VDE Trend-Check IKT 2020
Transcription
VDE Trend-Check IKT 2020
VDE TREND-CHECK IKT 2020 5G Mobilfunk – Internet der Dinge – I T- S i c h e r h e i t Impressum VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK INFORMATIONSTECHNIK e.V. Stresemannallee 15 60596 Frankfurt am Main Telefon 069 6308-0 E-Mail [email protected] Internet: www.vde.com Bildnachweise ©: VDE e.V., iStock/Chinaface Design: www.schaper-kommunikation.de März 2015 VDE Trend-Check IKT 2020 Inhalt Management Summary 4 Meinungstrend: Hohe Priorität für IT-Sicherheit 5 Innovationswettlauf: Digitale Souveränität durch Mikroelektronik und IT 9 Meilenstein: Normungs-Roadmap „IT-Sicherheit“ 11 Praxistest Smart Home: IT-Sicherheit auf dem Prüfstand 12 VDE-Thesen: IKT-Standort 2020 13 Literatur 14 © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. 3 VDE Trend-Check IKT 2020 Management Summary Sichere und zuverlässige Echtzeit-Kommunikation auf Basis von 5G ermöglicht zukunftsweisende Anwendungen von Smart Grid bis zu Industrie 4.0. Deutschland kann dabei eine Vorreiterrolle übernehmen – auch dank der guten Position in IT-Security. Allerdings werden Software und Internet stark von den USA bestimmt, Mikrochips kommen zunehmend aus Asien. Dies hat Auswirkungen auf die digitale und industrielle Souveränität: auf Basistechnologien, kritische Infrastrukturen und digitale Anwendungen der Zukunft. Zuverlässige und sichere Kommunikation erfordert Chips ohne „Backdoors“. Dies kann aus VDE-Sicht nur durch Chip-Design und Produktion in Europa sichergestellt werden. Die Mikroelektronik ist darüber hinaus die Basis cyber-physischer Systeme und damit ein „Key Enabler“ für digitale Anwendungen wie Industrie 4.0. Im Kern geht es darum, in Wissenschaft, Normung und Zertifizierung ein zukunftsweisendes Konzept zu entwickeln, um die Zukunft des Industriestandortes zu sichern. Über die Förderung von Mikroelektronik und IT-Sicherheit hinaus gilt es, den Ausbau des Breitband-Glasfasernetzes und des 5G-Mobilnetzes zu forcieren. Es müssen Milliardenbeträge in Funksysteme, Anbindungen, Netzsysteme und vor allem in Glasfasernetze investiert werden. Die Provider können diese Aufgabe nicht alleine stemmen. Ferner müssen die Regulierung und die Vergabeverfahren für Mobilfrequenzen investitionsfreundlicher gestaltet werden. Gegenwärtig stecken europäische Provider in einer Zwickmühle zwischen Auktionen und Regulierungen. In Asien hat man die strategische Rolle von 5G verstanden und investiert Milliardenbeträge in den Aufbau von 5G-Testnetzen. Dass IT-Sicherheit Chance und Herausforderung zugleich ist, bestätigen auch VDE-Umfragen. So erwarten nur 23 Prozent der VDE-Mitglieds unternehmen und Hochschulen vom Bereich IT-Sicherheit besonders große Standortpotenziale. 38 Prozent erkennen hier aktuell die größten Normungsaufgaben, 34 Prozent besondere Chancen der „Digitalen Gesellschaft“. 62 Prozent der Bundesbürger sehen IT-Sicherheit als Hindernis auf dem Weg zu Smart Cities. Dies verdeutlicht den Handlungsbedarf auch im Hinblick auf die Technikakzeptanz. Deutschlands KMU (kleine und mittlere Unter nehmen), oftmals „Hidden Champions“ der Elektro- und Informationstechnik, tun sich schwer, die lange Durststrecke von der innovativen Idee bis zur Marktreife zu überstehen. Sie brauchen deutlich mehr Unterstützung. Darüber hinaus sind ein schlüssiges Gesamtkonzept für IT-Sicherheit, mehr Forschung, die frühzeitige Einbindung von Sicherheitsfragen in die Entwicklung neuer Systeme und noch mehr technologiepolitische Unterstützung erforderlich. Im Bereich Datenschutz eröffnet „Privacy by Design“ einen viel versprechenden Ansatz, also zum Beispiel der eingebaute Datenschutz per Knopfdruck. Im Hinblick auf die Netzsicherheit stehen aktuell vor allem Lösungen für die Energiewirtschaft im Fokus. Denn ohne hochverfügbare und sichere IKT-Systeme (IKT= Informationsund Kommunikationstechnik) gibt es auch keine Energiewende. Die Lösungsansätze reichen hier von Kryptographie über „Security by Design“ und „Eingebettete Sicherheit“ bis zum Aufbau eines separaten Smart-Grid-Informationsnetzes. 4 Zuverlässige und sichere Echtzeit-Kommunikation eröffnet für den Industriestandort Deutschland beachtliche Potenziale. Um sie zu heben und zukünftige Entwicklungstrends von Smart Grid über das Internet der Dinge bis zu Industrie 4.0 mitzubestimmen, muss die IKT-Innovationskette an allen Gliedern gestärkt werden – von Basistechnologien wie Mikroelektronik über ein Gesamtkonzept zur IT-Sicherheit bis zu massiven Investitionen in die IKT-Infrastrukturen. © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. VDE Trend-Check IKT 2020 Meinungstrend: Hohe Priorität für IT-Sicherheit Dass IT-Sicherheit Innovationshürde und Standortchance zugleich ist, belegen VDE-Umfragen. 23 Prozent der VDE-Mitgliedsunternehmen und Hochschulen erwarten im Bereich IT-Sicherheit besonders große Potenziale für den Standort Deutschland. 38 Prozent verorten hier aktuell die größten Normungsaufgaben. Auf dem Weg zu Smart Cities sieht knapp jedes vierte Unternehmen besondere Herausforderungen im Bereich IT-Sicherheit. 34 Prozent glauben, dass in IT-Sicherheit besondere Vorteile und Chancen der „Digitale Gesellschaft“ liegen. Als prioritäre Maßnahmen werden die Entwicklung von Sicherheits-Software (66 Prozent) sowie Aufklärung und Ausbildung (64 Prozent) genannt, gefolgt von internationalen Abkommen/Zusammenarbeit (39 Prozent), Normung (32 Prozent) und der Etablierung von Open-Source-Lösungen (26 Prozent). Wie eine repräsentative VDE-Verbraucherumfrage außerdem belegt, sehen auch die Bundesbürger große Herausforderungen in der IT- bzw. Datensicherheit. Mit einem Wert von 62 Prozent Zustimmung ist sie ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zu Smart Cities - hinter Finanzierungsproblemen mit 68 Prozent Zustimmung. Zuverlässige und sichere IKT ist somit eine wichtige Voraussetzung für die Technikakzeptanz und Marktdurchdringung in der Digitalen Gesellschaft. © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. 5 21 17 31 Robotik Medizintechnik Industrie 4.0 Energieeffizienz 27 42 IT-Sicherheit 25 Smart Home + Building 50 67 Breitband-Infrastruktur 65 Smart Cities Smart Traffic/Verkehrssteuerung Intelligente Stromnetze Elektromobilität VDE Trend-Check IKT 2020 25 23 13 IT-Sicherheit Industrie 4.0 38 30 Robotik 14 Smart Cities 37 E-Health/Telemedizin 55 Smart Home + Building 62 Elektromobilität Smart Grid In welchen Anwendungsbereichen sind Ihrer Meinung nach besonders große Potentiale für den Standort Deutschland zu erwarten?* 4 In welchen Technikbereichen sehen Sie aktuell die wichtigsten Normungsaufgaben?* 6 © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. IT-Sicherheit 34 Robotik 41 Industrie 4.0 Smart Cities 45 41 E-Health/Telemedizin 51 mehr Komfort/Convenience/ Lebensqualität Wirtschaftswachstum bessere Energieeffizienz VDE Trend-Check IKT 2020 26 22 20 26 66 Aufklärung und Ausbildung Entwicklung von Sicherheits-Software Internationale Abkommen/ Zusammenarbeit Standisierung und Normung Etablierung von Open-Source-Lösungen Wo liegen die Chancen/Vorteile einer „Digitalen Gesellschaft“?* 64 39 32 Welche der folgenden Maßnahmen halten Sie im Hinblick auf die Verbesserung der IT-Sicherheit für prioritär?* *Umfrage unter Unternehmen und Hochschulen der Elektro- und Informationstechnik. Basis: 227 Befragte © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. 7 VDE Trend-Check IKT 2020 15 Trifft voll und ganz zu 182 313 Kann ich nicht beurteilen Trifft eher zu 56 307 Weder noch Trifft eher nicht zu Trifft überhaupt nicht zu Sehen Sie Risiken und Hindernisse auf dem Weg zu Smart Cities? 128 Weder noch Trifft eher zu 310 Kann ich nicht beurteilen 115 271 Trifft voll und ganz zu 23 Trifft eher nicht zu Trifft überhaupt nicht zu Im Bereich IT-Sicherheit/Datensicherheit* 141 141 Bezüglich der Komplexität der Technik* *Befragung von 1003 Verbraucher deutschlandweit durch das Marktforschungsinstitut smr GmbH, Frankfurt am Main, im September 2014 8 © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. VDE Trend-Check IKT 2020 Innovationswettlauf: Digitale Souveränität durch Mikroelektronik und IT Der Innovationsstandort Deutschland erzielt im internationalen Vergleich insgesamt gute Werte. Im Innovationsindikator 2014 von BDI und Telekom Stiftung liegt Deutschland mit einem Wert von 56 Zählern auf Platz 6 – wenn auch deutlich hinter den führenden Ländern Schweiz (76 Punkte) und Singapur (65 Punkte). Nach dem Monitoring-Report Digitale Wirtschaft 2014 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) behauptet die Digitale Wirtschaft Deutschlands im 15-Länder-Vergleich mit 47 Indexpunkten ihren guten fünften Rang hinter den USA (81 Punkte), Südkorea (54 Punkte) sowie Japan und Großbritannien (53 Punkte). Schwächen im internationalen Vergleich bestehen vor allem im Teilbereich Markt, beim Anteil der IKT-Exporte und bei dem Anteil der Telekommunikationsausgaben der Unternehmen am Bruttoinlandsprodukt, der als ein Indikator für die Stärke der TK-Branche gilt. Problematischer ist die Situation in der Mikroelektronik. Wie die ZVEI-Mikroelektronik-Trendanalyse bis 2018 zeigt, schrumpfen seit 2008 die Marktanteile Europas, beim Pro-Kopf-Verbrauch von Chips bildet Europa das Schlusslicht, neue Kapazitäten werden fast ausschließlich in Asien aufgebaut. Um Asien und Nordamerika etwas entgegenzusetzen, hat die EU die Initiative „Electronic Components and Systems für European Leadership“ (ECSEL) gestartet. Mit 10 Mrd. Euro und dem Anschieben von weiteren 100 Mrd. Euro soll Europas Chipindustrie bis 2020 einen Marktanteil von 20 Prozent erreichen. Um das zu schaffen, wären EU-weit jährliche Investitionen von 25 Mrd. USD nötig. Zwischen 2010 und 2013 waren es weltweit im Mittel 60 Mrd. USD und europaweit nur 2,6 Mrd. USD – letzteres reichte nicht einmal für eine halbe Fabrik. Bei Investitionen in die Mikroelektronik geht es um mehr als nur ein Branchensegment. Nur wenn die gesamte Innovationskette vom Chip-Design bis zur Fertigung vor Ort, vom Mikrochip über Embedded Systems bis zu cyber-physischen Systemen verfügbar ist, kann Europa seine Position in industriellen Schlüsselbranchen behaupten und Zukunftstrends wie Industrie 4.0 mitbestimmen. Mit Blick auf das Thema Sicherheit ist es auch nötig, sogenannte Chip-Backdoors auszuschließen und Lösungen für eingebettete End-to-End-Security zu finden. Dazu müssen die Kompetenzen im Systementwurf erhalten und neue Konzepte entwickelt werden. Kommunikation der Zukunft erfordert neue Konzepte Die Kommunikationssysteme sind Teil der kritischen Infrastruktur, an die höchste Erwartungen bei der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit gestellt werden und die gegen äußere Angriffe und Fehlverhalten zu schützen ist. Besonders bei Funksystemen ist eine Hochverfügbarkeit auf Verbindungsebene derzeit allerdings noch nicht möglich. Dazu ist es erforderlich, ein neues Diversitätskonzept für Frequenz, Ort und Infrastruktur effizient zu realisieren. Weiterhin stellt die zukünftige Maschine-zu-Maschine-Kommunikation neue Anforderungen an die Authentifizierung, weil sie für sicherheitsrelevante und echtzeitkritische Anwendungen eingesetzt wird. Dazu sind Paradigmenwechsel im Systementwurf für „eingebettete Ende-zu-Ende-Sicherheit“ zwischen Sender und Empfänger über alle Übertragungsstationen notwendig. Beispielsweise können hardware-spezifische Merkmale als Quelle zur Authentifizierung und stochastische Methoden für die sichere Schlüsselerzeugung genutzt werden. © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. 9 VDE Trend-Check IKT 2020 Das Taktile Internet (Echtzeit-Internet) benötigt massive Rechner- und Speicherleistung auf kleinstem Raum. Dazu müssen neuartige Chiptechnologien für ultrahohe Packungsdichten entwickelt werden. Zur Verringerung von Laufzeiten müssen Netzwerkchips und CPUs zusammengeführt und neuartige Betriebssystemarchitekturen und Netzprotokolle entwickelt werden. Ohne weitere Forschung und Entwicklung auf diesen Gebieten wird es unmöglich sein, ein großflächiges, wirtschaftlich relevantes Taktiles Internet zu realisieren. Eine Frage der Souveränität Das mobile Echtzeit-Internet wird ab 2020 unser Leben erheblich mitbestimmen. Die Frage ist aber, ob es Deutschland und Europa gelingt, die damit verbundenen Technologie- und Anwendungstrends maßgeblich mitzugestalten oder nur passiv zu nutzen. Wirtschaftlich geht es darum, die Zukunft der eigenen Industrie zu sichern und die Innovationskraft in wichtigen Industriezweigen wie der Medizintechnik, der Automatisierungs- und Produktionstechnik oder der Automobilindustrie zu stärken. Durch früh eingesetzte Forschung kann Deutschland Innovationstreiber beim Taktilen Internet sein und neue Wirtschaftszweige für sich und international erschließen. Gesellschaftlich und politisch geht es darum, die Kontrolle über sicherheitsrelevante Infrastruktur zu bewahren und die sich ergebende Richtungsweisung der Weiterentwicklung der Gesellschaft international mitzugestalten. Wichtige Zukunftsaufgaben liegen deshalb darin, die wissenschaftlich-technische Kompetenz in Deutschland zu erhalten und auszubauen, innovative Internet-Technologien und -Anwendungen im eigenen Land zu entwickeln, herzustellen und einzusetzen sowie weltweite Standards mitzugestalten. 10 © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. VDE Trend-Check IKT 2020 Meilenstein: Normungs-Roadmap „IT-Sicherheit“ Mit der zunehmenden Vernetzung der Infrastrukturen wachsen die Herausforderungen an die IT-Sicherheit. In Zeiten beschleunigter Technikkonvergenz werden dabei über das reine Erarbeiten von Normen hinaus die branchenübergreifende Koordinierung und die Auswahl der am besten für den jeweiligen Anwendungszweck geeigneten Normen immer wichtiger. Ziel der Normungs-Roadmap „IT-Sicherheit“ von VDE|DKE, DIN und der Koordinierungsstelle IT-Sicherheit (KITS) ist es, Bereiche aufzuzeigen, in denen Bedarfe nach Sicherheitslösungen auf Einsatzmöglichkeiten der Standardisierung treffen, sowie aktuelle branchen- und technikübergreifende Schwerpunktthemen näher zu beleuchten und Handlungsempfehlungen abzugeben. Im Fokus stehen dabei die Schwerpunktgebiete Datensicherheit und Datenschutz, Smart Grid, Industrie 4.0 und Medizintechnik sowie Informationssicherheit in den Bereichen Smart Home, AAL, Elektromobilität und Smart Cities. IT-Sicherheit früh einbinden Einerseits macht die Heterogenität der Normungslandschaften eine IT-sicherheitstechnische Bewertung schwierig. Andererseits wirkt eine unterschiedliche Systemarchitektur in den Bereichen sicherheitserhöhend. Diese gegenläufigen Wirkmechanismen genauer zu untersuchen, ist eine wichtige Zukunftsaufgabe der Koordinierungsstelle IT-Sicherheit. Ein weiteres zukünftiges Handlungsfeld ist die frühzeitige Einbindung der IT-Sicherheit in die Normung bei neuen Themengebieten, um Erfahrungen und Vorarbeiten zu nutzen und Kompatibilität zu gewährleisten. Ein wichtiges Ziel besteht daher darin, Vertreter aus den verschiedenen Bereichen frühzeitig zusammenzubringen, um Doppelarbeiten und Inkompatibilitäten zu vermeiden und Synergien effizient zu nutzen. Anwendungsfall Smart Grid Der Umbau des elektrischen Energieversorgungssystems zu einem System mit einem wachsenden Anteil volatiler erneuerbarer Energien aus lastferner, dezentraler Erzeugung bringt neue Herausforderungen an die IT-Sicherheit mit sich. Die sich verändernden Netztopologien und die zunehmende Einbindung von Internettechnologien in das Energiesystem führen zu völlig neuen Bedrohungsszenarien. Insbesondere „Advanced Persistent Threats“, die verschiedene Techniken zielgerichtet nutzen, um kritische Systeme zu manipulieren, stellen ein hohes Angriffsrisiko für den sicheren Betrieb des Smart Grid dar. Unter den vielfältigen Schutzmaßnahmen erhalten aus VDE-Sicht kryptographische Algorithmen zur Verschlüsselung eine herausragende Bedeutung. Ein zentrales Merkmal des Energieinformationsnetzes der Zukunft ist überdies „Security/Privacy-by-Design/Default“, also die Realisierung von Sicherheits- und Datenschutz-Aspekten bereits beim Entwurf der Systeme und datenschutzfreundliche Voreinstellungen als Default-Konfiguration. In der Normung gilt es, eine einheitliche Referenzarchitektur beispielsweise für intelligente Messsysteme voranzutreiben und die standardisierte Kommunikation im Energieinformationsnetz zur Sicherstellung der Interoperabilität weiterzuentwickeln. Darüber hinaus sind weiterhin erhebliche Anstrengungen in der Erforschung dezentraler verteilter Systeme und geeigneter Methoden für das Risikomanagement erforderlich. Zudem sollte der Dialog zwischen Politik, Verbrauchern und der Energiewirtschaft in Gang gebracht werden. Letztlich lautet das Ziel, ein konsolidiertes und harmonisiertes Gesamtkonzept für die Sicherheit im Smart Grid zu schaffen. Dabei spielt auch die Akzeptanz seitens der Verbraucher eine wichtige Rolle. © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. 11 VDE Trend-Check IKT 2020 Praxistest Smart Home: IT-Sicherheit auf dem Prüfstand Neben der Normung und Standardisierung kommt der Prüfung und Zertifizierung von Komponenten und Systemen eine große Bedeutung zu – nicht nur mit Blick auf die elektrische und funktionelle Sicherheit, sondern auch mit Blick auf die Zuverlässigkeit und IT-Sicherheit. Dies bietet Transparenz, steigert die Technikakzeptanz und gibt größtmögliche Sicherheit. Vor diesem Hintergrund nimmt sich auch das VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut in Offenbach des Themas an und prüft die Informationssicherheit und den Datenschutz im Bereich Smart Home. Bei den Prüfungen untersuchen die Experten des VDE-Instituts das sogenannte „Backend“, das die Hausautomation zentral verwaltet und geschützte Zugänge von außen ermöglicht. Darunter fallen das Rechenzentrum, die Netzwerksicherheit, die Sicherheit der Anwendungsplattform, das Life-CycleManagement sowie der Datenschutz. Dabei umfasst die Prüfung verschiedene Aspekte. Die Ingenieure testen beispielsweise, ob nur Befugte Zugriff auf die Daten haben und die Systeme nicht manipulierbar sind. Denn nur dann sind die Privatsphäre der Nutzer und die Vertraulichkeit der Informationen geschützt. Hierzu führt das VDE-Institut Angriffe auf das Backend durch externe Internetverbindungen aus. Vor Ort im Unternehmen begutachten die Experten die Sicherheitsmaßnahmen im Rechenzentrum und prüfen diese mit Schwachstellenscannern. Um die implementierten Sicherheitsmaßnahmen auf Vollständigkeit zu kontrollieren, werden zusätzlich alle Dokumente unter die Lupe genommen. Grundlage für die Prüfung sind die VDE-Prüfbestimmungen VDE-PB-0004:2014-01 und VDE-PB-0005:2014-01. Bei erfolgreicher Prüfung sind Unternehmen berechtigt, für ihr Smart HomeProdukt das markenrechtlich geschützte Zeichen „VDE Informationssicherheit geprüft“ zu nutzen. 12 © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. VDE Trend-Check IKT 2020 VDE-Thesen: IKT-Standort 2020 1. er Mikroelektronik-Standort Deutschland / Europa muss im Rahmen einer strategisch D angelegten EU-Innovationspolitik gestärkt werden. Nur wenn die gesamte Innovationskette vom Chip-Design bis zur Fertigung vor Ort, vom Mikrochip über Embedded Systems bis zu cyberphysischen Systemen verfügbar ist, kann Europa Zukunftstrends wie Industrie 4.0 mitbestimmen. Mit Blick auf das Thema Sicherheit ist es auch nötig, sogenannte Chip-Backdoors auszuschließen und Lösungen für eingebettete End-to-End-Security zu finden. Dabei geht es um die digitale und industrielle Souveränität. 2. Der Ausbau des Breitband-Glasfasernetzes und des 5G-Mobilnetzes muss forciert werden. Es müssen Milliardenbeträge in Funksysteme, Anbindungen, Netzsysteme und vor allem in Glas fasernetze investiert werden. Die Provider allein können diese Aufgabe nicht stemmen. 3. Die Regulierung und die Vergabeverfahren für Mobilfrequenzen müssen investitionsfreund licher gestaltet werden. Gegenwärtig stecken europäische Provider in einer Zwickmühle zwischen Auktionen und Regulierungen. In Asien hat man die strategische Rolle von 5G verstanden und investiert Milliardenbeträge in den Aufbau von 5G-Testnetzen. 4. ie Innovationsförderung muss an allen Gliedern der Innovationskette noch weiter hoch D gefahren werden. Deutschlands KMU (kleine und mittlere Unternehmen), oftmals „Hidden Champions“ der Elektrotechnik, tun sich schwer, die lange Durststrecke von der innovativen Idee bis zur Marktreife zu überstehen. Sie brauchen deutlich mehr Unterstützung. 5. IT-Sicherheit Made in Germany ist ein Schlüsselfaktor für Industrie 4.0 und künftige Export erfolge. Dazu brauchen wir ein schlüssiges Gesamtkonzept für IT-Sicherheit, mehr Forschung, die frühzeitige Einbindung von Sicherheitsfragen in die Entwicklung neuer Systeme und noch mehr technologiepolitische Unterstützung. © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. 13 VDE Trend-Check IKT 2020 Literatur Innovationsindikator 2014. Hg. v. Deutsche Telekom Stiftung u. Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Oktober 2014 Mikroelektronik-Trendanalyse bis 2018. Hg. v. Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie e.V. (ZVEI), April 2014 Monitoring-Report Digitale Wirtschaft, Hg. v. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Dezember 2014 VDE|DKE/DIN Normungs-Roadmap IT-Sicherheit. Version 2.0 VDE-Positionspapier „Smart Grid Security“. Energieinformationsnetze und -systeme VDE-Positionspapier „Taktiles Internet“. Das IT-Netz der Zukunft VDE-Studie „Smart Cities“ 2030. Intelligente Lösungen für das Leben in der Zukunft VDE-Trendreport 2014 Elektro- und Informationstechnik 14 © VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK INFORMATIONSTECHNIK e.V. Stresemannallee 15 60596 Frankfurt am Main Telefon: 069 6308-0 E-Mail: [email protected] Internet: www.vde.com