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Home Automation: Die Trends Alfred Vollmer Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Markanter als dieses Sprichwort kann man die langsame, ja schon fast zähe Entwicklung der letzten Jahre im Bereich Home Automation nicht charakterisieren. Dennoch hat sich schon wirklich einiges bewegt: Die Standards scheinen jetzt endgültig festgelegt zu sein und auf der Hardware-Seite gibt es bei den Powerline-Modem-ICs mittlerweile auch mehrere Anbieter. Kein Wunder, dass jetzt nach einer genauen Überprüfung/Anpassung des „Erbguts“ auch immer mehr Endgeräte-Hersteller das „Eichhörnchen“ Home Automation anfüttern, so dass es wächst, gedeiht und sich wohl bald kräftig vermehrt. A uf der Messe HomeTech 2002, die vom 27.2. bis 3.3.2002 in Berlin stattfand, kristallisierte sich vor allem ein großer Trend im Bereich der Home Automation, also bei der Automatisierung im Eigenheim bzw. in Privatwohnungen (im Gegensatz zur Gebäude-Automatisierung von größeren, gewerblichen Gebäuden), ab und dieser Trend heißt ganz klar No New Wires (keine zusätzlichen Kabel) in Kombination mit Plug&Play-Funktionalität. Somit bleibt neben den Funksystemen z. B. auf Bluetooth-Basis nur die Powerline-Kommunikation über die Netzleitung als Verfahren zur Datenübertragung. Plug&Play heißt in diesem Rahmen übrigens, dass die gesamte Konfigurierung automatisch abläuft und zur Inbetriebnahme keinerlei Zusatzgeräte (wie z. B. ein Laptop) nötig sind. Unter Federführung der CECED (European Committe of Manufacturers of Domestic Equipment) haben sich die europäischen Hersteller von Haushaltgeräten zusammen gefunden, um Standards Grafik: Siemens electrogeräte für Home Automation zu definieren und zu testen. Zu dieser Arbeitsgruppe des CECED gehören Vertreter von Bosch-Siemens Hausgeräte, Candy, Electrolux, Fagor, Liebherr, Merloni Electrodomestici, Miele und Whirlpool, die zusammen gut 75% des Marktes in Westeuropa repräsentieren. Dabei haben sich die Unternehmen darauf geeinigt, dass die Interoperabilität gewahrt sein muss, so dass zunächst einmal Spezifikationen und Interoperabilitäts-Profile für Weiße Ware erstellt werden müssen, um zu gewährleisten, dass die Geräte der einzelnen Hersteller sinnvoll miteinander kommunizieren. Vier Punkte haben sich die Unternehmen dabei auf die Fahnen geschrieben: elektronik industrie 05-2002 offener, lizenzgebührenfreier, professionell unterstützter und gepflegter Standard, so dass auch Geräte jenseits der Weißen Ware von der Heizung über Licht und Sicherheit bis hin zum Garagentor-Öffner eingebunden werden können. Niedrige Kosten, die den Marktpreisen der Geräte angepasst sind. Automatische Konfiguration innerhalb eines Systems, um die Kosten einer professionellen Installation zu vermeiden. No new wires, denn jeglicherlei zusätzliche Verkabelung bedeutet immense Zusatzkosten. Erste Serienprodukte Modem-IC für Powerline Bereits seit einigen Jahren bietet STMicroelectronics das Powerline-Modem-IC ST7537 an und jetzt ist der Nachfolge-Chip ST7538 in Mustern erhältlich. Bei dem FSK-Transceiver ST7538 handelt es sich um ein speziell für Powerline-Anwendungen gemäß der CENELEC-Spezifikation EN 50065 ausgelegtes Halbduplex-Modem, das an einer einzigen Versorgungsspannung zwischen 7,5 und 12,5 V arbeitet und einen Leitungstreiber mit programmierbarer Spannungs- und Stromsteuerung sowie einen 5-V-Linearregler (Maximalbelastung: 100 mA) ent- Ein hält. Die Stromaufnahme beträgt unter 3 mA; das Vorgängermodell benötigte noch 35 mA. Darüber hinaus sind Funktionen wie Watchdog, Takt-Ausgang, PräambelErkennung, Time-Out und Band-inUse bereits implementiert. Das ST 7538 arbeitet mit programmierbaren Nutzdatenraten von maximal 2400 bit/s, wobei acht verschiedene Übertragungsfrequenzen programmierbar sind. 310 STMICROELECTR. Während Miele auf der Domotechnica 2001 noch im Rahmen einer Konzeptstudie seine Fachhändler nach deren Meinung zum Thema Miele@Home befragte (siehe elektronik industrie 5/2001, Seite 28), zeigte Siemens electrogeräte auf der HomeTech 2002 unter dem Namen smart@Home praktikable Lösungen, um Hausgeräte via Internet zu vernetzen. PDA und Handy werden bei smart@Home gleich mit ein bezogen. Bereits vor Ende diesen Jahres sollen die ersten Geräte lieferbar sein. Siemens electrogeräte (und damit sicherlich auch bald Bosch) setzt dabei bewusst auf „Plug&Use-Lösungen“, die der Anwender selbst vernetzen kann und die per Telefon bzw. Internet immer 53 SPEZIAL H O M E A U TO M AT I O N SPEZIAL H O M E A U TO M AT I O N Powerline-Modem-IC Als komplette Systemlösung für Steueranwendungen hat der israelische Halbeiter-Hersteller Itran das Powerline-Modem IT800SCP in Kooperation mit Microsoft komplett neu entwickelt, wobei der SCP-Stack (SCP: Simple Control Protocol) von Microsoft gleich fest in der Hardware verankert wurde. Mit Hilfe eines im ITP800-Core implementierten, patentierten DCSK-Modulationsverfahrens (DCSK: Differential Code Shift Keying) lässt sich eine robuste Datenkommunikation bei Übertragungsraten von maximal 7,5 kbit/s realisieren. Dabei unterstützt das IC mehrere Datenraten bzw. Modi vom Standard-Modus (SM) mit 7,5 kbit/s erreichbar sind. Auch für die im Servicebereich so nützliche Ferndiagnose hat das Unternehmen eine marketingtechnisch-positive Beschreibung gefunden (wer will schon zugeben, dass ein Gerät einmal defekt sein könnte?): „Ist das Hausgerät via smart@Home vernetzt, kann beispielsweise eine Ferndiagnose bei veränderten Gerätewerten selbstverständlich sein (z. B. ein Temperaturanstieg in der Gefriertruhe), genauso wie die damit automatisch verbundene Benachrichtigung des Kundendienstes.“ Die in letzter Zeit oft propagierte Kombination aus intelligentem Kühlschrank und Online-Shopping soll so ebenfalls möglich werden, denn „nach intelligenter Überprüfung des Kühlschrank-Inhalts wird automatisch ein Mindestbestand ermittelt und bei Bedarf selbständig bei einem Einkaufsdienst nachbestellt“. Die Kosten Die große Frage lautet schlicht und einfach: Wieviel ist dem Anwender die Vernetzungsmöglichkeit wert bzw. wie viel ist er/sie bereit zu zahlen? Siemens electrogeräte hat jetzt als erstes Unternehmen Flagge gezeigt und eine konkrete Preisdimension genannt. Die Vermittlung der Grundintelligenz ist dabei geräteseitig als Einschublösung vorgesehen. Sollen dann jeweils die einzelnen Geräte vernetzt werden, ist ein zusätzliches Zubehör von Nöten, welches in einen bereits vorhandenen Schaft eingefügt wird. Je nach Ausbaustufe sind bei Siemens electrogeräte für die Vernetzung von vier Hausgeräten inklusive Anschluss an einen Server ca. 1000 € bzw. mit dem funkgesteuerten 54 über den Robust-Modus (RM) mit 5 kbit/s bis zum extrem robusten Modus (ERM) mit 1,25 kbit/s. Das IC ist in der Lage, auch in den europäischen CENELEC-Bändern zu arbeiten – und zwar im Robust-Modus bei 2,5 kbit/s oder im extrem robusten Modus bei 0,625 kbit/s. Es entspricht diversen Bedienelement (Siemens SimPad) 2000 € geplant. Dieser Preis dürfte jedoch bald sinken, denn bereits für 2003 prognostiziert Ulrich Fiedler „einen Zielpreis für einen kompletten Modem-Knoten inklusive Stromversorgung von zehn Dollar bei höheren Stückzahlen“. Dabei betont das Siemens electrogeräte bewusst die Offenheit des Systems für die Vernetzung, so dass sich Geräte alle Hersteller, die nach dem Konnex-Standard (EHS/KNX; Kommunikation per Powerline) arbeiten, miteinander vernetzen lassen. Die Nutzdatenrate beträgt somit 2400 bit/s. Nähere technische Details zu diesem Thema finden Sie in elektronik industrie 6/2000 ab S. 62 unter der Überschrift „EHS: Technische Aspekte der Home Automation“ (auch über das Internet-Archiv abrufbar). 2400 bit/s ist zwar für die meisten Computer-Anwendungen völlig unbrauchbar, aber für Automatisierungs-Zwecke vollauf ausreichend. „Unsere Kunden fragen nicht nach höheren Datenraten als 2400 bit/s und die Unternehmen aus den Bereichen Elektro-Installation, Haushaltsgeräte etc. haben primär Interesse an Powerline“, erläutert Ulrich Fiedler, Marketing Manager Home Utility im Industrial Technical Marketing Europe bei STMicroelectronics. „Mittlerweile muss man als Hersteller von Haushaltsgeräten allein schon aus Image-Gründen eine Vernetzungsmöglichkeit anbieten.“ weltweiten Standards wie beispielsweise FCC part 15, CENELEC (Band A und B) sowie Fernost-Standards und arbeitet nahe an der Toleranzgrenze des additiven weissen Gauss'schen Rauschens. Der zum Patent angemeldete Forward Short Block Soft Decoding Error Correction Algorithm (Korrektur-Algorithmus für Software-Decodierfehler bei in Vorwärts-Richtung übertragenen kurzen Blöcken) sowie spezielle Synchronisations-Algorithmen sollen eine robustere Kommunikation ermöglichen. 309 ITRAN so dass theoretisch größere Bandbreiten möglich sind. In der Praxis ist dort jedoch der X.10-Standard sehr verbreitet, der entweder per HF oder aber meist mit 60 bit/s per Powerline arbeitet. Viele Millionen dieser sehr einfachen und qualitativ meist nicht besonders überzeugenden Produkte sind schon in den Warenhäusern verkauft worden. Da X.10 im Nulldurchgang der Sinuswelle überträgt, wäre die Übertragungsrate eines derartigen Systems in Europa sogar auf 50 bit/s beschränkt, da unsere Netzfrequenz nur 50 Hz beträgt. Andererseits zielen die meisten Vernetzungs-Bestrebungen jenseits des Atlantiks primär auf die sehr schnelle Kommunikation ab, wie z. B. zwischen dem PC und dem Drucker. „Die Amerikaner arbeiten weniger an der Steuerung von Haushaltsgeräten“, bestätigt Ulrich Fiedler. „Einer der Hauptgründe dafür ist die Tatsache, dass die meisten Haushaltsgeräte in den USA noch nicht elektronisch, sondern zu 100% mechanisch gesteuert werden.“ Wer jemals eine amerikanische Waschmaschine gesehen hat, wie sie auch heute noch in jedem Warenhaus massenhaft verkauft wird, kann letzteres nur bestätigen. Europa hat somit beste Chancen und die gilt es jetzt zu nutzen. Was tut sich in den USA? In Europa ist das CENELEC-Band mit seiner Bandbreite von 145 kHz relativ begrenzt, aber in den USA stehen zur Powerline-Kommunikation immerhin etwa 600 kHz Bandbreite zur Verfügung, 320 KONNEX 321 SIEMENS ELECTROGERÄTE elektronik industrie 05-2002