Praxis der FMA Liechtenstein (Liechtensteinische Juristen
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Praxis der FMA Liechtenstein (Liechtensteinische Juristen
LJZ 4/12Abhandlungen −− ---, (2006) ‚Kapitel 17: Religions- und Gewissensfreiheit‹, in: Grote, R. und Marauhn, T, eds., EMRK/GG – Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz, Tübingen: Mohr Siebeck −− Wax, A, (2008) ‹The Discriminating Mind: Define It, Prove It›, Connecticut Law Review, 40, 979-1022 −− Wildhaber, L, (2007) ‹The European Court of Human Rights: The Past, The Present, The Future›, American University International Law Review, 22(4), 521-538 −− ---, (2002) ‹Protection against Discrimination under the European Convention on Human Rights – A SecondClass Guarantee?›, Baltic Yearbook of International Law, 2, 71-82 −− Wille, H, (2011) ‹Zur Reform des liechtensteinischen Staatskirchenrechts: Grundlagen und organisatorische Ausgestaltung‹, in: Liechtenstein-Institut, Hrsg., 25 Jahre Liechtenstein-Institut (1986-2011), Liechtenstein Politische Schriften, Band 50, Schaan: Verlag der Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft −− ---, (1999a) ‹Wie regelt das liechtensteinische Recht die Religionsfreiheit und das Verhältnis von Staat und Kirche?‹, in: Wille, H. und Baur, G, Hrsg., Staat und Kirche, Grundsätzliche und aktuelle Probleme, Vaduz: Verlag der Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft −− ---, (1999b) ‹Die Bekenntnisfreiheit im Verfassungsrecht des Fürstentums Liechtenstein›, Europäische Grundrechte Zeitschrift, 26(17-18), 543-550 155 Die Praxis der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) – periodisch veröffentlichte Informationen zu ihrer Aufsichtstätigkeit mit Entscheiden aus den Jahren 2007 bis 2011 Prof. Dr. Anton K. Schnyder, LL.M., Z ürich I. Einführung Seit ihrer Schaffung im Jahr 2005 veröffentlicht die FMA jährlich die FMA-Praxis. Diese enthält eine Auswahl einschlägiger Entscheide der FMA (insbesondere Verfügungen) aus ihren Aufsichtsbereichen. Ergänzt werden diese – wo vorhanden und aussagekräftig – durch Entscheidungen von Beschwerde- und sonstigen Rechtsmittelinstanzen, die die jeweiligen Anordnungen der FMA und generell deren Praxis betreffen. Die FMA versteht die «FMA-Praxis» als ein Instrument, um der gesetzlichen Pflicht, die Öffentlichkeit über ihre Aufsichtstätigkeit zu informieren, nachzukommen. Daneben stellt die FMA laufend aktuelle Informationen über ihre Website1 und einen Newsletter zur Verfügung. Angestrebt wird, gegenüber den Jahresberichten der FMA keine Redundanzen zu schaffen. Der Fokus der «Praxis» liegt auf der spruchweisen Durchsetzung des Finanzmarktaufsichtsrechts. Verfügungen und andere Entscheide werden anonymisiert, sowohl was die Entscheidnummer als auch die involvierten Parteien und andere Sachverhaltselemente betrifft. Gleichwohl werden «Insider» im einen oder anderen Fall erkennen können, um was für eine causa es sich handelt. Die FMA legt sodann Wert darauf, entscheidungserhebliche Textpassagen in ihrem Originalwortlaut wiederzugeben. Das soll zur Authentizität der «Praxis» beitragen. Diese verzichtet darauf, sämtliche Entscheide abzudrucken. Vielmehr wird durch die FMA eine Auswahl getroffen, die aber einen guten und repräsentativen Überblick über die Aufsichtstätigkeit während eines Jahres geben will. Nicht zuletzt für rechtsberatende Personen wird dadurch aufgezeigt, welches die Grundsätze und Leitlinien sind, die die FMA in ihrer Aufsichtspraxis verfolgt. Die FMA-Praxis der Jahre 2007 – 2011 unterscheidet sich erheblich von der Praxis 2005 und der Praxis 2006. Während für diese Jahre ein weitgehend vollständiger (wörtlicher) Abdruck der gesamten Entscheide – ohne Kommentierung – erfolgte, verzichtet die «neue Praxis» auf vollständige Wiedergabe der Entscheidungswortlaute. Vielmehr soll eine Konzentration auf wesentliche Erwägungen der Entscheidinstanzen angestrebt werden, unter gleichzeitigem Hinzufügen von Kommentaren und Darlegungen allgemeiner Art, insbesondere zum gesetzlichen und sonstigen aufsichtsrechtlichen Umfeld. – Die nachfolgenden Hinweise gelten dieser «neuen» FMAPraxis. 1 http://www.fma-li.li 156Abhandlungen LJZ 4/12 II.Involvierte Rechtsprechungsinstanzen Die «FMA-Praxis» enthält in erster Linie Verfügungen und (sonstige) Entscheidungen, die die FMA selbst fällt. Soweit diese in Rechtskraft erwachsen, bleibt es dabei. Nicht selten werden dagegen aber Rechtsmittel eingelegt. Diese sind vorgesehen in Art 35 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes (FMAG)2. Nach Art 35 Abs 1 FMAG können beschwerdefähige «Entscheidungen und Verfügungen der FMA» bei der FMA-Beschwerdekommission – «binnen 14 Tagen ab Zustellung» – angefochten werden3. Deren Rechtsmittelentscheide finden sich ebenfalls in der «Praxis» abgedruckt (oder zumindest erwähnt). Gleiches gilt dort, wo gegen Entscheide der FMA-Beschwerdekommission nach Art 35 Abs 2 FMAG Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wird. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang und in neuerer Zeit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs – beziehungsweise von dessen zuständigem Richter (Art 27g FMAG) – für eine durch die FMA beantragte Genehmigung des Vollzugs von Amtshilfeersuchen ausländischer Behörden im Bereich der Wertpapieraufsicht 4. Vgl. dazu hinten II. 4. Aufgenommen sind des Weiteren fall- und praxisbezogene Urteile des Staatsgerichtshofs sowie des Obersten Gerichtshofs und des Landgerichts. Namentlich der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs kommt im Rahmen der Finanzmarktaufsicht bekanntlich immer wieder erhebliche Bedeutung zu5. III. Einzelne Aufsichtsbereiche6 1.Banken und Wertpapiere a.Banken Eine der wichtigsten Aufgaben der FMA (nicht nur bei der Bankenaufsicht) ist das Überprüfen der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit durch ein Unternehmen. Die einzelnen Aufsichtserlasse umschreiben detailliert die Voraussetzungen und Anforderungskriterien, die erfüllt sein müssen, damit eine Bewilligung zum Geschäftsbetrieb (früher «Lizenz») erteilt werden kann. Grundsätzlich und ausführlich zur Erteilung einer Bankbewilligung hat sich die FMA in der Praxis 2009 geäussert7. In Erfüllung ihrer bankengesetzlichen Aufsichtspflicht trifft die FMA bei Aufnahme einer Banktätigkeit sowie auch danach alle erforderlichen Massnahmen. Den Anfang des Bewilligungsverfahrens machen das Gesuch der interessierten Person(en) und dessen Dokumentation. Diese muss hinreichend sein und den Vorgaben der Bankenverordnung sowie den Anordnun- Gesetz vom 18. Juni 2004, LGBl. 2004 Nr. 175, mit seitherigen Änderungen; Systematische Rechtssammlung 952.3. 3 Art 34 FMAG enthält Bestimmungen betreffend Bestand, Unvereinbarkeit und Beschlussfähigkeit der Beschwerdekommission. 4 Vgl. die neu erlassenen Art 27a ff. FMAG, LGBl. 2010 Nr. 464. 5 Das gilt vor allem – aber nicht nur – für Fragen der Gebührenerhebung. 6 In dieser Übersicht bereits beachtet sind Entscheide aus der FMAPraxis 2011 (veröffentlicht im Herbst 2012). 7 Rz. 1 ff. 2 gen der FMA entsprechen8. Die Bewilligung zum Betrieb einer Bank wird erteilt, wenn sämtliche Bewilligungsvoraussetzungen nach dem Bankengesetz und allenfalls ergänzend dazu gemachte Auflagen erfüllt sind. Die FMA hat die wichtigsten Voraussetzungen im Einzelnen dargelegt9: Rechtsform und Sitz (sowie Firma) der Bank; Gewähr für einwandfreie Geschäftstätigkeit; Unvereinbarkeit und enge Verbindungen (zur FMA10); Beschreibung des Geschäftskreises und entsprechende Organisation; Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle der Bank durch den Verwaltungsrat; Einzahlung des Anfangskapitals. Sowohl bei Erteilung einer Bankenbewilligung als auch bei der laufenden Aufsicht ist die Gewähr für einwandfreie Geschäftsführung zu überprüfen. Dazu gehört auch die Beachtung der Sorgfaltspflichten nach Sorgfaltspflichtgesetz und weiterer einschlägiger Gesetzgebung (einschliesslich der Verordnungen). Immer wieder ist die FMA mit Fällen konfrontiert, in denen Inhaber von Bankkonten, Kontogutschriften und damit zusammenhängende Transaktionen nicht gehörig abgeklärt und dokumentiert werden11. Dabei betont die FMA nicht nur die Notwendigkeit von Prozessen und Systemen zur Erfassung und Bewältigung gesetzesrelevanter Geschäftsrisiken, sondern auch das Implementieren adäquater Kontrollinstanzen und -prozesse als Teil eines vom Gesetz vorgeschriebenen Risikomanagements12. In der FMA-Praxis 2007/200813 hat sich die FMA ausführlich zu den Anforderungen an ein angemessenes Risikomanagement geäussert. Dabei wurden die Rechtsgrundlagen und die Standards (auch international übliche) spezifiziert, die die Banken zu beachten haben. Die FMA unterstrich die Rolle und die Verantwortung des Verwaltungsrates in diesem Zusammenhang, was auch dann gelte, wenn einzelne Geschäftstätigkeiten an andere Organe der Bank delegiert würden. Die FMA wörtlich14: «Ein adäquates Risikomanagement setzt voraus, dass der Verwaltungsrat die ihm zugedachte Aufgabe der Oberleitung der Gesellschaft wahrnimmt. Gemäss Art 23 BankG gehören die Oberleitung sowie die Aufsicht und die Kontrolle der Bank zu den zentralen Aufgaben des Verwaltungsrates. Dabei bilden die Festlegung der Organisation und die Erteilung der erforderlichen Weisungen sowie die Aufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen unübertragbare Aufgaben des Verwaltungsrates.» FMA-Praxis 2009 Rz. 3. FMA-Praxis 2009 Rz. 5 ff. 10 Vgl. FMA-Praxis 2009 Rz. 11: «In einem zu beurteilenden Fall hatte ein Mitglied des Aufsichtsrats der FMA enge Verbindungen zu den Gesuchstellern. Diese potenzielle Unvereinbarkeit galt es zu prüfen. Sie stand jedoch nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Anforderungen an die Unvereinbarkeit (insbesondere Art 7 Abs 3 FMAG): Der betreffende Aufsichtsrat hatte gemäss Art 9 des Statuts der FMA sowohl im Rahmen der Bewilligungserteilung als auch im Rahmen der daran anschliessenden laufenden Aufsicht in allen die zukünftige Bank betreffenden Angelegenheiten in den Ausstand zu treten.» 11 FMA-Praxis 2011 Rz. 1 ff. 12 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 1 f. 13 Rz. 3 ff. 14 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 5. 8 9 LJZ 4/12Abhandlungen Die FMA formulierte gleichzeitig Vorgaben für den Erlass einer Kreditrisikopolitik und deren Implementierung15. Sie unterstrich diesbezüglich die Rolle und die Aufgaben der internen Revision sowie deren Verpflichtung, ihre Tätigkeit mit der externen Revisionsstelle zu koordinieren16. Effektive Finanzmarktaufsicht setzt voraus, dass der Aufsichtsbehörde ausreichende Informationen und Dokumente über aufsichtsrelevante Vorgänge zur Kenntnis gebracht werden. Gesetze und Verordnungen statuieren dazu umfassende Informationspflichten. Proaktiv kann die FMA gestützt auf Art 26 Abs 1 FMAG ein Verfahren zur Feststellung des Sachverhalts einleiten, sofern der begründete Verdacht besteht, dass Bestimmungen eines Erlasses nach Art 5 Abs 1 FMAG verletzt wurden, oder Umstände vorliegen, die den Ruf des Finanzplatzes Liechtenstein als gefährdet erscheinen lassen. In diesem Zusammenhang verfügt die FMA etwa die Übermittlung von Unterlagen und Antworten zu konkret gestellten Fragen. Zu einer bezüglichen Verfügung hält die FMA fest17: «Die Verfügung der FMA erging als prozessleitende; sie war daher nicht anfechtbar. Für das Verfahren betreffend Feststellung des Sachverhaltes und Herausgabe von Informationen gestützt auf Art 26 FMAG i.V.m. 35 BankG i.V.m. Art 28 Abs 4 SPG gelten gemäss Art 36 FMAG subsidiär die Regelungen des Ermittlungsverfahrens gemäss Art 54 ff. LVG. Die Feststellung des Sachverhaltes stellt in der Regel einen Teil eines Verwaltungsverfahrens dar. Ergeht eine Verfügung zur Feststellung eines Sachverhaltes, handelt es sich nicht um ein Aufsichtsinstrument sui generis, sondern um eine Zwischenverfügung analog zur prozessleitenden Verfügung. Das Verfahren zur Feststellung des Sachverhaltes ist eine Präzisierung bereits bestehender Befugnisse, die nach dem Erlass einer Endverfügung einer Überprüfung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde unterliegt (Bericht und Antrag 2004/9, ad Art 26 FMAG). Ebenso ist auch der Entscheid über die Kostenschätzung gemäss Art 26 Abs 3 FMAG – wie auch der Entscheid über die Anordnung der Untersuchung – prozessleitender Natur und entsprechend nicht anfechtbar.» Stellung genommen hat die FMA zur Aufsicht im Rahmen eines Bankkonzerns 18. Eine beaufsichtigte liechtensteinische Bank kann Teil eines umfassenden, europa- oder weltweiten wirtschaftlichen Gebildes sein. Insbesondere wird sich die Konzern-Obergesellschaft häufig im Ausland befinden. Die FMA hatte zu prüfen, ob und inwieweit Aufgaben und Prozesse, die einer Bank obliegen, an die ausländische (Mutter-)Gesellschaft «delegiert» werden können. In Bezug auf die Kreditvergabe hielt die FMA fest19: «Aus Sicht der FMA haben auch bei Krediten, die im Rahmen eines Konzerns vergeben werden (Konzernkredite), die Kreditprüfung, der Kreditentscheid und die Kreditüberwachung letztlich durch die (beaufsichtigte) Bank selbst zu erfolgen. Überdies müssen zum Zeitpunkt der FMA-Praxis FMA-Praxis 17 FMA-Praxis 18 FMA-Praxis 19 FMA-Praxis 15 16 2007/2008 Rz. 2007/2008 Rz. 2011 Rz. 12. 2007/2008 Rz. 2007/2008 Rz. Kreditvergabe sämtliche dafür erforderlichen Dokumentationen in der Bank selbst vorhanden sein. Zudem sind verbindliche Weisungen für den Kreditmanagementprozess, insbesondere zur Kreditprüfung (Bonitätsanalyse [Kreditwürdigkeit und -fähigkeit], Kreditbedarfsanalyse, Kreditzweckanalyse, Kreditsicherheitenanalyse), Kreditstrukturierung (Kreditlimitierung, Kreditsicherstellung, Sicherungsklauseln), Kreditbewilligung (Kompetenzen), Kreditabwicklung (Kreditbenutzung und Kreditverfügbarkeit) und Kreditüberwachung (Kontodatenanalyse, Kreditkontrolle, Bilanzbesprechung, Bonitätsanalyse, Kreditsicherheitenanalyse) zu erlassen.» b.Investmentunternehmen Die FMA hat Investmentunternehmen nach dem Gesetz über Investmentunternehmen zu beaufsichtigen. Dazu die FMA20: «Gemäss Art 1 Abs 3 IUG sind diesem Gesetz Investmentunternehmen und deren Verwaltungsgesellschaften unterstellt, die ihr Domizil in Liechtenstein haben oder ihre Anteile in Liechtenstein oder von Liechtenstein aus öffentlich anbieten oder vertreiben. Werden durch eine Tätigkeit die Bestandteile der Legaldefinition eines Investmentunternehmens erfüllt, so darf – vorbehältlich der Sonderregelungen für das Investmentunternehmen für qualifizierte Anleger – die bezügliche Geschäftstätigkeit ohne Bewilligung nach Art 55 ff. IUG nicht ausgeübt werden. Ein Investmentunternehmen (Fonds) ist nach Art 2 Abs 1 Bst. a IUG ein Vermögen, das aufgrund öffentlicher Werbung beim Publikum zum Zweck gemeinschaftlicher Kapitalanlage beschafft und für gemeinsame Rechnung der Anleger, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, nach dem Grundsatz der Risikostreuung von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, nämlich als Anlagefonds oder Anlagegesellschaft. Um das Bestehen einer Bewilligungspflicht bejahen zu können, hat die FMA die Bestandteile der Legaldefinition des Investmentunternehmens im Einzelnen zu prüfen.» Die Einzelprüfung umfasst sodann namentlich folgende Aspekte21: Aufbau und Organisation des Fonds (und der Anlagegesellschaft); die gemeinschaftliche Kapitalanlage und Verwaltung auf gemeinsame Rechnung; Ausgestaltung der Kapitalanlage als Finanzinstrument im Sinne des Gesetzes; Generierung des Vermögens durch öffentliche Werbung. In einem eingehend wiedergegebenen Fall hatte die FMA zu prüfen, ob dem Antrag auf einzelfallweise Zulassung der Rechtsform AG & Co. KG (für die Anlagegesellschaft) stattzugeben war22. Die Frage wurde in casu bejaht, nachdem die Einzelheiten der Organisation, insbesondere der Anlagegesellschaft, der Fondsadministration, der Depotbank, des Prospekts und der Zielgruppe der Anleger (ausschliesslich qualifizierte Anleger), umfassend analysiert worden waren. Informationsbeschaffung und gegebenenfalls aufsichtliche Anordnungen gegenüber Investmentunternehmen können im Nachgang zu Meldungen und Anzeigen 9 ff. 13 ff. FMA-Praxis 2009 Rz. 22 f. FMA-Praxis 2009 Rz. 24 ff. 22 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 20 ff.; vgl. Art 4 Abs 4 IUG. 20 16 ff. 17. 157 21 158Abhandlungen LJZ 4/12 betroffener Kunden ergehen23. Es mag vorkommen, dass solche Personen (beziehungsweise ihre Rechtsvertreter) später Akteneinsicht bezüglich der aufgrund einer Anzeige getroffenen Aufsichtsmassnahmen verlangen. Mangels Parteistellung der betroffenen Dritten leistet die FMA einem solchen Begehren um Akteneinsicht keine Folge, und sie wird darin von der Beschwerdekommission bestärkt24. c. Vermögensverwaltungsgesellschaften Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Vermögensverwaltung und des Abänderungsgesetzes betreffend das Treuhändergesetz (am 1. Januar 2006) haben sich gewichtige Veränderungen in Bezug auf die Zulässigkeit der Tätigkeit als Vermögensverwalter und die bezügliche Aufsicht ergeben. Die FMA sah sich in Einzelfällen veranlasst, bei nicht gehörig erfolgten Anpassungen von Unternehmen an die neue Rechtslage aufsichtliche Verfahren einzuleiten25. Dabei ging es auch um die Verhängung von Bussen und das Auferlegen von Gebühren26. Ein wichtiges Aufsichtsinstrument in Händen der FMA ist (hier wie in anderen Fällen) die Befugnis betreffend Aufforderung zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes27. Dabei geht es um Sachverhalte, bei denen keine ausreichende Kapitalausstattung gegeben ist, andere (organisatorische) Mängel festgestellt werden oder unzulässige Titel- oder Geschäftsbezeichnungen verwendet werden. Die Aufforderung kann mit einer Bussandrohung verbunden werden. 2.Versicherungen Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz hat die FMA die Geschäftstätigkeit der Versicherungsunternehmen zu beaufsichtigen. Zentraler Teil des Bewilligungsgesuchs ist der sogenannte Geschäftsplan, mit welchem zu dokumentieren ist, wie die Organisation des Unternehmens aussehen wird, welche Tätigkeiten geplant sind und wie die Kapitalausstattung erfolgen soll28. Bei der Zulassung zur Versicherungstätigkeit spielen eine wichtige Rolle die Vorgaben der Versicherungsaufsichtsgesetzgebung betreffend erlaubte Versicherungszweige (sowie insbesondere deren inhaltliche Ausgestaltung) und den Grundsatz der sogenannten Spartentrennung (kein gleichzeitiges Betreiben von Schadens- und Lebensversicherung). Die FMA prüft das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen bei Erteilung einer Bewilligung zum Geschäftsbetrieb, aber auch im Rahmen der laufenden Aufsicht. Ein konkreter Fall zeigte anschaulich auf, dass es in Einzelfragen zu unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Gesetzesinterpretation zwischen FMA und Beschwerdekommission kommen kann, auch wenn Letztere im Grossen und Ganzen die Entscheidpraxis Vgl. FMA-Praxis 2010 Rz. 2 ff. FMA-Praxis 2010 Rz. 5 ff. 25 FMA-Praxis 2009 Rz. 33 ff. 26 FMA-Praxis 2009 Rz. 35 ff. 27 FMA-Praxis 2010 Rz. 9 ff. 28 FMA-Praxis 2009 Rz. 37 ff. der FMA stützt. Zum Ersuchen eines Versicherers führte die FMA aus29: «Ein Lebensversicherungsunternehmen mit Sitz in Liechtenstein ersuchte um Zulassung zum Vertrieb einer selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung in Deutschland. Das Unternehmen machte u.a. geltend, dass das selbständige Anbieten dieser Versicherung durch Lebensversicherer beziehungsweise im Rahmen von Fondspolicen von Lebensversicherungsunternehmen in der Schweiz sowie in mehreren Vertragsstaaten des EWR-Abkommens – namentlich in Deutschland – erlaubt sei. Die FMA erachtete mit Verfügung eine solche Tätigkeit als unzulässig.» Unter eingehender Analyse des Aufsichtsgesetzes, der dazugehörenden Verordnung sowie der einschlägigen EG-Richtlinien gelangte die FMA zum Ergebnis, dass Lebensversicherungsunternehmen nur eine Zusatzversicherung für Unfalltod, Krankheit und Invalidität anbieten dürfen. Eine selbstständige Invaliditätsversicherung beziehungsweise Berufsunfähigkeitsversicherung sei dagegen unzulässig. Dem widersprach die Beschwerdekommission auf Beschwerde hin und verpflichtete die FMA zu der Rechtsauffassung, dass die einem Versicherungsunternehmen zum Betrieb der Lebensversicherung erteilte Bewilligung «grundsätzlich auch zum Betrieb einer Berufsunfähigkeitsversicherung berechtigt»30. Ein wichtiger Aspekt der Versicherungsaufsicht ist die Überwachung der finanziellen Situation (Kapitalausstattung) eines Versicherungsunternehmens. Sie beschäftigt die FMA in erheblichem Ausmass, vor allem dann, wenn sich in Einzelfällen bei Unternehmen Krisensymptome einstellen. Exemplarisch ist ein veröffentlichter Fall, der eine ganze Palette notwendiger Massnahmen nach sich zog31 – schliesslich aber, nach erfolgten Kapitalerhöhungen bei der Gesellschaft und der Umsetzung weiterer Massnahmen, zur Beendigung des Aufsichtsverfahrens führen konnte32. Zuvor aber hatte die FMA diverse vorsorgliche Massnahmen angeordnet – u.a. eine Untersagung des Abschlusses neuer Versicherungsverträge – und einen Sonderbeauftragten eingesetzt. Die Beschwerdekommission schützte sodann die Anordnung (der FMA) des Entzugs der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen die Verfügung (der FMA)33. Immer wieder hat die FMA gegen Versicherungsvermittler vorzugehen, die Bewilligungsvoraussetzungen nach dem Versicherungsvermittlungsgesetz nicht (mehr) erfüllen oder den gesetzlichen Informations-, Beratungs- und (bezüglichen) Dokumentationspflichten nicht nachkommen34. Wird gegen einen Vermittler wegen des Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs und/ oder der Geldwäscherei ein Strafverfahren eröffnet, kann das dazu führen, dass die FMA durch Anordnung einer vorsorglichen Massnahme einem beaufsichtigten Versicherungsvermittler aufgibt, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge bis zum Abschluss der hängigen Straf FMA-Praxis FMA-Praxis 31 FMA-Praxis 32 FMA-Praxis 33 FMA-Praxis 34 FMA-Praxis 23 29 24 30 2010 2010 2010 2011 2010 2010 Rz. Rz. Rz. Rz. Rz. Rz. 20. 28. 29 ff. 13 ff. 33 f. 36 ff., 2009 Rz. 41 ff. LJZ 4/12Abhandlungen verfahren zu unterlassen35. – Was die gesetzeskonforme Information von Kunden durch Vermittler betrifft, hatten sich FMA und Beschwerdekommission verschiedentlich mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen eine Internetseite als «dauerhafter Träger» zur Vermittlung der erforderlichen Informationen betrachtet werden kann; die Frage ist sogar dem EFTA-Gerichtshof zur gutachterlichen Beantwortung vorgelegt worden36. Eine wichtige Bewilligungsvoraussetzung für die Tätigkeit als Versicherungsvermittler ist das Vorhandensein einer Berufshaftpflichtversicherung (oder einer gleichwertigen finanziellen Sicherheit). Die FMA prüft hierbei laufend die Einhaltung der Detailanforderungen an die Versicherungsdeckung. Dazu die FMA in einem konkreten Fall37: «Die Berufshaftpflichtversicherung hat eine Nachhaftung von mindestens drei Jahren vorzusehen. Legt ein Versicherungsvermittler im Rahmen der Berichterstattung eine Kopie der Berufshaftpflichtversicherungspolice vor, muss daraus die gesetzlich vorgeschriebene Dauer der Nachhaftung ersichtlich sein. Fehlen diese Angaben, so sind sie nachzuholen, um von Seiten der FMA sicherstellen zu können, dass die Bewilligungsvoraussetzungen dauerhaft erfüllt sind. In einem solchen Fall fordert die FMA den Versicherungsvermittler auf, den bezüglichen Nachweis zu erbringen und insoweit den rechtmässigen Zustand (wieder) herzustellen. Kommt ein Versicherungsvermittler dieser Aufforderung nicht fristgerecht nach, kann die FMA gestützt auf Art 26 Abs 2 Bst. d VersVermG eine Busse bis zu CHF 50›000.- aussprechen bzw. nach Ablauf der angemessenen Frist zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes die Bewilligung entziehen.» Gemäss Art 5 Abs 1 Bst. q FMAG obliegen der FMA die Aufsicht und der Vollzug des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge. Regelmässig ist die FMA mit Anträgen auf Barauszahlung des Altersguthabens versicherter Personen befasst38: «Die Freizügigkeitsleistung kann gemäss Art 12 Abs 4 BPVG auf Verlangen bar ausbezahlt werden, wenn der Antragsteller eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt und nicht nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch in der Rentenversicherung versichert ist. Gemäss Art 12 Abs 1 BPVG ist die Freizügigkeitsleistung auch bei Ausscheiden aus der Versicherung weiterhin für die Vorsorge zu verwenden, weshalb Art 12 BPVG restriktiv auszulegen ist. Da die Vorsorgegelder zweckgebunden sind, hat die Freizügigkeitsleistung der Finanzierung der Selbständigkeit zu dienen. Es ist darauf zu achten, dass das grundsätzlich geltende Barauszahlungsverbot nicht umgangen wird.» Dabei haben es FMA und Beschwerdekommission mitunter mit querulatorischen Begehren zu tun39. Im Rahmen ihrer Aufsicht prüft die FMA, ob ein Unterneh FMA-Praxis 2011 Rz. 16 f. FMA-Praxis 2009 Rz. 47 ff., 2010 Rz. 42 f. 37 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 47. 38 Vgl. FMA-Praxis 2011 Rz. 19; auch FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 40 f. 39 FMA-Praxis 2011 Rz. 21 ff. 159 men seiner Pflicht als Arbeitgeberin nachkommt, die betriebliche Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenvorsorge für die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer zu verwirklichen40. 3.Andere Finanzintermediäre Im Vordergrund der veröffentlichten Praxis der FMA stehen mit Bezug auf andere Finanzintermediäre die Sorgfaltspflichtgesetzgebung und Verstösse dagegen. Dazu allgemein die FMA41: «Mit Blick auf die Anwendung des SPG ist – früher wie heute – entscheidend, welche (natürlichen oder juristischen) Personen dem Gesetz unterstellt sind: Art 3 und Art 4 altes SPG; Art 3 neues SPG. Fällt jemand in den Anwendungsbereich des Gesetzes – beispielsweise Treuhänder oder auch Träger einer Berechtigung nach Art 180a PGR, bestimmte Tätigkeiten von Rechtsanwälten oder Immobilienmakler –, so hat diese Person die im Gesetz konkretisierten Sorgfaltspflichten zu erfüllen (Art 5 ff. aSPG, Art 5 ff. nSPG). Dazu zählen etwa (und namentlich): Feststellung und Überprüfung des Vertragspartners; Feststellung und Überprüfung der Identität der wirtschaftlich berechtigten Person; risikoadäquate Überwachung der Geschäftsbeziehungen; Erstellung eines Profils über die jeweilige Geschäftsbeziehung.» Die FMA überwacht die Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch die Adressaten des Gesetzes. Dabei werden die Sorgfaltspflichtakten sowie der Jahresbericht der Aufsichtspflichtigen einer formellen und einer materiellen Kontrolle unterzogen. Die formelle Kontrolle ist vor allem auf die Vollständigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Daten und Unterlagen ausgerichtet. Hierbei treten immer wieder Mängel bei der Beachtung des Gesetzes durch die Adressaten zutage42. Bei der materiellen Kontrolle wird eine Plausibilitäts- und Systemprüfung durchgeführt. Bevor die FMA aktiv wird, ordnet in der Regel der befasste Wirtschaftsprüfer Massnahmen an, um den gesetzlichen Anordnungen wieder zu genügen. Alsdann steht der FMA die Massnahmenkompetenz zu43: «Mit Bezug auf Beanstandungen, welche nach Durchführung einer Nachkontrolle noch nicht beseitigt sind, macht die FMA in der Praxis mit Verfügung von ihrer Kompetenz Gebrauch, Sorgfaltspflichtige dazu aufzufordern, den rechtmässigen Zustand (wieder) herzustellen: Art 31 Abs 1 Bst. b (altes und neues) SPG. Kommt eine sorgfaltspflichtige Person der Aufforderung zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes nicht fristgerecht nach, steht der FMA eine Bussenkompetenz zu (a. a. O.). Überdies kann die FMA Aufsichtsmassnahmen ergreifen und dem Sorgfaltspflichtigen für eine befristete Zeit das Eingehen neuer Geschäftsbeziehungen untersagen ‹bei wiederholten oder gravierenden Verstössen gegen einzelne Bestimmungen dieses Gesetzes und zur Vermeidung weiterer Verstösse›: Art 28 Abs 1 Bst. d aSPG (praktisch wortidentisch gleichenorts auch im neuen SPG).» 35 36 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 44, 2011 Rz. 26 f. FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 53. 42 Vgl. FMA-Praxis 2009 Rz. 52 ff., 2010 Rz. 46 ff., 2011 Rz. 28 ff. 43 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 55. 40 41 160Abhandlungen LJZ 4/12 In diversen Fällen hat die FMA eine ausserordentliche Sorgfaltspflichtkontrolle anordnen müssen44 oder zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes aufgefordert45. Bei schwerwiegenden Gesetzesverstössen kann sich die FMA veranlasst sehen, bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige zu erstatten. Stellt diese Bestrafungsantrag, findet das Verfahren Fortgang bei den Strafgerichten46. Weitere Aufsichtstatbestände betrafen in den Berichtsjahren die Erteilung der Wirtschaftsprüferbewilligung47, die Bewilligung als verantwortlicher Geschäftsführer einer Revisionsgesellschaft48, Wechsel des verantwortlichen Geschäftsführers einer Revisionsgesellschaft49, die Eintragung (namentlich grenzüberschreitend tätiger Personen) in die Liste der Liechtensteiner Rechtsanwälte50, die Kostentragung nach dem Sorgfaltspflichtgesetz51 sowie unbefugte Tätigkeiten nach dem Gesetz über die Treuhänder 52. In einem komplexen Fall, der FMA und FMA-Beschwerdekommission zeitintensiv beschäftigt hat, ging es um die Zulässigkeit der Anordnung einer Sachverhaltsfeststellung, das Beauftragen einer externen Revisionsgesellschaft und die Auferlegung der daraus resultierenden Kosten53. Die FMA-Beschwerde-kommission widersprach der Auffassung der FMA, wonach es sich in casu rechtfertigte, der Verfügungsadressatin die ausserordentlichen Verfahrenskosten aufzuerlegen. Dazu die Beschwerdekommission54: «Zusammengefasst ergibt sich Folgendes: Art 26 Abs 2 letzter Satz FMAG verpflichtet den Betroffenen eines Verfahrens zur Sachverhaltsfeststellung nach Art 26 Abs 1 FMAG dann zur Kostentragung, wenn dieser ein Verhalten gesetzt hat, das dafür kausal war, dass der Ruf des Finanzplatzes als gefährdet erschien. Einer Handlung ist auch ein entsprechendes Unterlassen (wenn der Betroffene zur Handlung verpflichtet war) gleichzusetzen. Diese blosse Kausalität genügt jedoch noch nicht. Dazu muss kommen, dass das Verhalten (oder Unterlassen) des Betroffenen nicht rechtskonform oder unter ethischen Gesichtspunkten vorwerfbar, das heisst unredlich oder unseriös, war. Dieses Verhalten muss vom Betroffenen überdies vorsätzlich oder (zumindest leicht) fahrlässig gesetzt werden.» Im Nachgang zu diesem Entscheid der FMA-Beschwerdekommission wurde Art 26 FMAG insoweit abgeändert55. Die revidierte Bestimmung lautet (Abs 5): «Wird im Verfahren eine Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen festgestellt, so werden die Verfahrenskosten den kontrollierten Personen auferlegt. In allen anderen Fällen trägt die Kosten der Staat.» FMA-Praxis 2009 Rz. 50 ff., 2010 Rz. 65 f. FMA-Praxis 2009 Rz. 55 ff. 46 FMA-Praxis 2011 Rz. 28 ff. 47 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 56 ff. 48 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 75 ff. 49 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 81 ff. 50 FMA-Praxis 2009 Rz. 60 ff. 51 FMA-Praxis 2010 Rz. 65 ff. 52 FMA-Praxis 2011 Rz. 42 ff. 53 FMA-Praxis 2010 Rz. 52 ff. 54 Zitat aus FMA-Praxis 2010 Rz. 63. 55 Vgl. LGBl. 2011 Nr. 44. 44 45 4. Internationale Amtshilfe In den Berichtsjahren hatte sich die FMA eingehend mit Amtshilfebegehren ausländischer Aufsichtsbehörden zu befassen. Ähnliches gilt mutatis mutandis für den Verwaltungsgerichtshof, der sich seit Schaffung der einschlägigen FMAG-Novelle56 nach Art 27g FMAG darüber auszusprechen hat, ob in einem konkreten Fall der Vollzug der Amtshilfe durch die FMA zu genehmigen sei 57, 58. Schon vor dieser Gesetzesnovelle, die für den Bereich der Amtshilfe in der Wertpapieraufsicht umfassende und grundlegende Verfahrensregeln implementiert hat, kam dem Verwaltungsgerichtshof auf dem Gebiet der Amtshilfe eine herausragende Rolle zu. Es kann hier nicht der Ort sein, auf alle Einzelfragen der Amtshilfe einzugehen. Der FMA kommt das Verdienst zu, sehr viele Fälle – mit zahlreichen Entscheiderwägungen, auch des Verwaltungsgerichtshofs – veröffentlicht zu haben. Damit erschliesst sich für die Rechtsadressaten ein kohärentes Bild hinsichtlich der allgemeinen und einzelnen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gestützt auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen Amtshilfe gewährt wird. Einen ersten grösseren Überblick zur Amtshilfe im Rahmen des Marktmissbrauchgesetzes vermittelt die FMA-Praxis 2007/200859. Die bezüglichen Ausführungen haben auch nach Erlass der FMAG-Novelle Gültigkeit, soweit nicht Einzelfragen durch diese neu geregelt worden sind. Ebenfalls bei der Handhabung und Interpretation der FMAG-Bestimmungen kann die frühere Praxis beigezogen werden. Anhand konkreter Fälle systematisiert die erwähnte Praxis 2007/2008 die Voraussetzungen der zu leistenden Amtshilfe: Zuständigkeit der ausländischen Behörde (mit Umschreibung von deren Aufsichtsaufgaben)60; Erforderlichkeit der nachgesuchten Information(en)61; Prinzip der Ausschliesslichkeit oder Spezialität62; Verhältnismässigkeit der Amtshilfe63; besondere Gründe für eine Ablehnung der Amtshilfe (Ablehnungsgründe)64; Anforderungen an die Sachverhaltsdarlegung durch die ersuchende Behörde65. Vgl. LGBl. 2010 Nr. 464. Art 27g lautet: «Richterliche Überprüfung des Ersuchens 1) Stellt die FMA bei der Überprüfung des Ersuchens fest, dass kein Ablehnungsgrund nach Art 27f vorliegt, so leitet sie das Ersuchen unverzüglich an den zuständigen Richter des Verwaltungsgerichtshofes weiter und beantragt die Genehmigung des Vollzugs der Amtshilfe. 2) Der zuständige Richter des Verwaltungsgerichtshofes prüft, ob die Anforderungen an das Ersuchen nach Art 27a bis 27e erfüllt sind und kein Ablehnungsgrund gemäss Art 27f Abs 1 Bst. b und c vorliegt, und entscheidet als Einzelrichter innert fünf Arbeitstagen über den Antrag der FMA. Über die Genehmigung des Vollzugs der Amtshilfe wird keine gesonderte Verfügung erlassen.» 58 Vgl. die Grundsatzabhandlung von A. Batliner, Internationale Amtshilfe aus liechtensteinischer Sicht, in: LJZ 2/2011, 51-55. Andreas Batliner ist Vorsitzender des Verwaltungsgerichtshofes. 59 Rz. 99 ff. 60 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 99. 61 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 100 ff. 62 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 103 f. 63 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 105. 64 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 106 ff. 65 FMA-Praxis 2007/2008 Rz. 111 ff. 56 57 LJZ 4/12Abhandlungen In den folgenden Jahren sind zu diesen Aspekten weitere Entscheidungen – gestützt auf das FMAG und andere Aufsichtsgesetze – ergangen und veröffentlicht worden. Rechtsausführungen bezogen sich auf die Zuständigkeit und die Verpflichtungen (etwa zur Verschwiegenheit) der ersuchenden Behörde (insbesondere: U.S. Securities Exchange Commission; deutsche BaFin; österreichische FMA; italienische CONSOB [Commissione Nazionale per la Società e la Borsa])66. Zu beurteilen ist immer wieder der Umfang der zu gewährenden Amtshilfe, wobei offenkundig wird, dass der Verwaltungsgerichtshof eingehende Genehmigungsersuchen der FMA akribisch zu prüfen gewillt ist67. Umstritten ist nicht selten, ob das Amtshilfebegehren einer ausländischen Behörde den gesetzlichen Anforderungen genügt und ob beziehungsweise inwieweit die FMA einen geschilderten Sachverhalt ihrerseits zu überprüfen hat (was nur begrenzt möglich und vorgesehen ist)68. In neuerer Zeit aktuell geworden sind Ersuchen ausländischer Behörden um Mitwirkung – Teilnahme an einer Vor-Ort-Prüfung oder an Befragungen – bei Ermittlungshandlungen im Inland. Unter Abstützung auf die anwendbaren Vorschriften des Bankengesetzes erlaubte die FMA der Österreichischen Nationalbank und der Österreichischen FMA, bei einer liechtensteinischen Bank im Beisein der FMA eine VorOrt-Prüfung durchzuführen69. Demgegenüber sprach der Verwaltungsgerichtshof der FMA die Kompetenz ab, einem ausländischen Aufsichtsorgan die Teilnahme an Befragungen im Rahmen eines inländischen Aufsichtsverfahrens zu gestatten. Da das FMAG keine entsprechende gesetzliche Grundlage enthalte, sei auf Art 2 des Staatsschutzgesetzes zurückzugreifen. Danach liege es in der Zuständigkeit der Regierung, eine bezügliche Bewilligung zu erteilen70. FMA-Praxis FMA-Praxis 68 FMA-Praxis 69 FMA-Praxis 70 FMA-Praxis 66 67 2009 2011 2009 2010 2011 Rz. Rz. Rz. Rz. Rz. 67 48 72 80 64 ff., 2010 Rz. 68 ff., 2011 Rz. 57 f. ff. ff., 2010 Rz. 76 ff., 2011 Rz. 59 ff. ff. ff. 161 Die Wesensverschiedenheit von Mediation und Recht Gattus Hösl Die Ausgangslage. Die Mediation, menschheitsgeschichtlich in verschiedenen alten Kulturen nachweisbar, erfährt derzeit erhöhte Aufmerksamkeit und Akzeptanz. Über die inhaltliche Dimension, Fülle und Wirkung des Mediation besteht keine einheitliche Meinung. Unter Juristen ist ein Mediationsverständnis festzustellen, das die Mediation dem juristischen Tätigkeitsfeld zuordnet. Ob ein solcher Ansatz dem Wesen der Mediation, also dem, was Mediation essentiell ist, entspricht oder zuwiderläuft, untersuche ich im Folgenden, wobei ich Berufserfahrung als Rechtsanwalt und als Mediator habe. Mediation ist eine ausserhalb des genormten Gerichtsverfahrens stattfindende Vermittlung in Konflikten, bei der die Teilnehmer die entscheidungsbefugten Experten für die von ihnen verantwortete Lösung sind. In einem Gerichtsverfahren, das auch inhaltlich auf Rechtsnormen basiert, werden den Prozessparteien Konfliktentscheidungen vorgegeben, es sei denn, sie schliessen einen Kompromiss. Er wird in der Regel vom Gericht beeinflusst und mit bestimmt. Wie viele Juristen und Nichtjuristen sehen Mediation als ein Mittel der Konfliktbewältigung, das des Rechtes bedarf und (von der Öffentlichkeit häufig als notwendig oder hilfreich vermutete) Rechtskenntnisse des Mediators voraussetzt? Mediation als juristische Zusatzqualifikation? Oder ist die Mediation « eine andere Baustelle »? Ist sie eine Konfliktbearbeitung eigener Art mit interdisziplinären Voraussetzungen, Bedingungen, Standards, die unabhängig sind von einem juristischen Stammberuf? Steht die Mediation in ihrer Konfliktbearbeitung der juristischen Berufslogik geradezu diametral gegenüber? Steht die juristische Berufslogik in einer letzten Konsequenz der Mediation in ihrer vollen Kraft sogar im Wege? Um auf diese Fragen möglichst umfassende und für jeden Juristen und Nicht-Juristen selbst überprüfbare Antworten zu finden, ist es angezeigt, sowohl die Genese, also die Entstehung und Entwicklung – der Mediation als auch die Genese des Rechts zu untersuchen. Die Genese der Mediation – ihre naturrechtliche Wurzel Unsere äusserliche Daseinsbedingung ist die Natur mit ihrer Gesetzlichkeit als physisches Naturgesetz. Es wird von den Naturwissenschaftlern untersucht. Dieses physische Naturgesetz ist im Begriff Naturrecht ebenso erfasst wie das sittliche Naturgesetz, das wir gleichbedeutend natürliches Sittengesetz nennen. Das sittliche Naturgesetz/natürliche Sittengesetz meint jene Ordnung, die wir in uns selbst auffinden und entwickeln können, um so unser Menschsein gewissenhaft zu entfalten. An ihr sollen wir unser Verhalten als Denken, Tun, Nicht-Tun orientieren. Sittlich heisst ethisch-moralisch: Ethik stellt die Frage, was wir tun sollen und wie wir uns verhalten sollen, können, dürfen. Ethik umschreibt die menschliche Verantwortung in ihrer Freiheit und Begrenzung und vermittelt Hilfestellung für einen sachgerechten Entscheid,