Praktikum an der Deutschen Botschaft Tokyo 08.03.2010 – 08.05

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Praktikum an der Deutschen Botschaft Tokyo 08.03.2010 – 08.05
Praktikum an der Deutschen Botschaft Tokyo 08.03.2010 – 08.05.2010
Von meinem zweimonatigen Praktikum an der Deutschen Botschaft in Tokyo habe ich viele
neue Erfahrungen und Anregungen mitgenommen. Alles in allem hat es sich auf jeden Fall sehr
gelohnt, dieses Praktikum gemacht zu haben, da ich Neues lernen konnte und einen Schritt
weiter gekommen bin bei der Suche nach einem zu mir passenden Beruf.
Die Entscheidung, mich um ein Praktikum beim Auswärtigen Amt zu bewerben, hatte ich schon
vor einigen Jahren gefasst. Seit einem Schulaustausch nach Japan hatte ich Interesse an der
Arbeit in einer Botschaft. Auch der beeindruckende Vortrag eines Diplomaten des Auswärtigen
Dienstes an der LMU hat diesen Wunsch noch einmal bestärkt.
Zusammenfassend war Diplomat über einen längeren Zeitraum ein Traumberuf für mich,
entsprechend hoch waren meine Erwartungen. Da mir jedoch auch bewusst war, dass ich nur
durch das tatsächliche Erfahren beurteilen könnte, ob dies auch wirklich ein Beruf ist, der zu mir
passt, war es mir sehr wichtig, ein Praktikum zu machen.
Ich erhoffte mir, dadurch einen Einblick in die Arbeit des Auswärtigen Amtes zu gewinnen,
Neues zu lernen, mein Wissen über Japan und (da ich in der Wirtschaftsabteilung eingesetzt
wurde) über die aktuelle Wirtschaftslage Japans zu verbessern und letztlich herauszufinden, ob
die Arbeit im Auswärtigen Amt für mich die richtige ist.
Die Organisation musste sehr schnell gehen, da die Zusage sehr kurzfristig, einen Monat vor
Praktikumsbeginn, kam. Trotzdem klappte alles ohne Komplikationen und auch während des
Praktikums hatte ich keinerlei Probleme. Die Hilfe meiner Betreuerin an der Botschaft (Frau
Corinna Markgraf) und die finanzielle Hilfe von Student und Arbeitsmarkt sind hier sehr positiv
hervorzuheben.
Meine Unterkunft in Japan musste ich selbständig organisieren und ich entschied mich für das
Guesthouse „borderless house“, das mir eine Bekannte empfohlen hatte. Wegen der enormen
Wohnungspreise in Tokyo muss man gut abwägen, ob man im Zentrum oder außerhalb wohnt.
Ich wohnte dann im Zentrum, teilte mir aber für die 2 Monate ein Zimmer mit einer Japanerin.
Diese Unterkunft war in jedem Fall die beste Entscheidung, da die 15 Bewohner des Hauses alle
sehr nett waren und ich jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren konnte (das mir mein
Mitarbeiter geliehen hatte).
Im Folgenden möchte ich gerne im Detail meine Arbeit an der Botschaft erläutern.
Als Praktikantin der Wirtschaftsabteilung wurde ich in verschiedene Aufgaben eingebunden,
wobei der Schwerpunkt auf wirtschaftsbezogenen Arbeiten lag.
Die Organisation einer deutschen Auslandsvertretung habe ich dabei gut kennengelernt. Es gibt
hierarchische Strukturen, wobei der Botschafter natürlich den obersten Posten belegt. Anfragen
des Botschafters werden unverzüglich bearbeitet, er leitet die wöchentlich stattfindenden
„Großen Runden“, an denen alle Gesandten teilnehmen und die Ereignisse und angefallenen
Arbeiten der letzten Zeit besprochen werden. Außer dieser „Großen Runden“ gab es noch
vielzählige weitere Runden der einzelnen Abteilungen (Politik, Wirtschaft, Kultur, Recht und
Konsularisches), die der Förderung der Absprache und Kommunikation untereinander dienten.
An den Großen Runden und Wirtschaftsrunden habe ich regelmäßig teilgenommen.
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Im ersten Monat wurde mir die Aufgabe angetragen, bei der Aktualisierung und Bearbeitung der
allgemeinen Information zur Wirtschaft Japans des Online-Auftrittes der Botschaft Tokyo
mitzuwirken. Mir wurde die Freiheit gelassen, den Bericht selbst umzuschreiben, wobei ich bei
Fragen zu einzelnen Teilen die jeweils zuständigen Personen der Wirtschaftsabteilung
ansprechen konnte. Nach der Fertigstellung wurden dann die einzelnen Teile von den jeweils
zuständigen Mitarbeitern überprüft und das Endprodukt vom Leiter der Wirtschaftsabteilung
noch einmal abschließend geprüft. Nach dem Artikel für die Homepage verfasste ich den
wirtschaftlichen Teil des politischen Halbjahresberichtes, eine nochmal anspruchsvollere
Aufgabe. Besonders bei diesem Bericht gewann ich einen guten Überblick über die von der
neuen DPJ Regierung ergriffenen politischen Maßnahmen. Diese Einsichten waren besonders
interessant vor dem Hintergrund, dass die Partei erst das zweite Mal in der japanischen
Geschichte die Regierung stellte und gerade das erste halbe Jahr ihrer Regierungszeit hinter sich
hatte. Zu diesem Zeitpunkt konnte man folglich bereits eine Bewertung der Umsetzung ihrer
Wahlversprechen sowie der Wirksamkeit der von ihnen realisierten Maßnahmen vornehmen. Im
Anschluss schrieb ich dann einen Bericht zu einem Vortrag der OECD über
Wachstumsstrategien in Japan.
Bei dem Schreiben all dieser Berichte habe ich wichtige Fertigkeiten in der Recherche zu
Wirtschaftsthemen mit Japanbezug erworben. Mir sind die Ministerien und Institute, die die
verschiedenen Statistiken zur japanischen Wirtschaft herausbringen, nun gut bekannt. Da meine
Vorgesetzte früher als Journalistin der FAZ gearbeitet hatte und sich viel Zeit nahm, um mir die
Korrekturen an meinen Berichten eingehend zu erklären, bekam ich viele Anregungen zur
Verbesserung meines Schreibstils. Auch habe ich für das Schreiben der Artikel verstärkt
japanische Zeitungen lesen müssen, wovon ich in jeder Hinsicht profitiert habe.
Zu einem besseren Verständnis der japanischen Wirtschaft und Politik hat außerdem die
Teilnahme an verschiedenen Vorträgen und Symposien in der OECD und der japanischen
„Cabinet Office“ beigetragen. Regelmäßig bekam die Botschaft Einladungen zu solchen
Vorträgen, die dazu dienen, bei aktuellen Themen und den in der Politik und Gesellschaft
geführten Diskursen auf dem neuesten Stand der Dinge zu bleiben.
Abgesehen von dem Verfassen von Berichten und der Teilnahme an Vorträgen konnte ich
verschiedene Termine in und außerhalb der Botschaft wahrnehmen. Als Vertreterin der
Deutschen Botschaft ging ich zum Tokyo Metropolitan Peace Day, bei dem der Bürgermeister
Tokyos eine Ansprache zur Förderung und Erhaltung des Weltfriedens gab. Auch bin ich einer
Einladung der iranischen Botschaft zum iranischen Neujahrsfest nachgekommen. Als der
Heidelberger Bürgermeister in Japan zu Besuch war, habe ich dem Empfang und seiner Rede
beigewohnt. Bei einem Empfang der japanischen Prinzessin Takamado in der Residenz des
Botschafters hatte ich die Aufgabe, Fotos für die Homepage zu machen. Interessant war dabei
die Anweisung, die Prinzessin nicht mit einem auch eingeladenen Politiker oder während des
Essens fotografieren zu dürfen.
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Die Teilnahme an Empfängen gab mir einen Einblick in einen weiteren Teil der Arbeit, die für
einen Diplomaten zum Alltag gehört. Meine Vorgesetzte ließ mich außerdem an zwei
Gesprächen mit Vertretern von deutschen Unternehmen teilnehmen, die mir weiterhin eine
interessante Perspektive auf Japans Wirtschaft gegeben haben. Besonders das Gespräch mit
einem Mitarbeiter des weltweit tätigen Unternehmens „Knorr Bremsen“ war für mich sehr
aufschlussreich im Hinblick auf die Besonderheiten des japanischen Marktes und die damit
einhergehenden Schwierigkeiten. Oft werden im Zusammenhang mit dem japanischen Markt
nichttarifäre Handelshemmnisse erwähnt, die ausländischen Unternehmen indirekt den
Markteintritt erschweren. Die Gespräche mit den Vertretern von „Knorr Bremsen“ und dem
Unternehmen „ Germanischer Lloyd“ schienen mir eher in die Richtung zu zeigen, dass ein
Markteintritt weniger an nicht-tarifären Hemmnissen als an der mangelnden Bereitschaft, sich
langfristig in Japan einzurichten und sich den Regeln des japanischen Marktes (ganz besonders
der Servicekultur) anzupassen, scheitert.
Bei einem Mittagessen mit den Zuständigen für Wirtschaft der englischen Botschaft, zu dem
mich meine Vorgesetzte mitnahm, lernte ich in Ansätzen die andere Kultur des englischen
Auswärtigen Amtes kennen, das sich, anders als das deutsche, bei Wirtschaftsangelegenheiten
viel stärker für eine vorteilhafte Stellung englischer Unternehmen einsetzt. Diese Aufgaben
werden im deutschen System von der Industrie- und Handelskammer, nicht aber von der
Botschaft ausgeführt.
Als eine deutsche Schultheatergruppe im Rahmen einer Japanreise auch in der Botschaft
aufführte, habe ich eine Führung durch den Garten der Residenz des Botschafters begleitet.
Mit diesen verschiedenen Aufgaben verbrachte ich den ersten Monat des Praktikums.
Im zweiten Monat nahm ich an weiteren Vorträgen der OECD und der ADBI (Asian
Development Bank Institute) teil. Wichtige Themen waren die regionale Zusammenarbeit in
Asien und die Frage nach einer asiatischen Gemeinschaft im Stil der Europäischen Union,
Wachstumsperspektiven Japans und die Chancen einer „Low carbon economy“. Auch gab es
einen Roundtable in der koreanischen Botschaft zum Thema der Zusammenarbeit zwischen der
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Republik Korea, Japan und China, zu dem Redner aus den verschiedenen Ländern einen Vortrag
hielten. Verwunderlich war hierbei jedoch die Unterbesetzung von Vertretern aus China.
Besonders gefreut hat mich außerdem die Möglichkeit, an einer Pressekonferenz des Präsidenten
des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, teilnehmen zu können. Nach dem politischen
Halbjahresbericht beschäftigte ich mich in diesem Monat mit der Ausarbeitung von Teilen des
japanischen Wirtschaftsjahresberichtes und nach dessen Fertigstellung mit der Recherche und
dem Verfassen des energiepolitischen Jahresberichtes.
Das Thema der Energiepolitik in Japan war für mich daher sehr interessant, da ich dazu kaum
Vorwissen mitbrachte und somit vieles Neues lernen konnte.
In der Residenz des Botschafters fanden in diesem Monat ein Empfang für japanische
Germanisten, ein Empfang für den deutsch japanischen Freundschaftsverein sowie ein Gartenfest
statt, an denen ich jeweils auch teilnahm. In der Botschaft wurde zudem eine Veranstaltung für
den Bettenhersteller Paradies, der schon seit langer Zeit in Japan tätig ist, veranstaltet, bei deren
Organisation ich mithalf.
Auch gab die deutsche Botschaft auf der Messe „Sea Japan“ einen Empfang für einige deutsche
Unternehmen, von denen jedoch eine große Zahl der Eingeladenen aufgrund der im Zuge des
Vulkanausbruchs in Island gestrichenen Flüge nicht erscheinen konnte.
Während meines zweiten Monats hatte ich die Gelegenheit, an einem japanischen
Redewettbewerb für Diplomaten in Tokyo teilzunehmen, bei dem auch japanische
Regionalpolitiker und der Fernsehsender NHK zugegen waren. Meine Rede handelte von
meinem täglichen Fahrradweg zur Arbeit und den kleinen, oft amüsanten Kulturunterschieden,
die sich bereits in diesen 20 Minuten offenbaren. Die Reden der anderen Teilnehmer waren
äußerst interessant und auch das durchschnittliche Sprachniveau war hoch. Umso mehr freut es
mich, trotzdem einen Preis gewonnen zu haben.
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Insgesamt sind die 2 Monate Praktikum sehr schnell vergangen und im Ganzen haben sich all
meine Erwartungen an das Praktikum erfüllt: Ich habe einen guten Einblick in die Arbeit des
Auswärtigen Amtes bekommen, viel Neues gelernt, mein Wissen über Japan und die japanische
Sprache verbessert und bin mir klarer darüber geworden, ob der Beruf des Diplomaten für mich
eine Option ist.
Das Praktikum war sehr interessant und die Arbeit hat mir meistens Spaß gemacht. Besonders
die Außentermine waren sehr aufregend. Natürlich gab es aber auch negative Aspekte. Der
besondere Umstand, dass die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes alle 3 Jahre in ein anderes
Land umziehen müssen und man sich im Ausland nicht nur bei der Arbeit, sondern auch in der
deutschen Kirche oder der deutschen Schule der Kinder jeden Tag sieht, hat sicher zur Folge,
dass eine sehr kleine und enge Gemeinschaft entsteht. Nachteilig ist dabei die unausweichliche
Vermischung von Beruf und Privatleben.
Mir wurde aber auch von Mitarbeitern gesagt, dass die Botschaft in Tokyo zwar durchaus
repräsentativ für einen Typ Auslandsvertretung ist, jede Botschaft aber, je nach Land, Größe und
Mitarbeiterzahl wieder ganz anders ist.
Mein Praktikum an der deutschen Botschaft in Tokyo hat einige Klischees des Berufsbildes
Diplomat für mich beseitigt, andere wiederum bestätigt. Ich habe jetzt ein sehr viel
realistischeres und differenzierteres Bild dieses Berufes. Hinsichtlich meiner beruflichen
Perspektiven haben ich des Weiteren viele neue Anregungen erhalten. Das Praktikum hat sich in
jeder Hinsicht für mich gelohnt, und ich würde diese Erfahrung jedem weiterempfehlen.
Der Abschnitt im Folgenden ist als Hinweis für zukünftige Praktikanten in Tokyo gedacht:
Unterkünfte in Tokyo sind teuer und es gibt für kürzere Aufenthalte kaum die Möglichkeit, eine
Wohnung regulär zu mieten. Daher sind sogenannte „Guesthouses“ die beste Option. Besonders
wenn man Japaner kennenlernen möchte, kann ich das „Borderless House“ (eine Kette, die in
verschiedenen Stadtteilen Häuser hat) sehr weiterempfehlen. Es war sauber und ich hatte viel
Kontakt zu den anderen Mitbewohnern. Weniger empfehlenswert ist jedoch das sehr bekannte
„Sakura House“.
Man stellt in Tokyo sehr schnell fest, dass ein Handy fast unverzichtbar wird. Leider gibt es nur
zwei Anbieter für Prepaid-Telefone (AU und Softbank). Softbank ist zwar in der Anschaffung
etwas teurer, dafür sind die laufenden Kosten aber sehr viel niedriger. Daher lohnt sich Softbank
fast in jedem Fall.
Nach der Arbeit war ich ein paar Mal auf „Young Diplomats Parties“, Veranstaltungen für junge
Diplomaten in Tokyo, auf denen man Kontakt zu jungen Mitarbeitern anderer Botschaften
knüpfen kann.
Eine weitere Empfehlung ist, abends auch außerhalb des Viertels „Roppongi“ auszugehen. Da
„Roppongi“ der Standardtreffpunkt für Ausländer ist, verpasst man viel, wenn man sich nur dort
aufhält. Kleinere Viertel wie „Nakameguro“ oder „Shimokitazawa“ bieten viel Interessantes.
Wenn man es sich aussuchen kann, sollte man auf jeden Fall, wie es sich bei mir ergab, zum
Zeitpunkt der Kirschblüte nach Japan fahren…
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