Abstraktionsgrad als Fachsprachenparameter? Die me

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Abstraktionsgrad als Fachsprachenparameter? Die me
Christopher M. Schmidt
Abstraktionsgrad als Fachsprachenparameter? Die methodologische Relevanz eines kognitionslinguistisch
fundierten Fachsprachen-Begriffs aus interkultureller
Perspektive
The article tries to show in which way the theory of Language for Special Purposes
(LSP) has to reconsider its own theoretical foundations in order to develop a still
missing methodology that moreover could be of interdisciplinary relevance. It is argued that the criterion of abstraction has played a central role in the foundation of
the concept of terminology in LSP, but that it has failed to promote further
development of LSP. Instead of using the criterion of a gradual scale of referential
abstraction for LSP terminology, the concept of abstraction has to be redefined in a
different way. It is argued that this can only be done against the background of a holistic linguistic theory that allows to integrate interculturally relevant aspects in LSP
communication, as intercultural communication is seen as being an area with substantial possibilities for an interdisciplinary use of LSP theory.
As an impulse for the further development of LSP the cognitive theory of metaphor
– inaugurated by Lakoff and Johnson in 1980 and developed further since then – is
presented with strong intercultural impact. It is argued that the question of abstraction is not only useful for further development of LSP but that it has to be redefined
in terms of conceptual abstractions as a means of categorizing every day experience,
even in LSP communication. This theory permits us to show how a methodology of
LSP can be developed by projecting the cognitive theory of metaphor on the theory
of LSP and combining it with an interculturally relevant perspective. Through this
interdisciplinary approach a pragmatically relevant development of LSP theory can
be promoted. It is argued that this is possible through the integration of intercultural
apects in the concept of cognitive condensation, marking a theoretical basis for LSP
according to this article.
In this interdisciplinary approach the theoretical concept of abstraction plays a central role, because it combines a cognitive linguistic foundation with intercultural
relevance and permits a constructivist development of the theory of LSP. It is
through this interdisciplinary concept of cognitive condensation that philology can
show why and how it can contribute to problem solving strategies in LSP commu-
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nication on an intercultural level. The different fields of corporate communication in
international business are seen as an area with a strong need for an interculturally
applicable theory of LSP. Not only can interdisciplinary philology of LSP show its
relevance especially for this domain of corporate communication on the basis of the
theory outlined in this article, it can also obtain vast and differentiated empirical
knowledge out of this area for its own theoretical development.
1. Bisherige Verwendung des Abstraktionsbegriffs in der Fachsprachen-Theorie
Betrachtet man die fachsprachentheoretische Diskussion während der letzten
30-40 Jahre, so fällt bei aller Theorien-Entwicklung ein Grundkonzept auf, das
sich im Laufe der Jahre immer weiter verfestigt hat. Es handelt sich um das
ursprünglich von Mackensen (1959) und Ischreyt (1965) eingeführte Prinzip
der vertikalen Gliederung der Fachsprachen, das dann von Hoffmann
(1985/ 1976) weitere Einteilungen erfuhr. Hoffmann basiert sein vertikales
Schichtenmodell auf der Grundannahme, dass Fachtexte prinzipiell fünf verschiedenen Fachlichkeitsgraden zugeordnet werden können. Dabei erhalten
die vier Kriterien Abstraktionsgrad, sprachliche Form, Milieu und Kommunikationsteilnehmer eine Stratifikationsfunktion, um zwischen fünf Fachsprachlichkeits- bzw. Fachlichkeits-Schichten unterscheiden zu können. Nach
diesem Modell unterscheiden sich die fünf Schichten bezüglich der Abstraktion durch einen schrittweise abnehmenden Abstraktionsgrad von der obersten
Schicht der Grundlagenwissenschaften bis zur untersten Schicht des Handels
und der Konsumtion mit dem geringsten Grad an Fachsprachlichkeit und Abstraktion (vgl. Hoffmann 1985, 64-71).
Auffällig bei den obigen vier Kriterien zur Unterscheidung zwischen den
einzelnen Fachsprachlichkeits-Schichten ist die Zweiteilung zwischen einerseits Abstraktionsgrad und Sprachform als textintern verstandene Größen
und andererseits den textexternen pragmatisch-kommunikativen Kriterien des
Milieus und der Kommunikationsteilnehmer. Die Frage des zu- bzw. abnehmenden Abstraktionsgrades bei zu- bzw. abnehmendem Fachlichkeitsgrad
kommt in der empirischen Umsetzung des Stratifikationsmodells bei
Hoffmann als ein in erster Linie textintern relevantes Kriterium zur Anwendung. Diese Einschätzung lässt sich vornehmen, weil die Abstraktionsfrage im Sinne Hoffmanns (1985/ 1976) ausgehend von systemlinguistischen
Vertextungskategorien nachzuweisen versucht wird. Das zeigt sich in den empirischen Darstellungen bei Hoffmann, die eine textintern ausgerichtete ‚bottom up’ verlaufende Gliederungsstruktur von der Beschreibungsebene Mor-
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phem über die Beschreibungsebenen Lexikon, Syntax bis hin zur Textebene
aufweisen. Diese textinterne Ausgangsbasis zur Behandlung der Fachsprachlichkeitsfrage ist nicht nur bei Hoffmann zu finden, sondern stellt auch
anderenorts ein Phänomen fachsprachlich-empirischer Untersuchungen dar.
Inzwischen ist in der Fachsprachen-Theorie jedoch auch immer häufiger die
Forderung vorgetragen worden, vom Ansatz her eine kommunikativ-pragmatische Vorgehensweise – sozusagen als ,top down’-Verfahren – zur Grundlage
wissenschaftlicher Untersuchungen zu machen (vgl. Kalverkämper 1983, 1990
sowie auch mehrere Beiträge in Hoffmann/ Kalverkämper/ Wiegand 1998).
Hoffmann selbst tut dies ansatzweise bei seiner Definition von Fachsprache,
die – als Definition – im Zeichen eines kommunikativen Fachsprachenbegriffs
steht und über Jahre hinweg zur führenden Fachsprachen-Definition geworden
ist, weshalb sie an dieser Stelle zitiert wird:
„Fachsprache – das ist die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in
einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen
Menschen zu gewährleisten.“ (Hoffmann 1985, 53)
Obwohl obige Definition deutlich die pragmatisch-kommunikative Dimension
hervorhebt, bleibt hier noch offen, ob es im systemlinguistischen Sinne gewisse abgrenzbare sprachliche Mittel sind, die auf eine gewisse – und damit
vorherbestimmbare – fachliche Kommunikationssituation verweisen, oder ob
es prinzipiell unterschiedliche Kommunikationssituationen sind, die funktional
aufgrund ihrer fachsprachlich-pragmatischen Ausprägung in formal nicht
zwingender Form fachsprachliche Konstruktionsmuster im Sinne einer
offenen Reihe nach sich ziehen. Sowohl in obiger Definition als auch in den
anfangs genannten vier Kriterien zur Schichteneinteilung lässt sich noch eine
Spaltung zwischen sprachformalen und kommunikativ-funktionalen Aspekten
nachvollziehen. Dies weist m.E. auf eine sprachtheoretisch fundierte Dichotomie hin. Diese Dichotomie lässt sich an Beispielen der FachsprachenTheorie als einem Teilbereich der Sprachwissenschaft aufzeigen. Ihr Ursprung
ist jedoch m.E. weit außerhalb der eigentlichen Fachsprachen-Theorie angelegt, nämlich in der linguistischen Tradition Saussures.
Diese zeichnet sich aus durch die von Saussure vorgenommene prinzipielle
Trennung zwischen dem Sprachsystem als solchem mit seiner zum Ausdruck
kommenden scheinbar autonomen Form einerseits und der Funktion sprachlicher Zeichen als Bestandteile eines sprachlichen Handelns andererseits.
Diese Dichotomie zwischen Sprachsystem und sprachlichem Handeln zeigt
sich dann auch in der Folgezeit nach Saussure erkenntnistheoretisch in der
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durch Morris geprägten methodologischen Abtrennbarkeit von Syntax,
Semantik und Pragmatik voneinander. Nicht nur ist die induktive normierende
Sprachbeschreibung als Methode durch diese Abtrennbarkeit angeregt
worden, sondern außerdem ist ein noch in der Semiotik von Peirce nachvollziehbares holistisches Sprachverständnis (vor allem aufgrund der Funktion des
Grunds/ Ground für den Prozess der Semiose bei Peirce) in der Nachfolge seit
Morris in vorgeblich trennbare Sprachbeschreibungskategorien aufgespalten
worden.
Hierdurch ist m.E. auch in der Fachsprachen-Theorie das Primat der
Trennbarkeit des systemlinguistischen vom handlungsorientierten Forschungsansatz wissenschaftsgeschichtlich initiiert worden. Dies hat auch Auswirkungen auf die Möglichkeit einer methodologischen Weiterentwicklung der Fachsprachen-Theorie gehabt. Kalverkämper (1998c, 53ff und 1996, 149ff) weist
darauf hin, dass eine eigene Methoden-Entwicklung in der Fachsprachen-Forschung noch aussteht.
Da es sich bei der Fachsprachen-Theorie gleichzeitig um einen Aspekt (den
fachlichen) der Sprachtheorie handelt, kann als eine grundsätzliche Voraussetzung für eine Methoden-Entwicklung in der Fachsprachentheorie m.E. die
interdisziplinäre Behandlung u.a. sprachtheoretischer Grundfragen betrachtet
werden. Sowohl für empirische Untersuchungen zu fachsprachlichen Texten
als auch für die Entwicklung einer eigenen Methodologie innerhalb der Fachsprachen-Theorie ist jedoch die Trennung zwischen sog. textinternen und textexternen Untersuchungskriterien eher hinderlich gewesen.
Die Auswirkungen dieser Trennung sowie die Problemstellungen, welche sich
hieraus für die Fachsprachen-Theorie ergeben, zeigen sich besonders im Terminus-Verständnis, das vielerorts noch in der Fachsprachentheorie verwendet
wird. In den Auffassungen, welche Rolle die Frage nach dem Terminus für die
Bestimmung von Fachsprachen hat, zeigen sich zwei Idealvorstellungen, die
zusammen mit den vertikalen Schichtenmodellen die theoretische Fundierung
des Objektbereichs Fachsprache beeinflusst haben. Es ist das Ideal der referentiellen Exaktheit des fachsprachlichen Terminus – als Unterscheidungskriterium zur angenommenen Inexaktheit des nichtfachsprachlichen Begriffs –
in Kombination mit der Auffassung des ab- bzw. zunehmenden Abstraktionsgrades bei ab- bzw. zunehmendem Fachlichkeitsgrad. Die Koppelung des
Exaktheitsgrades mit der Frage des Abstraktionsgrades dient schon bei
Ischreyt als modellbildende Grundlage. Ischreyt unterscheidet zwischen der
wissenschaftlichen Fachsprache mit höchstem Grad an Abstraktion, Objektivität und Exaktheit, sowie der Werkstattsprache mit geringerem und der
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Verkäufersprache mit geringstem Grad an Exaktheit und Abstraktion (vgl.
Ischreyt 1965, 43-49).
Drozd/ Seibicke (1973) machen ihr Fachsprachenkonzept gerade an der Koppelung von Abstraktion mit Exaktheit fest. Für sie ergibt sich das „Eineindeutigkeitsprinzip“ in der Referierbarkeit von Fachtermini auf die außersprachliche Wirklichkeit erst im Zuge einer begrifflichen Abstrahierung, die
zu einer höheren fachlichen „Erkenntnisstufe“ als in der Nichtfachsprache
führe und sich gerade in den fachsprachlichen Termini zeige (Drozd/ Seibicke
1973, 83). Während Drozd/ Seibicke auf diese Weise noch zwischen fachsprachlichen und nichtfachsprachlichen Termini eines Textes unterscheiden,
erhebt Hoffmann den Anspruch, die gegenseitige Bedingung zwischen Abstraktionsgrad und Exaktheitsgrad auf die Fachsprache als „Gesamtheit aller
sprachlichen Mittel“ ausdehnen zu können (Hoffmann 1985, 53). In diesem
Terminus-Verständnis zeigt sich die Exaktheitsfrage als eine kontextunabhängige Größe, die je nach zu- bzw. abnehmendem Abstraktionsgrad auf der
fünfstufigen Schichtenskala eine Autonomie-Funktion erhält. Hoffmann selbst
bezeichnet dies als „Selbstdeutigkeit“ der Termini (Hoffmann 1985, 163), die
in der obersten Schicht, der Sprache der Grundlagenwissenschaften, ihre
stärkste Ausprägung erlange und im Sinne des Schichtenmodells stufenweise
bis zur untersten Schicht abnehme.
Diese angenommene Kontext-Ungebundenheit erklärt sich aufgrund des Anspruchs einer funktionalen Bestimmungsexaktheit in Kombination mit dem
Abstraktionspostulat der Termini. Spätestens an dieser Stelle aber muss gefragt werden, warum immer noch u.a. in kognitiven Bearbeitungen der Fachsprachentheorie einerseits die kommunikative Einbettung des Fachspracheoder Fachlichkeitsbegriffs gefordert wird, jedoch gleichzeitig auf theoretischem Niveau von einer Kontext-Unabhängigkeit der Fachtermini ausgegangen wird. So konstatiert z.B. Jahr: „Ein charakteristisches Merkmal von
Fachausdrücken, spezieller noch Termini, ist gerade ihre Kontextautonomie“
(Jahr 1996, 64). Hieraus entsteht auch in Jahrs kognitions-psychologisch ausgerichtetem semantischen Netzwerk-Modell für das Verstehen fachsprachlicher Texte ein methodologisch folgenschwerer Widerspruch, wenn die Autorin an anderer Stelle die Begründung von semantisch-kognitiven Netzen in
der Kontextgebundenheit der Termini sucht: „In Fachtexten ist der einzelne
Begriff häufig ein Ausschnitt aus einer Theorie“ (Jahr 1996, 83).
Fachsprache, und damit auch Fachwort, unterliegen bei diesem FachsprachenVerständnis dem eingangs dargestellten Problem der Dichotomie. D.h. in diesem Fall, dass Fachsprache zwar als ein Objektbereich aufgefasst wird, der
alle sprachlichen Ausdrucksweisen einer gegebenen Kommunikationssituation
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umfassen soll, die sprachlichen Ausdrucksmittel als solche sind jedoch nicht
alle funktional gleichgeschaltet. Fachsprache wird nach diesem Konzept begrifflich zum Konglomerat von fachsprachlichen Termini und nicht-fachsprachlichen ,Füllwörtern’. Unklar ist hierbei, welchen fachsprachlichen Status dann solche ,Füllwörter’ erhalten. Diese Fragestellung als solche ist umso
problematischer, nachdem inzwischen die noch in den 70er Jahren vorherrschende Polarisierung zwischen Fachsprache und Gemeinsprache für eine
theoretische Auseinandersetzung mit dem Fachsprachenproblem als wenig
erkenntnisbringend aufgegeben worden ist (vgl. Picht 1995, 29f.).
Mit dem dichotomischen Terminologie-Konzept geht bei systemlinguistischer
Verankerung des Fachworts die Auffassung einher, dass aus der exaktesten,
abstraktesten ,obersten’ Schicht der Grundlagenwissenschaften im Laufe der
Zeit Termini in die ,unteren’, sozusagen inexakten und weniger abstrakten –
und damit auch stärker umgangssprachlich geprägten – Schichten abgewandert seien. Hierbei wird jedoch übersehen, dass in der wissenschaftlichen Begriffsbildung die Terminologisierung ihren Anfang oft in den Alltagserfahrungen der Menschen im Bereich der Umgangssprache nimmt. Budin (1996) hebt
anhand der evolutionären Erkenntnistheorie hervor, dass „wissenschaftliche
Erkenntnis immer auf Alltagserfahrung aufbaut“ (Budin, 1996, 24). Dabei gilt
nach Budin u.a. die Abstraktion als Mittel zur vorwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung. Deshalb kann – mit Bezug auf das vertikale Konzept –
sowohl von einer begrifflichen Abwanderung ,von unten nach oben’ als auch
,von oben nach unten’ gesprochen werden. Selbst die ,abstraktesten’ wissenschaftlichen Formeln sind letztlich immer durch ganzheitliche Textformulierungen entschlüsselbar.1 Dem so entstehenden Erklärungstext kann ebenso
fachsprachliche Funktion zugesprochen werden wie der zu erklärenden
Formel, einem Modell oder einem Fachterminus. Epistemologisch liegt der
Unterschied zwischen einem wissenschaftlichen und einem nichtwissenschaftlichen Fachsprachen-Gebrauch dann in der zunehmenden Informationsverdichtung wissenschaftlicher Termini bzw. Formeln oder Modelle. Mit zunehmender Informationsverdichtung geht auch eine zunehmende Komplexität
in der Kategorisierungsleistung wissenschaftlicher Termini einher, wie Budin
(1996, 42-53) zeigt. Dabei ist auch die wissenschaftliche Kategorisierung
1
An dieser Stelle ist H. Picht (1995) zuzustimmen, wenn er betont, dass eine sprachliche
Auflösung wissenschaftlicher Formeln oder grafischer Modelle prinzipiell möglich aber –
vor allem bei komplizierten Grafiken – wenig anwendungsrelevant sei (Picht 1995, 36f).
Diese Feststellung ist in fachsprachendidaktischer Hinsicht für den Fachsprachenunterricht relevant, was jedoch die Notwendigkeit einer grundsätzlichen fachsprachentheoretischen Auseinandersetzung mit diesem Problem nicht ausschließt.
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prinzipiell kontextabhängig, da Kategorisierung von Wissen immer nur
innerhalb eines gegebenen Systems möglich ist. Jedoch darf begriffliche
Kategorisierung nicht mit Abstraktion als Mittel der Umsetzung von Welterfahrung gleichgesetzt werden. Hier wird deutlich, dass die FachsprachenTheorie die Orientierung anhand von Exaktheit/ Unexaktheit mit ihrer Koppelung an die unterschiedlichen Abstraktionsgrade zugunsten eines neuen Abstraktionskonzepts, das die Erstellung eines handlungsorientierten Fachsprachen-Verständnisses ermöglicht, aufgeben muss. Dann kann m.E. die
Fachsprachentheorie eine Methodologie entwickeln, die auch außerhalb der
eigentlichen Fachsprachen-Diskussion Anwendungsrelevanz erhalten kann.
Ein entscheidender Anstoß für die Verlagerung der Untersuchungsperspektive
auf die pragmatisch-handlungsorientierten Bedingungen fachlicher Kommunikation wird später von Hoffmann (1993) selbst anhand der kognitiven Dimension fachlicher Kommunikation geliefert. Definitorisch wird jetzt nicht mehr
von Fachsprache, sondern von Fachkommunikation ausgegangen:
„Fachkommunikation ist die von außen oder von innen motivierte bzw.
stimulierte, auf fachliche Ereignisse oder Ereignisfolgen gerichtete
Exteriorisierung und Interiorisierung von Kenntnissystemen und kognitiven Prozessen, die zur Veränderung der Kenntnissysteme beim
einzelnen Fachmann und in ganzen Gemeinschaften von Fachleuten
führen.“ (Hoffmann 1993, zitiert nach Hoffmann/ Kalverkämper 1998,
358)
Die methodologischen Implikationen, die sich aus dieser programmatisch zu
verstehenden Definition ergeben, sind m.E. bei Weitem noch nicht erforscht
worden. Die Möglichkeit einer kognitiven Weiterentwicklung theoretischer
Fragestellungen (nicht nur bezüglich fachsprachlicher Texte) lässt sich m.E.
besonders gut anhand der Abstraktionsfrage sprachlicher Äußerungen darstellen. Wie anfangs gezeigt wurde, wird dem Aspekt der Abstraktion eine zentrale Funktion in Form eines Fachsprachen-Parameters auf der vertikalen
Gliederungsachse zur stufenweisen Unterscheidung zwischen stärker und
weniger stark fachsprachlich geprägten Texten bis hin zur Gemeinsprache
zugewiesen. Im weiteren Verlauf des vorliegenden Beitrages ist es u.a. das
Ziel zu zeigen, inwieweit die Frage nach der Funktion der Abstraktion als solche einen fruchtbaren Ansatz zur Bestimmung von Fachsprachlichkeit bzw.
Fachlichkeit unter Berücksichtigung interkultureller Voraussetzungen darstellt. Aufgrund des kognitionslinguistischen Ansatzes muss der Abstraktionsbegriff jedoch völlig aus einer textinternen systemlinguistischen Einbettung
gelöst und aufgrund der interkulturellen Dimension einer prinzipiellen Kon-
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text-Abhängigkeit untergeordnet werden. Erst hierdurch wird m.E. die Erstellung eines konsequent handlungsorientierten Fachsprachenbegriffs, der auch
interdisziplinäre methodologische Anwendungsrelevanz erfahren kann,
möglich. Das Ziel einer für die Fachsprachentheorie eigenen Methodologie ist
m.E. nur auf interdisziplinärem Wege zu erreichen. Die entscheidenden Anstöße für eine Weiterentwicklung der Fachsprachen-Theorie und für ihre Anwendungsrelevanz für wissenschaftliche Untersuchungen werden m.E. von
Seiten der Kognitionslinguistik geliefert, namentlich von der kognitiven
Metaphern-Theorie. Hierbei hat die Abstraktionsfrage als kommunikative
Größe eine entscheidende heuristische Funktion – jedoch nicht im Sinne des
vertikalen Schichtenmodells als Gradeinteilung – und kann deshalb in ihrer
theoriebildenden Funktion der Fachsprachen-Theorie neue Impulse verleihen.
Eine Anwendungsrelevanz fachsprachentheoretischer Untersuchungen besteht
hierbei u.a. besonders in den verschiedenen Fachbereichen der Wirtschaft (im
betriebswirtschaftlichen Sinne), in der sich mittlerweile ein immer stärkeres
Bewusstsein des Bedarfs an interkulturell relevanten Fragestellungen durchgesetzt hat. Die Erkenntnisse aus der Fachsprachen-Theorie können in diesem
Bereich zu neuen kulturell bedingten Aspekten fachlicher Kommunikation
beitragen. Als verbindendes Element zwischen Fachsprachen-Theorie und
handlungsorientierten Problemen der Wirtschaft kann hier die Abstraktionsfrage angesehen werden, wenn im kognitiven Sinne Sprache als Ausdruck von
Denkmodellen angesehen wird. Letztere sind als solche immer über Sprache
kommunizierbar und enthalten u.a. kulturspezifische Relevanz. Des Weiteren
kann angenommen werden, dass die Wirtschaft – wie kaum ein anderer gesellschaftlicher Handlungsbereich – hohe Anforderungen an zielgerichtete Fachkommunikation über Sprach- und Kulturgrenzen hinaus stellt. Im weiteren
Verlauf des vorliegenden Beitrags soll daher die kommunikativ-handlungsorientierte Verbindung von interkultureller Kommunikation, kognitiver
Metaphern-Theorie und Fachsprachen-Theorie anhand des Abstraktionsbegriffs weiter nachgegangen werden.
2. Die Herausforderung durch den interkulturellen Handlungsbereich der Wirtschaft
Nähert man sich bedarfsorientiert einer möglichen Weiterentwicklung in der
Fachsprachentheorie, so kommt man nicht umhin, den Fachbereich der
Wirtschaft als einen Bereich zu lokalisieren, der eine große Herausforderung
für die Fachsprachentheorie darstellt. Nicht nur ist mit der zunehmenden Interkulturalität und Interdisziplinarität in diesem Handlungsbereich die Frage
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der Fachgrenzen nur noch unter dynamischem Aspekt zu greifen. Auch ist die
Frage der vertikalen Sprachschichten in der täglichen interkulturellen Kommunikation im Wirtschaftsleben letztlich wenig aussagekräftig aus handlungsorientierter Perspektive. So ist z.B. die Frage des Verhandlungsgeschicks
nicht davon abhängig, auf welcher stilistisch geprägten Sprachschicht man
eventuell kommuniziert. Das Wesen des Handlungsbereichs Wirtschaft liegt
weniger in einem statisch eingrenzbaren Fachbereich, sondern eher darin, dass
Wirtschaft als Konglomerat verschiedener Fachrichtungen mit entsprechenden
Teilfunktionen für die im Wirtschaftsalltag relevanten Problemlösungsversuche fungiert. Aufgrund der fächerbezogenen Konglomeratsfunktion der
Wirtschaft wird sehr schnell deutlich, dass philologische Verfahren, die auch
für den Wirtschaftsalltag relevante Ergebnisse liefern möchten, ernsthaft
sowohl die Interdisziplinarität als auch die Interkulturalität in ihre Theorie
integrieren und methodologisch umsetzen müssen.
Der besondere Bedarf an fachsprachentheoretischer Forschung im Bereich der
Wirtschaft ergibt sich nicht nur daraus, dass die Wirtschaft im hohen Grad
fachlich ausdifferenziert ist, sondern auch daraus, dass der Bedarf an kulturübergreifender kommunikativer Kompetenz – trotz der unbestrittenen Bedeutung para-, non- oder extraverbaler Kommunikation – in der Wirtschaft vor
allem über die verbale Kommunikation zum Ausdruck kommt. So wird in
Darstellungen zur interkulturellen Kommunikation traditionell die wichtige
Rolle der para-, non- und extraverbalen Kommunikation betont. Dabei sind
die kulturrelevanten Dimensionen der verbalen Bestandteile in der interkulturellen Kommunikation i.d.R. nicht genügend bearbeitet worden. M.E.
kann gerade eine kognitionslinguistisch ausgerichtete Fachsprachen-Forschung auch der interkulturellen Kommunikation neue Impulse bezüglich der
Funktion verbaler Kommunikations-Aspekte verleihen. Gleichzeitig ergeben
sich hieraus auch die größten Herausforderungen für eine Theorie der Fachsprachen bzw. der Fachlichkeit. So wird unter Fachsprachentheoretikern
zugegeben, dass bisher der Bereich der Wirtschaftssprache bzw. des Wirtschaftsdeutsch als Fachsprache noch längst nicht hinreichend erforscht worden
ist. Einerseits hängt dies damit zusammen, dass der Begriff ,Wirtschaftsdeutsch’ eher als Sammelbezeichnung verschiedener Fachsprachen gelten
muss. Andererseits ist ,Wirtschaftsdeutsch’ nicht einfach als Summe verschiedener Fachsprachen zu beschreiben (vgl. Megen/ Drift in Hoffmann 1992,
161). Hundt weist darauf hin, dass die Wirtschaftsspracheforschung sich durch
„das weitgehende Fehlen eines sprachtheoretischen Bezuges“ auszeichne
(Hundt 1995, 14). Dies kann wiederum auf das Theoriedefizit des Konzepts
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,Fachsprache’ als Teil eines ganzheitlichen Sprachmodells zurückgeführt
werden (vgl. Hundt 1998, 98).
Will man die Wirtschafts-Fachsprache und mit ihr ein bestimmtes Fachsprachen-Konzept in einen sprachtheoretischen Gesamtrahmen integrieren,
dann kann ,Fachsprache’ nicht als das Sammeln von mehr oder weniger festen
ausdrucksseitigen, deviationistischen Formen verstanden werden. Ein sprachtheoretischer Gesamtrahmen ist dagegen m.E. anhand kognitionslinguistischer
Erkenntnisse erstellbar. Kalverkämper (1998a, 1988) hat eine Inklusions-Systematik vorgelegt, die m.E. dazu geeignet ist, einen Anstoß zu einer Überwindung der Dichotomie zwischen einer systemlinguistischen und einer
handlungsorientierten Sprachauffassung in der Fachsprachen-Theorie beizutragen. Nach Kalverkämper besteht der innerste Zuordnungsbereich von
Fachlichkeit in der Referenzleistung der Sprache auf ein Objekt der Welt. Dieser Bereich lässt sich fachlich einem entsprechenden Berufsbereich eingliedern, der wiederum in ein konzeptionelles Fachgebiet integriert werden kann.
Als umfassendste Dimension dient dann jeweils ein Lebensbereich, der ein
Fachgebiet als einen gegebenen Wirklichkeitsausschnitt einschließt (vgl.
Kalverkämper 1998a, 9 und 1988, 107ff).2 So kommt z.B. im Lebensbereich
der heutigen weltweiten Kommunikationstätigkeit das Fachgebiet der Informationstechnologie in Form des Internets in den verschiedensten Berufsbereichen in ganz entscheidender Weise zur Anwendung. Dabei ist die Rolle der
Objekte Computer, Hardware, Software, etc. ganz entschieden von der Art des
Lebensbereichs, in dem sie eingebettet sind, abhängig. Im privaten Lebensbereich wird z.B. eine andere Objektreferenz dieser Technologie als im
Rahmen eines korporativen Anwendungsbereichs mit entsprechend anders
gearteter Programmierungs-Technologie samt ihren fachsprachlichen BegriffsSystemen notwendig sein.
Da sich ein gegebener Wirklichkeitsausschnitt fachlich immer nur in Form
einer Handlungssituation manifestiert, und da eine Handlungssituation – im
Sinne des Inklusionsverfahrens – bestimmend auf die durch sie eingeschlossenen Bereiche Fachgebiet, Berufsgebiet und Objekt wirkt, ist bei der Frage
nach der sprachtheoretischen Referenzleistung von Fachsprache von der Dimension des Lebensbereichs auszugehen. Hier gelangt man unweigerlich zur
Frage, welche fundamentale Rolle die Kommunikationskonstituenten Raum
und Zeit auch für die fachsprachliche Referenz haben. Dem Raum im Sinne
2
Budin (1996) stellt ein systemtheoretisches Inklusionsschema für die wissenschaftlichen
Fachsprachen vor. Obwohl beide Autoren ihr Inklusionsschema nicht auf den gleichen
wissenschaftlichen Prämissen aufbauen, ist das verbindende Moment bei beiden Autoren
die prinzipielle Kontext-Verankerung aller fachlicher Begriffsbildung.
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von Kulturdifferenzen ist dann ebenso eine dynamische Funktion zuzusprechen, wie der Zeit im Sinne der historischen Wandelbarkeit von (fachlichen) Sprachhandlungen. Im Sinne der Inklusionssystematik ist dann diese
handlungsbedingte Dynamik ebenso auf die inkludierten Dimensionen funktional zu übertragen. Dies führt dazu, dass unter interkultureller und historischer Perspektive auch die Objektreferenz grundsätzlich nicht von einer
dynamischen Referenzleistung durch Sprache ausgeschlossen werden kann.
Der Anspruch auf Statik der (z.B. terminologischen) Referenzleistung kann
deshalb immer nur an einen sowohl sprachkulturell wie auch historisch standardisierten Lebensausschnitt festgemacht werden und ist z.B. unter interkultureller Perspektive kaum relevant.3 Die Verbindung zwischen (fach)sprachlichem Handeln sowie kulturell und historisch bedingten kognitiven
Modellen ist in Anlehnung an Hoffmann als Exteriorisierung oder Interiorisierung nachvollziehbar (vgl. das Zitat weiter oben, Kap. 1; vgl. auch
Kalverkämper 1998a; 17 sowie Hoffmann/ Kalverkämper 1998, 358). Hieraus
entsteht unweigerlich ein Interesse auch in der Fachsprachen-Forschung nach
der Erforschung z.B. interkulturell relevanter kognitiver Modelle u.a. auch für
den Bereich der Wirtschaft.
Wirtschaftssprache lässt sich dann unter handlungstheoretischer Perspektive
als eine Sammelbezeichnung für Situationen des betriebswirtschaftlichen
Alltags begreifen, in denen fachlich relevantes Denken zur Anwendung
kommt. So wird es möglich – anstatt im formalen Sinne von Fachsprache zu
sprechen – von einem funktional bestimmten Fachlichkeitsbegriff zu reden. In
diesem Sinne wird die sprachliche Ausdrucksform aus philologischer Sicht
zum Mittel, um die kognitiven Konzepte zu erschließen, die in einem immer
wieder neu abzugrenzenden Fachbereich relevant sein können. Dabei hat
gerade der Bereich der Wirtschaft von allen fachlichen Bereichen m.E. aus
kommunikationstheoretischer Sicht den größten Bedarf an einer philologisch
orientierten Problemlösungssuche. Die philologisch ausgerichtete Forschung
kann hierbei immer als Ergänzung zu fachwissenschaftlichen Problemlösungsstrategien in den betriebswirtschaftlichen Handlungsbereichen verstanden werden, und umgekehrt. Es ist aber auch gerade der Bereich der
Wirtschaft, der nicht nur eine große Herausforderung an die Fachsprachentheorie stellt, sondern aufgrund der fächerbezogenen Vielfalt gleichzeitig auch
3
So kommt Kalverkämper bei der Frage des Fachbegriffs zur Schlussfolgerung, dass die
Bestimmung eines gegebenen Fachs immer „der Verortung des Handelns (neutraler: des
Verhaltens) in der Welt“ dient (Kalverkämper 1998a, 9). Vgl. ebenso Kalverkämper
1998a, 7f; 1998b, 31f und 1996, 156.
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für die methodologische Weiterentwicklung der Fachsprachentheorie m.E.
gute Voraussetzungen und interessante Möglichkeiten bietet.
3. Die kognitionslinguistische Dimension
M.E. ist eine Weiterentwicklung in der Fachsprachentheorie möglich, wenn
wir uns wieder stärker auf den Begriff ,Fachsprachentheorie’ besinnen; mit
einer besonderen Betonung des sprachtheoretischen Konzepts. Anstatt die
fachstilistischen Fragen methodologisch vom Handlungsbezug zu isolieren, ist
es m.E. ergiebiger, nach dem kognitiven Weltbezug (fach)sprachlicher Ausdrucksmittel zu fragen. Es darf dabei zunächst einmal die fachliche Kategorisierung als solche dahingestellt sein, um sie dann später wieder auf neue
Weise integrieren zu können.
Hierbei ist die Frage nach der Funktion von Abstraktion als kognitives Mittel
zur Strukturierung von Welt nicht nur fachsprachlich, sondern auch
alltagssprachlich gleichermaßen relevant (vgl. Jäkel 1997, Stålhammar 1997
und Budin 1996). Auch kann die Exaktheit der Benennungen prinzipiell nicht
für die alltagssprachlichen Kommunikationssituationen in Frage gestellt werden, da sonst eine kommunikative Verständigung außerhalb fachlich geprägter
Situationen im Grunde unmöglich wäre. Dann kann aber nicht mehr der Abstraktionsgrad als solcher zu einem fachsprachendifferenzierenden Merkmal
gemacht werden, wie dies noch in den zu Beginn dieses Beitrags dargestellten
vertikalen Schichtenmodellen sowie anhand der Kopplung von Exaktheit und
Abstraktion als kennzeichnendes Merkmal des Fachterminus geschieht.
Trotz der zunächst erkenntnistheoretisch vergleichbaren Relevanz der Abstraktion im kognitiven Sinne sowohl für fachsprachliche als auch für nichtfachsprachliche Kommunikationssituationen besteht m.E. gerade in der Frage
der Abstraktion im Sinne kognitiver Modelle ein wichtiges Mittel, um die
Fachlichkeitsfrage beantworten zu können. Hierauf wird weiter unten noch im
vorliegenden Beitrag einzugehen sein. Der Vorteil eines kognitionslinguistischen Zugriffs zur Fachlichkeitsfrage am Beispiel der Wirtschaft liegt darin,
dass diese Frage nicht nur in ein sprachtheoretisches Konzept integriert
werden kann. Außerdem ermöglicht dieser Anssatz aufgrund der interkulturellen Komponente der Wirtschaft auch kulturübergreifende vergleichende
empirische Studien. Dies kann für eine Methodologie-Entwicklung als Vorteil
angesehen werden.
An dieser Stelle wird klar, dass wir die traditionelle linguistische Kategorie
mit einer sprachphilosophischen erweitern müssen. Dies geschieht nicht zum
Selbstzweck eines Theoretisierungsbedarfs, sondern weil die Referenzfrage
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zunächst einmal prinzipielle heuristische Relevanz hat; so ebenfalls in fachlichen Kommunikationssituationen. Wenn man die Frage der Fachlichkeit
einer Situation nicht als ausdrucksseitige Frage, sondern als eine Frage des
Weltbezugs von Äußerungen der Kommunikationsteilnehmer versteht, dann
folgt hieraus, dass mit jeder sprachlichen Äußerung gleichzeitig eine Art des
Denkens und Kategorisierens zum Ausdruck kommt. Hierbei spielt der
sprachliche Ausdruck – der Begriff sagt es schon – lediglich die Rolle eines
äußeren sichtbaren (oder hörbaren) Zeichens für kognitive Prozesse. Diese
können zwar bis zu einem gewissen Maße konventionalisiert sein, bedürfen
jedoch trotzdem im konstruktivistischen Sinne immer der rezeptionsbedingten
Interpretation bzw. Erklärung. Dies gilt auch für wissenschaftliche Formeln
oder grafische Darstellungen, die als solche nie selbstexplikativ fungieren und
daher auch nicht kontextunabhängig kommuniziert werden (vgl. ebenso
Anm. 1 oben).
Bei der Behandlung des kognitionslinguistisch determinierten Abstraktionsbegriffs beziehe ich mich auf die durch Lakoff und Johnson 1980 eingeführte
und inzwischen weiterentwickelte Theorie.4 Um die Übersichtlichkeit in der
Darstellung zu sichern, möchte ich mich an dieser Stelle auf die zwei m.E. aus
fachsprachentheoretischer Sicht entscheidenden Aspekte der kognitiven
Metapherntheorie beschränken. Hieraus können dann grundlegende Konsequenzen für die Fachsprachentheorie gezogen werden. Es handelt sich um die
Unidirektionalitätsthese und um den Ubiquitätsanspruch der kognitiven
Metapherntheorie. Beide Aspekte sollen im Folgenden näher dargestellt werden.
Die kognitive Metaphern-Theorie versteht die Metapher nicht als ein stilistisches Deriviationsmerkmal, sondern als einen konzeptuellen Übertragungsvorgang von konkreten Ursprungsbereichen menschlicher Erfahrung zu abstrakten Zielbereichen der kommunikativen Vermittlung. Dieser Übertragungsvorgang wird metaphorologisch als grundsätzliches Merkmal unseres Sprachgebrauchs begriffen. Erst durch die Metaphorisierung eines der unmittelbaren
sinnlichen Wahrnehmbarkeit nicht zugänglichen und trotzdem kommunikativ
zu vermittelnden abstrakten Konzepts wird dieses abstrakte Konzept ontologisch dem Verständnis zugänglich gemacht. Dies gilt in gleichem Maße für
sog. alltagssprachliche wie auch für fachsprachliche Konzepte. Hierbei verläuft der metaphorische Übertragungsvorgang immer vom Konkreten zum
4
Vgl. vor allem im deutschsprachigen Raum Jäkel 1997, Hundt 1995 und Jakob 1991,
sowie für den englischsprachigen Raum Gibbs 1994, Johnson 1992, Radden 1992, Lakoff
1990 und 1987, Sweetser 1990, Lakoff/ Turner 1989 und Kövecses 1986.
96
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Abstrakten und nicht umgekehrt. Dieses Prinzip ist von Jäkel (1997) als Unidirektionalitätsthese der kognitiven Metaphern-Theorie bezeichnet worden.
So gilt z.B. als ontologisch begründete Erfahrung, dass der Oberflächenpegel
von Flüssigkeiten in einem Behälter bei zunehmendem Volumen nach oben
steigt und bei abnehmendem Volumen nach unten sinkt. Jedes Kind macht
diese Erfahrung während seiner Sozialisationsphase z.B. während des
Eingießens von Flüssigkeit in ein Trinkglas. Diese Erfahrung führt zur kognitiven Metapher MEHR IST OBEN (MORE IS UP) bzw. WENIGER IST UNTEN (LESS IS DOWN) (vgl. Lakoff/ Johnson 1980, 14ff). Dies zeigt sich
dann zum Beispiel in der metaphorischen Darstellung von meteorologischen
Temperaturunterschieden, wie z.B. in ,steigenden Temperaturen’ bzw.
,sinkenden Temperaturen’. Dass dieses metaphorische Konzept nicht nur auf
den meteorologischen Bereich beschränkt ist, sondern auch u.a. in der Wirtschaft verwendet wird, um komplizierte wirtschaftliche Zusammenhänge auszudrücken, zeigt sich z.B. in Ausdrücken wie ,steigende/ sinkende Börsenkurse’, ,steigende/ sinkende Inflationsraten’, ‚steigende/ sinkende Umsätze’
einer Unternehmung, etc.
Entscheidend für die kognitive Metaphern-Theorie ist, dass es nicht lediglich
um die Untersuchung von sprachlichen Phänomenen geht. Statt dessen handelt
es sich darum, dass die sprachlichen Ausdrucksformen zwar zum Objekt der
Untersuchung gemacht werden können, aber nicht das eigentliche Ziel der
Untersuchung darstellen, sondern auf konzeptuelle Ordnungsmechanismen
von Welt in bestimmten Lebensbereichen verweisen. Für den komplexen
Fachbereich der Wirtschaft ergibt sich aus interkultureller Perspektive die
Frage nach den möglichen kulturdifferenzierenden bzw. -übergreifenden
Konstituenten, die auch als fachsprachliche Konzepte über Welt im Sinne von
Abstraktionen mitteilbar gemacht werden müssen und können. Hierfür kann
das durch Sprache zum Ausdruck kommende situationsrelevante fachliche
Denken – in Form von kognitiven Modellen oder Konzepten als Metaphorisierungen komplexer fachlich relevanter Zusammenhänge – untersucht
werden.
Interessant aus fachsprachentheoretischer Sicht ist die kognitive MetaphernTheorie aufgrund ihres Ubiquitätsanspruchs. Dieser besagt, dass unsere
tägliche Kommunikation – unabhängig davon, ob sie als ,fachsprachlich’ oder
,nichtfachsprachlich’ bezeichnet wird – grundsätzlich von kognitiven Modellen im Sinne der metaphorischen Übertragung geprägt ist. Es versteht sich
von selbst, dass Fachlichkeit und Fachsprachlichkeit vor diesem Hintergrund
Ch. M. Schmidt: Abstraktionsgrad als Fachsprachenparameter?
97
nicht mehr vornehmlich über stilistische Phänomene gefasst werden können.5
Vielmehr geht es darum, die für einen gegebenen Fachbereich relevanten
kognitiven Modelle zu erfassen, um sie kommunikativ adäquat anwenden zu
können. Die kognitive Metaphern-Theorie erweist sich jetzt als eine im echten
Sinne pragmatische Sprachtheorie, da sie der Veränderlichkeit relevanter Konzepte aufgrund von Erfahrungswirklichkeiten verschiedener Kulturen Rechnung tragen kann. Dies zeigt sich insbesondere in interkulturell ausgerichteten
Studien sowie in diachronen Untersuchungen – zwei Bereiche, die in der
traditionellen Fachsprachentheorie aufgrund von Überanforderung der Theorie
weniger integrativ bearbeitet worden sind.6
4. Fachsprachentheoretische Konsequenzen
Interkulturell betrachtet ist dieses sprachtheoretische Konzept der kognitiven
Metaphern-Theorie besonders interessant, weil angenommen werden kann,
dass die konzeptuellen, wirklichkeitsbedingten Modelle auch in fachsprachlichen Kommunikationssituationen nicht ohne ihren kulturspezifischen Bezug
behandelt werden können. In der international ausgerichteten Wirtschaft
äußert sich diese Kulturbedingtheit z.B. in der Wechselbeziehung zwischen
Unternehmenskultur (Corporate Identity) und Landeskultur. Hieraus ergeben
sich dann auch fachsprachlich relevante Problemstellungen, z.B. bezüglich der
interkulturellen Dimension des Personalmanagements, der Unternehmensorganisation, des interkulturellen Marketings oder der Öffentlichkeitsarbeit von
Unternehmen.
Während z.B. in der deutschsprachigen Organisationstheorie zur Betriebswirtschaft begrifflich (und damit auch konzeptuell) grundsätzlich zwischen dem
,Einlinien-’ und dem ,Mehrliniensystem’ betrieblicher ,Aufbauorganisation’
(im Unterschied zur ,Ablauforganisation’) unterschieden wird, werden diesen
konzeptuellen Einteilungen z.B. in den Fachsprachen der anglo-amerikanischen und skandinavischen Organisationstheorie keine Erklärungs5
Jakob (1991) konstatiert, dass sich „die bisherige Fachsprachenforschung trotz unterschiedlicher Richtungen weitgehend als Fachsprachenstilistik“ gezeigt hat (Jakob 1991,
9).
6
So ist Kalverkämpers (1992) Forderung nach einer sowohl diachron als auch kulturübergreifend synchron ausgerichteten Fachsprachenforschung bisher eher eine programmatische Forderung geblieben. Erste empirische Ansätze in diese Richtung stellen
im Bereich medizinischer Fachtexte Neuendorff (1987) sowie im Bereich der Wirtschaft –
wenn auch unterschiedlicher wissenschaftlicher Provenienz – Hundt (1995), Jäkel (1997)
und Bolten et al. (1996) dar.
98
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funktion beigemessen. Dadurch wird der gleiche Problembereich nicht nur
sprachlich-begrifflich unterschiedlich in verschiedenen Sprachen und Kulturen
dargestellt. Über die begrifflichen Unterschiede zeigen sich außerdem auch
kulturell bedingte unterschiedliche Fokussierungen eines Sachverhalts. Dies
sollte bei interkultureller Kommunikation berücksichtigt werden, um konzeptuell bedingte Missverständnisse (und damit auch ganz konkrete Probleme)
täglicher kulturübergreifender Fachkommunikation vermeiden zu können.
Kombiniert man die Fachsprachentheorie im Sinne eines dynamisch ausgerichteten Fachlichkeitsbegriffs mit einer interkulturellen Bedarfsanalyse, und
verbindet man diese Ausgangsbereiche mit einem genügend umfassenden
methodologischen Verfahren, dann hat man m.E. Voraussetzungen um zu
zeigen, dass es gerade die Philologie ist, die Beiträge zu Problemlösungen
auch in den Fachbereichen der Wirtschaft liefern kann. Die Interdisziplinarität
ergibt sich in dieser Dreierkonstellation aus Fachsprachentheorie, Interkulturalität und Wirtschaftsalltag von selbst und bildet eine unhintergehbare methodologische Voraussetzung.
Für die Fachsprachentheorie ergeben sich aufgrund der kognitionslinguistischen und interkulturellen Verkettung folgende Konsequenzen. Fachlichkeit
als Phänomen mit zunehmendem und abnehmendem Abstraktions- und Exaktheitsgrad verliert unter kognitionslinguistischem Aspekt ihre heuristische
Relevanz. Vielmehr äußert sich jetzt Fachlichkeit anhand von bestimmten situations- und damit auch fachlichkeitsrelevanten kognitiven Modellen, die als
weltordnende Instrumente zur Anwendung kommen. Für sowohl fachsprachliche als auch nicht-fachsprachliche Situationen gilt dabei die kognitionslinguistische Einsicht, dass beide funktional betrachtet das gleiche Maß an Abstraktion aufgrund der Metaphorisierung durch kognitive Konzepte bei der
sprachlichen Hantierung der Kommunikationsobjekte aufweisen. Außerdem
ist die kommunikationstheoretische Einsicht nicht von der Hand zu weisen,
dass sowohl in fach- als auch nicht-fachsprachlichen Kommunikationssituationen der Grundsatz der hinreichenden und verständnisrelevanten Exaktheit
regulierend auf die Kommunikation einwirkt.
Die reduktionistische Auffassung eines kontextunabhängigen Fachwort-Begriffs kann jetzt im kognitionslinguistischen Sinne zu Gunsten eines prinzipiell kontextbedingten Sprach-Konzepts mit Fachlichkeitsfunktion revidiert
werden. Die Frage, inwieweit der Fachwort- und Fachtext-Begriff dynamisch
aufgefasst werden soll (vgl. Kalverkämper 1998a und 1998c), kann über den
Aspekt der Kulturgebundenheit kognitiver Modelle beantwortet werden. Gradations-Parameter für das Bestimmen von Fachlichkeit in Form von verschiedenen Abstraktions- und Exaktheitsgraden verlieren jetzt ihre methodolo-
Ch. M. Schmidt: Abstraktionsgrad als Fachsprachenparameter?
99
gische Relevanz. Dabei muss auch der Kulturbegriff handlungsorientiert aufgefasst werden, was aber für sich genommen kein Problem ist (vgl. z.B. die
Kultur-Definitionen in Bolten 1999, 11ff; Thomas 1994, 76 und Knapp/
Knapp-Potthoff 1990, 65f).
Ein Terminus oder Fachwort kann jetzt kognitiv als die ausdrucksseitige Fassung kommunikativ relevanter kognitiver Modelle eines in Zeit und Raum bestimmbaren Lebensausschnittes aufgefasst werden. Die besondere Funktion
der kognitiven Metapher besteht hierbei in ihrer Erklärungsleistung abstrakter
Konzepte. Fachlich relevant wird diese Erklärungsleistung aufgrund der prinzipiellen Teilübertragung vom Ursprungsbereich zum Zielbereich der metaphorischen Übertragung. Die Metapher – im kognitiven Sinne – leistet fachsprachentheoretisch hierbei zweierlei: durch sie werden die für eine fachliche
Konzeptualisierung relevanten Merkmale von den weniger relevanten auswählbar und gleichzeitig geschieht durch die Erklärungsleistung komplizierter
Sachverhalte eine Kondensation kommunikativ relevanter Konzepte unter
einem Terminus. Hierbei wird deutlich, dass ein fachlicher Terminus rückschließend immer in Form von umfassenderen Texten auflösbar ist, wodurch
eine stilistische Unterteilung zwischen fachsprachlichen und nicht-fachsprachlichen Termini heuristisch irrelevant wird. Der Terminus als solcher ist
lediglich der ausdrucksseitige Aspekt der metaphorisch bedingten Kondensation. Hat man den Terminus von seiner stilistischen Begrenzung gelöst, ist es
jetzt möglich, von unterschiedlichen Formen fachsprachlicher Termini in
Form von unterschiedlichen kognitiven Kondensationen zu sprechen.
Jetzt wird auch die Übertragbarkeit fachsprachlicher Termini von einem Fachbereich in einen anderen unter gleichzeitiger Berücksichtigung des fachsprachlich relevanten Exaktheitspostulats erklärbar, unabhängig davon, ob
sich die ursprünglichen Konzepte dabei verändern oder nicht. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive kann hier das Begriffsbeispiel ‘Division’ angeführt werden. Die ursprünglich militärische Anwendung von ‘Division’ hat
eine Übertragung in die noch recht junge betriebswirtschaftliche Organisationstheorie erfahren, um eine ganz bestimmte Art der Unternehmensführung
zu kennzeichnen. Dabei sind als Teilübertragungen aus dem militärischen
Bereich das Konzept des autoritären Führungsstils sowie eine strenge
Hierarchisierung der Befehlsstruktur (zwischen den Abteilungen) durch
,Division’ in der betriebswirtschaftlichen Fachsprache aktualisiert worden.
Andere – für den militärischen Gebrauch dieses Terminus relevante – Teilbedeutungen sind in dieser Übertragung vom militärischen Ursprungsbereich in
den betriebswirtschaftlichen Zielbereich virtualisiert worden. Mittlerweile ist
,Division’ zu einem ebenso militärisch- wie auch wirtschaftsfachsprachlichen
100
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Terminus (wenn auch mit entsprechend unterschiedlicher kognitiver
Kondensation) geworden. Unzählige andere Beispiele lassen sich für wissenschaftliche Terminologisierungen als Teilübertragungen aus einem bekannten
Erfahrungsbereich in einen neuen finden.
Die Begründung für eine Auflösung einer konstitutiven Distinktion zwischen
Fachsprache und Gemeinsprache (vgl. Kalverkämper 1998c und 1990) wird
durch den kognitiv verstandenen Kondensationsbegriff geliefert. Fachsprachliche Kondensation versteht sich kognitiv dann immer sowohl als Ansammlung von kulturell und historisch bedingten kognitiven Modellen im Sinne der
Interiorisierung wie auch umgekehrt als sprachliche Kondensierbarkeit n
möglicher kognitiver Modelle im Sinne der Exteriorisierung. In diesem Sinne
lässt sich Hoffmanns Begriff der Fachkommunikation (vgl. weiter oben
Kap. 1) als Kommunikation fachlich relevanter kognitiver Modelle greifen. Da
diese Modelle nicht als statisch – weil kulturell und historisch bedingt – aufgefasst werden können und über Sprache zugänglich gemacht werden können,
lässt sich die Fachsprachlichkeit lexikalisch auch nicht eingrenzen.
Erst durch die Funktion der kognitiven Modelle lässt sich erklären, warum der
Fachterminus semantisch als kognitive Kondensation von vorausgehenden relevanten Welterfahrungen (als Vorwissen) der Kommunikationsteilnehmer
gelten kann. Der Fachterminus, als Zeichen konventionalisierter Bedeutung
innerhalb bestimmter (und bestimmbarer) Fachkulturen, weist im obigen
Sinne auf ein konstruktivistisches Verständnis dieses Begriffs hin. Abstraktion
fungiert jetzt nicht als ein graduell ab- oder zunehmender Abstraktionsgrad je
nach lexikalisch-stilistischen Unterscheidungen zwischen Fachsprache und
Gemeinsprache. Statt dessen fungiert Abstraktion im kognitivistischen Sinne
als eine unhintergehbare Voraussetzung kognitiver Modelle sowohl im Prozess der Exteriorisierung als auch im Prozess der Interiorisierung. Ungeachtet
der Art von lexikalisch-stilistischen Sprachmitteln ist somit Abstraktion funktional mit gleichbleibender Relevanz ein konstitutives Merkmal kognitiver
Kondensationen. Jetzt ist auch erklärbar, warum morphologische, syntaktischstilistische oder Wortklassen-Kriterien für die Fachwort-Bestimmung nur unter dynamischem Aspekt als jeweils historisch durch die Dimensionen Zeit
und Raum – als Merkmale für die Bestimmung einer kognitiven Kondensation
– relevant sein können. So können sowohl kategorematische als auch synkategorematische Lexeme (im Sinne Ecos 1987, 23) prinzipiell fachkonzeptbildende Funktion erlangen. Dies hat auch Konsequenzen für den weiter oben
(vgl. Kap. 2) in Kalverkämpers Inklusionsschema dargestellten Objekt-Begriff. Dieser ist jetzt dahingehend zu modifizieren, dass mit ,Objekt’ nicht nur
Artefakte oder Naturobjekte als Gegenstände fachsprachlicher Referenzleis-
Ch. M. Schmidt: Abstraktionsgrad als Fachsprachenparameter?
101
tung gemeint sind. Vielmehr ist ,Objekt’ im semiotisch-funktionellen Sinne
ebenso referentiell auf fachlich relevante Zustände, Relationen, Erfahrungen
etc. zu beziehen.7 Hierdurch kann der Anspruch eines dynamischen Fachsprachen-Begriffs auch methodologisch umgesetzt werden. Reduktionistische
Theorien-Modelle werden hieran notgedrungen scheitern müssen. Dies ist aber
für die Entwickelbarkeit der Fachsprachen-Theorie nicht unbedingt ein Nachteil. Die Fachsprachen-Theorie kann vor dem Hintergrund des im vorliegenden Beitrag dargestellten interdisziplinären Bezugsrahmens ihre Methodologie
als ein holistisches Verfahren zum Umgang mit der Fachlichkeit von Sprache
im kognitiv-funktionalen Sinne weiterentwickeln.
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