Fall 6 (Raub)
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Fall 6 (Raub)
Professor Dr. Jörg Eisele Examinatorium Strafrecht BT Besprechungsfall Nr. 6 A hat herausgefunden, dass die allein lebende Geschäftsfrau G stets viel Bargeld in ihrem Tresor verwahrt. Er lauert ihr eines Abends gegen 23.30 Uhr maskiert auf, schleicht sich, nachdem G ihren Wagen verlassen hat und gerade die Haustür ihrer Villa aufschließen will, von hinten an und schlägt G nieder. Sodann fesselt er sie mit Handschellen und knebelt sie mit seinem Halstuch. Er nimmt den heruntergefallenen Wohnungsschlüssel an sich und entnimmt der ebenfalls auf den Boden gefallenen Handtasche der G — wie von Anfang an geplant — den Autoschlüssel, um den Wagen der G später als Fluchtfahrzeug benutzen zu können; dabei ging sein Plan dahin, den Wagen nach gelungener Flucht abgeschlossen auf einem Parkplatz abzustellen und der G unter Angabe des Standortes die Autoschlüssel zuzuschicken. Nach der Fesselung und Knebelung der G zieht A ein mit Wasser gefülltes Plastikfläschchen aus der Tasche und erklärt G, er werde ihr Gesicht mit Salzsäure verätzen, wenn sie ihm nicht die Zahlenkombination zum Öffnen des Tresors nennt. Als G durch Nicken zu verstehen gegeben hat, dass sie kooperieren werde, schiebt er den Knebel kurz von ihrem Mund, und G nennt die Tresorkombination. Dann zieht A den Knebel wieder fest, begibt sich mittels des Schlüssels in das Haus, öffnet den Tresor, entnimmt die 10.000 € Bargeld, die sich im Tresor befinden, und verstaut sie in seinem mitgeführten Aktenkoffer. Anschließend verlässt er das Haus – den Schlüssel lässt er, wie von Anfang an geplant, stecken – und begibt sich zum Wagen der G, um davonzufahren. G ist es jedoch inzwischen gelungen, den Knebel von ihrem Mund zu streifen, und sie ruft laut „Hilfe! Haltet den Dieb!“. Dies hört der Wachmann W, der als Angehöriger eines privaten Sicherheitsdienstes das anliegende Fabrikgelände bewacht. Er sieht den maskierten A in das Auto einsteigen, das er als das der G erkennt, und erfasst blitzschnell die Situation. Er rennt schnell zum Wagen, den A jedoch schon gestartet hat. Um A zu stoppen, ihn festnehmen, ihm das Auto und mögliche weitere Diebesbeute abnehmen und ihn der Polizei übergeben zu können, gibt W mehrere Pistolenschüsse auf die Reifen des abfahrenden Wagens ab. Dabei „checkt“ er vor der Abgabe des ersten Schusses kurz die Lage und schießt erst, als er festgestellt hat, dass die Straße ruhig und scheinbar menschenleer ist. Die ersten Schüsse gehen fehl, dann trifft jedoch einer den angezielten rechten Hinterreifen und stoppt das Fahrzeug. Allerdings wird von einem der fehlgegangenen Schüsse – nämlich von einem vom Boden abgeprallten Querschläger – ein Passant (P) getroffen und lebensgefährlich verletzt. Dieser hatte sich in einem von der Straßenbeleuchtung nur mäßig ausgeleuchteten Teil der Allee befunden und war möglicherweise von einem der Bäume verdeckt gewesen. P wird 2 jedoch mittels ärztlicher Hilfe, die ein auf das Geschehen aufmerksam gewordenen Anwohner sofort herbeiruft, gerettet. Währenddessen ergreift A die Aktentasche mit dem Geld, steigt aus und flieht zu Fuß weiter, wobei er sich die Maske abreißt, um nicht aufzufallen. In einer Seitenstraße rennt er an dem ihm bekannten Ganoven Z vorbei, ohne ihn jedoch zu bemerken. Z dagegen erkennt A und erfasst die Lage sofort. Um dem A ein Entkommen mit der Beute, die dieser nach der Vermutung von Z durch ein Eigentums- oder Vermögensdelikt an sich gebracht hat, zu ermöglichen und später selbst die Hälfte davon abzubekommen, stößt Z scheinbar ungeschickt mit W, der dem A nachgeeilt war, zusammen und stellt ihm dabei unauffällig ein Bein, so dass W hinfällt – wobei er sich, wie von Z vorausgesehen, leichte Schürfverletzungen zuzieht – und A entkommen kann. Später sucht Z den A auf, und beide teilen sich die Beute. Aufgabe: In einem Rechtsgutachten ist zu prüfen, ob und ggf. wie sich A, W und Z strafbar gemacht haben. Bearbeitungshinweis: Die §§ 123, 142, 261, 315 b und 323 c StGB sind nicht zu prüfen.