Geschichte der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana

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Geschichte der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana
Geschichte der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana
- von den Anfängen bis ins Jahr 2010
verfasst von
Jürg Gassmann, Rechtsanwalt, Winterthur
28.10.2011
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Vorbemerkungen
Im Laufe der Geschichte von Pro Mente Sana (PMS) hat sich nicht nur das
Verständnis von psychischer Erkrankung gewandelt, sondern auch die Begrifflichkeit.
Insbesondere war es in der „Frühgeschichte“ von Pro Mente Sana im Gegensatz zu
heute üblich, von „Psychisch Kranken“ zu sprechen. Obwohl dieser Begriff heute
nicht mehr zeitgemäss ist und zu Recht als diskriminierend empfunden wird, wird er
im jeweiligen zeitlichen Kontext weiterverwendet, um die Authentizität des Textes zu
wahren.
In der über dreissigjährigen Geschichte von Pro Mente Sana haben zahllose
Menschen mit ihrem grossem Engagement dazu beigetragen, dass die Stiftung ihre
Aufgabe erfüllen und sich weiterentwickeln konnte. Dazu zählen die zahlreichen
Mitglieder der Stiftungsgremien und mehrere Generationen von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, aber auch weitere Personen im Umfeld der Stiftung, die die Anliegen
finanziell oder ideell kräftig unterstützt haben. Es ist nicht möglich, sie alle im
Rahmen dieser Stiftungsgeschichte namentlich zu nennen. Es ist mir deshalb ein
Anliegen, an dieser Stelle nicht nur den im nachfolgenden Text erwähnten Personen,
sondern auch den unzähligen nicht genannten Menschen zu danken, die sich für die
Ziele der Stiftung eingesetzt und zum Gedeihen und Wachsen von Pro Mente Sana
beigetragen haben.
1. Vor- und Gründungsgeschichte: „Hoffnungsstrahl für psychisch Kranke“
1.1. Paul Plattner und die SGG
Die Vorgeschichte von Pro Mente Sana beginnt in den frühen 1970-er Jahren.
Dr.med. Paul Plattner, der eigentliche Ideenschmid der künftigen Stiftung, referierte
an der Gesellschaftsversammlung der Schweizerischen Gemeinnützigen
Gesellschaft (SGG) im Jahre 1971 zum Thema „Die gesellschaftliche Eingliederung
psychisch Kranker“1. Das Echo in diesem Gremium war positiv, sodass die
Versammlung noch am gleichen Tag in einer Resolution festhielt, „dass die
Eingliederung psychisch Kranker durch entsprechende sozialmedizinische
Massnahmen zu fördern sei“ (Niederer, 2004).
Dr.med. Paul Plattner (25. Juni 1907 – 26. Februar 1980) war ab 1940 Chefarzt des
damaligen „Nervensanatoriums Wyss“ in Münchenbuchsee, der ältesten
psychiatrischen Privatklinik der Schweiz. Als vielseitig interessierter Psychiater war er
mit dem Genfer Arzt Dr. Paul Tournier, dem Initiator der Bewegung „Médecine de la
Personne“2, befreundet. Die beiden Ärzte begegneten sich erstmals 1947 an der
ersten Sitzung von „Médecine de la Personne“ im „Institut Oecuménique de Bossey“
1
Zur Geschichte der Förderung der psychischen Gesundheit durch die SGG und ihre massgebliche
Beteiligung an der Gründung von Pro Mente Sana: Steiner 2010.
2
„Médecine de la Personne“ ist der französische Titel eines Buches, das 1940 vom Allgemeinpraktiker
Dr. Paul Tournier publiziert worden ist.
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(Tournier 1980). Anlässlich der Beerdigung von Paul Plattner wies Tournier auf die
Gemeinsamkeiten hin, die die beiden Männer untereinander verbanden und die sie
mit der Stiftung Pro Mente Sana teilten: „Car pour Paul comme pour moi, l’essentiel
de la Médecine de la Personne, c’est cette jonction entre notre foi chrétienne et notre
vocation médicale, dans ce service du malade en tant que personne qui est exprimé
aussi dans cette Fondation Pro Mente Sana ici“ (Tournier 1980). Die auch nach dem
Tod von Tournier im Jahre 1986 weiter bestehende Bewegung der Medizin der
Person wollte der Überzeugung zum Durchbruch verhelfen, dass der Mensch und
nicht die Krankheit zu behandeln sei (Plattner Th., 2007).
Die internationale Gruppe der „Médecine de la Personne“
Grundüberzeugungen ihrer Bewegung heute wie folgt zusammen:
fasst
die
„<Medizin der Person> bezeichnet die Einstellung und Haltung gegenüber der
Person des Patienten, ohne Rücksicht auf die Spezialisierung des Arztes. Sie betont
das Bewusstwerden der Person in ihrer Ganzheit sowie in ihrem gesellschaftlichen
und sozialen Umfeld. Zur Medizin der Person gehören sowohl das organbezogene
wie das psychologische Vorgehen, unter Berücksichtigung der Zusammenhänge
zwischen Gesundheitszustand, Lebensereignissen, sozialer Stellung und geistiger
Einstellung. ("Das Wesentliche beim Menschen — sagt Aristoteles — ist sein
geistiges Leben"). Die Vereinigung hat eine christliche Grundlage, ist aber offen für
Menschen
aus
allen
Heilberufen,
die
diese
Grundwerte
teilen.
Der Arzt versucht, mit seinem Patienten einen persönlichen Kontakt aufzubauen;
dies hat sowohl einen therapeutischen wie einen vorbeugenden Effekt. Vom Arzt
verlangt dies — ausser seiner Verfügbarkeit — Bereitschaft zum Zuhören und eine
vertiefte Kenntnis seiner selbst…
Die Medizin der Person hatte zu Beginn der psychosomatischen Sichtweise
avantgardistischen Charakter. Sie bleibt jedoch auch heute höchst aktuell, zu einem
Zeitpunkt, wo technische Fortschritte in der Medizin und wirtschaftliche Zwänge das
"Menschliche" zu rein biologischen, aber technisch reparierbaren Funktionsstörungen
zu reduzieren drohe“ (Rüedi-Betttex Madeleine 2004).
Paul Plattner war zudem in den ersten schweizerischen „Balint-Gruppen“ sehr aktiv
und leitete verschiedene Gruppen für Ärzte und Pfarrer im Kanton Bern. Aus dieser
Zeit stammt auch eine enge Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Boris Luban Plozza, der
wohl während längerer Zeit Patient von Paul Plattner war (Plattner Th. 2007). Boris
Luban-Plozza (1923 - 2002) war ursprünglich Bergtalarzt im Calancatal und erlangte
später grosse Bekanntheit als Pionier der Psychosomatik, leidenschaftlicher Praktiker
der Arzt-Patient-Begegnung und Gründer der internationalen Balint-Gespräche in
Ascona (Luban-Plozza, 2001). Boris Luban-Plozza war Mitglied des ersten Stiftungsrates von Pro Mente Sana, dem er bis im Jahre 1990 angehörte.
Die Methode der „Balint-Gruppen“ wurde nach Michael Balint (1896 – 1970), einem
Psychiater und Psychoanalytiker ungarischer Herkunft, benannt. Das wichtigste
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methodische Element der Balint-Gruppen-Arbeit ist der freie Bericht eines Gruppenteilnehmers über ein Fallbeispiel. „Unser Hauptziel war die möglichst gründliche
Untersuchung der ständig wechselnden Arzt-Patient-Beziehung, das heisst das
Studium der Pharmakologie der Droge <Arzt>“. Er verglich also die Wirksamkeit des
Arztes mit einem Arzneimittel, das erwünschte und unerwünschte Wirkungen haben
kann (Balint-Gruppe, Wikipedia, 14.01.2011).
Paul Plattner bekannte sich nicht nur zu den Grundwerten und –haltungen der
„Medecine de la Personne“ und der „Balint-Gruppen“. Ihn störte vielmehr auch die
gesellschaftliche Ausgrenzung von psychisch erkrankten Menschen. In einer Reihe
von Vorträgen prangerte er die „unsichtbaren Mauern“ an, hinter welche man auch
heute noch die psychisch Kranken stecke und verglich diese mit den früheren
„Siechenhäusern“ für Lepröse.
In der Vorbereitungsphase der Gründung war der inzwischen ebenfalls verstorbene
Dr.med. Robert Imbach, Zug, der zweite starke Mann. Er war Mitglied der damaligen
Zentralkommission der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) und
hatte Paul Plattner die SGG als Podium für seine Anliegen wärmstens empfohlen
(Niederer 2004). Die SGG hatte immer auch die Suche nach Lücken im Sozialwesen
und deren Schliessung zum Ziel. Imbach und Plattner hatten sich in Genf während
des Medizinstudiums kennengelernt. Sie hatten dort in der Pension Clausen gewohnt
und wurden dadurch zu Studienkollegen (Plattner Th. 2007). Die SGG stand den
Anliegen von Paul Plattner offen gegenüber. Auf diese Weise fanden Dr. Plattner als
der eigentliche Ideenschmied und die SGG als einer der Baumeister der künftigen
Pro Mente Sana zusammen (Niederer 2004).
Trotz dem positiven Hintergrund blieb ein recht steiniger Wege bis zur Gründung der
Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana zurückzulegen (Niederer 2004). Für die
Vorbereitung der Gründung wurde eine kleine Arbeitsgruppe eingesetzt, der neben
Dr.med. Paul Plattner und Dr.med. Robert Imbach die Herren Prof.Dr.med. Felix
Labhardt (Vize-Direktor an der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel), PD Dr.iur.
Walter P. von Wartburg (Leiter der Abteilung Gesundheitsrecht und Gesundheitspolitik der Firma Hoffmann-La Roche & Co. AG, Basel) angehörten. Im Jahr 1975
stiess zudem Willy Niederer, Geschäftsleiter der SGG, zur Arbeitsgruppe (Niederer,
2004).
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1.2. Die Gründungsidee zwischen offenen Türen und Widerstand
Bereits 1974 berichtete die evangelisch-reformierte Monatszeitschrift „Saemann“ in
der Juli-Ausgabe über die Idee der Gründung einer „Stiftung Pro Mente Sana“.
Soweit ersichtlich, wurde mit diesem umfangreichen Beitrag die Idee der Stiftungsgründung zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf der Grundlage von
„mündlichen und schriftlichen Mitteilungen von Dr.med. Paul Plattner“ sowie
abgestützt „auf schriftliche Unterlagen der Psychiater Dr. med. A. Uchtenhagen,
Zürich, Dr. med. H. Walser, Zürich, und Dr. J.J. Fehr, Bellelay“ stellte Klaus Bäumlin,
Redaktor des Saemann fünf Beiträge zusammen zu den Themen „Geisteskranke in
der öffentlichen Meinung“, „Vorurteile und Tatsachen“, „Was heisst geisteskrank?“,
„Was geschehen muss – durch uns!“. Der fünfte Beitrag stellt unter dem Titel
„Benachteiligung – auch finanziell“ fest, dass die gesundheitspolitische Bedeutung
der psychisch Kranken in der Schweiz – aufgrund der Einstellung der Gesellschaft
gegenüber dem Geisteskranken – noch weitgehen verdrängt werde. Es wird die
Frage gestellt: „Wer weiss schon, dass 26 Prozent aller Krankenbetten der Schweiz
und 28 Prozent aller Krankenpflegetage für psychisch Kranke benötigt werden?“
Während andere Gruppen von hilfsbedürftigen Menschen in Gesundheitsligen
zusammengeschlossen seien oder von besonderen Stiftungen betreut würden,
erhielten die psychisch Kranken, die von keiner entsprechenden Stiftung betreut
würden, auch keine besonderen Zuwendungen. Bei der Bundesfeier-Spende 1971,
die besonders für die Gesundheitsligen bestimmt gewesen sei, sei erst auf Drängen
eines bernischen Psychiaters dem Schweizerischen Nationalkomitee für Geistige
Gesundheit ein Betrag von Fr. 10‘000.- zugunsten der psychisch Kranken
zugesprochen worden.
In der übernächsten Ausgabe des Saemann, im September 1974, meldet sich ein
gewisser Theo Itten, London, in der Rubrik „Stimme des Lesers“ zu Wort. Er dankte
Dr. Plattner und der Redaktion des Saemanns dafür, „dass sie für die schweigende
Minderheit der sogenannten „Geisteskranken“ einstehen und am Bewusstsein der
schweizerischen Öffentlichkeit rütteln“. Theo Itten berichtete in seinem Leserbrief
auch über seine Erfahrungen in London, wo er in der therapeutischen
Wohngemeinschaft „Half-Way-House“ arbeitete, die „einen Mittelweg zwischen Klinik
und der Gemeinschaft mit den heilungsbedürftigen Menschen beschreitet“. Er zeigt
sich überzeugt, dass unsere Gesellschaft therapeutische Wohngemeinschaften
dieser Art brauche. Theodor Itten wurde später zu einem treuen und wichtigen
Weggefährten der Stiftung Pro Mente Sana. Seit Oktober 1991 gehörte er dem
Stiftungsrat an. Nachdem der Stiftungsrat 1993 in die Stiftungsversammlung
umgewandelt wurde, erfolgte 1994 seine Wahl in den nun verkleinerten Stiftungsrat,
dem er bis Ende 2005 angehörte.
Die Vorbereitungsarbeiten stiessen nicht überall auf offene Türen. Paul Plattner hatte
in den letzten Jahren vor seiner Pensionierung vergeblich versucht, die Pro Infirmis
zu überzeugen, sich um Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu kümmern.
Pro Infirmis lehnte es jedoch immer wieder ab, diese Aufgabe zu übernehmen, von
der sie sich offenbar überfordert gefühlt hätte (Plattner Th., 2007). „Fräulein Liniger“,
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Zentralsekretärin von Pro Infirmis nahm im März 1972 an einer Sitzung des SGGArbeitsausschusses teil, an der die Koordinationsarbeit zwischen den kantonalen
Hilfsvereinen für psychisch Kranke thematisiert wurde (Plattner P., 1975). Paul
Plattner ersuchte Pro Infirmis in einem ausführlichen Schreiben vom 25. März 1975
an Beat Hirzel, Leiter Kommunikation und Mittelbeschaffung von Pro Infirmis, zu
einem Gespräch darüber, „in welcher Form und welchem Ausmass eine Zusammenarbeit zwischen PRO INFIRMIS und PRO MENTE SANA unter den heutigen neuen
Verhältnissen möglich und wünschbar ist.“ (Platter P., 1975). Die eindringlichen
Bitten stiessen jedoch auf taube Ohren. Pro Infirmis wollte an ihrer Aufgabe, der Hilfe
für körperlich Kranke, festhalten und diese nicht erweitern (Niederer 2004).
Auch bei den Psychiatern hielt sich die Begeisterung über das Gründungsvorhaben
offenbar in Grenzen. Die zur Mitwirkung eingeladene Schweizerische Gesellschaft für
Psychiatrie sah keinen Grund, auf diesem Gebiet noch etwas Zusätzliches zu
errichten (Niederer, 2004). Unterstützung fand Paul Plattner hingegen bei PD
Dr.med. Edgar Heim, Chefarzt Psychiatrische Klinik Schlössli, Oetwil am See. Paul
Plattner bedankte sich bei ihm mit Schreiben vom 5. Juli 1976 und beklagte gleichzeitig die Passivität der Mehrheit der Chefärzte: „Sie sind einer der relativ wenigen
Klinikleiter, die sich nicht mit anerkennenden Worten begnügen, sondern
offensichtlich bereit sind die anstehenden Probleme, von denen in meinem Katalog ja
nur eine Auswahl aufgeführt ist, aktiv anzupacken.“ Von Seiten der etablierten
Psychiatrie erwuchs dem Gründungsvorhaben aber auch ziemlich heftiger
Widerstand. Der damalige Chefarzt von Münsingen scheint einer der vehementesten
Gegner gewesen zu sein (Plattner Th., 2007).
Ein anspruchsvolles Unterfangen war zudem der Einbezug der kantonalen Hilfsvereine, deren Tätigkeit sich auf „caritative“ Aufgaben beschränkte. In seinem
Schreiben an Edgar Heim bemängelt Paul Plattner die überalterte Struktur der
allermeisten Hilfsvereine: „Ich möchte auch keinesfalls, dass die PMS nichts anderes
wäre als ein Dachverband dieser wohlmeinenden, aber doch leider stark
sklerosierten Vereine“ (Plattner P., 1976). Diese örtlichen „Wohltätigkeitsvereine“ zu
gewinnen und sie davon zu überzeugen, dass nur eine starke Organisation das
fehlende Sprachrohr für die psychisch Kranken bilden könne, erwies sich als
schwierig
(Niederer
2004).
Das
Selbstverständnis
der
moderneren
Sozialpsychiatrischen Vereine, wie sie in Zürich und Oetwil bestanden, kam den
Vorstellungen von dem, was nach Auffassung von Paul Plattner geschehen sollte,
sehr viel näher (Plattner P., 1976).
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1.3. Finanzierung der Stiftung und Wahl des ersten Zentralsekretärs
Bis zur der Gründung waren etliche Hindernisse und Widrigkeiten zu überwinden.
Dass das Ziel trotzdem erreicht wurde, war dem hohen Engagement und der
Hartnäckigkeit der Initiantengruppe um Paul Plattner, aber auch der tatkräftigen
Unterstützung durch die etablierte und breit abgestützte SGG zu verdanken.
Persönlichen Sukkurs erhielt das Vorhaben insbesondere von Dr.iur. Emil Landolt,
damals Stadtpräsident (aufgrund seiner grossen Beliebtheit liebevoll „Stapi“ genannt)
von Zürich und während insgesamt 40 Jahren Präsident der SGG. An der Sitzung
der Zentralkommission der SGG am 15. Dezember 1976 erinnerte er die Mitglieder
daran, dass es bei diesem Projekt um das Auffüllen einer Lücke im Sozialwesen
gehe. Aufgrund seines klaren Votums beschloss das Zentralkomitee einen Beitrag an
die zu gründende Stiftung von Fr. 100‘000.- (Niederer 2004). Während der
Aufbauphase führte die SGG auch kostenlos die Geschäftsstelle von Pro Mente
Sana bis diese selbst personell dazu in der Lage war, diese Aufgabe mit den eigenen
Organen zu übernehmen (Niederer 2004).
Für die Gründung konnten die Initianten zudem auf finanzielle Mittel der Stiftung
„Forum Psycho-Sociale“ zurückgreifen. Das Geld stammte ursprünglich von einem
der Eigentümer der pharmazeutischen Firma „Boehringer“. Dessen Gattin war Mitte
der 60er-Jahre Patientin bei Dr. Paul Plattner. Aus Dankbarkeit stellt der Ehemann
Dr. Plattner einen Betrag von Fr. 500‘000.- für die Gründung einer Organisation zu
Gunsten der psychisch Kranken zur Verfügung. Auf Rat seines Sohnes Thomas
gründete Paul Plattner die Stiftung „Forum Psycho-Sociale“ mit Sitz in
Münchenbuchsee und legte Fr. 500‘000.- an (Plattner Th. 2007). Für die Gründung
von Pro Mente Sana stellte das „Forum Psycho-Sociale“ den Betrag von Fr.
300‘000.- zur Verfügung.
Von der Invalidenversicherung erhielt die Projektgruppe sodann die Zusicherung,
dass sie an die künftigen Sekretariatskosten (Löhne und Sozialleistungen) einen
Beitrag von 80% entrichten würde (Niederer 2004). Die Anerkennung von Pro Mente
Sana als beitragsberechtigte Organisation der privaten Invalidenhilfe im Sinne von
Art. 74 IVG bildete das Fundament für das längerfristige finanzielle Überleben der
Stiftung.
Eine wichtige Aufgabe bei der Vorbereitung der Gründung war die Wahl des ersten
Geschäftsleiters. Aus dreizehn Bewerberinnen und Bewerbern wurde Dr.iur. Jost
Gross zum ersten Zentralsekretär von Pro Mente Sana erkoren (Niederer 2004). Jost
Gross hatte seine Doktorwürde an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Bern im Jahre 1975 mit einer Dissertation zum Thema „Die
Persönliche Freiheit des Patienten“ beim renommierten Verfassungsrechtler Prof.
Jörg P. Müller erworben. Das Thema seiner Doktorarbeit bzw. sein
wissenschaftliches Interesse für die Patientenrechte waren wohl ausschlaggebend
für seine Wahl. Jost Gross amtete seit der Gründung bis am 30.06.1989 als
Geschäftsleiter. Nach seinem Rücktritt als Zentralsekretär wurde er in den
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Stiftungsrat gewählt, den er vom 26. November 1992 bis zu seinem Tod am 6. Mai
2005 in verschiedenen Konstellationen3 präsidierte.
1.4. Gründungsakt und Stiftungsstatut
Die Gründung der Stiftung umfasste die öffentliche Beurkundung des Errichtungsaktes und die Gründungsversammlung.
Die öffentliche Beurkundung des Errichtungsaktes erfolgte am 14. Dezember 1977,
10.00 Uhr im Notariat Zürich (Altstadt) an der Talstrasse 25 in Zürich. Als Stifterinnen
fungierten die Stiftung Forum Psycho-Sociale, Münchenbuchsee BE, vertreten durch
Dr.med. Paul Plattner, Münchenbuchsee und Dr. med. Robert Imbach, Zug, sowie
die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft, vertreten durch Dr. iur. Emil
Landolt, Zürich, und Willy H. Niederer, Herrliberg. Die beiden Stifterinnen widmeten
der Stiftung bei ihrer Errichtung Vermögenswerte von Fr. 400‘000.-, wovon Fr.
300‘000.- von der Stiftung Forum Psycho-Sociale und Fr. 100‘000.- von der SGG
eingebracht wurden.
Der erste Stiftungsrat bestand aus dreizehn Mitgliedern (vgl. Namensliste in der
öffentlichen Urkunde vom 14. Dezember 1977). Die Geschäftsführung bestand aus
den vier Mitgliedern des Stiftungsrates, die in einer Projektgruppe die Vorbereitungsarbeiten geleistet hatten: PD Dr.iur. Walter P. von Wartburg, Riehen (als Präsident);
Dr.med. Paul Plattner, Münchenbuchsee (als Vizepräsident); Dr.med. Robert Imbach,
Zug; Prof.Dr.med. Felix Labhardt, Riehen. Als erster Geschäftsleiter fungierte Willy
H. Niederer. Als Domizil der Stiftung am Stiftungssitz wurde Zürich bestimmt. Die
Stiftung wurde der Aufsicht des Bundes unterstellt. Das der Errichtungsurkunde
beigeheftete Stiftungsstatut regelte die Organisation der Stiftung und alles Weitere.
Der Zweck der Stiftung wurde in § 3 des Stiftungsstatuts wie folgt festgehalten:
„Die Stiftung verfolgt ausschliesslich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke:
Sie bezweckt die Wahrnehmung der allgemeinen Anliegen der psychisch Kranken.
Sie fasst die auf diesem Gebiet tätigen Organisationen auf schweizerischer Ebene
und im Sinne eines Dachverbandes zusammen.
Insbesondere befasst sie sich mit folgenden Aufgaben:
1. Öffentlichkeitsarbeit: Werbung für das Verständnis des psychisch kranken
Menschen; Bekämpfung der Vorurteile gegenüber den psychisch Kranken und
ihrer Diskriminierung;
2. Wahrnehmung
der
Interessen
der
psychisch
Kranken
im
Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Kantone; Bemühungen zur
3
Seit 26.11.1992 gemeinsam mit Paul Manz als Interimspräsident, ab 1994 allein als „ordentlicher“
Stiftungspräsident.
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3.
4.
5.
6.
7.
Erreichung der Rechtsgleichheit des psychisch Kranken mit dem physisch
Kranken;
Kontaktpflege mit den bestehenden Organisationen für psychisch Kranke und
Koordination ihrer Tätigkeiten; Erlass eines Reglements, worin die
Aufgabenteilung der bestehenden Organisationen und der Dachorganisation
klar geregelt wird;
Förderung der Errichtung von Institutionen, welche die Eingliederung von
psychisch Kranken bezwecken (Kleinheime, Tages- und Nachtheime,
Werkstätten usw.); Beratung von Gründervereinigungen und Träger solcher
Institutionen auf Ansuchen hin;
Förderung der psychiatrischen und psychologischen Grundausbildung von
Sozialarbeitern, Fürsorgern, Heimleitern usw.
Pflege der Beziehungen und Zusammenarbeit mit andern sozialen,
medizinischen und pädagogischen Institutionen:
Pflege der internationalen Beziehungen.“
Der Blick auf die weitere Geschichte von Pro Mente Sana bis zur Gegenwart wird
den Wandel der Aufgaben im Verlaufe der Jahre aufzeigen. Im Sinne einer Vorschau
sei bereits hier festgehalten, dass die Öffentlichkeitsarbeit (Ziff. 1) und die politische
Interessenwahrnehmung (Ziff. 2) bis heute zu den Kernaufgaben von Pro Mente
Sana zählen und die Pflege von internationalen Beziehungen (Ziff. 7) der Stiftung
immer wieder wertvolle Impulse vermittelt hat. Die übrigen Aufgaben (Ziff. 3 – 6)
unterlagen einem mehr oder weniger tiefgreifenden Wandel oder haben im Verlaufe
der Geschichte an Bedeutung verloren.
Um die in § 3 Abs. 2 des Stiftungsstatus vorgesehene Rolle einer schweizerischen
Dachorganisation spielen zu können, wurde in § 4 vorgesehen, dass sich
Institutionen und Vereinigungen beim Stiftungsrat um die Aufnahme in die
Abgeordnetenversammlung bewerben und dieser als Mitglied angehören können,
sofern der Stiftungsrat der Aufnahme zustimmt. Die Abgeordnetenversammlung
verfügte über wichtige Befugnisse wie die Wahl der Mitglieder des Stiftungsrates, der
Abnahme von Jahresbericht und der Jahresrechnung sowie der Genehmigung des
Voranschlages (§ 9 Stiftungsstatut). Durch die Abgeordnetenversammlung wollten
die Gründer offenbar den Charakter einer nationalen Dachorganisation betonen.
Auch hier sei ein Blick voraus erlaubt: die Einbindung der lokalen Organisationen in
die Strukturen von Pro Mente Sana liess sich nicht wie gewünscht umsetzen,
weshalb die Stiftung die Rolle einer Dachorganisation anlässlich einer
Organisationsentwicklung im Jahre 1993 fallen liess.
Bei der Wahl des Stiftungsrates, der aus mindestens 5 und höchstens 25 Mitgliedern
bestehen sollte (§ 10 Abs. 1 Stiftungsstatut), wurde der Schweizerischen
Gesellschaft für Psychiatrie und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft
eine Sonderstellung zugestanden. Diesen beiden Organisationen wurde das Recht
eingeräumt, je vier Mitglieder des Stiftungsrates selbst zu ernennen (§ 10 Abs. 2).
Die übrigen Mitglieder waren aus dem Kreis der in der Abgeordnetenversammlung
vertretenen Persönlichkeiten zu wählen (§ 10 Abs. 3).
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1.5. Gründungsversammlung mit grossem Echo
Die Gründungsveranstaltung fand am 23. Februar 1978 im Alfa-Zentrum in Bern
statt. Das Programm wurde in der Schweizerischen Ärztezeitung vom 15.2.1978 wie
folgt veröffentlicht:
(14.15 bis ca. 15.15 Uhr)
Grussadresse von Herrn Bundesrat Hans Hürlimann
Vorstellung der Pro Mente Sana durch den Stiftungsratspräsidenten PD Dr. Walter P.
von Wartburg, Riehen
Kurzreferate zur Situation der psychisch Kranken in der Schweiz
-
Prof. Felix Labhardt, Basel: „Das Bild des psychisch Kranken“
Prof. Pierre Gilliand, Lausanne: „Maladies psychiques et santé publique –
importance de l’approche quantitative“
Frau Hedi Müller, Oetwil ZH : „Gesellschaftliche und berufliche
Wiedereingliederung psychisch Kranker“
(15.45 bis ca. 16.30 Uhr)
Beantwortung von Fragen aus dem Plenum durch die Mitglieder des Stiftungsrates
Schluss der Gründungsveranstaltung“
An der Gründungsversammlung war ein überraschend grosser Teilnehmerkreis
anwesend. In der Pause fand eine Presskonferenz statt (Niederer 2004).
In einem zum Anlass der Gründungsversammlung verfassten Text mit dem Titel
„Vorstellung der Schweizerischen Stiftung PRO MENTE SANA“ beschrieb
Stiftungspräsident PD Dr. W.P. von Wartburg die Ziele der Stiftung unter dem Titel
„Was will die PRO MENTE SANA?“:
„Im Stiftungszweck der Pro Mente Sana werden zur Hauptsache folgende drei Ziele
umschrieben:
-
Schaffung von zeitgemässem Verständnis für das Phänomen „psychische
Erkrankung“
Vertretung der Interessen der psychisch Kranken im Rahmen von
Rechtsetzung und Verwaltung
Koordiniertes und zielgerichtetes Vorgehen bei der Förderung von
Behandlungs- und Wiedereingliederungsmöglichkeiten“
Auch das Signet der Stiftung - eine Kombination des Schweizer Kreuzes mit dem
Namen der Stiftung - war für die Gründung sorgfältig ausgewählt worden. Die
graphische Gestaltung sollte einerseits die gesamtschweizerische Bedeutung der
Organisation betonen und anderseits auf das Motto „… aus dem Schatten
heraustreten“ hinweisen (von Wartburg, 1978).
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Der Widerhall in den Medien auf den Gründungsanlass war ausserordentlich gross
(Niederer 2004):
-
Die Tagesschau des Schweizer Fernsehens strahlte am gleichen Abend eine
Reportage von drei Minuten zur Gründung von Pro Mente Sana aus
70 Zeitungen berichteten über das Ereignis und Radio Zürich widmete der
Gründung eine dreiminütige Sendung
Die PTT bewilligte zudem eine Postwerbeflagge
Die Gründung „Pro Mente Sana“ weckte viele neue Hoffnungen, wie die Zeitung Der
Bund am 16. März 1978 in einem ganzseitigen Artikel unter dem Titel „Hoffnungsstrahl für psychisch Kranke“ berichtete. Der Artikel wurde von Erika Faust-Kübler
verfasst, die darin einen kenntnisreichen Überblick über die gesellschaftliche
Situation von psychisch kranken Menschen im Zeitpunkt der Stiftungsgründung gibt 4.
Der Artikel von Erika Faust-Kübler hat den Charakter eines Manifestes und enthält
einen flammenden Appell für die Anliegen und die Rechte von psychisch kranken
Menschen. Der Text zeigt auf, welche vielfältigen Aufgaben Pro Mente Sana erfüllen
soll. Die Autorin bezeichnet viele Kliniken als „Endstationen“ und kritisiert, dass der
„geistes- und gemütskranke Patient auf einem „Parkplatz“ – der patriarchalisch
geleiteten Heil- und Pflegeanstalt – abgesondert“ werde. Als wichtigste Aufgabe der
Pro Mente Sana bezeichnet sie den „Rechtsschutz des Patienten“. Sodann kritisiert
sie unter anderem die „krasse Diskriminierung der psychisch Kranken gegenüber den
Somatikern“ bei der „Tagespauschalentschädigung an psychiatrische Kliniken“. Mit
Weitblick weist sie darauf hin, dass sich „die juristische Trennung zwischen der
Behandlung des Grundleidens einerseits (Aufgabe der Krankenkassen) und
Wiedereingliederungsmassnahmen anderseits (Aufgabe der IV) nachteilig für den
psychisch Kranken“ auswirke. Und weiter: „Der Bundesrat schrieb seinerzeit in der
Beantwortung von Interventionen der Nationalräte Brosi und Tanner, dass bei
psychisch Kranken die Massnahmen der Wiedereingliederung sehr früh, ja eigentlich
schon bei Beginn der Behandlung einsetzen sollten.“ Diese wichtige Erkenntnis
wurde vom Gesetzgeber erst 30 Jahre später mit der Einführung der Früherfassung
und der Frühintervention durch die 5. IVG-Revision in die Praxis umgesetzt.
4
Erika Faust war Medizinjournalistin und erste Grossrätin in Basel. Zudem war sie
Drillingsschwester von Elisabeth Kübler-Ross, die als Vorkämpferin gegen die Tabuisierung
des Todes und für die Sterbebegleitung weltweite Bekanntheit erlangt hatte.
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2. Die Pionierphase
2.1. Aufbau der Geschäftsstelle in Weinfelden
Paul Plattner hatte in der Vorbereitungsphase „die Argumente dargelegt, weshalb ein
schweizerisches Sekretariat für die PMS zweckmässigerweise in Bern angesiedelt
werden sollte (persönlicher Kontakt mit dem Bundeshaus)“ (Schreiben an Dr. Heim,
1976, S. 3). Doch die Wahl des Thurgauers Jost Gross zum ersten Zentralsekretär
der Stiftung durchkreuzte diese Absicht. Auf Wunsch von Jost Gross wurde die
Geschäftsstelle von Pro Mente Sana in Weinfelden an der Freiestrasse 26 eröffnet.
Am gleichen Ort führte Jost Gross auch seine Anwaltskanzlei.
Für den Aufbau der operativen Aktivitäten konnte Jost Gross die Sozialarbeiterin
Margrit Bohnenblust und die Sozialpädagogin Vreni Hunziker gewinnen. Vor allem
Vreni Hunziker war in der Anfangsphase eine wesentliche Stütze (Jost Gross,
Abschied nehmen, in: Jahresbericht 1988, S. 5). Das Fachteam wurde im
administrativen Bereich im November 1979 um die Sekretärin Brigitte Isenring
ergänzt. Unter der Leitung von Jost Gross, der die Funktion des Zentralsekretärs bis
30. Juni 1989 ausübte, machte die Stiftung einen stetigen Wachstumsprozess durch.
Die Zahl der Mitarbeitenden stieg bis 1989 auf 15 Personen (Jahresbericht 1989),
wobei diese Zahl auch das Personal der Regionalsekretariate in der Westschweiz
und im Tessin umfasste. Der Jahresaufwand wuchs in diesen zehn Jahren von
112‘400.45 (Jahresbericht 1979) auf Fr. 947‘365.40 (Jahresbericht 1989).
Die Entfaltung der Tätigkeiten wurde stark getragen vom Pioniergeist der
Mitarbeitenden und ihrem hohen gesellschaftlichen Engagement. Es ist wohl kein
Zufall, dass neben Jost Gross, der von 1980 bis 1984 im Grossen Rat des Kantons
Thurgau war und von den Wahlen 1995 bis zu seinem Tod 2005 in den Nationalrat
gewählt wurde, zwei weitere Mitarbeiterinnen eine (steile) politische Karriere
machten. Kathrin Hilber (Sozialpädagogin, lic.phil.) war von 1986 bis 1996 Mitglied
des Grossen Rates des Kantons St. Gallen und wurde 1996 in den Regierungsrat
gewählt. Christa Thorner (Sozialpädagogin) war und ist als Mitglied des Kantonsrats
des Kantons Thurgau und des Stadtrates von Frauenfeld tätig.
Die Entwicklung der Mitgliederzahl verlief erfreulich. Bis im September 1979 waren
57 Mitglieder vom Stiftungsrat aufgenommen worden und 28 hatten sich zur
Aufnahme angemeldet. Die Mitgliedschaft setzte sich vor allem aus psychiatrischen
Kliniken, sozialpsychiatrischen Diensten und kantonalen Hilfsvereinen zusammen
(Mitglieder der Abgeordnetenversammlung 1978/1979). Die Zahl der Mitglieder
wurde in den Folgejahren kontinuierlich gesteigert. Im Jubiläumsjahr 1988 gehörten
der Stiftung mehr als 160 Kollektivmitglieder an (Jahresbericht 1988, S. 2).
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2.2. Früher Tod des Stiftungsgründers
Das Jahr 1980 wurde überschattet vom Tod des Gründers der Stiftung, Dr. Paul
Plattner. Er verunglückte am 26. Februar 1980 während einer Ägyptenreise im Tal
von Bîr Umm Tâghir bei einem Verkehrsunfall. Nach dem Zusammenprall mit einem
grossen 40-Tonnen Tanker verstarben er und seine Ehefrau Vera Plattner-Bernhard
im Wüstensand bei der Unfallstelle (Plattner Th., 2007). Anlässlich der Beerdigung,
die am 4. März 1980 in Münchenbuchsee stattfand, würdigte Paul Tournier das
Wirken von Paul Plattner und wies darauf hin, dass das Essentielle der „Médecine de
la Personne“ auch in der Stiftung Pro Mente Sana zum Ausdruck gelange (Tournier,
1980).
Nach dem Tod von Paul Plattner trat sein Sohn Thomas in die Fussstapfen des
Vaters und übernahm Verantwortung in der strategischen Führung der Stiftung. Auf
Ersuchen des Präsidenten Prof. von Wartburg trat Thomas Plattner 1980 in den
Stiftungsrat von Pro Mente Sana, um die Rolle eines „Finanzbeschaffers“ zu
übernehmen (Plattner Th., 2007). Nach dem Rücktritt von Prof. von Wartburg
übernahm Thomas Plattner 1983 die Rolle des Stiftungspräsidenten. Diese Funktion
sollte er bis am 25.11.1992 ausüben (Jahresbericht 1992).
2.3. Entfaltung von Aktivitäten in der lateinischen Schweiz
Als nationale Stiftung war es Pro Mente Sana von Anfang an ein Anliegen, in allen
drei Sprachregionen Aktivitäten zu entfalten. Im Herbst 1980 fand in der
psychiatrischen Klinik in Mendrisio eine zusammen mit der sozialpsychiatrischen
Kommission der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie organisierte Tagung
zum Thema „Patientenrechte und Psychiatrie“ statt (Jahresbericht 1980, I.
Öffentlichkeitsarbeit). Bei dieser Gelegenheit wurden die Weichen für die
Institutionalisierung des Regionalsekretariates von Pro Mente Sana im Tessin
gestellt. Auf Beginn des Jahres 1981 wurde Rechtsanwalt Dr. Marco Borghi mit dem
Aufbau des Tessiner Sekretariates betraut. Er hatte sich bereits zuvor mit einer
Doktorarbeit über den Rechtsstatus psychisch Kranker, aber auch um den Tessiner
Gesetzesentwurf für eine Kodifizierung von Patientenrechten psychisch Kranker sehr
verdient gemacht (Jahresbericht 1980, V. Stiftungsinterna). Auch in der Westschweiz
waren bereits 1980 Bestrebungen im Gang, in Zusammenarbeit mit der Genfer
Gemeinnützigen Gesellschaft ein Regionalsekretariat einzurichten (Jahresbericht
1980, V. Stiftungsinterna). Im Frühjahr 1982 entschied der Stiftungsrat, das Projekt
der Schaffung eines Sekretariates für die Westschweiz in Angriff zu nehmen. Alain
Riesen, Ergotherapeut aus Genf, wurde als erster Mitarbeiter in der Westschweiz
damit beauftragt, die nötigen Vorarbeiten für den Aufbau eines Regionalsekretariates
in der Westschweiz zu leisten (Jahresbericht 1982, S. 29).
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2.4. Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising
Von Anfang an war die Öffentlichkeitsarbeit ein ausgeprägter Schwerpunkt in der
Tätigkeit der Stiftung Pro Mente Sana. Das im Jahr 1980 realisierte Radioprojekt
„Wie weiter?“ diente dazu, mehr Verständnis gegenüber psychisch Kranken zu
wecken und gleichzeitig die Bevölkerung durch gezielte Aufrufe von Patienten zu
direkter Hilfe aufzufordern. Diese Sendereihe verhalf der Stiftung Pro Mente Sana zu
einer in diesem Ausmass unerwarteten Publizität. In den regelmässig ausgestrahlten
Sendungen stellten sich psychisch Erkrankte mit ihrer Biographie, ihren Problemen
und einem ganz bestimmten Hilfsbedürfnis (Arbeit, Wohnen, Kontakte etc.) der
Öffentlichkeit vor. Mit den Sendungen wurden auch schwerwiegende Schwachstellen
in der psychiatrischen Versorgung der Schweiz offenbart (Jahresbericht 1980, I.
Öffentlichkeitsarbeit).
Die Schlussfolgerungen aus dem Radioprojekt wurden 1981 in einem Bericht „Zur
Lage der psychisch Kranken und Behinderten in der Schweiz“ veröffentlicht. Die
Publikation enthielt Thesen und Lösungsvorschläge zur Situation im Allgemeinen, am
Arbeitsplatz, im Wohnbereich und in der Sozialversicherung. Es war gleichzeitig die
erste Nummer der neu begründeten Schriftenreihe der Stiftung Pro Mente Sana. Auf
der Grundlage dieses Berichtes sollten die Hauptschwierigkeiten bei der Wiedereingliederung aufgegriffen und es sollte überlegt werden, wie die Probleme schrittweise angegangen und gelöst werden könnten (Jahresbericht 1981,
I. Öffentlichkeitsarbeit).
Ab 1982 stand eine Tonbildschau zur Verfügung, die zu einem gefragten
Informationsmittel in vielen Gruppen und Institutionen wurde. Sie stellte psychische
Störungen und Erkrankungen in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang
dar. Eine erste Fassung der Tonbildschau war von Prof. Felix Labhardt, Basel,
vorbereitet worden. Sie wurde in der Folge von einer Journalistin zur endgültigen
Fassung weiterentwickelt.
Zum Zwecke der Mittelbeschaffung wurde 1980 eine Schallplattenaktion durchgeführt. Eine mit Hilfe der EX LIBRIS produzierte Schallplatte wurde mit einer Hülle
als Werbeträger für Ziele und Anliegen von Pro Mente Sana an einen ausgewählten
Kreis von Personen versandt. Währendem das finanzielle Ergebnis der Aktion alle
Erwartungen übertraf, stiess die gewählte Vertriebsart da und dort auf Kritik (Jahresbericht 1980, VI. Finanzierung). Eine weitere Spendenaktion war die Publikation des
Theaterstücks „Dritte Kolonne, Ein Theaterstück für zwei Frauen und eine Gegensprechanlage“ von Franz Hohler. Der bekannte Autor und Kabarettist hatte Pro
Mente Sana den Text kostenlos zur Erstveröffentlichung und zum Vertrieb zur
Verfügung gestellt.
Das Zentralsekretariat hatte 1980 in einem Konzept grundsätzliche Vorstellungen zur
Öffentlichkeitsarbeit entwickelt, dabei aber noch auf ein eigenes Informationsmittel
verzichtet (Jahresbericht 1980, I. Öffentlichkeitsarbeit). Die regelmässige Herausgabe eines Informationsbulletins beruhte auf einem Beschluss des geschäfts28.10.2011
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führenden Ausschusses im Jahre 1982 (Jahresbericht 1982, S. 7). Im Jahr 1983
konnten die ersten beiden Nummern des neuen Informationsmittels unter dem
Namen „PMS-aktuell“ realisiert werden. Inhaltlich ging es „in erster Linie um die
Vermittlung aktueller Informationen, z.B. im Bereiche sozialpsychiatrischer
Behandlungsmöglichkeiten, wegweisender Projekte, für den Rechtsstatus des
psychisch Kranken und Behinderten wegweisender Judikatur“ (Jahresbericht 1983,
S. 7). In der Anfangsphase war „PMS-aktuell“ in einen „Rundbrief“ mit aktuellen
Informationen und eine Beilage zu einem ganz bestimmten thematischen Bereich
unterteilt. 1988 wurde die Zeitschrift mit einem neuen Konzept und „in einem
erfrischend neuen Kleid“ präsentiert. Die „traditionelle und etwas schwerfällige
Zweiteilung“ wurde aufgegeben, indem die Beilage ins Heft integriert wurde
(Jahresbericht 1988, S. 10). Das neue Heftkonzept wurde in der Folge weiterentwickelt, ist aber bis heute die Grundlage für die vierteljährliche Herausgabe der
Zeitschrift Pro Mente Sana aktuell geblieben.
2.5. Vielfältige Projektförderung
Im Rahmen der erwähnten Schallplattenaktion konnte Pro Mente Sana „erstmals
fortschrittliche und wegweisende Projekte der Betreuung psychisch Kranker und
Behinderter ausserhalb der Kliniken mit Geldbeiträgen, aber auch durch Beratung
und ideelle Hilfe“ unterstützen (Jahresbericht 1980, IV. Projektunterstützungen im
Bereich der Wiedereingliederung psychisch Kranker). In den kommenden Jahren
nahm die Abklärung neuer Projekte in den Bereichen Rehabilitation und Prävention
und deren Beratung einen breiteren Platz in der Tätigkeit der Geschäftsstelle ein. Es
ging dabei auch darum, die „wertvollen Erfahrung mit Projekten, Konzepten, Aufbauarbeiten zugänglich zu machen, und so den Start für andere wegweisende Projekte
zu erleichtern“ (Jahresbericht 1982, S. 12). Über die Ausrichtung von Projektbeiträgen befand der geschäftsführende Ausschuss des Stiftungsrates auf der Basis
von stiftungsinternen Richtlinien und nach einer Vorberatung durch einen Arbeitsausschuss des Stiftungsrates. Im Jahr 1982 erhielten zum Beispiel neun Projekte von
Pro Mente Sana eine Unterstützung zwischen Fr. 500.- und Fr. 10‘000.- (Jahresbericht 1982 S. 13). Im Sommer 1990 zog die Geschäftsstelle eine Bilanz über die
Projektunterstützung der letzten zehn Jahre, wobei auch eine Umfrage bei allen
bisher unterstützten Projekten durchgeführt wurde. Zwischen 1980 und 1989 hat Pro
Mente Sana 105 Unterstützungsbeiträge an 99 verschiedene Projekte in der durchschnittlichen Höhe von etwas über 5‘000.- pro Gesuch bewilligt. Von den 99 unterstützten Projekten entfielen 28 auf den Bereich Arbeit, 27 auf das Wohnen und 12
auf die Selbsthilfe/Patientenclubs. Weitere Projekttypen waren: Beratung/Krisenintervention (6), Organisationen der Freiwilligenhilfe (5), Tageszentren/Abendzentren
(5), Publikationen (7), Filme/Theater (5), Konzepterarbeitung (2), Ferienlager (2).
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3. Jubiläum und viele Veränderungen
3.1. Umbruch und neues Leitbild
Die Jahre vor und nach dem 10-jährigen Jubiläum waren durch verschiedene
wichtige strukturelle und personelle Veränderungen geprägt, es war eine Phase des
Umbruchs. Der Autor dieser Stiftungsgeschichte trat seine Stelle als juristischer
Mitarbeiter von Pro Mente Sana Mitte September 1987 an. Beinahe zeitgleich nahm
auch der Psychologe Urs Ruckstuhl seine Mitarbeit bei Pro Mente Sana auf.
Gemeinsam pendelten wir mit dem Zug von unserem Wohnort Zürich ins
Zentralsekretariat nach Weinfelden. Den ausgedehnten Gesprächen während den
gemeinsamen Zugfahrten habe ich viel zu verdanken. Urs Ruckstuhl führte mich
nicht nur in die mir zuvor weitgehend unbekannte Welt der Psychiatrie und
Psychologie ein, sondern auch in die grundlegenden Erkenntnisse der
Institutionskritik.
Bereits das Jahr 1987 stand im Zeichen des Jubiläums. Im November 1987 wurde
der Stiftung die Henry-Dunant-Medaille des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK)
verliehen (Jahresbericht 1987). Diese Ehre hatte Pro Mente Sana wohl vor allem
dem Pressechef des SRK, Dr.theol. Felix Christ zu verdanken, der damals dem
Stiftungsrat von Pro Mente Sana angehörte.
Anlässlich der Abgeordnetenversammlung 1987 in Wil wurde ein neues Leitbild für
die Zukunft verabschiedet. Damit sollten laut Jahresbericht 1987 (S. 5) drei Ziele
verwirklicht werden:
-
-
-
Die Basisnähe zu den psychisch kranken und behinderten Menschen, zu den
Angehörigen und den im Bereich der Psychiatrie tätigen Fach- und
Interessiertenkreise soll verstärkt werden.
Im Mittelpunkt der Stiftungsarbeit steht das gesellschaftspolitische
Engagement,
d.h.
Schwachstellen,
Probleme,
Fragen,
die
an
Einzelschicksalen transparent werden, sind auf der gesellschaftlichen Ebene
darzustellen und zu verändern.
Die Kontakte zu den Fachleuten und zu den politisch Verantwortlichen sollen
in den Regionen und den Kantonen breiter vernetzt werden.
(Hervorhebungen wie im Jahresbericht 1987, S. 5)
Um diese Ziele zu realisieren wurden neue institutionelle Formen des Engagements
vorgesehen: Bei der Beratungstätigkeit war es der Aufbau eines Netzes von
Anwälten in allen Regionen der Schweiz und die Schaffung eines Rechtshilfefonds,
bei der Projektarbeit der Aufbau von Projekten im befristeten Auftragsverhältnis für
Pro Mente Sana (Jahresbericht 1987, S. 5). Zudem wurde mit Wirkung ab dem
Jubiläumsjahr 1988 die Einzelmitgliedschaft eingeführt, die natürlichen Personen die
Möglichkeit einer direkten Mitwirkung bei Pro Mente Sana verschaffte. In den
jährlichen Abgeordnetenversammlungen erhielten Einzelmitglieder eine Stimme,
während den Kollektivmitgliedern je zwei Stimmen zustanden (Jahresbericht 1988, s.
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13). Die neue Form der Mitwirkung fand Anklang: 1988 zählte die Stiftung 500
Einzelmitglieder und 160 Kollektivmitglieder.
3.2. Charta „Brücken statt Mauern“ und Ausstellung „Bild und Seele“
Auch inhaltlich wollte sich die Stiftung für das Jubiläum klar positionieren. Zu diesem
Zweck erarbeitete sie mit der Unterstützung des Schweizer Schriftstellers Lukas
Hartmann (Pseudonym für Hans-Rudolf Lehmann) eine Charta zu den Rechten
psychisch kranker und behinderter Menschen. Das Leitthema des Jubiläumsjahrs
„Brücken statt Mauern“ diente auch als Titel und Grundaussage für die Charta. Es
liegt ihr die Vision zugrunde, dass „die Rechte der Schwachen in einer solidarischen
Gemeinschaft ebenso ernstgenommen werden wie diejenigen der Starken.“ Die
Kernforderungen der Charta lauten wie folgt:
„Auch psychisch Kranke und Behinderte sind Menschen mit unantastbaren Rechten
und Pflichten. Sie haben ein Recht
 auf Eigenständigkeit, auch in Fällen, wo sie nur Schritt um Schritt
zurückgewonnen werden kann
 auf menschenwürdige Behandlung
 auf existenzsicherndes Einkommen
 auf Arbeit
 auf angemessenen Wohnraum
 auf lebendige und erfüllte Beziehungen.“
Auf Herbst 1987 konnte mit alt Bundesrat Dr. Alphons Egli ein prominenter Politiker
für den Stiftungsrat gewonnen werden. Dieser hatte bereits als Innenminister die
Ziele von Pro Mente Sana unterstützt: „Dr. Alphons Egli hat sich seinerzeit als
Bundesrat sehr für die Belange der PMS eingesetzt. In der Zeit finanzieller Sorgen
waren tatkräftige Beratung und Unterstützung v.a. durch das Bundesamt für Sozialversicherung entscheidend. Sein Regierungsstil verriet ein hohes Mass an
Betroffenheit und politischer Sensibilität für die Gegenwartsprobleme, die in
besonderem Mass auch die weniger Leistungsfähigen in unserer Gesellschaft
belasten“ (Jahresbericht 1987, S. 3).
Höhepunkt der vielfältigen Aktivitäten im Jubiläumsjahr war die Ausstellung „Bild und
Seele“, die vom 1. bis 25. September 1988 im Seedamm-Kulturzentrum Pfäffikon mit
einem breitgefächerten Begleitprogramm stattfand. Der Kunstmäzen Charles Vögele
hatte sich mit grossem persönlichem und materiellem Einsatz für das Zustandekommen dieses Werkes eingesetzt. Um das Ausstellungskonzept hatten sich auch
Herr Norbert Lehmann (Leiter des Seedamm-Kulturzentrums) und Silvio Lütscher
(Kunsttherapeut in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen) verdient gemacht
(Jahresbericht 1988, S. 6).
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Nachdem sich die Radiosendereihe „Wie weiter?“ 1981 der Ausdruckskraft der
Sprache bedient hatte und seelisch Leidende ihre Erlebniswelt und ihre Erfahrungen
mit Worten ausgedrückt hatten, kamen nun „Bilder als Ausdruck von
Seelenlandschaften“ zum Einsatz. Pro Mente Sana knüpfte damit an die
Tiefenpsychologie Carl Gustav Jungs an, der auf „den Sinngehalt und die
Bedeutungsschwere bildhafter Ausdrücke im menschlichen Empfinden hingewiesen“
hatte. Mit diesem neuen Weg „wurde und wird eine neue Brücke des
Betroffenmachens, des Einfühlens und der Solidarität möglich“ (Jahresbericht 1988,
S. 6).
3.3. Trauer um Tod und Trennung
Die Zeit rund um das Jubiläum war auch eine Zeit des Abschieds. Im Anschluss an
das Editorial zum Jahresbericht 1998 widmete Jost Gross eine ganze Seite dem
Thema „Abschied nehmen“ (Jahresbericht 1988, S. 5). Der langjährige Mitarbeiter
des Zentralsekretariates und Psychiatriepfleger Gerald Schmidt war in der Nacht vom
3. auf den 4. Februar 1989 völlig unerwartet verstorben. Die Mitarbeiterinnen waren
fassungslos. Der Verstorbene hatte sich bereits im August 1988 von Pro Mente Sana
verabschiedet, um in seine Heimat Deutschland zurückzukehren. Bereits auf Ende
April 1988 hatte die stellvertretende Zentralsekretärin die Geschäftsstelle verlassen,
um sich einer neuen Aufgabe als Leiterin der Schule für Sozialarbeit in St. Gallen
zuzuwenden. In dem Text kündigte Jost Gross auch seinen „eigenen Abschied nach
zehnjähriger Aufbauarbeit im Zentralsekretariat“ an. Seine Funktion als
Zentralsekretär übte er bis am 30. Juni 1989 aus.
Jost Gross thematisiert in dem Artikel nicht nur die Schmerzhaftigkeit und die Trauer
der Trennung und des Abschiedes, sondern spricht auch einen Konflikt an, der zu
dieser Zeit schwelte und für den Übergang einer Institution von der Pionier- zur
Differenzierungsphase wohl typisch ist. Gerald Schmidt und Kathrin Hilber werden
dabei als Protagonisten der unterschiedlichen Positionen im Team dargestellt. Für
Gerald Schmidt war – mit den Worten von Jost Gross – „die Arbeit der Pro Mente
Sana stets mit kreativer Unruhe, mit Spontaneität, mit Grenzen sprengender Energie
verbunden. Das wachsende Geflecht von Spielregeln hat ihn eingeengt, hat ihm
Angst gemacht.“ Kathrin Hilber habe demgegenüber „Wesentliches zur
Verbesserung der Sekretariatsstruktur und zur wachsenden Anerkennung der Pro
Mente Sana beigetragen, als eine Art Gegenpol zu Gerald, aber jeder auf seine Art
mit der gleichen Hingabe an die Sache.“ Zwischen den Zeilen lässt sich unschwer die
Seelenverwandtschaft von Jost Gross mit Gerald Schmidt erkennen. Dass Jost
Gross sich mehr für die kreative Seite der Tätigkeit von Pro Mente Sana interessierte
als für die institutionellen Strukturen ist wohl ein offenes Geheimnis. Sein Abschied
sollte denn auch das Ende einer Art Pionierphase markieren und in ein „zweites
Jahrzehnt überleiten, das stärker von verbindlichen institutionellen Strukturen geprägt
sein soll, ohne die notwendigen Attribute unserer Arbeit einzubüssen: unkompliziert,
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unkonventionell, unbürokratisch für die Anliegen der seelisch Leidenden sich
einzusetzen.“
Die Trauer um Tod und Trennung wird im Jahresbericht 1988 auch sichtbar in der
ganzseitigen Zeichnung von Rahel Beglinger, die den Text zum Abschied illustriert.
Sie ist eine der grossformatigen Farbstiftzeichnungen, die im Jahr 1990 zusammen
mit Begleittexten im Bildband „Depression“ veröffentlicht wurden.
4. Regionalisierung und Reorganisation
4.1. Suche nach neuem Gleichgewicht
Die Zeit nach dem Weggang von Jost Gross war geprägt durch die Suche nach
einem neuen personellen und strukturellen Gleichgewicht innerhalb der Organisation.
Der Linguist Reto Meister, ehemaliger Leiter der IKRK-Delegation in Israel, übte die
Funktion des Zentralsekretärs weniger als drei Jahre lang vom 1.05.1989 bis
29.02.1992 aus. Seine Nachfolgerin, die promovierte Juristin Gabriela Hauser, zuvor
IKRK-Delegierte und Leiterin eines Zentrums für Asylsuchende bekleidete das
gleiche Amt nur gerade etwas mehr als ein Jahr vom 15.02.1992 bis 31.05.1993.
Auch im Präsidium der Stiftung kam es zu einem bedeutenden Wechsel. Der
langjährige Stiftungspräsident und Sohn des Stiftungsgründers Paul Plattner trat im
November 1992 zurück. Da sich keine geeignete Persönlichkeit fand, die bereit
gewesen wäre, die präsidiale Funktion allein zu übernehmen, wurde eine Interimslösung verwirklicht. Ab 26. November 1992 übernahmen Jost Gross und der ehemalige Regierungsrat von Basel-Land, Paul Manz, gemeinsam das
Interimspräsidium. Nach dem krankheitsbedingten Rückzug von Paul Manz aus dem
Interimspräsidium erklärte sich Jost Gross 1994 dazu bereit, als alleiniger
Stiftungspräsident weiterzuwirken.
4.2. Basisnähe und lokale Präsenz
Anfangs der 90er-Jahre wurde der Versuch unternommen, die im Leitbild 1987
angedachte Basisnähe zu verwirklichen. Nachdem zuvor bereits in der Westschweiz
und im Tessin Regionalsekretariate eröffnet worden waren, wurde durch die
Schaffung einer neuen Zweigstelle in Zürich (im Dezember 1990) die
Regionalisierung in der Deutschschweiz vorangetrieben. In diesem Zusammenhang
wurde die Funktion eines Regionalsekretärs Deutschschweiz installiert und mit der
Person des Psychologen Urs Ruckstuhl besetzt. Laut Jahresbericht 1990 übernahm
der neue Regionalsekretär „die koordinierenden und leitenden Aufgaben“ für die
beiden Büros in Weinfelden und Zürich. Diese strukturelle Veränderung war mit einer
faktischen Entmachtung der Rolle des Zentralsekretärs bzw. der Zentralsekretärin
verbunden, dem im Büro Weinfelden nur noch eine kaufmännische Mitarbeiterin
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direkt unterstellt war. In dieser Zeit wurde viel über die Legitimität von Führung und
das Postulat einer weitgehenden Teamdemokratie diskutiert und gestritten.
Dank der unmittelbaren Präsenz in Zürich konnte Pro Mente Sana auch vermehrt
Einfluss nehmen auf die politische Entwicklung im Kanton Zürich. 1993 konnten
verschiedene Mitglieder des Kantonsrates dafür gewonnen werden, im Parlament mit
Vorstössen für die Interessen der psychisch Kranken einzustehen. Der Kantonsrat
lehnte zwar die Motion Wohlwend, die ein Psychiatriegesetz verlangte, mit 79 gegen
66 Stimmen ab. Hingegen überwies er das Postulat Gunsch (GP), das sich gegen
das kostspielige Projekt zur Sanierung der Psychiatrischen Klinik Rheinau wendete
sowie das Postulat Kaltenrieder/Spieler/Wohlwend (SP) für ein Psychiatriekonzept,
dies entgegen dem Willen des Regierungsrates (Jahresbericht 1993, S. 10f.). Diese
Beschlüsse gaben nicht nur den Anstoss zum Zürcher Psychiatriekonzept, sondern
sie sollten auch zur massiven Redimensionierung der Psychiatrischen Klinik Rheinau
führen, wodurch der Weg frei wurde zur Gründung der Modellregion Integrierte
Psychiatrie Winterthur.
Zu den lokalen Aktivitäten in Zürich zählte auch der Aufbau eines Treffpunktes für
Menschen mit Psychiatrieerfahrung. Mit diesem Projekt konnte eine Lücke im
sozialpsychiatrischen Versorgungsnetz geschlossen werden. Nach einer Aufbauphase, in der Pro Mente Sana die Verantwortung getragen hatte, wurde am
4.
November 1992 der Verein „Nordliecht“ gegründet, der als neue Trägerschaft die
Verantwortung für den Treffpunkt Schritt für Schritt von der Stiftung übernahm
(Jahresbericht 1992, S. 10).
4.3. Finanzielle Krise und NPO-Management
Zentralsekretärin Gabriela Hauser absolvierte während ihrer Amtszeit als
Zentralsekretärin eine Weiterbildung im NPO-Management und erkannte rasch, dass
die Strukturen von Pro Mente Sana mit dem Konzept des Freiburger ManagementModells kaum in Einklang zu bringen war. Auch die finanzielle Situation entwickelte
sich eher ungünstig, da die Betriebsrechnung zwischen 1989 und 1992 regelmässig
mit kleineren oder grösseren Defiziten abschloss. Vor diesem Hintergrund erstaunt
es nicht, dass Gabriela Hauser mit ihrer Forderung nach einer Reorganisation der
Stiftung beim Stiftungsrat Gehör fand. Laut Jahresbericht 1992 (S. 6) „kamen
Stiftungsrat und MitarbeiterInnen der PMS … zur Überzeugung, dass eine
qualifizierte Auseinandersetzung mit Strukturen, Organisation und Finanzen der
Stiftung notwendig ist, um die weitere Entwicklung der PMS aktiv und kohärent zu
gestalten.“ Als externer Berater wurde der bekannte NPO-Management Experte Prof.
Dr. Peter Schwarz beigezogen.
Das Ergebnis der Reorganisation sollte für Pro Mente Sana tiefgreifende
Veränderungen zur Folge haben (vgl. dazu Jahresbericht 1993, S. 3):
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Pro Mente Sana sollte sich fortan auf ihre Kernaufgaben besinnen:
Öffentlichkeitsarbeit, Vertretung der sozial- und gesundheitspolitischen
Interessen von psychisch Kranken sowie Projektarbeit und Beratung, vor
allem im Rechtsbereich.
Pro Mente Sana verstand sich neu nicht mehr als Dachorganisation. Die
bisherigen Mitglieder erhielten den Status von Gönnerinnen und Gönnern.
An
die
Stelle
der
Abgeordnetenversammlung
trat
neu
die
Stiftungsversammlung (vormals Stiftungsrat). Ihr sollten Vertreterinnen und
Vertreter aller Kreise angehören, die sich mit der Psychiatrie
auseinandersetzten,
also
die
verschiedenen
Berufsgruppen,
Betroffenenorganisationen sowie politische Institutionen und Gremien.
Die Geschäftsleitung wurde von einem verkleinerten, fünfköpfigen Stiftungsrat
als zentralem Führungsorgan wahrgenommen, der an die Stelle des
geschäftsführenden Ausschusses trat.
Das Zentralsekretariat wurde von Weinfelden nach Zürich verlegt und bezog
am 1. April 1994 unterhalb des Schaffhauser-Platzes Büros an der Rotbuchstrasse 32 in Zürich. Mit der Zusammenlegung der Sekretariate wurde auch
die Regionalisierung aus finanziellen und strukturellen Gründen rückgängig
gemacht. Das Regionalsekretariat in Lausanne wurde geschlossen. Die
Arbeitsverträge mit dem secrétaire régional Luc Pont und seiner Ehefrau, der
Sozialarbeiterin Madeleine Pont wurden aufgelöst bzw. durch die Selbsthilfeorganisation GRAAP übernommen, die als lokale Trägerschaft einen Teil der
Dienstleistungen dank der direkten Subventionierung durch das Bundesamt
für Sozialversicherung weiterführen konnte. Die GRAAP übernahm
insbesondere auch die Herausgabe und den Vertrieb der Zeitschrift „tout
comme vous“, der Publikation von Pro Mente Sana für die Romandie.
Die Geschäftsstelle arbeitete neu nach dem Ressortsystem. Es entstanden
die vier Bereiche Psychosoziales, Rechtsberatung, Administration und
Öffentlichkeitsarbeit.
Die Reorganisation zog auch eine Änderung des Stiftungsstatuts nach sich.
Zudem wurde neu ein Stiftungsreglement erlassen.
Ein neues Logo sollte das neue Selbstverständnis der Stiftung versinnbildlichen. Jost Gross beschreibt es wie folgt: „Es zeigt ein zweigeteiltes
Gesicht; der hilfesuchende seelisch leidende Mensch tritt uns unmittelbar von
Angesicht zu Angesicht gegenüber. Eine Gesichtshälfte ist im Dunkeln, die
andere ist schon im Licht, im Licht des anbrechenden Tages.“ (Jahresbericht
1994 S. 1).
4.4. Wechsel in der Leitung, Verzicht auf Rolle als Dachorganisation
Die Zentralsekretärin Gabriela Hauser verliess während der Reorganisation per 31.
Mai 1993 die Stiftung. Für den Rest des Jahres 1993 bzw. für die Dauer des
Restrukturierungsprozesses wurden der Unternehmensberater Viktor Schiess und
der Verfasser dieses Textes mit der interimistischen Geschäftsleitung und dem
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Vollzug der Reorganisation beauftragt. Die Stelle des Zentralsekretärs wurde
öffentlich ausgeschrieben. Das Auswahlverfahren endete mit der Wahl des Autors
dieser Stiftungsgeschichte zum neuen Zentralsekretär von Pro Mente Sana. Diese
Funktion sollte er vom 1. Januar 1994 bis 30. September 2010 ausüben.
Der Verzicht von Pro Mente Sana, die Aufgabe einer Dachorganisation für lokale
sozialpsychiatrische Organisationen wahrzunehmen, führte zu einer klareren
Fokussierung von Pro Mente Sana auf die Interessen der Betroffenen und ihrer
Angehörigen. In der aktuellen Terminologie müsste die Neuausrichtung als
„Advocacy“ bezeichnet werden. Für die lokalen Institutionen – Wohnheime,
Werkstätten, Tageszentren – zog diese Entwicklung die Notwendigkeit einer
Neuorientierung nach sich. Pro Mente Sana empfahl diesen Institutionen, sich um
eine Mitgliedschaft bei INSOS zu bewerben. Viele Trägerschaften folgten dieser
Empfehlung und verstärkten damit die Fraktion der sozialpsychiatrischen stationären
Einrichtungen in dem bedeutenden Heimverband.
5. Umzug und Professionalisierung
5.1. Geschäftsstelle in Zürich
Mit dem Umzug nach Zürich ging auch die Pionierzeit von Pro Mente Sana zu Ende.
Die Reorganisation der Stiftung mit der Klärung der Führungsstrukturen bewirkte eine
Professionalisierung der Organisation und gewährleistete für die kommenden Jahre
bis heute die erwünschte finanzielle Stabilität. Das Stiftungskapital, das bis am Ende
des Rechnungsjahres 1992 auf Fr. 482‘392.09 gesunken war, stieg bis 31.12.2009
auf 1‘512‘390.73 an. Im gleichen Zeitraum konnte ein beachtliches Fondsvermögen
von ca. 4,88 Mio. Franken (per 31.12.2009) geäufnet werden.
Das Umzugsjahr 1994 war auch sozialpolitisch ein bedeutendes Jahr. Die Annahme
des neuen Krankenversicherungsgesetzes in der Volksabstimmung, für die Pro
Mente Sana sich gemeinsam mit anderen Organisationen eingesetzt hatte, brachte
für psychisch kranke Menschen wichtige Errungenschaften. Das Obligatorium in der
Grundversicherung, die volle Freizügigkeit sowie der Ausbau der Leistungen
bewirkten einen besseren Schutz von langzeitkranken Menschen (Jahresbericht
1994 S. 5).
Die telefonische Beratung war seit der Gründung von Pro Mente Sana eine wichtige,
allerdings kaum strukturierte Aktivität von Pro Mente Sana. Mit dem Neustart in
Zürich wurde der Dienstleistungscharakter der Beratung stärker betont. Die
Beraterinnen und Berater waren neu unter einer gesonderten Telefonnummer und zu
festen Zeiten erreichbar. Die kostenlose psychosoziale und rechtliche Beratung
wurde wöchentlich während zwölf Stunden angeboten und zwar sowohl für psychisch
leidende Menschen wie auch für Angehörige und Fachpersonen. Die Hotline ging
unter einer „gewöhnlichen“ Zürcher Telefonnummer in Betrieb. Sie wurde 1999 durch
die bis heute gültige Servicerufnummer 0848 800 858 abgelöst, um damit die Aus28.10.2011
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richtung des Angebotes auf die gesamte Deutschschweiz besser zum Ausdruck zu
bringen.
Der Beschluss, die Öffentlichkeitsarbeit zu verstärken, wurde auf der personellen
Ebene mit der Verstärkung des Informationsbereiches rasch umgesetzt. In der
Weinfelder-Zeit war der mit einem kleinen Pensum von 20% angestellte Redaktor
von „Pro Mente Sana aktuell“ auch für die gesamte Informationsarbeit zuständig. Auf
der neuen Geschäftsstelle in Zürich wurde die Funktion des Redaktors ergänzt durch
die Anstellung einer Informationsbeauftragten mit höherem Pensum (60%). Die
Historikerin lic.phil. Sabina Roth wurde mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe
betraut. Diese personelle Verstärkung erlaubte eine schrittweise Professionalisierung
des Fundraising und der Öffentlichkeitsarbeit. Als Meilensteine für diese Entwicklung
sind zu nennen: Die Einführung eines Pressedienstes (ab März 1997); der Start zu
einer (vorerst) sechsteiligen Serie von Info-Blättern (ab 1999); die Aufschaltung des
Internet-Auftrittes www.promentesana.ch unmittelbar vor dem Jahrtausendwechsel
(Ende 1999). Ab 1998 wurden auch Aktivitäten rund um den World Mental Health
Day, der jedes Jahr am 10. Oktober begangen wird, in das Programm der
Öffentlichkeitsarbeit aufgenommen, wobei Pro Mente Sana in den ersten Jahren vor
allem die lokalen Aktionen der Hilfsstelle Bern unterstützte.
5.2. Berufliche Eingliederung und Bonus-Malus-Konzept
In der Zeit kurz vor und unmittelbar nach dem Umzug nach Zürich erlangte die
berufliche Integration psychisch Kranker aufgrund der Rezession von 1993 eine hohe
sozialpolitische Brisanz. Psychisch erkrankte Menschen hatten schon damals kaum
noch eine Chance auf eine Arbeit, das Spektrum der konkreten Eingliederungsmöglichkeiten für Behinderte schränkte sich dramatisch ein (Jahresbericht 1993, S.
7). Das drängende Thema wurde auf verschiedenen Ebenen angegangen: Im
Auftrag von Pro Mente Sana erstellte ein Team des Sozialforschungsinstituts IPSO
eine 190seitige Studie „Berufliche Eingliederung psychisch behinderter Menschen“.
Der anfangs 1993 veröffentlichte Bericht wies auf bestehende Missstände hin und
zeigte in einem umfangreichen Katalog von Empfehlungen auf, wie sich die
Lösungen für die Probleme finden liessen. Die Ergebnisse der Studie wurden in der
Romandie an drei „Tables rondes“ in Genf, Lausanne und Neuenburg vorgestellt und
diskutiert. In Zürich wurde im Juni 1993 unter dem Motto „Arbeit für psychisch kranke
Menschen – Unternehmerische Verantwortung ohne staatlichen Zwang?“ eine
Impulstagung durchgeführt. Die Tagung wollte vor allem Arbeitgeber ansprechen, die
jedoch der Einladung nur in kleiner Zahl folgten.
Um die Debatte zur beruflichen Eingliederung weiterzuführen und zu vertiefen
beauftragte Pro Mente Sana in der Folge eine „groupe de réflexion“. (Jahresbericht
1993, S. 9). Aus dieser Arbeitsgruppe ging das „Bonus-Malus-Konzept“ hervor, das
im Oktober 1995 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Ziel dieses Modells sollte es
sein, mittels einer Quote die Chancengleichheit von behinderten und nicht
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behinderten ArbeitnehmerInnen zu fördern. Die anderen Behindertenorganisationen
wurden eingeladen, sich bis im April 1996 zu entscheiden, ob sie einen politischen
Vorstoss zur Einführung eines Bonus-Malus-Systems unterstützen wollten (Jahresbericht 1995, S. 3). Das Konzept führte zwar zu lebhaften Debatten bei den
Behindertenorganisationen. Da es jedoch nur von einer Minderheit unterstützt wurde,
kam es auf der politischen Ebene nie zu einem konkreten Vorstoss in dieser Sache.
5.3. Gender, Psychose-Seminarien und Behindertengleichstellung
Ab Mitte der 90er-Jahre beschäftigte sich Pro Mente Sana auch vermehrt mit der
Gender-Thematik. Im Juni 1995 organisierte Pro Mente Sana in Zürich eine Tagung
zum Thema „Frau und Psychiatrie“, die sich frauenspezifischen Anliegen in der
Psychiatrie und in der Gesellschaft widmete. Die Referentinnen setzten sich für eine
frauengerechte ambulante und stationäre Psychiatrie ein und kritisierten, dass
„überkommene Klischees noch immer eine differenzierte Sichtweise der
Erkrankungen von Frauen verhinderten“ (Jahresbericht 1995, S. 9). Wenige Monate
später, im Februar 1996, konnte im Zürcher Frauen-Tram die Ausstellung „zwischen
den Gleisen“ realisiert werden. Darin kamen Frauen zu Wort, „die mit psychischer
Erkrankung und Behinderung konfrontiert sind“ und es wurde zur Sprache gebracht,
dass „schwierige Lebensumstände, widersprüchliche Leitbilder und sexualisierte
Gewalt die seelische Gesundheit vieler Frauen gefährden können“ (Jahresbericht
1996, S. 6/7).
Im Jahr 1996 konnte der Grundstein für den Aufbau und die Weiterentwicklung der
Psychose-Seminare in der Schweiz gelegt werden. Die eigentliche Initialzündung für
diese Entwicklung gab eine kleine Tagung im Februar 1996, zu der Dorothea Buck
(geb. 5. April 1917 in Naumburg a.d.Saale) als Referentin eingeladen wurde. Sie ist
als Zwangssterilisierte Opfer der NS-Diktatur und eine bedeutende Persönlichkeit der
Bewegung Psychiatrie-Erfahrener. Ihr Erlebnisbericht „Auf der Spur des
Morgensterns. Psychose als Selbstfindung“, der erstmals 1990 unter ihrem
Pseudonym Sophie Zerchin erschien, gilt als bahnbrechend. Gemeinsam mit dem
Psychologen Thomas Bock gründete sie 1989 in Hamburg das erste PsychoseSeminar, in dem Patienten, Angehörige und in der Psychiatrie Beschäftigte in einen
gleichberechtigten Erfahrungsaustausch (Trialog) über psychische Erkrankung
treten. In den folgenden Jahren entstanden mit der Unterstützung von Pro Mente
Sana an verschiedenen Orten Psychose-Seminare. Die Verantwortung für die
Organisation der lokalen Psychose-Seminare wurde sukzessive auf lokale
Trägerschaften übertragen. Pro Mente Sana organisiert bis heute jährlich zwei
gesamtschweizerische Treffen der Kontaktleute aus den Psychose-Seminarien, die
der gegenseitigen Vernetzung und dem Informations- und Erfahrungsaustausch
dienen (Jahresbericht 2009, S. 20).
„Keine Person darf wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden“. So lautete der
Kernsatz einer von Nationalrat Marc F. Suter eingereichten parlamentarischen
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Initiative, die vom Nationalrat im Juni 1996 oppositionslos überwiesen worden war.
Pro Mente Sana hatte bei der Vorbereitung des Vorstosses mitgewirkt und wirkte
auch bei der Ausarbeitung des Diskriminierungs-Berichtes mit. Der von der
Dachorganisationenkonferenz der privaten Behindertenhilfe herausgegebene Bericht
ist die erste Sammlung rechtlicher und faktischer Benachteiligungen von psychisch,
geistig und körperlich behinderten Menschen in der Schweiz (Jahresbericht 1996, S.
18). Das Gleichstellungsanliegen entfaltete eine grosse politische Stosskraft. Im Jahr
1999 kam eine von allen grossen Behindertenorganisationen unterstützte Volksinitiative über die verfassungsrechtliche Gleichstellung der Behinderten zustande. Für
Pro Mente Sana war das Diskriminierungsanliegen auch ein Vehikel, um der
unsichtbaren psychischen Behinderung zur längst fälligen rechtlichen Anerkennung
zu verhelfen. Pro Mente Sana setzte sich für einen dreiteiligen Behinderungsbegriff
ein – mit Erfolg. In der neuen, nachgeführten Bundesverfassung, die am 1. Januar
2000 in Kraft trat, wurde festgehalten, dass niemand wegen einer körperlichen,
geistigen oder psychischen Behinderung diskriminiert werden darf. Die ausdrückliche
Nennung der psychischen Behinderung in der Verfassung war ein bedeutender
Meilenstein, weil damit die psychische Beeinträchtigung erstmals als eigenständige
Behinderungs- bzw. Krankheitsart in der Gesetzgebung anerkannt wurde.
5.4. Entwicklungen in der Romandie und im Tessin
Das Konzept der Restrukturierung von 1993 sah vor, dass das Zentralsekretariat in
Zürich wieder direkt für die Bearbeitung des „Terrain“ in der Romandie und im Tessin
zuständig war. Im Kanton Tessin war die damit verbundene Veränderung eher
kosmetischer Art. Da die Büroräume in Lugano aufgegeben wurden, gab es im
Tessin nun keine eigenständige Adresse von Pro Mente Sana mehr. Da aber Marco
Borghi, der von Anfang an für Pro Mente Sana tätig gewesen war, weiterhin die
Interessen von Pro Mente Sana im Tessin vertrat, wirkt sich dieser Abbau kaum auf
die Präsenz und den Einfluss der Stiftung in der Südschweiz aus. Etwas anders
entwickelte sich die Situation in der Westschweiz. Es erwies sich als schwierig, von
Zürich aus die Aufgaben in der Romandie zu erfüllen. Zu gross waren die räumliche
Distanz und die Mentalitätsunterschiede zwischen den beiden Sprachregionen. In
dieser Situation erlangte die Association genevoise Pro Mente Sana zunehmend die
Rolle eines „Brückenkopfes“. Im Februar 1994 wurde zwischen der Stiftung und der
Association genevoise eine Zusammenarbeitsvereinbarung abgeschlossen, mit der
dem lokalen Verein die Wahrung der Aufgaben im Bereiche der Beratung und der
Vertretung der Rechte der Patienten übertragen wurde. 5 Unter der Leitung von JeanDominique Michel, der ab 1. November 1998 als Generalsekretär der Association
wirkte, wurde der Wirkungsbereich der Association sukzessive auf das Gebiet der
ganzen Romandie ausgeweitet, was nicht zuletzt dem Wunsch des Bundesamtes für
Sozialversicherung entsprach. Die Erweiterung des Tätigkeitsbereiches wurde 1999
5
Artikel 1 der Vereinbarung lautete: „L’Association genevoise Pro Mente Sana contribue à la
réalisation dans le canton de Genève des buts généraux de la fondation et particulièrement dans le
domaine du conseil et de la défense des droits des patients“
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mit der Namensänderung in „Association romande Pro Mente Sana“ Rechnung
getragen.
5.5. Neues Leitbild zum 20-jährigen Jubiläum
Rechtzeitig zum 20-jährigen Bestehen präsentierte Pro Mente Sana der Öffentlichkeit
ein neues Leitbild, das bis heute gültig ist. Unter dem Titel „20 Jahre Pro Mente
Sana. Ein Grund zum Feiern?“ wurde dem Jubiläum zudem das Heft 2/1998 von Pro
Mente Sana gewidmet. Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten war jedoch der
Kongress „Komplementäre oder alternative Behandlungsmethoden in der
Psychiatrie: eine Herausforderung? ein Anspruch?“. Die Tagung fand in der
kantonalen psychiatrischen Klinik Mendrisio statt, die ihrerseits ihr 100-jähriges
Bestehen feierte. Als Ergebnis der Veranstaltung forderte Pro Mente Sana die
Ausweitung der Therapiewahlfreiheit auf die stationäre Psychiatrie, eine verbesserte
Qualitäts-sicherung bei allen angewandten Verfahren sowie eine soziale
Finanzierung von alternativen Therapien (Jahresbericht 1998, S. 4). 1998 war auch
sozialpolitisch ein wichtiges Jahr. Mit beinahe 80‘000 Unterschriften kam in
Rekordzeit ein von Pro Mente Sana unterstütztes Referendum gegen die 4. IVGRevision zustande, das sich gegen die von den eidgenössischen Räten gerichtete
Abschaffung der IV-Viertelsrente richtete. In der Volksabstimmung vom 13. Juni 1999
konnten die Behindertenorganisationen einen Erfolg von historischer Bedeutung
feiern. Beinahe 70 % der Stimmenden sprachen sich gegen die Abschaffung der IVViertelsrente aus. Durch Stiftungspräsident Jost Gross als Co-Präsident des
Referendumskomitees und meine Mitwirkung als Mitglied der Steuergruppe hatte Pro
Mente Sana einen Beitrag zum wichtigen politischen Erfolg geleistet.
5.6. Von den Lohnsubventionen zum Leistungsvertrag
Das Jahr 1999 brachte eine grosse Umstellung bei der Subventionierung von Pro
Mente Sana durch die Invalidenversicherung. Seit der Gründung bis 1998 hatte das
Bundesamt für Sozialversicherung die kollektiven Beiträge, auf die Pro Mente Sana
als anerkannte Organisation der privaten Behindertenhilfe i.S.v. Art. 74 IVG Anspruch
hatte, in der Form von Lohnsubventionen ausgerichtet. Das alte und administrativ
sehr einfache Subventionssystem wurde durch eine Leistungsvereinbarung ersetzt,
die auf den Grundsätzen des New Public Management beruhte. Pro Mente Sana war
eine von 20 Behindertenorganisationen, die im Rahmen eines Pilotprojektes als erste
auf das neue System umgestellt hatte. Das neue Modell war und ist bis heute mit
einem grossen administrativen Mehraufwand verbunden (Jahresbericht 1999, S. 10).
In finanzieller Hinsicht brachte es den grossen Vorteil mit sich, dass die Beiträge der
Invalidenversicherung nicht mehr nachschüssig, sondern verteilt auf zwei Tranchen
im jeweiligen Vertragsjahr ausbezahlt wurden. Auf diese Weise konnte das
Stiftungskapital innerhalb eines Jahres von Fr. 656‘915.01 (per 31.12.1997) auf Fr.
1‘301‘207.72 (per 31.12.1998) beinahe verdoppelt werden.
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6. Kraftwerk1: Neuer Schwung in der Pioniersiedlung
Im Juni 2001 bezog die Geschäftsstelle von Pro Mente Sana neue Räume in der
sozialen und ökologischen Pioniersiedlung Kraftwerk 1 an der Hardturmstrasse 261
im aufstrebenden Stadtteil Zürich West. Die alten Büroräume in Zürich-Wipkingen
waren zu eng geworden und boten keinen Raum mehr für weitere Entwicklungen.
Der Umzug ins Kraftwerk 1 bot dank einer genossenschaftlichen Trägerschaft den
Vorteil eines günstigen Mietzinses sowie eine langfristige Sicherheit. Die Kosten für
die Rohbaumiete der hellen, modernen und zweckmässigen Räumlichkeiten waren
tragbar. Die Investitionskosten von insgesamt rund 300‘000.- Franken für den
Innenausbau der Büroräume sowie die Anschaffung von funktionalem Mobiliar
konnte dank der finanziellen Unterstützung durch die Fonds für gemeinnützige
Zwecke von Kanton und Stadt Zürich sowie die Dr. Stephan à Porta Stiftung mehr als
zur Hälfte fremdfinanziert werden (Jahresbericht 2001, S. 23).
Im gleichen Jahr durfte Pro Mente Sana mit dem Nachlass Probst ein grosses
Vermögen in der Höhe von ca. 1.5 Millionen Franken in Empfang nehmen. Gemäss
der letztwilligen Verfügung der Erblasserin sollte die Hälfte des Geldes zweckgebunden für die Finanzierung von Ferienaufenthalten für psychisch Kranke und bei
Bedarf für die sie pflegenden Personen verwendet werden. Mit der anderen Hälfte
sollte der Freizeit-Treffpunkt Nordliecht regelmässig finanziell unterstützt werden. Um
die Zweckbindung des Nachlasses zu gewährleisten wurden zwei gesonderte Fonds
eingerichtet.
Auch das Bundesamt für Sozialversicherung übertrug Pro Mente Sana eine neue
Aufgabe. Ab 2001 erhielt die Stiftung von der Invalidenversicherung den Auftrag, in
der Deutschschweiz die Funktion einer Dachorganisation für die Betreuung von
psychisch behinderten Personen in Treffpunkten zu übernehmen. Pro Mente Sana
schloss zu diesem Zweck mit fünf lokalen Organisationen Unterleistungsverträge ab.
Später konnte das Angebot mit neuen Treffpunkten in Schaffhausen und im Kanton
Aargau ergänzt werden.
Mit dem Umzug ins Kraftwerk 1 wurde für die Geschäftsstelle auch eine neue
Organisationsstruktur wirksam. Das 1994 eingeführte Ressortsystem mit einer
vierköpfigen Geschäftsleitung hatte sich nur bedingt bewährt. Das Ressortsystem
führte zu einem ausgeprägten Abteilungsdenken, die mittlere Hierarchiestufe der
„BereichsleiterInnen“ zu einer unnötigen Verlängerung der Entscheidungswege und
zu verschiedenen Konflikten. Eine Organisationsentwicklung, die von den
Unternehmensberatern Gaby Belz und Bernhard Wenger begleitet wurde, führte zu
einer Verkleinerung der Geschäftsleitung auf zwei Personen, zu einer Verflachung
der Hierarchie durch Abschaffung der mittleren Hierarchiestufe sowie zur Einführung
einer Projektstruktur, die den einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr
Verantwortung übertrug.
Die neu zusammengesetzte Geschäftsleitung bestand aus dem Zentralsekretär und
seiner Stellvertretung. Die Aufgabe der stellvertretenden Zentralsekretärin wurde von
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der damaligen Informationsbeauftragten Sylvia Oehninger wahrgenommen, die mit
ihrem Engagement einen grossen Beitrag leistete zur Fortentwicklung der Inhalte wie
auch des öffentlichen Auftrittes von Pro Mente Sana. Die Restrukturierungsphase
war auch eine Zeit, die mit einigen personellen Veränderungen auf der Geschäftsstelle verbunden war. Der hohen Fluktuation in dieser Periode stehen und standen
aber auch immer wieder Mitarbeitende gegenüber, die sich über viele Jahre hinweg
für die Anliegen von Pro Mente Sana engagiert haben und für die nötige
Beständigkeit gesorgt haben. Ohne vollständig zu sein, möchte ich für die
vergangenen zehn Jahre (2001 – 2010) folgende MitarbeiterInnen ausdrücklich
nennen:
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Christoph Lüthy, Rechtsanwalt, der am 1. November 1995 zum Rechtsteam
von Pro Mente Sana stiess und bis heute als Rechtsberater, Kursleiter,
Fachredaktor von Pro Mente Sana aktuell dank seiner Erfahrung im
Rechtsdienst die nötige Konstanz und Qualität der Arbeit gewährleistet
Anna Beyme, lic.phil., die seit 1. Januar 2000 bis heute als Redaktorin von Pro
Mente Sana aktuell für ein regelmässiges Erscheinen der Zeitschrift als
sprachlich und inhaltlich hochstehendes Endprodukt sorgt
Andreas Knuf, Diplompsychologe, der vom 1. März 2001 bis 31. August 2009
wichtige selbsthilfeorientierte Ansätze wie „Empowerment“ und „Recovery“ in
die Arbeit einbrachte und zu deren Weiterentwicklung beitrug
Gaby Rudolf, lic.phil., die seit 1. Januar 2002 bis heute als wichtige Stütze des
psychosozialen Teams wirkt, wesentliche Beiträge zur Entwicklung der Selbsthilfe geleistet hat und aufgrund ihrer früheren Psychoseerfahrung als glaubwürdige Botschafterin des Recovery-Konzeptes auftritt
Ruth Dusoczky, kaufmännische Mitarbeiterin seit 1. Oktober 2002, Leiterin der
Administration seit 1. Oktober 2003 bis heute, die mit hohem Arbeitseinsatz
und kaufmännischer Kompetenz für reibungslose administrative Abläufe und
eine dienstleistungsorientierte Betreuung unserer Kunden sorgt.
7. Jüngere Entwicklungen im Überblick
7.1. Meilensteine in der Sozial- und Gesundheitspolitik
Der Kanton Tessin spielte bei der Entwicklung der psychiatrischen Patientenrechte in
den vergangenen zehn Jahren erneut eine wichtige Rolle. Mit der Revision des
Gesetzes über die Sozialpsychiatrie („Legge sull’assitenza sociopsichiatrica“) wurde
1999 die gesetzliche Grundlage für eine neue vorbildliche Einrichtung geschaffen. Es
sollte für die Benutzerinnen und Benutzer von psychiatrischen Einrichtungen
inskünftig ein unabhängiger Begleitungs- und Beratungsdienst angeboten werden, an
den sie sich bei Schwierigkeiten oder Konflikten mit der Institution wenden konnten.
Die Gesetzesänderung ging auf eine Anregung von Prof. Marco Borghi zurück. Der
Regierungsrat des Kantons Tessin übertrug der Stiftung Pro Mente Sana mit einer
Leistungsvereinbarung den Auftrag, den unabhängigen Begleitungs- und Beratungs28.10.2011
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dienst („servizio indipendente di assistenza e consulenza“) aufzubauen. Im März
2001 nahm die Sozialarbeiterin Daniela Botti, die zu diesem Zweck mit einem 30Prozent Pensum angestellt worden war, die Aufbauarbeit in Angriff. Für die
Patientinnen und Patienten der kantonalen psychiatrischen Klinik in Mendrisio wurde
eine wöchentliche Sprechstunde eingerichtet (Jahresbericht 2001, S. 13).
Am 1.1.2013 wird ein neues Erwachsenenschutzrecht das veraltete, seit mehr als
100 Jahren in Kraft stehende Vormundschaftsrecht ablösen. Pro Mente Sana hat das
wichtige Gesetzgebungsprojekt während mehr als einem Jahrzehnt begleitet und
sich mit Erfolg für verschiedene Verbesserungen zu Gunsten von psychisch
erkrankten Menschen eingesetzt. Der Verfasser der Stiftungsgeschichte war von
1999 – 2002 Mitglied der (grossen) Expertenkommission des EJPD, die den
Gesetzesentwurf, der in die Vernehmlassung ging, ausgearbeitet hatte. Im
Vernehmlassungsverfahren kritisierte Pro Mente Sana vor allem die Bestimmungen
zur Zwangsbehandlung bei fürsorgerischen Freiheitsentziehungen. Dieser Kritik
wurde (teilweise) Rechnung getragen. Für die Botschaft des Bundesrates wurden die
Bestimmungen zur Behandlung ohne Zustimmung grundlegend überarbeitet. Auf
Wunsch der Kantone führten die eidg. Räte gegen den Widerstand von Pro Mente
Sana einen Gesetzesvorbehalt ein, der es den Kantonen erlaubte, im Bereiche der
ambulanten Massnahmen (ambulante Zwangsbehandlung) eigene gesetzliche
Grundlagen zu schaffen. Pro Mente Sana begleitete den Gesetzgebungsprozess von
den Anfängen an bis zur Umsetzung mit verschiedenen Tagungen (Impulstagung im
Volkshaus Zürich 1999, Jahrestagung 2010 in Mendrisio).
Als erfreulicher Meilenstein in der Entwicklung der Invalidenversicherung ist die 4.
IVG-Revision zu werten, die von den eidgenössischen Räten 2003 verabschiedet
wurde. Mit der Hilflosenentschädigung für die lebenspraktische Begleitung wurde im
IVG aufgrund von Vorschlägen von Pro Mente Sana erstmals eine Versicherungsleistung eingeführt, die speziell auf die Bedürfnisse psychisch behinderter Menschen
zugeschnitten ist. Die Leistung weist allerdings insofern einen „Schönheitsfehler“ auf,
als im Gegensatz zur „gewöhnlichen“ Hilflosenentschädigung nur Versicherten
gewährt wird, die gleichzeitig Anspruch auf mindestens eine IV-Viertelsrente haben.
Ohne diese zusätzliche, diskriminierende Anspruchsvoraussetzung, die die
Kommission für Gesundheit und Soziale Sicherheit des Nationalrates einfügte, wäre
die neue Versicherungsleistung im Parlament nicht gutgeheissen worden.
Als wichtiger Erfolg, der zu einem erheblichen Teil auf den Einsatz von Pro Mente
Sana zurückgeht, sind die Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom
18. März 2005 zur Psychiatrischen Spitexpflege zu werten. Während Jahren bestand
Unsicherheit in Bezug auf die Frage, welche Leistungen die Krankenversicherer aus
der Grundversicherung bei der spitalexternen Pflege von psychisch kranken Versicherten übernehmen mussten. Die Streitfrage wurde vom EVG in mehreren
wegweisenden Urteilen geklärt. Das Gericht bejahte in mehreren wegweisenden
Urteilen die Leistungspflicht der Krankenkassen für ambulante psychiatrische
Pflegeleistungen zu Hause, die durch Spitex-Organisationen oder freiberuflich tätige
Pflegefachpersonen erbracht werden. Der Rechtsdienst hatte bei diesen Muster28.10.2011
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prozessen eine wichtige Rolle gespielt; in zwei Fällen hatte RA Christoph Lüthy,
juristischer Mitarbeiter von Pro Mente Sana die Interessen der Versicherten vertreten
(Jahresbericht 2005, S. 14).
In dieser Periode begann die Gesundheitspolitik auf der nationalen wie auch auf der
internationalen Ebene, der psychischen Gesundheit eine erhöhte Aufmerksamkeit zu
schenken. In der Schweiz wurde die psychische Gesundheit zu einem der
Schwerpunktthemen der „Nationale Gesundheitspolitik“. Der „Dialog Nationale
Gesundheitspolitik“ wurde 1993 auf Initiative von Bundesrätin Ruth Dreifuss als
gemeinsames Projekt des Bundes (Eidgenössisches Departement des Innern) und
der Kantone (GesundheitsdirektorInnenkonferenz) gegründet. Es handelt sich dabei
um eine ständige Plattform von Bund und Kantonen, mittels der die beiden
Dialogpartner gesundheitspolitische Themen und Aufgaben diskutieren und die
nötigen Absprachen treffen. Pro Mente Sana wirkte in vielfältiger Weise am Prozess
der Erarbeitung einer Strategie „Psychische Gesundheit“ mit. Im Februar 2004 wurde
der Entwurf der Strategie in eine breite Vernehmlassung gegeben. Die Strategie
wurde in der Folge nie formell verabschiedet, sondern gilt nur als Referenzrahmen
für die weiteren Aktivitäten in diesem Bereich.
7.2. „Scheininvalidenkampagne“
Im Jahr 2003 lancierte die SVP im Rahmen ihres Wahlkampfes für die
eidgenössischen Wahlen die „Scheininvalidenkampagne“. Der Angriff wurde von
Christoph Blocher mit einem Artikel in der Weltwoche lanciert. Die
Invalidenversicherung bot sich aufgrund der hohen Defizite und des starken
Anstieges der Zahl der IV-Rentnerinnen und Rentner als Zielscheibe der SVP an. Mit
dieser Kampagne gelang es innert kurzer Zeit, die Invalidenversicherung bei einer
breiten Bevölkerung in Misskredit zu bringen. Die Missbrauchsdebatte prägte von
nun an die politische Diskussion über die weitere Entwicklung der
Invalidenversicherung. In einem Artikel unterstellte die Weltwoche dem Rechtsdienst
von Pro Mente Sana, er habe in konkreten Fällen Versicherten zu zweifelhaften IVRenten verholfen. Eine telefonische Intervention von Stiftungspräsident Jost Gross
bei der Weltwoche ergab, dass der Redaktion für diese tatsachenwidrige
Behauptung keinerlei Beweise vorlagen. Jost Gross erhielt deshalb die Möglichkeit,
seine Sicht der Dinge in einer Entgegnung darzulegen.
Im Jahr 2004 verloren die Behindertenorganisationen die Volksabstimmung über die
Neugestaltung der Finanz- und Aufgabenentflechtung (NFA). Pro Mente Sana hatte
sich mit anderen grossen Behindertenorganisationen gegen den neuen Finanzausgleich gestellt. PMS-Präsident Jost Gross war als Präsident des gegnerischen
Komitees der führende Kopf der Gegner. Die Behindertenorganisationen
befürchteten – aus heutiger Sicht absolut zu Recht – durch die Kantonalisierung der
Bau- und Betriebsbeiträge für die stationäre Betreuung Behinderter sowie der
Sonderschulung einen Leistungsabbau. Mit dem Ja zur NFA wurde das bisherige
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nationale System, mit dem Behinderte trotz allen Schwierigkeiten gut gefahren
waren, zerschlagen.
7.3. Früher Tod von Jost Gross
Ein grosser Schock für die Organisation war der Tod des Stiftungspräsidenten Jost
Gross. Er verstarb am 6. Mai 2005 in Deutschland völlig unerwartet während eines
Fussballspiels mit der Mannschaft des FC Nationalrat. Mit ihm hat Pro Mente Sana
einen tatkräftigen Präsidenten verloren und die behinderten Menschen in der
Schweiz einen engagierten Vertreter ihrer Anliegen. Theodor Itten, Mitglied des
Stiftungsrates und Freund von Jost Gross erklärte sich spontan dazu bereit,
interimistisch bis Ende 2005 die Funktion des Präsidenten wahrzunehmen.
Bereits einige Wochen vor dem Tod von Jost Gross hatte die Aargauer SP-Nationalrätin Pascale Bruderer zugesagt, die Funktion einer Präsidentin von Pro Mente Sana
ab Januar 2006 zu übernehmen. Die Zusage erfolgte nach einem Gespräch, das
Jost Gross und der Verfasser der Stiftungsgeschichte mit Pascale Bruderer im
Bundeshaus während der Frühjahrsession 2005 geführt hatten.
7.4. Ringen um die Zukunft der Invalidenversicherung
Die 5. IVG-Revision war für Pro Mente Sana mit einem Dilemma verbunden, das die
Positionierung der Stiftung massiv erschwert hat. Einerseits waren in der Vorlage
positive Elemente zu finden wie die Stärkung der beruflichen Eingliederung durch
Früherfassung und Frühintervention. Auch die Einführung von Integrationsmassnahmen wurde von Pro Mente Sana begrüsst. Gleichzeitig tat sich PMS schwer mit
der Vorlage, weil der Zugang zur Rente erschwert, die Mitwirkungspflichten der
Versicherten verschärft wurden und keine Massnahmen getroffen wurden, um für
Menschen mit einer Behinderung zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Nach
intensiven Diskussionen schloss sich Pro Mente Sana dem Verzicht der grossen
Behindertenorganisationen auf Ergreifung des Referendums an, um die positiven
Ansätze der Revision nicht zu gefährden und das längerfristige Überleben der
Versicherung zu sichern (Jahresbericht 2006, S. 8). Nachdem eine Allianz von
verschiedenen kleineren Organisationen das Referendum zustande gebracht hatte,
entschied sich die Stiftungsversammlung von Pro Mente Sana im Hinblick auf die
Volksabstimmung für die Nein-Parole. In der Abstimmungsarena des Schweizer
Fernsehens erhielt Stiftungspräsidentin Pascale Bruderer die Gelegenheit, den
Standpunkt von Pro Mente Sana an vorderster Front darzulegen. In der Volksabstimmung wurde die 5. IVG-Revision vom Volk gutgeheissen.
Während Jahren verstand es die Mehrheit der eidgenössischen Räte, das politische
Versprechen, der IV durch eine Zusatzfinanzierung neue finanzielle Quellen zu
erschliessen, auf die lange Bank zu schieben. Nach einem langwierigen Seilziehen
haben die eidgenössischen Räte im Sommer 2008 die längst fällige
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Zusatzfinanzierung verabschiedet. Im Hinblick auf die wichtige Volksabstimmung
schlossen sich rund 70 Behinderten- und Gesundheitsorganisationen zur
Trägerschaft „proiv“ zusammen, um eine Kampagne für ein „Ja zur IVZusatzfinanzierung“ zu lancieren. Pro Mente Sana wirkte in der Trägerschaft aktiv
mit. Am 27. September 2009 sprachen sich die Stimmberechtigten mit einem JaStimmen-Anteil von 54.5 Prozent für die IV-Zusatzfinanzierung aus.
7.5. Recovery, Tag der psychischen Gesundheit, Medienpreis
Das sogenannte Recovery-Konzept rückt die Genesung und die gesunden Seiten
von psychisch erkrankten Menschen in den Vordergrund. Das Konzept wurde in den
angelsächsischen Ländern entwickelt. Pro Mente Sana leistete einen wesentlichen
Beitrag zur Bekanntmachung der Recovery-Idee in der Schweiz. Im Jahr 2006
veröffentliche PMS eine DVD, auf der acht Frauen und Männer in kurzen Filmen ihre
Genesungswege erzählen. Zudem wurden im Rahmen eines Peer-to-Peer Projektes
betroffene Personen darin ausgebildet, mittels Präsentationen und in Diskussionen
ihr Erfahrungswissen über Genesungswege weiterzugeben. Sowohl die Impulstagung 2007 wie auch die Jahrestagung 2008 zum 30-jährigen Jubiläum von Pro
Mente Sana unterstreichen den hohen Stellenwert, der diesem Thema zugemessen
wurde.
Mit verschiedenen Massnahmen wurde versucht, mehr Aufmerksamkeit für den
internationalen Tag der psychisch kranken Menschen zu erreichen, was in einzelnen
Jahren auch durchaus gelang. Auf grosses mediales Interesse stiess die 2003
durchgeführte Medienkonferenz zum Thema „Jugendsuizid“ (Jahresbericht 2003, S.
6). Bei einem interessierten Publikum fanden die „Wahnsinnsnächte“ Anklang. Unter
diesem Veranstaltungstitel wurden 2006/2007 in mehreren Kinos der Deutschschweiz verschiedene Filme zum Thema „psychische Erkrankung“ gezeigt. Im Herbst
2010 lancierte Pro Mente Sana mit einer eigenen Plakatkampagne zudem ein neues
Logo, das für alle Organisationen, die Aktivitäten zum „Tag der psychischen Gesundheit“ entfalten, als grafische Klammer dienen soll. Die Plakate mit einer Anti-StigmaBotschaft wurden während vier Wochen in den S-Bahnen aller drei Sprachregionen
der Schweiz ausgehängt.
Im Jahr 2007 konnte Pro Mente Sana zum ersten Mal einen Medienpreis vergeben.
Mit dem Preis, der alle zwei Jahre ausgerichtet wird, soll vorbildliche
Berichterstattung über psychische Erkrankungen prämiert und damit gefördert
werden. Der erste Medienpreis ging an die Journalistin Birgit Schmid für den in
annabelle 2/07 publizierten Artikel „Die Sucht nach Jugend“.
7.6. Association romande Pro Mente Sana
Bei der Association romande Pro Mente Sana wurde das Dienstleitungsangebot
kontinuierlich ausgebaut. Ab dem Jahr 2001 wurden die Dienstleistungen mit der
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Einführung einer psychosozialen Beratung erweitert. Am 1. September 2004
übernahm Nathalie Narbel von Jean-Dominique Michel die Aufgabe der Generalsekretärin der Association romande PMS. Die Öffentlichkeitsarbeit der Association
wurde intensiviert, die Zahl der Empfänger des „lettre trimestriel“ stieg stetig an und
die Association konnte eine Reihe von viel beachteten Büchern und Broschüren
publizieren (Doués de folie, 2006; Directives anitcipées, par Shirin Hatam, 2007 etc.).
Im Jahr 2008 übergab die langjährige Präsidentin Nelly Guichard dieses Amt der
bekannten Genfer Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi.
7.7. Geldsegen
Im Jahr 2008 durfte Pro Mente Sana eine rekordhohe Schenkung von einer älteren
Dame entgegen nehmen, die anonym bleiben will. Die Schenkung im Betrag von 2
Millionen Franken kam durch Vermittlung eines Psychiaters mit Praxis in ZürichHottingen zustande. Die einzige Auflage der Schenkerin bestand darin, dass Pro
Mente Sana die Zuwendung für eigene Projekte verwendet und sie selbst lebenslang
mit der Zeitschrift Pro Mente Sana aktuell bedient wird. Als besondere Anliegen
formulierte sie die Stärkung der Patientenrechte, die Verhinderung von Zwangsbehandlungen und die Förderung von Recovery.
Nur ein Jahr später durfte Pro Mente Sana einen grossen Nachlass von mehr als 1,5
Mio. Franken in Empfang nehmen. Die Erblasserin Claudia Greber hatte Pro Mente
Sana als Alleinerbin eingesetzt.
7.8. Neue Führungsequipe
Pascale Bruderer hatte den Stiftungsrat schon frühzeitig informiert, dass sie nach
Ablauf der Amtsperiode von 2006 – 2009 nicht mehr als Stiftungspräsidentin zur
Verfügung stehe. Der Schritt wurde nötig, da sie als designierte
Nationalratspräsidentin für das Präsidialjahr 2009/2010 und aufgrund von beruflichen
Veränderungen mit zeitintensiven neuen Aufgaben konfrontiert war. Sie durfte den
Stab an Renate Lüking übergeben, die an der Stiftungsversammlung vom 11.
Dezember 2009 zur neuen Präsidentin gewählt wurde. Renate Lüking war und ist als
Mitglied des Stiftungsrates der Jahre 1997 bis 2008 mit den Aufgaben und der
Geschichte von Pro Mente Sana bestens vertraut. Als Pflegefachfrau für Psychiatrie
verfügt sie über reiche Erfahrung aus verschiedenen Leitungsfunktionen.
Der Verfasser dieses Textes orientierte den Stiftungsrat bereits im Juni 2009 über
seinen Wunsch nach einer beruflichen Veränderung auf Herbst 2010. Nach 17
intensiven und lehrreichen Jahren als Geschäftsleiter von Pro Mente Sana war die
Zeit reif für einen Wechsel. Im Januar 2010 informierte er das Team der Geschäftsstelle und kündigte die Stelle auf Ende September 2010. Er ist seither in Winterthur
als Rechtsanwalt in eigener Praxis tätig. Sein Nachfolger Guido Münzel, zuvor
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Geschäftsleiter der Stiftung Kinderschutz Schweiz, löste ihn am 1. September 2010
in der Funktion des Geschäftsleiters von Pro Mente Sana ab.
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Literatur- und Quellenverzeichnis
Bäumlin Klaus, Div. Artikel zum Thema „Geisteskranke Mitmenschen“, in: Saemann,
Juli 1974
Faust Erika, Hoffnungsstrahl für psychisch Kranke, in: Der Bund, 16. März 1978, S. 2
Gross Jost, Die Persönliche Freiheit des Patienten, Zur öffentlichrechtlichen
Normierung des medizinischen Behandlungsverhältnisses, Diss. Bern 2007
Gross Jost, Der psychisch Kranke in der Gesellschaft, Auszug aus: Wir
Brückenbauer, Nr. 29, vom 21.7.1978
Itten Theodor, Stimme des Lesers: Geisteskranke und Wiedereingliederung – ein
Beispiel, in Saemann, Evangelisch-reformierte Monatszeitung, 90 Jahrgang, Bern
1974
Jahresberichte der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana, 1979 – 2009
Labhart Felix, Das Bild des psychisch Kranken, in: Schweizerische Ärztezeitung Nr.
19 vom 10.5.1978
Luban-Plozza Boris, Brücken zum Leben, Erinnerungen, zusammengestellt und
kommentiert von einem Freund, Basel 2001
Mitglieder der Abgeordnetenversammlung, am 29.11.1978 aufgenommen, am
4.4.1979 aufgenommen, zur Aufnahme am 6.9.1979 angemeldet
Niederer Willy, Zur Gründungsidee von Pro Mente Sana oder Von der Idee bis zur
Entstehung der Stiftung, Text zum Kurzreferat beim Arbeitstreffen Pro Mente Sana
vom 16. Juni 2004
Öffentliche Urkunde über die Errichtung der Stiftung „Schweizerische Stiftung Pro
Mente Sana“, Zürich, Notariat Zürich Altstadt, 14. Dezember 1977
Plattner Paul, Schreiben an Herrn Beat Hirzel, Zentralsekretariat Pro Infirmis, Zürich,
25. März 1975
Plattner Paul, Schreiben an PD Dr.med. Edgar Heim, Chefarzt Psychiatrische Klinik
Schlössli, Oetwil am See, 5. Juli 1976
Plattner Thomas, Zum Tode von Paul und Vera Plattner-Bernhard, gestorben am 26.
Februar 1980 im Tal von Bîr Umm Tâghir, verfasst am 3. März 1980, dem Tage vor
ihrer Beerdigung
Plattner Thomas, Zur Vorgeschichte und den ersten Jahren der Pro Mente,
Schreiben vom 18. Januar 2007 an Jürg Gassmann, CO Pro Mente Sana
Rüedi-Bettex Madeleine, Medizin der Person: wer sind wir?, Text vom 20.06.2004,
veröffentlicht auf der Website der Groupe international de Médecine de la Personnne
(14.01.2011)
28.10.2011
Seite | 35
Steiner Simone, Zwei Seelen in der gemeinnützigen Brust, Psychische Gesundheit
zwischen Nächstenliebe und Sozialpsychiatrie, in: Beatrice Schumacher, Freiwillig
verpflichtet, Gemeinnütziges Handeln und Denken in der Schweiz seit 1800, Zürich
2010, 369 – 394.
Stiftungsstatut der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana vom 14. Dezember
1977
Tournier Paul, Allocution du Dr. Paul Tournier aux funérailles de Paul et Vera Plattner
le 4 mars 1980, à Münchenbuchsee
Von Wartburg, W.P., Vorstellung der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana, Text
vom 23.2.1978
Von Wartburg W.P., Labhardt F., Die Schweizerische Stiftung Pro Mente Sana, in:
Schweizerische Ärztezeitung Nr. 7 vom 15.2.1978
28.10.2011
Seite | 36

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