute am Blatt steigert als auch
den Geräuschpegel weiter senkt.
Mit dem technischen Fortschritt rückt
ein weiterer interessanter Aspekt für den
Ausbau der Windenergie ins Blickfeld:
Repowering – der Austausch älterer
Windkraftwerke durch neue, leistungsstärkere und effizientere Anlagen. Doppelte Leistung, dreifacher Stromertrag
bei halber Anlagenzahl auf der gleichen
Fläche, lautet die gängige Formel. Das
heißt auch, dass es nicht unbedingt mehr
Windräder braucht als heute, um mehr
sauberen Strom zu erzeugen. Schon eine
Effizienzsteigerung bringt sehr viel. ■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
■
siemens.com/powergeneration
www.statoil.com
www.ewea.org
www.thewindpower.net
www.igwindkraft.at
www.ipcc.ch
GETRIEBELOSES WINDRAD.
Die Rotorbewegung wird direkt
in elektrische Energie umgesetzt. Die Effizienz der Anlage
erhöht sich, und der Wartungsaufwand sinkt.
hi!tech 02|11
28 ■ 29
ZUSAMMENSPIEL. Systeme und Anlagen
in der Logistik, im Gebäudemanagement
oder in der Energieerzeugung sammeln
wertvolle Daten.
XXXXXXXX
XXXXXX. Der hohe
komplexen Infrastruktur
lässt Energieverlässt
Energieverbrauch sich.
Wissen ohne Grenzen
Unser digitales Wissen
steigt jede Sekunde.
Bis zum Jahr 2020 soll
dieses Daten-Universum 44mal so groß sein wie 2009. Die
Grenze von einer Milliarde
Terabytes, die Zettabytes, haben wir bereits 2010 übersprungen.
Viele dieser digitalen Informationen
sind sichtbar: in Homepages, sozialen
Netzwerken oder E-Mails. Weitaus weniger offensichtlich ist das explosionsartige Wachstum der Daten, die von Maschinen erzeugt werden, etwa durch die
Messwerte unzähliger Sensoren und den
Datenaustausch von Chips, die immer
kleiner und leistungsfähiger werden.
Viele dieser Bits und Bytes entstehen in
Fabriken, bei der Herstellung und dem
Transport von Gütern, in Gesundheits-,
Verkehrs- und Gebäudemanagement-
Pictures of the Future, Elisabeth Dokaupil
systemen, Energieanlagen oder Datenbanken der Finanzwelt. „All diese Systeme werden sehr schnell immer datenintensiver“, erklärt Mathaeus Dejori,
Siemens. „In fünf Jahren werden bereits
mehr Daten von Maschinen erzeugt werden als von menschlichen Anwendern.“
Hardware wird austauschbar. Den
eigentlichen Mehrwert liefert die Software – ob eigenständig oder eingebettet
wie in vielen Produkten, vom Gebäudemanagementsystem bis zum medizinischen Scanner. Das mittlerweile tiefe
Verständnis der komplexen Anwendungen – von der Funktionsweise eines
Kraftwerks oder eines Stahlwerks bis zu
den Prozessen in einer Klinik – treibt die
Entwicklung dieser Software voran. Findet man Wege, wie sich die Tag für Tag
erzeugten Daten aus all diesen Spezialbereichen intelligent auswerten lassen,
so kann man eine fast unendliche Vielfalt von Dienstleistungen entwickeln.
Dazu muss man allerdings die Informationen in nutzbares Wissen umwandeln.
Siemens
Ein Beispiel, wo das schon funktioniert, sind fossil befeuerte Kraftwerke.
Siemens hat weltweit etwa 9.000 Gasturbinen bei Kunden installiert. Bei jeder davon können rund 2.500 Messparameter erfasst und analysiert werden. Damit lassen sich nicht nur die
wichtigsten Betriebsparameter von Turbinen verfolgen, sondern ihr gesamter
Lebenszyklus. Man verfügt über Daten
aus der Konstruktion, Messwerte im
Betrieb und bei der Wartung. Auf diese
Weise können Ereignisse schneller und
präziser erkannt oder sogar vorhergesagt und darauf reagiert werden.
Beim Kraftwerk im bayerischen
Irsching, das mit der neuen 375-Megawatt-Gasturbine ausgestattet ist, wurde
ein Weltrekord-Wirkungsgrad von über
60 Prozent erreicht. Dazu beigetragen
haben ausgeklügelte Algorithmen, die
pro Sekunde nicht nur Tausende von
Parametern und ihre Wechselwirkungen
berücksichtigen, sondern auch Modelle
für die Abläufe zwischen den Messungen
cover
Daten
hi!biz
hi!school
hi!life
berechnen. Die Siemens-Algorithmen
simulieren dynamisches Verhalten und
haben damit die gesamte Anlagendynamik im Griff. Das System lernt, welche
Lösungsansätze vielversprechend sind,
und entwickelt dann eine optimierte
Steuerungsstrategie. Es entscheidet also
autonom, wie die Steuerung der Anlage
optimiert werden kann. Weil das System
immer weiter lernt, ist es durchaus möglich, dass die Effizienz der Turbine noch
steigt. Die Erkenntnisse können dann
auch für andere Siemens-Turbinen verwendet werden.
Inzwischen ist jede wichtige Anlage
von Siemens – von Fertigungsanlagen
über medizinische Geräte bis hin zu Zügen und Turbinen – mit einem geschäftsspezifischen Segment einer gemeinsamen Plattform zur Fernwartung verbunden, mit der ein sehr sicherer Datenaustausch garantiert ist. Die Fernwartungsplattform verbindet mehr als 135.000
Systeme mit einem Datenvolumen von
mehr als vier Terabyte im Monat. Eigene
Techniken helfen, die enormen Datenmengen zu bewältigen, die etwa in der
Automobilbranche zwischen Lieferanten
und Herstellern ausgetauscht werden.
Ziel ist es, dass Softwareagenten an virtuellen Märkten agieren, verhandeln
und zusammenarbeiten, um die gesamten Planungs-, Verwaltungs- und
Lieferprozesse zu optimieren. Damit
können dann individuellere, auf den
Kunden abgestimmte Fahrzeugtypen
noch schneller hergestellt werden.
Kollektive Intelligenz kann auch die
immensen Datenmengen nutzbar machen, die im Gesundheitssystem entstehen. Das Kliniknetz MedCentral Health
System in Ohio verwendet die SiemensSoftware Soarian, um wichtige Informationen aus den Daten der elektronischen
Patientenakte zu filtern: Laboruntersuchungen, Diagnosen und sogar diktierte
Befunde sind dort gespeichert. Die Software analysiert die Behandlungsqualität, indem sie Behandlungsschritte mit
den aktuellsten klinischen Richtlinien
abgleicht. Schon jetzt konnte die Zeit für
die Datenauswertung dank der Software
von mehreren Monaten auf zwei Wochen
gesenkt werden, und bald wird das Pro-
gramm fast in Echtzeit arbeiten und den
Weg für schnellere Entscheidungen und
eine bessere Soforthilfe ebnen.
Parallel zur Auswertung der Informationen aus den Anlagen suchen Systeme
zusätzlich Informationen im Internet,
um Daten zu vergleichen und daraus
Wissen zu generieren. Im Rahmen des
EU-Projekts „Large Knowledge Collider“
haben Siemens-Forscher eine Suchtechnologie entwickelt, die in Dokumenten
inhaltliche Verweise auf Gene aufspürt.
Dann wird eine Art grafische Wolke
von Genen und deren Beziehungen zu
Krankheiten aufgezeichnet. Nach einer
Lernphase haben die Algorithmen des
Systems, das auch Bedeutungszusammenhänge erkennen kann, 40.000 Texte
analysiert und dabei rund 4.800 Beziehungen zwischen Genen und Krankheiten entdeckt. Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen einem Gen und der
Alzheimer-Erkrankung entdeckt.
Auch für Großstädte kann kollektive
Intelligenz enorme Vorteile bringen,
etwa zum besseren Management, zur Erhöhung der Sicherheit und Treibstoffersparnis im Verkehr. So werden Autos
in Zukunft in Abständen von einigen
Mikrosekunden Daten mit den Ampelsteuerungen austauschen können. In
Houston, Texas, könnte ein solches Pilotprojekt demnächst zu einem voll vernetzten Verkehrsmanagement führen.
Rund 17.000 der 30.000 Forscher und
Ingenieure von Siemens haben mit Softwareentwicklung zu tun. Und die Bedeutung der IT wird ständig weiter zunehmen. Unternehmen, die es in Zukunft
schaffen, Wissen aus ihren Daten zu erzeugen und optimal einzusetzen, werden auf den Märkten von morgen erhebliche Wettbewerbsvorteile haben.
■
Mehr Infos
DIE STEIGENDEN DATENMENGEN werden völlig neue Services ermöglichen.
■ www.siemens.com/innovation
■ siemens.de/pof
hi!tech 02|11
30 ■ 31
cover
Angiographie
hi!biz
hi!school
hi!life
ist für uns der Bewegungsfreiraum für
Untersuchungen, die über die Kopf-/
Halsgefäße erfolgen, und eine Software
für Auswertung und Befundung angeborener Herzfehler. Für die Beurteilung
komplexer Fehlbildungen ist die Rotationsangiographie besonders hilfreich,
die das Herz bei einer einzigen Kontrastmittelinjektion in mehreren Ebenen
zeigt. Die Siemens-Anlage hat nahezu
alle unsere Anforderungen erfüllt.
Ein Herz für Kinder
Perkutan, also über Gefäßzugänge in der Leiste, lassen sich
Herzfehler bei Kinden mit minimalinvasiven Eingriffen behandeln, berichtet Prof. Dr. Ina Michel-Behnke, Leiterin
der Kinderkardiologie an der MedUni Wien. Das neue
Herzkatheterlabor schafft dafür die besten Voraussetzungen.
Welchen Altersgruppen gehören die Kinder an, die von Ihnen behandelt werden?
Wir behandeln Kinder vom Neugeborenen- bis zum Erwachsenenalter. Sogar
Frühgeborenen können wir therapeutische Interventionen anbieten. Viele
der Neugeborenen, die zu uns kommen,
haben kritische Herzfehler. In diesen
Fällen stellt eine Herzkatheterintervention eine lebensrettende Behandlung dar.
Mit welchen Krankheitsbildern sind
Sie konfrontiert, und welche Eingriffe
nehmen Sie vor?
Beispiele für Herzkatheterinterventionen sind unter anderem der Verschluss
eines Defekts (Loch) zwischen den kleinen und großen Herzkammern mittels
Implantaten (Schirmchentechnik), die
Aufweitung von Herzklappen oder verengten Blutgefäßen mittels Ballondilatation und das Einsetzen von Gefäßstützen
(Stents). Sogar Herzklappen können mit-
Elisabeth Dokaupil
Siemens
tels Kathetertechnik implantiert werden
– sichtbar bleibt davon nach dem Eingriff nur ein kleiner Schnitt von wenigen
Millimetern in der Leiste. In der Vergangenheit waren viele Herzfehler nicht
heilbar. Heute kann man sagen: Die Blue
Babys werden erwachsen. Das heißt, dass
viele der Patienten mit guter Lebensqualität das Erwachsenenalter erreichen.
Welche besonderen Anforderungen gibt
es bei der Arbeit mit Kindern?
Die interventionelle Kinderkardiologie
hat sich aus den Erfahrungen bei Erwachsenen entwickelt. Kinder haben jedoch zusätzlich besondere Bedürfnisse.
Dazu zählen vor allem die intensivmedizinische Überwachung oder die Untersuchung im Tiefschlaf ohne mechanische Beatmung, sogenanntes Minimal
Handling. Die Herzkatheteranlage muss
auch die schnelle Herzfrequenz bei Kindern berücksichtigen. Besonders wichtig
Wie sieht es mit der Strahlenbelastung
aus, auf die Kinder besonders empfindlich reagieren?
Mit unserer Anlage kann die Strahlenbelastung bis zu 90 Prozent reduziert werden. Die integrierten Algorithmen beinhalten die automatische Anpassung
der Filterstärke. Eine gepulste Durchleuchtung sowie die ständige Verfügbarkeit der Dosiswerte auf dem Display
tragen zusätzlich zu einer Verringerung
der Strahlenbelastung bei.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Arbeit?
Als vorrangig interventionell tätige Kinderkardiologin sehe ich auch künftig
einen festen Platz für eine Cardangiographie, wenngleich die Möglichkeiten mittels Magnetresonanz immer besser werden und irgendwann eine Katheterisierung ohne Strahlenexposition routinemäßig möglich sein wird. Ich wünsche
mir Weiterentwicklungen von Implantaten, die biologisch abbaubar sind, was
dem wachsenden Organismus eines Kindes entgegenkommt. Und ich wünsche
mir, dass sich die Industrie weiterhin für
herzkranke Kinder interessiert, diese am
Fortschritt teilhaben lässt und uns mit
besonderen Instrumentarien, aber auch
Großgeräten unterstützt.
■
Mehr Infos
■ www.meduniwien.ac.at
■ www.siemens.at/healthcare
hi!tech 02|11
32
MEHR WIRKUNGSGRAD DURCH SUPRALEITER
Hochtemperatursupraleiter können die Verluste von Motoren
und Generatoren auf die Hälfte reduzieren. Jetzt soll dieser
Effizienzvorteil auch bei Kraftwerksgeneratoren erreicht
werden. Siemens arbeitet dazu mit dem Karlsruher Institut
für Technologie zusammen. Ziel: Wirkungsgradsteigerung
um 0,5 Prozentpunkte auf 99,5 Prozent.
siemens.com/innovation; siemens.com/energy
New s-Snack
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII
IIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll
SCHNELL STROM TANKEN
BEWEGUNGSENERGIE
LED-BEAMER
Doppelt so schnell wie
bisher geht das Aufladen
von Elektroautos mit
einer neuen Ladesäule
von Siemens. Charge
CP700A kann Elektrofahrzeuge mit verschiedenen
Leistungen versorgen. Per
Bildschirm wird man komfortabel
durch den Ladevorgang geführt.
siemens.com/energy
Ein wenige Zentimeter großes
Feder-Masse-System nutzt piezoelektrische Materialien zur Stromerzeugung. Der Energy Harvester
wandelt Bewegungen in Strom mit
mehreren Milliwatt Leistung um.
siemens.com/innovation
Brillante Bilder mit
hohem Kontrast
und hoher Farbsättigung – LEDBeamer brauchen
weniger Strom
und halten mit
30.000 Stunden
mehr als siebenmal so lange wie
konventionelle Lampen.
www.osram.de
Ursula Grablechner
Siemens, TU Wien
Christina Lehner
SUPERCOMPUTER
Möglichkeiten für neuartige
Supercomputer sehen Wissenschaftler durch eine neu entwickelte Methode, die es erlaubt,
die Schwingungsrichtung von
Licht mit einer ultradünnen Halbleiterschicht gezielt zu kontrollieren und beliebig zu drehen.
www.tuwien.ac.at
N e w s hi!school
H o ch w a s s e r p r o g n o s e
Kontrolle von
Schutzdämmen
Mit dem Projekt „UrbanFlood“ will die
Europäische Kommission die internetbasierte Überwachung der Schutzdämme gegen Hochwasser fördern. Ein internationales Konsortium, an dem Siemens
beteiligt ist, entwickelt derzeit neue
Technologien für den Hochwasserschutz,
um ein globales Überwachungssystem
zu schaffen. Die wichtigsten Elemente
sind Sensoren und eine lernende Software. Der Versuchsdeich des Konsortiums
befindet sich in der Nähe von Bad Nieweschans an der deutsch-holländischen
Grenze. Dort führen Experten Deichbruchexperimente durch, die für die Kalibrierung des Systems benötigt werden. Sensoren, die im Deich vergraben sind,
messen regelmäßig Wasserhöhe und
-druck, Feuchtigkeit und Temperatur
und funken die Daten über das Internet
an einen angeschlossenen Server.
Social Media
Sicheres Internet
„gefällt mir“
Sensoren im Deich messen Wasserhöhe,
Wasserdruck, Feuchtigkeit und Temperatur.
Bei Social Media Services ist Internetsicherheit ein heikles Thema. In Mash-ups
werden Inhalte und funktionelle Komponenten aus unterschiedlichen Quellen in
einer Webseite kombiniert – wie „gefällt
Studie
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII
IIIIIIIIIIIIIIllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll
Strategische Bedeutung von Innovationen
#SBTJMJFO
*OEJFO
$IJOB
#*$
4UBBUFO
4UBBUFOSFJGFS
8JSUTDIBGUTTZTUFNF
5PQ1SJPSJU¼U
5PQ
1SJ
1 JPSJU¼
1S
JPSJU¼U
5PQESFJ1SJPSJU¼U
5PQ[FIO1SJPSJU¼U
LFJOF1SJPSJU¼U
ZUR INNOVATIONSGROSSMACHT hat sich China,die ehemalige Werkbank der
Welt, in den vergangenen Jahren entwickelt. 1,5 Millionen Forscher arbeiten derzeit in
China, und die 750 Universitäten des Landes liefern jährlich einen gewaltigen Nachschub.
In einer „Sandbox“ können böswillige
Programme keinen Schaden anrichten.
mir“ bei Facebook oder eine Karte von
Google Maps. Für den Nutzer ist dies oft
nicht erkennbar, es drohen unerlaubter
Zugriff auf persönliche Daten oder Überwachung des Surfverhaltens. Das Projekt
WebSand will davor schützen. Ein Sicherheitsmodul soll alle eingebetteten Anwendungen in einem sicheren Modus ausführen. Der potenziell böswillige Programmcode läuft beim Aufrufen einer Webseite
in einer sogenannten Sandbox ab.
siemens.com/innovation
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllll
For schung
»Eine Erfolgskontrolle der
Behandlung von
Knorpelschäden
ist derzeit nur
mit dem 7-TeslaMR möglich.«
PROF.
SIEGFRIED
EGFRIED
TRATTNIG
RATTNIG
Exzellenzzentrum
enzzentrum
für Hochfeld-MR,
ochfeld-MR,
MedUni
edUni Wien
hi!tech 02|11
34 ■ 35
hi!touch
hi!biz
hi!school
Hybridautos
hi!life
Gemischtes Doppel
Eine neue Generation von Hybridautos
kommt auf den Markt.
Plug-in-Hybride und
Range Extender wollen
die Lücke zum rein elektrischen Auto schließen und
niedrigsten Verbrauch plus
gewohnte Reichweiten bieten. Die aktuellen Hybridautos sind im Grunde
die kleine Lösung: Ob ein Prius von
Toyota, der Klassiker unter den Hybridautos mit Nickel-Metallhydrid-Batterie,
oder der neue Q5 Hybrid von Audi mit
Markus Honsig
Opel
Lithium-Ionen-Batterie, der Ende des Jahres auf die Straße kommen wird: Mehr
als zwei, drei Kilometer weit kommt man
im rein elektrischen Modus keinesfalls.
Und auch das nur bei gebremster Geschwindigkeit. Was nicht nur an den Speicherkapazitäten der Batterien liegt, sondern daran, dass der Strom fürs Fahren
aus dem Fahrbetrieb gewonnen wird,
vor allem durch die Rückgewinnung von
Bremsenergie, die Rekuperation.
Elektrisch fahren ist nicht der eigentliche Zweck dieser Vollhybriden, ebenso
wenig wie der milden Hybriden, die von
vornherein nicht rein elektrisch unterwegs sein können. Der zusätzliche Elektromotor soll vor allem dazu dienen,
den Verbrauch des Autos zu reduzieren.
Dies gelingt umso besser, je größer und
schwerer das Auto ist. Das Mehrgewicht
von Batterie und Elektromotor erhöht
das ohnehin schon stattliche Gesamtgewicht im Verhältnis weniger, der Verbrauchsvorteil kann dann besser greifen. Deshalb werden solche Hybridsysteme vor allem auch in großen SUVs
oder Limousinen eingesetzt. Jüngstes
Beispiel: Der eben vorgestellte Porsche
Panamera S Hybrid verbraucht im Normdurchschnitt gerade einmal 7,1 Liter
Benzin. Das ist für einen lupenreinen
Sportwagen mit 333 PS starkem Sechszylinder-Benzin- plus 47 PS starkem
Elektromotor schon ein sehr sauberer
Wert, selbst wenn man in der Praxis vielleicht noch ein, zwei Liter dazurechnen
HAUPTSÄCHLICH ELEKTRISCH. Im Opel Ampera produziert ein Verbrennungsmotor (oben) Strom für den Elektromotor. Unten die t-förmig angeordneten Lithium-IonenAkkus mit einer Kapazität von 16 kWh.
OPEL AMPERA. Für die
Räder ist ein 150 PS starker
Elektromotor zuständig,
der zusätzliche Benziner
treibt als Range Extender
einen Generator zur Stromerzeugung an.
sollte. Ob Prius oder Porsche – im Vergleich zu einem modernen Dieselmotor
bleibt der Fortschritt in überschaubaren
Dimensionen, abhängig natürlich vom
Einsatzzweck: In der Stadt kann ein konventionelles Hybridauto seinen elektrischen Anteil besser ausspielen als über
Land und auf der Autobahn. In Zukunft
wird dieser Anteil noch weiter erhöht
werden. Der Verbrennungsmotor wird
nur noch eine (wenn auch unverzichtbare) Nebenrolle spielen – als Garant
für eine Lösung des Reichweitenproblems der reinen Elektroautos.
Dazu kommen in nächster Zeit zwei
technische Konzepte auf den Markt, die
sich aus entgegengesetzter Richtung dem
Thema Hybrid annähern: der Plug-inHybrid mit Steckdose zum externen Aufladen der Batterien kommt vom konventionellen Vollhybrid, der Range Extender
vom Elektroauto. Entsprechend unter-
schiedlich sieht das Zusammenspiel von
Verbrennungs- und Elektromotor aus.
Seit knapp zwei Jahren hat Toyota in
ausgewählten Großstädten Testflotten
des Prius Plug-in laufen. Vom normalen
Prius unterscheidet dieses Auto im wesentlichen die Anschlussmöglichkeit an
eine Steckdose und Lithium-Ionen-Batterien statt NiMH-Batterien, die rund
doppelt so stark sind und innerhalb von
neunzig Minuten aufgeladen werden
können. Damit vergrößert sich die elektrische Reichweite auf 20 Kilometer,
was immerhin einer Verzehnfachung
des aktuellen Stands entspricht und im
Alltag oft ausreichen wird, um rein elektrisch über die Runden zu kommen. Das
zeigte etwa auch der Testbetrieb von 70
Prius Plug-ins im französischen Straßburg, wo im Mai nach einem Jahr erste
Zwischenbilanz gezogen wurde. Das Ergebnis: Die durchschnittliche Fahrten-
länge betrug 13,9 Kilometer, berichtet
Toyota, die elektrische Reichweite war
also in vielen Fällen mehr als ausreichend. Insgesamt konnte man, so die
Zwischenbilanz, 40 Prozent Treibstoff
gegenüber Dieselfahrzeugen der gleichen Leistungsklasse einsparen.
Mit 2,6 l / 100 km oder umgerechnet
59 g CO₂-Emissionen / km würde der Prius
Plug-in, der Mitte 2012 auf den Markt
kommen soll, noch einmal um gut ein
Drittel weniger Treibstoff verbrauchen
als der aktuelle Prius, der mit 4 l / 100 km
und 89 g CO₂ / km schon zu den sparsamsten Modellen seiner Klasse gehört.
Das Prinzip: Das Auto fährt so lange wie
möglich elektrisch, angetrieben von einem
82-PS-Elektromotor. Fährt man schneller
als 100 km/h oder erreicht die Batterie
ihren kritischen Ladezustand, schaltet
sich der 99 PS starke Vierzylindermotor
zu, man ist im üblichen Hybridmodus
hi!tech 02|11
36 ■ 37
hi!touch
hi!biz
hi!school
Hybridautos
hi!life
unterwegs, in dem auch die Batterie neu
aufgeladen wird. Um in den reinen
Strommodus zurückkehren zu können,
braucht es allerdings eine Steckdose.
Das Thema Plug-in-Hybrid steht bei
fast allen Herstellern auf der Entwicklungsagenda. VW etwa zeigte mit der
Studie XL1 die Radikalvariante, die dank
der extrem aerodynamischen und leichten Bauweise mit einem sehr schlanken
Doppel auskommt: Ein 0,8-l-Zweizylinder-TDI mit 48 PS und ein 27 PS starker
Elektromotor sorgen für einen Weltrekordverbrauch von nur 0,9 l / 100 km.
BMW wiederum kündigte Ende vergangenen Jahres die kaum weniger radikale Entwicklung eines Sportwagens auf
Basis der spektakulären Studie Vision
EfficientDynamic an, ebenfalls als Plugin-Hybrid mit einem Dreizylinder-TDI,
mit jeweils einem Elektromotor an Vorder- und Hinterachse, einer Systemleistung von 328 PS, Lithium-Polymer-Batterien und einem Durchschnittsverbrauch
von 3,76 l / 100 km.
Schon früher auf den Markt, nämlich
Ende des Jahres, kommt der Opel Ampera
mit einer völlig anderen technischen
Hybridarchitektur. Der Opel Ampera soll
als reines Elektroauto verstanden werden, weil die Räder immer – oder fast
immer – elektrisch angetrieben werden,
und zwar von einem 150 PS starken
Elektromotor. Für die Stromversorgung
ist eine 16-kWh-Lithium-Ionen-Batterie
zuständig, die Reichweiten bis zu 60 Kilometer ermöglichen soll.
So weit, so elektrisch. Wird nun der
Strom knapp, wird ein Reichweitenverlängerer zugeschaltet, der Range Extender, ein 86 PS starker 1,4-l-Vierzylinder.
Dieser Benziner treibt allerdings nicht
die Räder an, sondern einen Generator
mit 72 PS, der die Batterie lädt. Nur
bei niedrigem Ladezustand und hoher
Leistungsanforderung darf der Verbrennungsmotor auch direkt Antriebskraft
beisteuern.
Markus Honsig
PRIUS PLUG-IN. Ein Testbetrieb ergab 40 Prozent Treibstoffersparnis im Vergleich zu
Dieseln der gleichen Klasse. Die elektrische Reichweite war in vielen Fällen ausreichend.
AUDI A1 E-TRON. Als Range Extender dient ein Wankelmotor, der hier mit seiner
kompakten Bauweise und dem vibrationsfreien Lauf seine Talente nutzen kann.
Der Vorteil des Range-Extender-Konzepts gegenüber dem Plug-in-Ansatz:
Die elektrische Reichweite erhöht sich
dank der größeren, in vier Stunden voll
aufgeladenen Batterie noch einmal deutlich. Mit 50 Kilometer plus/minus lässt
sich schon ein Großteil der durchschnittlichen täglichen Fahrten erledigen. Bei
längeren Strecken geht es dann nicht
mehr emissionsfrei. Der Nachteil: Mit
einem Verbrennungsmotor Strom zu
erzeugen, der den Elektromotor antreibt,
ist eine Anordnung, die Wirkungsgrad
kostet, auch wenn der Verbrennungsmotor als Range Extender immer in seinem
optimalen Drehzahlbereich laufen kann.
Mit einem Verbrauch von 1,6 l / 100 km
bewegen sich der Opel Ampera und der
Audi, Toyota, MAN, Siemens
baugleiche Chevrolet Volt jedenfalls im
tiefgrünen Bereich. Mit dem angekündigten Preis von 42.900 Euro bietet der
Ampera im Vergleich zu den meisten reinen Elektroautos ein nachvollziehbares
Preis-Leistungs-Verhältnis.
Audi hat mit dem A1 e-tron eine
besonders interessante Variante dieses
Prinzips vorgestellt. Als Range Extender
dient in diesem Prototyp ein Wankelmotor – was nicht nur als historische
Reminiszenz zu verstehen ist: Audi verwaltet quasi den Nachlass der Marke
NSU, die 1967 mit dem Ro 80 ein legendäres Fahrzeug mit Wankelmotor auf
den Markt brachte. Der Wankelmotor mit
seiner kompakten Bauweise und seinem
vibrationsfreien Lauf könnte als Range
Mit dem Bus gleiten
Moderne Hybridbusse fahren sparsam, leise und ruckfrei
durch die Städte.
Extender durchaus seine spezifischen
Talente neu unter Beweis stellen.
Die Idee des Range Extender, den
Strom für das elektrische Fahren direkt
an Bord zu erzeugen, erinnert an eine
andere Technologie, die durch die E-AutoEuphorie zuletzt etwas aus dem Blickfeld
geraten ist: Das mit Wasserstoff angetriebene Brennstoffzellenauto, im Grunde
auch nichts anderes als ein Elektroauto
mit spezieller Stromversorgung. Die Stärke der Brennstoffzelle ist ihr konkurrenzlos hoher Wirkungsgrad, die Herausforderung ihr Treibstoff, also die Erzeugung
und Speicherung des Wasserstoffs. Hersteller wie Mercedes verfolgen und entwickeln die Technologie dennoch konsequent weiter und haben eben erst eine
Weltumrundung mit drei Brennstoffzellenfahrzeugen absolviert, der B-Klasse
F-Cell, um deren technische Reife und Alltagstauglichkeit unter Beweis zu stellen.
Dennoch bleibt das Brennstoffzellenauto vorläufig eine längerfristige Vision.
Bis dahin stellt sich die Frage: Plug-in
oder Range Extender? Die Antwort kann
nur lauten: Sowohl als auch. Am Ende ist
es eine Frage der Gewichtung: Ein Auto
wie der Prius Plug-in von Toyota ist nach
wie vor ein klassisches Auto mit Benzinmotor, das allerdings schon eine ernstzunehmende elektrische Reichweite bietet.
Der Ampera von Opel hingegen ist ein
fast echtes Elektroauto, das seinem Besitzer die Angst nimmt, irgendwo stromlos
hängenzubleiben. Man kann davon ausgehen, dass es für beide Konzepte ausreichenden Platz am Markt gibt.
■
Je überfüllter die Metropolen sind, desto
stärker wird der Wunsch nach leisen und
sauberen Fahrzeugen. Viele Städte lassen nur noch extrem sparsame Fahrzeuge oder solche mit Elektroantrieb im
Stadtzentrum fahren. Eine Hürde, die
für das beliebte öffentliche Verkehrsmittel Bus schwer zu nehmen ist. Die Tagesfahrleistung von 200 bis 300 Kilometern
ist mit einem reinen Elektrofahrzeug
nicht zu schaffen. Siemens setzt daher
auf Hybridantriebe, die bei einem Bus
noch sinnvoller sind als bei einem Pkw.
Denn der Bus ist nicht nur den ganzen
Tag unterwegs, er verbringt auch zwischen 25 und 40 Prozent seiner Betriebszeit im Stehen – an Haltestellen oder
roten Ampeln. Er muss also ständig
bremsen und wieder starten. Beim
Anfahren nutzt der Bus die gespeicherte
Bremsenergie und beschleunigt daher
abgasfrei und auch geräuscharm.
CITY-HYBRID VON MAN. Die Antriebstechnik stammt von Siemens.
Die Münchner Verkehrsgesellschaft
(MVG) lässt derzeit zwei Hybridbusse
auf ihren Strecken fahren, einer davon
ist der City Hybrid von MAN, dessen
Antriebstechnik von Siemens stammt.
„Wir wollen unterschiedliche Hybridbusse testen und vergleichen und so
die Hersteller bei der Weiterentwicklung der neuen Fahrzeugtechnik unterstützen“, sagt Herbert König, Chef der
MVG. Die neuen Hybridbusse kommen
gut an. Beim Anfahren entfallen die
Geräusche des aufdrehenden Motors,
und wo es sonst normalerweise ruckelt,
bekommt man das Gefühl des Gleitens.
Der Vorteil der Siemens-Technik
ELFA ist die serielle Hybridlösung, bei
der die Antriebswelle nur durch einen
Elektromotor bewegt wird, der seine
Energie vorzugsweise aus dem Speicher
bezieht. Bei der üblichen Variante, dem
parallelen Hybrid, treiben ein Verbrennungsmotor und ein Elektromotor das
Fahrzeug an. Beim Speicher der seriellen Lösung handelt es sich um einen
Hochleistungskondensator, einen sogenannten UltraCap, der auf dem Dach
des Busses montiert ist. Sein Vorteil
gegenüber einer herkömmlichen Batterie liegt in seiner hohen Leistungsdichte
und dem hohen Wirkungsgrad.
siemens.com/mobility
www.man.de
siemens.com/drives
www.mvg-mobil.de
Mehr Infos
■
■
■
■
■
■
■
www.toyota.at
www.vw.com
www.audi.com
www.porsche.com
www.opel-ampera.com
www.der-wankelmotor.de
www.hybridautos.info
hi!tech 02|11
38 ■ 39
QUALITÄT DURCH
INFORMATION.
Ausgehend vom einzelnen Baumstamm, liefert
ein drahtloses Sensornetz Informationen
zur Beurteilung des
Mikroklimas, der Bodenverhältnisse und des
Vorhandenseins von
Schädlingen – in diesem
Fall vor allem der Olivenfliege. Die Ergebnisse
erlauben es, den Pestizideinsatz so niedrig
wie möglich zu halten
und die Qualität zu
optimieren.
Der feine Unterschied
Olivenöl von einem bestimmten Hain kaufen?
Sortenrein? Warum nicht!
Wer einmal höchste Qualität der goldgelben Delikatesse gekostet hat, kann lebenslang auf Billigangebote
verzichten und wird für Superqualität
weite Wege in Kauf nehmen. Kroatien
will sich in Zukunft als eine der Spitzendestinationen für Kenner profilieren. Die
Ursula Grablechner
Olivenölproduktion hat hier eine lange
Tradition. Archäologische Funde, etwa in
Istrien, belegen, dass bereits die Römer
von den Qualitäten des Öls aus dieser
Region überzeugt waren. Olivenöl aus
Istrien soll in der Vergangenheit Maßstab für die Qualität anderer Herstellerländer gewesen sein.
Auch heute ist der Olivenanbau in Kroatien ein strategischer Wirtschaftszweig
und spielt zudem im Fremdenverkehr
eine wichtige Rolle. Ähnlich den berühmten Weinstraßen lässt sich in Kroatien
auf der Olivenstraße die Spur der Oliven
Siemens, Meir Carsten/ChromOrange/picturedesk.com
verfolgen. International kann Olivenöl
gegenüber den führenden Erzeugern
aus Italien, Spanien oder Griechenland
nur durch Spitzenqualität bestehen. Der
Einsatz von Hightech-Sensornetzen im
kroatischen Olivenanbau soll dazu beitragen, diese zu erreichen.
Die Qualität des kroatischen Olivenöls konnte in den vergangenen Jahren
immer weiter verbessert werden. So
wurden Technologien entwickelt, die die
Verarbeitungszeit verkürzen. Diese ist
für die Produktion von Olivenöl der Klasse Extra vergine – das heißt kaltgepresst
hi!touch
hi!biz
Olivenöl
hi!school
hi!life
und aus erster Pressung – entscheidend.
Bereits in der Vergangenheit wurden
Förderungsmaßnahmen für die Produktion ergriffen und ein nationales Entwicklungsprogramm zur Errichtung
neuer Olivenanbauflächen eingeführt.
Der weltweite Trend geht zur Produktion
sortenreinen Olivenöls. Dieser Entwicklung soll nun durch die Anwendung von
Informations- und Kommunikationstechniken Rechnung getragen werden,
die speziell an die Erfordernisse des Olivenanbaus angepasst sind. Dadurch
wird eine Reduktion des Einsatzes von
Pestiziden möglich.
In der Landwirtschaft müssen die klimatischen Parameter und das Auftreten
von Schädlingen an verschiedenen Kulturen, beispielsweise im Obstanbau, beobachtet werden. Zu diesem Zweck werden an bestimmten Stellen der landwirtschaftlichen Fläche „Agro-Klima“-Stationen eingesetzt sowie verschiedene
Fallen, die schädliche Insekten fangen
und vernichten. Am Institut für Elektrotechnik und Informatik der Universität
Zagreb wurden im Rahmen eines Pilotprojekts in Zusammenarbeit mit Siemens drahtlose Sensoren entwickelt, die
mikroklimatische Bedingungen sowie
Schädlingsbefall an Olivenbäumen erfassen. Mit dem Projekt MASLINET soll
die Anwendung drahtloser Sensornetze
in der Landwirtschaft am Beispiel des
Olivenanbaus demonstriert werden.
Entwickelt wurden Sensorknoten und
Algorithmen für Datenverarbeitung und
Kommunikation der Knoten, weiters
musste an der Übermittlung von Daten
aus dem drahtlosen Sensornetz an den
Zentralrechner und der Verarbeitung
dieser Daten gearbeitet werden. Das
drahtlose Sensornetz bilden kleine Knoten, Rechner mit sehr eingeschränkten
Möglichkeiten, die die Daten aus ihrer
Umgebung erfassen, diese auswerten,
lokale Entscheidungen treffen und mittels eines festgelegten Protokolls mit
den übrigen Knoten des Netzes kommunizieren.
Eine Herausforderung dabei war, dass
die Knoten betreffend Energieversorgung
autark sein sollten. Mit Batterien zur
Stromversorgung oder durch Energie,
die sie aus der Umgebung gewinnen,
müssen sie möglichst lang arbeiten können. Gleichzeitig müssen die Sensorknoten möglichst billig und einfach sein und
überall eingesetzt werden können. Die
Kommunikation zwischen den Knoten
erfolgt lokal, erfordert also nur geringe
Reichweite. Für die Kommunikation des
Netzes mit entfernten Rechnern werden
Technologien und Protokolle für drahtlose Kommunikation größerer Rechner
angewandt. Auf diese Art entstand ein
intelligentes drahtloses Sensornetz zur
umfassenden Informationsgewinnung.
Das Projekt MASLINET dauerte drei
Jahre und entwickelte eine Sensornetz-
KROATISCHES
OLIVENÖL steht
im Wettbewerb
mit den Spitzenproduzenten aus
Italien, Spanien
und Griechenland.
plattform, die das ZigBee-Protokoll einsetzt. Nach der Erstellung des Konzepts
wurde das System im Olivengarten der
Familie Pavlović in Petrčane bei Zadar versuchsweise installiert. Um den Energieverbrauch möglichst gering zu halten,
waren die Sensorknoten nur fallweise in
Betrieb. Der lokale Netzkoordinator wurde mit Energie aus Solarzellen und Akkumulatoren gespeist, die gesammelten Daten wurden mehrmals täglich übers GSMNetz an den Serverrechner übermittelt.
Ausgehend vom einzelnen Baumstamm, liefert das drahtlose Sensornetz
die Informationen, die zur Beurteilung
des Mikroklimas, der Bodenverhältnisse
und des Vorhandenseins von Schädlingen, in diesem Fall vor allem der Olivenfliege, erforderlich sind. Die Daten über
Mikroklima und Schädlingsbefall fließen
in komplexe Modelle ein, deren Auswertungsergebnisse als Basis für die Entscheidung dienen, ob, wie viel und welche Pestizide an einer bestimmten Stelle
eingesetzt werden müssen. Außerdem
sollen die Ergebnisse zur Entwicklung
neuer Prognosemodelle genutzt werden.
Dafür sind neben den aktuell erfassten
Daten Messungen über längere Zeiträume sowie Kenntnisse über Pflanzen und
Insekten notwendig.
Die mit dem neuen Sensorsystem
erreichte Automatisierung verringert
nicht nur Arbeitszeit und Kosten im Olivenanbau. Das Sensornetz liefert eine
geografische Darstellung des Auftretens
und der Ausbreitung von Schädlingen
und ermöglicht eine Analyse des Schädlingsaufkommens in größeren Gebieten.
Rechtzeitige Anwendung und richtige
Dosierung von Pestiziden bringen eine
Verbesserung der Bekämpfung von
Schädlingen und steigern damit letztlich
die Qualität des Olivenöls.
■
Mehr Infos
■ www.unizg.hr
■ www.maslinet.com
Hilke Segbers/Picture Alliance/picturedesk.com, Sheila Terry/Science Photo Library/picturedesk.com
hi!tech 02|11
40 ■ 41
Anfang Februar war
der Rote Planet zum
Greifen nah. Dann der
große Moment: Ein
Mensch betritt den
Mars, zumindest virtuell.
Seit 2010 läuft das Mammutprojekt Mars500, ein Experiment der europäischen ESA
und der russischen Weltraumagentur
Roskosmos, das einen bemannten Flug
zum Mars simuliert. Dabei geht es vor
allem um zwischenmenschliche Probleme. Denn wer zum Mars fliegen will,
muss es 250 Tage auf engstem Raum mit
seinen Kollegen aushalten – und das ist
nur eine Strecke. Bisher hatten die Teilnehmer keine Probleme. Drei von ihnen
– der Russe Alexander Smolejewski, der
Italiener Diego Urbina und der Chinese
Wang Yue – wurden ausgewählt, um in
schweren Anzügen die ersten Marsspaziergänge zu absolvieren. Sie nahmen
Bodenproben und stellten einen Verletzungsfall nach. Ein spezielles Roboterfahrzeug hilft ihnen bei diesen Landgängen. Indes hielten die drei weiteren
Probanden – die Russen Alexej Sitjow
und Suchrob Kamolow sowie der Franzose Romain Charles – per Funk Kontakt zu
den Ausflüglern. Inzwischen ist man auf
der 250 Tage langen Heimreise.
Christian Pressler
Das Projekt macht deutlich, dass die
Lust zur Entdeckung des Weltraums wieder auflebt. Das nächste große Ziel der
bemannten Raumfahrt ist die Eroberung
des Mars. „Technisch sind die größten
Hindernisse bereits ausgeräumt“, sagt
Wolfgang Baumjohann, Direktor des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, „was den Start trotzdem bis zum
Jahr 2030 hinauszögern könnte, ist die
Finanzierung.“
Bestes Beispiel sind die Amerikaner,
die bei Mondlandung und Shuttleflügen
noch die Nase vorn hatten. Doch nach
der Columbia-Katastrophe – das Shuttle
ist beim Landeanflug zerbrochen, alle
sieben Crewmitglieder starben – beschloss die US-Regierung 2003 das Ende
der Shuttle-Ära. Im Rahmen des neuen
Programms „Constellation“ wurde bei
der NASA mit der Konstruktion einer
neuartigen bemannten Rakete begonnen. Starttermin: 2012. Bis 2020 sollten
Astronauten zum Mond fliegen, keine
zehn Jahre später zum Mars. Doch angesichts der Budgetprobleme legte Barack
Obama das Projekt auf Eis. Aus eigener
Kraft können die Amerikaner in nächster
Zeit also keine Menschen ins All befördern. Selbst für Besuche bei der Internationalen Raumstation ISS müssen sie
sich in russischen Raketen einmieten.
Haben demnach die Russen bei der
Mars-Eroberung derzeit die besseren
Karten? Eher nicht. Die alte Sojus-Flotte
ist zwar noch im Dienst – und es sollen
US Geological Survey/picturedesk.com, ESA/IPMB, ESA/DLR/FU Berlin
noch heuer fast drei Milliarden Euro in
die Weltraumforschung fließen –, doch
für eine Marsmission bräuchte das Land
neue Trägerraketen und Raumschiffe.
Und deren Entwicklung ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten.
Wer bleibt also noch beim Wettlauf
zum Mars? „Ich gebe den Chinesen die
größten Chancen, bis 2030 einen bemannten Marsflug zu starten“, sagt
Baumjohann. Heuer startet die erste
chinesische Marssonde Yinghuo („Glühwürmchen“). Sie fliegt zwar noch huckepack mit einer russischen Rakete zum
Marsmond Phobus, ist aber nur der Startschuss für das erste chinesische Soloprojekt, das Mitte der Dekade erwartet wird.
Die chinesische Raumfahrtbehörde CNSA
plant 2016 als Pilotprojekt zum Marsflug
eine bemannte Landung am Mond.
Auch wenn die Chinesen derzeit als
einzige das nötige Geld für einen Ausflug
zum Roten Planeten zu haben scheinen,
müssen auch sie an den noch offenen
technischen Details arbeiten. Das Hauptproblem ist die Strahlenbelastung, der
die Astronauten auf dem Weg zum Mars
ausgesetzt sind. Außerhalb des schützenden Magnetfelds der Erde treffen kosmische Strahlen und Sonnenwinde ungehindert auf die Raumfahrer und könnten
zu gesundheitlichen Schäden führen. An
der Lösung dieses Problems arbeiten österreichische Forscher mit.
Das Atominstitut der Technischen Universität Wien hat im Rahmen der radiologischen Betreuung des bislang einzigen
hi!touch
hi!biz
Weltraum
hi!school
hi!life
SIMULATION EINES MARSSPAZIERGANGS. Mit den
auf dem Mars notwendigen
schweren Anzügen wurden
Spaziergänge absolviert, Bodenproben genommen und ein
Verletzungsfall nachgestellt.
Unterstützung bietet ein eigens
dafür entwickelter Roboter.
hi!tech 02|11
42 ■ 43
Geschichte
der bemannten
Raumfahrt
■ 12. April 1961: Juri
Gagarin umrundet
als erster Mensch im
Sputnik-Raumschiff
Wostok 1 eineinhalb
Stunden lang die Erde.
■ 20. Februar 1962: Die USA sind im
All. John Glenn umkreist mit Mercury 6
fünf Stunden lang das Erdenrund.
■ 16. Juni 1963: Die Russin Valentina
Tereschkowa fliegt als erste Frau ins All.
■ 18. März 1965: Alexej Leonow
wagt als erster Mensch den Ausstieg
in den Weltraum.
■ 20. Juli 1969: Die
Landefähre Eagle
setzt am Mond auf,
Neil Armstrong betritt
als erster Mensch den
Erdtrabanten.
■ April 1970: Bei der Mission von
Apollo 13 explodiert ein Sauerstofftank im Servicemodul des Raumschiffs.
Nur mit Glück erreichen die drei Besatzungsmitglieder lebend die Erde.
■ 6. Juni 1971: Die Russen eröffnen
die erste Weltraumstation Salut, die
als Andockbasis für Sojus-Raumschiffe
dient. Die Amerikaner kontern zwei
Jahre später mit ihrem Sky-Labor.
■ März 1978: Ist die bemannte Raumfahrt bisher nur eine Angelegenheit
von Russen und Amerikanern, so blickt
mit dem Tschechoslowaken Vladimir
Remek der erste Gast aus dem Fenster
einer Sojus-Kapsel.
■ 1986: Die von Pannen geplagte
sowjetische Raumstation Mir geht in
Betrieb. Hier wurden 16.000 Experimente durchgeführt und 140 Raumfahrgäste begrüßt.
■ 2. Oktober 1991: Franz Viehböck
startet als erster Österreicher ins All.
Im Rahmen seiner Mission verbringt
er eine Woche auf der sowjetischen
Raumstation Mir.
■ 1998: Seit 1998 kreist die Internationale Raumstation ISS um die Erde.
Ihr Betrieb ist bis 2020 geplant.
■ 15. Oktober 2003: China steigt
in die Weltraumfahrt ein. Mit Yang
Liwei wird der erste Taikonaut mit
der Shenzhou 5 ins Orbit befördert.
Christian Pressler
AUTONOMES ROBOTERFAHRZEUG. Damit will die ESA im Rahmen ihrer Wissenschaftsmission ExoMars 2018 auf dem Mars nach Spuren von Leben suchen.
österreichischen Kosmonauten Franz
Viehböck bei der Austromir-Mission mit
Strahlungsmessungen im Weltraum begonnen. Damals waren erstmals Lumineszenzdetektoren an Bord, kleine Kristalle,
die die kosmische Strahlenexposition erfassen und bewerten. Information über
die Energie dieser Strahlung kann an
Defekten im Kristallgitter über lange
Zeiträume gespeichert und bei kontrollierter Erwärmung in Form von sichtbarem Licht wieder freigesetzt werden.
Die Intensität des Lumineszenzleuchtens
ist ein Maß für die Strahlendosis.
Derzeit ist das Atominstitut am bisher umfangreichsten Strahlenschutzprogramm beteiligt, das jemals im Weltraum
durchgeführt wurde. Mit der Kunststoffpuppe „Matroshka“, die detailgetreu einem menschlichen Torso nachempfunden ist, wird die Verteilung der Strahlung
RAUMSTATION ISS. Mit der Puppe
Matroshka wird die Strahlenbelastung
für Astronauten gemessen.
im Körperinneren gemessen. Matroshka
trägt einen Raumanzug und war zunächst
eineinhalb Jahre auf der Außenseite der
Raumstation ISS angebracht, danach
durfte sie nach innen wechseln. Die vorerst letzte Phase verbrachte sie an Bord
des japanischen Weltraumlabors Kibo.
„Die Ergebnisse dieser Forschung tragen
dazu bei, das Strahlenrisiko von Raumfahrern zuverlässig abzuschätzen und
damit eine mögliche zukünftige Marsmission vorzubereiten“, sagt TU-Forscher
Michael Hajek, der für seine Leistungen
gemeinsam mit seinem Kollegen Norbert
Vana von den Russen zuletzt die hochdotierte Gagarin-Medaille erhielt.
Österreichs Forscher mischen aber
auch bei anderen Themen rund um die
Mars-Eroberung mit. Das internationale
Unternehmen RUAG Space, das einen
Sitz in Wien-Meidling hat (ehemals Austrian Aerospace), testet derzeit ein autonomes Roboterfahrzeug für den Mars.
Im Jahr 2018 will die Europäische Raumfahrtagentur ESA im Rahmen ihrer Wissenschaftsmission ExoMars einen solchen autonomen Roboter auf dem Roten
Planeten landen, um dort nach Spuren
von Leben zu suchen. RUAG Space entwickelt das Fortbewegungssystem für diesen Mars Rover. Darüber hinaus wird das
Unternehmen einen Schleifring für das
Bohrsystem sowie den Kontrollcomputer
des Marsfahrzeugs liefern. Dieser Computer ist nicht nur für die Kommunikation zuständig, er übernimmt auch die
autonome Navigation des Rovers auf
RIA Novosti/Ria Novosti/picturedesk.com, NASA, RUAG Holding 2011, Siemens, ESA/DLR/FU Berlin
hi!touch
hi!biz
Weltraum
hi!school
hi!life
dem Mars und überwacht die lokalen
Prozessoren, die die 18 Motoren des
Fortbewegungssystems steuern.
Nicht zuletzt ist auch das Institut
für Weltraumforschung (IWF) mit Sitz
in Graz im Weltraumbiz eine begehrte
Adresse. Das Team rund um Direktor
Wolfgang Baumjohann hat für die Mission des 2006 gestarteten Venus Express
ein Magnetometer beigesteuert, das
Grenzschichten in den Plasmaregionen
der Venus und die Wechselwirkung zwischen der Atmosphäre der Venus und
dem Sonnenwind bestimmen kann. Jetzt
hoffen die Grazer, auch bei Marsmissionen mit an Bord geholt zu werden.
Doch zurück nach Moskau, wo die virtuelle Rückreise vom Mars zur Erde läuft.
Hier hat die Ankündigung, dass die staatliche Raumfahrtagentur Roskosmos an
der Entwicklung eines atomaren Raumschiffs arbeitet, für Aufregung gesorgt.
2012 will man die Pläne offenlegen, 2018
den Nuklearturbo erstmals starten. Nukleare Raumschiffe arbeiten mehr als doppelt so effizient wie herkömmliche Raketen
mit ihren Wasserstoff-, Sauerstoff- oder
Kerosinantrieben. Die Gewichtsersparnis
erleichtert die Planung einer Marsmission. Der Weg zum Mars wäre dann in etwa
125 Tagen zu bewältigen.
Und Visionäre könnten schon die
nächsten Planeten ansteuern: Eine Reise
zum Pluto würde auf ein Jahr schrumpfen, die Flugzeit zum nächsten Stern auf
vier Jahrzehnte. Voraussetzung dafür wäre allerdings, die Atomkraft besser als
bisher technisch in den Griff zu bekommen. Das gestiegene Risikobewusstsein
ist dabei durchaus ein Vorteil.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
■
www.iwf.oeaw.ac.at
www.ruag.com
www.nasa.gov
www.roscosmos.ru
www.cnsa.gov.cn
siemens.at/space
„Die Chinesen werden
das Rennen machen“
Prof. Wolfgang Baumjohann, Direktor des Instituts
für Weltraumforschung, über das Rennen zum Mars,
offene Fragen und Risiken.
Wann wird ein Mensch seinen Fuß
auf den Roten Planeten setzen?
Der Flug zum Mars ist noch nicht ganz
in trockenen Tüchern. Das liegt weniger
an technischen als vielmehr an finanziellen Problemen. Ich glaube, dass sich
der erste bemannte Marsflug bis 2030
locker ausgehen müsste.
Technisch wären wir schon so weit?
Im Grunde ja. Mit herkömmlichen Raketenantrieben würden wir, bei optimalen
Verhältnissen, rund 250 Tage zum Mars
brauchen. Nach einem kurzen Aufenthalt von maximal 20 Tagen müsste
dann wieder die gleich lange Rückreise
angetreten werden. Diese idealen Startfenster, also wenn Erde und Mars am
besten zueinander stehen, öffnen sich
alle zwei Jahre. Natürlich gibt es noch
einige Probleme zu meistern. Das größte ist sicher die gefährliche Strahlung,
der sich die Astronauten bei diesen langen Flügen aussetzen. Die Schutzstrategie, ob Wassertank oder Schutzmantel,
ist noch nicht definiert. Auch Ernährung, Schwerelosigkeit und psychische
Belastung bei einem derart langen Flug
müssen noch im Detail getestet werden. Es gibt auch mögliche Alternativen
für den konventionellen Antrieb, nämlich Atom- und den elektrischen Ionenantrieb. Letzterer hat zwar einen im
Vergleich geringen Schub, jedoch bei
einer deutlich erhöhten Austrittsgeschwindigkeit der Ionen und einer deutlich längeren Wirkdauer. Das Ionentriebwerk hat sich inzwischen etwa
auf vielen kommerziellen Kommunikationssatelliten durchgesetzt.
Warum ist der Mensch darauf aus,
zum Mars zu fliegen?
Wissenschaftlich gesehen ist es natürlich Quatsch, dass ein Mensch dorthin
fliegt. Allein die Entwicklung des bemannten Marsflugs kostet 400 bis 500
Milliarden Euro. Eine Robotermission
ist mit zwei bis drei Milliarden Euro
Entwicklungskosten ungleich billiger.
Doch der Wunsch ist kulturell bedingt.
Warum gehen Menschen auf den
Mount Everest? Sie wollen Grenzen
überwinden, neue Regionen erobern.
Der Mars ist von der Erde aus gut zu
sehen, er ist unserem Planeten am ähnlichsten. Deshalb wollen wir dorthin.
Wie sieht der Zeitplan konkret aus?
Die europäische ExoMars-Mission startet 2016. Zwei Jahre später folgen die
Amerikaner mit einer Robotermission.
In beiden Fällen will man nach Leben
auf dem Mars suchen. Zunächst läuft
diese Suche geologisch, später wird es
eine biologische Suche nach Leben
sein. Die große Frage ist jetzt, wer die
ersten Samples, also Bodenproben, vom
Mars zurückbringt. Ich erwarte diese
am Ende der 2020er Jahre, kurz bevor
der erste Mensch am Mars landet.
PROF. BAUMJOHANN: „Bodenproben vom Mars in den 2020er Jahren."
Und wer wird bei diesem humanoiden
Rennen die Nase vorn haben?
Für mich haben die Chinesen die größten Chancen. Sie haben ihr Geld in den
Krisen der letzten Jahre nicht verspielt.
China hat in kurzer Zeit einen sehr
hohen Standard in der Raumfahrt
erreicht. Jetzt sammeln sie allerorts
Know-how. Wenn die traditionellen
Raumfahrerstaaten da mithalten wollen, müssen sie sich gehörig anstrengen.
hi!tech 02|11
44 ■ 45
ERFOLGREICH BEHANDELT
ODER NICHT? Nur der Gehalt
hi!touch
an Proteoglycanen, der mit der
Natriumbildgebung bestimmt
wird, gibt Auskunft, ob der Knorpel wieder voll funktionsfähig ist.
hi!biz
hi!school
Hochfeld-MR
hi!life
Über
den Erfolg im Bild sein
Die Erfolgskontrolle der Behandlung von Volkskrankheiten infolge von
Knorpel- und Bandscheibenschäden steht im Mittelpunkt der Forschung am
Exzellenzzentrum für Hochfeld-MR, berichtet Prof. Siegfried Trattnig.
Worauf konzentriert sich die Forschung
am Exzellenzzentrum für Hochfeld-MR
an der MedUni in Wien?
Einer unserer Schwerpunkte ist die
Natriumbildgebung, für die derzeit
ein 7-Tesla-Magnetresonanztomograph
(MRT) notwendig ist, denn die Signalstärke der Natriumkerne ist ca. 5.000
Mal schwächer als jene von Wasserstoffkernen, die üblicherweise im MR verwendet werden. Um die Natriumbildgebung durchzuführen, muss der MRScanner multikernfähig sein, und man
benötigt eigene Natriumspulen. Optimale Ergebnisse erreicht man nur, wenn die
Untersuchungsprotokolle auch für die
Natriumsignale optimiert werden. Dabei
spielen mehrere Parameter im Pulsdesign und in der Pulsfolge der betreffenden Sequenz eine wichtige Rolle. Wir
arbeiten nun daran, diese Natriumsequenz für bestimmte Fragestellungen zu
optimieren, mit dem Ziel, sie an Patienten zu verwenden. Wir sind derzeit weltweit die einzige Forschungseinrichtung,
die die Natriumbildgebung für Patientenstudien einsetzt.
Für welche Krankheitsbilder lässt sich
dieses Verfahren einsetzen, und was
bringt die Information den Patienten?
Elisabeth Dokaupil
Siemens
Die Signalintensität der Natriumkerne
lässt präzise auf den Proteoglycangehalt
von Knorpelgewebe schließen, von dem
die biomechanischen Eigenschaften des
Knorpels abhängen. Ein hoher Proteoglycangehalt bedeutet, dass die Qualität
des Knorpels gut ist. Proteoglykane
spielen auch als Bestandteil in Bandscheiben und Sehnen eine wichtige
Rolle. Probleme mit Knorpeln, Bandscheiben oder Sehnen sind Volkskrankheiten. Die Betroffenen haben Schmerzen im Rücken oder in den Gelenken.
Welche Behandlungsmethoden gibt es
dafür derzeit?
Unter anderem werden über Knorpelimplantate Zellen eingebracht, die Knorpelgewebe aufbauen sollen. Diese Knorpelzellen können auf unterschiedlichen
Membranen aufgebracht sein. Defekte
werden auch mit einfacher Bohrung des
unter dem Knorpeldefekt gelegenen
Knochens und der daraus resultierenden Einblutung in den Knorpeldefekt
behandelt, wobei sich dieses Blut dann
in faserartiges Ersatzgewebe umbaut.
Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von
medikamentösen Behandlungen. Die
Erfolgskontrolle ist nur begrenzt möglich.
Weltweites
Referenzzentrum
Das Wiener Exzellenzzentrum für
Hochfeld-MR soll weltweit zum Referenzstandort für klinische Applikationen
auf 7-Tesla-MR werden. Dazu trägt eine
Förderung der Stadt Wien über das
bewilligte Vienna Spots of Excellence
Programm bei. In diesem Zusammenhang wird an drei Themen gearbeitet:
Neurologie, Onkologie und muskuloskeletale Bildgebung, wobei der Fokus
auf funktioneller, biochemischer und
metabolischer Information liegt. Die
Schwerpunkte werden gemeinsam mit
Siemens Wien und Siemens in Erlangen
umgesetzt.
Der Vorteil des Standorts ist die Nähe
zum AKH, einem der größten Spitäler
Europas. Das Exzellenzzentrum ist daher
die Einrichtung mit den derzeit weltweit
meisten klinischen Studien im 7-TeslaUltrahochfeldbereich. Parallel dazu wird
intensiv an methodischen Entwicklungen
für 7 Tesla gearbeitet. Die MitarbeiterInnen haben bereits zwei Patente angemeldet. Ein Beispiel ist die Entwicklung
von Korrekturalgorithmen, um die
Verzerrung durch Inhomogenitäten bei
7-Tesla-Ultrahochfeld-MR zu beseitigen.
www.meduniwien.ac.at/hochfeld-mr
Wie lässt sich derzeit der Erfolg einer
Behandlung kontrollieren?
Letztlich gibt nur der Gehalt an Proteoglycanen Auskunft, ob der Knorpel seine
volle Funktionsfähigkeit wiedererlangt.
Mit den üblichen bildgebenden Diagnoseverfahren auch auf Hochfeld-3-TeslaMR sind keine Unterschiede zu erkennen.
Mit der Natriumbildgebung können wir
die Menge der Proteoglycane und damit
die Qualität des Knorpels beurteilen.
Sind die Werte auch nach der Behandlung zu niedrig, dann muss der Patient
eine hohe Belastung etwa durch eine
bestimmte Sportart vermeiden. Solche
Untersuchungen können derzeit ausschließlich bei uns durchgeführt werden.
Wo liegen die Schwerpunkte bei Bandscheibenschäden?
Bandscheiben bestehen aus einem äußeren Faserring und einem gallertartigen
Kern, der überwiegend Proteoglycane
enthält. Die Natriumbildgebung zeigt die
einzelnen Teile der Bandscheiben und
über die Proteoglycanwerte auch ihren
Zustand. Wir wollen nun herausfinden,
was in einem frühen Stadium von Bandscheibenschädigungen passiert. Ob es
etwa Biomarker gibt, die zeigen können,
ob eine Bandscheibe gefährdet ist, noch
bevor es zu einem Vorfall kommt. Auch
im Fall der Bandscheiben kann man mit
konventionellen Verfahren derzeit vor
und nach Therapien keinen Unterschied
der biochemischen Eigenschaften und
damit der Belastbarkeit der Bandscheibe
feststellen.
Eine weitere neue Anwendung der Natriumbildgebung ist die Untersuchung von
Sehnen. Bei Achillessehnenproblemen
wird mit der Natriumbildgebung der
gesamte Verlauf einer Entzündung erst-
mals messbar. Wir können analysieren,
was im Rahmen einer Therapie passiert.
Sehr wichtig wäre es zu klären, warum
Achillessehnen bei einer chronischen
Entzündung an bestimmten Teilen reißen und ab welchen Werten dieses Risiko
besteht.
Konzentrieren Sie sich ausschließlich
auf 7-Tesla-Geräte?
Das 7-Tesla-MR ist natürlich unser Flaggschiff, aber viele Studien werden im Vergleich 7 Tesla zu 3 Tesla durchgeführt,
und es laufen weiterhin sehr viele Studien auf dem 3-Tesla-MR wie zum Beispiel die Stoffwechseluntersuchungen
von Mamma und Prostata mittels Spektroskopie, die in der Unterscheidung
gutartige / bösartige Tumore weitere Information liefern. Prostatakrebs mit 3Tesla-Geräten besser abzugrenzen könnte dem Patienten belastende und für das
Gesundheitssystem auch teure Biopsien
ersparen.
■
Mehr Infos
■ siemens.com/healthcare
■ www.meduniwien.ac.at/hochfeld-mr
hi!tech 02|11
46 ■ 47
METROLINIE 10, PEKING.
Der Fahrer wird durch ein
Assistenzsystem unterstützt.
Automatisch schneller
METROLINIE 9, BARCELONA.
Erste vollautomatisierte
U-Bahn in Spanien.
Bahnen und Metros zählen zu den leistungsfähigsten Verkehrsmitteln – trotzdem können
sie die wachsenden Passagierzahlen in den Städten oft
kaum noch aufnehmen. Um
noch mehr Züge sicher auf
como, Elisabeth Dokaupil
Siemens
den Weg schicken zu können, hilft vor
allem eines: die Automatisierung. Immer
häufiger übernehmen automatische Zugbeeinflussungssysteme die Steuerung,
Überwachung und Koordination des
Fahrbetriebs. Manche teilautomatischen
Systeme zeigen dem Fahrer aktuelle
Fahraufträge auf dem Bedienpult an und
überwachen kontinuierlich die zulässige
Geschwindigkeit. Andere übernehmen als
fahrerloses System gleich den gesamten
Fahrbetrieb. Dass die Gäste dabei sogar
sicherer unterwegs sein können als mit
einem Fahrer, ist unter anderem dem
bewährten Prinzip der automatischen
Blocksicherung zu verdanken: Fahren
Züge auf derselben Strecke hintereinander her, müssen sie stets einen sicheren
Mindestabstand zueinander einhalten.
Tatsächlich übernehmen immer häufiger Computer die Steuerung von UBahnen – selbst dann, wenn die Betreiber nicht völlig auf einen menschlichen
Fahrer verzichten möchten. Denn die
hi!touch
hi!biz
Bahn
hi!school
hi!life
Gelebte
Vernetzung
Ein ausladendes Bedienpult mit
Multi-Touch-Screen und 1,27 Meter
Bildschirmdiagonale ist ein Kernstück des Operations Control Interaction Lab von Siemens. Es lässt
sich von mehreren Anwendern
gleichzeitig nutzen und bietet damit ganz neue Möglichkeiten der
Interaktion: Solche Systeme sind
berührungssensitive Eingabegeräte, die gleichzeitig mehrere Berührungspunkte erfassen und verarbeiten. Per Fingertipp lassen sich
Zugflotteneinsätze planen und lenken, Fahrzeiten der Züge und die
Infrastruktur überwachen, mögliche Engpässe vermeiden, außerplanmäßige Zugfahrten einschieben
und Umleitungen organisieren.
Jeder Operator kann zumindest
aus dem Augenwinkel erkennen,
womit der Kollege nebenan gerade
beschäftigt ist. Diese Möglichkeit
verkürzt Reaktionszeiten und erleichtert Abstimmungsprozesse.
Erfahrung zeigt, dass computerberechnete Abläufe selten optimal funktionieren, wenn die Züge anschließend von
Menschen gesteuert werden. Deshalb
hat Siemens das Fahrerassistenzsystem
Automatic Train Operation entwickelt, das
sich direkt in das Zugbeeinflussungssystem Trainguard integrieren lässt. In
diesem Fall gibt der Fahrer zwar das Signal zum Losfahren und kann in Gefahrensituationen eingreifen. Das Fahren
auf der Strecke und das exakte Anhalten
am Bahnsteig besorgt allerdings die
Automatik. Anhand des gespeicherten
Streckenprofils berechnet das System,
wie es den Zug beschleunigen und vor
Kurven oder Weichen bremsen muss,
um bei niedrigstem Energiebedarf
pünktlich an der nächsten Station anzukommen. Praxistests haben ergeben,
dass ATO gegenüber menschlichen Fahrern – die mitunter zu stark auf die
Bremse treten, um dann wieder verstärkt
zu beschleunigen – den Energiebedarf
bei gleicher Fahrzeit um durchschnittlich 20 bis 30 Prozent reduziert. Bei
den Metros chinesischer Großstädte wie
Guangzhou und Peking sind ATO-Systeme seit Jahren erfolgreich im Einsatz.
Auch fahrerlose Bahnsysteme sind
längst keine Seltenheit mehr. Denn die
Betreiber können damit sehr flexibel auf
unerwartet hohes Passagieraufkommen
reagieren und in Rekordzeit zusätzliche
Einheiten auf die Strecke bringen. Deshalb ließ Metrobetreiber ViaQuatro in
São Paulo die erste fahrerlose U-Bahn
Lateinamerikas installieren.
Die Technik des ebenfalls fahrerlosen
Val-Systems erscheint dagegen eher ungewohnt: Die elektrisch angetriebenen
Fahrzeuge fahren zwar spurgeführt auf
einem eigenen Fahrweg, sind aber auf
Gummireifen unterwegs. Das bringt einige Vorteile. Val-Züge können besonders gut Steigungen überwinden und
sind in engen Kurven deutlich leiser als
Schienenfahrzeuge. Andererseits ermöglichen Gummireifen auch einen punktgenauen Halt in den Stationen. Das ist
besonders wichtig, denn die Bahnsteige
sind – wie auch bei anderen fahrerlosen
Bahnsystemen üblich – vom Fahrweg
durch Sicherheitstüren getrennt, die
sich erst nach Halt eines Zuges öffnen
und vor der Abfahrt wieder schließen.
Derzeit baut Siemens ein Val-System
in der koreanischen Stadt Uijeongbu.
Und für Ende 2018 ist die Eröffnung der
zweiten U-Bahn-Strecke in Rennes ge-
plant: Jeder der Cityval-Zweiwagenzüge
bietet Platz für bis zu hundert Passagiere. In der Rush-Hour können die Züge
im 150-Sekunden-Takt, bei Bedarf auch
mit noch kürzeren Zugfolgezeiten fahren. Die Kapazität ist für 4.000 Fahrgäste
pro Stunde und Richtung ausgelegt und
kann auf bis zu 15.000 Personen gesteigert werden.
Auch bei der Bahn steht Automatisierung zunehmend im Fokus, allerdings
vor allem aus Gründen der Sicherheit.
Denn je höher die Reisegeschwindigkeiten werden, desto weniger ist ein Fahrzeugführer in der Lage, rechtzeitig zu
reagieren. So verzögert die sogenannte
Schrecksekunde bei Hochgeschwindigkeitsfahrten den Bremsvorgang dramatisch. Außerdem haben moderne Hochgeschwindigkeitszüge Bremswege, die
für einen Autofahrer jenseits aller Vorstellung liegen. Ein ICE3-Triebzug, der
mit 300 km/h unterwegs ist, kommt
selbst bei einer Vollbremsung mit allen
verfügbaren Bremssystemen erst nach
rund 2,8 Kilometern zum Stehen.
Abhilfe kann hier das von Siemens
maßgeblich mitdefinierte Verkehrssicherungssystem ETCS schaffen, das in
Europa grenzüberschreitend für Sicherheit sorgen soll. Das Prinzip ist vergleichbar mit Systemen im Nahverkehr:
Auch ETCS kennt alle Daten über die Strecke, einschließlich der Steigungen und
zulässigen Höchstgeschwindigkeiten. Es
prüft ständig, ob der Zug mit der erlaubten Geschwindigkeit in die vorgesehene
Richtung fährt, und überwacht die Einhaltung von Langsamfahrten bei Baustellen oder in Bahnhöfen. Allerdings
hat das transeuropäische Schienennetz
eine Gesamtlänge von knapp 100.000
Kilometern – da ist mit einem flächendeckenden Ausbau höchstens langfristig
zu rechnen.
■
Mehr Infos
■ siemens.com/mobility
hi!tech 02|11
48 ■ 49
hi!touch
hi!biz
hi!school
Ökologischer Fußabdr uck
hi!life
WASSER UND WÄLDER SIND
GEFÄHRDET. Der ökologische
Fußabdruck des Menschen
übersteigt die natürliche Rohstoffproduktion der Erde um
50 Prozent – Tendenz steigend.
Es wird eng
Der Mensch verbraucht
mehr Rohstoffe und
natürliche Ressourcen,
als die Erde dauerhaft
liefern kann. Darunter
leidet die Regenerationsfähigkeit des Planeten. Natürliche Umweltleistungen wie
die Klimaregulierung durch CO₂-Aufnahme oder die Schutzfunktion des Waldes vor Erosion und Überflutungen durch
Baumbestand gehen zunehmend verloren. Immer mehr Tier- und Pflanzenarten sterben aus. Der „Living Planet Report
2010“ des World Wide Fund for Nature
(WWF) verdeutlicht diese Entwicklungen
anhand von drei Indikatoren: dem ökologischen Fußabdruck des Menschen,
dem Wasser-Fußabdruck der Produktion
und dem Living Planet Index (LPI).
Derzeit übersteigt der ökologische
Fußabdruck des Menschen die natürliche
Rohstoffproduktion der Erde um 50 Prozent. Der Mensch verbraucht also permanent 1,5-mal so viele Rohstoffe, wie
die Erde herstellen kann. Entsprechend
wichtig ist es, ihre Regenerationsfähigkeit zu wahren – ja, sie zu erhöhen. Doch
das Gegenteil ist der Fall. Verantwortlich
hierfür ist vor allem der sogenannte
CO₂-Fußabdruck der Menschheit, der
mit rund der Hälfte in die Berechnung
des ökologischen Fußabdrucks einfließt.
Er wird an der Menge des Waldes gemessen, die rechnerisch nötig wäre, um das
ausgestoßene CO₂ aufzunehmen. Diese
theoretisch benötigte Waldfläche hat
sich seit 1961 um das Elffache und seit
Industry Journal, Elisabeth Dokaupil
1998 um rund ein Drittel erhöht. Doch
statt massiv aufzuforsten, nimmt die
Menschheit der Erde immer mehr Waldfläche weg, für Baustoffe, als Lebensraum, für Landwirtschaft, Verkehrsflächen und zur Energiegewinnung: 13
Millionen Hektar Wald gingen zwischen
2000 und 2010 jährlich verloren.
In den Wäldern leben fast 90 Prozent
aller Landlebewesen. Doch nicht nur für
diese Tierarten hat der Rückgang von
Waldflächen dramatische Folgen. Vor
allem leidet darunter mehr als eine Milliarde in Armut lebende Menschen, die
laut einer Erhebung der Weltbank unmittelbar auf die Wälder in ihrer Umgebung angewiesen sind – zum Beispiel
als Lieferant für Brenn- und Baustoff
oder als Erwerbsquelle durch Tourismus. Die Autoren der Studie empfehlen
daher, die Aufforstungsflächen für Wälder und Plantagen zu erhöhen.
Deutliche Spuren hinterlässt der
Mensch auch in der Meeresfischerei: Die
global steigende Nachfrage nach Fisch
und Fischprodukten führt zu massiver
Überfischung. Verantwortlich dafür sind
der Einsatz von Fangmethoden mit großen Mengen an Beifang, der weggeworfen wird, und staatliche Subventionen
für den Fang gefährdeter Fischbestände.
Rund 80 Prozent der kommerziell genutzten Fischarten gelten inzwischen als
bedroht.
Dazu kommt, dass die Ökosysteme
der Erde von verschiedenen Ländern
sehr unterschiedlich in Anspruch genommen werden. Würde etwa jeder
Mensch ähnlich extensiv leben wie ein
Durchschnittsbürger der USA oder der
Vereinigten Arabischen Emirate, bräuchte die Erdbevölkerung vier Erden, um
ihren Rohstoffbedarf zu decken.
deck
de
cken
en. 2007
20 verie 31 ve
v
rgle
rg
leic
i hsweise
ic
ursachten allein die
vergleichsweise
ECDD-St
Sta
aaten
n fa
fast
st 4
40 Prowohlhabenden OECD-Staaten
ische
hen
n Fu
Fußa
ß bd
bdru
ruck
cks.
s. IIm
m
zent des ökologischen
Fußabdrucks.
uh
hatte
en di
die
e Lä
Länd
nderr S
üdüd
Gegensatz dazu
hatten
Länder
Südam
m mit
mit den
de Staaten
Staate
St
en
ostasiens gemeinsam
eil v
von
on z
wölf
wö
lf
Afrikas lediglich einen Ante
Anteil
zwölf
ck
Prozent am globalen Fußabdruck.
die
e
Der Wasser-Fußabdruck umfasst die
Gesamtmenge an Trinkwasser, die die
Bevölkerung eines Landes für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen benötigt. 45 Länder können bereits
jetzt ihren Süßwasserverbrauch nicht
mehr mit den eigenen Reserven decken.
Dazu gehören Indien, China, Israel oder
Marokko. Weitere 71 Länder werden in
Kürze dazustoßen. Die Folge: ein weltweit zunehmender Trinkwassermangel.
Simon Rawles/WWF-Canon, Robert Delfs/WWF-Canon, Getty/Jupiterimages
Ein weiteres Problem ist die zunehmende Wasserverschmutzung: Täglich
gelangen 2,5 Millionen Tonnen Schmutzund Abwässer ungefiltert in Flüsse und
Seen. Be
esonders dramatisch ist die Lage
Besonders
in den
n E
ntwicklungsländern, wo la
Entwicklungsländern,
laut
einer UN-Studie 2009 rund 70 Proz
Prozent
der unbehandelten Industrieabfäll
Industrieabfälle in
wässer geflossen sind.
Gewässer
ick
cklung so weit
Wenn die Entwi
Entwicklung
weiterläuft,
hr 2
203
0 0 die R
werden wir im Jahr
2030
Rohstoffwei Erden beproduktionsmenge von z
zwei
nötigen, um den heutigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Immer mehr
Menschen müsst
sten
en dann mit immer
müssten
weniger natürlich
natürlichen Ressourcen auskommen.
Die größte Herausforderung
H
für die
Menschheit dü
dürfte, so der Report, jedoch
in der Reduz
Reduzierung ihres CO₂-Ausstoßes
liegen. Der WWF geht davon aus, dass
eine Verso
Versorgung aller Menschen mit sauberer ern
erneuerbarer Energie möglich und
nötig is
ist. Außerdem seien mehr Investitionen in energieeffiziente Gebäude und
ener
energiesparende Verkehrssysteme erforder
derlich. Unumgänglich ist auch die Verw
wendung von Biokraftstoffen anstelle
ffossiler Brennstoffe wie Kohle oder Öl.
Allerdings wären nach Berechnungen
des WWF etwa 200 Millionen Hektar
zusätzliche Waldfläche nötig, um allein
den zukünftigen Energiebedarf des
Menschen vollständig aus Biokraftstoffen zu decken – das ist eine Fläche von
der Größe Grönlands.
■
Mehr Infos
■ siemens.com/sustainability
■ siemens.com/water
■ www.siemens.com/industryjournal
Nachhaltiges
Wachstum
Ernst Ulrich von
Weizsäcker hat
zusammen mit
Karlson Hargroves
und Michael Smith
ein neues Standardwerk verfasst.
Mit „Faktor vier“ hat von Weizsäcker
in den neunziger Jahren das Konzept eines neuen Wirtschaftens entwickelt, das Umwelt- und Ressourcenschutz in Einklang bringt. Mit
„Faktor fünf“ zeigen nun die Autoren, wie sich in allen Wirtschaftssektoren Ressourcenverbrauch
und Kohlendioxidausstoß um gut
80 Prozent verringern lassen.
WEIZSÄCKER,
HARGROVES,
SMITH:
„ Faktor fünf – Die
Formel für nachhaltiges Wachstum“
hi!tech 02|11
50 ■ 51
hi!touch
hi!biz
hi!school
Bücher
hi!life
Von faszinierenden Bergbildern, Facebook und seinen Folgen,
dem Problemlöser Technik und kindgerechtem Messen
hi!tech Leseraum
KURT STÜWE, RUEDI HOMBERGER
DIE GEOLOGIE DER ALPEN
AUS DER LUFT
In hundert Flugstunden haben Kurt
Stüwe und Ruedi Homberger mehr als
4.000 Bilder von den Alpen gemacht –
dreihundert haben es in diesen außergewöhnlichen Bildband geschafft, der
für Wissenschaftler und Naturfreunde
gleichermaßen interessant ist. Immerhin bestand das Autorenteam aus zwei
anerkannten Experten. Kurt Stüwe ist
Professor für Geologie an der Universität Graz und Ruedi Homberger einer
der bekanntesten Schweizer Alpinfotografen. Gemeinsam haben sie es
geschafft, die Schönheit des in vielen
komplizierten Faltprozessen entstandenen Gebirges zu vermitteln und
Geologen zusätzliche Informationen
für ihre Arbeit an den – noch nicht zur
Gänze erforschten – Alpen zu liefern.
Weishaupt Verlag, 56,40 Euro
Sabine Nebenführ
D A V I D K I R K P AT R I C K
WILLI FUCHS
DER FACEBOOK-EFFEKT
WACHSEN OHNE WACHSTUM
Mark Zuckerberg selbst
gab dem Autor einen
Einblick in das Phänomen Facebook. David
Kirkpatrick hat sich
damit sicher nicht
begnügt. In diesem
spannenden, fast wie
ein Roman geschriebenen Buch gibt er nicht
nur einen Überblick über die Geschichte
von Facebook, sondern berichtet auch offen
über die Datenschutzprobleme, die sich
aus dem Geschäftsmodell ergeben. Er analysiert außerdem, welche Auswirkungen das
soziale Netzwerk auf die Gesellschaft hat.
Hanser, 24,90 Euro
Die großen Herausforderungen Klimawandel,
Energie- und Ressourcenknappheit lassen
sich nur von und mit
Technik lösen. Das ist
die Kernaussage des
Buches. Es muss aber
nachhaltige Technik sein – und für ihre Entwicklung sind hochqualifizierte Ingenieure
notwendig. Davon werden wir nur genug
haben, wenn wir massiv in Bildung investieren – in dem Bewusstsein, dass Technik
nicht nur gut für den Export, sondern auch
für unseren Komfort und Wohlstand ist.
Hanser, 19,90 Euro
M I R E I A T R I U S , Ò S C A R J U LV E
MICHAEL GROSS
31 ELEFANTEN ODER
WIE LANG SIND 100 METER?
9 MILLIONEN FAHRRÄDER
AM RANDE DES UNIVERSUMS
Länge, Höhe, Breite,
Fläche, Gewicht,
Temperatur, Zeit –
dafür haben wir
Maße. Doch was
ist eigentlich einen
Millimeter lang, wie
viel Zeit brauchen
wir für verschiedene Tätigkeiten, und was
wiegt eine Tonne? Selbst Erwachsene können sich darunter schwer etwas vorstellen.
Dieses Buch macht es leicht, Kindern die
Maßeinheiten nahezubringen. Und für uns
ist es zumindest unterhaltsam zu wissen,
dass ein Weißer Hai und ein kleiner Elefant
eine Tonne wiegen. Knesebeck, 16,95 Euro
Michael Groß, Chemiker und Wissenschaftsjournalist, schafft es
immer wieder, mit
scheinbar unwissenschaftlichen Themen
Fachwissen zu vermitteln. Das vorliegende
Buch ist eine Sammlung seiner Kommentare der vergangenen
zehn Jahre. Eine Anleitung zum Mogeln,
Moleküle und Marketing und was 9 Millionen Fahrräder mit dem Ende der Welt zu
tun haben sind Themen, mit denen sich
Groß absolut unterhaltsam beschäftigt.
Wiley-VCH, 24,90 Euro
hi!tech 02|11
52
strom macht mobil
Autos, die uns weiterbringen.
Selbst wenn sie in der Garage stehen.
Siemens bereitet heute den Weg für Elektromobilität und die Stromnetze von morgen.
Das erste Elektroauto von Siemens hieß „Elektrische
Viktoria“, hatte eine Reichweite von 80 km pro Batterieladung und fuhr bereits 1905 als elegantes Hoteltaxi
durch die Straßen Berlins. Auch heute leisten wir wieder
Pionierarbeit – mit nachhaltigen Lösungen für ein neues
Energiezeitalter. Denn das Auto der Zukunft tankt nicht
nur Strom aus Wind und Sonne, es trägt auch als mobiler
Energiespeicher zu einer umweltschonenden Energieversorgung bei. Und das sogar dann, wenn es mal nicht
gefahren wird.
www.siemens.at/elektromobilitaet
ÜBER SALZBURGS DÄCHERN
schwebt die neue Festungsbahn bei der Montage. Nach
der Modernisierung verfügt die Bahn nicht nur über eine
moderne Antriebs- und Automatisierungstechnik von
Siemens, sie kann auch mehr Passagiere befördern.
siemens.at/alpine
New s-Snack
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII
IIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll
GREEN EMOTION
MARIAZELLERBAHN
STRAHLENTHERAPIE
Für einheitliche
Prozesse, Standards und ITLösungen soll die
EU-Initiative zur
Förderung der Elektromobilität
„Green eMotion“ sorgen, an der
auch Siemens beteiligt ist. Ziel
ist u. a. ein grenzüberschreitender
Zugang zur Ladeinfrastruktur.
www.greenemotion-project.eu
Vor 100 Jahren wurde die Mariazellerbahn elektrisch. Von der
Elektrifizierung profitierte die
gesamte Region. Das elektrische
Innenleben der Loks und die
Mechanik sind Siemens-Technik.
siemens.com/mobility
Mit MedAustron entsteht in Wiener
Neustadt bis 2015 eines der modernsten Strahlentherapiezentren
Österreichs, das sich auf die Behandlung von Krebs mittels Ionenstrahlung konzentriert. Kernbetriebssystem des Teilchenbeschleunigers ist eine von ETM (Siemens)
entwickelte Prozessvisualisierungs- und Steuerungslösung.
www.medaustron-research.at
Ursula Grablechner
Siemens
Christina Lehner
PRODUKTION IM GRIFF
Autohersteller wie Aston Martin
müssen die steigende Komplexität in allen Systemen eines
Wagens beherrschen können.
So stellen sie Qualität und rasche
Markteinführung sicher. SiemensPLM-Software hilft dabei.
siemens.com/plm
News
Handfläche zum Leser halten – das Venenmuster garantiert eindeutige Identifikation.
H a n d ve n e n - S c a n
Biometrie sichert
den Zutritt
Zur Sicherung von Gebäuden und Objekten wird Biometrie künftig immer wichtiger. Unter den derzeit am Markt befindlichen biometrischen Lösungen bringt
die Identifizierung über die Handflächenvenen die höchste Genauigkeit und Sicherheit. Die Blutgefäßmuster sind bei
jedem Menschen anders und ändern sich
zeitlebens nicht. Weil diese Gefäßmuster
unsichtbar unter der Haut liegen, können sie nicht durch Fotografie oder Fäl-
schung gestohlen werden. Das Venenmuster der Handinnenfläche wird per
Infrarotkamera aufgenommen und in
einer Datenbank abgespeichert. Hält der
Anwender seine Hand vor den Leser, sendet der integrierte Sensor über LEDs
eine Nahinfrarotstrahlung an die Hand.
Das sauerstoffarme Blut absorbiert diese, ein Venenbild wird aufgenommen
und zur Identifizierung verglichen.
www.siemens.com/biometrics
Umwe l t z e r t i f i z i e r u n g
LEED in Gold für
Siemens City
Nach dem Green Building Certificate der
Europäischen Kommission erhielt die
Siemens City in Wien-Floridsdorf nun
als erstes Bürogebäude dieser Art auch
das Gold-Zertifikat des U.S. Green Building Council. Das LEED-Zertifikat (Leadership in Energy and Environmental
Studie
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII
IIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll
Wir brauchen immer mehr Erden
+BOVBS
hi!life
"VHVTU
%F[FNCFS
IM JAHR 1976 konnte die Erde jährlich noch so viel nachwachsende Ressourcen produzieren, wie die Menschheit benötigte. Seither brauchen wir systematisch die über Jahrtausende entstandenen Reserven auf. Heuer müssten wir im August aufhören, natürliche
Ressourcen zu verbrauchen, wenn wir nachhaltig wirtschaften würden.
Nachhaltigkeit brachte der Siemens City
überdurchschnittliche Bewertung.
Design) wird an Gebäude vergeben, die
schon in der Bauphase und im laufenden
Betrieb klimafreundliche Technologien
einsetzen, um Treibhausgase zu reduzieren. Bürogebäude werden nach den Kriterien Grundstücksauswahl, Einsatz von
Wasserressourcen, Energie und Klima,
Materialien- und Ressourcenverwertung
sowie Innenraumqualität beurteilt.
siemens.com/buildings
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlllllllllllllllllllll
Smar t Gr id
»Wir arbeiten an
der konkreten
Umsetzung von
Smart Grids in der
Praxis und haben
immer das ganze
Modell im Auge.«
DI MICHAEL
STREBL
Geschäftsführer
der Salzburg
Netz GmbH
hi!tech 02|11
54 ■ 55
GUT GELEITET. Direkt zum Parkhaus (in Budapest); im Parkhaus ohne zu suchen zum Parkplatz (Flughafen München).
Der kurze Weg zur Lücke
Der Parkraum in den
Städten ist extrem
knapp, Parken wird immer
häufiger zum Abenteuer.
Aktuelle Erhebungen belegen, dass bereits an normalen Tagen bis zu 40 Prozent
des innerstädtischen Verkehrs auf der
Suche nach einem Parkplatz entstehen,
vor Feiertagen sind es deutlich mehr.
Doch diese Verkehrsströme lassen sich
spürbar reduzieren: Informiert man die
Besucher an strategisch günstigen Punkten der Einfallstraßen über die Belegung
von Parkhäusern, die besten Anfahrtsrouten und Möglichkeiten zum direkten
Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel, folgen sie den Ratschlägen.
Ungarns Hauptstadt Budapest setzt
auf ein Siemens-Parkleitssystem. Es erfasst die Belegung von Parkplätzen und
Parkgaragen und übergibt diese Informationen an Hinweistafeln im Straßenraum sowie an weitere Leitsysteme. Dank
offener Schnittstellenarchitektur lassen
sich außer- und innerstädtische Verkehrssysteme problemlos miteinander
verknüpfen. Dann ist für die Autofahrer
noch mehr Komfort möglich, denn die
datentechnische Vernetzung der Verkehrssysteme erlaubt in Kombination
mit der Internettechnologie völlig neue
como, Elisabeth Dokaupil
Siemens
Anwendungen. So stellen immer mehr
Kommunen aktuelle Verkehrsinformationen zeitnah per Internet zur Verfügung. Wer diese Seiten mit einem Smartphone oder Navigationssystem nutzt,
kann gleich den kürzesten Weg zum freien Parkplatz wählen. Ist das Parkhaus
mit einer Einzelstellplatzüberwachung
ausgerüstet, lässt sich sogar die Internetreservierung eines bestimmten Stellplatzes realisieren. Damit ist der direkte
Weg zur Parklücke Realität.
Parkraumbewirtschaftung ist nicht
nur eine zuverlässige Einkommensquelle in Zeiten leerer Kassen, sondern zugleich ein Instrument der Verkehrsregulierung, also auch ein probates Mittel gegen zugeparkte Straßen. Moderne
Automaten nehmen auch elektronische
Geldkarten an und drucken einen Parkschein als Quittung. In mehr als zwanzig
Ländern der Welt, von Kanada bis Oman,
sind heute mehr als 20.000 Parkschein-
ELEKTROAUTO. Parken, Batterie laden
und Informationen bei einer Säule.
automaten von Siemens in Betrieb.
Wenn Parkscheinautomaten ihren Strom
über Solarpanels selbst erzeugen, spart
die Stadt Energie- und Kabelverlegungskosten.
Aber auch andere Bewirtschaftungskonzepte werden unterstützt. So kann die
Parkgebühr für einen festen Stellplatz
entrichtet werden, wie es in der Schweiz
oder Nordamerika häufig ist. Für Elektrofahrzeuge lassen sich die Funktionen
Parken, Laden und Informieren in Zukunft in einem Gehäuse vereinen. In
Parkhäusern und auf abgeschlossenen
Parkflächen müssen die Systeme aber
noch mehr können. Ein- und Ausfahrtkontrollgeräte sowie Kassenautomaten
müssen installiert werden.
Im Münchner Flughafen ist mit mehr
als 15.000 Stellplätzen das weltweit
größte Parkhausleitsystem installiert.
Besucher werden schnell und direkt zum
nächsten freien Parkplatz geleitet. Es lassen sich auch definierte Parkbereiche
bestimmten Kundenkreisen zuordnen,
etwa eine Mutter-und-Kind-Zone oder
ein Vielfliegerbereich. Am Flughafen
Domodedovo in Moskau werden bei der
Einfahrt automatisch die Nummernschilder der Fahrzeuge erfasst und dem
Parkschein zugeordnet. So ist Fahrzeugdiebstahl praktisch ausgeschlossen. ■
Mehr Infos
■ siemens.com/mobility
cover
hi!biz
hi!school
News
hi!life
Wie auf Schienen
DESIRO ML. Komfort, Barrierefreiheit
Zuverlässig, komfortabel, wirtschaftlich,
umweltfreundlich: Die
Wunschliste der Bahnbe-
und Sicherheit für die Fahrgäste.
treiber bei der Investition in
neue Züge ist umfangreich.
In Zeiten steigenden Kostendrucks sollten Züge vom ersten Tag an
reibungslos einsatzfähig sein. Der Desiro
kann auf eine 99prozentige Verfügbarkeit verweisen und bietet den Fahrgästen
jede Menge Komfort. Dank zukunftsweisendem Design, großflächiger Beleuchtung und zeitlosem Farbkonzept entsteht
eine freundliche, offene Atmosphäre.
Ein wesentliches Element ist auch das
niveaugleiche Ein- und Aussteigen sowie
die barrierefreie Erreichbarkeit aller
Sonderbereiche wie Mehrzweckabteile
und Toiletten. Auch die Breite der Türen
und Durchgangsbereiche ist von großer
Bedeutung, insbesondere bei Nahverkehrszügen. Denn hier kommt es auch
auf den raschen Passagierwechsel an.
Reisende mit Handicap können sich
im Desiro ML ohne Probleme fortbewegen. So bietet der Endwagen neben barrierefreien ebenen Zugängen eine behindertengerechte Toilette und mehrere
großzügige Rollstuhlplätze.
Wohlfühlen heißt auch sicher sein.
Offene Durchgangsbereiche und eine
gute Durchsicht innerhalb des Zugs
erhöhen das Sicherheitsgefühl. Durch
eine zusätzliche Videoüberwachung des
Fahrgastraums kann die Sicherheit weiter erhöht werden. Im ohnehin sehr
sicheren System Bahn werden Fahrgäste
wie Personal durch energieabsorbierende Crash-Elemente zusätzlich geschützt.
Fahrgäste fühlen sich in modernen, hellen und weitläufigen Zügen am wohlsten. Dafür sorgt der großzügige Innenraum mit Blick durch den ganzen Zug.
Ermöglicht wurde dies nicht zuletzt
dadurch, dass fast alle größeren technischen Fahrzeugkomponenten am Dach
des Zugs angeordnet wurden. Modernes
Informationsmanagement wie elektronische Zugzielanzeigen und Lautsprecherdurchsagen trägt ebenfalls zum Komfort
bei. Auch hier zählen Einrichtungen für
mobilitätseingeschränkte Personen von
Anfang an zur Standardausrüstung.
Der Desiro ML nimmt es mit jeder
Menge Fahrgästen auf. Er lässt sich leicht
und schnell an das aktuelle Fahrgastaufkommen anpassen. Denn der Zug ist
als Einzelwagenzug mit einstellbaren
Mittelwagen konzipiert, und die Zugkonfiguration kann einfach verändert
werden. Mittelwagen lassen sich bei
Bedarf im Depot ein- und ausstellen.
Mit insgesamt wenigen, größtenteils
am Zugsdach installierten Komponenten spart der Einzelwagenzug Zeit und
Kosten bei Wartung ebenso wie bei Instandhaltung. Er bleibt selbst bei Höchstlast und mit deutlich längeren Einzelwagen unter 17 Tonnen Achslast. Das bedeutet zusammen mit einem sehr kurzen
Drehgestellachsstand im Vergleich zu
Gliederzügen weniger Verschleiß.
■
Mehr Infos
■ siemens.com/mobility
hi!tech 02|11
56 ■ 57
DIE SKYLINE VON ISTANBUL
zeigt, dass die Vereinigung von
Tradition und Moderne hier
gelungen ist.
Brücke zwischen Europa
In Istanbul geht die
Sonne auf. Sie spiegelt
sich im Bosporus wider
und taucht das Wasser
der Meerenge zwischen dem
Marmara- und dem Schwarzen Meer in ein goldgelbes
Licht. Am Taxistand warten
Elisabeth Meixner, Siemens Welt
zahlreiche Fahrer auf ihre frühen Gäste.
Einsteigen kann man hier, wo man sich
gut aufgehoben fühlt. Eine Reihenfolge
gibt es nicht. Ein Fahrer fragt in akzentfreiem Deutsch: „Woher kommen Sie?“
Er hat in Österreich gearbeitet und gelebt
– aber er wollte zurück in die Heimat.
Geschickt winden sich die Taxis durch die
häufig verstopften Straßen Istanbuls. Am
Ende der Asien-Brücke erwartet die Besucher ein Schild: „Avrupa – hos geldiniz.
Willkommen in Europa“. Die größte Stadt
Daryl Benson/Getty Images
der Türkei verbindet Europa mit Asien.
Einst Hauptstadt zweier Weltreiche, sieht
sie Oberbürgermeister Kadir Topbaş heute im Wettbewerb zu globalen Zentren wie
Paris, London oder Tokio. Um hier zu bestehen, sind große gesellschaftliche und
infrastrukturelle Herausforderungen zu
bewältigen.
Eine zentrale Herausforderung ist der
Verkehr. Mit rund 500 Buslinien ist IETT
einer der größten Betreiber eines öffentlichen Verkehrsmittels in der Türkei. Die
cover
hi!biz
hi!school
Stadtportrait
hi!life
und Asien
grünen Linienbusse sind in ganz Istanbul
unterwegs, außer in alten Stadtvierteln,
wo es kein Durchkommen für Öffis gibt.
Wer die Reise mit Istanbuls einziger Straßenbahnlinie auf sich nimmt, muss Menschenmassen gewöhnt sein. Die Bahn
ist vor allem zu den Stoßzeiten überfüllt,
da sie Wohngebiete mit Verkehrsknotenpunkten und Fähranlegestellen verbindet.
Das gesamte Schienennetz von Straßenbahnen und Metros ist in Istanbul mit
79 Kilometern noch vergleichsweise kurz.
Die Istanbuler U-Bahn zählt allerdings zu
den modernsten Europas. Sie ist mit Leittechnik von Siemens ausgestattet.
Ein erheblicher Teil des öffentlichen
Verkehrs spielt sich in Istanbul auf dem
Wasser ab. Die weltweit größte Fährenreederei IDO (Istanbul Deniz Otobüsleri)
transportiert täglich mehr als 250.000
Menschen, das sind rund 100 Millionen
Passagiere pro Jahr. Die neueste Generation der Fähren nutzt dieselelektrische
Antriebssysteme von Siemens. In diesem
Fall treiben die Dieselmotoren Generatoren an, die den Strom für den Elektromotor des Antriebs und die elektrischen
Verbraucher an Bord liefern. Das spart
Treibstoff und ist umweltfreundlicher.
Ein wichtiges Rückgrat des öffentlichen
Verkehrs sind die Dolmus-Fahrer. In den
berühmten Minibussen sitzen immer weit
mehr Personen als erlaubt. Die Lösung
heißt eng zusammenrücken. Das ist in der
Stadt mit offiziell 13 Millionen Einwohnern (und inoffiziell zwischen 18 und 22)
hi!tech 02|11
58 ■ 59
cover
hi!biz
hi!school
hi!life
Stadtportrait
DER ÖFFENTLICHE VERKEHR in Istanbul
stützt sich vor allem auf Busse und Fähren.
Eine Straßenbahnlinie verbindet Wohngebiete mit Verkehrsknotenpunkten. In den
nächsten Jahren ist ein Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel geplant.
auf einer Fläche von rund 1.800 Quadratkilometern tägliche Übung. Und Istanbul
will weiter wachsen. „Ich wünsche mir das
auch, aber mit mehr grünem Touch“, betont Hüseyin Gelis, CEO von Siemens Türkei, der nachhaltige Entwicklung als eines
der großen Themen in der Türkei sieht.
Und Istanbul ist auch bereit, in seine Zukunft zu investieren. Bis zum Jahr 2023,
zum 100. Jubiläum der Republik, soll es
stadtweit mehr als 600 Schienenkilometer
geben. Allein in den vergangenen Jahren
wurden rund 11,7 Milliarden Dollar in
den Ausbau des Transport- und Verkehrssystems investiert. „Wir müssen heute die
Probleme lösen, die durch eine ungeplante Stadtentwicklung in der Vergangenheit
verursacht wurden“, weiß Oberbürgermeister Kadir Topbaş und arbeitet an der
Zukunft: „Der Umbau Istanbuls in ein
übersichtliches globales Zentrum, in dem
Lebens- und Umweltbedingungen im Einklang sind, läuft auf Hochtouren.“
Die riesige Stadt vereinigt faszinierende
historische Stadtteile mit modernen, die
an Singapur erinnern, und wenig entwickelten, wie sie in Schwellenländern vorkommen. Auf einem der Hügel der Stadt
thronen die Trump Towers, zwei 158 Meter
hohe Türme mit Büros, Wohnungen und
einem 70.000 Quadratmeter großen Einkaufszentrum. Siemens-Technik sichert
hier die Strom- und Wasserversorgung.
Das ist deshalb wichtig, weil diese Services
moderner Großstädte in Istanbul nicht
überall und immer sichergestellt sind.
Noch werden auch vorhandene alternative
Energiequellen nicht genutzt. „Zwei der
größten Unterwasserströmungen laufen
direkt an der Stadt vorbei und stünden als
Energiequelle zur Verfügung“, so Gelis.
Eines der alten Viertel ist Tarlabaşı.
Geprägt von griechischen Einwanderern,
sind die Häuser hier farbenfroh, die Einwohner immer noch mehrheitlich Migranten, die Mieten niedrig. Schließlich
sind viele Häuser auch reparaturbedürftig, nicht jeder Einwohner genießt den
Komfort von Strom und fließendem Wasser. Tarlabaşı war lange ein Brennpunkt
sozialer Probleme, beherrscht von Kriminalität. Doch nun bemühen sich Politiker
und lokale Unternehmer, die Lebensqualität wieder zu steigern. In einigen Jahren wird es vielleicht schick sein, hier zu
wohnen. Gentrifizierung, made in Istanbul?
Elisabeth Meixner, Siemens Welt, Industry Journal
BASAR. Traditionelle orientalische Welt.
Nur zehn Gehminuten von Tarlabaşı
entfernt erstreckt sich mit der İstiklal Caddesi, der Unabhängigkeitsstraße, eine der
attraktiven Einkaufsstraßen Istanbuls, wo
sich die Jugend trifft – und davon hat
die Stadt viel. Europäische und amerikanische Markenboutiquen reihen sich
aneinander – wie in allen Metropolen der
Welt. Rund um die İstiklal haben sich
Künstler angesiedelt, Galerien schießen
aus dem Boden. Junge Türkinnen und
Türken tanzen in den Nächten in Clubs
über den Dächern der Stadt. In den kleinen Seitengassen wird traditionelle türkische Musik gespielt. Die türkische Lebens-
Glowimages/Getty Images, Sepp Spiegl/vario images/picturedesk.com
Lebensraum mit Zukunft
Im Jahr 2050 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung in Metropolen leben. Das wären mehr als sechs Milliarden Menschen.
freude ist hier besonders intensiv zu
spüren.
Genauso am Puls der Zeit, nur ungleich
ruhiger und luxuriöser lebt es sich in
Bebek, einem Stadtteil am Bosporus. Hier
wohnt man in Villen am Wasser, fährt
große Autos. Frauen und Männer sind
schick und teuer gekleidet. In den exklusiven Cafés und Lokalen wird mit Smartphones und Laptop hantiert. Man trifft vor
allem geschäftige Manager und Jungunternehmer, die es mit einer Idee zu Erfolg
gebracht haben. Hier gibt es kaum Anzeichen, dass man sich in einem muslimisch
geprägten Land befindet. Doch die traditionelle orientalische Welt ist hier genauso
präsent, besonders deutlich zeigt sie sich
zum Beispiel im Basar.
Basare haben in dieser Welt Tradition.
Man findet sie meist in Wohngebieten,
abseits der Touristenströme. Der Besuch
eines türkischen Marktes mit Obst- und
Gemüsehändlern ist eine Erfahrung für
alle Sinne. Eine Duftwolke von den Gewürzen hängt über den Ständen, überall kann
gekostet werden. Verkaufen ist hier fast
ausschließlich Männersache. Frauen kommen zum Einkaufen in traditioneller muslimischer Kleidung. Hier werden religiöse
Werte und klassische Rollenverteilung im
Alltag gelebt.
Weltoffen, wirtschaftlich erfolgreich,
liberal, jung, voll Lebensfreude oder national, religiös, traditionell, orientalisch?
Was ist Istanbul? Vom Galata-Turm eröffnet sich der Blick über die Stadt, auf die
Istanbuler Skyline, durchzogen von Baukränen, mit vielen modernen Büro- und
Wohngebäuden, dazwischen die Minarette der zahlreichen Moscheen . Hier
bekommt man das Gefühl, dass die Verbindung von Tradition und Moderne in
Istanbul bereits gelungen ist.
■
„Die Herausforderung für nachhaltige
Stadtkonzepte liegt darin, den Einwohnern
eine Infrastruktur für einen CO₂-neutralen
Lebensstil zu bieten und gleichzeitig eine
Industrie aufzubauen, die wettbewerbsfähige Green-Tech-Lösungen für den Weltmarkt produziert“, betont Gregor Harter,
Partner der internationalen Unternehmensberatung Booz & Company.
Viele der notwendigen Technologien
gibt es schon. So zeigt die Studie „Sustainable Urban Infrastructure – London“, die
Siemens mit McKinsey erstellt hat, dass
beispielsweise London bis zum Jahr 2025
durch den Einsatz bereits verfügbarer
Technologien 20 Megatonnen CO₂ einsparen könnte. 70 Prozent des Einsparpotenzials könnte mit Technologien realisiert
werden, die sich durch Energieeinsparungen selbst finanzieren. Insgesamt 200
technische Möglichkeiten identifizierten
die Experten für London.
Meilensteine für die Entwicklung von
Megacitys könnte die Arbeit von Wu Zhiqiang in Kooperation mit Siemens setzen.
Der Vizepräsident der Shanghaier TongjiUniversität und Leiter des Tongji College
of Architecture and Urban Planning gilt als
einer der renommiertesten Städteplaner
Chinas. Mit Siemens sollen Eco-City-Modelle entwickelt werden, mit denen sich
neue Städte von vornherein so autark wie
möglich, ökologisch überzeugend und in
hohem Maß lebenswert gestalten lassen.
Die neuen Eco-City-Modelle sollen aber
auch kosteneffizient und auf verschiedene
Städte übertragbar sein.
In der Nähe der Jangtse-Mündung entsteht bereits eine nachhaltige Stadt für
mehr als 700.000 Menschen – mit viel
Wasser und reichlich Erholungszonen, vergleichbar mit vielen europäischen Metropolen. In Doha, Hauptstadt des Emirats
Katar, wird derzeit die fast 8,5 Kilometer
lange Barwa Commercial Avenue gebaut.
Auf einer Fläche von rund 940.000 Quadratmetern sollen im Sommer 2012 etwa
600 Luxusläden und Komfortbüros sowie
800 hochklassige Wohneinheiten bezugsfertig sein. Höchste Nachhaltigkeitsstandards garantieren hohe Energieeffizienz
und Lebensqualität. In der rheinischen
Metropole Köln entsteht mit WiddersdorfSüd ein völlig neuer Stadtteil für mehr
als 3.000 Menschen. Auch hier haben die
Bauherren von Anfang an Ökologie, Ressourcenschutz und zukunftsweisender Infrastruktur höchste Priorität eingeräumt.
Siemens sieht die wachsenden Städte
als eine seiner wichtigsten Zielgruppen.
Das Unternehmen verfügt über ein einmalig breites Portfolio an Lösungen für die
Herausforderungen der Städte der Zukunft. Um seinen städtischen Kunden ein
noch besseres Service bieten zu können,
wurde mit Infrastructure & Cities ein neuer
Sektor installiert.
siemens.com/urbanization
DIE NEUEN ECOCITYS sollen von
vornherein so autark
wie möglich sein.
Mehr Infos
■ www.metropole-istanbul.de
■ siemens.com/mobility
■ siemens.com/marine
Jens Kalaene/dpa/picturedesk.com, Siemens
hi!tech 02|11
60 ■ 61
SMART GRIDS ermöglichen es, dass Haushalte
und Betriebe im Stromnetz nicht nur als Verbraucher auftreten, sondern
auch Lieferant und Stromspeicher sein können.
Totalumbau des
Energiesystems
Die Zukunft der Energieversorgung ist dezentral. Salzburg nimmt bei
der Umstellung auf die dafür notwendigen intelligenten Stromnetze eine
Vorreiterrolle ein, berichten DI Theresia Vogel, Geschäftsführerin
des Klima- und Energiefonds, und DI Michael Strebl, Geschäftsführer
der Salzburg Netz GmbH und Projektleiter Smart Grids.
Was ist das Ziel der Smart Grids Modellregion Salzburg (SGMS)?
Strebl: Smart Grids sind intelligente
Energienetze, die einen Datenaustausch
und Energietransport zwischen Produzenten und Verbrauchern in beide Richtungen erlauben. Damit wird es möglich,
alternative Energie, die von Stromkonsumenten mit Photovoltaik oder in kleinen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen erzeugt wird, optimal zu nutzen. Für das
intelligente Netz der Zukunft müssen
keine neuen Masten errichtet oder Leitungen verlegt werden. Die bestehende
Netzinfrastruktur wird mit modernen
Informations- und Kommunikationstechniken aufgerüstet, das Stromnetz
„internetisiert“. Das Projekt Smart Grids
Modellregion Salzburg will durch Forschung und Praxistests auf unterschied-
Elisabeth Dokaupil
lichen Gebieten die dafür notwendigen
Voraussetzungen schaffen.
Vogel: Ein Konsortium von sieben Partnern hat sich zusammengeschlossen,
um netztechnische Fragen, IT-Synergiepotenziale, Integration der Elektromobilität, Bedürfnisse der Konsumenten oder
die Rolle der Gebäude bei der Energieversorgung der Zukunft zu erforschen
und zu testen. Die Zusammenfassung
verschiedener Aktivitäten mit dem Ziel,
eine neue Struktur der Energieversorgung zu ermöglichen, ist mit ein Grund
für die Förderung des Projekts durch
den Klima- und Energiefonds. Wegen
dieses umfassenden Ansatzes, der ein
sinnvolles Nutzen von Schnittstellen
erlaubt, wird das Projekt SGMS auch
international und besonders in Europa
beachtet.
Salzburg AG, Siemens
Wie sieht die EU die Rolle von Smart Grids
für die Energieversorgung der Zukunft?
Vogel: Smart Grids spielen eine zentrale
Rolle in der EU-Energiepolitik. Sie sollen
zur Erreichung der langfristigen CO₂Reduktionsziele und zur Versorgungssicherheit beitragen. Mit intelligenten
Netzen wird ein Zusammenspiel verschiedener lokaler Systeme und Lieferanten möglich. Das führt zu einem
effizienteren Einsatz von Energie und
erspart einen Teil des Ausbaus der Infrastruktur. Durch den hohen, sehr relevanten Innovationsgrad der Forschung
ist das Salzburger Modell auch für andere Länder interessant.
Werden die Forschungsergebnisse bereits
in der Praxis erprobt?
Strebl: Powerpoint-Folien genügen uns
cover
hi!biz
hi!school
Smart Grids
nicht. Wir arbeiten bereits an der konkreten Umsetzung in die Praxis. Dabei konzentrieren wir uns nicht nur auf einzelne
Facetten – was derzeit in der Branche
häufig passiert –, wir behalten immer
das komplette Modell im Auge. Im Stromnetz müssen Angebot und Nachfrage
immer ausbalanciert sein. Das ist schwierig, wenn in Zukunft dem schwankenden
Verbrauch auch ein schwankendes Angebot durch die Konsumenten gegenübersteht. Eine Möglichkeit des Lastenausgleichs ist die Nutzung zusätzlicher
Speicher wie Elektroautos, Wassertanks
oder thermischen Massen in Gebäuden.
In zwei Demoprojekten (Projektkette DG
DemoNet) wird im Rahmen von Feldtests
geklärt, wie möglichst viele dezentrale
Lieferanten ohne Leitungsverstärkung
ins Netz eingebunden werden können.
Vogel: Ein weiteres Thema, das in der
Praxis erprobt wird, ist der Zusammenschluss alternativer Energielieferanten
GEORG EISL, GRÜNAUERHOF. Der Tourismusbetrieb ist mit seiner eigenen Energieerzeugung und -speicherung Teil eines
virtuellen Kraftwerks.
zu einem virtuellen Kraftwerk. Die Salzburg AG testet das Modell mit einigen
Blockheizkraftwerken im Raum Salzburg, die nach Bedarf einzeln oder als
ganze Gruppe gesteuert und betrieben
werden können. Gastwirt Georg Eisl,
Tourismusbetrieb Grünauerhof, ist Teil
dieses virtuellen Kraftwerks. Im Energiesystem von morgen müssen aber auch
die Konsumenten mitspielen. Dabei geht
es um Wohnungen und Häuser mit
geringem Energieverbrauch, die Investition in Speicher und die Bereitschaft, den
Energieverbrauch so zu steuern, dass
Spitzenbelastungen vermieden werden.
Wie können die Konsumenten in die
dezentralen Energieversorgungssysteme
der Zukunft eingebunden werden?
Strebl: Die Konsumenten müssen damit
umgehen lernen, dass Energie nicht
jederzeit „on demand“ zur Verfügung
stehen muss und Komfort und Lebensgefühl dabei trotzdem nicht beeinträchtigt werden. Das bedeutet nicht, dass
Waschmaschine oder Geschirrspüler ferngesteuert werden. Ganz anders schaut
die Sache mit der Wärmepumpe aus oder
der Umwälzpumpe für den Swimmingpool. Das gibt es Spielraum. In einem gut
gedämmten Haus sinkt bei einer Außentemperatur von minus drei Grad Celsius
die Raumtemperatur innerhalb von zwanzig Stunden nur um ein Grad. Wir werden nun anhand von zehn Häusern mit
unterschiedlicher Dämmung testen, wie
lange man die Heizung aussetzen und
so Lastspitzen überbrücken kann, ohne
den Wohnkomfort zu beeinträchtigen.
Zusätzlich ist es wichtig, dass die Konsumenten bewusst und effizient mit Energie umgehen. Ab Juli läuft der Customerto-Grid-Feldversuch, in dem unterschiedliche Energiefeedbackmethoden getestet
werden. Es geht darum herauszufinden,
wie Kunden sinnvoll über ihren aktuellen Energieverbrauch informiert und
zu bewusstem Energieeinsatz motiviert
hi!life
werden können. Verbrauchsinformationen sollen über Mail, Internet oder SMS
ins Haus kommen.
Vogel: Zusätzlich schafft die moderne
Gebäudeautomatisierung Voraussetzungen dafür, dass Bürogebäude zu gut
funktionierenden Mitspielern in Smart
Grids werden. Sie können selbst Strom
erzeugen, speichern, auf Erdwärme oder
Kühlung zugreifen, Beleuchtung und
Heizung nach Bedarf steuern. Sie sind
wichtige Player bei der energietechnischen Optimierung von Städten. Der
Lastenausgleich ist hier einfacher als im
Wohngebiet, weil das Gewerbe seine Verbrauchsspitze zu anderen Zeiten hat.
Wann werden ganze Städte oder Regionen energietechnisch smart?
Strebl: Salzburg hat dafür gute Voraussetzungen und wird sich daher bei der
aktuellen Ausschreibung zum Thema
Smart Citys bewerben. Dabei geht es
langfristig um die Optimierung des
Energiesystems der gesamten Stadt. Es
wird eine Roadmap erstellt, wie wir die
Vision einer emissionsarmen Stadt bis
zum Jahr 2050 erreichen können, und
die ersten Schritte zur Umsetzung vorbereitet. Aktuell geht es um den Bau des
neuen, zukunftsweisenden Universitätsgebäudes. Wir hoffen, dass wir hier weitere Zeichen setzen können.
Vogel: Ich halte es für möglich, den Energieverbrauch der österreichischen Städte auf ein Drittel der bisherigen Werte zu
reduzieren. Entscheidende Faktoren sind
optimierte Gebäude und das Verhalten
der Konsumenten. Salzburg wird damit
beginnen. Das Förderprojekt Smart Grids
Modellregion Salzburg leistet einen wesentlichen Beitrag dazu.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
siemens.com/energy
www.klimafonds.gv.at
www.salzburgnetz.at
www.gruenauerhof.com
siemens.com/buildings
hi!tech 02|11
62 ■ 63
Fitnessgeräte
zum Anziehen
Günther Schweitzer
MBT, Skechers
cover
hi!biz
hi!school
Shaping-Schuhe
„Schlendere mit diesen
Schuhen durch die Straßen, und schon werden Po und Schenkel
straffer, die Cellulitis verschwindet und das Kreuz tut
dir nicht mehr weh.“ Die Versprechen der Anbieter der
neuen Fitnessschuhe mit den klingenden Namen Shape-ups oder Toningschuhe sind eindrucksvoll. „Get in shape
without setting a foot in a gym“ bringt
es der US-Produzent Skechers auf den
Punkt. Auch Reebok verspricht den TrägerInnen seiner Spezialschuhe, die von
einem ehemaligen NASA-Ingenieur designt wurden, einen Fitnesseffekt ohne
großen Aufwand. Das Luftkissensystem
in der Sohle lässt mit jedem Schritt einen
natürlichen „Wackelbretteffekt“ entstehen, was eine Steigerung der Muskelaktivität erzwingt, wenn man nicht umfallen will. Andere Schuhproduzenten
arbeiten mit unterschiedlich weichen
Verbundstoffen im Sohlenbereich.
Vor allem die Konsumentinnen waren
davon offensichtlich zu überzeugen,
denn die Toningschuhe der verschiedensten Marken werden zu 90 Prozent
von Frauen getragen und spielten im
vergangenen Jahr weltweit einen Umsatz
von 1,1 Milliarden Euro ein. „Liegt das
vielleicht daran, dass unsere Sehnsucht
nach müheloser Körperstraffung unseren gesunden Menschenverstand übertrumpft?“, merkte Yvette Schwerdt, Leiterin der Agentur Made-to-Market in
New York, über den durchschlagenden
Erfolg dieser Bodyshaper angesichts
durchaus skeptischer Aussagen einiger
Orthopäden kritisch an. Vielleicht nicht
ganz zu Recht, denn es gibt genauso
viele positive wissenschaftliche Gutachten über die schuhgewordenen Fitness-
geräte und deren Auswirkung auf den
gesamten Körper des Trägers.
Begonnen hat alles mit einem Import
aus Afrika, der Massai Barefoot Technology. Die MBT-Schuhe mit der gebogenen
Sohle, in denen man kaum ruhig stehen
kann, wurden vom Schweizer Karl Müller Anfang der 1990er Jahre entwickelt
und leiteten den Boom der Toning- oder
Shapingschuhe ein. Die MBTs sollen dem
Körper Barfußgehen auf weichen, unebenen Naturböden wie Sand oder Moos
vorspiegeln. Die Sohlenkonstruktion imitiert die Naturböden und fördert das
richtige Abrollen des Fußes.
Was die MBTs bringen, überprüfte
Benno Nigg, Professor für Biomechanik
an der Universität von Calgary, Kanada,
im Detail. Getestet wurden Kinetik, Muskelaktivität, Vibrationen im Gewebe sowie Sauerstoffverbrauch beim Gehen
mit MBT-Schuhen. Das Resultat: Beim
Stehen trainiert der Schuh die Muskeln
der unteren Extremitäten, während des
Gehens die Muskeln, die das untere
Sprunggelenk kreuzen. Zusätzlich steigt
der Sauerstoffverbrauch um 2,5 Prozent,
und die Belastung der Gelenke wird um
19 Prozent verringert. Spezialisten an der
Universität Sheffield in England fanden
zusätzlich heraus, dass die Aktivität der
Gesäßmuskeln um neun Prozent, die der
Muskeln der unteren Extremitäten um
18 Prozent und die der hinteren Oberschenkelbeugemuskeln um 19 Prozent
steigt, wenn man mit MTBs unterwegs ist.
MBT-Produkte werden von Dr. Anton
Sabo, Institutsleiter am Technikum Wien,
als reine Trainingsgeräte bezeichnet, mit
denen der Umgang erlernt werden muss
(siehe Interview). Die neue Generation
der Beinshaper ist allerdings durchaus
alltagstauglich. Im Kern soll aber bei
allen diesen Schuhen dasselbe erreicht
werden: die Imitation des instabilen Barfußgehens. Durch eine veränderte Körperhaltung – man geht zwangsläufig viel
aufrechter als mit gewöhnlichem Schuh-
hi!life
GET IN SHAPE without setting
a foot in a gym“, verspricht
US-Schuhanbieter Skechers.
MBT-SCHUHE mit der typischen
gebogenen Sohle begründeten den
Trend zum Schuh als Trainingsgerät.
Simuliert werden soll das Barfußgehen auf unebenen Naturböden.
hi!tech 02|11
64 ■ 65
cover
hi!biz
hi!school
hi!life
Shaping-Schuhe
Trainingseffekt garantiert
Was die neuen Sportschuhe mit Shaping- oder Toningeffekt bringen, erklärt Dr. Anton Sabo, Studiengangsleiter
Sports-Equipment Technology am Technikum Wien.
Toning- oder Shapingsportschuhe
werden als Wundermittel auf dem
Weg zur mehr Fitness und Gesundheit beworben. Was ist da dran?
Keine Frage: Die extremeren dieser
Sportschuhe mit in der Längsachse
mehr oder weniger stark gebogenen
Sohlen sind Trainingsgeräte. Und der
Umgang damit sollte erlernt werden.
Wie funktionieren diese Fitnessgeräte,
die man am Fuß trägt?
Der erste derartige Schuh am Markt war
der MBT, entwickelt vom Schweizer Karl
Müller. Mit seiner stark gekrümmten
weichen Sohle erzeugt er relativ große
Instabilität, die natürlich ausgeglichen
werden muss. Das ist für den ganzen
Körper anstrengend. Die Muskulatur des
Körpers muss sich mit gröberen Schwerpunktverlagerungen auseinandersetzen.
Geht man damit zu lange, besteht die
Gefahr des Umknickens. Daher noch
einmal: Dieser Schuh ist ein Trainingsgerät. Für Kinder ist er jedenfalls nicht
geeignet, das haben wir untersucht.
Haben auch Schuhe mit gemäßigter
Sohlenkrümmung, die seit einiger
Zeit angeboten werden, einen Trainingseffekt?
Grundsätzlich ja. Obwohl auch bei diesen
Schuhen eine instabile Sohle wirksam
wird, sind sie sogar alltagstauglich. Sie
trainieren eher die Sensomotorik. Das
ist auch ein ganz feines Gleichgewichtstraining, das über die Reflexschleifen
abläuft und unbewusst geschieht. Dabei wird die Feinmotorik mehr gefordert als bei den Schuhen mit dicker
Sohle, bei denen der Körper viel gröbe-
Günther Schweitzer
re Manöver durchführen muss, um sein
Gleichgewicht zu stabilisieren.
Welche Materialien verwendet man
für die Sohlen solcher Spezialschuhe?
Bei den Swissies zum Beispiel werden
Verbundwerkstoffe mit geringerer
Dämpfung verwendet. Das Herzstück
sind Fasern, die sich nach Belastung
schneller aufrichten, also in ihre Ausgangsposition zurückkehren. Aber man
muss – das gilt auch für die alltagstauglichen Fitnesscenter an den Füßen – seinen Schritt auf das Sportgerät einstellen.
Wo kann man den Umgang mit den
neuen Schuhen erlernen?
Jetzt mache ich Werbung für Orthopäden oder Sportwissenschaftler:
Man sollte sich einem Muskelfunktionsscreening unterziehen und sich dabei erklären lassen, durch welche
Produkte eigene Schwächen beseitigt
werden können.
www.technikum-wien.at
Herbert Schlosser
werk – wird eine Reihe von Muskeln, die
sonst vernachlässigt werden, trainiert.
Je nach Modell ist der Effekt unterschiedlich stark. Ob der Schuh als Sportgerät auch gefährlich werden kann, hängt
aber nicht nur von seiner Konstruktion,
sondern auch vom Trainingszustand des
Benutzers ab. Die US-Orthopädin Barbara
de Lateur von der Johns Hopkins University
School of Medicine in Baltimore sieht vor
allem für ältere Menschen Risiken. Die
Schuhe würden die Träger zu leicht aus
dem Gleichgewicht bringen, ihren Gang
verändern und bisweilen sogar zu Verletzungen führen. Allerdings könnte genau
diese Zielgruppe besonders davon profitieren, mit solchen Schuhen zu trainieren.
Die Instabilität der Schuhe aktiviert Muskeln, die bei herkömmlich festem Schuhwerk verkümmern, aber für gute Haltung
und sicheren Gang wichtig sind. Wer es
also langsam angeht, stärkt genau jenen
Halteapparat, der bei älteren Menschen
oft nicht ausreichend ist und das Sturzrisiko erhöht. Einige Kalorien zum Abspecken lassen sich mit den Schuhen auch
verbrauchen – zumindest wenn man
damit eifrig geht.
Wem übrigens Shaper und Toner zu
kompliziert sind, der kann auch auf Five
Fingers umsteigen – weiche Kunststoffschuhe, wo jeder Zeh sein Fach hat. Mit
ihnen kann man wandern, laufen oder
bergsteigen. Das ist dann Barfußgehen
pur mit etwas mehr Schutz als ohne
Schuhe und ganz ohne Technik.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
■
mbt.com
www.skechers.com
www.swissies.eu
www.reebock.com
www.vibram-fivefingers.com
hi!tech 02|11
66
Med by UNIQA.
Die Versicherung einer neuen Generation
+ meduniqa.at
+ VitalCoach
+ FitnessBonus
QR Code scannen oder
SMS mit Kennwort UNIQA
an Tel. 0828 270 990 2122
cover
hi!biz
hi!school
hi!life
Hörgeräte
Intelligente Winzlinge
Etwa jeder Vierte über
65 leidet an Beeinträchtigungen des Gehörs,
bei den über 75-Jährigen
HILFE GEGEN
TINNITUS.
Neben seiner
Grundfunktion
kann dieses
Siemens-Hörgerät mit einem
speziellen Therapierauschen
Tinnitusgeräusche maskieren.
FERNBEDIENUNG. Mit miniTEK können
Audiosignale von TV, Telefon oder MP3Player direkt auf Hörhilfen übertragen
werden und sind so viel besser zu vernehmen. Umgebungsgeräusche bleiben
unverstärkt.
Pictures of the Future, Elisabeth Dokaupil
ist es jeder Zweite. Der Hörverlust ist zwar meist nicht
rückgängig zu machen. Die
Auswirkungen sind aufgrund
der modernen Hörgerätetechnik aber
kaum noch zu spüren. Hörgeräte sind
inzwischen fast unsichtbar und technisch so raffiniert, dass das Hörerlebnis
dem eines Gesunden fast gleichkommt.
Ein Hörgerät muss vor allem eine
gute Sprachverständlichkeit bieten, auch
in geräuschvoller Umgebung. Daher verfügen Hörgeräte über Richtmikrofontechnologie. Herkömmliche Systeme gehen
davon aus, dass die Sprache von vorne
kommt. So werden frontale Sprachsignale verstärkt und Störgeräusche, die von
der Seite oder von hinten kommen,
abgeschwächt. Das reicht, wenn der
Gesprächspartner vor dem Nutzer steht.
Wenn er jedoch nebenher läuft oder gar
im Auto hinter ihm sitzt, stoßen die
meisten Geräte an ihre Grenzen.
Abhilfe schafft hier eine neue Funktion von Siemens-Hörgeräten, der SpeechFocus, der dank ausgeklügelter Algorithmen den Schall aus allen Richtungen auf
Klangmuster überprüft, die auf Sprache
hindeuten. Insbesondere ist das eine
Modulationsfrequenz von vier Hertz,
denn die Lautstärke typischer Sprache
schwankt viermal pro Sekunde. Wird
Sprache von hinten erkannt, fokussiert
sich das Gerät automatisch nach hinten
Siemens
und unterdrückt Störgeräusche von vorne und von der Seite.
Allgemeiner Standard bei Hörgeräten
ist die Vermeidung von Rückkopplungen.
Die kennt jeder, etwa von Live-Konzerten, wenn Lautsprecher und Mikrofon
zu nah beieinander stehen. Die Töne aus
dem Lautsprecher gelangen ins Mikrofon und damit wieder in die Lautsprecher – eine Endlosschleife, die einen
lauten Pfeifton erzeugt. Träger älterer
Hörgeräte kennen den Effekt auch. Eine
manuelle Anpassung hilft nicht immer.
Deshalb werden in modernen Geräten
die Signale zwischen Lautsprecher und
Mikrofon verglichen. Kündigt sich eine
Rückkopplung an, wird sofort ein gegenphasiges Signal erzeugt, das den Pfeifton auslöscht.
Doch auch dieses Verfahren hat Schwächen. So hat eine hohe Flöte einen ähnlichen Klang wie eine Rückkopplung. In
einem Konzert besteht dann die Gefahr,
dass die Flötentöne gelöscht werden und
die Klangbalance nicht mehr stimmt.
Der neue Feedback-Stopper von Siemens
prägt dem Audiosignal eine unhörbare
– aber technisch detektierbare – Phasenmodulation auf, eine Art Fingerabdruck.
Gelangt dieser Fingerabdruck zum Eingang, wird unmittelbar und für extrem
kurze Zeit eine geringfügige Frequenzverschiebung ausgelöst, die verhindert,
dass sich der Ton aufschaukelt.
Zwar stellen sich moderne Hörgeräte
selbst laut und leise, doch eine individuelle Anpassung ist immer noch nötig
und sehr aufwendig. Siemens macht
diesen Prozess mit der SoundLearningTechnologie wesentlich komfortabler.
Das Unternehmen hat sie 2004 als erster
Hersteller eingeführt. Der Träger kann
SOUNDCHECK. Lautsprecher simulieren
Geräuschszenarien für
High-End-Hörgeräte.
selbst Einstellungen vornehmen, aus
denen das Gerät dann lernt. SiemensHörgeräte verfügen auch über eine
Situationserkennung, die verschiedene
Audiosettings wie Sprache, Störgeräusche und Musik unterscheidet. Ändert
der Träger über seine Fernbedienung
zum Beispiel den Klang in Richtung hell
und erkennt das Hörgerät in diesem
Moment die Situation „Musik“, wird das
Gerät künftig automatisch beim Musikhören den Klang heller stellen. Je häufiger der Träger Einstellungen vornimmt,
desto genauer findet das Hörgerät selbst
den richtigen Klang.
Die Idee zum SoundLearning stammt
von den National Acoustic Laboratories
in Sydney, die als eines der weltweit
renommiertesten Forschungsinstitute
für Hören und Hörgeräte gelten. „Früher
war die Feineinstellung des Geräts für
die Hörgeräteakustiker schwierig, weil
die Patienten ihre Wahrnehmung in
bestimmten Situationen hinterher oft
nicht mehr beschreiben können“, berichtet Forschungsdirektor Harvey Dillon, der die Idee für ein selbstlernendes
Hörgerät hatte.
Mit einer kleinen Fernbedienung können Träger von Siemens-Hörgeräten
Audiosignale von Fernseher, Telefon
oder MP3-Spieler direkt auf ihre Hörhilfen übertragen. Sie vernehmen den
Ton viel besser, weil die Lautstärke über
die Fernsteuerung eingestellt wird und
Umgebungsgeräusche unverstärkt bleiben. Die neueste Version miniTEK ist
kaum größer als eine Streichholzschachtel, wiegt nur 55 Gramm und kann auch
am Revers getragen werden.
Über Bluetooth oder Kabel empfangen die Hörgeräte Audiosignale und funken sie an die Hörhilfen weiter. Richtmikrofone in den Hörgeräten liefern
dem Träger weiterhin Signale aus der
Umgebung, damit er sich zum Beispiel
während einer Fernsehsendung unterhalten kann. Für Telefone oder Fernseher ohne Bluetooth-Funktion gibt es
spezielle Funkadapter. Eingehende Anrufe meldet die Fernbedienung direkt
an das Hörgerät. Sobald der Nutzer das
Gespräch annimmt, stoppt die Tonübertragung von anderen Geräten. Zum Telefonieren spricht man in das Mikrofon
der Fernsteuerung.
Besonders bei Telefonaten können die
Nutzer ihre Gesprächspartner viel besser
verstehen, wenn sie sie auf beiden Ohren
hören. Für die Audioübertragung auf die
Hörgeräte wurden spezielle Funktechnologien entwickelt, damit auch kleinste
Hörhilfen, in die nur Miniaturempfänger
passen, gute Tonqualität liefern. Das miniTEK bindet Hörgeräte außerdem in Tonanlagen für Schwerhörige ein. Schulen
besitzen beispielsweise FM-Anlagen, bei
denen Mikrofone die Stimmen der Lehrer und Schüler aufzeichnen und an
Empfänger für Hörhilfen übertragen. In
vielen Kinos oder Veranstaltungsräumen gibt es Plätze, unter denen Induktionsspulen verlegt sind. Deren Signale
registriert ein spezieller Empfänger oder
nun die Universalfernbedienung.
Hörgeräte können außerdem die Lebensqualität von Tinnituspatienten verbessern. Durch ein spezielles Therapierauschen maskieren sie das als unangenehm empfundene Ohrgräusch.
■
Mehr Infos
■ hearing.siemens.com
■ siemens.de/pof
hi!tech 02|11
68 ■ 69
Ready for Check-in
War Facebook gestern?
Nach dem Boom der
Social Networks macht
eine neue Art von Diensten von sich reden: Location
Based Services. Viele Unternehmen sind bereits auf diesen Zug aufgesprungen, in
Amerika ist momentan Foursquare die
heißeste Plattform.
Das vor zwei Jahren in den USA gegründete Service hat dort schon sieben
Millionen Mitglieder (Stand: März 2011)
und wurde im Vorjahr vom World Economic Forum mit dem prestigeträchtigen
Titel „Technology Pioneer 2011“ ausgezeichnet. Jetzt wurde die deutsche Version online gestellt – und schon hat der
Run auf das Portal begonnen. Denn
Foursquare-Mitglieder treffen hier nicht
nur ihre Freunde, sie erfahren auch, was
die gerade machen und wie viel Spaß
sie dabei haben. Der Dienst basiert auf
dem Satellitennavigationssystem GPS,
Sabine Nebenführ
Christina Lehner
das automatisch ortet, wo sich ein User
gerade befindet. Sitzt dieser etwa im
Restaurant, kann er sich über das Smartphone bei diesem „einchecken“ und zu
den Speisen gleich eine Bewertung abgeben. Lässt er sich die Haare beim Friseur
um die Ecke schneiden, kann er die neue
Haarfarbe samt Preis sofort online stellen. Und geht er anschließend shoppen,
wissen die Freunde umgehend über alle
Ausverkaufspreise Bescheid.
Damit der Bewertungsboom nun so
richtig in Schwung kommt, bietet Foursquare seinen Usern Belohnungen für
jeden Check-in. Wer zum Beispiel bei
fünfzig verschiedenen Locations – sofern sie bei Foursquare mitmachen –
e
eingecheckt hat, darf sich „Superstar“
n
nennen. Dann gibt’s auf der persönlicchen Foursquare-Seite ein Abzeichen
m
mit goldenem Pokal. Wer sich von fünf
v
verschiedenen Flughäfen meldet, gilt als
„„JetSetter“, und wer an einem bestimmtten Ort am häufigsten anzutreffen ist,
w
wird zum „Bürgermeister“ gekürt. Das
a
alles bietet gleich mehrere Vorteile: Auf
d
der einen Seite befriedigen User ihren
S
Spieltrieb und sammeln Trophäen, auf
d
der anderen Seite bekommen Gewerbettreibende ein unmittelbares und vor
a
allem kostenloses Feedback auf ihre
A
Angebote.
In der Praxis sieht das etwa so aus:
Das Wiener Restaurant „Reisinger’s“ ist
eines der ersten heimischen Lokale, die
eine Foursquare-Seite eröffnet haben.
Kommt ein Gast, der sich eincheckt,
kann dieser Tipps zur aktuellen Menükarte abgeben. „Mein Lokal lebt von
Stammgästen und Mundpropaganda“,
erklärte der Wirt Michael Vesely unlängst in einem Interview mit dem
„trend“. „Und genau dafür ist Foursquare ein effektives und zielgerichtetes
Empfehlungsmarketing.“ Doch nicht
nur die Werbung bringt’s. Foursquare
kann und soll auch Stammgäste binden.
Wer immer wieder kommt und sich
immer wieder eincheckt, erhält im
Reisinger’s etwa ein Getränk gratis.
Damit sammeln die User nicht nur virtuelle Auszeichnungen, sondern auch
real konsumierbare Preise.
cover
hi!biz
hi!school
Location Based Services
Wer sich von
fünf verschiedenen Flughäfen
meldet, gilt als
„JetSetter“ und
wer an einem
bestimmten Ort
am häufigsten
anzutreffen
ist, wird zum
„Bürgermeister“
gekürt.
Das Ganze funktioniert aber auch im
großen Stil. Und das kann die heute
bewährten Kundenbindungsprogramme nachhaltig revolutionieren. In den
USA sind die einst beliebten Sammelpässe inzwischen längst auf dem Rückzug. Wie treu Kunden sind, wird dort nur
noch in der virtuellen Welt abgelesen.
Große Ketten wie Macy’s rufen ihre Kunden mit speziellen Rabatten zum Einchecken über das Handy auf. Der Vorteil
für das Shoppingcenter: Freunde sehen
online, dass man bei Macy’s einkauft.
Eine bessere Empfehlung kann es nicht
geben. In Österreich will Intersport Eybl
als eine der ersten Handelsketten auf
den neuen Trend aufspringen und in
allen Stores Foursquare ausrollen. „Wir
gewinnen dadurch eine jüngere Zielgruppe und nutzen gleichzeitig ein
ideales Marktforschungsinstrument“, so
Marketingleiter Florian Grösswang.
Der Foursquare-Erfolg blieb von der
Konkurrenz natürlich nicht unentdeckt.
Vor allem der Social-Media-Platzhirsch
Facebook mit seinen weltweit 600 Millionen Usern will sich das GPS-Geschäft
nicht entgehen lassen und schlägt jetzt
zurück. Facebook Places heißt der Dienst,
der auch bereits in Österreich verfügbar
ist. Dabei können die User an bestimmten Orten einchecken und ihren Freunden mitteilen, wo sie sind. Facebook will
hi!life
gleichzeitig Unternehmen animieren,
sich zu registrieren (zu „claimen“),
damit sie eingecheckten Kunden dann
spezielle Deals anbieten können. Deals
sind Sonderangebote, die ein Kunde
erhält, der in diesem Geschäft eincheckt. Diese Idee ist allerdings nicht
ganz neu: Das Start-up Groupon ist
mit diesem Modell bereits länger erfolgreich.
Man kann aber auch bei Tupalo einchecken, einer App, die in Wien entwickelt wurde. Hier kann man in
den wichtigsten Städten Österreichs,
Deutschlands, der USA und Osteuropas
Geschäfte aller Art bewerten. Eine mobile Version für Smartphones ist seit
kurzem verfügbar. Ähnlich wie bei
Foursquare kann man durch oftmaliges
Einchecken Titel erwerben.
Noch verspielter geht es bei Gowalla
zu: Die User können Items und Pins sammeln und tauschen, allerdings bleibt es
bei virtuellen Goodies – Belohnungen
in der echten Welt gibt es hier nicht.
Derzeit hält Gowalla bei etwa 700.000
Usern, vorrangig in den USA.
Welche Plattform sich nun durchsetzt,
ist schwer zu beantworten. In Österreich
hat Facebook mit mehr als zwei Millionen Usern einen deutlichen Startvorteil
gegenüber Foursquare mit etwas mehr
als 10.000 Registrierten. Dem GPS-Pionier droht damit ein in der Wirtschaftsgeschichte altbekanntes Schicksal: Die
Idee war da, das Geschäft machen jedoch
die anderen.
■
Mehr Infos
■
■
■
■
tupalo.com
www.facebook.com/places
gowalla.com
de.foursquare.com
hi!tech 02|11
70 ■ 71
EXPORTE IN
VIELE LÄNDER.
Dieselhydraulischer
Triebzug für
Uruguay, 1952.
Zug um Zug
Es begann mit der Produktion von Dezimalbrückenwaagen. Heute
werden hier Metros,
Reisezugwagen und Straßenbahnen für die ganze Welt
produziert. Der SiemensStandort Wien-Simmering
VOM START AN GROSS ANGELEGT.
Fabrik in Wien-Simmering in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts (o.).
1914 wurde hier der Stocktriebwagen
der Städtischen Straßenbahnen der
Gemeinde Wien (u.) produziert.
Markus Honsig
Siemens
feiert 180-jähriges Jubiläum. Bis heute
wird er von manchen Anrainern noch
die „Schmidische Fabrik“ genannt. Eine
Referenz zu Heinrich Daniel Schmid,
der 1831 in Wien-Leopoldstadt seine erste Fabrik zur Produktion von Dezimalbrückenwaagen errichtete, in den nächsten Jahren rasch expandierte und sein
Produktportfolio ausbaute: Es wurden
Dampfmaschinen, Ausstattungen für
Rübenzuckerfabriken, sogar zusammenlegbare Metallmöbel hergestellt, ab 1846
schließlich jenes Produkt, das die weitere Entwicklung des jungen Unternehmens in Zukunft maßgeblich voranbringen sollte: Waggons. Nach einer Zweigstelle im dritten Wiener Gemeindebezirk
cover
hi!biz
hi!school
hi!story
wurde die Fabrik in Simmering gebaut,
eine imposante Anlage schon damals.
Auch nachdem sich Firmengründer
Schmid in das Privatleben zurückzog,
lief das Geschäft prächtig weiter: Am
Ende des 19. Jahrhunderts rollten bereits
40.000 Waggons Simmeringer Herkunft
über die Gleise der Welt.
Der Expansionskurs wurde in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts
fortgesetzt, durch den Kauf mehrerer
Firmen. Die wichtigste Fusion fand 1934
statt, als Folge der Weltwirtschaftskrise:
Die Simmeringer Maschinen- und Waggonbaufabrik AG übernahm die 1854 von
Johannes Weitzer gegründete Grazer Waggon- und Maschinenfabriks-Aktiengesellschaft vormals Weitzer. 1941, während
hi!life
PRODUKTION
IN DER LEBERSTRASSE.
Vorreiter schlanker Fertigung
in der SiemensMobility-Welt
durch ein neues
Produktionsmanagement.
des Zweiten Weltkriegs, folgte die Eingliederung der renommierten Wiener
Kesselbaufirma Pauker. Die SimmeringGraz-Pauker AG, die SGP, war geboren,
eine Ehe, die sehr lange halten sollte.
Obwohl man nach den Krieg im Grunde noch einmal ganz von vorn anfangen
musste – 60 Prozent aller Gebäude waren
Wiens älteste Betriebsfeuerwehr
Das Siemens-Werk in der Leberstraße ist Standort von Wiens ältester Betriebsfeuerwehr. Sie wurde vor 140 Jahren gegründet. Der Anlass war ein dramatisches Ereignis: 1865 stand fast die gesamte Fabrik in Flammen, sogar Kaiser
Franz Josef erschien am Schauplatz des Geschehens. Schon ein Jahr später lief
die Produktion wieder im vollen Umfang. Bis zur Gründung der Betriebsfeuerwehr unter dem Kommando von Oberwerkmeister Karl Balz sollte es schließlich
noch bis zum Jahr 1871 dauern.
Das Aufgabengebiet der Betriebsfeuerwehr hat sich seither dramatisch verändert. Derzeitige Schwerpunkte sind der technische Einsatz und der präventive
Brandschutz. Den Anforderungen entsprechend sind der Ausbildungsstand und
die Ausrüstung auf einem sehr hohen Niveau. Die Mitglieder der Feuerwehr
zeichnen sich durch die enge Verbundenheit mit dem Unternehmen, das produktbezogene Fachwissen und die hohe Kenntnis der Gebäude, Einrichtungen
und Infrastruktur aus und haben einen wichtigen Anteil am Erfolg des SiemensMobility-Werkes in Wien.
zerstört, der Maschinenpark komplett demontiert –, wurde die SGP 1946 von der
Republik Österreich übernommen und
zu einem erfolgreichen Vorzeigeunternehmen der verstaatlichen Industrie mit
den Bereichen Maschinenbau, Kraftwerksbau und Schienenfahrzeugbau entwickelt.
1958 erfolgte der Kauf der Floridsdorfer
Lokomotivfabrik. 1989 wurde die SGP im
Zuge der Neustrukturierung der ÖIAG
geteilt. Es entstand die SGP Verkehrstechnik. Drei Jahre später stieg Siemens
mit 26 Prozent ein, 2001 wurde die SGP
mit den beiden Standorten Wien und Graz
voll übernommen. Der Standort in WienSimmering, der heuer sein 180-jähriges
Jubiläum feiert, ist heute weltweites
Kompetenzzentrum des Siemens-Konzerns für Metros und Reisezugwagen.
Was 180 Jahre Geschichte zusammenhält, sind freilich die Produkte: von ersten Lastwaggons für die Kaiser-FerdinandNordbahn und dem ersten Salonwagen
über die ersten vierachsigen D-Zug-Waggons nach dem Krieg und die schon
heute legendären Silberpfeile für die
Wiener U-Bahn bis in die Gegenwart, wo
mit Produkten wie der Niederflurstraßenbahn ULF, den hocheffizienten und
umweltfreundlichen Metrozügen und dem
Vorzeigeprojekt railjet die Erfolgsstory
weitergeschrieben wird. Mittlerweile wird
an der neuesten U-Bahn-Generation, dem
Inspiro, gearbeitet, der erstmals in Warschau unterwegs sein wird.
■
Mehr Infos
■ siemens.at/mobility
hi!tech 02|11
72 ■ 73
cover
hi!biz
hi!school
hi!life
Toys
Neues aus der Welt der Hightech
hi!toy s
BUNT UND KÜHL. Wenn die Klimaanlage im Büro ausfällt, gibt es hier eine
bunte Alternative: Dieser USB-Ventilator
sorgt für einen angenehmen Luftzug.
■ usb.brando.com
LAMPE, MAL ANDERS
Individuell
Ind
ividuell beleuchten: 16 Fotos im Format
15 x 10 cm bringen Abwechslung
in die Beleuchtung. Die Lampe ist
in Schwarz und Weiß erhältlich.
■ www.sowaswillichauch.de
MULTIPLES AUFLADEN
Praktisch und stylish: Dieses Schmuckstück
ist ein Universalladegerät für gängige Handymodelle, Digitalkameras und vieles mehr.
■ www.sowaswillichauch.de
LEICHTER TRAGEN. Was hier aussieht wie ein Papiersackerl, ist in Wahrheit
eine textile Tasche, die aus einem extrem
leichten Spezialstoff gefertigt wurde.
■ www.maybebags.com
EISKALTE DATEN. Diese bunten Eislutscher sind nicht nur
ein Farbtupfer am Arbeitsplatz, sondern können auch alle gängigen Speichkarten lesen. Aber bitte nicht zu schlecken beginnen!
■ usb.brando.com
Sabine Nebenführ
sowaswillichauch.de, usb.brando.com, maybebags.com
hi!tech 02|11
74
Golf in Austria.
Gratiskatalog der 148 Spezialisten
für Golfurlaub in Österreich anfordern unter:
Telefon: 0043-(0)662/645 153,
Internet: www.golfinfo.at