28.01.2016 Dimo Riess

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28.01.2016 Dimo Riess
10 |
SZENE LEIPZIG
Götterdämmerung
SZENE-TIPPS
Figurenspiel: Das Figurentheater Wilde &
Vogel spielt heute „Sibirien“ im Lindenfels
Westflügel – los geht es um 20 Uhr,
Kartentelefon 0341 2609006.
Saitenspiel: Der Sänger der Augustines
wandelt auf Solopfaden: William McCarthy
tritt heute im Neuen Schauspiel auf. 21 Uhr,
Karten für 20 Euro an der Abendkasse.
Schauspiel: Das Ensemble der Schaubühne Lindenfels bringt heute Nobelpreisträger Joseph Brodsky in seinen Texten auf
die Bühne: „Brodsky“ beginnt um 20 Uhr,
Karten unter 0341 4846210.
Weitere Hinweise auf der Serviceseite
 Leipzig
Live in unserem Lokalteil und im
Internet unter www.leipzig-live.com
SZÄHNE
VON
MARK DANIEL
Angst vorm neuen
Seemannslied
D
er Mann ist immer für Überraschungen gut. In hohem Alter hat er es
hinbekommen, vom bestgehassten
Volksmusik-Spießer zum ultralockeren
Rocker zu mutieren. Klar, die Rede ist von
Heino. Seitdem der Schnulzkopp die
Lederjacke angezogen und zum Beispiel
Rammstein gecovert hat, ist er plötzlich
eine coole Sau. Sogar im Olymp des
Metal, in Wacken, durfte der Mann
gemeinsam mit Lindemann & Co. die
Bühne besteigen. Der Mangel an Sensationen muss groß sein, dass die Welt
solche Symbiosen braucht. Mal ehrlich:
„Blau, blau, blau blüht der Enzian“ ist
nicht mal zu ertragen, wenn dazu eine
Gitarre kreischt und man so blau wie das
besungene Gewächs ist.
Trotzdem: Auch in Ägypten ist man
jetzt auf Heinz Georg Kramm reingefallen. Dass der 77-Jährige Anfang Januar
am Roten Meer urlaubte und für Gäste
eines Reiseshoppingsenders im Touristennest El Gouna zwei Clubkonzerte gab,
muss einem Weltwunder gleichgekommen sein. Gouverneur Ahmed Abdullah
übergab Heino als Dankeschön die
Ehrenmedaille für besondere Verdienste
um Ägypten. Gut, Heino hat ohne Gage
für einen guten Zweck gespielt – nämlich
fürs Betreiben einer Schule in Äthiopien.
Seine Verdienste um das Wohl Ägyptens
dürfte dagegen etwa so groß sein wie die
von Mario Barth für die Veganer-Szene.
Heino, jetzt gefühlt in einer Reihe mit
Popstar Tutanchamun, versprach gerührt,
wiederzukommen. Außerdem, so heißt
es weiter in der Meldung des Reiseshoppingsenders, werde Heino ein eigenkomponiertes Seemannslied über das Rote
Meer singen.
Klingt erstmal harmlos. Doch in
Deutschland geht seit der Nachricht die
Angst um, der hemmungsarme Barde
könne mit seinem maritimen Lied auch
hiesige Festivals mit Gewässeranschluss
ansteuern. Wacken immerhin ist fein
raus. Branchen-Experten halten es
inzwischen für sehr wahrscheinlich, dass
Heino Kurs auf das Highfield bei Leipzig
nehmen könnte. Liegt erstens am
Störmthaler See, zweitens spielen dort
Rammstein. Hoffentlich ist das Booking
schon abgeschlossen.
Keine Biografie: Der wahnwitzige Theatermonolog „Als ich einmal tot war ...“ über Dave Gahan gastiert im Lofft
VON DIMO RIESS
Ich, ich, ich. Ich fliege nach New York. Ich
habe Britney Spears kennengelernt. Ich
war schon einmal tot. In „Als ich einmal
tot war und Martin L. Gore mich nicht
besuchen kam“ erzählt der Depeche-Mode-Sänger Dave Gahan aus seinem
Leben. Ein wahnwitziger Monolog des
Schweizer Schriftstellers Daniel Mezger.
Konzentriert auf die Bühne gebracht von
Schauspieler Dennis Schwabenland. Am
Wochenende gastiert das Stück nach Auftritten in der Schweiz und in Stuttgart im
Leipziger Lofft.
Ein Monolog über das eigene Leben,
das klingt schwer nach Biografie und
Tauchgang in den Pop-Kosmos. Ist es aber
nicht. Zwar hält sich Mezger an einige
Fakten, vor allem an Gahans Zwei-Minuten-Tod von 1996 in der Folge eines Drogencocktails. Der Autor interessiert sich
aber, wie generell in seinen Werken, vor
allem für Lebensentwürfe, für unser Irrlichtern angesichts eines Überflusses an
Optionen. Mezger: „Es geht mir nicht um
das Popbusiness. Der Umgang mit der
eigenen Freiheit interessiert mich.“
Mezger lässt Gahan mit Britney Spears
auf das Bärenfell sinken. Ein fiktives
Zusammentreffen zweier Pop-Ikonen.
Die griechischen Dramatiker haben einst
über die Götter ihre eigene Geschichte
erzählt, sagt Mezger. „Ich nehme eben
die Götter des Pop und benutzte sie, um
zu erzählen, was ich interessant finde“.
Die Grundidee, den klinischen Kurztod aufzugreifen, stammt von Dennis
Schwabenland. Der Schauspieler und
Mezger kennen sich aus Bern, wollten
schon lange ein Projekt gemeinsam angehen. Sie haben noch die Regisseurin
Marie Bues ins Boot geholt. Gemeinsam
wird der Spagat zwischen Star-Fassade
und Seelenleben, zwischen Tragik und
Komik ausgelotet. Von einer „berührend
zynischen Rede am offenen Grab“
schreibt der Züricher Tagesanzeiger.
Dennis Schwabenland erzählt als Depeche-Mode-Sänger Dave Gahan aus seinem Leben.
Viel Lob gibt es von der Presse auch für
Schwabenlands Spiel. Der Schauspieler
hat im Lofft schon mit „Fight Palast“ überzeugt. Und kehrt mit der Performance
Brachiale Wut
Slipknot und Suicidal Tendencies heute in Messehalle 1
Ende 2014 war die Pause vorbei. Sechs
Jahre lang hatten Slipknot nichts Neues
von sich hören lassen. Die AlternativeMetal-Formation, die keine Kompromisse
kennt, veröffentlichten „5: The Gray
Chapter“. Eine lang ersehnte weitere
Bündelung brachialer Wut, außerdem ein
letzter Gruß an den 2010 an Herzversagen verstorbenen Bassisten Paul Gray.
Nach ihren Konzerten im Februar 2015
kehren Slipknot jetzt noch einmal für vier
Shows in Leipzig, München, Düsseldorf
und Frankfurt nach Deutschland zurück.
Die Vorband liefert ebenfalls nicht
gerade den Soundtrack für MeditationsGruppen. Suicidal Tendencies aus Kalifornien verquirlen Thrash Metal und
Funk. Unter hochgeklappten Baseballmützen, blauen Bandanas und in Basketballshirts werden die Männer um
Schwergewicht Mike Muir rumoren. 20
Uhr geht’s los in Messehalle 1 (Neuen
Messe), es gibt noch Restkarten an der
Abendkasse.
Maskierte Metal-Monster: Slipknot
kommen nach Leipzig.
Foto: promo
auch im Rahmen des Finales des Leipziger Bewegungskunstpreises am 5. Februar auf die Lofft-Bühne zurück.
Zuvor aber ist er am Samstag und
Disneys Prinzessinen
im Wandel der Zeit
„Disneys Prinzessinnen: Ein Frauenbild
im Wandel der Zeit. Eine komparative
Analyse“ – so heißt der Vortrag heute im
Frauenkultur e. V.; Diana Stöhr spricht
über die Prinzessinnen, die neben der
Mickey Mouse zur bekanntesten Marke
der Walt Disney Company geworden
sind. Welches Frauenbild wird mit den
Kassenschlagern vermittelt? Die ersten
Prinzessinnenfilme verkörpern noch das
alte Ideal: Hausfrau, Mutter, Familie, Ehe,
Sicherheit. Nach über 30 Jahren Pause
wurde Anfang der 90er mit Heldinnen
wie Arielle und Belle das klassische Prinzessinnen-Bild überarbeitet: Aus den hilflosen Jungfrauen wurden selbstbewusste
und starke Frauen. Es sind scheinbar
emanzipierte Figuren, die für ihre Träume
kämpfen. Doch wie emanzipiert sind die
Prinzessinnen wirklich? Welche Frauenrolle kreiert Disney mit ihnen? Diese und
weitere Punkte untersucht Diana Stöhr ab
19 Uhr (Eintritt 3 / 1,50 Euro).
Volkshaus-Party „Beat Crazy“ huldigt am Samstag David Bowie
Foto: dpa
Der Tod David Bowies erschüttert nach wie vor alle, die wissen, was gute Musik ist. Und
wer Volkshaus-Wirt Andreas
Bürger kennt, weiß, dass der
Mann leidet. Deshalb wird die
am Samstag im Volkshaus steigende „Beat Crazy“-Party
auch einen „Tribute to David
Bowie“ enthalten. Neben vielen großen Songs des Idols legt
GLÜCKWÜNSCHE, JUBILÄEN
Heute, am 28. Januar 2016
haben unsere lieben Eltern, Großeltern und Urgroßeltern
Johanna und Lothar Wehsener
Diamantene Hochzeit
Bürger als DJ D. Cool auch
Musik von Bowies Freunden
und Wegbegleitern und von
ihm maßgeblich beeinflussten
Künstler auf – zum Beispiel
Iggy Pop, Lou Reed, Marc
Bolan, Roxy Music oder Placebo. Stücke von Depeche
Mode, The Cure und The
Smith gibt’s natürlich trotzdem. Beginn ist um 21 Uhr.
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Foto: Rob Lewis
Sonntag als Dave Gahan zu erleben. Am
Sonntag stellt vor der Aufführung außerdem Sascha Lange sein Buch „Depeche
Mode Monument“ vor. Eine Geschichte
der Band, vor allem gespiegelt an deren
Einfluss auf die Jugend in der DDR.
einmal tot war ...“, Sa, 20 Uhr und So,
 18„AlsUhr;ichLofft,
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Mal kurz die Seele retten
Mr. Irish Bastard folkpunken am Samstag in der Moritzbastei
Gut gelaunt beim Bierchen: Mr. Irish
Bastard und Lady Lily.
Foto: promo
Ihr sechstes Studioalbum „The World,
The Flesh & The Devil“ haben Mr. Irish
Bastard mittlerweile fabriziert – und wollen damit ihre Seele retten, zumindest das
was nach acht Jahren „on the Road“
davon übrig geblieben ist, wie sie sagen.
Denn der Albumtitel spielt auf den ständigen Kampf gegen das eigene Laster, mit
der Chance zu entkommen – um im Nachhinein doch wieder augenzwinkernd ein
Bier in der Hand zu halten.
Die Münsteraner Folk-Punks haben
sich einen festen Platz in der Szene
erspielt und weisen stolz die Rolle als
Support für The Pogues vor. Gegründet
wurde die Band 2006 von Sänger Mr. Irish
Bastard Himself, Bassist Boeuf Strongenuff, Banjo-Spieler Gran E. Smith und Tin
Whistle-Spielerin Lady Lily gegründet.
Am Samstag spielt sich die Truppe in der
Moritzbastei die Seele aus den Leibern –
oder eben den Teufel. Den Support liefern
Airs & Graces, Beginn ist um 20 Uhr (Karten für 15/12 Euro).
Trauerspiel mit Fallhöhe
Zu Ehren eines Helden
David Bowie.
DONNERSTAG, 28. JANUAR 2016 | NR. 23
Academixer spielen in Volker Insels Regie Hebbels „Nibelungen“ – Premiere am Sonntag
VON MARK DANIEL
Der Untertitel lässt Bösartiges vermuten. Wenn die Academixer ihre neue
Produktion als „Beitrag zur Rettung
der abendländischen Kultur“ einstufen, kann das nur höhnisch gemeint
sein angesichts dessen, was sich an so
vielen Montag-Abenden quasi vor der
Tür des Kabaretts demonstrativ
abspielt. Doch Volker Insel bremst.
„Nibelungen“, die erste Premiere im
Annum des 50-jährigen Mixer-Bestehens, sei nicht zuvorderst darauf
getrimmt, Aktuelles wie das Phänomen namens Pegida oder Legida und
die Debatten drumherum aufzuarbeiten. „Wir möchten vor allem tatsächlich die ersten beiden Akte von Hebbels Trauerspiel erzählen“, erklärt der
Regisseur im Vorfeld seiner fünften
Inszenierung für das Ensemble an der
Kupfergasse.
„Der Untertitel markiert die Fallhöhe“, so Insel weiter. „Was passiert mit
der deutschen Kultur, wenn letztlich
nur Mord, Totschlag und Betrug übrig
bleiben?“ Dieser enorme Unterschied
zwischen Anspruch und Realität, den
könne man durchaus auf die Gegenwart beziehen – das wird dem
Zuschauer jedoch nicht mit dem Zeigefinger unter diese Nase gerieben.
Die Akte „Der gehörnte Siegfried“
und „Siegfrieds Tod“ benutzen die
Academixer, um mit dem Vorgang des
Scheiterns zu spielen. Da ist schon
allein der Trubel durch die vielen Darsteller eine Gratwanderung – bei einigen Szenen werden sich alle acht
Kabarettisten gemeinsam über die
Bühne bewegen, soweit das möglich
ist. Elisabeth Hart, Carolin Fischer,
Barbara Trommer, Katrin Hart, Ralf
Bärwolff, Peter Treuner, Jens Eulenberger und Gunther Böhnke legen die
Wurzeln deutsch-germanischer Kultur
frei. Dass mit dem 72-jährigen Böhnke, der sich 1990 von den Academixern löste, auch ein Gründungsmitglied mitspielt, darf man als Verbeugung vor der Halbjahrhundert-Geschichte des Hauses werten.
Die „Nibelungen“-Produktion lebt
also weitestgehend aus der Hebbelschen Vorlage, ergänzt um ein paar
Aussteiger-Szenen. In Monologen
oder Liedern kann jeder Beteiligte sei-
ne Bühnenfigur auseinander nehmen,
über Wagner-Opern räsonieren, das
Verhalten von Spekulanten untersuchen oder Gesellschaftliches wie die
allgemeine Geldgier geißeln. Die Texte stammen von Mitspielern und von
außerhalb, viele von Insel selbst.
Zu erwarten ist laut Regisseur ein
kabarettistischer Theaterabend, ein
Ensemble-Stück, das auch vom Parodistischen lebt, von einer StummfilmSequenz und von Ironie. Musikalisch
gehalten wird das Programm von Jörg
Leistner am Klavier und Keyboard .
Die meisten Academixer vollziehen
mit den Arbeiten bis zur Premiere
übrigens einen Kraftakt – abends
geht’s im bisherigen Repertoire zu
Gast- oder Heimspielen auf die Bühne,
tagsüber wird am neuen Stück
geprobt. Sechs Wochen lang lief das
so. „Angelegt ist alles längst“, berichtet Insel, „in den letzten Tagen ging es
ums Putzen – bis es glänzt.“
„Nibelungen“ bei den Academixern –
 Voraufführungen
morgen um 20 Uhr
sowie Samstag um 16 und 20 Uhr;
Premiere am Sonntag um 18 Uhr. Karten
unter Telefon 0341 21787878 und
www.academixer.com.
Ralf Bärwolff mit vollem Haupthaar – die Rolle als Siegfried macht’s möglich. Links Elisabeth Hart und Carolin Fischer, rechts
Barbara Trommer und Katrin Hart.
Foto: Wolfgang Zeyen