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Bettnaessen (Enuresis)
Einnaessen an sich ist keine Krankheit, sondern ein Symptom mit verschiedenen Ursachen. Dementsprechend
unterschiedlich kann die Behandlung ausfallen. Einnaessen ist im Kindesalter sehr haeufig, man nimmt an,
dass etwa 10% der Siebenjaehrigen und noch 1-2% der Jugendlichen betroffen sind.
Jedes Kind braucht unterschiedlich lange, bis diese Reifung abgeschlossen ist und die Tage und Naechte
"trocken" sind. Bis zum Ende des fuenften Lebensjahres spricht man noch nicht von Bettnaessen, sondern nur
von einer verzoegerten Entwicklung. Wenn das Kind auch danach noch regelmaeszig einnaesst, sollte eine
Untersuchung veranlasst werden.
Einnaessen und Bettnaessen hat aber auch nach dem sechsten Lebensjahr eine hohe Besserungsrate und
kann auch gut behandelt werden. Die Behandlung der Enuresis richtet sich nach der Ursache der Stoerung.
Definition
Von Bettnaessen spricht man, wenn ein Kind im Alter von fuenf Jahren oder aelter und einem Intelligenzalter
von zumindest 4 Jahren noch regelmaeszig einnaesst. Die Symptome muessen in einer Intensitaet von
mindestens 2mal pro Monat auftreten und laenger als 3 Monate bestehen, bei Kindern ueber 7 Jahren spricht
man schon bei einmal Einnaessen pro Monat von Bettnaessen. Einnaessen zaehlt zu den haeufigsten
psychosomatischen Erkrankungen im Kindesalter. Organische Ursachen muessen abgeklaert und
ausgeschlossen werden.
Einnaessen wird in das tagsueber auftretende Einnaessen (Enuresis diurna) und das naechtliche Einnaessen
(Enuresis nocturna) eingeteilt, kann aber auch kombiniert auftreten. Weiters unterscheidet man eine primaere
(das Kind war noch nie dauerhaft trocken) und einer sekundaeren Enuresis (das Kind naesst wieder ein,
nachdem es schon dauerhaft trocken war).
Bis zum Ende des fuenften Lebensjahres spricht man noch nicht von Bettnaessen, sondern nur von einer
verzoegerten Entwicklung. Wenn das Kind auch danach noch regelmaeszig einnaesst, handelt es sich um eine
behandlungswuerdige Problematik.
Haeufigkeit
Vom naechtlichen Einnaessen sind ca. zehn Prozent der Siebenjaehrigen betroffen, Im Alter von 5 Jahren ist die
Geschlechterverteilung noch ausgewogen, im Alter von 11 Jahren sind Buben etwa doppelt so haeufig
betroffen. Maedchen sind haeufiger vom Einnaessen tagsueber betroffen. Bei Jugendlichen sind noch ca. 1-2%
betroffen. Am haeufigsten ist die primaere Enuresis mit etwa 75 Prozent, waehrend auf die sekundaere
Enuresis 25% entfallen. 80% der Kinder haben naechtliches Einnaessen, 5% am Tag 5%, und 15% naessen
sowohl am Tag als auch nachts ein.
Es gibt oft eine familiaere Haeufung, die Wahrscheinlichkeit Bettnaesser zu werden liegt bei 75%, wenn es in
der Familie ebenfalls Bettnaesser gab oder gibt.
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Trocken werden als normaler Reifungsprozess
Trocken werden ist ein Reifungsprozess. Jedes Kind braucht, so wie bei allen anderen Entwicklungsschritten,
unterschiedlich lange, bis diese Reifung abgeschlossen ist und die Tage und Naechte "trocken" sind. Kinder
lernen fruehestens ab dem zweiten Lebensjahr, ein Gefuehl fuer die Blasenfuellung zu entwickeln, die
vollstaendigen Mechanismen zur Blasenkontrolle sind fruehestens Ende des vierten Lebensjahres ausgereift.
Viele 3-jaehrige Kinder sind bereits trocken, aber es koennen noch leicht "Unfaelle" passieren. Die Geburt
eines Geschwisterchens, Verlust einer Bezugsperson, Familiaere Irritationen unterschiedlicher Art sind nur
einige Beispiele, die zu Rueckfaellen fuehren koennen. In der psychischen Entwicklung muessen eine Reihe von
Schritten bewaeltigt werden damit ein Kind mit 3 bis 4 Jahren trocken sein kann. Dazu gehoeren
Entwicklungsschritte wie Autonomie, Zurechtkommen mit Trennungen, ein entsprechender Umgang mit
Aengsten, Aggression und Geschlechtsdifferenzierung sowie die Identifizierung mit dem
gleichgeschlechtlichen Elternteil und auch die Auseinandersetzung mit. Beziehungen innerhalb der Familie.
Auch von der intellektuellen Entwicklung her bedarf es auch laut Definition eines Intelligenzalters von
zumindest 4 Jahren, um diesen Entwicklungsschritt zu bewaeltigen.
Der spielerische Umgang mit "Ersatzausscheidungsprodukten" (Pritscheln mit Wasser, etc?) und das
Interesse an der Erforschung der Genitalien stellen normale Begleiterscheinungen dieser Entwicklungsphase
dar und gehen dem Trockenwerden haeufig voraus und begleiten es. Auf koerperlicher Ebene kommt es
zwischen dem zweiten und fuenften Lebensjahr ueblicherweise durch die Bildung entsprechender Hormone zu
einer ausreichenden Konzentration des Harnes in der Nacht. Eine langsamere Entwicklung ist moeglich, ohne
dass eine Stoerung vorliegen muss, allerdings sollte die Zeit genutzt werden um die Ursachen der
Verzoegerung zu klaeren und gegebenenfalls entsprechende Masznahmen zu ueberlegen.
Ursachen
Bei der primaeren Enuresis geht man meist von einer gesamten Entwicklungsverzoegerung aus, die auch mit
einer emotionalen Unterversorgung des Kindes oder einer emotionalen Ueberforderung der Eltern
einhergehen kann. Bei ansonsten altersgemaeszer Entwicklung kann auch ein Hormon (Vasopressin oder ADH)
eine wichtige Rolle spielen, das den Wasserhaushalt und die Blasenfuellung steuert und bewirkt, dass sich die
Blase nachts weniger fuellt. Das hat zur Folge, dass man nachts weniger oder gar nicht zur Toilette muss. Diese
hormonelle Steuerung kann bei der primaeren Enuresis noch nicht ausreichend entwickelt sein. Die Nieren von
Saeuglingen und Kleinkindern produzieren ueber 24 Stunden eine gleichmaeszige Harnmenge, mit dem
Aelterwerden wird in der Nacht weniger, aber konzentrierterer Harn ausgeschieden. Dieser Rhythmus
entwickelt sich beim Kind erst und braucht Zeit.
Psychische Probleme koennen bei der primaeren Enuresis sowohl eine Ursache als auch eine Folge der
Stoerung sein. Die Wechselwirkungen der organischen Blasenfunktionen mit nervoesem Geschehen sind
bekannt. Wenn ein Kind, das bereits trocken war, wieder einnaesst also bei der sekundaeren Enuresis,
finden sich oft Situationen im Umfeld, die fuer das Kind belastend sind wie etwa Verluste im weitesten Sinn
wie zum Beispiel Trennung, Scheidung, Todesfaelle, Geburt eines Geschwisters aber auch extreme Armut,
Delinquenz der Eltern, Deprivation, Vernachlaessigung, mangelhafte Unterstuetzung bei Entwicklungsschritten.
Das Einnaessen kann in diesen Faellen Zuwendung in Form von Versorgungshandlungen durch Eltern mit sich
bringen. Letztlich kann jede Form der inneren Beunruhigung die Blasenfunktion negativ beeinflussen. Es
muss aber weder bei der primaeren noch der sekundaeren Form stets ein aeuszerer Belastungsfaktor
gegeben sein. Haeufig sind es auch innere Konflikte des Kindes, die zum Symptom des Einnaessens fuehren
koennen. Nicht selten bestehen neben dem Symptom des Einnaessens noch weitere
Verhaltensauffaelligkeiten, die hinweisend sein koennen.
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Selbstverstaendlich muessen organische Ursachen ausgeschlossen werden. Die haeufigste koerperliche
Ursache fuer Einnaessen waehrend des Tages ist der Harnweginfekt, Weitere organische Ursachen welche
auch hinsichtlich naechtlichen Einnaessens ausgeschlossen werden muessen sind beispielsweise bestimmte
epileptische Erkrankungen, Diabetes, neurologische Stoerungen oder Fehlbildungen der Harnwege
(beispielsweise eine Harnroehrenverengung oder eine Fehlmuendung der Harnroehre).
Symptome
Die primaere Enuresis nocturna ist gekennzeichnet durch tiefen Schlaf mit schwerer Erweckbarkeit und eher
haeufigem Einnaessen mit groszen Harnmengen. Das Kind vollzieht letztlich eine Handlung (urinieren), bei der
es normalerweise wach ist, ohne aufzuwachen. Neben dem Einnaessen bestehen gelegentlich andere
Symptome einer Entwicklungsverzoegerung oder Verhaltensauffaelligkeit.
Bei der sekundaeren Enuresis nocturna finden sich ebenfalls haeufig psychische Begleitsymptome anderer Art,
das Einnaessen kann mit ploetzlichen und unerwarteten Veraenderungen im Leben des Kindes verknuepft
sein, muss es aber nicht.
Diagnose
Die Diagnostik beim Kinderarzt beginnt mit einer ausfuehrlichen Befragung ueber die Symptome und die
bisherigen Behandlungsmasznahmen. Eine koerperliche Untersuchung und eine Untersuchung des Harns muss
ebenso wie eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Nieren durchgefuehrt werden, um koerperliche
Fehlbildungen auszuschlieszen.
In seltenen Einzelfaellen kann es hilfreich sein, die Haeufigkeit des Wasserlassens und die entsprechende
Harnmenge in einem 24-Stundenprotokoll zu notieren.
Finden sich in dieser Basis-Untersuchung Hinweise auf eine organische Ursache, so koennen weitere
diagnostische Schritte noetig sein. Sind von medizinischer Seite keine Auffaelligkeiten feststellbar, ist eine
Ueberweisung zur psychologischen Diagnostik zu empfehlen. Hier kann auch eine entsprechende Behandlung
veranlasst werden wie etwa eine Erziehungsberatung, Kindertherapie oder auch Familientherapie.
Sauberkeitserziehung
Den richtigen Zeitpunkt sollte das Kind selbst durch sein Interesse fuer die Ausscheidung bestimmen.
Uebermaesziges Sauberkeitstraining foerdert den Reifungsprozess nicht, eine Hausregel lautet: "Wenn das
Kind freihaendig die Stiege hinunter gehen kann, kann mit dem Sauberkeitstraining begonnen werden." Das
bedeutet, dass Sie als Eltern aber auch wachsam fuer das Interesse und die Signale Ihres Kindes sein sollten
um ihm auch ein Toepfchen oder die Toilette anbieten zu koennen, wenn es seinerseits dazu bereit ist. Weder
verfruehtes mit Druck durchgefuehrtes Toilettentraining noch eine zu spaete Sauberkeitserziehung, die diesen
Schritt dem Kind selbst ueberlaesst, sind hilfreich. Ihr Kind braucht nun Ihre Unterstuetzung um mit dem
Sauberwerden zurechtzukommen.
Loben Sie Ihr Kind, wenn es ins Toepfchen oder WC gemacht hat und sehen Sie es auch so, dass alle
Ausscheidungsprodukte aus der Sicht des Kindes ein Geschenk an Sie darstellen. Erwachsene wissen, was
Ausscheidungsprodukte sind; ein Kleinkind betrachtet es aber eine gewisse Zeitlang eher so, dass es sich um
etwas von ihm Geschaffenes handelt, das den Eltern eine Freude macht, sofern es ihnen zum richtigen
Zeitpunkt ueberreicht wird. Das gezielte Trennen von den Ausscheidungsprodukten faellt den Kindern oft nicht
leicht, da es fuer sie nicht tote Materie darstellt, sondern irgendwie zu ihrem Koerper gehoert, gar nicht viel
anders, als ihre Koerperteile. Das kann die Kinder auch aengstigen. Sobald es das Kind aber geschafft hat
das Toepfchen oder WC zu benutzen, erzeugt dies aber im Kind ein Gefuehl von Selbstaendigkeit und
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wachsendem Selbstwertgefuehl. Das Misslingen umgekehrt stellt einen Einbruch in der Selbststaendigkeit dar.
Troesten Sie Ihr Kind bei Missgeschicken und ermutigen Sie es, das es frueher oder spaeter klappen wird. Am
meisten leidet das Kind selbst unter seinen Misserfolgen, auch wenn es dies nach auszen hin manchmal gar
nicht so zeigt. Dem Kind hilft es wenn die Eltern es unterstuetzen und ihm das Gefuehl geben, auch in dieser
Situation beizustehen, so koennen Sie moegliche folgende Schwierigkeiten hintanhalten.
Vermeiden sie unbedingt jede Art von Strafen! Manche Eltern denken, dass ihr Kind ihnen das Bettnaessen zu
Fleisz macht um sie zu aergern. Dies ist aber kein absichtlicher willentlich steuerbarer Akt, was oft nicht gleich
erkennbar ist. Da es sich bei der Harnkontrolle um eine Mischung aus unwillkuerlich ablaufenden bewussten
Handlungen handelt, glauben viele Eltern, dass einfacher Trotz, Unaufmerksamkeit oder Bequemlichkeit im
Spiel ist und folgern, dass mit Strafen, Vorwuerfen oder Ermahnungen dem Problem beizukommen sei. Die
Blasenmuskulatur ist letztlich von nervoesen Einfluessen abhaengig. Das macht sich auch beispielsweise dann
bemerkbar, wenn man in besonders stressbehafteten Momenten( vor groszen Pruefungen o.ae. ) haeufiger
die Toilette aufsuchen muss. Unter seelischer Anspannung koennen nur geringere Mengen behalten werden,
waehrend unter seelischer Entspannung weit groeszere Mengen an Harn in der Blase behalten werden
koennen. Unter erregenden nervoesen Einfluessen kommt die Blase nachts nicht zur noetigen Entspannung
und es kommt bereits bei kleineren Fluessigkeitsmengen zum Zusammenziehen der Blase ohne dass ein
Weckreiz erlebt wird. Die emotionale Entspannung kann wesentlich sein. Da aber oft fuer die Eltern nicht
erkennbar ist, wodurch eine innere Anspannung besteht, kann die psychologische Diagnostik und
Unterstuetzung ein wichtiger Schritt sein.
Wichtig ist es auch, die Anatomie und Funktion der Ausscheidungsorgane mit dem Kind zu besprechen und
allgemein Aufklaerungsarbeit ueber den Koerper und kindgerechte allgemeine Aufklaerung ueber Babys€
Die erfolgreiche Blasenkontrolle am Tag bedeutet nicht zwangslaeufig auch eine Blasenkontrolle nachts.
In den letzten Jahrzehnten (andere Erziehungsstrategien, auch mit der Einfuehrung von Wegwerfwindeln) hat
sich der durchschnittliche Zeitpunkt des Beginnes der Sauberkeitserziehung um ein bis zwei Jahre nach hinten
verlagert. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde bei 95 Prozent der Kinder noch vor dem ersten
Geburtstag mit Toilettentraining begonnen, in den 80er Jahren nur noch bei zehn Prozent. War in den 60er
Jahren ein uebertriebenes und problematisches ueberstrenges Sauberkeitstraining zu beobachten, das die
Kinder haeufig sehr unter Druck brachte, schlaegt derzeit das Pendel in die andere Richtung aus. Oft wird
viel zu lange gewartet und die Problematik wird bagatellisiert, wodurch die Kinder nicht die noetige
Unterstuetzung erhalten. Verzoegertes Trockenwerden blockiert das Kind letztlich auch in anderen
Entwicklungsschritten und erzeugt nicht selten bei Kind und /oder Eltern einen nicht zu unterschaetzenden
Leidensdruck.
Die Windeln
Windeln soll man nachts verwenden, solange das Kind nicht die meiste Zeit trocken ist. Es sollte allerdings auch
kein Kind gezwungen werden, Windeln tragen zu muessen. Verwenden Sie Windeln nicht als Strafe! Natuerlich
soll auch kein Kind gezwungen sein, in einem nassen Bett zu schlafen. Hier koennen saugbare Betteinlagen
oder so genannte "Bettnaesser-Unterhosen" aus Stoff fuer Kinder hilfreich sein. Geben Sie Ihrem Kind auch
wieder Selbstsicherheit, indem Sie es ermutigen, andere Taetigkeiten auszufuehren, die seinem normalen
Alters- und Entwicklungsstand gerecht sind.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach der Art des Einnaessens. Nur eine genaue diagnostische Abklaerung sowohl
der medizinischen als auch der psychischen Komponenten durch Kinderpsychologen kann Aufschluss
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darueber geben, welche Form der Behandlung fuer das jeweilige Kind geeignet ist. Das kann sowohl eine
medizinische Behandlung als auch eine Psychotherapie und Erziehungsberatung oder auch beides umfassen.
Durch den Kinderarzt erfolgt nach dem medizinischen Ausschluss von organischen Ursachen eine Beratung
und Information der Familie und gegebenenfalls eine Empfehlung zur weiteren psychologischen Diagnostik.
Die psychologische Diagnostik
Kinderpsychologen sind darauf geschult, mittels Spielen, Tests und Gespraechen die hinter der Symptomatik
des Bettnaessens liegenden Probleme des Kindes zu erfassen und darauf aufbauend weitere Schritte
einzuleiten.
Je nach Hintergrund der Problematik wird mit den Eltern gemeinsam versucht, dem Kind mit seinen Problemen
behilflich zu sein und ein Verstaendnis fuer die zugrundeliegende Problematik zu bekommen. Da das Kind im
elterlichen Umfeld lebt und die Eltern seine wichtigsten Bezugspersonen sind, ist der Umgang der Eltern mit
dem Kind ein zentrales Element. Manchmal ist Erziehungsberatung schon ausreichend, manchmal bedarf es
zusaetzlicher psychotherapeutischer Unterstuetzung beim Kind. In einer psychologischen Diagnostik zeigt sich,
ob eine Familientherapie sinnvoll sein kann oder eine Entwicklungsverzoegerung im Vordergrund steht. Wenn
auch andere Bereiche der Entwicklung wie etwa die Sprache oder die Motorik verzoegert sind, bietet sich eine
gezielte Entwicklungsfoerderung in entsprechenden Zentren an, die multiprofessionelle Angebote haben (
Aerzte, Psychologen, Logopaeden, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten etc.)
Manchmal wird das Fuehren eines Kalenders mit Eintragung der trockenen Naechte empfohlen. Diese
Protokolle (z.B. mit Sonne und Regen) sind bei kleineren Kindern sehr beliebt und erhoehen die
Aufmerksamkeit fuer den zu machenden Lernschritt. Dieses System hat aber nur dann einen Sinn, wenn Ihr Kind
in etwa genauso oft trocken wie nass ist und wenn es sich tatsaechlich um einen anstehenden
Entwicklungssschritt handelt und nicht um den Ausdruck einer zugrundeliegenden psychischen kindlichen
Problematik. Hilfreich ist der Kalender vor allem dann, wenn bisher wenig Aufmerksamkeit auf dem Thema
vorhanden war und das Trockenwerden bis dato noch nicht thematisiert wurde. In vielen Faellen liegt bereits
zu viel Aufmerksamkeit auf dem Symptom, womit dieser Kalender zu einer zusaetzlichen Belastung werden
kann. Von einer bestrafenden oder bloszstellenden Anwendung muss in jedem Falle abgeraten werden.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach der Art des Einnaessens. Nur eine genaue diagnostische Abklaerung sowohl der medizinischen als auch der psychischen Komponenten - kann Aufschluss darueber geben, welche
Form der Behandlung fuer das jeweilige Kind angebracht ist. Das kann sowohl eine medizinische Behandlung
als auch eine Psychotherapie oder auch beides umfassen. Der erste Schritt der medizinischen Behandlung
besteht in einer Beratung und Information der Familie ueber das Bettnaessen.
Ist Erziehungsberatung nicht ausreichend, beziehungsweise hat sich bei der psychologischen Diagnostik
herausgestellt, dass eine psychologische Behandlung notwendig ist, sollte diese in Anspruch genommen
werden. Hierbei hat das Kind die Moeglichkeit auf spielerische Weise seine Probleme zum Ausdruck zu
bringen und mit therapeutischer Hilfe zu bearbeiten. Hierbei ist die regelmaeszige Inanspruchnahme der
Therapiestunden ein zentraler Faktor. Aber auch in diesem Fall ist die Einbeziehung der Eltern ein wichtiger
Bestandteil.
Wenn die Untersuchung des Morgenharns eine mangelnde Konzentration des Harnes ergibt, kann eine
medikamentoese Behandlung helfen. Diese kann auch zur kurz dauernden Therapie, beispielsweise bei
Schulausfluegen, verwendet werden.
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Der Wirkstoff Desmopressin (z.B. Nocutil, Minirin) aehnelt dem koerpereigenen Hormon und hilft, den Harn zu
konzentrieren und somit die Blasenfuellung zu reduzieren. Das Medikament wird am Abend entweder als
Schmelztablette verabreicht. Es ist gut vertraeglich und zeigt bei richtiger Indikation hohe Erfolgsquoten. Nach
entsprechender Behandlungsdauer sind 70 bis 80 Prozent der betroffenen Kinder trocken. Nach etwa zwoelf
Wochen kann versucht werden, das Medikament abzusetzen.
Eine andere Therapie verwendet ein Medikament, das die Blasenmuskulatur entspannt und somit das
Fuellvermoegen der Blase vergroeszert. Auch eine stationaere Behandlung kann bei sonst schwer
behandelbaren Kindern notwendig sein.
Fuer Kinder ab dem siebenten Lebensjahr stehen Klingelmatten oder Klingelhosen, die beim Einnaessen ein
Signal abgeben, zur Verfuegung. Dadurch wird das Kind geweckt und soll lernen wach zu werden, wenn die
Blase gefuellt ist. Den Erfolg einer derartigen Behandlung sehen Sie an den immer kleineren Naessestellen auf
dem Bett. Das Ziel der Behandlung ist erreicht, wenn Sie oder Ihr Kind aufwachen, bevor Urin ins Bett geht.
Ein Klingelgeraet stellt einen betraechtlichen Aufwand und eine nicht unerhebliche Belastung fuer die Familie
dar. Die genaue Erfolgsrate einer solchen Methode ist nicht genau bekannt, es werden Zahlen zwischen 10
und 60 Prozent berichtet. Die Rueckfallquote liegt etwa bei 15 bis 35 Prozent. Bei diesem Verfahren werden die
hinter der Symptomatik liegenden Probleme auszer Acht gelassen, weshalb sie auch letztlich auch zu kurz
greift.
Unnoetige Therapieversuche
Zahlreiche Methoden wurden ausprobiert, ohne besonders Erfolg versprechend zu sein. Strafen hilft nicht
(dahinter steckt Glaube an eine bewusste Absicht), starke Fluessigkeitseinschraenkung am Abend auch nicht,
diese kann jedoch eine sekundaere Problematik erzeugen, da sich das Kind bestraft fuehlt.. Es ist besser, am
Morgen mehr zu trinken, als es am Abend zu verbieten. Das Vermeiden von uebermaesziger
Fluessigkeitszufuhr am Abend ist aber durchaus sinnvoll.
Wenig aussichtsreich ist ein Blasentraining: Hierbei wird versucht, durch langes Zurueckhalten des Harns die
Kapazitaet der Blase zu steigern. Meist besteht aber eine normale Blasenkapazitaet bei uebergroszer
Harnmenge.
Es ist auch wenig sinnvoll, das Kind im Schlaf aufs Klo zu setzen, da eine Rhythmusumstellung nur dann erfolgt,
wenn das Kind bewusst daran mitarbeitet.
© DDr. Peter Voitl
Inhalt erstellt: 7. Oktober 2003.
Letzte Aenderung: 14. Juli 2011.
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