Gärten – Lebensräume für Menschen mit einer demenziellen

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Gärten – Lebensräume für Menschen mit einer demenziellen
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Mag. (FH) Sylvia Boubenicek
Gärten – Lebensräume für Menschen mit
einer demenziellen Erkrankung
Der folgende Artikel beschäftigt sich mit der Frage der Bedeutung von Gärten in Einrichtungen,
in denen Menschen mit einer Demenzerkrankung betreut werden, und wie diese Gärten gestaltet sein sollen, um den Bedürfnissen dieser Personengruppe gerecht zu werden.
1 Die Ausgangssituation
In Österreich sind derzeit etwas mehr als 100.000 Menschen an einer Demenz erkrankt. Die
Tendenz ist steigend, die Häufigkeit von Demenzerkrankungen nimmt mit dem Alter zu. Sind
im Alter zwischen 70 und 74 Jahren ca. 3% der Personen an einer Demenz erkrankt, so sind
es im Alter zwischen 90 und 94 Jahren schon ca. 30 % dieser Altersgruppe. (vgl. Gatterer /
Croy 2005, S.11). Dies erfordert, dass sich auch Altenheime und Tageszentren für ältere
Menschen verstärkt speziell auf die Bedürfnisse der Gruppe der an Demenz erkrankten Menschen einstellen müssen.
Nach ICD-10 Klassifikation ist Demenz „ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder
fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. (…) Die kognitiven Beeinträchtigungen werden gewöhnlich von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation begleitet. Die häufigste Ursache für eine Demenz ist die Alzheimer Erkrankung.“
Im Verlauf einer Demenzerkrankung kommt es zu einem Verlust der räumlichen und zeitlichen Orientierung, zu Wahrnehmungsstörungen und einem Verlust von Umweltkompetenz.
Diese Faktoren können zu Unsicherheit, Ängsten, Beunruhigung und Unruhe bei den Betroffenen führen. Andererseits sind Menschen mit einer demenziellen Erkrankung in besonderem
Maße offen und empfänglich für Stimmungen, Atmosphäre und das Erleben des jeweiligen
Augenblicks.
Gärten für Menschen mit Demenz zu gestalten bedeutet, sich mit den Bedürfnissen und der
Erlebniswelt dieser Menschen zu befassen und davon ausgehend Konzepte zu entwickeln und
Gärten zu gestalten, die einen Beitrag zur Lebensqualität der NutzerInnen leisten.
Das Erleben von Natur ist ein im Menschen tief verankertes Grundbedürfnis. Aufenthalt in
der Natur erzeugt Wohlbefinden und ist ein anregendes Erfahrungsfeld für die Sinne. Gesunde jüngere Menschen haben in unserer Gesellschaft jederzeit die Gelegenheit, im nahen oder
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weiteren Umfeld Natur aufzusuchen. Für ältere Menschen, vor allem wenn sie körperlich und
/ oder geistig beeinträchtigt sind, ist dies keine Selbstverständlichkeit mehr. Doch gerade demenziell erkrankte Menschen finden in der Natur, wenn sie sich in ihrer Identität bedroht fühlen, einen Erinnerungs- und Erfahrungsraum, der Halt geben kann. Auch wenn kognitive Fähigkeiten verloren gegangen sind, werden Menschen mit einer demenziellen Erkrankung von
der Natur auf einer tieferen emotionalen Ebene berührt und sie wirken ausgeglichener, entspannter und interessierter. (vgl. Bäuerle 2006, S. 17)
2 Unterschiedliche Leitkonzepte
Es wird in den letzten Jahren vermehrt der Nutzen von unterschiedlichen Gartenkonzepten für
die Lebensqualität von Menschen im Alter diskutiert. Im Folgenden werden einige Konzepte
in Kurzform vorgestellt.
2.1 Szenariengarten
Ein wichtiger therapeutischer Ansatz ist es, die Identität der demenziell erkrankten NutzerInnen durch vertraute Situationen und Betätigungsmöglichkeiten zu stärken. Alltagsnah gestaltete Situationen lösen Erinnerungen aus und vermögen Kompetenzen zu aktivieren. Ein Szenariengarten ist so gestaltet, dass die NutzerInnen im Garten verschiedene vertraute Erfahrungen machen und sich dadurch kompetent erleben können und in ihrer Identität gestärkt werden. (Bsp. Tiere füttern, Wege kehren, Wäsche aufhängen, Unkraut zupfen…) Sinneserfahrungen werden durch solche vertrauten Szenarien vermittelt. (vgl. Heeg / Bäuerle, 2007, S.
21)
2.2 Phasengarten
Ein Phasengarten berücksichtigt in seinen unterschiedlich gestalteten Bereichen unterschiedliche Bedürfnisse von Menschen in den verschiedenen Stadien von Demenz. (Bsp.: Möglichkeit zu Aktivität und zu beschaulichem Betrachten oder Rückzug) (vgl. Heeg / Bäuerle 2007,
S.22)
2.3 Konzept „Gefühlsräume“
Isabelle Woysch nutzt bei der Gestaltung eines Gerontogartens für demenzkranke Menschen
die Wirkung von Farben und Symbolen auf das Unterbewusstsein. Sie setzt diese Elemente
gezielt ein, um dadurch vertraute Gefühle und Stimmungen – je nach Stadium der Demenz auszulösen und anzusprechen. Dies wiederum vermittelt den GartenbesucherInnen, dass sie
sich wohl und verstanden fühlen. (vgl. Woysch,
www.alzheimerforum.de/3/1/6/10/garten.html )
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2.4 Sinnesgarten
Charakteristisch für Sinnesgärten sind Objekte und Installationen, welche zusätzliche Sinneserfahrungen ermöglichen sollen. Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit demenzkranke
Menschen mit den zwar interessanten aber ungewöhnlichen und fremden Sinnesanregungen
etwas anfangen können oder ob sie dadurch eher beunruhigt werden. (vgl. Heeg / Bäuerle
2007, S. 23)
2.5 Konzept der „Begegnung zwischen Jung und Alt“
Bei der Planung und Gestaltung eines Gartens, der Begegnungen zwischen Kindern und alten
Menschen ermöglichen und fördern soll und von beiden Seiten als bereichernd erlebt werden
kann, müssen sowohl die Bedürfnisse von Kindern als auch von alten Menschen in den Blick
genommen werden. (vgl. Heeg / Bäuerle 2007, S. 23)
Ein Grundtenor der unterschiedlichen Konzepte ist, dass sich die Menschen im Garten in erster Linie wohl und geschützt fühlen sollen und Gelegenheiten zu Rückzug aber auch Gemeinschaftserleben vorfinden sollten. Die Gartengestaltung sollte zeitliche und örtliche Orientierung fördern, die Gestaltung klassischer Gartensituationen kann Erinnerungen aus der Biografie wecken und Möglichkeiten bieten, sich kompetent zu erleben.
3 Gärten im therapeutischen Kontext
3.1 Milieutherapie
Die Milieutherapie geht davon aus, dass die Anpassungsfähigkeit demenzkranker Menschen
mit dem Fortschreiten der Erkrankung abnimmt. Dies bedeutet, je geringer die Anpassungsfähigkeit, umso stärker muss das Milieu an die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden.
Um Lebensqualität, Sicherheit, Wohlfühlen zu ermöglichen und Überforderung zu vermeiden
sowie Kompetenzverlust zu kompensieren, sollte daher die Umwelt an die Bedürfnisse der an
Demenz erkrankten Menschen angepasst werden. Dies geschieht auf der Ebene der Beziehungsgestaltung, der Tagesgestaltung und der räumlichen Umgebung. In Bezug auf die Gartengestaltung bedeutet dies, dass der Garten entsprechend den Bedürfnissen der NutzerInnen
übersichtlich und geschützt gestaltet wird. Er muss der Würde demenziell erkrankter Menschen gerecht werden, indem er Sicherheit, Vertrautheit und Umweltkompetenz vermittelt.
(vgl. Staack 2004, S. 12-14)
3.2 Aktivierungstherapie
Das Ziel von Aktivierungstherapie ist es, durch geistige und körperliche Anregungen und Aktivitäten die Fähigkeiten von alten demenzkranken Menschen möglichst lange zu erhalten und
somit Selbständigkeit, Sicherheit und Wohlbefinden zu fördern.
Ein Garten bietet vielfältige Möglichkeiten zu Aktivierung
• Motorischer Bereich (Bewegung in der Natur)
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Kognitiver Bereich (Zahlreiche Umweltreize wie Pflanzen, Erleben der Jahreszeiten,
Tiere, Farben etc. geben Gelegenheit an altbekannte Erfahrungen anzuknüpfen, sie lösen Erinnerungen aus und eignen sich als Anknüpfungspunkt für Gespräche.)
Sozialer und emotionaler Bereich (gemeinsame Aktivitäten oder Sitzen im Freien,
Freude am Erleben der Natur)
Sensorischer Bereich (Der Garten als Ort von vielfältigen Sinneseindrücken: Das Hören von Vogelgezwitscher, der Duft von Blüten und Sträuchern, das Spüren der warmen Sonnenstrahlen auf der Haut, Spüren des Windes oder der Regentropfen, das Tasten von unterschiedlichen Materialien, das Schmecken von selbstgepflückten Beeren
oder Früchten, das Betrachten der Pflanzen und Schmetterlinge …)
Aktivierungs- und Beschäftigungsprogramm, Aktivitäten (Wege kehren, Gras rechen,
Wäsche aufhängen, Vögel füttern, Samen anbauen, Kräuter abzupfen: anknüpfen an
die Biografie, Wiederentdecken von Kompetenzen)
4 Bedeutung und Nutzen von Gärten für Menschen mit Demenz
Internationale Studienergebnisse bestätigen den positiven Einfluss von Naturerleben und dem
Aufenthalt im Freien auf das Befinden und Verhalten von demenzkranken Personen. Eine
vergleichende Langzeitstudie in fünf Einrichtungen ergab, dass die regelmäßige Nutzung eines Gartens einen Rückgang von herausforderndem Verhalten bewirkte und damit auch eine
Verbesserung im Belastungserleben der Pflegenden brachte. (vgl. Mooney / Nicell 1992, S.
23-29)
Der Aufenthalt im Freien bedeutet auch, dass automatisch mehr natürliches Licht empfangen
wird. Helles Tageslicht hat nachweislich eine positive Wirkung auf den Antrieb, eine normalisierende Wirkung auf den Schlaf-Wach-Rhythmus und bewirkt die Bildung von Vitamin D.
(vgl. Bäuerle 2006, S. 17)
Einerseits bietet ein Garten die Möglichkeit, dem häufig ausgeprägten Drang nach rastlosem
Umherwandern in einem geschützten Bereich nachzukommen. Anderseits kann durch die
Gestaltung von idyllischen Plätzen zum Verweilen und beschaulichem Betrachten eingeladen
werden und können ängstliche und unruhige Menschen zur Ruhe zu kommen und Stress abbauen.
Ein Garten bietet Möglichkeiten zu unterschiedlichen Aktivitäten wie Essen im Freien, Unkraut zupfen, die Wege kehren, ein Hochbeet bepflanzen, gießen oder etwas ernten. Jedenfalls
erlauben die Aktivitäten ein Anknüpfen an der Biografie, sie fördern körperliche und geistige
Fähigkeiten, ermöglichen sich kompetent zu erleben und steigern das Selbstwertgefühl.
Dr. Ing. Amrei Mosbauer beschreibt beim Dementia Fair Congress 2008 folgende weitere
positive Auswirkungen von Gärten für Menschen mit Demenz:
• wniger Aggressivität und Ängstlichkeit
• bessere motorische Funktonen , weniger Stürze
• weniger Schlaf, Schmerz und Beruhigungsmittel
• aktive Beteiligung, weniger Depression, Frustration und Isolation
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körperliches und psychisches Wohlbefinden
Sonnenlicht: Bildung von Vitamin D, Calcium für die Knochenfestigkeit
Verbesserung der Lebensqualität
(Vgl. www.faircongress.de/hamburg/images/stories/logos/pp/p34.pdf)
5 Anforderungen an Gärten für Menschen mit Demenz
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Stimulation ohne Stress
Sicherheit und Geborgenheit, Vertrautheit
Hilfen zur Wahrnehmung und Orientierung
Erleben von Kompetenz
Möglichkeit zu Aktivität
Wahlmöglichkeit zwischen Privatheit und Gemeinschaft
Autonomie und Kontrolle
Kontinuität – Bezug zum bisherigen Lebenszusammenhang (vgl. Heeg / Bäuerle 2007,
S. 14)
Diese genannten Anforderungen müssen bei der Planung in den Blick genommen werden und
in der konkreten Gestaltung von Wegen, Beeten, Sitzplätzen, Umzäunungen etc. ihren Niederschlag finden.
6 Planung und Gestaltung
6.1 Bepflanzung
Bei der Bepflanzung gibt es verschiedene Kriterien, auf die in einem Garten für demenzkranke Menschen Bedacht genommen werden muss. Erstens ist bei der Pflanzenauswahl unbedingt darauf zu achten, dass ungiftige Pflanzen Verwendung finden. Bekannten Pflanzen aus
der Region wie sie zum Beispiel auch in den Bauerngärten anzutreffen sind, ist der Vorzug zu
geben. Diese haben wahrscheinlich Bezug zur Biografie der NutzerInnen, lösen Erinnerungen
aus und geben dadurch Sicherheit und Wohlgefühl. Es empfiehlt sich, typische Pflanzen für
die jeweiligen Jahreszeiten wie beispielsweise Schlüsselblumen, Tulpen, Erdbeeren, Kirschen, Sonnenblumen, Astern anzusetzen, da sie die Orientierung fördern können und ein
intensives Erleben der Jahreszeiten ermöglichen.
Ein Garten ist immer auch Anregung für die Sinne. Wie schon weiter oben angeführt, können
durch einen Garten alle Sinne angesprochen werden. Speziell der Duft von Pflanzen kann
bestimmte Erinnerungen auslösen. Besonders die bekannten Gewürzkräuter wie Schnittlauch,
Petersilie, Dill oder Pfefferminze sollten nicht fehlen.
Hochbeete ermöglichen auch für ältere Menschen, die sich nicht mehr gut bücken können,
etwas anzubauen, Pflanzen zu betrachten, Unkraut zu zupfen oder zu ernten. Je nach Stadium
der Demenz kann oft nicht mehr der Zusammenhang zwischen dem gärtnerischen Tun und
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dem fertigen Produkt hergestellt werden. Es geht jedoch nicht um ein Endprodukt, sondern
um ein Tun, das im Moment sinnvoll erlebt wird und Freude macht.
Auch ein Naschgarten mit Erdbeeren, Himbeeren oder Früchten in Augenhöhe erfreut die
GartenbesucherInnen.
Insgesamt ist darauf Bedacht zu nehmen, ein abwechslungsreiches Spektrum von Farben,
Formen und Gerüchen zu schaffen, welches zwar anregend wirkt, aber auch nicht zu Überstimulierung führt.
6.2 Begrenzung
Gärten sollten auf alle Fälle von einem Zaun umgeben sein. Ein umzäunter Garten bietet die
Gelegenheit, dass sich Menschen mit einer demenziellen Erkrankung in einem geschützten
Außenbereich selbständig aufhalten können. Die Förderung des selbstbestimmten Spazierengehens erweitert den persönlichen Lebensraum, stärkt das Selbstbewusstsein und trägt maßgeblich zu persönlichem Wohlbefinden bei. Eine Zunahme der sozialen Kontakte zu MitbewohnerInnen oder Angehörigen entsteht und führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität.
(vgl. http://www.hanau.de/service/spendenportal/artikel/07490/ )
Hecken, Zäune und Mauern sollten grundsätzlich so ausgeführt werden, dass nicht darüber
geklettert oder durchgeschlüpft werden kann. Gartentore sollten unauffällig ausgeführt und
die Schnallen kaschiert werden, damit sie eher als Teil des Zaunes interpretiert werden und
nicht Aufforderungscharakter besitzen, den Garten zu verlassen. (vgl. Heeg / Bäuerle 2007; S.
32)
6.3 Wege
Wegen fällt die Funktion der Erschließung sowie der Gliederung des Gartens zu.
Die Nutzer sollten den Garten ohne fremde Hilfe vom Gebäude aus betreten und auch wieder
verlassen können. (vgl. Heeg / Bäuerle 2007; S.31 - 32)
Bei der Wegführung und Weggestaltung ist bei einer Nutzung durch Menschen mit einer Demenzerkrankung im Besonderen auf die Aspekte Orientierung und Sicherheit Bedacht zu
nehmen. Um die Orientierung zu erleichtern, sollte die Wegführung so gestaltet sein, dass die
Wege wieder zum Ausgangspunkt zurückführen. Kreuzungspunkte und Sackgassen sollten
vermieden werden, da bei demenzkranken Menschen Wahlmöglichkeiten eher Verwirrung
und Unsicherheit auslösen und es ihnen häufig Schwierigkeiten bereitet, umzudrehen. Eine
klare und kontrastreiche Gestaltung der Wegränder unterstützt ebenfalls die Orientierung.
(vgl. Heeg / Bäuerle 2007; S. 38)
Aus Sicherheitsgründen sollten zum Ausgleich von Höhenunterschieden im Garten Rampen
den Vorzug vor Stufen gegeben werden. Die Steigung der Rampen sollte maximal 4 % betragen. Empfohlen wird eine Breite der Wege von 1,7 bis 2 Meter, da bei dieser Breite auch
noch zwei Rollstühle aneinander vorbeifahren können. Für ältere, demenziell erkrankte Menschen kann es aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Einschränkungen schwierig sein,
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entgegenkommenden Personen auszuweichen. Aus diesem Grund ist auch bei gehfähigen
Menschen eine Mindestwegbreite von 1,3 m erforderlich.
Die Wegmaterialien sollten aus einheitlichem Material bestehen und einen Kontrast zum umgebenden Boden darstellen. Die Belagsflächen müssen rutschfest sein und dürfen keine Unebenheiten aufweisen. (vgl. Heeg / Bäuerle 2007; S. 38 - 39)
In manchen Bereichen können Wege mit Handläufen ausgestattet sein, um einerseits Halt zu
bieten und andererseits Orientierung zu verbessern.
6.4 Orte zum Verweilen
Jeder Garten braucht Plätze, die zum Verweilen einladen. Man sollte schattige, gemütliche
Sitzplätze für geselliges Beisammensitzen vorsehen. Die klassische Terrasse direkt vor dem
Haus wird erfahrungsgemäß am häufigsten genutzt. (vgl. Heeg / Bäuerle 2007; S. 34).
Demenzkranke Menschen brauchen nicht nur Orte zum geselligen Beisammensein, sondern
zusätzlich auch geschützte Plätze und Nischen als Rückzugsmöglichkeit, an denen sie sich
sicher und geborgen fühlen können.
6.5 Wasser
Wasser ist ein besonders beliebtes Gestaltungselement für Gärten. In der Fachliteratur finden
sich unterschiedliche Einschätzungen in Bezug auf den Einsatz in Gärten, die von Menschen
mit einer Demenzerkrankung genutzt werden. Ablehnend äußert sich Pollok (1997), da das
ständige Plätschern Inkontinenz fördern könnte. Bei vielen Autoren überwiegt jedenfalls die
Zustimmung. (vgl.Zeisel & Tyson, 1999) Es wird die wohltuende und einerseits beruhigende
aber andererseits auch die Sinne anregende Wirkung hervorgehoben. Jedenfalls ist bei der
Planung der Sicherheitsaspekt zu berücksichtigen. Auch seichte Gewässer können für Menschen mit einer Demenzerkrankung ein Gefahrenpotenzial darstellen. Auch der Aufwand für
Planung, Bau und Pflege sind zu berücksichtigen.
7 Die Pflege des Gartens
Zum Abschluss sei noch darauf verwiesen, dass bei der Planung eines Gartens mitzubedenken
ist, dass der Garten auch regelmäßige Pflege benötigt. Regelmäßiges Gießen und Unkraut
jäten nimmt viel Zeit in Anspruch, welche die MitarbeiterInnen in Pflege und Betreuung zusätzlich nicht aufbringen können. Es empfiehlt sich daher, robuste und standortgerechte
Pflanzen zu bevorzugen und gleich zu Beginn eine Bewässerung einzuplanen. In vielen Einrichtungen gibt es auch Ehrenamtliche oder Angehörige, die sich gerne im Garten engagieren.
8 Fazit
Gärten für demenzkranke Menschen müssen speziell für die Bedürfnisse dieser Nutzergruppe
konzipiert und gestaltet werden. Dies bedeutet, dass die Gärten vor allem sichere und ge© 2009 Diakoniewerk / Mag. (FH) Sylvia Boubenicek
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schützte Orte sein müssen, welche biografieorientiert Möglichkeiten zu Aktivität und Bewegung, aber auch zu Rückzug und Ruhe bereitstellen. Die Gestaltung des Gartens sollte die
Sinne anregen und Erinnern fördern, jedoch ohne Überstimulierung zu erzeugen. Werden diese wesentlichen Punkte beachtet, dann sind demenzgerechte Gärten nicht nur ein wesentlicher
Faktor zum Wohlfühlen und zur Verbesserung der Lebensqualität für die älteren Menschen,
sondern sie bringen auch Erleichterung und Ressourcenschonung für das Personal.
9. Literatur
Bäuerle, Katharina: Gärten für Menschen mit Demenz. Aufenthalt im Freien sollte Teil des
Konzepts sein. In: Altenheim 3/2006
Gatterer, Gerald/ Croy, Antonia (2005): Leben mit Demenz. Praxisbezogener Ratgeber für
Pflege und Betreuung, Springer Wien New York.
Heeg, Sibylle/ Bäuerle, Katharina (2007): Freiräume. Gärten für Menschen mit Demenz, 2.
Auflage. Demenz Support Stuttgart gGmbH.
Mooney, P./ Nicell, P.L. (1992): The importance of exterior environment for Alzheimer residents: effective care and risk management, Gestion des soins de sante. Health Care Management forum: 5(2): 23-29.
Pollock, Annie (1997): Landscaping for Dementia Patients. In: Design for Dementia: Six
Conference Papers, Sterling, DSDC 4 -7.
Staack, Sven (2004): Milieutherapie. Ein Konzept zur Betreuung demenziell Erkrankter,
Vincentz Network, Hannover.
Zeisel, John / Tyson Marth M. (1999): Alzheimer’s Treatment Gardens. In: Clare Cooper
Marcus/ Marni Barnes (eds.), Healing Gardens. Therapeutic Benefits and Design Recommendations, New York etc.: John Wiley & Sons, 437 – 504.
URL: http://www.faircongress.de/hamburg/images/stories/logos/pp/p34.pdf
URL: http://www.hanau.de/service/spendenportal/aritkel/07490/)
URL: http://www.zum-landschaftsarchitektur.de/dokument
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