weiterlesen
Transcription
weiterlesen
Rathaus-Schlammschlacht: Schallende Ohrfeige für Geiger von Andreas Schick Fristlose Kündigung ist weder formal noch inhaltlich haltbar – Hitzige Wortgefechte Eschborns Bürgermeister Mathias Geiger (FDP) und der Frankfurter Kommunikationsberater liegen im Clinch. In den Streit hat gestern erstmals die Justiz eingegriffen. Die Entscheidung des Frankfurter Landgerichts ist eine schallende Ohrfeige für den Rathauschef. Eschborn/Frankfurt. Alles beginnt mit einem harmlosen Geplänkel. In den Unterlagen des Gerichts ist Jürg W. Leipzigers Name falsch geschrieben. Der Frankfurter Kommunikationsberater steht dort als „Jürgen“. Das sei falsch, entgegnet Leipziger dem Richter Daniel Köhler und klärt ihn lächelnd auf, dass „Jürg“ ein Schweizer Name sei. Dann ist Schluss mit lustig. Es wird ernst, vor allem für die Stadt Eschborn, von der Leipziger 70 000 Euro haben will. Schnell macht Daniel Köhler, Einzelrichter an der 25. Zivilkammer des Frankfurter Landgerichts, am Mittwochmittag klar, wie er die Aktenlage sieht. Seine Worte legen nahe, dass die Stadt Eschborn schlechte Karten hat und Jürg Leipziger gute Aussichten, sein Geld zu bekommen. Worum geht’s? Rückblick: Es ist 2009, als Eschborns damaliger Bürgermeister Wilhelm Speckhardt (CDU) die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aufpolieren, den Ruf der Stadt verbessern und sich vorteilhafter darstellen will. Der Kommunikationsberater Leipziger, der im Ruf steht, ein PR-Guru zu sein, soll der Mann sein, der Eschborn und Speckhardt auf die Sprünge hilft. Er ergattert den Auftrag, obwohl er in einem Wettbewerb mit drei anderen Anbietern, an Position 4 landet. Doch Speckhardt ist es wichtig, einen Mann seiner Seite zu haben, dem er vertraut. Im Herbst 2010 schließen die Stadt und Leipziger rückwirkend zum 1. Januar 2010 einen Vertrag, der ein stattliches Honorar von 140 000 Euro pro Jahr vorsieht. Doch unter dem seit Februar 2014 amtierenden Bürgermeister und Speckhardt-Intimfeind Mathias Geiger (FDP) reißt das Tischtuch. Zwar überweist die Stadt Anfang 2014 70 000 Euro an Leipziger fürs erste Halbjahr. Doch im März 2014 kündigt Eschborn dem PR-Berater fristgerecht zum 31. Dezember 2014 und im August sogar fristlos. Die Stadt weigert sich, die 70 000 Euro fürs zweite Halbjahr zu überweisen. Begründung: Leipziger habe seine Arbeit für Eschborn angeblich nicht ordnungsgemäß geleistet und keine Arbeitsnachweise erbracht. Der Berater wehrt sich gerichtlich. Briefkopf fehlt Richter Daniel Köhler („Ich bin etwas erkältet“) hält die fristlose Kündigung für unwirksam, weil das von Geiger und dem Ersten Stadtrat Thomas Ebert (Grüne) unterzeichnete Schreiben an die Leipziger & Partner Kommunikations GmbH „keine Zuordnung auf den Magistrat“ habe. Es fehle der städtische Briefkopf. Auch inhaltlich hat der Richter starke Zweifel, ob Mathias Geigers Zahlungsverweigerung rechtens ist. Anders als bei einem Werkvertrag gebe es bei einem Dienstvertrag, wie Leipziger und Eschborn ihn geschlossen hatten, „keine Gewährleistung“. Selbst wenn Leipziger schlechte Arbeit geleistet hätte, was längst nicht erwiesen ist, spiele dies für die Zahlungspflicht keine Rolle. Der Richter beruft sich auf die Paragrafen 626/627 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Daniel Köhler erwähnt, dass Eschborn in den Jahren zuvor die pro Halbjahr gestellten Rechnungen akzeptiert und beglichen habe, ohne Bedenken anzumelden. Die Rechnung fürs erste Halbjahr 2014 habe die Stadt bezahlt, obwohl Geiger schon Bürgermeister gewesen sei, betont Leipzigers Anwalt Harald Flöter. Keine Zeugen befragt Der Richter fragt in die Runde mit Leipziger, Flöter und der Vertreterin der Stadt, Rechtsanwältin Simone E. Hommel: „Gibt es eine Möglichkeit, dass Sie sich einigen?“ Jetzt wird ein grimmig dreinblickender Jürg Leipziger ungemütlich – der Berater kämpft nicht nur um 70 000 Euro, sondern auch um seinen Ruf. Hart im Tonfall antwortet er, dass er keinen Grund sehe, der Stadt Eschborn entgegenzukommen. So wie die Stadt und Mathias Geiger ihm gegenüber aufgetreten seien, gebe es dafür keine Veranlassung. Was Leipziger meint: Auf Geigers Initiative hin ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Leipziger und Wilhelm Speckhardt. Dann wird’s hitzig. Der Leipziger-Anwalt bringt die Rathaus- und CD-Affäre ins Spiel und sagt, dass Geiger ja „nachts durch die Gänge“ des Rathauses geschlichen sei, um Bilder von Verwaltungsunterlagen zu machen. Er ist damit beschäftigt, die Zusammenhänge zu erläutern, als ein Zuschauer („völliger Blödsinn“) Flöter ins Wort fällt und Simone Hommel dazwischenruft, dass dieser Vorwurf nicht erwiesen sei. Es gibt ein munteres Wortgefecht, das der Richter zulässt. Nach gut 35 Minuten ist die Verhandlung in Raum 308 des Landgerichts vorbei. Der Richter entscheidet in diesem sogenannten Urkundsverfahren nach Aktenlage und ohne Anhörung von Zeugen: Leipziger hat Anspruch auf die 70 000 Euro. Die Stadt kann aber gegen die Entscheidung noch vorgehen. (ask) Artikel vom 29.01.2015, 03:30 Uhr (letzte Änderung 29.01.2015, 07:53 Uhr) Artikel: http://www.fnp.de/lokales/main-taunus-kreis/Rathaus-SchlammschlachtSchallende-Ohrfeige-fuer-Geiger;art676,1236910 © 2014 Frankfurter Neue Presse