oettinger davidoff group - Werner Vogt Communications AG
Transcription
oettinger davidoff group - Werner Vogt Communications AG
Fallstudie Oettinger Davidoff Group Erfolg durch den Fokus auf Luxus Als Max Oettinger in Basel 1875 die Oettinger Cigares AG gründete, tru gen Männer noch Zylinderhüte und die Frauen wogende Roben mit extra vaganter Kopfbedeckung. Etwas ver bindet uns aber noch heute mit der Gründerzeit und der bald danach ein setzenden Belle Epoque: Damals wie heute war das Rauchen von exquisiten Zigarren eine Freude, die für viele Zeitgenossen de rigueur Teil eines schönen Lebensstils war. Insofern ist das heutige Motto der Oettinger Davi doff Group – «The Good Life» – ge nauso aktuell wie zu ihrer Gründer zeit, mit andern Worten zeitlos. Zino Davidoff Im Lauf des 20. Jahrhunderts kam es innerhalb der operativen Führung der Firma auf Besitzebene zu mehreren Blutauffrischungen. Entscheidend war das Wirken des Direktors Georg Hup puch, der das Unternehmen nach den Schwierigkeiten am Ende des 1. Welt kriegs wieder auf Kurs brachte. Eine detaillierte Schilderung der Firmenge schichte würde an dieser Stelle zu weit führen, sie kann in der Darstel lung von Dieter H. Wirtz (Davidoff. Legende – Mythos – Wirklichkeit) de tailliert nachgelesen werden. Ent 40 scheidend über ihren Tod hinaus wa ren im 20. Jahrhundert zwei weitere Persönlichkeiten: Zum einen ist dies der zweite Namensgeber des Unter nehmens Oettinger Davidoff: Zino Davidoff (1906–1994), der 1911 wegen judenfeindlicher Pogrome in Russland und der Ukraine mit seinen Eltern nach Genf emigrierte. Er erkannte als gewiefter Zigarren- und Tabakhändler sehr früh die Bedeutung der Kontrolle über die Tabakproduktion zur Siche rung eines konstant hohen Niveaus. Gleichzeitig war es dem ausserge wöhnlichen Verkaufstalent und der einnehmenden Persönlichkeit dieses Connaisseurs und Grandseigneurs zu verdanken, dass in seinem Gästebuch Staatsoberhäupter, Hollywood-Stars und Industriemagnaten in grosser Zahl signierten. ernst schneider Zum andern prägte Dr. Ernst Schnei der (1921–2009), Schwiegersohn von Georg Huppuch, die Firma Oettinger entscheidend. Seine im Rückblick wichtigste Initiative war sicherlich der Erwerb von Zino Davidoffs Tabakge schäft in Genf, vor allem aber die Ent scheidung, den Doyen der Genfer Ta bakhändler noch während fünf Jahren Fallstudie als Botschafter seiner Marke zu be schäftigen. Davidoff tat dies mit so viel feu sacré, dass er bis kurz vor seinem Tod als Botschafter des eigenen Brands um die Welt reiste. Heute ist die Oet tinger Davidoff Group im Besitz von Liliane Schaffner-Schneider und Chri stine Ryhiner-Schneider. Beide sind Töchter des letzten Patrons der Eigen tümerfamilie, Dr. Ernst Schneider. Kontrolle «Crop to Shop» Zino Davidoff war in mehrfacher Hin sicht ein Pionier. Dies zeigte sich unter anderem darin, dass er sich schon in einer sehr frühen Phase in Kuba um eine eigene Produktionslizenz bemühte. Der Staatsbetrieb Cubata baco produzierte für Davidoff ab 1946 solch wohlklingende Produkte wie «Château Latour» oder «Dom Peri gnon». Selbstredend war für das Ge schäft mit Kuba weder die kommuni stische Machtübernahme (1959) noch das amerikanische Handelsembargo (1960) besonders hilfreich. Ende der achtziger Jahre verlagerten die Ge schäftspartner Schneider und Davi doff die Produktion der DavidoffZigarren aus grundsätzlichen Über legungen in die Dominikanische Re publik. Die Kontrolle der Wertschöp fungskette wird heute, wie Verwal tungsratspräsident Andreas Schmid erklärt, noch wesentlich konsequenter und vor allem nachhaltiger gehand habt. Die Oettinger Davidoff Group beliefert die Tabakbauern in der Do minikanischen Republik mit sorgsam KURZPROFIL Oettinger Davidoff Group • Präsident des Verwaltungsrats Andreas Schmid • CEO Hans-Kristian Hoejsgaard • Gründung 1875 (Max Oettinger Cigares AG) • Umsatz 1,3 Mrd. Franken (2010) • Mitarbeitende 3800, Schweiz: 1000 • Standorte 65 Davidoff Flagship Stores weltweit und über 500 Davidoff Depositäre in Europa, Asien, USA, Global Duty Free, Naher Osten, Afrika und Lateinamerika selbst gezüchteten Setzlingen, um die konstante Qualität der Ernte sicherzu stellen. langfristig investieren Damit aber nicht genug: Die Bauern werden auch mit dem Bau von Tro ckenhäusern, Bewässerungen und an derer Basisinfrastruktur unterstützt, denn man ist an einer langfristigen Arbeitsbeziehung interessiert. Am an dern Ende des «Crop-to-Shop»-Kon zepts ist der nach besten Marketinger kenntnissen konzipierte DavidoffVerkaufsladen an bester Lage. 1911 legte der Vater von Zino Davidoff mit der Eröffnung seines Tabakgeschäftes in Genf den Grundstein für das heute weltumspannende Netz von 65 Davi doff Flagship Stores. Im Jubiläumsjahr 41 Fallstudie 2011 fiel zudem der Startschuss für die Implementierung des neuen RetailKonzeptes für die Flagship Stores im modernen und auch karibisch anmu tenden Look mit der neuen Bezeich nung «Davidoff of Geneva – since 1911». 1. Fokus, 2. Fokus, 3. Fokus Angesprochen auf die grösste Heraus forderung für die Oettinger Davidoff Group ist die Antwort schnell gege ben: «Im Wettstreit mit globalen In dustriegiganten mittel- und langfristig nicht nur zu überleben, sondern zu wachsen und zu florieren, ist alles an dere als selbstverständlich», sagt An dreas Schmid und bringt die Namen von zwei Industrieriesen ins Spiel: Philipp Morris und British American Tobacco. In der Tat ist die Oettinger Davidoff Group mit einem Jahresum satz von 1,3 Milliarden Franken von respektabler Grösse. Die beiden er wähnten Konglomerate bringen mit 67,7 bzw. 43,5 Milliarden Dollar (2010) doch ein gewaltiges Gewicht auf die Waage. Sie können aber nicht mit der Oettinger Davidoff Group direkt verg lichen werden, da diese sich auf Zigar ren, Zigarillos und Raucherbedarfsar tikel fokussiert und ein Nischenplayer im Premium- und Luxussegment ist. Der Verwaltungsratspräsident zeigt sich dennoch zuversichtlich. Im Be reich der Premium Cigars habe Davi doff sowohl in Europa wie in den USA und erst recht in den aufstrebenden Märkten Asiens nicht nur beträcht 42 liches Wachstumspotential. Nein, so gar die Aussicht auf die Marktführer schaft sei ein realistisches Ziel, führt Andreas Schmid aus. Tradition und Ambition Die Pflege von lokalen Traditionen und Werten steht für Andreas Schmid überhaupt nicht im Widerspruch zu den hoch gesteckten Zielen auf dem weltweiten Marktplatz. Im Gegenteil. Als Familienunternehmen könne die Oettinger Davidoff Group den einzel nen Mitarbeitenden gewisse Dinge bieten, die in einem grossen Konzern undenkbar seien: «Die Weihnachtsfei er für die Mitarbeiter in Basel ist im mer ein persönlich gestalteter Anlass, der im Betrieb ausserordentlich ge schätzt wird. Und ebenfalls sehr ge schätzt werden die regelmässigen per sönlichen Mitarbeiterinformationen durch den CEO Hans-Kristian Hoejs gaard.» Zur Umsetzung der internati onalen Wachstumsstrategie wurde im Tabakbereich unlängst ein Teil des Managements ausgewechselt und mit Profis aus dem Ausland besetzt. Interview Andreas Schmid, Präsident des Verwaltungsrats Oettinger Davidoff Group Was ist speziell an der Führung einer Firma im Familienbesitz? Fallstudie Jede Unternehmerfamilie hat ihre Ge schichte und ihre Werte, die es zu res pektieren gilt. Der Verwaltungsrats präsident ist auch der Statthalter der Familie, der «Patron», der dafür verantwortlich ist, dass die historisch gewachsene «Unternehmens-DNA» weiter Bestand hat. Ich würde aber noch weiter gehen: Diese Aufgabe setzt auch Wertschätzung im umfas senden Sinn und Zuneigung voraus. Heisst dies, dass sich die Eigentümer direkt in die Führung des Unternehmens einbringen? Nicht im Sinne einer Einmischung in das Tagesgeschäft. Bei der Oettinger Davidoff Group halten sich die Eigen tümer – dies sind in der jetzigen Ge neration zwei Töchter des verstor benen Patrons Dr. Ernst Schneider – fern vom operativen Geschäft. Wie und wo bringen sich die Eigentümer ins Geschehen ein? Dies geschieht erstens durch einen regelmässigen Informationsfluss über das operative Geschäft. Einmal im Monat werden die Eigentümer durch mich über alles Relevante im laufenden Geschäft informiert. Be sonders bedeutsam ist jedoch die Familienversammlung, die zweimal jährlich tagt. An diesem Treffen ist auch die nächste Generation der Eigentümer beteiligt. Hier finden wichtige Diskussionen über die Un ternehmensentwicklung statt und die Eigner des Unternehmens kön nen so Einfluss auf die Weichenstel lungen nehmen. Gibt es Familienmitglieder, die im ope rativen Geschäft tätig sind? Ja. Die Eigentümerfamilie bzw. die beiden Eigentümerfamilien sind in der glücklichen Lage, dass bei der nächs ten Generation, die im Alter zwischen 30 und 40 Jahren ist, viel Talent vor handen ist. Welche Rolle haben Sie bei der Ent wicklung dieses Talents? Ich verstehe mich als befreundeter Förderer der nächsten Generation in ihrer Gesamtheit und selbstverständ lich unterstütze ich die einzelnen Fa milienmitglieder, wo ich kann. Zwei Dinge sind für mich aber zentral: Er stens steht für mich ausser Frage, dass sich jedes Familienmitglied zuerst ausserhalb der eigenen Firma die Spo ren verdient. Danach kann diese Per son im Betrieb so eingesetzt werden, dass ihre Fähigkeiten und ihre Persön lichkeit optimal zum Tragen kommen. Und zweitens will und darf ich nicht die Rolle des Coachs für eine Einzel person spielen. Wird die Oettinger Davidoff Group auch weiterhin in Familienbesitz bleiben, oder kann man sich eine Strukturänderung vorstellen? Solange der Erfolg im bisherigen Aus mass vorhanden ist, besteht für eine Strukturänderung kein Anlass. Autor: Werner Vogt 43