TH - an der ZHAW

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TH - an der ZHAW
Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften
Das Konzept der Karriereanker
von Schein –
Reliabilität und Konstruktvalidität eines deutschsprachigen
Instrumentes zur Erfassung von 9 Karriereorientierungen
Career Guidance for Social Justice, Prosperity and
Sustainable Employment - Challenges for the 21st Century
Prof. Dr. Marc Schreiber – Mannheim, 5. Oktober 2012
Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften
Inhalt
• Theorie & Instrument
- Karriereanker als Ausdruck des beruflichen Selbstkonzeptes
- Bezug zu anderen Konzepten
- Sozial-kognitive Laufbahntheorie (SCCT)
- Berufliche Identität
• Aufbau des Instrumentes (am Beispiel der Karriereorientierung
technische/funktionale Kompetenz)
• Überprüfung des Instrumentes
- Stichproben
- Reliabilität
- Konstruktvalidität
• Diskussion
• Durchführung des Fragebogens
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Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften
Karriereanker als Ausdruck des beruflichen
Selbstkonzeptes (Schein, 1975, 1987, 2004, 2006)
• Berufliches Selbstkonzept über
- Werthaltungen (Was ist mir wichtig?)
- Bedürfnisse, Motivationen, Ziele (Was treibt mich an?)
 Werthaltungen und Bedürfnisse, Motivationen, Ziele werden zu
Karriereorientierungen zusammengefasst
- Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen (Was kann ich (gut)?
 Karriereorientierungen inklusive Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Kompetenzen werden Karriereanker genannt
• entwickelt sich über die Erfahrung in der Berufswelt
(vgl. SCCT, Lent, Brown & Hackett, 2002)
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Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften
Karriereanker als Ausdruck des beruflichen
Selbstkonzeptes
Karriereanker
Typische Charakteristika
1. Technische/funktionale Kompetenz (TF)
 Wollen Experten sein
2. General Management (GM)
 Wollen Führungskräfte sein
3. Selbstständigkeit/Unabhängigkeit (SU)
 Wollen z.B. Projektleitende sein
4. Sicherheit/Beständigkeit (SB)
 Wollen Kontinuität und
Sicherheit
5. Unternehmertum (UT)
 Wollen Unternehmer sein
6. Kreativität (KR)
 Wollen ihre Ideen einbringen
7. Dienst/Hingabe für eine Idee/Sache (DH)  Wollen sich einsetzen für eine
Sache (z.B. non Profit, Natur-,
Umweltschutz)
8. Totale Herausforderung (TH)
 Wollen sich beweisen
9. Lebensstilintegration (LS)
 Wollen Familie/Freizeit mit
Beruf in Einklang bringen
Anmerkung: Schein (2006) geht von 8 Karriereankern aus. In der Weiterentwicklung wurde der Anker Unternehmerische
Kreativität aufgeteilt in Unternehmertum und Kreativität (vgl. Danziger, Rachman-Moore & Valency, 2008).
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Bezug zu anderen Konzepten – Sozial-kognitive
Laufbahntheorie (SCCT; Lent et al., 2002)
• Lernerfahrungen als zentrale Komponente bei der Entwicklung von
Interessen, dem Setzen persönlicher Ziele, dem Verhalten und der
Zielerreichung
aus Schreiber (2010, S. 310)
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Bezug zu anderen Konzepten – Berufliche
Identität in Anlehnung an Hausser (1995)
• Berufliche Identität ist selbstreflexiv und selbstkonstruiert
aus Schreiber (2010, S. 310)
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Aufbau des Instrumentes am Beispiel der
Karriereorientierung technische/funktionale
Kompetenz (TF)
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• Items technische/funktionale Kompetenz (TF)
- Es ist mir wichtig, für meine vertieften fachspezifischen Kompetenzen
anerkannt zu werden.
- Ich strebe nach Aufgaben, bei welchen ich mein Expertenwissen
einsetzen kann.
- Ich träume davon, in meinem Beruf so gut zu sein, dass mein
fachlicher Rat immer gefragt ist.
- Ich bin mit meiner Arbeit vollauf zufrieden, wenn ich meine
fachspezifischen Fähigkeiten und Talente einsetzen kann.
- Ich empfinde meine berufliche Entwicklung nur dann als erfolgreich,
wenn ich meine fachlichen und funktionalen Fähigkeiten bis zu einem
äusserst hohen Niveau weiterentwickeln kann.
- Ich würde eher kündigen, als eine Tätigkeit anzunehmen, bei der ich
mein Expertenwissen nicht einsetzen kann.
Antwortformat:
1=trifft gar nicht zu; 2=trifft nicht zu; 3=trifft eher nicht zu; 4=trifft eher zu;
5=trifft zu; 6=trifft völlig zu
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Überprüfung des Instrumentes – Stichproben
• Stichprobe 1: Psychologie-Studierende Universität Zürich (drittes Semester)
- Alter zwischen 19 und 60 Jahren (M = 24.2; SD = 6.2)
- mit einem zeitlichen Abstand von fünf Wochen zweimal online befragt
(Nt1 = 206, Nt2 = 176).
• Stichprobe 2: 195 Personen (Alter: M = 34.9; SD = 9.1) im Rahmen einer
Bachelorarbeit in Psychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte
Wissenschaften (ZHAW)
• Stichprobe 3: 68 Personen (Alter: M = 29.4; SD = 8.8), die an verschiedenen
Aus- und Weiterbildungen an der Zürcher Hochschule für Angewandte
Wissenschaften (ZHAW/IAP Institut für Angewandte Psychologie)
teilnahmen, einmalig befragt.
 insgesamt 469 Personen, welche alle den Fragebogen online ausgefüllt
haben
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Reliabilität – interne Konsistenz
Skala
1. Technische/funktionale Kompetenz (TF)
2. General Management (GM)
3. Selbstständigkeit/Unabhängigkeit (SU)
4. Sicherheit/Beständigkeit (SB)
5. Unternehmertum (UT)
6. Kreativität (KR)
7. Dienst/Hingabe für eine Idee/Sache (DH)
8. Totale Herausforderung (TH)
9. Lebensstilintegration (LS)
Cronbach α
.80 (.81)
.81 (.79)
.80 (.76)
.82 (.89)
.89 (.88)
.82 (.85)
.87 (.90)
.75 (.69)
.83 (.86)
Anmerkung: N ≥ 458; in Klammern = Angaben der Reliabilität bei der zweiten
Testdurchführung mit N = 176.
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Retestreliabilitäten (Diagonale) und
Interkorrelationen zwischen den Karriereankern
TF
GM
SU
SB
UT
KR
DH
TH
LS
TF
GM
SU
SB
UT
KR
DH
TH
LS
.79
.33**
.40**
.22**
.19**
.44**
.22**
.57**
.19**
.72
.24**
.32**
.55**
.26**
.00
.44**
-.06
.68
.06
.30**
.51**
.14**
.38**
.34**
.84
.06
-.02
.18**
.03
.31**
.82
.42**
-.03
.29**
-.05
.77
.28**
.52**
.13**
.81
.23**
.18**
.77
.07
.72
Anmerkung: N = 469 (Interkorrelationen); N = 176 (Retestreliabilität nach 5 Wochen);
*p < .05, **p < .01
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Konstruktvalidität – Korrelationen mit BIG
FIVE / PEN-Modell
BIG FIVE (NEO-FFI)
PEN-Modell (EPQ-R)
N
E
O
V
G
P
E
N
TF
-.08
.07
.19**
-.05
.18**
.01
.09
.02
GM
-.07
.18**
-.08
-.26**
.15**
<.01
.14
-.06
SU
-.11
.12*
.20**
-.10
.02
.09
.01
.05
SB
.16**
.04
-.27**
.04
.20**
-.11
.03
.16*
UT
-.07
.06
.09
-.20**
-.03
-.08
.06
-.06
KR
-.09
.14**
.35**
-.03
.03
-.03
-.03
-.01
DH
.07
.16**
.12*
.24**
.08
.04
.17*
-.08
TH
-.15**
.17**
.22**
-.16**
.18**
-.01
.03
-.09
LS
.05
.09
.15**
.10*
.02
-.16*
.01
.08
Anmerkung: N = 401 (NEO-FFI, Borkenau & Ostendorf (1993); N = 165 (EPQ-R, Ruch (1999));
*p < .05, **p < .01.
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Konstruktvalidität – Korrelationen mit
Berufsinteressen nach Holland (z.B. 1997)
R
I
A
S
E
C
TF
.03
.33**
.02
-.04
.08
.01
GM
.03
.07
-.23**
-.06
.49**
.28**
SU
.02
.18*
.04
.06
.12
.05
SB
-.16*
-.30**
-.21**
.18*
-.03
.06
UT
-.03
<.01
-.09
-.08
.26**
.20*
KR
.10
.29**
.36**
-.03
.01
-.15*
DH
-.06
-.08
.12
.48**
.06
-.15
TH
.07
.32**
<.01
-.07
.29**
.03
LS
.03
-.06
<.01
.11
-.09
.02
Anmerkung: N = 166; *p < .05, **p < .01. Verwendetes Instrument zur Erfassung der Berufsinteressen nach Holland: siehe Stoll, Vannotti & Schreiber, 2012, S. 129/130)
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Diskussion
• Das Berufliche Selbstkonzept entwickelt sich über die Erfahrungen in der
Berufswelt
• Die Berufliche Identität ist selbstreflexiv und selbstkonstruiert
• 9 Karriereorientierungen können reliabel erfasst werden
• Unternehmertum und Kreativität erweisen sich als eigenständige
Dimensionen
• Karriereorientierungen bilden aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf das
berufliche Selbstkonzept über Bedürfnisse, Motivationen und Ziele sowie
Werthaltungen spezifischere Aspekte einer Person ab als die eher
übergeordneten Persönlichkeitsdimensionen.
• Die Zusammenhänge zwischen den Karriereorientierungen und den
Berufsinteressen – beide beziehen sich explizit auf den beruflichen Kontext –
sind höher als die Zusammenhänge zwischen den Karriereorientierungen und
den Persönlichkeitsdimensionen.
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Durchführung des Fragebogens
(kostenlos auf www.laufbahndiagnostik.ch)
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Literatur
• Bergmann, C. & Eder, F. (2005). Allgemeiner Interessen-Struktur-Test mit Umwelt-Struktur-Test (UST-R) - Revision
(AIST-R). Göttingen: Beltz Test GmbH.
• Borkenau, P. & Ostendorf, F. (1993). NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae.
Handanweisung. Göttingen: Hogrefe.
• Danziger, N., Rachman-Moore, D. & Valency, R. (2008). The construct validity of Schein's career anchors orientation
inventory. Career Development International, 13 (1), 7-19.
• Hausser, K. (1995). Identitätspsychologie. Berlin: Springer.
• Holland, J. L. (1997). Making vocational choices: A theory of vocational personalities and work environments (3rd
ed.). Odessa FL: Psychological Assessment Resources.
• Lent R.W., Brown S.D. & Hackett G. (2002): Social cognitive career theory. In: Brown D. (ed.): Career choice and
development (4th ed., pp. 255-311). San Francisco: Jossey-Bass.
• Ruch, W. (1999). Die revidierte Fassung des Eysenck Personality Questionnaire und die Konstruktion des deutschen
EPQ-R bzw. EPQ-RK. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 20, 1-24.
• Schein, E. H. (1975). How Career Anchors Hold Executives to Their Career Paths. Personnel, 52, 11-24.
• Schein, E. H. (1987). Individuals and Careers. In J. Lorsch (Ed.), Handbook of Organizational Behavior (pp 155-171).
Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.
• Schein, E. H. (2004). Karriereanker. Die verborgenden Muster in Ihrer beruflichen Entwicklung (9. Auflage).
Darmstadt: Lanzenberger Dr. Looss Stadelmann Verlags GmbH.
• Schein, E. H. (2006). Career Anchors Self-Assessment, 3rd Edition. San Francisco, CA : Pfeiffer.
• Schreiber, M. (2010). Gestaltung von Laufbahnen – Grundlagen und Anwendung in Organisationen. In B.
Werkmann-Karcher & J. Rietiker (Hrsg.), Angewandte Psychologie für das Human Resource Management (S. 296311). Berlin: Springer.
• Stoll, F., Vannotti, M. & Schreiber, M. (2011). Einstieg in die Berufswelt. Rahmenbedingungen und Voraussetzungen
einer gelingenden Berufswahl – eine empirische Studie. Zürich: Rüegger.
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