Lösung zu den Zusatzfällen

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Lösung zu den Zusatzfällen
erlanger examenskurs
Strafrecht
aufgaben eine solche Stellvertretung gerade unzulässig ist)
Ö kein Herstellen einer unechten Urkunde
SS 2007
Prof. Dr. Hans Kudlich
Einheit 13: Urkundsdelikte
D. Lösung zu den Zusatzfällen
Fall 1 (Urkundenfälschung bei Unterschleif in der juristischen Staatsprüfung – nach BayObLG JZ 1981, 201)
T befürchtete, das zweite juristische Staatsexamen alleine nicht bestehen zu können und bat
den G um Hilfe. Er verabredete sich mit G dahingehend, daß T jeweils kurz nach Beginn einer Klausur eine knappe Zusammenfassung des Sachverhalts durch das Toilettenfenster aus
dem Prüfungsgebäude reichte, welche G entgegennahm. Dieser löste die Klausur dann, ahmte
Ts Schrift nach und schrieb die Lösung nieder. Diese Lösung wurde dem T jeweils ½ Stunde
vor Ende der Bearbeitungszeit durch das Toilettenfenster auch wieder zugereicht. Danach
nummerierte T die Blätter durch, trug seine ausgeloste Platzziffer ein und gab die Klausuren
jeweils als von ihm geschrieben ab. Strafbarkeit von T und G?
TB:
Verfälschen einer echten Urkunde: (–), da vor Eintrag
des T noch keine Urkunde vorlag, vgl. oben
•
Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde
(–)
2. § 274: (–)
da vor Eintrag des T noch keine Urkunde vorlag, vgl. oben
3. § 271
TB:
I. Strafbarkeit des T:
1. § 267: (-)
•
ˆ
öffentliche Urkunde:
•
Klausur (-)
•
später ausgestelltes Zeugnis (+)
ˆ
aber: keine Beweiskraft des Zeugnisses dahingehend, daß
bei Prüfung kein Unterschleif erfolgte
ˆ
Täuschung: (+), zumindest konkludente Vorspiegelung
eigenständiger Bearbeitung
ˆ
Irrtum (+)
ˆ
Vermögensverfügung (–), kein unmittelbarer Vermögensvorteil durch bessere Note
4. § 263: (-)
ˆ
Urkunde:
•
TB:
verkörperte Gedankenerklärung (+): richtige Lösung des
Falles nach Ansicht des Bearbeiters
•
zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet oder bestimmt
(+)
•
Erkennbarkeit des Ausstellers (+): Zuordnungsmöglichkeit über Platzziffer reicht aus
ˆ
Tathandlung:
•
II. Strafbarkeit des G:
1. §§ 267, 25 II: (–), vgl. oben
2. §§ 267, 27: (–), mangels Haupttat
Herstellen einer unechten Urkunde: Täuschung über
Aussteller
∗ vermeintlicher Aussteller: T
∗ tatsächlicher Aussteller: ebenfalls T, da er sich mit
Eintragung der Platzziffer die Gedanken des G zueigen macht (anders als in dem Fall, in dem ein Dritter
in der Prüfung für den Prüfling auftritt und unterschreibt; hier bleibt der Dritte tatsächlicher Aussteller,
da zwar ein Fall einer „verdeckten Stellvertretung“
vorliegt, diese aber unbeachtlich ist, da bei PrüfungsExamenskurs Strafrecht BT
Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 1
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Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 2
∗ Prüfbericht dagegen keine öffentliche Urkunde, da
Fall 2 (Falschbeurkundung bei Erteilung der TÜV-Plakette trotz schwerer Mängel - nach
BayObLG NStZ 1999, 575)
A war als Sachverständiger beim TÜV beschäftigt und u.a. für die Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO zuständig. Als A’s Freund F seinen Wagen brachte, erstellte
A trotz schwerer Mängel des Fahrzeugs einen falschen Prüfbericht, erteilte die Prüfplakette
und veranlaßte die Eintragung eines Termins zur neuen Hauptuntersuchung in den Fahrzeugschein.
Hat sich A nach dem StGB strafbar gemacht?
darin bezeugtes Ergebnis keinen öffentlichen Glauben
genießt (nur inerdienstliche Funktion, a.A. vertr.)
• falsche Eintragung bzw. Beurkundung einer rechtlich
erheblichen Tatsache
∗ Schutz des § 348 umfaßt (ebenso wie der des § 271)
anders als des des § 267 auch die inhaltliche Richtigkeit einer Urkunde
1. §§ 331, 332
∗ aber: Schutz auch nur derjenigen Tatsachen, die be-
(-), da jedenfalls kein Vorteil für B aus Sachverhalt ersichtlich
sondere Beweiswirkung für und gegen jedermann haben (krit. zu dieser Formel NK-Puppe, § 271 Rn 2
und dies., NStZ 1999, 576, die darauf abstellt, welche
Informationen durch das Gesetz zwingend zum Inhalt
öffentlicher Beurkundung gemacht wurden; vgl. dazu
auch BGHSt 44, 186, 188)
Ö genaue Prüfung erforderlich, was Inhalt der öffentlichen Urkunde ist:
2. § 348
TB:
ˆ
Amtsträger: Legaldefinition in § 11 I Nr. 2
• Nr. 2a, b (-)
• Nr. 2c:
∗ TÜV als sonstige (behördenähnliche) Stelle, da Wahr-
nehmung öffentlicher Aufgaben und insoweit quasi
verlängerter Arm des Staates (zur Problematik der
behördenähnlichen Stelle vgl. am Bsp. der Flughafen
Frankfurt/Main AG: BGHSt 45, 16 = StV 1999, 366
m. Anm. Kudlich, JA-R 1999, 46)
– hier zum einen Bestimmung eines neuen Termin
zur nächsten Hauptuntersuchung
Ö dieser wurde auch bestimmt
– zum anderen Bescheinigung als vorschriftsge-
∗ Bestellung zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben
mäß: beweist nur, daß diese Bescheinigung ausgestellt wurde, nicht dagegen, daß sie zu Recht
erfolgte oder Prüfer auch nur keine Mängel
festgestellt hätte (so BayObLG NStZ-RR 1999,
79 = NZV 1999, 179 = NStZ 1999, 575 m.
Anm. Puppe)
[vgl. auch verwaltungsrechtlichen Gedanken:
bewiesen wird durch amtliche Bescheinigung /
Eintragung i.d.R. nur, daß ein VA erlassen wurde, nicht daß er auch rechtmäßig ist; diff.
Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit eines VA]
für diese Stelle (+), Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO
ˆ
zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt:
Eintragung des Termins der nächsten Hauptuntersuchung
in Kfz-Schein (vgl. Tröndle/Fischer, § 271 Rn. 10) im
Zusammenhang mit Vergabe der Prüfplakette, die mit
Nummernschild und Fahrzeug zusammengesetzte Urkunde ist
ˆ
falsche Eintragung bzw. Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache in öffentliches Buch bzw. öffentliche
Urkunde:
– aber: in § 29 III StVZO ordnet Gesetzgeber gerade an, daß TÜV-Plakette symbolischer Beleg
dafür ist, wenn Prüfer Auto für vorschriftsmäßig
befunden hat (wofür in StVZO auch ausführlich
die Voraussetzungen aufgezählt sind,)
Ö Annahme des § 348 StGB gut vertretbar (so
auch Puppe a.a.O.)
• öffentliches Buch bzw. öffentliche Urkunde:
∗ Prüfplakette mit Nummernschild und Fahrzeug sowie
Eintragung im Fahrzeugschein als öffentliche Urkunde (+)
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Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 3
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Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 4
Fall 3 (Urkundenfälschung in mittelbarer Täterschaft bei Abändernlassen einer Schulaufgabe
– nach AG Pfaffenhofen NStZ-RR 2004, 170)
Schuldirektor T leitete eine Arbeitsgemeinschaft Fotografie und entwickelte reges Interesse,
die elfjährige S zu fotografieren. Nachdem er eine Mathematik-Schulaufgabe (schriftliche
Prüfung) von ihr durchgesehen hatte und feststellte, diese wieder nur mit 5 bewerten zu können, nahm er S am nächsten Tag beiseite, gab ihr die Lösung einer der Aufgaben und ihre
Schulaufgabe und bot ihr an, diese entsprechend der Lösung abzuändern, was S auch tat. Danach fragte er S – wie von Anfang an geplant –, ob sie sich fotografieren lassen wolle; sie
solle einfach so tun, als würde sie sich ausziehen. S bekam Angst und lief davon. T bewertete
die Schulaufgabe der S – ihrem neuen Inhalt entsprechen – mit der Note 4. Auf die Gesamtnote blieb dies ohne Auswirkung.
Strafbarkeit des T?
ˆ Täuschungsabsicht: (+)
RW, Sch: (+)
2. § 332 I StGB
TB:
ˆ
Amtsträger: M als Lehrer bei lebensnaher Auslegung
wohl Beamter und damit Amtsträger, vgl. § 11 I
Nr. 2a StGB
ˆ
Vorteil:
• über Vermögensvorteil hinaus jede Besserstellung, auf
die kein Anspruch besteht
1. §§ 267, 25 I 2.Alt.:
TB: ˆ Schulaufgabe als Urkunde
•
Gedankenerklärung, verkörpert (+) [Perpetuierungsfunktion]
•
S als Aussteller erkennbar (+) [Garantiefunktion]
•
zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt
[Beweisfunktion]:
∗
∗
Beweiserbringung nicht notwendig in eigenständigem
Verfahren Ö unerheblich, ob Bewertung der Schulaufgabe selbst Verwaltungsakt oder nur unselbständiger Teil eines VA (Festsetzen der Zeugnisnote)
Schulaufgabe dient dem Nachweis des Leistungsstandes in den Verhältnissen Schüler-Schule und SchuleEltern; korrigierte Arbeit beinhaltet auch Aussage der
Gleichbehandlung
• bloße „Umgangsmöglichkeit“ allerdings wohl nicht ausreichend, da letztlich eher im Bereich des „emotionalen
Internum“, nicht einer sozialen Besserstellung i.S.v.
Macht, Aufstiegschancen etc. (noch deutlich unter der
Schwelle etwa der Möglichkeit zur „sexuellen Annäherung“, welche allein in der Literatur nicht für ausreichend erachtet wird; vgl. zum Problemkreis Tröndle/Fischer, § 331 Rn. 11c a.E., a.A. vertretbar)
[falls Vorteil bejaht:
ˆ
Fordern des Vorteils (+)
ˆ
Unrechtsvereinbarung:
• Vorteil als Gegenleitung für konkrete Diensthandlung
• Dienstpflichtverletzung durch Diensthandlung
ˆ
Ö (+)
Vorsatz (+)
RW, SCH (+)]
ˆ Urkunde urspr. echt: (+)
ˆ Verfälschen
• eigene Handlung der S strafrechtlich nicht anknüpfungsfähig, da S noch nicht strafmündig (§ 19)
• T steuert Handlung der S bewusst und gewollt und hat
dabei Ob und Wie der Tat in der Hand Ö Zurechnung
des Verhaltens der S an T im Wege mittelbarer Täterschaft (§ 25 I 2.Alt.)
• hier kein Problem des Verfälschens durch Aussteller
selbst, da gerade nicht bzgl. S, sondern bzgl. T geprüft
wird
ˆ Vorsatz: (+)
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Zusatzfälle, S. 5
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Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 6
Fall 4 (Verwendung einer Gegenblitzanlage und § 268 StGB – nach LG Flensburg NJW
2000, 1664 und OLG München NStZ 2006, 576 m. Anm. Kudlich JA 2006, 72)
T brachte an der Frontscheibe seines Pkw oberhalb des Innenspiegels eine Gegenblitzanlage
an. Als T eines Tages wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt wurde, löste diese aus, wodurch T auf dem Foto als Fahrer unkenntlich wurde.
Strafbarkeit des T?
ˆ Beschädigen:
• OLG München a.a.O.: (+), da durch Anbringen der Reflektoren erreicht, dass Bildausschnitt auf Lichtbild im
Bereich des Fahrzeugführers überbelichtet und Fahreridentifizierung dadurch unmöglich wird, so dass Messanlage in ihrer bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit
nicht unwesentlich gemindert wurde; Kurzzeitigkeit des
Eingriffs unerheblich, da zeitweilige Funktionsunfähigkeit „durchaus erheblich und nachhaltig“ war
1. § 268 I, III:
TB:
ˆ
Lichtbildaufnahme ist technische Aufzeichnung (+)
ˆ Begehungsvarianten des Abs.1 (-)
ˆ Einwirken auf den Aufzeichnungsvorgang (Abs.3) ?
• aber: wenig überzeugend (und in Lit. durchgehend kritisiert, vgl. nur Kudlich a.a.O.), da
• Einflussnahme auf den ungestörten selbsttätigen Ablauf
des Gerätemechanismus
∗ Überstrapazierung des Begriffs der Brauchbarkeitsbe-
• hier:
einträchtigung bei nur mittelbarer Einwirkung auf Sache
∗
Foto gibt exakt die Situation zum Zeitpunkt der Aufnahme wieder
∗ bestimmungsgemäße Aufnahme des Bildes, das sich
∗
fehlender Beweiswert beruht auf herbeigeführter Situation, nicht Manipulation der Aufzeichnungsmaschine
Ö T nutzte nur technische Grenze des eingesetzten
Mittels
∗ Fehlen jeder körperlichen Einwirkung auf Kamera
(gemessen an technischen Rahmenbedingungen der
Kamera) in konkreter Situation zeigt
(und damit auch Unvergleichbarkeit mit vom OLG
herangezogener Entscheidung des OLG Stuttgart, das
Fall zu behandeln hatte, in dem Linse der Kamera mit
Senf beschmiert worden war)
• daher Einwirken auf Aufzeichnungsvorgang (-): geschützt wird nur Vertrauen auf Herstellungsvorgang,
nicht auf bloße Aufzeichnungsvoraussetzungen/ Manipulationsfreiheit des Objekts der Aufzeichnung (so auch
LG Flensburg a.a.O.; a.A. AG Tiergarten NStZRR 2000, 9)
∗ wohl Wortlaut des § 303 überschritten
• anderer Begründungsansatz: es wird bereits Entstehung
einer Aufzeichnung überhaupt verhindert, damit auch
keine unechte Aufzeichnung (so OLG München a.a.O.;
ähnlich NK-Puppe, 2. Aufl. 2005, § 268 Rn. 40; möglicherweise auch MüKo/StGB-Erb, § 268 Rn. 36, aber in
Begründung weniger überzeugend, da es ja eine Aufzeichnung des Geschehens, wie es Kamera im konkreten
Moment wahrnehmen konnte, vorlag)
Ö im Ergebnis jedenfalls (-)
2. § 303:
TB:
ˆ
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fremde Sache: Verkehrskamera
Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 7
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Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 8
der menschlichen Gedankenerklärung ein Ergebnis gerade
des Automaten tritt. Nach herrschender (vom Wortlaut allerdings nicht zwingend geforderter) Meinung werden dabei
nur Aufzeichnungen erfaßt, die in einem vom Aufzeichnungsgerät abtrennbaren Stück (etwa einem Ausdruck) verkörpert sind, nicht dagegen bloße Anzeigen auf dem Gerät.
E. Fälle zur eigenständigen häuslichen Nachbereitung
Fall a (Fälschung technischer Aufzeichnungen bei Austausch der Fahrtenschreiberscheibe nach OLG Stuttgart NStZ-RR 2000, 11 = JA-R 2000, 82)
Am 13.4.1998 gegen 22.00 Uhr trat A als Fernfahrer eine Fahrt an. Vor Fahrtantritt legte er
ein auf den 13.4.1998 datiertes und mit seinem Namen als Fahrer versehenes Schaublatt auf
Position 1 (Fahrer) seines Fahrtenschreibers, während er eine zweite Scheibe auf Position 2
(Beifahrer) legte, die ebenfalls mit seinem Namen versehen war. Einen Beifahrer hatte A
während dieser gesamten Fahrt nicht. Nachdem A eine Pause eingelegt hatte, fuhr er gegen
4.30 Uhr weiter und tauschte um 6.35 Uhr die beiden Schaublätter aus. Das zunächst auf Position 2 (Beifahrer) befindliche, ebenfalls seinen Namen tragende Schaublatt datierte er nun
auf den 14.4.1998, worauf er es anschließend auf Position 1 (Fahrer) des Fahrtenschreibers
einlegte. Auf dem jeweils auf Position 2 befindlichen Schaublatt wurde dadurch jeweils für
den nicht existenten Beifahrer eine Ruhezeit festgehalten. Gegen 10.30 Uhr wurde A von der
Polizei angehalten. A legte der Polizei zunächst nur die auf Position 1 (Fahrer) befindliche
Scheibe, die vom 14.4.1998 datierte, vor. Erst auf deren Verlangen händigte er auch das auf
Position 2 befindliche Fahrtenschreiberschaublatt, datiert vom 13.4.1998, aus. Dies tat er, um
die Polizeibeamten dahingehend irrezuführen, daß er die gesamte Zeit über mit der sich bei
der Kontrolle auf Position 1 befindlichen Scheibe, datiert vom 14.4.1998, unterwegs gewesen
sei.
Hat sich A nach dem StGB strafbar gemacht?
• vorliegend bei Fahrtenzeichneraufzeichnungen unproblematisch (+)
ˆ
• Zwar parallele Konstruktion mit § 267 I StGB; gleichwohl mangels Erkenntlichkeit eines Aussteller und wegen durch § 268 III StGB ebenfalls bezweckten sachlichen Richtigkeitsschutzes keine unmittelbare Übertragung der Definition möglich
• Vielmehr vom Schutzzweck her zu bestimmen: Da Vertrauen in die technische Zuverlässigkeit des Aufzeichnungsvorganges geschützt wird, ist Aufzeichnung unecht, wenn sie nicht oder nicht so, wie sie vorliegt, Ergebnis eines in seiner Selbsttätigkeit von Störungshandlungen unbeeinflußten Aufzeichnungsvorganges ist, obwohl sie diesen Eindruck erweckt.
1. § 267 I
TB:
(-), Fahrtenschreiberaufzeichnungen sind keine Urkunden, da keine menschliche Gedankenerklärung
2. § 268 I Nr. 1, III StGB
Anmerkung: Das OLG differenzierte hier nicht näher zwischen Abs. I
Nr. 1 und Abs. III. Dies ist vertretbar, wenn man Abs. III nur als Sonderfall
der unechten Aufzeichnung versteht, was dann allerdings bei der Definition
der Echtheit zu berücksichtigen ist (vgl. u. sowie Wessels/Hettinger, BT I,
Rn. 871). Vertretbar wäre aber auch eine getrennte Prüfung.
TB:
ˆ
technische Aufzeichnung:
• Legaldefinition in § 268 II StGB: Darstellung von Daten, Meß- oder Rechenwerten, Zuständen oder Geschehensabläufen, die durch ein technisches Gerät ganz oder
zum Teil automatisch bewirkt wird, den Gegenstand der
Aufzeichnung allgemein oder für Eingeweihte erkennen
läßt und zum Beweis einer rechtlichen Tatsache bestimmt ist
Anmerkung:
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Anmerkung: Hier ist etwa zweifelhaft, ob das vorübergehende Abschalten
eines Aufzeichnungsgerätes zu einer unechten technischen
Aufzeichnung führt (vgl. dazu Tröndle/Fischer, § 268 Rn. 13d;
Sch/Sch-Cramer, § 268 Rn. 48): Einerseits werden während
dieser Zeit – jedenfalls bei einem vollständigen Abschalten –
keine unechten, sondern gar keine Aufzeichnungen erstellt;
andererseits kann bei vielen Aufzeichnungen der Zweck der
selbsttätigen Dokumentation gerade auch dahin gehen, daß
diese – soweit sie von Störungen frei bleibt – vollständig sein
soll.
• vorliegend: Kein Eingriff des A in automatisierten Herstellungsmodus der Aufzeichnungen des Kontrollgeräts;
auch an Aufzeichnungen als solchen wurde nicht manipuliert.
Ö Aufzeichnungen sind tatsächlich das Ergebnis eines
automatisierten Herstellungsvorgangs.
• Unzulässiger Austausch der Schaublätter war ein der
technischen Eigenart und Verwendung des Geräts entsprechender Vorgang, der die Aufzeichnungsergebnisse
Entscheidend ist also die selbständige Bewirkung der Aufzeichnung durch das Gerät, die dazu führt, daß an die Stelle
Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 9
Unechtheit der Aufzeichnung:
Examenskurs Strafrecht BT
Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 10
auf beiden Schaublättern unberührt ließ.
Ö Nicht die mit technischem Herstellungsvorgang verbundene Zuverlässigkeit der Schaublattaufzeichnungen,
sondern die – von § 268 StGB nicht geschützte – Verläßlichkeit des A ist hier beeinträchtigt.
Ö § 268 StGB (-)
Examenskurs Strafrecht BT
Urkundsdelikte
Zusatzfälle, S. 11

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