Bilder komprimieren ohne sichtbaren Verlust

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Bilder komprimieren ohne sichtbaren Verlust
Design & Praxis
Bildverarbeitung
Bilder komprimieren ohne
sichtbaren Verlust
Hartnäckig hält sich die These, das Komprimieren von Bilddaten
hätte eine schlechtere Bildqualität zur Folge. Unsere Untersuchung
hat diese Behauptung nicht bestätigt.
RALF TURTSCHI Gedruckte Bildqualität definiert sich gestalterischkommunikativ und technisch. Der erste
Themenkreis erschliesst sich jedem,
der selber fotografiert: Schärfe, Schärfentiefe, Farbe, Kontrast, Bewegung,
Perspektive, Licht usw. sind die Ingredienzen, die zum guten Bild führen.
Die andere Komponente kann vielleicht
mit Reproduktionstechnik umschrieben
werden.
Die Gestaltung und die Technik verschmelzen zunehmend – es sei nur
auf die Digitalfotografie hingewiesen.
Fotografen und Bildgestalter müssen
sich deshalb wohl oder übel mit der
Technik auseinander setzen.
Auflösung ppi
Es gilt als bekannt, dass die Auflösung
in Pixel/inch (ppi) das Mass aller
Dinge darstellt, wenn es um die technische Bildqualität geht. Wir sprechen,
was die Eingabeseite betrifft, von ppi
und nicht von dpi. dpi bedeutet «dot
per inch» und wird auf der Ausgabeseite für die Schreibdichte verwendet.
Wenn ein 60-Punkt-Raster mit 1270
dpi belichtet wird, dann wird er in
Schrittfolgen von 500 Linien/cm aus
lauter dots zusammengesetzt (s. Abb.).
Die Auflösung steht im Zusammenhang mit der Rasterweite im Druck. Für
ein Optimum an Bildqualität sind vier
Pixel notwendig, aus denen zusammen durch den RIP ein Rasterpunkt
generiert wird. Da die Rasterweite in
Rasterpunkten/cm angegeben wird,
haben wir es mit einer Längendimension zu tun, nicht mit einer Fläche. Um
von Pixel auf Rasterpunkte zu schliessen, müssen wir deswegen davon ausgehen, dass zwei und nicht vier Pixel
einen Rasterpunkt bilden. Ein Rechnungsbeispiel: Wie viele Pixel Auflö-
28
Pu
nk
te
pr
o
cm
=
28
er
Ra
st
er
Rasterabstand in lpi
304,8 ppi (120 Pixel pro cm)
209
176
201
230
21%
Die Rasterpunkte sind in einem Gitternetz angeordnet. Die Rasterweite bezeichnet die Anzahl Punkte pro cm.
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Der Durchschnitt der vier Pixel ergibt
einen Grauwert von 201. In einer Skala
von 0 (100%) bis 255 (0%) errechnet
der RIP aus dem Graustufenwert 201
einen Tonwert von 21%.
Die Rasterpunkte sind nicht rund,
sondern können bestimmte Formen
annehmen. Der Punktraster und der Kettenpunktraster sind häufige Formen.
20er-Raster
1 Dot (Spot) = Laserschuss
1 Pixel
Schrittweite
der Ausgabe in dpi.
Vielfach 1270 dpi
= 500 Linien/cm.
36er-Raster
Ein Haufen Dots bilden
zusammen einen
Rasterpunkt.
Je feiner die Schreibdichte
in dpi, desto weniger treppenförmig sind die Punkte.
60er-Raster
Publisher 3 · 2001
sung benötige ich, um einen 60erRaster auszugeben? Lösung: doppelt
so viele wie Rasterpunkte, nämlich 60
mal 2 = 120 Pixel. Und zwar 120 Pixel
pro cm (ppcm). Die Auflösung wird oft
in Pixel/inch (ppi) angegeben, also
müssen wir noch umrechnen: 1 inch
= 2,54 cm. 120 ppcm mal 2,54 =
304,8 ppi. Wer ein Bild mit 304,8 ppi
einscannt, der kann es mit einem 60er
Raster in einer optimalen Qualität im
Massstab 1:1 belichten. Wir können
die ppi-Auflösung auf 300 runden.
Das Bild kann nachträglich im Layoutprogramm etwa 200% vergrössert
werden, ohne dass es wesentlich an
Qualität einbüsst.
igitale Bildqualität ist dehnbar: Beim
RIP werden die Pixel in Rasterpunkte
umgerechnet, in einer brillanten Qualität, die sehr fehlerverzeihend ist. Das
Auge tut ein Übriges, es empfindet
beispielsweise eine geweisselte Wand
selbst dann als weiss, wenn das Lampenlicht gelblich ist.
Datenkompressionen
Es ist immer die Rede von so genannt
verlustfreier und verlustbehafteter
Kompression (s. Kasten). Allerdings ist
die Praxis und die wissenschaftliche
Erklärung nicht dasselbe. Aus der Praxis betrachtet, kann «verlustfrei» dann
gelten, wenn man als Betrachter keinen Unterschied bemerkt.
Photoshop erzeugt unterschiedliche
Bildkompressionen. Im Folgenden geht
Verfahren
RunLength: Algorithmus, der
eine Folge von Bytes (ein Run)
durch zwei Bytes ersetzt. Das
erste Byte gibt die Länge der
Folge an, das zweite den Bytewert, der zu repetieren ist. Komprimiert vor allem dann gut,
wenn viele Bildstellen vorkommen, die gleichartig beschaffen
sind.
LZW: Nach Abraham Lemple,
Jacob Zif und Terry A. Welch
benannt. Wiederholt auftretende Sequenzen werden in
einer Tabelle markiert und
durch dynamisch erzeugte
Abkürzungen variabler Länge
ersetzt. Verlustfrei von den
Dateiformaten TIF, PDF, GIF
und PostScript unterstützt.
JPEG: Joint Photographic Expert
Group. Kompressionsmethode,
die ISO-standardisiert ist. Verlustbehaftete Kompressionsmethode mit 13 Stufen für TIF,
PDF und PostScript. Nur ab
PostScipt-Level-2-Druckern.
Unter Umständen keine
Farbseparation. Geeignet für
Farbbilder mit weichen Tonwertübergängen, weniger geeignet
für Bilder mit harten Kanten
oder Strichzeichnungen.
ZIP: Verlustfreie Methode für
PDF und TIF.
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Design & Praxis
Publisher 3 · 2001
Sujet «Linse»: Viele dunkle Töne, wenig
Farben. Bei diesem Bild funktioniert die
Komprimierung besser, das Bild benötigt
weniger Platz.
es um Printproduktionen – die Kompressionsverfahren, welche im Internet zur Anwendung gelangen, bleiben
unberücksichtigt.
Bei der Farbbilddatenaufbereitung
werden normalerweise zwei Dateiformate verwendet, TIF und EPS. EPS als
Format, welches sich für Freistellpfade
eignet (Xpress 4 importiert keine Pfade
aus Tiff-Dateien mehr – ein Programmfehler). Sowohl Bilder im EPS- als auch
im TIFF-Format können mit JPEG komprimiert werden.
LZW-Komprimierung
Ob man Daten überhaupt komprimieren soll oder nicht, ist ein heisses Eisen.
Die meisten Anwender und Drucker
haben schon genug Schwierigkeiten
mit den standardmässigen Tiff-Daten,
also verzichtet man in der Regel auf
weitere potenzielle Störungen und lässt
die Kompression beiseite.
Dabei gibt es auch völlig unverdächtige Methoden. Beim Speichern von
Tiff-Dateien die Dialogbox «Tiff-Optionen.
Man sollte diese Komprimierungsmethode immer anwenden, sie ist verlustfrei, schafft Platz und lässt sich
problemlos ripen. In unserer Versuchsreihe der beiden Bilder «Linse» und
A
«Früchte» sieht die Datenkompression
wie folgt aus:
Tiff
LZW
Einsparung
Linse
13,9 MB 8,1 MB
Früchte 13,9 MB 11,8 MB
42%
15%
Eine Platzeinsparung zwischen 15 und
42% kann sich sehen lassen.
JPEG-Komprimierung
Komplexer sieht die Sache mit JPEG
aus. JPEG ist mit Datenverlust behaftet. Ein Versuchsreihe soll darüber Auskunft geben, wie weit der Verlust im
Druck sichtbar ist. Und zwar möchte
ich mit dem bestehenden JPEG arbeiten. Es ist ja ein neues JPEG 2000 im
Begriff zu entstehen, welches weitere
Verbesserungen mit sich bringen soll.
Ich gehe davon aus, dass dieses Format
zu gegebener Zeit in den Photoshop
implementiert wird. Nun zur Versuchsreihe: Ich habe zwei verschiedene Bilder
ausgewählt; das Sujet «Linse» stammt
Sujet «Früchte»: Viele Hell-Dunkel-Unterschiede, detail- und konstrastreich. Bei
diesem Bild bringt die JPEG-Komprimierung weniger Platzeinsparung.
von einer Foto-CD, ist 19,43 x 13 cm
gross und besitzt eine Auflösung vom
300 ppi. Die Tonverteilung: grosser uniformer Schwarzanteil, wenige Farben.
Das zweite Bild «Früchte» stammt aus
einem gescannten Dia mit den genau
gleichen Parametern. Die Tonwertverteilung ist grundsätzlich anders, über
die ganze Skala verteilt, mit vielen
Hell-Dunkel-Kontrasten und harten
Kanten.
Die Tabelle unten gibt Auskunft über
die Dateigrössen: beim Sujet «Linse»
ergibt Stufe 0 eine Dateigrösse von
660 KB, was etwa der Kompressionsrate von 1:20 entspricht (13,9 MB =
14 233 KB). Mit Stufe 12 erreicht man
3,7 MB, was der Kompressionsrate von
etwa 1:4 entspricht. Die Dateigrössen
Originaldatei TIF
B
Links Komprimierung mit Stufe 0 (kleine Datei, hoher
Verlust), rechts mit Stufe 12 (grosse Datei, kleiner Verlust). Die gedruckten Resultate auf der rechten Seite
tragen ebenfalls die Nummern A und B.
JPEG-Kompressionsstufen 0-12.
sind in der Tabelle gelb markiert. Das
Bild «Früchte» zeigt ein anderes Verhalten, es lässt sich nicht so sehr
komprimieren, da im Bild viele HellDunkel-Wechsel vorkommen. Die blau
unterstrichenen Zahlen zeigen Kompressionsraten von 1:17 (mit Stufe 0
komprimiert) bis 1:2 (Stufe 12). Bei
Stufe 5 verkleinern wir die Dateigrösse
je nach Bild ungefähr um den Faktor
10.
Welche Bedeutung diese Erkenntnis für
die Datenübermittlung via ISDN oder
E-Mail hat, weiss jeder, der sich schon
damit abmühen musste.
JPEG ins Layoutprogramm
Xpress kann JPEG-Daten direkt importieren, man muss dazu lediglich den
10-mal komprimieren, dekomprimieren: Dateigrösse bleibt immer gleich.
Design & Praxis
Publisher 3 · 2001
A
JPEG-komprimiert, Stufe 0, niedrig.
JPEG-komprimiert, Stufe 2, niedrig.
JPEG-komprimiert, Stufe 4, mittel.
B
JPEG-komprimiert, Stufe 7, mittel.
Die Qualitätsstufe 5 bringt etwa die
Kompressionsrate 10:1.
Filter «JPEG Import» in den XTensionOrdner legen. Wie weit sich JPEGDateien ripen lassen oder beim Ripen
Schwierigkeiten mit der Vierfarbseparation oder beim Ausschiessen auftreten,
bleibt offen, da die RIPs unterschiedlich reagieren. Theoretisch müsste es
funktionieren, aber in der Theorie sagt
man ja auch, JPEG sei mit Datenverlust behangen. Unsere Versuchsreihe
lässt einen anderen Eindruck entstehen – oder bemerken Sie einen Unterschied in den Bildern? Statt sich aus
den Medien auf JPEG 2000 zu freuen,
könnte man ja einmal die vorhandenen
Werzeuge richtig ausloten.
JPEG-komprimiert, Stufe 10, hoch.
Im linken Bildteil die JPEG-Komprimierung 0 (niedrig),
im rechten das Bild, nachdem es 10-mal mit JPEG, Stufe
0 komprimiert, geöffnet und wieder komprimiert wurde.
Es ist kein weiterer Verlust sichtbar.
JPEG-komprimiert, Stufe 12, maximal.
Der Versuchsvorgang der 10fachen Komprimierung
liesse eigentlich ein markant schlechteres Bild erwarten.
Die Bildverluste werden durch den RIP-Vorgang wieder
kompensiert. Abbildung im Massstab 1:1.
Nach dem Jo-Jo-Effekt der 10fachen JPEG-Komprimierung haben wir das Bild auf eine kleinere Grösse interpoliert.
Statt 19,4 cm ist es nur noch 9,2 cm breit. Interessant zu beobachten, wie weit die Daten durch das Herunterrechnen wieder «rekonstruiert» werden. Vergleichen Sie das Resultat mit dem Original-TIF auf der linken Seite.
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